Kitabı oku: «Romeo und Juliette», sayfa 3
Dritte Scene
(Verwandelt sich in ein Kloster.)
(Pater Lorenz tritt mit einem Korb auf.)
Lorenz. Der grau-augichte Morgen lächelt die runzelnde Nacht weg, und zeichnet die östlichen Wolken mit Streiffen von Licht; indem die geflekte Finsterniß gleich einem Betrunknen, den brennenden Rädern des Titan aus dem Wege taumelt. Nun ist es Zeit, daß ich, eh das flammende Auge der Sonne näher kömmt, dem Tag zu liebkosen, und den nächtlichen Thau aufzutroknen, diesen Korb mit balsamischen Kräutern und Blumen von heilsamer Kraft anfülle. Die Erde, die Mutter der Natur, ist auch ihr Grab, und dieses fruchtbare Grab ists, aus dessen Schoos alle diese verschiednen Kinder entspringen, die wir saugend an ihrem mütterlichen Busen hangen sehen; jede Art mit besondern Kräften begabt, jede mit einer eignen Tugend geschmükt, und keine der andern gleich. Wie groß ist nicht die manchfaltige Kraft die in Pflanzen, Kräutern und Steinen ligt! Nichts was auf der Erde sich findet, ist so schlecht, daß die Erde nicht irgend einen besondern Nuzen davon ziehe; nichts so gut, dessen Mißbrauch nicht schädlich sey. Die Tugend selbst, wird durch Überspannung oder irrige Anwendung zum Laster, und das Laster hingegen zuweilen durch die Art wie es ausgeübt wird, geadelt – In dieser kleinen Blume hier liegt Gift und Heil-Kraft beysammen; ihr Geruch stärkt und ermuntert alle Lebens-Kräfte; gekostet hingegen, raubt sie den Sinnen alle Empfindung, und das Leben selbst. Zween eben so feindselige Gegner ligen allezeit in jedes Menschen Brust, die Gnade, und der verdorbne Wille, und wo dieser die Oberhand gewinnt, da hat der krebsartige Tod nur gar zu bald die ganze Pflanze aufgefressen. (Romeo zu dem Vorigen.)
Romeo.
Guten Morgen, Vater.
Bruder Lorenz. Benedicite! Was für eine frühe Zunge grüßt mich so freundlich? – Junger Sohn, es zeigt einen verstörten Kopf an, daß du dein Bette so früh schon verlässest. Sorgen wachen wohl in alter Leute Augen, und wo Sorge wohnt, wird der Schlaf nie sein Nachtlager nehmen: Aber wo kummerfreye Jugend mit unbeladnem Hirn ihre Glieder ruhen läßt, da herrschst der goldne Schlaf. Dein frühes Aufseyn ist mir also ein Zeichen daß irgend eine aufrührische Leidenschaft deine innerliche Ruhe stört – oder wenn dieses nicht ist, nun, so ist's bald errathen, daß unser Romeo diese Nacht gar nicht zu Bette gegangen ist.
Romeo.
Das leztere ist wahr, weil mir eine süssere Ruhe zu theil ward.
Bruder Lorenz.
Gott verzeihe dir deine Sünde! warst du bey Rosalinen?
Romeo. Bey Rosalinen, mein geistlicher Vater? Nein. Ich habe sie bis auf ihren Namen vergessen.
Bruder Lorenz.
Das ist mein guter Sohn! Aber wo bist du denn gewesen?
Romeo. Ich will es aufrichtig gestehen; ich befand mich vor einiger Zeit, unerkannt, bey einem Gastmal meines Feindes; dort wurd' ich unversehens, von einer Person verwundet, die ich zu gleicher Zeit verwundet habe; du besizest die geheiligte Arzney, die uns allein helfen kan; du siehest, heiliger Mann, daß ich keinen Haß in meinem Herzen hege, da meine Bitte sich auf meinen Feind erstrekt.
Bruder Lorenz. Rede gerad und ohne Umschweiffe mit mir, mein Sohn; eine räthselhafte Beicht' erhält auch nur einen räthselhaften Ablaß.
Romeo. So wisse dann, daß ich des reichen Capulets schöne Tochter liebe; ihr Herz hängt an meinem, wie das meinige an dem ihrigen: Alles ist schon unter uns verglichen, und um gänzlich vereinigt zu seyn, fehlt uns nichts, als der Knoten, den du machen kanst. Wenn, wo, und wie, wir einander zuerst gesehen, geliebt, und unsre Herzen ausgetauscht haben, will ich dir hernach erzählen; alles warum ich izt bitte, ist, daß du einwilligest uns heute noch zu vermählen.
Bruder Lorenz. Heiliger Franciscus! Was für eine Veränderung ist das! Ist Rosaline, die du so zärtlich liebtest, so schnell vergessen? So sizt wohl die Liebe junger Leute bloß in ihren Augen und nicht im Herzen! Jesu, Maria! Was für Fluthen von Thränen haben deine Wangen um Rosalinen willen überschwemmt! Die Sonne hat deine Seufzer noch nicht vom Himmel weggewischt, dein Gewinsel hallt noch in meinen alten Ohren; sieh, hier sizt auf deiner Wange noch der Flek von einer alten Thräne, die noch nicht weggewaschen ist. Wenn du damals du selbst warst, so gehörst du Rosalinen – und du bist ihr untreu worden? So gestehe dann, daß es unbillig ist, auf den Leichtsinn der Weiber zu schmählen, da in Männern selbst keine Standhaftigkeit ist.
Romeo.
Und doch beschaltest du mich so oft, daß ich Rosalinen liebe?
Bruder Lorenz.
Daß du in sie vernarrt warst, nicht daß du sie liebtest, mein Kind —
Romeo.
Und befahlst mir, meine Liebe zu begraben?
Bruder Lorenz.
Aber nicht eine neue aus ihrem Grab heraus zu holen.
Romeo.
Ich bitte dich, schohne meiner; Sie die ich liebe, erwiedert meine Zuneigung durch die ihrige; das that die andre nicht.
Bruder Lorenz. Ohne Zweifel sagte ihr Herz ihr vorher, wie unzuverläßig das deinige sey! Doch komm nur, junger Flattergeist, folge mir; dein Wankelmuth kan vielleicht gute Folgen nach sich ziehen. Diese Verbindung kan das gesegnete Mittel werden, den alten Haß eurer Familien auszulöschen – und in dieser einzigen Betrachtung will ich dir behülflich seyn.
Romeo.
O laß uns gehen, ich habe keine Zeit zu versäumen —
Bruder Lorenz.
Bedächtlich und langsam! Wer zu schnell lauft, stolpert leicht.
(Sie gehen ab.)
Vierte Scene
(Verwandelt sich in die Strasse.)
(Benvolio und Mercutio treten auf.)
Mercutio. Wo, zum T**, mag denn dieser Romeo seyn? Kam er verwichene Nacht nicht nach Hause?
Benvolio.
Sein Bedienter sagt, nein.
Mercutio.
Wie, zum Henker, dieses bleichsüchtige, hartherzige Mensch, diese Rosaline quält ihn, daß er endlich zum Narren d'rüber werden wird.
Benvolio.
Tybalt, des alten Capulets Neffe, hat einen Brief in seines Vaters Haus geschikt.
Mercutio.
Eine Ausforderung, auf mein Leben!
Benvolio.
Romeo wird ihm antworten, wie sich's gebührt.
Mercutio. Auf einen Brief kan endlich ein jeder antworten, der Schreiben gelernt hat.
Benvolio.
Nein, ich meyne, Tybalt wird seinen Mann in Romeo finden.
Mercutio.
Wollte Gott! Aber ach, der arme Romeo! er ist schon tod; von einer weissen Dirne schwarzem Aug zu tod gestochen! mit einem Liebes-
Liedchen durch und durch – die Ohren gestossen! Der kleine blinde Bogenschüze hat ihm den Herz-Bendel abgeschossen; und er soll der Mann seyn, sich mit einem Tybalt zu messen?
Benvolio.
Wie, was ist denn Tybalt —
Mercutio. Mehr als der Fürst der Kazen; das glaube mir – O, das ist der herzhafte Obrist-Leutenant aller Complimente; er ficht dir so leicht als du einen Gassen-Hauer singst, und bohrt dir nach der Cadenz, troz dem besten Tanzmeister – mit eins, zwey, drey, sein Federmesser in den Busen, daß es eine Lust zu sehen ist – ein wahrer Mörder eines seidnen Knopfs, ein Duellist, ein Duellist! Ein Mann, der immer zu förderst an der Spize seines hohen Hauses steht, ein Mann der sich nach den Noten schlägt – ah, der unsterbliche (Passado), der (Punto reverso), der – Hey! —
Benvolio.
Der – was?
Mercutio. Der Henker hohle diese frazigten, lispelnden, affectierten Narren! Diese süssen Bürschchen, die mit einem halbausländischen Accent ausruffen: Jesu! die allerliebste Klinge! – Der allerliebste Grenadier! – die allerliebste H**! – Wie, ist es nicht erbärmlich, Großvater, daß wir mit diesen Schmetterlingen, mit diesen Mode- Frazen, diesen (pardonnés-moi's) heimgesucht seyn sollen, die so steiff auf der neuen Mode halten, daß sie unmöglich auf dem alten Bank ruhig sizen können? – O! ihre (bons), ihre (bons!) (Romeo zu den Vorigen.)
Benvolio.
Hier kommt Romeo, hier kommt er —
Mercutio. Ohne seinen Rogen, wie ein gedörrter Häring – O Fleisch, Fleisch, wie bist du fischificiert! – Izt ist er in den Harmonien vertieft, worinn Petrarch daherfließt: Laura war gegen sein Fräulein nur ein Küchen-Mensch – Zum Henker, sie hatte einen Liebhaber der sie besser bereimen konnte – Dido war gegen sein Mädchen nur eine dike Säug- Amme, Helena und Hero Mezen und Landstreichers-Waare, Thisbe ein kazen-augichtes Ding, oder so was – Aber nun zur Sache! Signor Romeo, (bon jour); das ist ein französischer guter Morgen für eure französischen Hosen – Ihr spieltet uns einen artigen Streich lezte Nacht —
Romeo. Guten Morgen – meine Freunde: Was für einen Streich spielt' ich euch dann?
Mercutio.
Daß ihr so davon schlüpftet, wie wir euch ruften.
Romeo. Um Vergebung, mein lieber Mercutio, mein Geschäfte war wichtig, und in einem solchen Fall wie der meinige, ist es einem ehrlichen Mann erlaubt, eine kleine Ausnahme von den Regeln der Höflichkeit zu machen – 12 (Die Amme, mit Peter, ihrem Diener, zu den Vorigen.)
Amme.
Peter —
Peter.
He?
Amme.
Meinen Fächer, Peter —
Mercutio.
Thu es, guter Peter, damit sie ihr Gesicht verbergen kan; ihr Fächer ist doch das schönste von beyden.
Amme.
Guten Tag geb euch Gott, ihr Herren.
Mercutio.
Ein gutes Mittag-Essen geb euch Gott, schönes Frauenzimmer.
Amme.
Ist es schon Mittag-Essens-Zeit?
Mercutio. Es ist nicht weniger, sag ich euch; denn die – 13 ([Nachdem diese drey jungen Herren eine Zeitlang ihren geistreichen Spaß mit der Amme gehabt haben, welche dem Romeo sagt, daß sie einen Auftrag an ihn habe, so führen sich endlich die beyden andern ab, und Romeo bleibt bey der Amme zurük.])
Amme. Ich bitte euch, Gnädiger Herr, wer war der grobe Geselle da, der so voller Raupereyen stekte?
Romeo.
Ein junger Edelmann, Amme, der sich selber gerne reden hört, und in einer Minute mehr sagt, als er in einem Monat zu verantworten im Sinn hat.
Amme. Wenn er etwas wider mich sagte, so wollt' ich ihn auf den Boden kriegen, und wenn er noch einmal so muthig wär' als er ist, und zwanzig solche Hansen; und wenn ich nicht kan, so will ich die wol finden, die es können – der Schurke, der! Ich bin keine von seinen Fleder-Wischen; ich bin keine von seinen Unter-Pfülben! Und du must so da stehn, und zusehen, wie ein jeder Flegel seine Lust an mir büßt?
Peter. Ich sah niemand seine Lust an euch büssen; wenn ich so was gesehen hätte, ich wollte bald mit der Fuchtel heraus gewesen seyn, das versichr' ich euch. Ich habe so viel Herz als ein andrer, wenn ich Sicherheit in einem Handel sehe, und das Gesez auf meiner Seite ist.
Amme. Nun, bey Gott, ich bin so übel, daß alles an mir zittert – der garstige Mensch! Ich bitte euch, Gnädiger Herr, ein einziges Wort; und wie ich euch sagte, mein junges Fräulein befahl mir euch aufzusuchen; was sie mir sagte, daß ich sagen sollte, will ich bey mir behalten; aber ich will nur so viel sagen, wenn ihr sie ins Narren-Paradies führen würdet, wie man zu sagen pflegt, so wär' es gewißlich eine grosse Sünde, denn das Fräulein ist jung, und wenn ihr sie also nur betrügen wolltet, so wär' es in der That nicht hübsch mit einem jungen Fräulein umgegangen —
Romeo.
Empfiehl mich deiner Fräulein; ich protestiere dir —
Amme.
Das gute Herz! Wohl, meiner Treue, das will ich ihr sagen: Herr, Gott, sie wird sich vor Freude kaum zu lassen wissen —
Romeo.
Was willt du ihr denn sagen, Amme? Du hörst mich ja nicht an.
Amme.
Ich will ihr sagen, Gnädiger Herr, daß ihr protestiert, welches, wie ich's verstehe, ein recht honnettes Anerbieten von einem jungen Cavalier ist —
Romeo. Sag ihr, sie möchte ein Mittel ausfindig machen, diesen Nachmittag zur Beichte zu gehen; so solle sie in Bruder Lorenzens Celle zu gleicher Zeit absolviert und copuliert werden – Hier ist was für deine Mühe.
Amme.
Nein, wahrhaftig, Gnädiger Herr, nicht einen Pfenning.
Romeo.
Geh, geh, mach keine Umstände, du must —
Amme.
Diesen Nachmittag, Gnädiger Herr? Gut, wir wollen uns einfinden.
Romeo. Noch eins, gute Amme; warte hinter der Kloster-Mauer, mein Diener soll binnen dieser Stunde bey dir seyn, und dir eine Strik-Leiter bringen, die mich diese Nacht auf den Gipfel meiner Glükseligkeit führen soll. Lebe wohl, sey getreu, und ich will deine Mühe reichlich belohnen.
Amme.
Nun, Gott im Himmel segne dich! Hört einmal, Gnädiger Herr —
Romeo.
Was willt du mir sagen, meine liebe Amme?
Amme. Ist euer Bedienter auch verschwiegen? Hörtet ihr niemal sagen, zween können ein Geheimniß am besten bey sich behalten, wenn man einen davon thut?
Romeo.
Ich stehe dir davor, mein Kerl ist so zuverlässig als Stahl und Eisen.
Amme. Gut, Gnädiger Herr, mein Fräulein ist das holdseligste Fräulein von der Welt – Herr Gott! wie sie noch ein kleines plapperndes Ding war – O, – es ist ein Edelmann in der Stadt, ein gewisser Paris, der seinen Mann gar zu gern bey ihr anbringen möchte; aber sie, die gute Seele, sie säh eben so gern eine Kröte als sie ihn sieht: Ich erzürne sie manchmal und sag ihr, Paris sey der schönere von beyden – aber das versichr' ich euch, wenn ich so rede, so wird sie so bleich wie ein weisses Tuch – Fangen nicht Rosmarin und Romeo beyde mit einem Buchstaben an?
Romeo.
Ja, Amme, warum fragst du das? Beyde mit einem R.
Amme.
Ah, Spottvogel! Das ist ja ein Hunds-Name – Nein, nein, ich weiß, es fangt mit einem andern Buchstaben an, und sie sagt die artigsten Sentenzien darüber, über euch und den Rosmarin, daß es euch im Herzen wohlthäte, wenn ihr's hörtet.
Romeo.
Meine Empfehlung an dein Fräulein —
(Romeo geht ab.)
Amme.
O, tausendmal, Peter —
Peter.
He?
Amme.
Nimm meinen Fächer, und geh voran.
(Sie gehen ab.)
Fünfte Scene
(Verwandelt sich in Capulets Haus.)
(Juliette tritt auf.)
Juliette. Die Gloke schlug neun, wie ich die Amme ausschikte: und sie versprach in einer halben Stunde wieder zu kommen. Vielleicht kan sie ihn nicht finden – Das kan es nicht seyn – Oh, sie ist lahm. Die Boten der Liebe sollten Gedanken seyn, die zehnmal schneller fortschlüpfen als Sonnenstralen, wenn sie von dämmernden Hügeln die Schatten der Nacht vertreiben. Deßwegen ziehen leicht-geflügelte Dauben die Liebes-Göttin, und deßwegen hat der Wind-schnelle Cupido Schwingen. Die Sonne hat bereits den höchsten Gipfel ihrer täglichen Reise erstiegen; von neun bis zwölf sind drey lange Stunden – und doch ist sie noch nicht da – O, hätte sie warmes jugendliches Blut und ein gerührtes Herz, sie würde so schnell seyn als ein Ball; meine Worte würden sie zu meinem Geliebten stossen, und die seinigen zu mir —
(Die Amme und Peter treten auf.) O Gott, sie kommt – O Zuker-Amme, was bringst du mir für eine Zeitung? Hast du ihn angetroffen? – Schik deinen Diener weg.
Amme.
Peter warte vor der Tür auf mich.
(Peter geht ab.)
Juliette. Nun, gute liebe Amme – O Himmel, warum siehst du so finster? Wenn deine Zeitung böse ist, so solltest du doch freundlich dazu aussehen; und ist sie gut, so verderbst du ihre Musik, wenn du sie mir mit einem sauern Gesicht vorspielst.
Amme. Ich bin müde, laßt mich ein wenig ausruhen – Fy, meine Beine schmerzen mich, was das für ein Gang war!
Juliette. Ich wollte du hättest meine Beine, und ich deine Zeitung. Nein, komm, ich bitte dich, rede – Gute, liebe Amme rede.
Amme.
Jesu! was für eine Ungeduld! Könnt ihr denn nicht ein wenig warten?
Seht ihr nicht, daß ich ganz ausser Athem bin.
Juliette. Wie bist du ausser Athem, da du Athem genug hast mir zu sagen, daß du ausser Athem bist? Die Entschuldigung die du für dein Zaudern machst ist länger als die Erzählung, auf die du mich warten läßst. Ist deine Zeitung gut oder böse? Antworte mir nur das; Sag eines von beyden, und ich will auf die Umstände warten; laß mich nicht in der Unruh, ist sie gut oder böse?
Amme. Wohl, wohl, ihr habt eine feine Wahl getroffen; ihr wißt nicht wie man sich einen Mann auslesen muß: Romeo nein, er nicht; und doch, wenn sein Gesicht gleich nicht besser ist als andrer Leute ihres, so hat er doch die schönsten Waden, die man sehen kan; und was eine Hand, einen Fuß, und einen Leib anbetrift, wenn man schon nicht davon redt, so sind sie doch unvergleichlich. Er ist kein Complimenten-Narr nicht, aber ich bin gut davor, daß er so sanft ist wie ein Lamm – Geh deines Wegs, Mädchen, und danke Gott – Wie, habt ihr schon zu Mittag gegessen?
Juliette. Nein, nein aber das alles wußt' ich schon vorher; was sagt er von unsrer Verheurathung? was sagt er davon?
Amme. Herr, wie mir der Kopf weh thut! was ich für einen Kopf habe! Es schlägt nicht anders drinn, als ob er in zwanzig Stüke fallen sollte – Und mein Rüken – O mein Rüken, mein Rüken! Gott verzeih' es euch, daß ihr mich ausgeschikt, mit auf- und ablauffen mein Leben einzubüssen.
Juliette. Bey meiner Treue, es ist mir leid, daß du so übel bist. Liebe, liebe, liebe Amme, ich bitte dich, was sagt mein Romeo?
Amme. Euer Romeo redt wie ein rechtschaffner Edelmann, und ein artiger, und ein freundlicher, und ein hübscher, und, ich bin gut dafür, auch ein tugendhafter – Wo ist eure Mutter?
Juliette. Wo meine Mutter ist? Wie, sie ist in ihrem Zimmer; wo soll sie sonst seyn? Wie wunderlich du fragst? Euer Liebhaber redt wie ein rechtschaffner Edelmann – wo ist eure Mutter! —
Amme. O heilige Mutter Gottes, wie hizig ihr seyd! Wahrhaftig, ihr macht mir's, daß es nicht recht ist. Ist das der Lohn für meine Schmerzen in den Beinen? Ein andermal rüstet eure Gesandschaften selbst aus —
Juliette.
Was du für einen Lerm machst? Komm, was sagt Romeo?
Amme.
Habt ihr Erlaubniß gekriegt, heut zur Beichte zu gehen?
Juliette.
Ja.
Amme. So macht euch, sobald ihr könnt, nach Bruder Lorenzens Celle; dort wartet ein Mann auf euch, der euch zu einem Weibe machen will – Nun rennt das muthwillige Blut wieder in eure Wangen – Man kan euch kaum was neues sagen, so sind sie lauter Scharlach. Geht ihr zur Kirche; ich muß einen andern Weg, eine Leiter zu holen, auf der euer Liebhaber zu einem Vogel-Nest hinaufklettern soll, so bald es dunkel seyn wird. Ich bin den ganzen Tag mit euerm Vergnügen geplagt, aber heute Nacht werdet ihr die Last selber tragen. Geht, ich will zum Mittag-Essen, macht ihr daß ihr in die Celle kommt.
Juliette.
Wie glüklich bin ich! Leb wohl indessen, gute Amme!
(Sie gehen ab.)
Sechste Scene
(Verwandelt sich in das Kloster.)
(Bruder Lorenz und Romeo treten auf.)
Bruder Lorenz. So lächle der Himmel auf diese heilige Handlung, daß keine nachfolgende Unglüks-Stunden uns zur Reue zwingen mögen!
Romeo. Amen, Amen! Doch komme was für ein Unglük auch will, es kan die Wonne nicht überwiegen, die mir eine einzige kurze Minute in ihrem Anblik giebt: Vereinige du nur mit heiligen Worten unsre Hände, und dann mag der Tod selbst sein ärgstes thun; es ist genug, wenn ich sie nur mein nennen kann.
Bruder Lorenz. Diese heftigen Entzükungen nehmen gemeiniglich ein plözliches Ende, und sterben in ihrem Triumph; wie Feuer und Pulver, die sich, indem sie sich begegnen, verzehren. Des süssesten Honigs wird man um seiner Süssigkeit willen zulezt überdrüssig. Liebe also mässig, damit du lange lieben könnest; zu schnell kommt eben so spät an, als zu langsam.
(Juliette zu den Vorigen.)
Hier kommt das Fräulein. Wie munter, wie leicht auf den Füssen sie ist! Ein Verliebter könnte das leichte Pflaum-Federchen besteigen, das in der üppigen Sommer-Luft herumflattert, und würde doch nicht fallen, so leicht ist Eitelkeit.
Juliette.
Guten Abend, mein geistlicher Vater.
Bruder Lorenz.
Romeo, meine Tochter, soll dir für uns beyde danken.
Juliette.
Ich wünsche ihm eben so viel, sonst wäre sein Dank zu viel.
Romeo. Ah! Juliette, wenn das Maaß deiner Freude so aufgehäuft ist als das meinige, und du fähiger bist als ich, sie auszudrüken, o so versüsse durch deinen Athem diese umgebende Luft, und laß die zauberische Musik deiner Zunge die Glükseligkeit entfalten, die wir beyde von dieser frohen Zusammenkunft erhalten.
Juliette. Mein Herz ist zu voll von seinem Glük, als daß es sich in Worte ergiessen könnte – Die sind nur arm, welche sagen können, wie reich sie sind – Meine Zärtlichkeit ist zu einem solchen Übermaaß gestiegen, daß ich nicht die Hälfte meines Reichthums anzugeben vermag.
Bruder Lorenz. Kommt, kommt mit mir, und wir wollen kurze Arbeit machen; denn, mit eurer Erlaubniß, sollt ihr nicht allein beysammen bleiben, bis die heilige Kirch aus beyden (Einen) Leib gemacht hat.
(Sie gehen ab.)
Dritter Aufzug
Erste Scene
(Die Strasse.)
(Mercutio und Benvolio mit ihren Bedienten treten auf.)
Benvolio. Ich bitte dich, lieber Mercutio, laß uns gehen, der Tag ist heiß, und die Capulets schwärmen in den Strassen herum; wenn wir ihnen begegnen, so wird es unfehlbar Händel absezen; denn in diesen heissen Tagen ist das tolle Blut aufrührisch.
Mercutio. Du kommst mir gerade so vor, wie einer von den tapfern Männern, die, wenn sie in ein Weinhaus kommen, gleich ihren Degen auf den Tisch schmeissen und sagen: Gott gebe daß ich dich nicht nöthig habe! aber sobald ihnen die zweyte Flasche in den Kopf gestiegen ist, ihn gegen den Keller-Jungen ziehen, welches sie in der That nicht nöthig hatten.
Benvolio.
Und einem solchen Burschen bin ich gleich?
Mercutio. Komm, komm, wenn du aufgebracht bist, bist du ein so hiziger Klingen-Fresser als irgend einer in Italien – und das schlimmste dabey ist, daß du eben so schnell aufzubringen bist, als du hizig bist, wenn man dich aufgebracht hat.
Benvolio.
Wie kömmt das?
Mercutio. Wahrhaftig, wenn zween solche wären wie du, wir würden gar bald gar keinen haben, denn einer würde den andern in der ersten Stunde aufreiben. Du? du fängst ja Händel mit einem an, weil er ein Haar mehr oder weniger in seinem Bart hat, als du; du würdest mit einem anbinden, der Nüsse aufknakte, ohne eine andre Ursache angeben zu können, als weil du nußbraune Augen hast. Dein Kopf ist so voller Händel, als ein Ey voll von Dotter und Eyer-Klar – und doch ist dir dieser nemliche Kopf, um deiner Schlägereyen willen, schon so weich geschlagen worden, als ein gesottnes Ey. Du hast dich mit einem geschlagen, der auf der Strasse hustete, weil er deinen Hund damit aufgewekt habe, der in der Sonne schlafend lag. Fiengst du nicht mit einem Schneider Händel an, weil er sein neues Wams vor Ostern trug? und mit einem andern, weil er seine neue Schuhe mit einem alten Nestel zugeknöpft hatte? Und du willt hier den Hofmeister mit mir machen, und mich vor Händeln warnen!
Benvolio.
Wenn ich so händelsüchtig wäre wie du, es würde mir niemand zwo
Stunden um mein Leben geben —
(Tybalt, Petrucchio und andre von den Capulets treten auf.) Bey meinem Kopf, hier kommen die Capulets —
Mercutio.
Bey meiner Ferse, ich frage nichts darnach.
Tybalt. Haltet euch dicht an mir, ich will mit ihnen reden – Guten Tag, meine Herren, ein Wort mit einem von euch.
Mercutio. Warum nur Ein Wort? Kuppelt es mit einem leibhaftern Ding zusammen, macht daß ein Wort und eine Ohrfeige draus wird.
Tybalt.
Ihr sollt mich willig genug dazu finden, Herr, wenn ihr mir Gelegenheit dazu geben wollt.
Mercutio. Könnt ihr denn keine Gelegenheit nehmen, ohne daß man sie euch geben muß?
Tybalt.
Mercutio, du ziehst immer mit Romeo herum —
Mercutio. Herumziehen! wie, machst du Bier-Fidler aus uns? Wenn du Bier- Fidler aus uns machst, so erwarte nichts bessers als Mißtöne zu hören – Hier ist mein Fiddel-Bogen – Hier ist was, das euch tanzen machen soll! – Höll-Teufel! Herumziehen!
(Er legt die Hand an seinen Degen.)
Benvolio. Wir sind hier mitten unter den Leuten. Entweder zieht euch an einen abgelegnen Ort zurük, oder macht euren Zwist mit kaltem Blut aus; hier gaffen uns alle Augen an.
Mercutio.
Die Leute haben ihre Augen drum, damit sie sehen sollen; laß sie gaffen; ich will niemand zum Gefallen von der Stelle gehen, ich.
(Romeo zu den Vorigen.)
Tybalt.
Gut! Ihr könnt Friede haben, Herr! Hier kommt mein Mann.
Mercutio. Aber ich will gehangen seyn, Herr, wenn er euere Liverey trägt; geht nur zuerst zu Felde, er wird euch auf dem Fusse folgen; in diesem Sinn kan Eu. Gnaden ihn wol einen Mann heissen.
Tybalt.
Romeo, die Liebe die ich zu dir trage, giebt mit keinen bessern Gruß für dich als diesen, du bist ein nichtswürdiger Kerl —
Romeo. Tybalt, die Ursache die ich habe dein Freund zu seyn, ist groß genug, mich gegen die beleidigende Wuth eines solchen Grusses unempfindlich zu machen – Ich bin nicht was du sagst – Also, lebe wohl; ich sehe, du kennst mich nicht.
Tybalt. Junge, damit sollst du nicht für die Beleidigungen davon kommen, die ich von dir empfangen habe; kehr um, und zieh.
Romeo. Ich schwöre dir, daß ich dich nie beleidigt habe; ich liebe dich mehr als du dir einbilden kanst; und bis du die Ursach erfahren wirst, warum ich dich liebe, guter Capulet,
(leiser)
– dessen Name mir so theuer ist als mein eigner – gieb dich zufrieden.
Mercutio.
Wie? So gelassen? O schimpfliche, niederträchtige Gelassenheit! —
Tybalt, du Razenfänger, willt du mit mir kommen?
Tybalt.
Was willst du von mir?
Mercutio. Guter Kazen-König, nichts als eines von deinen neun Leben, um ein bißchen lustig damit zu machen, und je nach dem ihr euch künftig aufführen werdet, euch auch die übrigen auszuklopfen. Wollt ihr euern Degen ziehen? Macht hurtig —
Tybalt.
Ich bin zu euern Diensten.
(Er zieht.)
Romeo.
Liebster Mercutio, stek dein Rapier ein.
Mercutio.
Wolan, Herr, einen kleinen Gang.
(Mercutio und Tybalt fechten.)
Romeo.
Zieh, Benvolio – hilf mir ihnen die Degen aus den Händen schlagen —
Meine Herren – Um's Himmels willen, haltet ein – Tybalt – Mercutio —
Ihr wißt das ausdrükliche Verbot des Fürsten – Halt, Tybalt – armer
Mercutio —
(Tybalt geht ab.)
Mercutio. Ich bin verwundet – Verderben über eure beyde Häuser! Ich habe meinen Theil. Ist er weg, und hat nichts?
Benvolio.
Wie, bist du verwundet?
Mercutio. Ja, ja, eine Rize, eine Nadelrize – Zum Henker, es ist genug, wo ist mein Diener? Geh, Schurke, hol einen Wund-Arzt.
Romeo.
Gutes Muths, Mann, die Wunde wird nicht viel zu bedeuten haben.
Mercutio. Nein, sie ist nicht so tief als ein Zieh-Brunnen, noch so weit als eine Kirchen-Thür, aber sie ist eben recht, so viel ich brauche; fragt morgen wieder nach mir. Ich bin gepfeffert für diese Welt, das glaubt mir; der Henker hole eure beyden Häuser! Wie? ein Hund, eine Raze, eine Maus, eine Kaze soll einen Mann zu tod krazen? Eine feige Hure, ein Schurke, ein Lumpen-Kerl, der nach dem Rechenbuch ficht? Warum zum Teufel kam't ihr zwischen uns? Ich wurde unter euerm Arm gestossen —
Romeo.
Ich that es aus der besten Absicht.
Mercutio.
Hilf mir in irgend ein Haus, Benvolio, oder ich werde umsinken – Die Pest über eure Häuser! Sie haben eine Wurms-Mahlzeit aus mir gemacht; ich hab' es, und bald genug – Den Teufel über eure Häuser! —
(Mercutio und Benvolio gehen ab.)