Kitabı oku: «Timon von Athen», sayfa 3
Dritte Scene
(Apemanthus und ein Harlequin zu den Vorigen.)
Caphis. Wartet, wartet, hier kommt der Narr mit Apemanthus, wir wollen ein wenig Spaß mit ihnen haben.
Varro.
An den Galgen mit ihm, er wird uns eins anhängen.
Isidor.
Daß ihn die Pest, – den Hund!
Varro.
Wie geht's, Narr?
Apemanthus.
Redst du mit deinem Schatten?
Varro.
Ich rede nicht mit dir.
Apemanthus.
Das ist wahr, du redst mit dir selbst. Komm, laß uns gehn.
(Zum Narren.)
Isidor.
Der Narr hangt schon an deinem Rüken.
Apemanthus.
Nein, du stehst einzeln.
Caphis.
Weil du noch nicht an ihm bist. Wo ist der Narr hingekommen?
Apemanthus.
Er hat die lezte Frage gethan. Arme Schelme und Wucherers Sclaven!
Kuppler zwischen Geld und Mangel!
Alle.
Was sind wir, Apemanthus?
Apemanthus.
Esel.
Alle.
Was?
Apemanthus.
Wenn ihr euch selbst kenntet, so brauchtet ihr mich nicht zu fragen.
Rede du mit ihnen, Narr.
Harlequin.
Was lebt ihr gutes, meine Herren?
Alle.
Grossen Dank, Narr; was macht eure Frau?
Narr.
Sie sezt eben Wasser über, um solche Hühnchen abzubrühen, wie ihr seyd. Ich wünschte wir könnten das Vergnügen haben, euch zu Corinth4 zu sehen.
Apemanthus.
Grossen Dank für den guten Wunsch! (Ein Page zu den Vorigen.)
Narr.
Seht, hier kommt meiner Frauen Page.
Page.
Wie geht's, Capitain, Was macht ihr in dieser weisen Gesellschaft?
Wie befindst du dich, Apemanthus?
Apemanthus. Ich wollt', ich hätte eine Ruthe in meinem Maul, um dir eine heilsame Antwort geben zu können.
Page.
Ich bitte dich Apemanthus, lies mir die Aufschrift auf diesen Briefen; ich weiß nicht, wem jeder gehört.
Apemanthus.
Kanst du nicht lesen?
Page.
Nein.
Apemanthus.
Es wird also an dem Tag, da du gehängt werden wirst, nicht viel Gelehrtheit sterben – Dieser ist an Lord Timon, dieser an Alcibiades.
Geh, du wardst ein Huren-Sohn gebohren, und wirst als ein Huren-
Wirth sterben.
Page.
Und du wardst als ein Hund geworffen, und wirst verhungern, wie ein Hund. Antworte mir nicht, ich gehe.
(Er geht ab.)
Apemanthus.
Narr, ich will mit euch zum Lord Timon gehn.
Harlequin.
Wollt ihr mich dort verlassen?
Apemanthus.
Wenn Timon bey Hause ist – Ihr drey dient bey drey Wucherern?
Alle.
Ich wollte, sie dienten uns.
Apemanthus. Das wollt' ich auch – Ein so feiner Streich, als jemals ein Henker einem Dieb gespielt hat!
Harlequin.
Seyd ihr Drey Wucherers-Leute?
Alle.
Ja, Narr.
Harlequin. Ich glaub', es giebt in der ganzen Welt keinen Wucherer, der nicht einen Narren zum Diener hat. Meine Frau gehört auch in diese Zunft, und ich bin ihr Narr; wenn die Leute zu euern Herren gehn um Geld zu borgen, so kommen sie traurig, und gehn lustig fort; aber in meiner Frauen Haus gehn sie lustig hinein, und traurig wieder fort. Wißt ihr die Ursach?
Varro.
Ich könnte wol eine sagen.
Harlequin.
So thue es dann, damit wir sehen, daß du ein Hurenjäger und ein Lumpenhund bist; wofür du aber, auch ohne das, nichts desto minder gehalten werden sollst.
Varro.
Was ist ein Hurenjäger, Narr?
Harlequin. Ein Narr in hübschen Kleidern, und dir in etwas ähnlich. Es ist ein Geist; zuweilen läßt er sich in Gestalt eines Edelmanns sehen, zuweilen in Gestalt eines Advocaten, zuweilen in Gestalt eines Philosophen, mit zwey Steinen, ohne den Stein der Weisen zu rechnen. Sehr oft nimmt er die Gestalt eines Soldaten an, und überhaupt ist keine Gestalt, worinn der Mensch von achtzig Jahren bis zu dreyzehn, nur immer gesehen werden mag, in welcher dieser Geist nicht spüke.
Varro.
Du bist nicht ganz ein Narr.
Harlequin. Und du nicht ganz gescheidt; ich habe gerade so viel Narrheit, als dir an Gescheidtheit mangelt.
Apemanthus.
Das ist eine Antwort, deren Apemanthus sich nicht zu schämen hätte.
Alle.
Auf die Seite, auf die Seite, der Lord Timon kommt. (Timon und Flavius treten auf.)
Apemanthus.
Komm mit mir, Narr, komm mit.
Harlequin. Einem Liebhaber, einem ältern Bruder, und einem Weibsbild folg' ich nicht allemal; izt will ich einmal einem Philosophen folgen.
Flavius
(zu den Vorigen.)
Seyd so gut, und spaziert ein wenig dort, ich will gleich mit euch reden.
(Die Gläubiger, Apemanthus und Harlequin, treten ab.)
Vierte Scene
(Timon. Flavius.)
Timon.
Ihr sezt mich in Erstaunen: Warum habt ihr mir denn meine Umstände nicht eher vollständig vorgelegt, damit ich meine Ausgaben nach dem Ertrag meiner Mittel hätte einrichten können?
Flavius. Ich hab euch in manchen müßigen Stunden daran erinnert, aber ihr wolltet mich nicht anhören.
Timon. Ausflüchte! Ihr habt vielleicht gerade die Augenblike ausgesucht, da ich nicht bey guter Laune war; und izt bedient ihr euch dessen, euch selbst auf meine Unkosten zu entschuldigen.
Flavius. O! mein gnädiger Herr, ich brachte meine Rechnungen manchmal, und legte sie euch vor; ihr warfet sie weg, und sagtet, ihr verlasset euch auf meine Ehrlichkeit. Wenn ihr, für irgend ein nichtswürdiges Geschenk von euern Freunden, mir so oder so viel dagegen zu geben befahlet, schüttelt' ich den Kopf und weinte; ja, ich übertrat oft die Geseze des Wohlstands und bat euch, ein wenig sparsamer im Austheilen zu seyn: Ich bekam nicht selten und nicht kleine Verweise, wenn ich Euch die Ebbe euers Vermögens, und die grosse Fluth eurer Schulden vorstellte. Mein allerliebstes Herr, ob ihr gleich izt zu spät höret, so ist doch noch izt eine Zeit; die Summe alles dessen, was ihr habt, mangelt nur eine Helfte, um alle eure Schulden zu bezahlen.
Timon.
Laßt alle meine ligende Güter verkauft werden.
Flavius. Sie sind meistens versezt, einige gar schon verfallen, oder sonst veräussert; und der Rest wird kümmerlich zureichen, die dringendsten Schulden zu verstopfen; die künftige Zeit rükt heran; wovon sollen wir unterdessen leben, und wie werden wir zulezt mit unsrer Rechnung bestehen können?
Timon.
Meine Ländereyen erstrekten sich bis nach Lacedämon.
Flavius. Ach, mein Gnädiger Herr, die Welt ist nur ein Wort; wäre sie ganz euer, so daß ihr sie in einem Athemzug weggeben könntet, wie schnell würde sie weg seyn!
Timon.
Ihr habt recht.
Flavius. Wofern ihr einigen Verdacht in meine Wirthschaft oder Treue sezet, so fordert mich vor die schärfesten Richter, und stellt mich auf die Probe. Die Götter seyen mir gnädig, so wie ich die Wahrheit sage! Wenn alle eure Vorraths-Kammern von schwelgerischen Prassern erschöpft wurden; wenn die Gewölbe und Deken in euern Sälen von Wein träuffelten, der in trunknem Muthwillen versprizt wurde; wenn jedes Zimmer von Lichtern funkelte, und von Spielleuten zertrappt wurde; zog ich mich oft in einen dunkeln Winkel unter dem Dach zurük, um meinen Thränen freyen Lauf zu lassen.
Timon.
Ich bitte dich, nichts mehr, Flavius. Himmel! rief ich aus! wie gütig dieser Herr ist! Wie manche verschwenderische Bissen haben in dieser Nacht Sclaven und Bauren verschlukt! Wer ist izt nicht Timons? Welches Herz, welcher Kopf, welches Schwerdt, welches Vermögen und Ansehen steht nicht zu Timons Diensten? des grossen, des edeln, würdigen, königlichen Timons? Aber wenn die Mittel hin sind, die diese Lobsprüche erkauften, so ist auch der Athem hin, woraus diese Lobsprüche gemacht waren – Laßt nur eine einzige Winterwolke schaudern, so ligen alle diese Fliegen.
Timon. Komm, es ist genug geprediget! Mein Herz kan mir doch wegen meiner Gütigkeit keinen Vorwurf machen. Unweislich, nicht unedel hab' ich weggegeben; warum weinst du? Kanst du fähig seyn, dir einzubilden, es werde mir jemals an Freunden fehlen? Beruhige dich! Wenn ich die Gefässe meiner Liebe anzapfen, und den Inhalt ihrer Herzen durch Borgen auf die Probe sezen wollte, ich könnte mich ihrer Personen und ihres Vermögens so frey bedienen, als ich dir befehlen kan zu reden.
Flavius.
Die Götter geben daß die Erfahrung eure Hoffnung erfülle!
Timon. Und gewisser Maassen leisten mir diese Bedürfnisse einen Dienst, der sie in meinen Augen zu grossen Vortheilen macht; denn durch sie werd' ich Freunde bewähren. Ihr werdet sehen, wie sehr ihr euch über meine Glüks-Umstände betrügt; ich bin an Freunden reich. Herein, he! Flaminius, Servilius!
Fünfte Scene
(Flaminius, Servilius, und andre Bediente treten auf.)
Servilius.
Gnädiger Herr —
Timon. Ich will euch an verschiedne Orte schiken; Ihr zu Milord Lucius – ihr zu Lord Lucullus, mit dem ich heut auf der Jagd war – ihr zu Sempronius; empfehlt mich ihrer Freundschaft; sagt ihnen, ich sey stolz darauf, daß ich endlich Gelegenheit finde, ihre Beyhülfe in einem mir zugestoßnen Geldmangel gebrauchen zu können; begehrt fünfzig Talente.
Flaminius.
Nach Euer Gnaden Befehl.
(Flaminius und Bediente gehen ab.)
Flavius (bey seite.)
Lord Lucius und Lucullus! Hum!
Timon. Ihr, mein Herr, geht zu den Senatoren, von denen ich, mit des Staats gröstem Vortheil, eine solche Gefälligkeit wohl verdient habe: Sagt ihnen, sie möchten mir augenbliklich tausend Talente schiken.
Flavius. Ich bin so kühn gewesen, (weil ich wußte, daß dieses der gewöhnlichste Weg ist) euern Namen und euer Sigel zu einem solchen Ansuchen bereits zu gebrauchen; allein, sie schüttelten die Köpfe, und ich kam nicht reicher zurük.
Timon.
Was sagst du? Ist das wahr? Ist's möglich?
Flavius. Sie antworteten alle aus einem Mund und mit einer vereinigten Stimme, sie seyen eben nicht versehen, sie brauchten Geld, könnten nicht thun was sie wollten; es sey ihnen leid – Ihr seyt ein Mann von Verdiensten – Aber doch möchten sie gewünscht haben – Sie wissen nicht – Es hätte etwas anders seyn mögen – ein edles Naturell könne sich verschlimmern – Wäre zu wünschen es wär' alles gut – Sey zu bedauren – Und hiemit geriethen sie über andre ernsthafte Materien, nachdem sie mich durch unfreundliche Blike und diese harten Brüche, mit gewissen halben Winken, und einem kaltsinnigen Kopfniken, zu erstarrendem Stillschweigen gebracht hatten.
Timon. Ihr Götter, vergeltet's ihnen! – Ich bitte dich, Mann, sey ruhig! Die Undankbarkeit ist bey diesen alten Gesellen etwas natürliches. Ihr Blut ist geronnen, es ist kalt, es fließt selten; der Mangel an freundlicher Wärme macht sie unfreundlich; die Natur, so wie sie nach und nach zur Erde herab sinkt, nimmt auch ihre Eigenschaften an, und wird schwer und unempfindlich. Geh zum Ventidius – Ich bitte dich, sey nicht traurig, du bist redlich und ohne Falsch; ich spreche von Herzen: Es ist nichts an dir auszusezen – Ventidius hat kürzlich seinen Vater begraben, durch dessen Tod er zu einem grossen Vermögen gekommen ist; wie er arm, im Gefängniß, und von jedermann verlassen war, half ich ihm mit fünf Talenten aus der Noth. Grüß' ihn in meinem Namen; sag ihm, irgend ein dringendes Bedürfniß sey seinem guten Freunde zugestossen, welches ihn nöthige sich dieser fünf Talente zu erinnern. Wenn du sie hast, so gieb sie diesen Leuten, die diesen Augenblik ihre Bezahlung fordern. Sage nur niemals, und denk' es auch nicht, daß Timons Glüksstand mitten unter seinen Freunden, einsinken könne.
(Er geht ab.)
Flavius. Wollte Gott, ich könnt' es nicht denken! Wie geneigt ist ein edles und gütiges Herz, alle andern auch dafür zu halten.
(Er geht ab.)
Dritter Aufzug
Erste Scene
(Des Lucullus Haus in Athen.)
(Flaminius wartet auf Antwort, um vorgelassen zu werden; ein Bedienter kommt zu ihm.)
Bedienter. Ich hab euch bey meinem gnädigen Herrn angemeldt; er kommt eben selbst herab.
Flaminius.
Ich danke euch. (Lucullus tritt auf.)
Bedienter.
Hier ist Milord.
Lucullus. Einer von Lord Timons Leuten? ein Präsent, denk' ich; nun, es trift recht artig zu; ich träumte diese Nacht von einem silbernen Handbeken und einer Gießkannen. Flaminius, ehrlicher Flaminius, ihr seyd recht besonders willkommen, mein Herr; – (bringt mir einen Becher mit Wein) – Und wie befindet sich dann der würdigste, vollkommenste, großmüthigste Edelmann in ganz Athen, dein sehr gütiger lieber Herr und Meister?
Flaminius.
Er ist ganz wohl auf, was seine Gesundheit betrift.
Lucullus. Nun das freut mich ja recht, daß er wohl auf ist – und was hast du hier unter deinem Mantel, mein lieber Flaminius?
Flaminius. Mein Treue, nichts als einen leeren Beutel, Gnädiger Herr, Euer Gnaden zu bitten, daß ihr ihn aus Freundschaft für meinen Herrn füllen möchtet; der, da ihm eben eine dringende Noth zugestossen, mich zu Euer Gnaden geschikt hat, mit Bitte, ihm mit fünfzig Talenten auszuhelfen; nicht zweiflend, daß ihr ihm eure schleunige Beyhülfe nicht versagen werdet.
Lucullus. La, la, la, la, – Nicht zweiflend, sagt ihr? Ach, leider! der gute Herr, er ist ein wakrer Edelmann, das ist wahr; wenn er nur nicht eine so kostbare Haushaltung führte. Ich hab' oft und viel mit ihm zu Mittag gegessen, und es ihm gesagt, und bin wieder zum Nachtessen zu ihm gekommen, um es zu wiederholen, daß er seine Ausgaben einschränken sollte: Allein er wollte nie keinen guten Rath annehmen, und ließ sich meine Besuche nicht zur Warnung dienen. Jedermann hat seine Fehler, der seinige ist zuviel Ehrlichkeit. Ich hab' es ihm oft gesagt, aber ich konnte nie was über ihn erhalten. (Ein Bedienter kommt mit Wein.)
Bedienter.
Gnädiger Herr, hier ist der Wein.
Lucullus.
Flaminius, ich habe dich allezeit für einen verständigen jungen Menschen gehalten; – Auf deine Gesundheit!
Flaminius.
Ich danke Euer Gnaden.
Lucullus. Ich hab immer bemerkt, daß du einen muntern fertigen Kopf hast, und daß du gescheidt genug bist, dich selbst nicht zu vergessen, und dich der Zeit zu bedienen, wenn sie dir Gelegenheit dazu giebt. Du hast hübsche Gaben —
(Zu seinem Bedienten)
Geh deines Weges, Schurke – Komm näher, ehrlicher Flaminius; dein Herr ist ein gütiger Edelmann, aber du bist verständig, und begreifst wol, (ob du gleich zu mir gekommen bist,) daß es izt keine Zeit ist Geld auszuleihen, zumal auf blosse Freundschaft, ohne Sicherheit. Hier hast du drey Goldgulden, mein guter Junge; verstehe mich wol, und sage deinem Herrn, du habest mich nicht gesehen. Lebe wohl.
Flaminius. Ist's möglich, daß die Welt sich in so kurzer Zeit so verändert hat? Weg, verdammte Niederträchtigkeit,
(er schmeißt das Geld weg)
geh' zu dem, dessen Abgott du bist.
Lucullus. Ha! Nun seh' ich daß du auch ein Narr bist, und wol zu deinem Herrn taugst.
(Lucullus geht ab.)
Flaminius. Möge geschmolznes Geld deine Strafe in der Hölle seyn, und diese Goldstüke zu den übrigen kommen, die dir glühend in den Rachen gegossen werden sollen, du verfluchter Heuchler von einem Freund – Hat Freundschaft ein so schwaches milchichtes Herz, das in weniger als zwo Nächten gerinnt? O ihr Götter, ich fühle den Zorn, worinn dieses meinen Herrn sezen wird. Dieser Nichtswürdige hat in diesem Augenblik noch meines Herren Mahlzeit im Leibe! Laßt es, anstatt ihn zu nähren, sich in Gall und Gift verwandeln! Laßt es nichts als Krankheiten in ihm zeugen, und wenn er auf den Tod darnieder ligt, o! so laßt jedes Theilchen von Nahrungssaft, wofür mein Herr bezahlt hat, aller seiner heilsamen Kraft beraubt, zu nichts anderm dienen als durch langsame Pein seine lezte Stunde zu verzögern!
(Geht ab.)
Zweyte Scene
(Eine öffentliche Strasse.)
(Lucius tritt mit dreyen Fremden auf.)
Lucius. Wer? der Lord Timon? Er ist mein sehr guter Freund, und ein würdiger Edelmann.
1. Fremder. Wir kennen ihn nicht anders, ob wir ihm gleich unbekannt sind. Aber ich kan euch soviel sagen, Milord, und ich hab' es von dem allgemeinen Gerüchte, daß Lord Timons glükliche Tage vorbey sind, und daß er sich in schlimmen Umständen befindet.
Lucius.
Ey, nein, glaubt das nicht! Es kan ihm nicht an Gelde fehlen.
2. Fremder. Seyd versichert, Milord, es ist noch nicht lange, so war einer von seinen Leuten bey dem Lord Lucullus, und wollte fünfzig Talente von ihm entlehnen; er betrieb es ungemein, und machte die Noth sehr dringend, und doch wurd' es ihm abgeschlagen.
Lucius.
Wie?
2. Fremder. Was ich euch sage, abgeschlagen, Milord!
Lucius. Das ist ein seltsamer Zufall! Nun, bey den Göttern! ich schäme mich für den Lucullus. Einem so angesehnen wakern Mann abzuschlagen! Er hat sehr wenig Ehre davon, wahrhaftig. Was mich betrift so muß ich bekennen, ich habe einige kleine Höflichkeiten von ihm empfangen, Geld, Silbergeschirr, Juweelen und dergleichen Kleinigkeiten, die in der That in keinen Vergleich mit demjenigen kommen, was Lucullus von ihm hat; aber hätt er ihn vorbeygegangen und zu mir geschikt, ich wollt ihm gewiß fünfzig Talente nicht abgeschlagen haben, ob die Summe gleich nicht gering ist. (Servilius zu den Vorigen.)
Servilius. Zu gutem Glük, find' ich hier den Lord Lucius; ich sucht' ihn schon in der ganzen Stadt – Gnädiger Herr!
Lucius. Servilius! Es freut mich euch zu sehen. Lebt wohl, empfehlt mich euerm würdigen, tugendhaften Herrn, meinem sehr werthen Freund.
Servilius.
Mit Euer Gnaden Erlaubniß, mein Herr schikte —
Lucius. Ha! was schikt er? Ich bin euerm Herrn schon so viel verpflichtet, er schikt immer: Wie kan ich ihm meine Erkenntlichkeit bezeugen, meynst du? Und was schikt er mir dann?
Servilius. Er schikt Euer Gnaden nur seinen Gruß, mit Bitte, ihm wegen einem dringenden Anlas der ihm zugestossen, mit fünfzig Talenten auszuhelfen.
Lucius. Ich weiß, daß Se. Gnaden nur Scherz mit mir treibt; es kan ihm nicht an fünfzigmal fünfhundert Talenten fehlen.
Servilius.
Indessen fehlt es ihm doch dißmal an einer viel kleinern Summe, Gnädiger Herr. Wenn er sie nicht so nothwendig brauchte, würd' ich nicht halb so eifrig mich darum bewerben.
Lucius.
Sprichst du im Ernst, Servilius?
Servilius.
Bey meiner Seele, Milord, es ist Ernst.
Lucius. Was für ein verwünschtes dummes Thier war ich, daß ich mich auf eine so gute Gelegenheit so sehr an Geld entblößt habe, wo ich hätte zeigen können, daß ich ein Mann bin, der auf Ehre hält! Wie unglüklich es doch zutreffen muß, daß er mich gerad in einer Zeit auf die Probe sezt, da ich ausser Stand bin – In der That, Servilius, bey den Göttern, ich bin ausser Stand – (ein desto dummeres Vieh, sag ich) Ich wollte diesen Augenblik selbst zum Lord Timon schiken, und ihn um eine Summe Gelds ansprechen, diese Herren können Zeugschaft geben: Aber izt wollt' ich nicht um alles Geld in Athen, daß ich es gethan hätte. Empfehlt mich Sr. Gnaden zu geneigtem Wohlwollen, und ich hoffe, Se. Gnaden werde keine schlimmere Meynung deßwegen von mir fassen, weil ich nicht im Stande bin, ihm meine Dienstwilligkeit zu zeigen. Und sagt ihm in meinem Namen, ich rechne es unter meine grösten Widerwärtigkeiten, daß ich einem so würdigen Edelmann nicht zu Gefallen seyn könne. Mein guter Servilius, wollt ihr so viel Freundschaft für mich haben, und ihm meine eignen Worte hinterbringen?
Servilius.
Ja, Herr, ich will.
(Servilius geht ab.)
Lucius.
Ich will euch eine ziemliche Streke nachsehen, Servilius – Es ist, wie ihr sagtet; Timon ist hin, in der That; wer kan helfen? Euer Diener, meine Herren.
(Er geht ab.)
1. Fremder. Merkt ihr das, Hostilius?
2. Fremder. Nur gar zu wohl.
1. Fremder. Das ist der Lauf der Welt; so denken alle Schmeichler: Wer kan den seinen Freund nennen, der in Eine Schüssel mit ihm taucht? Denn, wie mir bekannt ist, war Lord Timon wie ein Vater zu diesem Herrn; er unterhielt seinen Credit und seine Haushaltung aus seinem Beutel, und bezahlte sogar seinen Bedienten ihren Lohn. Er trinkt nie, ohne daß Timons Silber seine Lippen drükt; und dennoch – o! was für ein Ungeheuer ist der Mensch, wenn er aus einer undankbaren Gestalt hervorgukt! Er schlägt ihm ab, was gutthätige Leute Bettlern nicht versagen.
3. Fremder. Die Menschlichkeit schauert vor einer solchen Gefühllosigkeit.
1. Fremder. Was mich betrift, so hab' ich in meinem Leben niemals die geringste Gutthat von Timon genossen, die mich vor andern verbände, sein Freund zu seyn; und doch versichre ich, um seines edeln und wohlthätigen Gemüths willen, und aus Hochachtung für seine Tugend, wollt' ich ihm die Helfte meines Vermögens geschenkt haben, wenn er sich in seinem Bedürfniß an mich gewendet hätte, so sehr lieb' ich sein Herz; allein, so wie die Welt geht, muß man sein Mitleiden zurükhalten lernen; denn Klugheit geht über Gewissen.
(Sie gehen ab.)