Kitabı oku: «360° um die Welt», sayfa 9
Ein Sultan für ewig
Oman ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen. Einer davon ist Abdullah. Er lädt ein Platz zu nehmen, Kaffee zu trinken und zuzuhören: „Gott wird ein neues Fass aufmachen“, ist Abdullah gewiss. Die Männer neben ihm am Tisch nicken. „Wir haben noch für 200 Jahre Öl“, ruft er schließlich aus, die alten Männer nicken wieder – „Inschallah, so Gott will!“

Schnelle und teure Tiere
Abdullah freut sich, dass er die Zeichen der Zeit erkannte und seinen Sohn zum Wirtschaftsstudium nach England schickte. Wenn er zurückkommt, wird er in einer Ölfirma arbeiten, ist der stolze Vater überzeugt – die alten Männer auch, sie nicken jedenfalls.
Der Tisch mit Abdullah und den Männern steht neben dem Tor zum Suk in der omanischen Hauptstadt Maskat. Im Unterschied zum Gesprächsthema riecht es im Eingangsbereich des orientalischen Marktes aber nicht nach Erdöl, sondern nach allerlei Gewürzen – und vor allem nach Weihrauch. Das begehrte Harz war der erste Exportschlager des Omans. Dann ist das Öl gekommen und hat aus dem Sultanat seit den 1970er-Jahren einen reichen Wohlfahrtsstaat gemacht. Doch der Erdölvorrat ist nicht unerschöpflich – und die Zuversicht Abdullahs teilen nur seine Freunde am Tisch. „Die anderen Golfstaaten ertrinken im Öl, wir müssen in die Gehirne, in unsere Ausbildung investieren“, sagt eine Geschäftsfrau am Nebentisch. Omanisierungs-Politik heißt der offizielle Begriff für diese Raus aus der Öl-Wirtschaftsinitiative.
„Gott weiß alles“, sagt Abdullah. „Gott kann man nicht betrügen.“ Abdullah redet viel. Und was er erzählt, ist interessant, fremd, ein wenig schräg, manchmal witzig – nur wenn Abdullah das Gefühl hat, dass jemand Falsches zuhört, dann hält er inne. „Ich kann hier Sachen sagen, die ich woanders nicht sagen kann“, meint ein Journalist und fügt hinzu: „Wie überall gibt es auch bei uns Regeln, aber innerhalb dieser Regeln ist man frei.“ Die Regeln lauten: Nichts Negatives über den Sultan berichten und nichts Negatives über die königliche Familie, keine Personalisierung, nichts Negatives über die Religion und keine Berichterstattung, die Nachbarländer provozieren könnte.
Oman ist eine Oase der Stabilität auf der Arabischen Halbinsel. Seit 1970 regiert Sultan Qabus bin Said. Nachdem er seinen Vater ins Exil putschte und eine kommunistische Revolte niederschlagen konnte, ist er Staatsoberhaupt, Regierungschef, Außen- und Verteidigungsminister sowie Oberbefehlshaber in einer Person. Und um diese Person ranken sich viele Geschichten – so viele wie die Zahl der Omani, mit denen man über den Sultan spricht. Einer, der es wissen muss, stellt klar: „Der Sultan ist geschieden und hat keine Kinder.“ Die Nachfolge sei trotzdem geregelt und gesichert. Oman wird auch nach Sultan Qabus eine Oase des Friedens bleiben. „Gott wird einen Nachfolger finden“, ist auch Abdullah überzeugt. Freilich, so einen wie Sultan Qabus hat es nie vorher gegeben, so einen wie Sultan Qabus wird es nie wieder geben: „Am besten wäre es, Sultan Qabus würde ewig leben!“

Sultan Qabus bin Said
Turkmenistan

Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Entstanden durch Probebohrungen, lodern am Derweze-Krater seit über vierzig Jahren ewige Flammen. Das „Tor der Hölle“ im Herzen der Karakum-Wüste soll zu einer Touristenattraktion werden. Für Nervenkitzel ist gesorgt: Die Grube ist nicht abgezäunt.
Fläche: | 488.100 Quadratkilometer, ein wenig kleiner als Spanien |
Einwohner: | 5.758.075, ein Achtel von Spanien |
Weißes Rauschen
Turkmenistan ist ein wundervolles Land mit wundervollen Menschen, die einen Präsidenten mit einem Faible für Rekorde der besonderen Art haben: Mit der über vierzig Meter hohen größten Pferdekopfskulptur der Welt schaffte das Land 2017 einen weiteren Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde. Zu den anderen Rekorden zählt der Weltrekord im Kanon-Singen: 4166 Bürger sangen die vom Staatschef komponierte Hymne „Vorwärts, nur vorwärts, mein liebes Land Turkmenistan“. Darüber hinaus ist Asgabat die Stadt mit den meisten weißen Marmorgebäuden, über 500, und den meisten weißen Autos. Seit 2015 besteht ein Importstopp für farbige Pkw – offiziell aus Gründen des Klimaschutzes, da sich dunkle Fahrzeuge mehr aufheizen. Dass die Lieblingsfarbe des Präsidenten weiß ist, könnte die Entscheidung begünstigt haben. Sollte jemand eine Runde mit dem weltweit größten Riesenrad geschlossener Bauart drehen wollen, wäre Asgabat ebenfalls eine Adresse. Bei der Gelegenheit kann man den längsten handgeknüpften Teppich und den höchsten Fahnenmasten bewundern. Ein weiterer Superlativ gelang dem Land mit dem größten Wassersportpark der Welt. Präsident Gurbanguli Berdimuchamedow, ein früherer Zahnarzt, gilt als großer Sportfreund und holte die Asiatischen Kampfsport-Spiele sowie ein großes Defizit gleichzeitig ins Land.

Derweze-Krater
Berdimuchamedow wollte dem Personenkult ein Ende setzen, mit dem sich sein nicht minder autoritär regierender Vorgänger Saparmurat Nijasow umgab. 2015 konnte er aber der Versuchung nicht länger widerstehen und ließ ein 21 Meter hohes, goldverziertes Reiterdenkmal mit ihm auf hohem Ross errichten. Das Riesenbuch „Ruhnama“, eine Art Manifest des Vorgängers, steht auch noch auf einem großen Sockel. Früher ließ sich der Buchdeckel öffnen, und es erschienen präsidiale Phrasen. Seit dem Tod des ersten Präsidenten 2006 bleibt der Deckel aber zu.
Dafür beglückte Präsident Berdimuchamedow seine Bürger zum Weihnachtsfest 2018 mit einem selbst geschriebenen Lied. Das Staatsfernsehen präsentierte den Song exklusiv: An einem weißen Flügel sitzend, sang Berdimuchamedow das Lied „Traum“ auf Englisch, Turkmenisch und Deutsch, während ihn sein Enkel am Synthesizer begleitete. Im Hintergrund rieselten Schneeflocken. Mit seiner „schönen Melodie und den aus tiefstem Herzen kommenden Worten“ sei das Weihnachtslied „allen Zuhörern zu Herzen gegangen“ und habe „starken Eindruck hinterlassen“, kommentierte ein Moderator.

Asgabat mit über 500 weißen Marmorgebäuden
Im Internetmagazin „Novastan.org“, in dem man weniger geschönte Nachrichten aus der Region findet, heißt es in einem Beitrag über die Knebelung der Presse in Turkmenistan: „In den Neunzigern ging der Scherz um, das Akronym TMT (Turkmenisches Staatliches Fernsehen) als ,dein toter Fernseher‘ (Russisch ,tvoj mertvyj televisor‘) zu entziffern. Später wurden die Fernsehsender umbenannt. Das Fernsehen konnte damit aber nicht wiederbelebt werden und verbleibt nach wie vor größtenteils als weißes Rauschen in der Medienlandschaft des Landes.“
Republik Mauritius

Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Dodo steht für dumm – so nannten die holländischen Seeleute auf Mauritius die fettleibigen, flugunfähigen Vögel. Um 1690 hatten sie den letzten Dodo seiner Art verspeist. Heute sind die Niederländer auf Mauritius schon lange Geschichte, doch der Dodo ziert das Inselwappen. Und eventuell wird er sogar durch Klonen wiederbelebt.
Fläche: | 2040 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Hongkong |
Einwohner: | 1.296.303, ein Sechstel von Hongkong |
Heimweh
Mauritius ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen. Für ein paar Tausend von ihnen ist der „Stern und Schlüssel des Indischen Ozeans“ jedoch ein ungeliebtes Exil. Und wenn Mark Twain meinte, dass der Himmel nach dem Vorbild von Mauritius geschaffen wurde, dann widersprechen ihm bis heute die auf Mauritius zwangsumgesiedelten Bewohner der Insel Diego Garcia. Seit über fünfzig Jahren erleben sie die Hölle. „Wir konnten uns nicht in die Gesellschaft in Mauritius einfügen und uns wurde auch keine Chance dazu gegeben – wir sind immer unerwünschte Fremde geblieben“, sagt Olivier Bancoult, Vorsitzender der Tschagos-Flüchtlinge-Vereinigung auf Mauritius in einem Telefongespräch. Bancoult kam 1968 im Alter von vier Jahren nach Mauritius. Nach einem Krankenhausbesuch in Port Louis wurde seiner Familie die Rückkehr auf ihre Diego Garcia verweigert – seine Mutter hat eine Woche lang geweint, erzählt Bancoult.

Dodo auf dem Wappen Mauritius
Die Vertreibung der Tschagosianer war generalstabsmäßig geplant: Die Inselspitäler wurden von den britischen Kolonialherren geschlossen. Außerdem kauften die Briten die Kokosnussplantagen und beraubten die Tschagosianer ihrer wirtschaftlichen Lebensgrundlage; als keine Versorgungsschiffe mehr kamen, suchten die Unerschütterlichsten ihr Heil in der Flucht. Grund für dieses „Massenkidnapping am eigenen Volk“ (©„ Washington Post“) war der Kalte Krieg. Um der Sowjetunion keinen Machteinfluss im Indischen Ozean zu lassen, ermöglichte Großbritannien seinem Verbündeten die Insel zum US-Militärstützpunkt auszubauen. Die humanen „Kollateralschäden“ Verbannung, Depressionen, Selbstmorde, sozialer Abstieg, Armut, Sucht und Prostitution wurden in Kauf genommen. Auf diesem Felsen im Meer gibt es „ausschließlich Seemöwen“, erklärte das britische Außenministeriums – und weiter: „Unglücklicherweise leben mit diesen Vögeln ein paar Tarzans und Freitags von obskurer Herkunft, die hoffentlich bald nach Mauritius verfrachtet werden.“
Der Kalte Krieg ist lange vorbei – die Insel bleibt besetzt, und die Tschagosianer vegetieren noch immer im aufgezwungenen Exil. Als Kind versprach Bancoult seiner Mutter die Rückkehr in die Heimat. Jahrzehntelang zog er vor Gericht. Einmal gewann die Sicht der Vertriebenen, einmal die Position der Vertreiber. 2012 verloren die Tschagos-Vertriebenen ihren letzten juristischen Kampf beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Aber sie trugen einen moralischen Sieg davon. London lenkte ein, gab eine Studie in Auftrag, um die Rückkehr der Tschagosianer in ihre Heimat zu prüfen. Diese sei teuer, heißt es darin, jedoch machbar, hält das Papier fest. Bis dato warten Olivier Bancoult und die anderen Vertriebenen aber auf die konkrete Umsetzung. Nur eine „humanitäre Geste“ gab es: hundert Vertriebene durften für zwei Tage – die Nacht mussten sie auf Schiffen verbringen – zurück auf ihre Inseln: „Das war eine Wallfahrt für mich, jetzt kann ich sterben“, sagte eine achtzigjährige Tschagosianerin, „ich habe noch einmal meine Heimat gesehen.“

Insel Diego Garcia
Republik Seychellen

Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Aldabra, das zu den Seychellen gehörende größte Atoll des Indischen Ozeans, ist berühmt für die dort lebenden Aldabra-Riesenschildkröten. Mit 100.000 Tieren ist sie die einzige Riesenschildkröte, deren Überleben als einigermaßen gesichert gilt.
Fläche: | 455 Quadratkilometer, so groß wie Andorra |
Einwohner: | 93.186, 15.000 mehr als Andorra |
Popo-Nuss
Die Seychellen sind ein wundervolles Land mit wundervollen Menschen und der wundervollsten Nuss der Welt. Wegen ihrer Form, die verblüffend einem weiblichen Hintern ähnelt, trägt sie den Spitznamen Popo-Nuss. Bis zu einem halben Meter lang und zwanzig Kilogramm schwer wird diese Seychellennuss schon seit Jahrhunderten bestaunt. Entdeckt wurde sie, nachdem sie im Meer treibend an die Sandstrände des Indischen Ozean gespült wurde. Dies brachte ihr den Namen „Coco de Mer“ – Kokosnuss des Meeres – ein. Weltumsegler Ferdinand Magellan berichtete um 1520 von schwimmenden Nüssen und vermutete, dass diese an einem riesigen Baum auf dem Meeresgrund wüchsen. Erst im 17. Jahrhundert wurde ihr Ursprung auf die Seychellen zurückverfolgt.
Umso begehrter war die sagenhafte Nuss bei den Reichen und Mächtigen der Welt. Die Briten sollen eine Nuss für 400 Pfund Sterling gehandelt haben, was heute 70.000 Euro entspricht. In Japan galt die Frucht als heilig. Kaiser Rudolf II. kaufte eine Meeresnuss für 4000 Gulden, um damit seine Erotik-Sammlung aufzupeppen. Von einem Prager Goldschmied ließ er die Nuss mit Gold einfassen. Zum Vergleich: Der Künstler bekam als Lohn zehn Gulden im Monat. Die Sultane der Malediven hingegen machten die Nüsse reich.

Begehrtes Aphrodisiakum Popo-Nuss
Heute ist die „Lodoicea maldivica“ nicht nur ein spektakuläres Souvenir, sondern in China ein begehrtes (schon wieder) Aphrodisiakum. Inzwischen hat die Regierung den Nusshandel strengen Regeln unterworfen. Auch gegen den Nuss-Schmuggel machen die Behörden auf scharf: Spezielle Röntgengeräte am Flughafen von Victoria sollen die in Koffern und Rucksäcken versteckten Nüsse aufspüren.

Die Seychellenpalme ist der „Pandabär im Pflanzenreich“.
Der Baum, von dem die Nuss stammt, zählt zu den seltensten Palmenarten des Planeten. Die Seychellenpalme ist der „Pandabär im Pflanzenreich“. Die Palme wächst weltweit nur auf den beiden Seychellen-Inseln Praslin und Curieuse. Insgesamt gibt es noch rund 8200 Pflanzen.
Grund für ihre geringe Zahl ist, dass die Bäume ein sehr kompliziertes Liebesleben haben. Die weiblichen Pflanzen mit den riesigen Popo-Samen werden rund 25 Meter hoch. Erst nach sieben Jahre sind die Nüsse reif und fallen zu Boden. Dort keimen sie oder auch nicht. Die Pollen liefern die männlichen Bäume, deren Blütenstand wie ein meterlanger Penis aussieht. Sie sind mit 30 Metern etwas höher als ihre Herzpalmen nebenan. Wie genau die Bestäubung abläuft und wann sie gelingt, ist nach wie vor ungeklärt. Vielleicht übernimmt der Wind den Job, vielleicht sind es Insekten, vielleicht auch kleine Nager.
Und wo wir schon beim Thema Sex sind: Ende des 19. Jahrhunderts kam dem britischen General Charles Gordon auf den Seychellen folgende Idee: Die Seychellenpalme, so sagte sich der streng gläubige Christ, müsse ganz gewiss der biblische Baum der Erkenntnis sein. Wo doch die Nuss so stark an die weiblichen Formen erinnert, könne nur sie alle fleischlichen Gelüste ausgelöst haben, denn „wenn die Neugier von einem Baum angestachelt werden kann, dann von diesem“.
Vereinigte Arabische Emirate

Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Kamele geben nur Milch, wenn sie sich wohlfühlen. Deswegen soll Kamelmilch sehr gesund, vitaminreich und fettarm sein. In den VAE verfeinert sie Kaffee und Tee, Schokolade wird aus dem „weißen Gold“ genauso hergestellt wie Speiseeis.
Fläche: | 83.600 Quadratkilometer, genauso groß wie Österreich |
Einwohner: | 9.267.000, rund eine halbe Million mehr als Österreich |
Die Sand-Uhr tickt
Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ein wundervoller Zusammenschluss von sieben Emiraten mit wunderbaren Menschen und dem höchsten Gebäude der Welt: Der Burj Khalifa ragt 828 Meter in den Himmel über Dubai. Für den gigantischen Wolkenkratzer wurde die gigantische Menge von 330.000 Kubikmeter Beton verarbeitet – und der besteht überwiegend aus Sand. Und nicht nur in den Arabischen Emiraten, sondern überall auf der Erde wird mehr denn je gebaut. Die Nachfrage nach Sand und Kies ist so dramatisch gestiegen, dass Experten Alarm schlagen. Wer hätte das gedacht, ausgerechnet in einer mit Wüsten gesegneten Region könnte Sandmännchen ein gefährdeter Handwerksberuf werden. Nicht weil sich niemand mehr für den Traumjob findet, sondern weil die Versorgung mit Sand zum Albtraum wird.

Das höchste Gebäude der Welt: Burj Khalifa
„Sand und Kies machen den größten Anteil aller weltweit geförderten Materialien aus – noch vor fossilen Brennstoffen und Biomasse“, sagt die Biodiversitätsforscherin Aurora Torres. Ohne Sand steht das Wirtschaftsleben still, denn das Leben der Menschheit ist buchstäblich auf Sand gebaut. Sand und seine Derivate werden nicht nur in der Bauindustrie verwendet, sie stecken überall drin: von Glas über Asphalt bis hin zu Kosmetika, Zahnpasta, Mikrochips, Smartphone-Bildschirmen, Autos und Flugzeugen. Doch Sand ist keine schnell nachwachsende Ressource. Der Sand von heute ist Millionen Jahre alt.
Für ein Gespräch über die Sand-Knappheit erreicht man die Expertin Torres am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung der Uni Leipzig. Warum gibt es einen Sandmangel? Was ist mit dem sprichwörtlichen „Sand am Meer“? Sandkorn ist nicht gleich Sandkorn, antwortet Torres. Wüstensand ist für die Herstellung von Beton nicht geeignet. Die Körner sind vom Wind so glatt und rund geschliffen, dass sie sich zu wenig verkeilen, bröseligen statt kompakten Beton produzieren. Das Meeressandkorn taugt ebenfalls nicht überall, da es zu salzig ist. Viele Bausand-Vorkommen sind überbaut oder stehen unter Naturschutz. Und der Sand-Nachschub aus den Flüssen wird aufgrund vieler Staudämme weniger. Im UN-Report „Sand, knapper als man denkt“, schätzt man den Verbrauch auf fünfzig Milliarden Tonnen pro Jahr: „Das sind 18 Kilogramm täglich für jeden Einwohner der Erde.“ Allein mit dem Jahresverbrauch des Bausektors könnte man „eine 27 Meter hohe und 27 Meter breite Mauer rund um den Äquator aufschütten“.
An Alternativen zu Sand wird geforscht: Baustoffrecycling und Versuche, Wüstensand für das Bauen nutzbar zu machen, gelten als vielversprechend. Aber das Problem ist komplex und relativ neu. Torres: „Bisher hat noch niemand eine Lösung gefunden, die den riesigen Hunger nach Sand stillen könnte.“ Die Sandforscherin fordert mehr Effizienz und strenge Kontrollen bei der Sandgewinnung sowie eine Überwachung dieser für Korruption und Kriminalität anfälligen Branche, um Katastrophen zu vermeiden und – so möchte man hinzufügen – den Albtraum des Sandmännchens in Dubai und anderswo zu verhindern.

Wüstensand ist zum Betonmischen ungeeignet.
Staat Katar

Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
„The Miraculous Journey“ heißt eine Kunstinstallation vor dem Sidra Medicine Hospital in Doha. Die bis zu 14 Meter großen Skulpturen des britischen Bildhauers Damien Hirst zeigen die „wundersame Reise“ des Menschen im Mutterleib bis zur Geburt. Fünf Jahre wurden die ersten Nacktskulpturen im Nahen Osten verborgen, seit 2018 sind sie zu sehen.
Fläche: | 11.627 Quadratkilometer, halb so groß wie Israel |
Einwohner: | 2.700.000, weniger als ein Drittel von Israel |
Der Ball ist rund – und am Ende gewinnt das Kamel
Katar ist ein wunderbares Land mit wundervollen Menschen und sensationell schnellen Kamelen. Der wahre Volkssport in Katar sind – so wie auf der ganzen Arabischen Halbinsel – Kamelrennen. Daran wird auch die nächste Fußball-WM nichts ändern. Am 21. November 2022 soll in Doha der Anpfiff zum neben den Olympischen Spielen bedeutendsten und größten Sportereignis der Welt ertönen. Katar erwartet 1,5 Millionen Fußballfans aus aller Welt. Im Gegensatz zum Alltag in der katarischen Fußball-„Stars League“, in der oft nicht mehr als 500 Zuschauer die Spiele besuchen. Der Torjubel wird deshalb über Lautsprecher eingespielt. Das erste Turnier in der arabischen Welt, das erste in einem muslimischen Land, das erste im europäischen Winter wird ein Experiment. Noch überwiegen die kritischen Töne zu diesem Spektakel, das sich der Wüstenstaat mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Einkommen 23 Milliarden Dollar kosten lässt: Vollklimatisierte Fußballstadien in Klimawandel-Zeiten, sklavenähnliche Bedingungen auf den Baustellen und die fehlende Fußballtradition provozieren nach wie vor Kopfschütteln über diese FIFA-Entscheidung.
Die politische Situation macht das WM-Experiment noch heikler: Im Juni 2017 kappten Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain alle Verbindungen zu Katar. Das kleine Golf-Emirat war in der Vergangenheit immer wieder von der Linie seiner Nachbarn abgewichen, pflegt zum Ärger der anderen gute Beziehungen zum „Erzfeind“ Teheran. Saudis & Co. verhängten deswegen eine Blockade gegen Katar. Auch Baumaterialien wie Zement wurden nicht mehr geliefert, Verzögerungen auf den WM-Baustellen waren die Folge.
Schwerer trifft die Katarer jedoch, dass die Krise mit den Nachbarn ihrer eigentlichen sportlichen Leidenschaft schadet: Katarische Kamelzüchter wurden gezwungen ihre 7000 in Saudi-Arabien gehaltenen Kamele zurück über die Grenze zu bringen. Wo man sie sofort bestens versorgte. Die Superstars der 22.000 Rennkamele in Katar schwelgen im Luxus: Sie sind ein Statussymbol für die Mächtigsten und Reichsten, kosten bis zu fünf Millionen Euro, leben in Luxusunterkünften, haben einen Swimmingpool und fliegen im eigenen Jet zu den Rennen. Ihr Futter wird aus Honig, Milch, Datteln, Getreide, Eiern und Nahrungsergänzungsmitteln hergestellt. Dopingmittel sind streng verboten und aus diesem Grund noch strenger geheim.

Jockey-Roboter
Früher ritten zwischen vier und sechs Jahre alte in den Elendsvierteln von Indien und Bangladesch rekrutierte Kinderjockeys die Kamele. Nach weltweiten Protesten initiierte Katar die Entwicklung von Roboter-Jockeys. Eine Schweizer Firma erhielt den Zuschlag: Jockey „K-Mel“ ist acht Kilo leicht, erträgt Temperaturen bis zu fünfzig Grad, kann Herzschlag und Geschwindigkeit des Kamels messen, die Stimme des Trainers übertragen und die Zahl der Peitschenhiebe regulieren. Ein perfekter Jockey, bis auf sein Gesicht. Das mussten die Hersteller aufgrund religiöser Vorbehalte ändern: Es sah zu menschlich aus.

Kamelrennen sind der beliebteste Sport in Katar.
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