Kitabı oku: «12 Jesse Trevellian FBI Thriller August 2021: Krimi Paket», sayfa 14
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22

Lopez hatte das Foyer gerade betreten, da spürte er instinktiv, dass etwas nicht so war, wie es sein sollte.
Er ließ den Blick schweifen.
Ein paar Männer standen in der Nähe der Aufzüge, jemand anderes senkte die Zeitung und musterte ihn.
Etwas abseits ließ jemand ein Funkgerät in die Jackentasche gleiten.
Und die Security-Leute sahen ihn an wie einen Außerirdischen. Da wusste Lopez Bescheid.
Für solche Dinge hatte er einen sechsten Sinn.
"Mister Craig Lopez!", rief eine heisere Stimme.
Lopez griff unter seine Lederjacke.
Er riss einen kurzläufigen Revolver heraus.
Ohne Vorwarnung feuerte auf den Mann, bei dem er das Funkgerät gesehen hatte. Dessen Hand war seitwärts geglitten, hatte das Jackett zurückgeschoben. Er schaffte es gerade noch, den Griff seiner Dienstwaffe zu umfassen, als sich mitten auf seiner Stirn ein kleines, rotes Loch bildete, das rasch größer wurde.
Der G-man sackte gegen die glatte Aufzugtür und rutschte leblos an ihr herunter.
Weitere Schüsse krachten kurz hintereinander aus seinem 22er heraus. Rot züngelte das Mündungsfeuer aus dem kurzen Lauf.
Lopez lief zur Tür.
Eine Kugel erwischte ihn am Arm. Er schrie auf, schoss erneut, stürzte ins Freie und taumelte die wenigen Stufen an der Eingangstür hinunter.
Passanten stoben schreiend auseinander.
Als Lopez einem Mann auf der anderen Straßenseite eine verdächtige Bewegung machen sah, feuerte er erneut.
Ein paar Schritte nur lagen zwischen dem Flüchtenden und dem gelben Taxi, mit dem er gekommen war.
Der Fahrer machte gerade seine Essenspause, aß ein Sandwich und hörte sich dabei die Staumeldungen aus der City an.
Lopez riss die Tür auf, warf sich auf den Beifahrersitz und richtete den 22er auf den Fahrer.
Der starrte den Amokläufer entgeistert an, blickte dann kurz auf die blutende Wunde an Lopez' Arm.
"Losfahren!", knurrte Lopez zwischen den Zähnen hindurch.
Der Fahrer reagierte nicht gleich.
Der letzte Bissen seines Sandwichs blieb ihm buchstäblich im Hals stecken.
"Na los, bist du taub?"
Er setzte dem Mann den brandheißen Lauf des 22ers an die Schläfe.
Der Fahrer schwitzte.
Lopez ließ den Blick schweifen.
Er sah, dass binnen weniger Augenblicke sämtliche Passanten die Umgebung geräumt hatten. Bewaffnete gingen in Stellung.
G-men!, schoss es Lopez grimmig durch den Kopf.
"Fahren Sie endlich!", zischte Lopez. "Solange Sie tun, was ich Ihnen sage, sind sie nicht in Lebensgefahr. Weder durch mich, noch durch die da draußen..."
Der Fahrer ließ den Motor an.
Seine Hände zitterten, als er das Lenkrad herumdrehte, um aus der engen Parklücke auszuscheren.
Lopez schwenkte ruckartig die Hand mit dem 22er.
Er richtete die Waffe auf die Funkanlage.
Einen Sekundenbruchteil später feuerte er.
Der Fahrer zuckte mit einem Schrei zusammen.
"Sorry, aber so habe ich ein besseres Gefühl", meinte Lopez und bleckte dabei die Zähne wie ein Raubtier.
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23

"Agent Curruthers hat es erwischt!", rief Fred LaRocca mir entgegen, als sich die Fahrstuhltür vor mir öffnete.
Curruthers' Augen blickten starr ins Nichts.
Der rote Punkt zwischen den Augen sagte alles.
"Er ist tot", sagte LaRocca.
"Verdammt!", presste ich hervor.
"Der Kerl ist hinausgerannt... Außerdem hat er selbst eine Kugel abbekommen. Eigentlich müsste er unseren Leuten in die Arme laufen."
Mit wenigen Sätzen war ich bei der Tür und ließ sie zur Seite fliegen.
Milo war mir dicht auf den Fersen.
Orry und Clive waren oben in Lopez' Wohnung geblieben, um die Durchsuchung zu beenden. Außerdem mussten Miss Clansys Personalien noch aufgenommen werden.
Wir stürzten auf die Straße, die Pistolen im beidhändigen Anschlag.
Ein halbes Dutzend unserer Kollegen waren in Stellung gegangen.
Ein Taxi raste die Straße entlang.
Ein Lieferwagen kam ihm entgegen, hupte, wich dann aus. Er krachte in eine Reihe parkender Pkw hinein. Blech und Plastik wurden knackend zerdrückt. Das Taxi schnellte voran. Ein Schuss peitschte aus dem Wagen heraus. Die hintere Scheibe zersprang. Scherben regneten auf die Straße.
"Er hat eine Geisel!", rief uns jemand zu.
"Hinterher!", zischte ich Milo zu.
Wir rannten über die Straße zum Wagen.
Zwei unserer Agenten brausten bereits mit ihrem Ford hinter dem entführten Taxi hier. Sie hatten das Blaulicht auf das Dach gesetzt.
In der Ferne war eine Polizeisirene zu hören.
"Lopez darf uns nicht entkommen", knurrte Milo, als er die Fahrertür des Chevys öffnete.
Wir stiegen ein.
Milo startete.
"Willst du nicht drehen?", fragte ich, während ich das Blaulicht hervorholte.
"Nein", meinte Milo. "Versuchen wir, ihm den Weg abzuschneiden..."
"Ich hoffe nur, dass du dich hier gut genug auskennst..."
"Für wen hältst du mich?"
Der Chevy-Motor heulte auf, als Milo über die 123. Straße jagte.
Im Rückspiegel sah ich, dass sich ein weiterer unserer Dienstwagen auf den Weg machte, um sich an die Fersen des Entführers zu heften.
"Lopez steht das Wasser bis zum Hals", meinte ich. "Der wird alles auf eine Karte setzen!"
"Das letzte Ass, das er im Ärmel hat.."
"Und was sollte das für ein Ass sein? Der Kerl ist verletzt..."
"Als wir unten bei den Mole People mit diesen Killern gekämpft haben, hat es auch einen von ihnen erwischt. Aber bislang sind alle Anfragen bei Krankenhäusern und Ärzten ohne Ergebnis geblieben..."
Mir kam ein Gedanke.
Ich griff zum Handy und wählte Clive Caravaggios Nummer.
Der flachsblonde Italo-Amerikaner meldete sich.
"Hallo, Jesse, was gibt's?"
"Ich nehme an, ihr seid noch in Lopez' Penthouse..."
"Sicher.
"Schaut doch mal in seinem Telefonregister nach, ob ihr die Nummer eines Arztes findet..."
"Kann 'ne Weile dauern, Jesse. Die Namen sind hier nur abgekürzt... Ich melde mich."
"Danke, Clive."
Milo ließ den Chevy eine Seitenstraße entlangbrausen, bog dann scharf ab und beschleunigte noch einmal.
Über Funk bekamen wir von den Kollegen, die sich an das Taxi drangehängt hatten, die ungefähre Position durchgegeben.
Ein Hubschrauber war angefordert worden. Die Kollegen der City Police sorgten dafür, dass im weiten Umkreis nach dem Taxi gefahndet wurde.
"Ich wette, er will zum Franklin D. Roosevelt-Drive", war ich überzeugt.
Milo erwiderte: "Ich hoffe nur, dass er dort erwartet wird..."
Dann kam über Funk die Meldung, die wir gefürchtet hatten.
"Wir haben ihn verloren!"
"Wo?", fragte ich.
"Ecke 117. Straße Ost/ Second Avenue. Vielleicht ist er auf der Hundertsechzehnten!"
"Sollte das der Fall sein, kommen wir ihm entgegen", sagte Milo.
Mit Blaulicht und Sirene raste unser Chzevy in den dichten Verkehr auf der 116. Straße Ost. Wagen fuhren zur Seite, wichen uns aus.
Die Leute waren ziemlich vernünftig.
Angestrengt glitt mein Blick über die Blechlawine.
Ein gelbes Taxi stach hervor.
Und dann sah ich es!
Es parkte am Straßenrand im Halteverbot.
Wir mussten auf die andere Straßenseite. Wagen stoppten. Es dauerte trotzdem etwas, bis wir mit dem Chevey die Fahrbahn gegen jede Fahrtrichtung überquert hatten.
Wir mussten uns vorsichtig hinübertasten, um keinen Massenunfall zu provozieren.
Endlich hatten wir es geschafft.
Ich sprang aus dem Wagen, noch ehe Milo den Chevy richtig gestoppt hatte. Mit der P226 in der Faust rannte ich auf den Wagen zu.
Das Innere des Taxis lag im Schatten.
Man konnte kaum sehen, was sich im Inneren abspielte.
Ich hielt meinen Ausweis hoch. "FBI! Gehen Sie zur Seite!", rief ich den Passanten zu, von denen einige stehenblieben und wie gebannt auf das Geschehen blickten.
Ich pirschte mich an das Taxi heran. Milo war mir gefolgt. Ich hatte mit halbem Ohr mitgekriegt, dass er unsere Leute verständigt hatte.
Ich sah den Taxi-Fahrer starr hinter dem Steuer sitzen.
Ich riss die Hintertür auf. Lopez war nicht mehr im Wagen.
Blutspuren befanden sich auf dem Sitz.
"Verdammt", sagte Milo und senkte die SIG. "Er hat den Taxi-Fahrer einfach erschossen..."
"Von hinten durch den Sitz", murmelte ich.
Ich atmete tief durch.
Lopez hatte seine Rücksichtslosigkeit unter Beweis gestellt. Er war äußerst gefährlich. Und in seinem gegenwärtigen Zustand war er bereit, buchstäblich über Leichen zu gehen. Er glaubte wohl, nichts mehr zu verlieren zu haben.
Mein Blick suchte den Boden ab.
Auf dem Asphalt entdeckte ich ein paar kleinere Blutspuren.
"Er kann nicht weit kommen", meinte Milo.
Ich blickte auf, sah zu dem Schild hin, das auf die Subway-Station 116.Straße/Lexington Avenue hinwies.
Milo und ich hatten denselben Gedanken und setzten zu seinem kleinen Spurt an.
Wir liefen die Stufen hinunter.
Währenddessen verständigte ich per Handy die Kollegen. Die Züge, die hier in den letzten Minuten gehalten hatten, mussten kontrolliert werden, bevor sie das nächste Mal anhielten.
Vielleicht war das schon zu spät.
Wir erreichten den Bahnsteig.
Es waren nur wenige Leute da.
Ein Obdachloser schleppte ein paar Plastiktüten daher.
Er sah mich an und ich fragte mich, ob ich ihm vielleicht schonmal begegnet war.
Während unserer Zeit bei den Tunnelmenschen.
Ich wusste es nicht mehr.
Sid und Brett hatten uns eine Reihe ihrer Freunde vorgestellt.
Überwachungskameras folgten jeder unserer Bewegungen.
Vielleicht konnte man später anhand der Bänder feststellen, ob Lopez hiergewesen war. Aber bis dahin war er über alle Berge.
Ich nahm nochmal das Handy und erkundigte mich nach dem neuesten Stand der Dinge. Die nächsten Subway-Stationen Richtung Süden lagen an der 110., der 103. und der 96. Straße. NYPD-Beamte hatten an den Ausgängen Kontrollen durchgeführt. Lopez war nicht unter den Passanten gewesen.
Und angesichts der Tatsache, da er mit seiner Verletzung alles andere als unauffällig war, konnte man es wohl ausschließen, dass er den Cops der City Police einfach durch die Lappen gegangen war.
In Richtung Norden und Westen waren die nächsten Stationen auch kontrolliert worden.
Keine Spur von Lopez.
Er war wie vom Erdboden verschluckt.
Milo deutete in den finsteren Tunnel hinein, in dem sich die Schienenstränge verloren.
"Vielleicht ist er dort", meinte er. "Schließlich dürfte er sich inzwischen in diesem unterirdischen Labyrinth bestens auskennen..."
Mein Handy schrillte.
Clive Caravaggio war am Apparat.
"Hallo Jesse, wir haben hier etwas gefunden."
"Einen Arzt?"
"Unter den Telefonnummern war keiner. Aber wir haben bei Lopez' Unterlagen einige Arztrechnungen und Rezepte gefunden... Er geht offenbar regelmäßig zu verschiedenen Ärzten, leidet unter Bluthochdruck und häufigen Virusinfektionen."
"Ist unter seinen Ärzten ein Chirurg?", fragte ich.
"Dr. Jason Jameson, 70. Straße Ost, Hausnummer 1237."
"Ich wette, er ist auf dem Weg dorthin..."
"Ist doch irgendwie merkwürdig, Jesse... Lopez hat sich von einem Chirurgen Antibiotika und Grippemittel aufschreiben lassen."
"Vielleicht ein guter Bekannter von ihm", vermutete ich. "Jemand, mit dem er auch sonst zusammenarbeitet..."
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24

Lopez taumelte in den Raum hinein. Er ließ sich in einen der weichen Sessel fallen und keuchte. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er presste die rechte gegen die Schulter. Blut rann ihm zwischen den Fingern hindurch. Seine Augen glänzten.
"Sind Sie wahnsinnig, Lopez?", fragte eine kalte, schneidende Stimme.
Sie gehörte einem grauhaarigen Mann mit spitzem Kinn und eisblauen Augen.
"Dr. Jameson...", keuchte Lopez. Seine Stimme klang entsetzlich schwach. "Ich brauche ihre Hilfe..."
"So sehen Sie aus, Lopez..."
"Mir steht das Wasser bis zum Hals."
"Ihre Wunde macht einen üblen Eindruck. Sie werden sich eine Infektion holen."
"Sie werden tun, was Sie können, um mich wieder auf die Beine zu kriegen..."
Jamesons Blick wirkte abweisend.
Er musterte Lopez.
"Was ist passiert?"
"Das FBI sitzt mir im Nacken. Und Sanders. Dieser Narr!"
"Wieso Sanders?"
"Er will, dass geliefert wird. Ohne Rücksicht auf Verluste. Er begreift einfach nicht, dass die Cops was gerochen haben..."
"Wie weit steht Ihnen das Wasser?"
"Die G-men haben auf mich vor meiner Wohnung gewartet. Ich konnte sie nur mit Mühe abhängen..."
"Sie und Ihre Leute waren immer die Männer fürs Grobe. Für die Drecksarbeit. Jetzt stecken Sie selbst im Dreck!"
"Reden Sie nicht so mit mir!", kreischte Lopez. "Sie haben Billy Estevez auch geholfen, als dieser G-man ihn angeschossen hat!"
"Sie sind wahnsinnig, hierher, in meine Privatwohnung zu kommen, Lopez. Damit bringen Sie mich in Gefahr. Es könnte Sie jemand gesehen haben. Früher oder später steht das FBI vor meiner Tür, weil Sie eine Spur direkt hier her gelegt haben..."
"Hören Sie..."
"Sie können nicht erwarten, dass mir das gefällt, Lopez!"
Lopez griff unter die Jacke, riss den 22er heraus. Seine Hand zitterte leicht, als er die kurzläufige Waffe in Jamesons Richtung hielt.
"Sie holen mir jetzt die Kugel aus dem Körper! Fangen Sie an!"
Ein dünnes, zynisches Lächeln erschien auf Jamesons Gesicht.
"Ich hatte immer gedacht, Sie wären ein Profi, Lopez. Aber offenbar sind Sie trotz des kleinen Vermögens, das Sie mit ihrer schmutzigen Arbeit inzwischen verdient haben dürften, immer noch der Straßenschläger, als der Sie mal angefangen haben. Ich habe Sie offenbar überschätzt..."
"Ich warne Sie, Jameson!"
Dr. Jameson deutete auf die Waffe. "Stecken Sie das Ding weg, Sie werden sich nur selbst verletzen. Ich werde tun, was ich kann. Haben Sie schon überlegt, wie Sie außer Landes kommen?"
Lopez ließ den 22er sinken.
"Sanders wird mir helfen."
"Wie schön für Sie..."
Das Telefon auf dem Schreibtisch schrillte.
Jameson ging hin und erstarrte dann, als Lopez mit der Waffe herumfuchtelte.
"Was soll das? Wollen Sie, dass irgendjemand Verdacht schöpft, der mich dringend erreichen will?"
Jameson nahm ungerührt das Telefon ab.
Lopez keuchte. Die Waffe sank nieder. Er hatte höllische Schmerzen.
Jameson sagte zweimal kurz hintereinander "Ja!" bevor er wieder auflegte. Mit einer schnellen Bewegung riss er die Schublade seines Schreibtischs auf.
Eine langläufige Automatik mit Schalldämpfer lag dort.
Jameson hatte die Waffe blitzschnell in Anschlag gebracht.
Rot züngelte das Mündungsfeuer wie eine rote Drachenzunge aus dem Schalldämpfer heraus.
Das Schussgeräusch war nicht lauter, als ein kräftiges Niesen.
Zweimal kurz hintereinander feuerte Jameson. Lopez zuckte. Der 22er entglitt seiner schlaffen Hand. Sein Blick wurde starr. Er sank in den Sessel zurück. Eine der Kugeln hatte die Schläfe durchschlagen und war direkt ins Gehirn gefahren. Die zweite erwischte Lopez dicht oberhalb des Herzens.
Wer hätte gedacht, dass meine Grundausbildung bei der Army irgendwann mal zu etwas gut sein würde, dachte Jameson mit einem zynischen Lächeln. Seine medizinische Karriere hatte er einst mit einer Sanitäter-Ausbildung bei Uncle Sam begonnen.
Jameson verzog das Gesicht, als er sah, wie sich das Blut in das weiche Sesselpolster saugte.
Der Chirurg griff zum Telefonhörer.
"Ross?", fragte er. "Kommen Sie bitte schnell. Es gibt hier einiges wegzuräumen..."
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25

Wir befanden uns vor der Hausnummer 1237 in der 70. Straße Ost.
Es handelte sich um ein mehrstöckiges Brownstone-Reihenhaus. Außer der Privatwohnung von Dr. Jason Jameson befanden sich darin auch - mit separatem Eingang die Räume einer chirurgischen Praxis.
Ich betätigte die Sprechanlage.
"Sie wünschen bitte?", fragte jemand ziemlich mürrisch.
"Hier ist das FBI", sagte Milo. "Wir würden gerne mit Mister Jameson sprechen..."
"In welcher Angelegenheit?"
"Das besprechen wir ungern an der Tür."
Einen Augenblick lang geschah nichts. Es knackte im Lautsprecher der Sprechanlage. Dann hieß es: "Kommen Sie herein!"
Die Tür wurde geöffnet.
Ein riesenhafter Kerl stand uns gegenüber. Er war mindestens einen Kopf größer als ich, hatte gelocktes, bis auf die Schultern reichendes Haar und die Figur eines Bodybuilders.
Ich hielt ihm den Ausweis entgegen.
"Special Agent Jesse Trevellian. Sind Sie Dr. Jameson?"
"Mein Name ist Ross", erwiderte er. "Ich bringe Sie zu Dr. Jameson..."
Er drehte sich herum. Wir folgten ihm durch eine modern und luxuriös eingerichtete Wohnung. Ross führte uns in ein sehr weiträumiges Büro. Ein grauhaariger Mann saß hinter einem klobigen Eichenschreibtisch.
Er erhob sich, trat auf uns zu und grüßte knapp. "Ich bin Dr. Jameson, was kann ich für Sie tun?"
Er warf nur einen flüchtigen Blick auf unsere Ausweise.
Phi griff in die Innentasche seiner Jacke und hielt Jameson den Computerausdruck eines Fahndungsfotos unter die Nase.
"Kennen Sie diesen Mann?", fragte Milo.
Jameson nahm das Foto, runzelte die Stirn.
Er blickte auf, schien zu überlegen, wie groß die Chance war, bei einer Lüge auch erwischt zu werden. Jameson war Realist genug, um dieses Risiko nicht einzugehen.
"Einer meiner Patienten", erklärte er. "Ich kenne ihn flüchtig. Sein Name müsste... Helfen Sie mir!"
"Craig Lopez", ergänzte ich.
"Ja, richtig."
"Sie haben ihm des öfteren Grippemittel verschrieben."
"Woher haben Sie das denn?", erwiderte er mit einem eisigen Lächeln.
"Das geht aus seinen Abrechnungen hervor. Mit einem Blick in Ihre Dateien wäre das sicher auch nachweisbar!"
"Wozu Sie keinerlei Recht haben", sagte Jameson schroff.
"Mister Lopez hat sich mit Waffengewalt einer bevorstehenden Festnahme entzogen. Er tötete einen FBI-Agenten und zog sich sich selbst eine Verletzung zu, die vermutlich dringend einer ärztlichen Behandlung bedarf..."
"Und da dachten Sie, er kommt direkt hier her?"
"Ja."
"Tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Sie sich im Irrtum befinden,. Mister..."
"Trevellian."
Er verzog das Gesicht. Die Handbewegung, die er dann vollführte, wirkte nervös.
"Ist es eigentlich üblich, sich bei einem Chirurgen Medikamente für Bagatellekrankheiten aufschreiben zu lassen?", fragte ich.
"Wir leben in einem freien Land, Mister Trevellian. Jeder kann den Arzt wählen, den er will. Und wenn Sie wollen, können Sie Ihren Fußpilz vom Gynäkologen behandeln lassen..."
"Ich will darauf hinaus, dass Sie Lopez gut kennen, Mister Jameson. Und dass die Verbindung zwischen Ihnen nicht nur der eines Arztes und einem Patienten entspricht!"
"Jetzt bin ich aber gespannt!"
"Wissen Sie, was Mister Lopez zur Last gelegt wird?"
"Polizistenmord, das sagten Sie gerade..."
"Er führt eine Gruppe von Killern an, die in den Subway-Tunneln und Abwasserkanälen unter der Stadt auf Menschenjagd gehen. Sie töten und entführen, um an Transplantationsorgane zu kommen..."
"Und was soll ich damit zu tun haben?"
"Ich dachte, dass Sie mir dazu vielleicht etwas sagen könnten..."
"Jetzt gehen Sie aber zu weit, Mister Trevellian. Ich möchte Sie bitten, mein Haus zu verlassen."
"Nicht, bevor wir uns nicht davon überzeugt haben, dass Lopez wirklich nicht hier ist..."
"Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?"
"Den zu bekommen dürfte in dem Fall nicht schwer sein..."
Ich griff nach dem Handy und klappte das Gerät aus.
Es brauchte nur zwei Knopfdrücke, um die Nummer des Headquarters an der Federal Plaza 26 über das interne Menue anzuwählen.
Aber dazu kam es nicht mehr.
Ross riss blitzschnell eine Automatik hervor. Der Lauf war auf meinen Kopf gerichtet.
"Keine falsche Bewegung!", zischte er. "Das Handy fallenlassen!"
Ich gehorchte.
Der Apparat fiel auf den Teppichboden.
"Sind Sie verrückt?", ereiferte sich Dr. Jameson.
"Wir haben keine andere Wahl", erklärte Ross kalt. "Oder wollten Sie das Risiko eingehen, dass das FBI Lopez findet?"
Ross bleckte die Zähne. "Zu dumm, Mister Trevellian. Wenn Sie nur ein wenig später gekommen wären."
Ich hob die Augenbrauen.
"Und was geschieht jetzt? Unsere Kollegen werden früher oder später hier auftauchen."
"Ja, das weiß ich."
"Wenn Sie uns über den Haufen schießen sind Sie ein Polizistenmörder - und für die ist im Staat New York die Giftspritze vorgesehen. Überlegen Sie sich genau, was Sie tun!"
Ross lachte.
"Wer sagt, dass ich Sie einfach über den Haufen knalle?" Er schüttelte den Kopf. "Vorher werden wir Ihre Körper noch einem sinnvollen Zweck zuführen, Gentlemen!"
"Ross!", rief Jameson aus.
Ross drehte etwas den Kopf.
"Es fehlt an Material", erklärte er. "Das wissen Sie so gut wie ich, Jameson! Und Lopez kann ja nun nicht mehr liefern..." Er hob die Automatik. "Vorwärts!", zischte er.
"Gehen Sie voraus, Jameson! Wir bringen die beiden in die Praxisräume... Für die Narkose! Schließlich sind wir ja keine Unmenschen und reißen Ihnen Ihre Eingeweide bei vollem Bewusstsein aus dem Leib!" Er lachte zynisch. "Obwohl wir uns das natürlich auch noch anders überlegen können!"