Kitabı oku: «12 Jesse Trevellian FBI Thriller August 2021: Krimi Paket», sayfa 24

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Wir fuhren mit Rotlicht und Sirene zum Krankenhaus.

Kreidebleich lag Gore Gandolf ini im Bett. Ein Arzt war bei ihm.

»Lassen Sie uns allein, Doc«, verlangte er. Seine Stimme war kraftlos.

Ich sah Schläuche, Drähte und Sonden. Apparate piepsten, tickten und ratterten leise.

Der Arzt ging hinaus.

»Diese Medizinmänner sind Nieten«, behauptete Gandolfini.

»Sie tun bestimmt, was sie können«, erwiderte Blackfeather.

Gandolfini zog die Mundwinkel verächtlich nach unten. »Es reicht nicht. Ihre ärztliche Kunst reicht nicht aus, um mich am Abkratzen zu hindern.«

Er machte eine kleine Pause, atmete rasselnd.

»Ich habe gehört, dass Janis Holden erschossen wurde«, sagte er dann.

Ich bestätigte es.

Gandolfini schloss die Augen.

Ich beobachtete die Tropfen in der Infusionsflasche. Jede Sekunde fiel einer herunter.

Gandolfini schien es immer schwerer zu fallen, am Leben zu bleiben.

»Janis Holden - das wäre mein nächster Hit gewesen«, sagte der Profi-Killer. »Ich hätte nicht gedacht, dass er’s selber machen wird, aber offenbar hat er es geschafft, alle Hemmungen über Bord zu werfen und über seinen Schatten zu springen.«

»Wen meinst du?«, fragte ich.

Gandolfini atmete nur.

»Von wem sprichst du?«, fragte ich den schwer gezeichneten Berufs-Killer.

Gore Gandolfini hustete. Es strengte ihn so sehr an, dass er eine Weile nicht sprechen konnte.

»Andrew Holden ist der Letzte«, hauchte der Killer schließlich. »Dann ist Ruhe.«

Ich trat näher an das Bett heran. Gandolfinis Stimme wurde immer kraftloser. Ich beugte mich zu ihm hinunter, um ihn besser zu verstehen.

»Trevellian, du gottverfluchter Bastard«, sagte der Killer. Seine Lippen bewegten sich kaum noch. »Sie werden dir einen Orden an die Brust heften. Du bist mit Gore Gandolfini fertig geworden. Das ist eine Leistung, auf die du stolz sein kannst.« Er schluckte schwer. »Der Teufel soll dich holen. Ich werde bald zur Hölle fahren. Wäre nicht übel, wenn wir uns da bald Wiedersehen würden. Vielleicht kann ich in dieser Hinsicht was für dich arrangieren - beim Satan ein gutes Wort für dich einlegen.« Er leckte sich die trockenen, spröden Lippen.

»Wem haben wir diese vielen Toten zu verdanken, Gandolfini?«, fragte ich eindringlich. »Wer hat dich für die Morde bezahlt? Wer hat dich auf Milo Tucker und mich angesetzt?«

Er bedeutete mir, mich noch tiefer zu ihm hinunter zu beugen. Ich tat es, und er flüsterte mir den Namen ins Ohr.

Und er verriet mir noch etwas mit letzter trotziger Kraft...




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Als wir erneut bei Andrew Holden aufkreuzten, motzte er uns an, ob wir nichts Besseres zu tun hätten, als ihm fortwährend auf die Nerven zu fallen.

Er verlangte von uns energisch, endlich die blutige Mordserie, der seine ganze Familie zum Opfer gefallen war, aufzuklären.

»Erst mal nehmen wir Sie fest, Mr. Holden«, sagte ich scharf.

Er kniff die Augen zusammen und hielt sein linkes Ohr in meine Richtung. »Was? Wie war das? Sind Sie nicht bei Trost, Agent Trevellian.«

»Doch, Sir, das bin ich«, gab ich frostig zurück. »Und - im Übrigen... Die Mordserie ist aufgeklärt.«

»Sie sind doch nicht etwa auf die wahnwitzige Idee gekommen, mich...«

»Nein, Sir«, fiel ich ihm ins Wort. »Die Morde an Ihrer Frau und Ihren Kindern legen wir Ihnen nicht zur Last.«

»Sondern?«, schnappte Andrew Holden. »Was denn?«

»Sie haben sich eines anderen abscheulichen Verbrechens schuldig gemacht, Mr. Holden.«

»Wessen denn?«, fragte er verächtlich. »Da bin ich aber sehr gespannt, was Sie mir anhängen wollen, mein Lieber.« Er schlug sich mit der Faust gegen die Brust. »Mein Gewissen ist rein. Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen.«

»Dann ist eine Vergewaltigung in Ihren Augen wohl ein Kavaliersdelikt«, erwiderte ich schneidend. »Nicht wert, sich daran zu erinnern, wie?«

»Wen, um alles in der Welt, soll ich denn vergewaltigt haben?«, wollte Holden wissen.

»Ihre Sekretärin«, sagte ich.

»Yvonne?«

»Jawohl, Yvonne Bercone«, bestätigte ich. »Sie waren scharf auf Sie, doch sie wollte nichts von Ihnen wissen, ließ Sie mehrere Male abblitzen. Das konnte Ihr männlicher Stolz nicht verkraften. Deshalb haben Sie sich gewaltsam genommen, was das Mädchen Ihnen freiwillig nicht geben wollte. Yvonne ist daran seelisch zerbrochen. Sie machte mit ihrem Freund Schluss und nahm sich das Leben, indem sie sich vor die U-Bahn stürzte, als der Arzt ihr sagte, dass sie im dritten Monat schwanger sei. Sie hat sich und Ihr Kind umgebracht, Mr. Holden. Und nun werden Sie sich für das Verbrechen, das Sie an Yvonne Bercone begangen haben, vor Gericht verantworten.«

Andrew Holden durchbohrte mich mit seinen Blicken.

Mich ließ das kalt.

»Gehen wir!«, sagte ich, und Blackfeather öffnete die Tür.

Wir traten aus dem Haus. Holden hüllte sich in grimmiges Schweigen.

Wir wollten ihn zu meinem roten Jaguar XKR bringen...

Da stellte sich uns plötzlich ein Maskierter in den Weg!

Und er richtete einen Revolver auf uns...




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Der Maskierte!

Der Mann, der behauptet hatte, über jeden meiner Schritte Bescheid zu wissen. Nun, in diesem Fall stimmte es tatsächlich.

Der Mann, der Gore Gandolfini engagiert hatte.

Der Mann, der Laura Holden gekidnappt hatte.

Der Mann, der Andrew Holdens Frau und dessen Sohn von Gandolfini ermorden ließ.

Der Mann, der die Dinge selbst in die Hand genommen hatte, als der Profi-Killer ausgefallen war.

Der Mann, der Janis Holden am Broadway in Dick Pryors Garderobe erschossen hatte und nun Andrew Holden nach dem Leben trachtete.

Ich sah ihn an und sagte: »Weg mit der Waffe! Und nehmen Sie die Maske ab! Wir wissen, wer Sie sind! Gore Gandolfini hat es mir verraten. Wir kennen auch den Grund für Ihren abgrundtiefen Hass - Mr. Bercone!«

Blake Bercone, der einstige gefeierte Baseball-Star und nunmehrige Sport-Moderator bei »Balaban TV«, riss sich die Wollmaske vom Kopf und schleuderte sie auf den Boden.

Wut und Hass verzerrten sein Gesicht, während sein Revolver noch immer auf uns gerichtet war.

Er ließ ihn nicht fallen.

Er würde ihn benutzen, ihn abfeuern, um ein weiteres Mal zu töten!




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Aber Blake Bercone hatte auch Tränen in den Augen. Er kam einfach nicht über den Selbstmord seiner Tochter hinweg.

Sie hatte ihm einen Abschiedsbrief geschickt, in dem sie ihm mitteilte, warum sie nicht mehr leben wollte. Als er ihn gelesen hatte, hatte sie schon nicht mehr gelebt, und der damit verbundene Schmerz hatte ihn um den Verstand gebracht.

Er hatte von diesem Moment an nur noch für seine Rache gelebt, hatte dem verhassten Feind die Familie genommen und wollte ihn nun für das Verbrechen, das er an Yvonne begangen hatte, mit dem Tod bestrafen.

Und unser Job war es, das zu verhindern. Wir durften keine Lynch-Justiz dulden.

Blackfeather zog seine SIG. Auch ich holte meine Dienstwaffe aus dem Leder.

Blake Bercone war in seinem Schmerz viel zu weit gegangen.

Er hatte Laura und Dudley Holden ermorden lassen und Janis Holden selbst erschossen. Und er hatte sogar Milos und meinen Tod in Auftrag gegeben.

Dieser Mann war nicht mehr bei Verstand und deshalb extrem gefährlich.

Weil ihm nach dem Tod seiner Tochter sein eigenes Leben offensichtlich überhaupt nichts mehr bedeutete. An seine Vernunft zu appellieren, war sinnlos.

Icfrtat es dennoch, redete beschwörend auf ihn ein.

Doch meine Worte erreichten weder seine Seele noch sein Herz, noch seinen Verstand. Er war keinen vernünftigen Argumenten zugänglich.

Er sah nur seinen verhassten Feind vor sich - und alles in ihm schrie nach Vergeltung. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Yvonne war seinetwegen gestorben. Also durfte auch er nicht länger leben.

Ich warnte Blake Bercone mit ernstem Nachdruck. »Lassen Sie es genug sein!«, sagte ich dunkel. »Holden kommt vor Gericht. Das Gesetz wird ihn mit gnadenloser Härte treffen. Er kommt nicht ungeschoren davon. Man wird ihn für eine sehr lange Zeit einsperren.«

»Aber er wird leben!«, knurrte Bercone unversöhnlich. »Er wird leben, während meine geliebte Yvonne tot ist! Das darf nicht sein!«

»Ich werde Ihnen sagen, was nicht sein darf, Mr. Bercone: Es darf nicht sein, dass jeder Mann in diesem Land das Gesetz selbst in die Hand nimmt. Also lassen Sie endlich den verdammten Revolver fallen!«

Blake Bercone schüttelte finster den Kopf. »Erst wenn dieser Bastard tot ist!«

Meine Nervenstränge spannten sich. Es gab keine Lösung für diese Situation. Bercone würde auf Holden schießen, das stand für mich fest.

Ein kaum wahrzunehmendes Flackern in seinen Augen verriet mir, dass es soweit war.

Und da zuckte auch schon der Revolver hoch!

Ich packte Holden und riss ihn hinter mich. Gleichzeitig feuerten Blacky und ich auf Bercone.

Der TV-Moderator schoss ebenfalls, aber unsere Kugeln waren schneller.

Sie trafen ihn. Er verriss dadurch, und sein Schuss ging irgendwo hin.

Blutend ließ Bercone die Waffe fallen. Aber ergab nicht auf, sondern wirbelte herum und rannte nach vorn gebeugt davon.

Während Blackfeather darauf achtete, dass uns Andrew Holden nicht abhanden kam, versuchte ich mir Bercone zu holen...




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Der einstige Profi-Sportler war noch immer bestens in Form, und seine Verletzungen behinderten ihn nicht so sehr, dass er kapitulieren musste.

Er schaffte es bis auf die Gleise eines weit verzweigten Rangierbahnhofs, stürmte an verschlossenen Güterwagons vorbei, zwängte sich zwischen gestapelten Containern hindurch und kletterte auf einen weißen Silo-Transporter.

Eine Eisenleiter führte nach oben.

Ich schnellte hoch und versuchte Bercones Beine zu umklammern. Ich wollte ihn von der Leiter herunterreißen und kassierte einen Tritt gegen die Schläfe.

Der Treffer machte mich benommen.

Ich brauchte einige Sekundenbruchteile, um mich zu sammeln.

In dieser Zeit kletterte Blake Bercone weiter. Oben, auf dem Silo, richtete er sich auf - und das wurde ihm zum Verhängnis.

Obgleich er die Stromleitung, die sich über ihm befand, nicht berührte, geriet er in ein tödliches Kraftfeld. Knisternd und zischend packte es den Mann.

Bercone brüllte auf. Er zuckte konvulsivisch. Der Strom ließ ihn tanzen.

Seine Kleidung fing Feuer.

Er stürzte vom Silo und landete tot vor meinen Füßen.




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Der Profi-Killer Gore Gandolfini, der sein Gewissen erleichtert hatte, als er dachte, es gehe mit ihm zu Ende, überlebte.

Die Ärzte brachten ihn durch - es grenzte an ein kleines Wunder und war eine medizinische Meisterleistung -, und der akribische Staatsanwalt ging daran, eine lange Anklageschrift auszuarbeiten.

Auch Andrew Holden erwartete ein erbarmungsloser Prozess, der mit Sicherheit viel Staub aufwirbeln würde.

Und Milo Tucker kehrte sehr früh wieder an seinen Arbeitsplatz zurück.

Er hinkte zwar noch kurze Zeit, aber schon bald war er wieder ganz der Alte und voll einsatzfähig.

Und das war auch gut so, denn für G-men gibt es keine Schonzeit, und der nächste Fall wartete bereits auf uns.

Ein wirklich Nerven zerfetzender Fall, der uns alles abverlangte.

ENDE




Trevellian opfert die FBI-Agentin


Krimi von Horst Friedrichs

Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten.

Jesse Trevellian ist ein Ermittler in New York. Er kämpft unbeirrt gegen das Verbrechen und die organisierte Kriminalität. Auch wenn er von einem Sumpf aus Korruption und Lüge umgeben ist, versucht er einen geraden Weg zu gehen. Denn die Schicksale der Opfer lassen ihn nicht los... Trevellian lässt nicht locker. So lange es auch dauern mag, am Ende findet er die Mörder...




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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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1


Ein Buick Riviera Cabrio. Bonbonrosa unter Straßenlampenlicht. Ein Wagen wie ein. Markenzeichen der Eigentümerin.

Ich stieg aus meinem Jaguar, als sie hochhackig trippelnd erschien. Milo gab mir vom Beifahrersitz her das Zeichen, die Ohren steifzuhalten.

Rauch und Stimmengewirr der Bär Rambling Rose wurden hinter ihr von der zuschwingenden Tür abgeschottet. Die Frontpartie des Buick verdeckte vorübergehend ihre unglaublichen Beine. Als sie die Fahrerseite erreichte, wischte sie ärgerlich mit der Hand durch die Luft. Hau ab, hieß das, heute läuft nichts mehr! Doch nur ich sah ihr Augenzwinkern, keine der Figuren auf dem Bürgersteig kriegte das mit. Es war das Signal für mich. Sie hatte etwas auf Lager.

»He, Mann!« schrie sie, denn ich ging immer weiter auf sie zu. »Verschwinde! Hast’s wohl verdammt nötig, was? Aber nicht mit mir!«

Ich warf mich auf sie, riß sie zu Boden und begrub ihren Körper unter mir. Harte Schläge trafen den Buick. Es klang, als schlüge jemand in schneller Folge ein Dutzend Türen zu.

»Unter den Wagen!« zischte ich und rollte mich nach links ab. Zehntelsekunden blieben uns. Die nächsten Kugeln würden tiefer liegen.

Schreie gellten. Leute warfen sich hin, wo sie gerade standen. Sie hatten schnell begriffen. Vielleicht hatten sie die Mündungsblitze gesehen, drüben vor der dunklen Hauswand auf der anderen Straßenseite.

Ich rollte mich bis zur Fahrbahnmitte. Um die Halbweltlady, die ich so unsanft flachgelegt hatte, konnte ich mich nicht mehr kümmern. Unser beider Rettung war es gewesen, daß ich diese plötzliche Bewegung bemerkt hatte, dieses Aufblinken von mattem Stahl. Nur am äußersten Rand meines Blickfelds hatte sich das abgespielt, aber es hatte gereicht.

Wieder dieses rasende Türenschlagen! Das Schmettern, mit dem die'Kugeln ins Karosserieblech schlugen, war lauter als die Schüsse selbst. Es mußte ein schallgedämpftes Schnellfeuergewehr sein.

Ich kam federnd halb hoch und sah die Mündungsblitze.

Hakenschlagend wischte ich nach rechts weg. Etwas zupfte an meinem linken Hosenbein, begleitet von sengendem Hauch — eine Kugel, die gleich darauf schmatzend den Asphalt aufriß.

Im Bogen rannte ich auf die dunkle Hauswand zu.

Milo stürmte von links zwischen parkenden Wagen und Gebäudefassaden heran. Er war noch zu weit entfernt. Ich zerrte den Smith & Wesson aus dem Holster und brachte ihn hoch.

Im selben Moment zuckte die dritte Serie von Mündungsblitzen auf. Das Haus dahinter war fensterlos. Ein altes Kino, eine Lagerhalle, der Teufel mochte wissen, was.

Ihm ging es nur um die Lady. Ich folgerte es aus den Schmettergeräuschen der blechstanzenden Kugeln. Er hatte sie nicht erwischt, durfte sie nicht erwischt haben!

Ich feuerte, ohne zu verharren. Der Dienstrevolver ruckte in meiner Rechten. Zwei Kugeln jagte ich dorthin, wo die Feuerblumen im Stakkato aufblühten.

Hart und trocken bellte Milos 38er von der anderen Seite.

Dem Schießer wurden die Sekunden knapp. Seine gedämpften Schüsse verstummten. Er wußte jetzt, daß er in die Zange genommen wurde.

Ich sah ihn wie einen Schatten, der aus der Dunkelheit heraus durch den Lichtkreis einer Straßenlampe wischte. Er rannte auf einen Chevrolet Cavalier zu, aber er dachte nicht daran, seine Waffe wegzuwerfen. Wie in einer Momentaufnahme sah ich das Gewehr. Der Vorderschaft ging in ein armdickes Rohr über. Darin befand sich der ummantelte Lauf.

»Stehenbleiben!« brüllte ich und jagte eine Kugel in den linken Heckkotflügel des Cavalier, eine hellblaue Limousine, die selbst im Halbdunkel gut zu erkennen war.

Der Schießer, schlank und dunkelgekleidet, reagierte nicht. Er zuckte nicht einmal zusammen. Er riß die Fahrertür auf, warf sein Heckenschützengewehr hinter die Sitze und war im nächsten Moment hinter dem Lenkrad.

Milo versuchte es von drüben, 40 Meter entfernt, mit gezielten Schlissen. Zuviel für den stupsnasigen 38er. Und die Durchschlagskraft der Geschosse reichte nicht aus, um mit ein, zwei Schüssen in den Motorblock das Herz des Wagens lahmzulegen. Die 357er Magnum-Revolver, mit denen so etwas möglich ist, fuhren wir meist nur bei Großeinsätzen.

Ich hatte zehn Meter zu überwinden. Und ich zögerte keinen Atemzug lang.

Noch sieben Meter, als er den Motor in Gang kriegte. Im Sprinten stieß ich den Smith & Wesson ins Holster.

Noch drei Meter...

Die Hinterreifen drehten durch und kreischten auf dem Asphalt. Das Wagenheck schwenkte zur Bordsteinkante hin. Die träge Masse schien sich gegen die wilde Beschleunigungskraft zu sträuben.

Ich sprang und überbrückte so die letzten zwei Meter.

In dem Moment, in dem die Räder endlich faßten, landete ich auf dem Wagenheck. Die Limousine machte einen Satz. Ich hatte kaum Halt. Platt wie eine Flunder rutschte ich auf der langen Heckklappe nach hinten.

Der Gummiwulst, mit dem die Heckscheibe eingefaßt war, gab meinen suchenden Fingern etwas zum Festhaken. Lächerlich wenig angesichts der Beschleunigungskraft, mit der der Cavalier lospreschte. Der Schießer saß geduckt hinter dem Lenkrad. Vor den Scheinwerfern des Gegenverkehrs konnte ich nur seine Silhouette sehen. Sein gelocktes dunkles Haar stand durch die Lichtbrechung wie ein Strahlenkranz auf seinem Kopf.

Er jagte auf den Broadway zu. Noch befanden wir uns auf der West 46th Street. Wahrscheinlich suchte er verkehrsreichere Gegenden, um im Getümmel zu verschwinden.

Ich schaffte es, mich ein Stück höher zu ziehen.

Er nahm Gas weg. Die Kreuzung Ninth Avenue war nahe. Zum ersten Mal drehte er sich um. Eine hastige Kopfbewegung. Deutlich glaubte ich zu erkennen, wie ihm fast die Augen herausfielen. Bis jetzt hatte er nicht gewußt, daß er einen Passagier beförderte. Und er reagierte in Panik.

Ruckartig riß er das Lenkrad nach links. Ein entgegenkommender Wagen wich im letzten Moment aus und stimmte ein wütendes Hupkonzert an. Entsetzte Frauenstimmen waren vom Bürgersteig zu hören.

Die erste Schlenkerbewegung glich ich noch fast mühelos aus. Dann mußte mein gehetzter Driver eine Lücke im Verkehrsfluß auf der Ninth Avenue suchen, und ich hatte ein paar Sekunden Ruhe. Nur kurz stieg er in die Bremse. Trotzdem rutschte ich so weit nach vorn, daß ich mit der Nase die Heckscheibe befühlte.

Wieder gab er Gas und fegte auf die Kreuzung hinaus. Kein Gegenverkehr. Er hatte mächtiges Glück. Er zog nach links, und das Heck fing an zu wedeln. Das brachte ihn auf eine Idee. Beide Fahrspuren waren frei, er hatte genügend Platz. Den Kopf noch tiefer zwischen die Schultern gezogen, fing er an, das Lenkrad hin und her zu reißen.

Hatte ich das erste Wedeln mit Krallenfingern halbwegs verkraftet, so wurde es jetzt eine höllische Schaukelei. Die Hinterreifen des Cavalier kreischten in kurzen Abständen, und meine Beine schlenkerten im Takt, als hätte der Kerl eine Marionette auf seinen Kofferraum gebunden.

Es war eine Frage von Sekunden, wann ich wie ein Geschoß zur Seite wegfliegen würde. Wenn ich mich einfach fallen ließ, würde ich mir die Knochen auf dem Asphalt verschrammen. Wurde ich nach links geschleudert, konnte ich unter einen entgegenkommenden Wagen geraten. Und rechts hatte ich die Aussicht, mir an einem parkenden Schlitten den Schädel einzuschlagen.

Er mußte erneut Gas wegnehmen. Die Kreuzung West 47th Street kam in Sicht. Aber er würde die Wedelei fortsetzen, keine Frage. Ich löste die Rechte vom Heckscheibenwulst und hielt mich nur mit der Linken. Vom Wagendach herab fächerte mir der Fahrtwind kühl ins Gesicht.

Blitzschnell zog ich den 38er aus dem Holster, drehte ihn um und hieb mit dem Griffstück auf das Sicherheitsglas. Der Cavalier jagte über die Kreuzung. Das Glas zerbröckelte in perlige kleine Krümel. Den Smith & Wesson noch in der Rechten, griff ich mit beiden Händen in die nachgebende Bröckelmasse, fand Halt und riß mich mit Schwung nach vorn.

Die Chevy-Maschine röhrte. Es war der Moment, in dem der Schießer erneut mit seiner Lenkradreißerei begann. Es nutzte ihm nichts mehr. In einem Schwall von rieselndem Glas rutschte ich ins Wageninnere. Das Heckwedeln bewirkte nur noch, daß meine Unterschenkel links gegen den Dachholm knallten.

Der Schießer bremste hart. Ich landete auf der hinteren Sitzbank und rutschte gegen die Rückenlehnen. Bevör ich mich aus dem Fußraum entflechten konnte, gab er Gas und zog den Wagen gleichzeitig nach rechts.

Die Hinterreifen kreischten. Ich sah die Lichter in den oberen Stockwerken der Häuser. Mit der Linken kriegte ich die Lehnenoberkante des Beifahrersitzes zu fassen.

Wieder war mein Driver schneller. Er rammte das Bremspedal nach unten, und die Fliehkraft hielt mich fest.

Der Wagen kam zum Stehen. Wie groß die Panik des Gangsters war, wurde mir jetzt klar. Er hätte den Augenblick nutzen können, um mich zu überwältigen. Statt dessen sprang er ins Freie.

Mit einem kraftvollen Ruck kam ich hoch. Vor mir lag das Schnellfeuergewehr mit dem klobigen Schalldämpfer, unter stumpfweißen Glaskrümeln begraben. Ich ließ es, wo es war, stieß die Tür auf und federte hinaus.

Den Dienstrevolver, brachte ich nicht erst hoch.

Der Lichterglanz des Theaterdistrikts umgab mich mit flirrenden und schreienden Farben. Autos rollten im Schritttempo. Menschen strömten aus Ausgängen und benutzten die Fahrbahn kreuz und quer. Trotzdem war der Gangster leicht zu erkennen.

Im Gewühl von Menschen und Fahrzeugen war er der einzige, der sich schnell bewegte — rennend und hakenschlagend. Mehr denn je schien er zu glauben, daß er eine ganze Heerschar von Verfolgern im Nacken hatte. Dabei war es keine Falle gewesen, die wir ihm gestellt hatten.

Wir hatten ebensowenig von ihm gewußt wie er von uns. Einziger feststehender Bestandteil der verteufelten Geschichte war der Zeitpunkt gewesen, zu dem die Halbweltlady die Bar Rambling Rose zu verlassen pflegte.

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