Kitabı oku: «Umgelegt vom Killer: Krimi Koffer 9 Romane», sayfa 5

Yazı tipi:



16


Es war eine schmerzhafte Fleischwunde an der linken Schulter. Kein Arzt war nötig, um eine Kugel aus Kowalskis Schulter zu schneiden. Der Killer versorgte den stark blutenden Streifschuss selbst in seinem Hotel. Nachdem er die Blutung gestoppt hatte, legte er mit viel Geschick den Verband an. Danach kippte er einen Bourbon. Der Drink belebte ihn. Er schluckte eine schmerzstillende Tablette, spülte sie mit Mineralwasser hinunter, begab sich zum Zimmertelefon und verlangte die Rechnung. Mitten in der Nacht zog er aus. Er hatte sich erkundigt, wann das nächste Flugzeug nach Baltimore flog und war eine Stunde vor dem Start auf dem O'Hare Airport.

Die Schmerzen waren zu ertragen.

Dank der Tablette spürte Kowalski lediglich ein dumpfes Pochen in der verletzten Schulter.

Als sein Flug aufgerufen wurde, ging er an Bord eines zweistrahligen Jets.

Die freundliche Stewardess fragte ihn, ob er einen Wunsch hätte, den sie ihm erfüllen könne. Er verlangte ein paar Illustrierte und ein kleines Fläschchen Sekt.

Als die Maschine in zehntausend Meter Höhe durch die Nacht flog und Chicago – und auch Roberto Tardelli – immer weiter hinter sich ließ, lehnte sich Mel Kowalski entspannt zurück und schloss die Augen. Die Verletzung ließ es ihm angeraten erscheinen, sich eine kurze Ruhepause zu gönnen. Er würde Sergio Patana von dieser Absicht unterrichten. Er war sicher, dass der Boss von „Black Friday“ dagegen nichts einzuwenden hatte. Es wäre ein Fehler gewesen, einen lädierten Mann weiter einzusetzen, das wusste auch Patana. Deshalb würde er nichts dagegen haben, dass Mel Kowalski sich erst dann wieder für neue Aufgaben zur Verfügung stellte, wenn er wiederhergestellt war.

Nirgendwo konnte sich Mel Kowalski besser schonen als in Baltimore, denn da wohnte – seit nunmehr dreizehn Monaten – seine Schwester Claire.

Der Killer presste die Kiefer fest zusammen.

Er wollte im eigenen Interesse alles dazu beitragen, um so schnell wie möglich wieder topfit zu werden.

Und dann?

Dann würde er sich um Roberto Tardelli kümmern und sich diesen Bastard ein für allemal vom Hals schaffen!

Baltimore. Die Maschine zog eine Schleife über der Stadt am Patapsco River und sank dann langsam zur Landepiste des Friendship Airport hinunter.

Kowalski setzte sich in ein Taxi und nannte dem Fahrer die Adresse seiner Schwester. Er hatte sich ein ganzes Jahr lang nicht mehr bei ihr blicken lassen. Claire war nicht so wie er. Er hatte sich nie mit ihr vertragen. Sie war ein verdammter Dickschädel und ließ aus Prinzip nicht gelten, was er sagte. Er machte sich nichts vor. Claire würde vor Freude nicht an die Decke springen, wenn er plötzlich wieder vor ihr stand. Eigentlich gehörten sie nur auf dem Papier zusammen. Ihre Dokumente wiesen sie als Geschwister aus, aber in Wirklichkeit waren sie beide so grundverschieden wie zwei Menschen, die sich völlig fremd waren.

Einen Moment wollte Kowalski den Taxifahrer bitten, vor dem nächsten Blumenladen kurz anzuhalten, doch dann verwarf er diesen Gedanken sofort wieder, tat ihn als Schnapsidee ab. Er hatte noch keiner Frau Blumen geschenkt, und am allerwenigsten verdiente diese Auszeichnung seine Schwester Claire.

Nichts hatte sich verändert.

Nur an der Ecke, da wo die Wäscherei gewesen war, war jetzt, ein Fotogeschäft.

Die Straße, in der Claire wohnte, hatte nichts von ihrer Trostlosigkeit eingebüßt. Der Driver stoppte den Wagen. „Wir sind da, Sir.“

Kowalski nickte. Er bezahlte die Fahrt, holte seine Reisetasche aus dem Kofferraum und verschwand in einem grauen, schmalbrüstigen Haus.

Claire hatte noch vom Schlaf verquollene Augen. Auf der linken Wange zeichneten sich die Abdrücke des Kopfkissens ab. In ihrem kastanienbraunen Haar baumelten Lockenwickler. Sie trug einen malvenfarbenen Morgenrock, der sich eng an ihre makellose Figur schmiegte. Obwohl sie unausgeschlafen war, sah sie sehr hübsch aus – und damit unterschied sie sich auch äußerlich auffallend von ihrem Bruder.

Kowalski grinste sie an. „Hallo, Schwester. Darf ich reinkommen?“

„Du hast Nerven. Was fällt dir ein, mich mitten in der Nacht zu wecken?“, fragte Claire schnippisch.

„Von wegen mitten in der Nacht. Es ist neun Uhr. Andere Leute kommen um diese Zeit bei der Arbeit schon ins Schwitzen.“

„Die sind bestimmt nicht erst im Morgengrauen nach Hause gekommen“, murmelte Claire und gab die Tür frei. „Na, komm schon rein.“

„Deine Begeisterung über unser Wiedersehen ist direkt ansteckend“, feixte Kowalski.

„Was erwartest du von mir? Dass ich mich vor Freude überschlage?“

„Du könntest irgend etwas Nettes sagen.“

„Weshalb? Du hast dich ein ganzes Jahr nicht um mich gekümmert. Es war dir egal, wie‘s mir geht ...“

„Ich habe oft an dich gedacht.“

„Davon habe ich nichts gemerkt. Nach zwölf Monaten erscheinst du plötzlich wieder auf der Bildfläche und tust so, als wärst du nur mal weg gewesen, um Zigaretten zu holen. Darf ich erfahren, was mir die Ehre deines Besuches verschafft?“

Sie hatte keine Ahnung, in welcher „Branche“ er tätig war, und so sollte es auch in Zukunft bleiben. Er zuckte die Achseln, die rechte etwas mehr als die linke.

„Ich bin ohne Grund hier“, sagte er.

„Das kannst du mir doch nicht weismachen. Du bezweckst mit allem, was du tust, etwas. Warst immer schon ein nüchterner Rechner, der niemals etwas tat, das ihm nicht in irgendeiner Form Profit einbrachte.“

Kowalski grinste. „Ist das nicht die beste Einstellung, die man sich zulegen kann?“

„Ich finde sie zum Kotzen.“

Kowalski wurde schlagartig ernst. „Hör zu, du verdammtes Luder, ich erwarte nicht von dir, dass du mir vor Freude an den Hals fliegst, aber wenn du mit mir keinen Verdruss haben willst, wäre es gut, wenn du dir einen anderen Ton aneignen würdest.“

Es funkelte in Claires nussbraunen Augen. „Wenn dir mein Ton nicht gefällt, kannst du gern wieder gehen!“

Sie ahnte nicht, wie knapp sie in diesem Augenblick an einer Ohrfeige vorbeiging. Kowalski schluckte seinen Zorn mühsam hinunter, trug seine Reisetasche in den Livingroom, ließ sich in einen Sessel fallen, streckte die Beine weit von sich und knurrte: „Ich werde ein paar Tage hier wohnen.“

Claire folgte ihm. Sie blieb in der Tür stehen und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Ach, und ich hab dazu wohl gar nichts zu sagen, wie?“

„Richtig“, sagte Kowalski mit einem frostigen Lächeln um die Lippen. „Ich bleibe hier, solange es mir gefällt, ob dir das nun passt oder nicht!“

„Na, das sind ja schöne Aussichten.“

„Du musst dich durch mich in deinen Lebensgewohnheiten nicht stören lassen. Tu ganz so, als wäre ich nicht da.“

„Das schaffe ich nie.“

„Ist mir auch egal. Mach jetzt Frühstück. Ich habe Hunger.“ Verdrossen begab sich Claire in die Küche. Sie brachte wenig später ein Tablett mit Kaffee, Butter, Toast und Honig. Alles nur für eine Person.

„Du isst nichts?“, fragte Kowalski.

„Mir ist der Appetit vergangen“, antwortete Claire missmutig und verschwand im Schlafzimmer, um da Ordnung zu machen. Danach ging sie ins Bad. „Was hättest du gemacht, wenn ich einen Freund hier gehabt hätte?“, fragte sie ihren Bruder.

„Ich hätte ihn mir angesehen, und wenn er mir gefallen hätte, hätte er bleiben dürfen.“

„Und du?“

„Ich wäre natürlich auch geblieben. Deinen Freund hätte das doch sicherlich nicht gestört.“

Als Claire aus dem Bad kam, sah sie hinreißend aus. Mel Kowalski stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Donnerwetter. Ich hatte ganz vergessen, dass ich eine so bildhübsche Schwester habe. Dir laufen die Jungs bestimmt in Scharen nach.“

„Kann schon sein“, gab Claire trocken zurück.

Kowalski versuchte sie auszuhorchen. Er wollte wissen, ob es einen Mann in Claires Leben gab, doch das Mädchen wich seinen direkten Fragen entweder aus oder überhörte sie einfach. Nachdem sie im Wohnzimmer ein wenig aufgeräumt hatte, blickte sie auf ihre Uhr.

Kowalski grinste. „Du kannst getrost zur Arbeit gehen, Baby. Ich pass inzwischen hier auf, dass nichts geklaut wird.“

Er wollte wissen, was für einen Job sie hatte, doch sie sagte es ihm nicht. Sie war überhaupt sehr wortkarg. Als es auf elf Uhr zuging, schlüpfte sie in ihre hochhackigen Pumps und verließ die Wohnung, ohne Mel zu sagen, wohin sie ging und wann sie zurückzukommen gedachte. Er zog die Mundwinkel nach unten. „Die Dame hat schon lange keine feste Hand mehr gespürt“, knurrte er. „Nun, das wird jetzt anders werden!“

Er fand es ganz selbstverständlich, dass er in Claires Schränken herumwühlte, sich alle Laden vornahm, das unterste zuoberst kehrte. Dabei fiel ihm ein Sparbuch in die Hände, in dem lächerliche zweihundert Dollar eingetragen waren. Rosig schien es Claire also nicht gerade zu gehen. Aber sie wäre viel zu stolz gewesen, dies ihm gegenüber zuzugeben. Er fand eine Telefonkladde mit vielen Nummern und wenigen Namen. Das kam ihm eigenartig vor, doch ehe er sich damit gedanklich eingehender befassen konnte, schellte es an der Tür.

Er öffnete.

Draußen stand ein mickriger Kerl im schwarzen Anzug. Seine Haut war blass. Er hatte tiefliegende, nichtssagende Augen, eine große, schiefe Nase, dünne Lippen und nervöse Hände. Er versuchte einen ungeduldigen Blick in die Wohnung zu werfen, doch Kowalski füllte die Öffnung voll aus. So war der Mickrige gezwungen mit seiner dünnen Fistelstimme zu fragen: „Ist Claire da?“

„Was wollen Sie von ihr?“, fragte Kowalski eisig.

Der Kleine kicherte verlegen und senkte den Blick. Kowalski stellte fest, dass der Bursche nicht minderbemittelt sein konnte. Der schwarze Anzug war Maßarbeit, ebenso die Schuhe. Und an den dünnen Fingern trug der Mann mehrere Ringe, die bestimmt keine Imitationen aus Hongkong oder Taiwan waren. Kowalski forderte den Mann auf, einzutreten. Er sagte ihm, Claire sei nicht zu Hause, und er habe keine Ahnung, wann sie wiederkommen würde.

„Oh“, stöhnte der Kleine enttäuscht. „Das ist aber schade. Ich bin nur für ein paar Stunden in Baltimore, und da Claire gesagt hat, ich könne ruhig vorbeikommen, wenn ich mal in der Stadt sei, dachte ich ... Jammerschade ist das.“

Kowalski erklärte dem Mann, er sei Claires Bruder.

Der Mickrige sah ihn daraufhin mit großen Augen an. „Claire hat nie erwähnt, dass sie einen Bruder hat, und Sie sehen ihr auch nicht im entferntesten ähnlich.“

„Tja, das ist nun mal nicht zu ändern, Mister ...“

„McIntosh. Lester McIntosh.“

„Hören Sie zu, Mr. McIntosh, vielleicht kann ich Ihnen behilflich sein.“

Der Kleine fing schrill zu lachen an. Kowalski kam sich wie ein Idiot vor. Er wurde ärgerlich, und er schnauzte McIntosh an: „Verdammt noch mal, was ist denn daran so komisch?“

„Sie?“, kicherte der Mickrige mit Tränen in den Augen. „Sie wollen mir an Stelle Ihrer Schwester behilflich sein? Also wenn das nicht zum Totlachen ist ...“

Kowalski witterte plötzlich etwas. Der Typ da hatte anscheinend ein paar Dollar zu viel, die er anbringen wollte. Er war nur für kurze Zeit in der Stadt. Er war bei Gott kein Frauentyp. Anscheinend wollte er in dieser Richtung aber doch etwas erleben. Deshalb war er zu Claire gekommen. Um sich für sein Geld ein bisschen falsche Zärtlichkeit zu kaufen.

Dann war Claire ...

Verdammt, wenn es stimmte, was sich Mel Kowalski gerade überlegte, konnte Claire sich auf ein Donnerwetter gefasst machen.

Er wollte sich Gewissheit verschaffen. Ihm fiel ein, dass Claire mit ihm nicht über ihren Job reden wollte. Jetzt war ihm beinahe schon klar, weshalb sie dieses Thema gemieden hatte.

„Mr. McIntosh, ich glaube, ich verstehe Sie nicht“, sagte Mel Kowalski mit rauer Kehle.

Der Kleine rollte mit seinen Augen. „Sagen Sie bloß, Sie wissen nicht, dass Ihre Schwester ein Callgirl ist.“

Kowalski hatte das Gefühl, jemand hätte ihm Eiswasser über den Rücken gegossen. „Sag das noch mal!“, verlangte er.

„Sie ist ein Callgirl, und ich bin nicht zum ersten Mal hier.“

„Dafür aber bestimmt zum letzten Mal!“, fauchte Kowalski wütend. Seine Schwester war eine Hure. Er konnte es kaum fassen. Für ihn gab es auf der ganzen Welt keinen schmutzigeren Job als diesen. Das hatte seine Schwester doch nicht nötig, verdammt noch mal. Was war denn bloß in Claire gefahren? Eine Zornwelle schoss Kowalski in den Kopf. Er holte mit der gesunden Rechten aus und gab McIntosh einen gewaltigen Kinnhaken, der den unvorbereiteten Mann voll traf und gegen die Wand schleuderte.

Lester McIntosh stimmte ein schrilles Geheul an.

Kowalski schlug erneut zu.

Er nagelte den Kerl, den er stellvertretend für alle anderen Männer, die für Geld den Körper seiner Schwester benutzt hatten, hasste, mit nur einer Faust brutal zusammen. McIntosh versuchte zu fliehen, doch Kowalski ließ es nicht zu. Er war noch nicht fertig mit dem Burschen. Er hatte sich an dem Kleinen noch nicht genügend abreagiert.

Erst als der Killer völlig außer Atem war, hielt er schwer keuchend inne.

Mit hartem Griff riss er Lester McIntosh auf die Beine. Er öffnete die Tür und blaffte: „Merk dir‘s gut, du verdammter Lustmolch! Claire ist ab sofort nicht mehr im Geschäft! Hast du verstanden?“

Der Kleine nickte hastig. Sein zuckendes Gesicht war blutverschmiert. „Ja!“, krächzte er, an Kowalskis eiserner Faust herabhängend. „Ja!“

Der Killer setzte ihm den Fuß in den Hintern und beförderte ihn mit einem kraftvollen Tritt aus der Wohnung.

„Lass dich hier nie wieder blicken!“, schrie er dem davonsausenden Mann nach.

„Bestimmt nicht!“, stöhnte der Mickrige. „Ganz bestimmt nicht!“

Und Kowalski knallte mit zornesrotem Gesicht die Tür zu. „Claire!“, zischte er mit verzerrtem Gesicht. „Wenn du nach Hause kommst, kannst du was erleben!“




17


Roberto Tardelli hörte sich in Chicago noch in derselben Nacht und noch mehr am darauffolgenden Tag um. Hartnäckig versuchte er eine Spur von Mel Kowalski zu finden. Doch alle Anstrengungen, die er unternahm, zeitigten vorläufig keinerlei Erfolg. Dadurch ließ sich Roberto aber nicht entmutigen. Es gibt einen Spruch, der besagt, dass Beharrlichkeit alles überwindet, und beharrlich war der CC-Agent weiß Gott.

Am frühen Nachmittag gelang es ihm, einen Kerl aufzutreiben, der Mel Kowalski auf dem Flugplatz gesehen haben wollte. Und zwar nach dem Mord an Fatty Booger und nach der Schießerei auf dem Gelände der Lkw-Werkstatt. Der Mann erinnerte sich daran, dass Kowalski in der rechten Hand eine Reisetasche trug, während er anscheinend darauf achtete, den linken Arm so wenig wie möglich zu bewegen.

Roberto Tardelli besorgte sich umgehend eine Liste von allen Maschinen, die in der vergangenen Nacht Chicago verlassen hatten.

Über einen COUNTER CRIME-Kanal bekam er eine Stunde später sämtliche Passagierlisten. Aber Mel Kowalskis oberstes Gebot war die Vorsicht. Er war nicht unter seinem richtigen Namen abgereist.

Es gab gut ein Dutzend Richtungen, in die Mel Kowalski geflohen sein konnte. Indianapolis, Harrisburg, Dover, Raleigh, New York ... und noch eine Menge Städtenamen mehr standen auf Roberto Tardellis Liste, aber welcher Name war der richtige?

Das herauszubekommen war für Roberto im Augenblick ein beinahe unlösbares Problem, doch gerade dieser Umstand spornte ihn besonders an.

Er wollte alles tun, was in seiner Macht stand, um diese harte Nuss so bald wie möglich knacken zu können.




18


„Black Friday“ hatte keinen festen Sitz. Sergio Patana liebte es, seine Gegner zu verwirren, und so wechselte er in zumeist kurzen, unregelmäßigen Abständen seinen Aufenthaltsort. Vor sechs Wochen hatte die gefährliche Unterorganisation der Mafia ihren Hauptsitz noch in Texas. Davor war die Gruppe in Ohio gewesen, und zur Zeit hatte Sergio Patana und der harte Kern von „Black Friday“ seine Zelte in New York, auf Long Island, aufgeschlagen.

Das gemietete Grundstück war mehrere Morgen groß, und die Villa war ein hochherrschaftliches Gebäude, in dem man eher einen noblen Adeligen als eine gemeine Verbrecherclique vermutet hätte.

Die Räume waren mit alten, kostbaren Möbeln eingerichtet.

Patana hatte das Ganze von einem Strohmann mieten lassen, und er hatte seinen Männern eingeschärft, dass sie danach trachten sollten, in der Nachbarschaft so wenig wie möglich unangenehm aufzufallen.

Sergio Patana war ein drahtiger, dunkelhaariger Mann mit schwarzen Knopfaugen, vollgepfropft mit Vitalität und Spannkraft. Er entstammte der Gosse von San Francisco und hatte schnell gelernt, dass es auf der Welt nur zwei Möglichkeiten gibt, wenn man nichts ist und nichts hat: entweder treten – oder getreten werden.

Als er neunzehn war, hatte er genug von den Tritten, die er bis dahin bekommen hatte. Er fing an, die ersten Kontakte zur Cosa Nostra zu suchen, bekam alsbald kleine Aufgaben von der Ehrenwerten Gesellschaft übertragen, die natürlich nicht sehr viel Geld einbrachten, doch das störte Patana nicht. Er wusste, dass diese Aufträge mit den Sprossen einer Leiter verglichen werden konnten. Auf ihnen würde er allmählich höher steigen können ...

Mit einundzwanzig war er schon dick im Geschäft, verdiente hervorragend, und hatte bereits gelernt, sich dem Zugriff der Polizei immer rechtzeitig zu entziehen. Er kannte eine Menge Tricks, die es ihm ermöglichten, seine Aufgaben gewissermaßen mit der linken Hand zu erledigen.

Die Commissione erwähnte ihn immer wieder lobend, und so kam es, dass er bald nicht mehr bloß für einen Don, sondern einmal für diesen und dann wieder für jenen die Kastanien aus dem Feuer holte.

Das brachte ihn auf die Idee, mit dem Segen der Ehrenwerten Gesellschaft eine eigene kleine Organisation zu gründen, die allen Mafia-Familien zur Verfügung stehen sollte.

Er kam mit seinem Vorschlag erstaunlich gut an.

Die Familien gaben ihm eine kräftige Finanzspritze, und er baute mit diesem Geld sein eigenes kleines Imperium auf, das heute so gut funktionierte. dass man in Cosa Nostra Kreisen immer wieder voll des Lobes war.

Patanas Erfolg beruhte zum Teil auch auf seiner großen Umsicht und auf seiner noch größeren Vorsicht. Er hatte eine feine Nase für Dinge, die faul waren, und reagierte darauf zumeist schon, wenn andere noch nicht einmal ahnten, was im Busch war.

So auch diesmal.

Er hatte zwei Soldati zu sich beordert, Männer, denen man besser nicht im dunklen begegnete. Kraftstrotzende Typen, deren Geschäft das Morden war. Es waren zwei seelenlose Schlächter, die ein Menschenleben auslöschten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Patana hatte die beiden in letzter Zeit etwas kürzertreten lassen, weil er wollte, dass über all die Dinge, die sie in seinem Auftrag erledigt hatten, erst mal wieder Gras wachsen sollte.

Doch nun erschien es ihm angeraten, sich dieser Männer wieder zu bedienen.

Der eine hieß Alfredo Sevardo, hatte scharfe Luchsaugen und eine wulstige Narbe an der linken Wange.

Der muskulöse Bursche, der neben ihm stand, hieß Bingo Celentano und besaß Zähne, die so kräftig aussahen, dass man meinen konnte, er würde es mühelos schaffen, Drahtseile durchzubeißen.

Patana stand vor einem antiken Schreibtisch. Er hielt den Soldati ein hölzernes Zigarrenkistchen hin und bat sie, sich zu bedienen. Sie waren sich dieser Auszeichnung bewusst und strahlten.

Auch Sergio Patana nahm sich eine Zigarre. Wenig später nebelten sie sich paffend mit blauen Rauchschlieren ein.

„Ich könnte mir vorstellen“, begann Patana das Gespräch, „dass ihr darauf brennt, mal wieder etwas tun zu dürfen.“

Sevardo grinste. „Wer rastet, der rostet, Boss.“

„Die Pause, die wir gemacht haben, war lange genug“, meinte Celentano.

Patana nickte mit einem zufriedenen Lächeln. Die viele Ruhe hatte Sevardo und Celentano tatendurstig gemacht. Wenn er sie von der Leine ließ, würden sie doppelt so gefährlich sein wie früher.

Patana kratzte sich hinter dem Ohr. „Mir macht da ein Mann Kummer.“

„Sie brauchen uns nur seinen Namen sagen, Boss, den Rest erledigen wir“, sagte Sevardo eifrig.

Der Boss von „Black Friday“ nahm die Zigarre aus dem Mund und betrachtete angelegentlich die rote Glutkrone. „Der Name ist Mel Kowalski“. sagte er leise, und er merkte, wie durch die beiden ein Ruck ging. Kowalski war ein Todesbringer von ganz besonderem Format. Bisher war Patana mit dem Mann immer sehr zufrieden gewesen. Hin und wieder hatte Patana Mel Kowalski sogar als leuchtendes Beispiel hingestellt und den Wunsch geäußert, alle seine Männer sollten versuchen, so zu sein wie er.

Wodurch war Kowalski so plötzlich in Ungnade gefallen?

Er hatte eben erst George Burke und Fatty Booger mit einem glatten Handstreich aus dem Verkehr gezogen. Die beiden Morde waren reibungslos über die Bühne gegangen. Patana hatte sich mit äußerst zufrieden klingenden Worten darüber geäußert.

Sergio Patana blickte seine beiden Soldati an und schmunzelte. „Ich sehe, ihr seid sehr erstaunt.“

„Allerdings, Boss“, sagte Sevardo.

Bingo Celentano nickte beipflichtend.

„Kowalski ist ein ausgezeichneter Mann“, sagte Sevardo.

„Das bestreite ich nicht“, meinte Patana. „Ich schätze ihn nach wie vor sehr. Was er für Black Friday getan hat, ist beispiellos. Aber wir wollen Kowalski nicht auf ein Podest stellen, vor ihm niederknien und ihn anbeten. Er hat in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet und wurde dafür auch gut bezahlt. Black Friday schuldet ihm also nicht das Geringste. Ich würde ihn gewiss weiter verwenden, wenn ...“ Patana brach ab. Er rauchte und sah seine Männer durchdringend an.

Sevardos Miene nahm einen erschrockenen Ausdruck an. „Hat er sich etwas zuschulden kommen lassen, Boss?“

Patana schüttelte langsam den Kopf. „Es ist nicht sein Verschulden, dass ich mir Sorgen mache.“

„Sondern?“, fragte Celentano.

„Woran denkt ihr. wenn ihr den Namen Roberto Tardelli hört?“, fragte Sergio Patana unvermittelt.

Sevardo schluckte nervös. „Der Mann ist ein Erzfeind der Cosa Nostra.“

„Wer Roberto Tardelli auf seinen Fersen hat, ist schlimm dran!“, behauptete Bingo Celentano.

Patana nickte. „Das ist es!“

„Was?“, fragte Celentano verwirrt.

„Mel Kowalski hat Tardelli auf seinen Fersen. Begreift ihr jetzt, weshalb ich mir Sorgen mache? Gewiss, Mel Kowalski hat seine Vorzüge, aber er hält nichts von Omertà. Er bekennt sich nicht zu unserer Schweigepflicht. Es ist zu befürchten, dass er, wenn Roberto Tardelli ihn erwischt, nicht den Mund halten wird, um selbst ein bisschen besser wegzukommen. Mit anderen Worten: Mel Kowalski wurde über Nacht zum Risiko für Black Friday. Ihr wisst, dass ich der Auffassung bin, dass sich unsere Organisation kein Risiko leisten darf ...“

„Was soll also geschehen?“, fragte Alfredo Sevardo mit harten Zügen.

Patana wies auf das Telefon, das neben ihm auf dem Schreibtisch stand. „Mel hat vor einer Stunde angerufen. Er hat mir erzählt, dass er einen Zusammenstoß mit Tardelli hatte. Er wurde dabei leicht verletzt. Ein Streifschuss nur, aber Mel hat mich gebeten, sich zuerst auskurieren zu dürfen, ehe er neue Aufträge übernimmt. Anschließend möchte er sich Roberto Tardelli vornehmen. Ich ließ ihn in dem Glauben, alles sei in Ordnung. Er weiß nicht, was auf ihn zukommt. Ein großer Vorteil für euch. Mel wird bis zum letzten Augenblick ahnungslos sein.“

„Wo finden wir ihn, Boss?“, fragte Bingo Celentano gespannt.

„Er hält sich zur Zeit in Baltimore auf. Er wohnt bei seiner Schwester. Ich möchte, dass ihr dafür sorgt, dass ich mich um ihn nicht mehr zu sorgen brauche.“

„Wird gemacht, Boss“, sagte Sevardo.

„Und sollte euch Tardelli dabei über den Weg laufen ...“

„Knipsen wir ihn gleich mit ab. Ist ganz klar, Boss“, grinste Celentano.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
964 s. 8 illüstrasyon
ISBN:
9783956179556
Yayıncı:
Telif hakkı:
Автор
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre