Kitabı oku: «Markenrecht», sayfa 66
b) Kosten
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Durch die Einreichung der Schutzschrift selbst entsteht noch kein Prozessrechtsverhältnis mit dem mutmaßlichen Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dieses wird erst durch die Einreichung des konkreten Verfügungsantrages durch den Antragsteller begründet (Dunkel/Moeller/Feldmeier/Wetekamp Einstweiliger Rechtsschutz S 142 mN).
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Aus diesem Grund entstehen für die Einreichung einer Schutzschrift keine Gerichtsgebühren.
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Dem durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Unrecht in Anspruch genommenen Antragsgegner steht die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten für die Fertigung und Einreichung der Schutzschrift dann in voller Höhe zu, wenn der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung nach einer mündlichen oder ohne eine solche Verhandlung abgewiesen wurde und die Schutzschrift dem Verfahren zugerechnet werden kann (BGH GRUR 2008, 640 – Kosten der Schutzschrift III; GRUR 2003, 456 – Kosten einer Schutzschrift; KG WRP 1999, 547, 549; OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1215; OLG Düsseldorf NJW-WettbR 1996, 42; OLG München NJW 1993, 1604; OLG Braunschweig JurBüro 1993, 218; OLG Bremen JurBüro 1993, 939 f; vgl auch Teplitzky/Feddersen Kap 55 Rn 57 mN).
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Bereits durch die Hinzuziehung der Schutzschrift zu den Akten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entsteht zwischen den Parteien ein echtes Prozessrechtsverhältnis, so dass die Schutzschrift die beabsichtigte Funktion entfalten kann. Deshalb gibt es für eine kostenmäßige Differenzierung danach, ob der Verfügungsantrag vor oder nach Einreichung der Schutzschrift bei Gericht gestellt wird, keine sachliche Grundlage (statt aller BGH GRUR 2003, 456 – Kosten einer Schutzschrift; OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1215 mN; aA OLG Düsseldorf GRUR 1988, 404, wonach wegen der außergerichtlichen Kosten der Schutzschrift nur ein materiell-rechtlicher Kostenersatzanspruch gem §§ 823 Abs 1 und 2, 678 BGB bestehe, wenn die Schutzschrift vor Anhängigkeit des Verfügungsantrages bei Gericht eingereicht worden ist).
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Andererseits scheidet ein Anspruch auf Erstattung der Schutzschriftkosten dann aus, wenn die Schutzschrift erst nach Rücknahme oder endgültiger Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht eingegangen ist, weil das für eine Kostenerstattung notwendige Prozessrechtsverhältnis nicht entstanden ist (BGH WRP 2007, 786 ff – Kosten der Schutzschrift II mN; OLG Karlsruhe WRP 1981, 39; Deutsch GRUR 1990, 327, 331). Hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners das Geschäft iSv Teil 3 Vorb 3 Abs 2 RVG VV bereits vor der Rücknahme des Verfügungsantrages betrieben, etwa durch Entgegennahme des Auftrages sowie erster Information, so ist dadurch die 0,8-fache Verfahrensgebühr gem Nr 3100, 3101 Nr 1 RVG VV angefallen (BGH WRP 2007, 786 LS).
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Die Höhe der außergerichtlichen Kosten beträgt für die Einschaltung eines Rechtsanwalts eine 1,3 Gebühr nach § 2 RVG iVm Nr 3100 VV (OLG Köln MarkenR 2006, 181 m Anm Erdmann).
V. Die markenrechtliche einstweilige Verfügung
1. Bedeutung der einstweiligen Verfügung im Markenrecht
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Ähnlich wie im Wettbewerbsrecht ist das Institut der einstweiligen Verfügung auch im MarkenR als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes von überragender Bedeutung (vgl zur wettbewerbsrechtlichen einstweiligen Verfügung die Komm von § 12 UWG bei Hefermehl/Köhler/Köhler UWG § 12 Rn 3.1 ff; Fezer/Büscher UWG § 12 Rn 1 ff; Harte-Bavendamm/Henning Bodewig/Brüning UWG Vor § 12 Rn 1 ff; HK-WettbR/Ekey Vor § 12 Rn 1 ff; Teplitzky/Feddersen Kap 54, sowie Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, S 937 ff, jew mN, 10. Aufl). Einstweilige Verfügungen nach §§ 935, 940 ZPO dienen zunächst der Sicherung von markenrechtlichen Unterlassungsansprüchen.
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Nach § 19 Abs 3 kann der Richter weiterhin in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung gem den Vorschriften der ZPO anordnen (vgl die Komm § 19 Rn 57 ff).
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§ 19a Abs 3 gibt dem markenrechtlichen Gläubiger die Möglichkeit, die in § 19a Abs 1 enthaltene Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchzusetzen.
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§ 19b Abs 1 regelt die Voraussetzungen, unter denen auch zur Sicherung von Schadensersatzansprüchen der Verletzer auf Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einem geeigneten Zugang zu den entspr Unterlagen in Anspruch genommen werden kann. Nach § 19b Abs 3 kann diese Verpflichtung ebenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.
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Darüber hinaus kommt das Institut der einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Vernichtungsanspruchs gem § 18, des Übertragungsanspruches gegen Agenten oder Vertreter gem § 17 und bei der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen in Betracht.
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Aus § 18 Abs 3 folgt, dass der Beseitigungsanspruch auch als vorläufige Maßnahme im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden kann, wenn die Interessen im Einzelfall das Schutzbedürfnis des Gläubigers vorrangig erscheinen lässt (für den wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruch OLG Hamburg NJW-RR 1996, 1449, 1451 – Patienteninformation; HK-WettbR/Ekey § 12 Rn 101).
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Es ist grds dem Antragsteller überlassen, welchen prozessualen Weg er einschlägt. Deshalb wird auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht dadurch unbegründet, dass der Antragsteller zeitgleich oder schon zuvor eine Klage einreicht oder eingereicht hat (BGH WRP 1968, 15 ff – Jägermeister; aA OLG Karlsruhe WRP 2001, 425 f – Modulgeneratoren, es sei denn, es lägen neue Umstände vor, die eine alsbaldige Regelung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens dringend erforderlich machen).
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Der Antragsteller muss über das notwendige Rechtsschutzbedürfnis verfügen, dh, ein berechtigtes Interesse daran haben, zur Erreichung des begehrten Rechtsschutzes gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (BGH NJW-RR 1989, 263; HK-WettbR/Ekey § 12 Rn 108). Daran soll es mangeln, wenn der Antragsteller bereits im Besitz eines nicht rechtskräftigen aber endgültigen Titels ist (OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 960; aA OLG Hamm NJW-RR 1990, 1536 jeweils mN).
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Dagegen liegt das Rechtsschutzbedürfnis für eine weitere einstweilige Verfügung vor, wenn aus Sicht des Gläubigers die ernsthafte Befürchtung besteht, die bereits titulierte Unterlassungsverpflichtung erfasse nicht das angegriffene Verhalten des Schuldners (OLG Frankfurt NJW-WettbR 1997, 59; s auch Rn 393 f).
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Das Institut der einstweiligen Verfügung, wie es sich im Markenrecht entwickelt hat, entspricht den in Art 9 DurchsetzungsRL und Art 50 TRIPS-Übereinkunft normierten Vorgaben (Ströbele/Hacker/Thiering § 14 Rn 579).
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Die markenrechtliche einstweilige Verfügung birgt allerdings auch für beide Parteien nicht unerhebliche Risiken: Für den Antragsgegner die Gefahr, im Eilverfahren mit einem Verbot überzogen zu werden, welches im Einzelfall sogar existenzgefährdende Auswirkungen mit sich bringen kann, und für den Antragsteller die Gefahr, zunächst dem Antragsgegner das beanstandete Verhalten verboten zu haben, später aber nach § 945 ZPO diesem zum Schadensersatz verpflichtet zu sein, wenn sich nach erfolgreichen Rechtsmitteln des Antragsgegners herausgestellt hat, dass die beantragte einstweilige Verfügung nicht hätte ergehen dürfen.
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Weitere Probleme bereitet die uneinheitliche Rspr der OLG, da es wegen der Nichtzulassung der Revision gegen die Berufungsentscheidungen in einstweiligen Verfügungssachen nach § 542 Abs 2 S 1 ZPO keine BGH-Rspr gibt.
2. Verfügungsanspruch
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Neben dem Verfügungsgrund bedarf der Antragsteller, der den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt, eines Verfügungsanspruchs.
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Damit er überhaupt im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden kann, muss er geeignet sein, eine vorläufige Regelung oder Befriedigung zu erfahren.
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Streitgegenstand des Verfügungsverfahrens ist die vorläufige Anspruchssicherung und nicht der Anspruch selbst.
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IÜ müssen die auch für die Erhebung einer Klage notwendigen Voraussetzungen eines markenrechtlichen Anspruchs im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgetragen und glaubhaft gemacht werden (hierzu Rn 706).
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Das erkennende Gericht bestimmt nach freiem Ermessen gem § 938 Abs 1 ZPO, welche Anordnungen zur Erreichung des von dem Antragsteller verfolgten Zweckes erforderlich sind. Dies führt dazu, dass die Anforderungen, die an die Formulierung des Antrages zu stellen sind, nicht so hoch sind wie im Hauptsacheverfahren. Die Entscheidungsbefugnis nach „freiem Ermessen“ eröffnet dem Gericht einen Entscheidungsspielraum, im Rahmen der gestellten Anträge die fallbezogene Konkretisierung des „zur Erreichung des Sicherungszwecks Erforderlichen zu ermöglichen“ (OLG Celle NJW-RR 1987, 447; Zöller/Vollkommer ZPO § 938 Rn 1, 32. Aufl).
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Der Richter darf sich allerdings nur innerhalb des Rahmens des vom Antragsteller formulierten Antrages halten (Zöller/Vollkommer ZPO § 938 Rn 2, 32. Aufl).
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Gem §§ 936, 920, 78 Abs 3 ZPO darf der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auch durch den Antragsteller selbst ohne Anwalt gestellt werden. Er kann noch nach mündlicher Verhandlung ohne Zustimmung des Antragsgegners zurückgenommen werden. Eine bereits erlassene einstweilige Verfügung entfaltet im Falle der Antragsrücknahme keine Wirkung mehr. Nach § 269 Abs 3 S 2 ZPO ist der Antragsteller in diesem Fall verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Antragsgegner aus anderen Gründen aufzuerlegen sind.
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Der Verfügungsanspruch kann sich nicht nur auf ein Unterlassungsgebot sondern auch auf eine Sequestration nach § 938 Abs 2 ZPO beziehen.
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Wie auch im Hauptsacheverfahren gehört zur Begründetheit eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als Teil des Verfügungsanspruchs, dass dem Gläubiger die erstmalige oder wiederholte Rechtsverletzung droht.
3. Verfügungsgrund
a) Die Regelung in § 140 Abs 3
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Nach §§ 935, 940 ZPO bedarf es als Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung der Dringlichkeit, dass der Anspruch im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert wird.
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§ 140 Abs 3 erlaubt zur Sicherung der im UWG bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung einstweilige Verfügungen selbst dann, wenn die in den §§ 935, 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen, es also insb an der Dringlichkeit mangelt (vgl § 140 Rn 44).
b) Widerlegung der Eilbedürftigkeit
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Die nach § 140 Abs 3 nur zu vermutende Dringlichkeit kann durch den Antragsteller selbst oder durch den Antragsgegner widerlegt werden (vgl nur Teplitzky/Feddersen Kap 54 Rn 24; Teplitzky Wettb Anspr, Kap 54 Rn 18, 10. Aufl).
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Nach § 140 Abs 3 wird die durch einen Verstoß kraft Gesetzes vermutete Dringlichkeit widerlegt, wenn der Gläubiger durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass es ihm mit der Durchsetzung seines Antrages nicht eilig ist. Hauptfallgruppe der Selbstwiderlegung ist die verzögerliche Prozessführung, etwa durch Anträge auf Terminverschiebung oder Fristverlängerung oder ein unverständlich langes Zuwarten zwischen der Kenntnis von dem Verstoß und der Antragstellung bei Gericht. Den Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Verstoß hat der Schuldner darzulegen und glaubhaft zu machen, da es ihm obliegt, die gesetzliche, durch den Verstoß begründete Vermutung zu widerlegen und nicht bloß zu erschüttern; „eine gesetzliche Vermutung ist insoweit stärker als ein Anscheinsbeweis und diesem nicht gleichzusetzen“ (OLG Stuttgart 12.7.2017 – 2 U 162/16, juris Rn 48 mN; vgl auch OLG Hamburg GRUR 2002, 277).
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Nur als unbefriedigend kann die Uneinheitlichkeit der Rspr der Oberlandesgerichte bei der Beantwortung der Frage bezeichnet werden, in welchen Fällen der Antragsteller seine Dringlichkeit selbst widerlegt hat. Zwar soll jeweils auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen sein und deshalb eine schematische Beurteilung ausscheiden (OLG Stuttgart v 12.7.2017 – 2 U 162/16, juris Rn 49; OLG Köln GRUR 1993, 567 ff). Andererseits geht die Rspr in den einzelnen OLG-Bezirken gleichwohl häufig schematisch von bestimmten Zeiträumen zwischen Kenntniserlangung des Wettbewerbsverstoßes und Einreichung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Antragsteller aus, nach deren Verstreichenlassen durch den Antragsteller dann die Selbstwiderlegung der Dringlichkeit bejaht wird (HK-WettbR/Ekey § 12 Rn 125).
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Als krit Obergrenze wird ein Zeitraum zwischen einem und sechs Monaten des Abwartens gesehen (ein Abwarten von acht Wochen OLG Stuttgart 12.7.2017, 2 U 162/16, juris Rn 49; von zwei bis drei Monaten OLG Koblenz GRUR 1978, 718 ff; OLG Hamm WRP 1981, 224 f; ein Abwarten von sechs Wochen OLG Frankfurt WRP 2007, 675 LS; OLG Köln WRP 1978, 556 f; von fünf Wochen OLG München GRUR 1976, 150 f; WRP 1971, 533 und von etwas mehr als vier Wochen oder einem Monat OLG München WM 1990, 2055; WRP 1983, 643; 1981, 49 f; vgl auch die Nachweise bei Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG § 12 Rn 3.15b, 37. Aufl).
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Ein Zuwarten von mehr als einem Monat ohne triftige Gründe, wie zB bes Schwierigkeit bei Beschaffung von notwendigen Mitteln zur Glaubhaftmachung und dergleichen, dürfte ebenso wie im Wettbewerbsrecht auch im MarkenR idR die Dringlichkeit nach § 140 Abs 3 widerlegen (ähnlich Gloy/Loschelder/Spätgens Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl § 96 Rn 40 f; Teplitzky/Feddersen Kap 54 Rn 27; aA Teplitzky Wettb Anspr, Kap 54 Rn 25 ff, 10. Aufl, krit überhaupt ggü Regelfristen m jew umfangreichen Nachweisen).
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Der Antragsteller eines Eilantrages, der die Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach Anhörung des Gegners vor dem Berufungsgericht wegen befürchteter Aussichtslosigkeit zurücknimmt, verliert den Verfügungsgrund für die erneute Verfolgung desselben Antrages vor einem anderen Gericht (OLG Frankfurt WRP 2001, 716 f). Abgesehen davon, dass es in diesem Fall dem Antragsgegner nicht zuzumuten ist, erneut vor einem anderen Gericht gegen den Erlass einer Eilentscheidung zu kämpfen, führt die hier vertretene Auffassung, wonach das Verstreichenlassen einer Frist von einem Monat idR die Dringlichkeit selbst widerlegt, zu einer höheren Rechtssicherheit, weil idR diese Frist bereits abgelaufen sein wird.
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Dagegen steht die erneute Einreichung eines Eilantrages nach Rücknahme eines ersten Antrages bei einem anderen Gericht nicht gegen die nach § 140 Abs 3 zu vermutende Dringlichkeit, wenn sich innerhalb des Zeitkorridors von einem Monat bewegt wird, das erste Gericht zu Unrecht den Antrag ablehnte und der Schuldner nicht unzumutbar durch das Vorgehen des Gläubigers beeinträchtigt wird (OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 226 ff – berlin location).
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Der Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung fehlt regelmäßig, wenn der Antragsteller durch sein Prozessverhalten die Vermutung der Dringlichkeit widerlegt. So wenn der Antragsteller vor Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen eines Versehens seiner Prozessbevollmächtigten Versäumnisurteil gegen sich ergehen ließ (OLG Hamm GRUR 2007, 173 f – interoptik.de).
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Eine allgemeine Beobachtungspflicht des Marktes auf Markenverletzungen kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Andererseits kommt durchaus eine gewisse Beobachtungslast, gegen die verfügungsgrundschädlich verstoßen werden kann, in Betracht (vgl hierzu nur Teplitzky Wettb Anspr, Kap 54 Rn 29 mN, 10. Aufl).
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Immer müssen die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden (OLG Düsseldorf NJW-WettbR 1997, 21 ff; Teplitzky Wettb Anspr, Kap 54 Rn 29, 10. Aufl; Traub GRUR 1996, 707 ff). Die Ausschöpfung von Rechtsmittelfristen, die Stellung eines Hilfsantrages in der mündlichen Verhandlung, der nach Auffassung des erkennenden Gerichts eine Vertagung von zwei Wochen erforderlich macht, oder intensive Bemühungen des Gläubigers, iRv fünfmonatigen Vergleichsverhandlungen mit dem ihm wirtschaftlich überlegen scheinenden Schuldner eine vergleichsweise Regelung zu erzielen, wobei der Schuldner den Gläubiger hierzu ermutigt hatte (OLG Bremen NJW-RR 1991, 44), führen nicht zu einer Selbstwiderlegung der Eilbedürftigkeit (vgl hierzu auch Teplitzky/Feddersen Kap 54 Rn 27, mN).
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Für den Antragsgegner bietet es sich in diesem Zusammenhang an, im Einzelnen vorzutragen, wie viel Zeit der Antragsteller zwischen Kenntniserlangung der ersten behaupteten Markenrechtsverletzung und dem Einreichen des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat verstreichen lassen, um daraus auf eine Selbstwiderlegung der Dringlichkeit zu schließen.
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In einem Unternehmen, bei dem die Auswertung überregionaler Zeitungen und Zeitschriften einer hierfür eigens eingerichteten Stelle zugeordnet ist, soll es für die Frage des Zeitpunkts der Kenntniserlangung darauf ankommen, wann der zuständige Mitarbeiter hierauf gestoßen ist (OLG Köln NJW-RR 1999, 694 ff).
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Bei einer massiven werblichen Gestaltung auf der Titelseite einer Zeitschrift, die es dem Betrachter letztlich unmöglich macht, seinen Blick der streitgegenständlichen Bewerbung zu entziehen, kann der Rechtschutz in Anspruch Nehmende im Einzelfall nicht mit dem Argument gehört werden, ihm sei diese Werbung nicht bei dem Erwerb des Heftes zur Kenntnis gelangt (OLG Hamburg WRP 2007, 675 ff; dringlichkeitsschädliche Kenntnis von einer Werbung).
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Haben der Antragsgegner oder der Antragsteller die Dringlichkeit gem § 140 Abs 3 widerlegt, ist es Sache des Antragstellers, glaubhaft zu machen, warum, etwa wegen neuer Tatsachen, die Sache gleichwohl dringlich ist (OLG Köln WRP 1978, 556 f; GRUR 1977, 220 ff – Charlie).
4. Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Tatsachen
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Zunächst gelten die allg prozessrechtlichen Regeln: Danach hat der Antragsteller alle anspruchsbegründenden Tatsachen für den Markenrechtsverstoß darzulegen und glaubhaft zu machen, einschließlich der Erstbegehungs- und/ oder Wiederholungsgefahr. Der Umfang der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast richtet sich nach den allg Beweisregeln, wonach der Anspruchsteller die ihm günstigen Tatsachen glaubhaft machen muss (KG WRP 1978, 819; Ulrich GRUR 1985, 201 ff).
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Soweit ausländischem Recht für die Entsch über den Verfügungsantrag Relevanz zukommt, bedarf es ebenso wie im Hauptsacheverfahren zunächst der Feststellung des Rechts. Dabei obliegt es dem Antragsteller, die Geltung und Reichweite des ausländischen Rechts glaubhaft zu machen (MüKo-ZPO/Heinze 4. Aufl § 920 Rn 18).
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Fraglich ist, ob der Antragsteller das Fehlen von Einwendungen des Antragsgegners vortragen und glaubhaft machen muss. Diese Frage ist jedenfalls für den Fall zu bejahen, dass im Eilverfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Das Gericht kann dann nämlich die möglichen Einwendungen des Antragsgegners nicht kennen, weshalb es angemessen erscheint, dass der Antragsteller glaubhaft macht, dass keine Einwendungen des Antragsgegners seinem Antrag im Eilverfahren entgegen stehen (OLG Karlsruhe GRUR 1987, 845, 847; Teplitzky/Feddersen Kap 54 Rn 45; Teplitzky Wettb Anspr, Kap 54 Rn 45, 10. Aufl; ders WRP 1980, 373 f; HK-WettbR/Ekey § 12 Rn 153; Stein/Jonas/Grunsky § 920 Rn 11; zu weitgehend Hirtz NJW 1986, 110, 113, der selbst bei einer mündlichen Verhandlung dem Antragsteller die Glaubhaftmachungslast für das Fehlen von Einwendungen des Antragsgegners aufbürden will, obwohl der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung diese selbst vortragen und glaubhaft machen könnte; vgl auch MüKo-ZPO/Heinze § 921 Rn 21, der dem Antragsteller die Darlegung der Einrede- und Einwendungsfreiheit seines Anspruchs nur für den Fall aufbürdet, dass sich aus dem Vortrag des Antragstellers Hinweise auf mögliche Einwendungen und Einreden des Antragsgegners ergeben).
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Hält eine Partei schuldhaft Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zuletzt zurück, kann dieser der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden, obwohl die Parteien ansonsten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung neue Tatsachen und Vortrag glaubhaft machen können (OLG Koblenz GRUR 1987, 319; Köhler/Piper UWG aF § 25 Rn 25; HK-WettbR/Ekey § 12 Rn 167).
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Gelingt dem Antragsteller die Glaubhaftmachung der Einrede- und Einwendungsfreiheit seines Anspruchs nicht, führt dieser Umstand aber nicht zur Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, sondern lediglich zur Anhörung des Antragsgegners und der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung (Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 916 Rn 6a, 32. Aufl; HK-WettbR/Ekey § 12 Rn 154; ähnlich Teplizky Wettb Anspr, Kap 54 Rn 45, 10. Aufl, jeweils mN). Dann gilt für die Glaubhaftmachungslast die allgemeine die Parteien treffende Beweislastregel (Teplitzky Wettb Anspr, Kap 54 Rn 45, 10. Aufl, und die Nw Fn 251).
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Den Parteien eines einstweiligen Verfügungsverfahrens stehen alle Beweismittel gem § 294 Abs 1 ZPO einschließlich der Versicherung an Eides Statt zu. Entgegen der häufig anzutreffenden Praxis kann eine eidesstattliche Versicherung ohne eigene Sachdarstellung, die sich lediglich pauschal auf einen Rechtsanwaltsschriftsatz bezieht, als Mittel zur Glaubhaftmachung nicht genügen (BGH NJW 1988, 2045).
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Einer eidesstattlichen Versicherung gem § 294 ZPO ist die anwaltliche Versicherung über beruflich wahrgenommene Vorgänge gleichzustellen (OLG Köln GRUR 1986, 196; Zöller/Greger ZPO § 294 Rn 5, 32. Aufl, wonach der RA in seiner Eigenschaft selbst wahrgenommen hat und unter Berufung auf seine Standespflichten „anwaltlich versichern darf“ mwN).
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Einerseits ist es dem Antragsteller verwehrt, sich auf Auskünfte von Behörden zu berufen; er hat diese selbst zu beschaffen und dem Gericht vorzulegen (BGH NJW 1958, 712); dies soll jedoch nicht gelten, wenn das Gericht zuvor nach § 273 Abs 2 Nr 2 ZPO Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtl Auskünfte ersuchte. Andererseits kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für die Glaubhaftmachung auch auf die Akten des Hauptsacheverfahrens verwiesen werden.