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g) Folgen bei fehlender Verständigung über die Ansässigkeit

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Kommt es zwischen den Vertragsstaaten nicht zu einer Verständigung über die Ansässigkeit einer anderen als nicht natürlichen Person, so kann diese nach Art 4 Abs 1 S 2 grds keine Steuerermäßigungen oder -befreiungen nach dem unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen in Anspruch nehmen. Andere Abkommensvergünstigungen sind grds ebenfalls ausgeschlossen. In beiden Fällen hat nach Art 4 Abs 1 S 2 eine solche Person nur Anspruch auf Steuervergünstigungen nach dem jeweiligen DBA, soweit dies von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten vereinbart wird. Die Regelung zielt wohl auf eine Gewährung partieller Abkommensvorteile im Einzelfall ab.[35] Grds denkbar ist aber auch, dass die Vertragsstaaten für solche Fälle eine allgemeingültige Regelung treffen.[36]

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Das Explanatory Statement weist darauf hin, dass die Versagung von Abkommensvorteilen aufgrund fehlender Verständigung der Vertragsstaaten eine Besteuerung begründet, die den Bestimmungen des unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens entspricht, da Abs 1 für einen solchen Fall ausdrücklich die Inanspruchnahme von Abkommensvorteilen verneint. Das bedeutet zB, dass bei Scheitern einer Verständigung zwischen den Vertragsstaaten kein Anspruch auf ein Schiedsverfahren besteht, auch wenn das anwendbare DBA ein Schiedsverfahren für Fälle vorsieht, in denen die Besteuerung nicht in Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieses DBA erfolgt.[37]

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Der grds Ausschluss der Abkommensvergünstigungen wirkt nur für die andere als nicht natürliche Person selber; für die sonstige Anwendung des Abkommens handelt es sich trotzdem um eine nach DBA ansässige Person, da durch Abs 1 nicht bestimmt wird, dass die Person bei einer Doppelansässigkeit ohne Verständigung als überhaupt nicht ansässig iSd DBA gilt.[38] Dies kann bspw für die Zuweisung des Besteuerungsrechts von Einkünften von Arbeitnehmern der doppelt ansässigen Person nach Art 15 OECD-MA eine Rolle spielen. Ist dieser Arbeitnehmer im anderen Staat der Doppelansässigkeit tätig, kann Art 15 Abs 2 Buchst b nicht erfüllt werden. Auch für Zwecke des Art 10 OECD-MA gilt eine doppelt ansässige Ges, die Dividenden auszahlt, in beiden Vertragsstaaten als ansässig.

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Auch wenn die Ansässigkeit ohne Verständigung nicht völlig verneint wird, so führt doch die Nichtgewährung von Abkommensvorteilen an sie als Steuerpflichtige zu erheblichen Nachteilen bzw bei unbeschränkter Steuerpflicht in mehreren Staaten zu Doppelbesteuerungen, sodass in der Praxis doppelt ansässige Rechtsträger vermieden werden sollten.[39]

h) Verfassungsrechtliche Bedenken

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Nach Abs 1 S 1 wird es den Vertragsstaaten für jeden Einzelfall flexibel überlassen zu bestimmen, welche Kriterien sie bei der Verständigung über die Ansässigkeit bzw bei der Verständigung über partiell zu gewährende Abkommensvorteile nach Abs 1 S 2 zugrunde legen. Für den einzelnen Steuerpflichtigen ist es daher nicht möglich, seine Ansässigkeit im Voraus sicher zu bestimmen. Während das Zuordnungskriterium nach Art 4 Abs 3 OECD-MA für die Ansässigkeit nach DBA bislang jedenfalls insofern eindeutig war, als es zwar mehrere Orte der Geschäftsleitung, aber nur einen Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung geben kann, ist nach Art 4 Abs 1 zwar im Einzelfall anhand der genannten Kriterien[40] eine Vermutung für einen Ansässigkeitsstaat möglich. Dieser ist aber letztlich nicht sicher bestimmbar, da ja im schlimmsten Fall auch eine Verständigung der zuständigen Behörden ausbleiben kann.

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Anders als bei dem nach DBA vorgesehenen allgemeinen Verständigungsverfahren geht es bei der Festlegung der Ansässigkeit nicht um einen Auslegungskonflikt zwischen den Vertragsstaaten bzw die Frage, ob vermeintliche Abkommensvergünstigungen durchgesetzt werden können, sondern um die Festlegung, ob eine Person überhaupt Abkommensschutz genießt.[41] Dies führt dazu, dass die abkommensrechtliche Begünstigung und damit die Steuerbelastung durch den einzelnen doppelt ansässigen Steuerpflichtigen nicht im Voraus bestimmbar ist und letztlich auch eine Gleichbehandlung von doppelt ansässigen Steuerpflichtigen nicht gewährleistet werden kann. Insofern stellt sich aus dt Sicht die Frage der Verfassungsmäßigkeit bzw der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung.[42] Allein Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung dürften zumindest in Deutschland nicht als Grund für den Verzicht auf eine inhaltlich bestimmte Regelung zur Bestimmung der Ansässigkeit nach DBA ausreichen.[43]

2. Änderung bestehender DBA (Abs 2)

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Abs 2 stellt die Vereinbarkeitsklausel dar und regelt die Änderung der unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen durch Abs 1, sofern keine Anwendungsvorbehalte greifen. Enthält ein DBA bereits eine Regelung, die bei Doppelansässigkeit einer anderen als einer natürlichen Person einen Ansässigkeitsstaat bestimmt, zB eine Regelung entsprechend Art 4 Abs 3 OECD-MA, so wird diese durch Art 4 Abs 1 ausweislich des Ausdrucks „anstelle von“ ersetzt.[44] Enthält ein DBA bislang keine solche Regelung, so gilt Art 4 Abs 1 in Ergänzung zu diesem DBA („in Ermangelung von Bestimmungen“).[45] Sollte ein DBA eine Bestimmung enthalten, die sowohl die Ansässigkeit von doppelt ansässigen natürlichen Personen als auch von anderen Personen regelt, gilt Abs 1 nur insoweit, als nicht natürliche Personen von der Bestimmung umfasst sind.[46] In solchen Fällen wäre eine Umformulierung der betreffenden Vorschrift durch die Anwenderstaaten notwendig, auch wenn dies so im MLI nicht explizit vorgesehen ist.

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Die beschriebene Änderung oder Ergänzung der DBA gilt vorbehaltlich der Bestimmungen der Anwendungsvorbehalte der Vertragsstaaten nach Abs 3 und der Ergebnisse der Notifikation entsprechend Abs 4. Danach ist es grds möglich, dass ein Abkommen durch Abs 1 geändert wird oder in der durch Abs 3 Buchst e) modifizierten Fassung des Abs 1 geändert wird oder überhaupt nicht geändert wird.[47]

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Die Regelung des Abs 1 ersetzt jedoch in keinem Fall Bestimmungen von DBA, die ausdrücklich Regelungen zur Ansässigkeit von Ges, die Teil einer zweifach eingetragenen Unternehmensstruktur sind, enthalten.[48] Dh diese Bestimmungen behalten unabhängig von der Anwendung des Art 4 ihre Gültigkeit. Der maßgebende englische Text des MLI spricht diesbezüglich von „dual-listed company arrangements“, also von in beiden Vertragsstaaten gelisteten, öffentlich notierten Unternehmen.[49] Nach Rn 53 des Explanatory Statement bestehen solche zweifach eingetragenen Unternehmensstrukturen nur in relativ wenigen Ländern und DBA-Klauseln, welche diese erfassen, sind typischerweise genau auf das jeweilige Recht der Anwenderstaaten zugeschnitten, um die Ansässigkeit in nur einem Vertragsstaat zu gewährleisten.

3. Vorbehalte zur Anwendung (Abs 3)

a) Keine Anwendung des Art 4 (Abs 3 Buchst a und f)

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Abs 3 regelt die möglichen Vorbehalte der Vertragsstaaten zu Art 4 Abs 1 (sog reservation clause). Nach Art 4 Abs 3 Buchst a kann eine Vertragspartei die Anwendung des Art 4 insgesamt für ihre erfassten Steuerabkommen ablehnen.[50] Dies ist möglich, da es sich bei Art 4 nicht um einen sog Mindeststandard iRd OECD-BEPS-Projekts handelt.[51]

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Vertragsstaaten, die Art 4 grds anwenden wollen, können nach Abs 3 Buchst f den Vorbehalt anmelden, Art 4 jedenfalls insgesamt nicht für Abkommen mit denjenigen Vertragsparteien anzuwenden, die den Vorbehalt nach Abs 3 Buchst e angemeldet haben. Der Vorbehalt nach Buchst e modifiziert die Ansässigkeitsregelung für doppelt ansässige nicht natürliche Personen dahingehend, dass bei fehlender Verständigung überhaupt keine Abkommensvergünstigungen möglich sind.[52]

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Die Vorbehalte sollen grds gem Art 28 Abs 6 bei Unterzeichnung des MLI angegeben bzw spätestens bei Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde bestätigt werden. Mangels abweichender Bestimmung greift der Vorbehalt nach Art 4 Abs 3 Buchst a oder f gem Art 28 Abs 3 für solche Abkommen, bei denen mindestens eine Vertragspartei einen wirksamen Vorbehalt angemeldet hat. Der Vorbehalt eines Vertragsstaats nach Abs 3 Buchst a oder f kann durch Notifikation gegenüber dem Verwahrer jederzeit wieder zurückgenommen werden.[53]

b) Keine Anwendung des Art 4 für DBA mit bestimmten Regelungen (Abs 3 Buchst b–d)

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Wird die Anwendung des Art 4 nicht insgesamt abgelehnt, kann eine Vertragspartei nach Art 4 Abs 3 Buchst b)–d) die Anwendung für solche DBA ablehnen, die bereits bestimmte, nachfolgend aufgeführte Regelungen zur Doppelansässigkeit enthalten:[54]


Die Vertragsstaaten sind nach einem DBA verpflichtet, eine Verständigung auf die Ansässigkeit in einem Vertragsstaat anzustreben (Art 4 Abs 3 Buchst b) oder
Abkommensvergünstigungen werden nach dem DBA verwehrt, ohne dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind eine Verständigung über die Ansässigkeit anzustreben (Art 4 Abs 3 Buchst c) oder
die Vertragsstaaten sind nach einem DBA verpflichtet, eine Verständigung auf die Ansässigkeit in einem Vertragsstaat anzustreben, und das DBA legt die Behandlung dieser Person iRd DBA fest, wenn eine solche Verständigung nicht erzielt werden kann (Art 4 Abs 3 Buchst d).

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Die Vorbehalte der Abs 3 Buchst b–d können unabhängig voneinander angemeldet werden, gelten jedoch dann für sämtliche DBA des Vertragsstaates, die entsprechende Regelungen enthalten.

Die Vorbehalte sollen grds gem Art 28 Abs 6 bei Unterzeichnung des MLI bzw spätestens bei Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde angebracht werden. Jeder Vertragsstaat hat nach Art 28 Abs 8 S 1 Buchst b eine Liste der notifizierten Abkommen vorzulegen, die unter den jeweiligen Vorbehalt fallen. Der Vorbehalt ist nur für solche Abkommen wirksam, die in der vorgenannten Liste enthalten sind.[55] Mangels abweichender Bestimmung greift ein Vorbehalt gem Art 28 Abs 3 für solche Abkommen, bei denen mindestens eine Vertragspartei einen wirksamen Vorbehalt eingeräumt hat. Der Vorbehalt eines Vertragsstaats für seine Abkommen nach Abs 3 Buchst b–d kann durch Notifikation gegenüber dem Verwahrer jederzeit wieder zurückgenommen werden.[56]

c) Anwendung einer alternativen Fassung des Art 4 Abs 1 (Abs 3 Buchst e)

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Wird die Anwendung des Art 4 nicht insgesamt abgelehnt, ist es außerdem nach Abs 3 Buchst e möglich, Abs 1 S 2 dahingehend zu modifizieren, dass eine nicht natürliche Person ohne eine Verständigung der Vertragsstaaten über ihre Ansässigkeit keinen Anspruch auf Abkommensvergünstigungen hat. Die grds vorgesehene Möglichkeit des Abs 1 S 2, dass die Vertragsstaaten im Fall der Doppelansässigkeit Art und Umfang der nach dem DBA zu gewährenden Vergünstigungen vereinbaren können, entfällt dann. Die Vertragsstaaten können durch diese alternative Regelung sicherstellen, dass die jeweils zuständigen Behörden keine Möglichkeit haben, einer doppelt ansässigen nicht natürlichen Person Abkommensvorteile zu gewähren, wenn sie sich nicht auf einen Ansässigkeitsstaat einigen können.[57]

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Offenbar zum Schutz dieser Vertragsstaaten ist die alternative Fassung des Abs 1 bei Anmeldung des Vorbehalts nach Abs 3 Buchst e) selbst dann auf ein Abkommen anwendbar, wenn der andere Vertragsstaat keinen Vorbehalt nach Abs 3 Buchst e) angemeldet hat, sondern Abs 1 grds in seiner unveränderten Fassung anwenden möchte.[58] Um wiederum denjenigen Vertragsstaaten, die Abs 1 in ihrer unveränderten Fassung anwenden möchten, nicht die alternative Fassung nach Abs 3 Buchst e) aufzuzwingen, können diese den Vorbehalt nach Buchst f) anmelden, wonach Abs 1 insgesamt nicht für Abkommen mit Vertragsstaaten gelten soll, welche die alternative Fassung nach Buchst e) anwenden möchten.[59] Die allgemeine Regelung des Art 28 Abs 3 greift für den Vorbehalt nach Buchst e) in diesem Fall nicht.

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Der Vorbehalt soll grds gem Art 28 Abs 6 bei Unterzeichnung des MLI bzw spätestens bei Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde angebracht werden. Der Vorbehalt eines Vertragsstaats nach Abs 3 Buchst e) kann durch Notifikation gegenüber dem Verwahrer jederzeit wieder zurückgenommen werden.[60]

4. Notifizierung (Abs 4)

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Abs 4 stellt die sog notification clause dar. Jede Vertragspartei, die die Anwendung des Art 4 nicht insgesamt ablehnt, dh keinen Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a) angemeldet hat, hat dem Verwahrer die einzelnen DBA inklusive Artikel- und Absatznummer zu notifizieren, welche unter das MLI fallen und eine in Abs 2 beschriebene Bestimmung enthalten, für die kein Vorbehalt nach Abs 3 Buchst b–d) angemeldet wird.[61] Die Notifikation muss gem Art 29 Abs 1 Buchst c) bei Unterzeichnung des MLI oder bei Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erfolgen. Durch diese Notifikation sollen offenbar alle Staaten die jeweiligen Abkommensbestimmungen ihrer einzelnen DBA nennen, die aus ihrer Sicht grds durch Art 4 geändert werden müssten. Der Notifizierungsprozess soll Klarheit darüber gewährleisten, welche bestehenden Akommensbestimmungen durch Abs 1 ersetzt werden.[62] Wenn alle Vertragsstaaten dem Verwahrer hinsichtlich eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens die gleiche Bestimmung nach Abs 4 S 1 mitgeteilt haben, so wird nach Abs 4 S 2 diese Bestimmung durch die Regelung in Abs 1 ersetzt.

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Der eigene Vorbehalt nach Abs 3 Buchst f) oder die Vorbehalte des jeweils anderen Vertragsstaats nach Abs 3 Buchst a) – d) und f) können also dazu führen, dass die Regelung eines bestimmtes DBA, das dem Verwahrer notifiziert wird, im Ergebnis nicht zu ändern ist:

Tab 1: Bsp für die Anwendung des Art 4 auf ein DBA zwischen Staat A und B


Staat A: Vorbehalte nach Abs 3 Staat B: Vorbehalte nach Abs 3 Sind Art nach Abs 4 S 2 zu notifizieren? Anwendung Abs 1 für Abkommen zwischen Staat A und Staat B?
keine Abs 3 Buchst a) ja, durch Staat A nein
keine Abs 3 Buchst b) oder c) oder d), unter der Annahme, dass dieser für Abkommen mit Staat A greift ja, durch Staat A nein
keine Abs 3 Buchst e) ja, durch Staat A und B
Abs 3 Buchst f) Abs 3 Buchst e) ja, durch Staat A und B

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Da der Wortlaut des Abs 4 S 2 davon spricht, dass die jeweilige Bestimmung des unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens bei Übereinstimmung der Vertragsstaaten „ersetzt“ wird, sind dem Verwahrer anscheinend DBA, die bislang keine Regelung zur Bestimmung der Ansässigkeit von ansonsten doppelt ansässigen nicht natürlichen Personen enthalten, nicht zu notifizieren. Sofern für ein solches DBA kein Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a) oder Buchst e) greift, gilt nach Abs 2 S 1 die Regelung des Abs 1 unabhängig von einer Notifikation. Gleichwohl würde es Klarheit schaffen, wenn dem Verwahrer von den Vertragsstaaten mit entsprechendem Hinweis auch solche Art eines DBA notifiziert würden, die lediglich um die Bestimmung des Abs 1 zu ergänzen sind.

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Abs 4 S 3 bestimmt, dass anderenfalls („in other cases“) Abs 1 nur insoweit an die Stelle der Bestimmungen des jeweiligen Abkommens tritt als diese mit Abs 1 unvereinbar sind. Die Bestimmung greift grds, wenn nicht alle Vertragsstaaten dem Verwahrer hinsichtlich eines DBA dieselbe Bestimmung notifiziert haben. Da den Vertragsstaaten nach Abs 3 Buchst a) ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt wird, Abs 1 und damit letztlich Art 4 insgesamt nicht anzuwenden, muss Abs 4 S 3 eng ausgelegt werden. Die Regelung kann nur auf unter das Übereinkommen fallende Steuerabkommen anwendbar sein, wenn keine Vertragspartei einen wirksamen Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a) – d) angemeldet hat und auch kein Vorbehalt nach Abs 3 Buchst e greift, aber trotzdem nicht durch alle Vertragsstaaten eine Notifikation der Bestimmung nach Abs 4 S 2 vorliegt. Dies könnte zum einen der Fall sein, wenn ein DBA bislang keine Bestimmung zur Doppelansässigkeit nicht natürlicher Personen enthält oder wenn alle oder einzelne Vertragsparteien es unterlassen haben, die zu ändernden Bestimmungen eines DBA nach Abs 4 S 2 zu notifizieren. Die Bestimmung verhindert damit, dass Vertragsstaaten durch das Nichtnotifizieren von einzelnen Bestimmungen zur Doppelansässigkeit die Anwendung des Art 4 MLI für diese unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen vermeiden können.[65]

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Enthält ein unter das Übereinkommen fallendes Steuerabkommen bislang also keine Regelung zur Doppelansässigkeit nicht natürlicher Personen, so wird es nach Abs 4 S 3 um die Regelung in Abs 1, unabhängig von einer Notifikation, ergänzt, sofern keine Vorbehalte der Vertragsstaaten dagegen sprechen. Mit Abs 1 unvereinbar iSd Abs 4 S 3 sollte grds jede nicht mit Abs 1 wortgleiche Regelung zur Bestimmung der Ansässigkeit bei nicht natürlichen Personen sein, die ansonsten als doppelt ansässig gelten würden, sodass diese Regelung auch ohne Notifikation, sofern keine Vorbehalte nach Abs 3 dagegensprechen, durch Abs 1 ersetzt wird. Damit entfallen, mit Ausnahme von Regelungen zur Ansässigkeit bei zweifach eingetragenen Unternehmensstrukturen, auch jegliche Sonderregelungen zur Bestimmung der Ansässigkeit von nicht natürlichen Personen, die ansonsten als doppelansässig gelten würden.

IV. Umsetzung in Deutschland

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Bereits vor Unterzeichnung des MLI durch Deutschland war dem Vernehmen nach bekannt, dass das BMF die Regelungen zu hybriden Gestaltungen, also auch Art 4, nicht für dt DBA übernehmen will.[66] Entsprechend wurde bei der Unterzeichnung des MLI durch Deutschland am 7.6.2017 der Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a geltend gemacht.[67] Art 4 findet also keine Anwendung auf die unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommen Deutschlands. Die Ansässigkeitsbestimmungen für nicht natürliche Personen in den von Deutschland abgeschlossenen DBA bleiben folglich unverändert. Dies ist vor dem Hintergrund der überschießenden Wirkung von Art 4 und der in vielen Fällen für doppelt ansässige nicht natürliche Personen zu befürchtenden Nachteile der Rechtsunsicherheit, des Mehraufwands für ein Verständigungsverfahren und eines möglichen Verlusts der Abkommensberechtigung zu begrüßen.[68]

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Eine Regelung die mit Abs 1 übereinstimmt, weist kein einziges von Deutschland abgeschlossenes DBA auf. Eine Regelung, die weitestgehend Abs 1, modifiziert durch Abs 3 Buchst e) entspricht, enthalten jeweils in Art 4 Abs 3 zB das DBA Japan 2015, das DBA Türkei 2011, das DBA USA 2008, das DBA Mexiko 2008, und das DBA Kanada 2001. Ein Verständigungsverfahren für nicht natürliche Personen, die ansonsten als doppelansässig gelten, sieht zB auch das Protokoll zum DBA 2010 mit Bulgarien vor.[69] Die Mehrzahl der dt DBA enthält allerdings eine Art 4 Abs 3 OECD-MA entsprechende Regelung, nach der über die Ansässigkeit doppelt ansässiger nicht natürlicher Personen der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung entscheidet.[70] Die Vorschrift stimmt zudem fast wörtlich bzw ohne inhaltliche Abweichungen mit der deutschen Vertragsverhandlungsgrundlage für DBA v 17.4.2013 überein.[71]

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Nicht auszuschließen ist natürlich, dass Deutschland in Zukunft seinen Vorbehalt zur Anwendung des Art 4 wieder aufheben wird. Derzeit gibt es dafür allerdings keine Anzeichen. Von den 35 Staaten, mit denen nach der ersten Ratifikationsrunde am 7.6.2017 und den weiteren Ratifikationen bis zum 11.7.2017 aus dt Sicht vom MLI erfasste DBA bestehen, behalten sich 19 Staaten wie Deutschland vor Art 4 auf keine ihrer DBA anzuwenden:[72]


Erfasste DBA aus dt Sicht Anwendung Art 4 aus ausländischer Sicht?
Bulgarien nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
China ja, Notifikation nach Abs 4
Costa Rica wohl ja, nur irrtümlich wg Vorbehalt nach Abs 3 Buchst e) keine Notifikation nach Abs 4
Dänemark nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Finnland nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Estland nein, keine Unterzeichnung MLI durch Estland, Unterzeichnung aber angekündigt
Frankreich nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Großbritannien und Nordirland ja, Notifikation nach Abs 4
Irland ja, Notifikation nach Abs 4
Israel ja, Notifikation nach Abs 4
Italien nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Japan ja, Notifikation nach Abs 4
Korea nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Kroatien nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Lettland nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Liechtenstein nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Litauen nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Luxemburg nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Malta nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Mauritius nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Mexico nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst d) für DBA mit Deutschland
Neuseeland ja, Notifikation nach Abs 4
Niederlande ja, Notifikation nach Abs 4
Österreich nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Rumänien ja, Notifikation nach Abs 4
Russland ja, Notifikation nach Abs 4
Slowakei ja, Notifikation nach Abs 4
Slowenien ja, Notifikation nach Abs 4
Spanien nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Tschechische Republik nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Türkei nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
Ungarn nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)
USA nein, keine Unterzeichnung MLI durch USA
Vereinigte Arabische Emirate nein, keine Unterzeichnung MLI durch VAE
Zypern nein, Vorbehalt nach Abs 3 Buchst a)