Kitabı oku: «Der Aufstieg der Ultra-Läufer», sayfa 6

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Während der nächsten Monate steigere ich mein Trainingsvolumen. Ich hole mir einen Trainer, Tom Craggs, der mir einen Trainingsplan erstellt. Doch trotz meiner besten Absichten fällt es mir schwer, diesen Plan genau einzuhalten. Tom versteht mein Problem und ändert den Plan ab, wenn ich ihm wieder einmal schreibe, dass ich nicht alles, was er mir vorgegeben hat, bewältigen konnte. Es kommt mir vor, permanent Ausreden zu suchen und ich verspreche alles aufzuholen, doch bevor ich es mich noch versehe steht das nächste Rennen vor der Tür.

Es ist ein 100-km-Rennen in Kalifornien namens Miwok 100K und zählt vier UTMB-Punkte. Um mich für den UTMB zu qualifizieren, brauche ich insgesamt 15 Punkte aus drei Rennen.

Als ich meinen Flug in die Vereinigten Staaten besteige, ist mein längster Trainingslauf die 21 Meilen, die ich zusammen mit Elisabet gelaufen war, und mein längstes Rennen das in Devon über 34 Meilen (ca. 55 km). Das wird also eine Reise ins Unbekannte, fast doppelt so lange als ich jemals zuvor gelaufen bin. Und das alles in der bergigen Küstenlandschaft nördlich der San Francisco Bay.

Bevor ich aber nach Kalifornien fahre, besuche ich einen Ultra-Läufer in Colorado. Soweit ich weiß, ist er einer der besten Ultra-Läufer der Welt. Ich hatte ihn über Facebook kontaktiert, als ich Interviewpartner für meine US-Reise suchte.

„Komm vorbei und bleib ein paar Tage hier“, schrieb er mir zurück und bot mir an, einige Tage bei ihm zu Hause zu verbringen und mit ihm zu trainieren. Ich antwortete, dass ich von der Idee begeistert wäre und fragte ihn, wo er lebt.

„Ich lebe in einer abgelegenen Holzhütte, auf halbem Weg hinauf zum Pikes Peak Mountain, nahe Manitou Springs“, antwortete er. „Es führen keine Straßen zu unserem Haus, du musst also gut sechs Meilen (ca. 10 km) den Waldweg rauflaufen oder wandern, um zu uns zu kommen.“ Das hört sich wild an. Ich lasse ihn wissen, dass ich kommen werde.

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Ich schließe den Kofferraum meines Mietwagens und blicke die Berge hinauf. Oberhalb der auf Holzpfählen stehenden Holzhäuser mit ihren Postkartenverandas erheben sich die Gipfel wie eine Reihe von Zähnen. Die niedrigeren Hänge sind mit Kiefernwäldern bewachsen, während die Gipfel in der Ferne von weißem Schnee bedeckt sind. Auf der Fahrt von Denver hierher warnte der Wetterbericht im Radio vor einem aufziehenden Sturm, der bis zu gut über einen Meter Neuschnee in die Berge bringen soll. Genau dort lag aber mein Ziel, etwa 10 km bergauf bei einer kleinen Holzhütte in den Wäldern, dem Heim von Zach Miller, einem der weltbesten Ultra-Läufer.

Bei den Elite-Ultra-Trail-Rennen gibt es, grob gesagt, zwei Hauptdomänen: Europa und die USA. In Europa sind die Trails eher schwierig und technisch und werden von Bergspezialisten wie Kilian Jornet und François D’Haene dominiert. In den Vereinigten Staaten sind die Strecken im Allgemeinen eher einfacher und besser zu laufen, und die Szene wird immer mehr von Jungstars aus dem Bahn- und Straßenlauf beherrscht, von Läufern wie Jim Walmsley und Läuferinnen wie der ehemaligen US-Olympionikin im Marathon, Magda Boulet.

Mit 29 Jahren ist Zach noch recht jung für einen Ultra-Läufer und er war Bahnläufer am College. Seine Geschichte, wie er zum Ultra-Lauf kam, ist eher ungewöhnlich, doch bevor er sie mir erzählen kann, muss ich ihn erst einmal finden.

Am anderen Ende des Parkplatzes, hinter der Bahnstation, finde ich den Weg, genau so, wie Zach es beschrieben hatte. Ein Schild markiert den Weg und hat auch gleich eine Warnung parat: „Oben kann es Winter sein. Ziehen Sie sich entsprechend an.“ Doch jetzt, während ich in der Maisonne durch den Ort spaziere, ziehe ich meinen Pullover aus und binde ihn mir um die Taille. Es ist schwierig, sich vorzustellen, dass es in ein paar Stunden richtig kalt werden kann. Der Weg ist trocken und staubig, als ich meinen langen Anstieg beginne.

Als das klapprige Holztor zum Barr Camp endlich vor mir auftaucht, dämmert es bereits. Nach einer dreistündigen Bergwanderung fühle ich mich recht müde. Wir befinden uns knapp über der Schneegrenze, doch ist schon seit einiger Zeit kein frischer Schnee mehr gefallen und der Pfad ist gut ausgetreten.

Barr Camp ist eine Rasthütte auf halbem Weg hinauf zum Pikes Peak, ein sogenannter „Viertausender“, wie Zach mir sagt, da der Gipfel auf einer Höhe von gut über 4.000 Meter liegt. Zach lebt hier in der Hütte auf etwas mehr als 3.100 Metern, zusammen mit seiner Schwester Ashley und ihrem Ehemann Nathan. Die drei teilen sich die Aufgaben als Hausmeister des Camps, kochen jeden Tag Frühstück und Abendessen, passen auf, dass die Hütte immer beheizt ist und kümmern sich um alles, was Besucher eben so benötigen. Sie sind auch das Bergrettungsteam, die Ersthelfer im Falle, dass jemand in den Bergen verunglückt oder vermisst wird.

Als ich ankomme, ist Zach allein in der Hütte und gerade hinten in der kleinen Küchenecke. Die Rasthütte ist ein warmer, angenehmer Raum mit einem Tisch und einigen Fauteuils rund um einen Holzofen. Die Küche versteckt sich hinter einer Holzbar mit ein paar Barhockern davor. Entlang der Wand hängen Snacks wie M&Ms, Energieriegel und Ähnliches, sowie T-Shirts und Kappen mit dem Barr-Camp-Logo im Retro-Chic. Auf einem Schild oberhalb der Türe zum Schlafraum, im Hinterteil des Zimmers, steht Karibu, was so viel wie ‚Willkommen‘ auf Suaheli bedeutet.

„Oh, hallo“, sagt Zach, als ich mich vorstelle. „Schön, dich kennenzulernen.“

Ich hatte das erste Mal von Zach gehört, als ich im Jahr zuvor den UTMB Live Feed online mitverfolgte. Fast immer, wenn ich mich einloggte, um zu sehen, wie das Rennen stand, lief dieser junge Amerikaner ganz alleine an der Spitze. Am Ende wurde er dann Sechster, doch für mich und viele andere war Zachs verwegener Versuch, das Feld gleich von Anfang an aufzurollen, eines der faszinierendsten Ereignisse des Rennens.

Jedes Mal, wenn ich einschaltete, war er da, seine verkehrt herum aufgesetzte Mütze, die sich auf und ab bewegte, nie an den Verpflegungsstationen haltend, und immer wieder nach hinten blickend, wie jemand, der um sein Leben rennt. Der allgemeine Konsens unter Ultra-Läufern ist normalerweise, es eher gemäßigt anzugehen, um Energie zu sparen. Es langfristig anlegen. Es ist ein Ultra-Marathon, kein Sprint. Doch Zach lief ohne Furcht, ohne sich zurückzuhalten, pushte immer weiter und knickte erst nach 92 Meilen (ca. 148 km) ein, als er zum ersten Mal die Führung im Rennen abgeben musste.

Später im Jahr tauchte Zach wieder in einem, in der Laufwelt viralen Video, auf meinem Facebook Feed auf. Es waren die letzten 9 Meilen (knapp 15 km) eines anderen, extrem umkämpften Rennens, dem North Face 50 (Meilen) nahe San Francisco, und Zach lag in Führung. Er führte deutlich vor seinen Rivalen, doch wieder einmal stellte er die allgemein gültigen Weisheiten des Laufens, mit seiner Alles- oder-Nichts-Herangehensweise, auf den Kopf.

Bei Ultra-Marathons beenden die meisten Läufer, sogar die Sieger, das Rennen joggend, genießen den letzten Abschnitt, winken ihren Freunden zu, den Fans, und umarmen ihre Familie bevor sie die Ziellinie zusammen mit ihnen überqueren. Weswegen sich jetzt noch hetzen, nach so einem langen Rennen?

Doch da ist Zach im North Face 50, deutlich vor allen anderen, auf dem Weg zu einem eindrucksvollen Sieg, und er läuft immer noch, als ginge es um sein Leben. Die Arme pumpend, seine Atmung schwer. Und so überquert er auch die Ziellinie, bevor er seiner Freundin erschöpft in die Arme fällt.

Es ist diese Alles-oder-Nichts-Herangehensweise, die er zu den Rennen mitbringt, genau so, wie seine Siege, die Zach zu einer vielbewunderten Person in diesem Sport gemacht haben und ich erwarte, auf einen forschen, energiegeladenen Sportler mit dem Händedruck eines Supermans zu treffen. Jemanden, der nicht aufhören kann zu reden, und die ganze Zeit in Bewegung ist. Doch im Gegenteil, die Person vor mir hat eine langsame und gedehnte Sprechweise und erscheint eher schüchtern. Er sagt, er koche gerade Burritos und ob ich auch welche wolle.

Während er kocht, mache ich es mir an der Bar mit einer Tasse Tee bequem und er erzählt mir seine Geschichte, wie er überhaupt zu diesem verrückten Sport kam.

Nachdem er das College, an dem er Bahn- und Geländerennen lief, abgeschlossen hatte, nahm er einen Job bei einem Printshop auf einem großen Kreuzfahrtschiff, der Queen Mary II, an. Die meisten Läufer würden wohl bei so einem Job ihr Training aufgeben, doch Zach war nicht so leicht zu entmutigen.

„Als ich das Schiff verließ, wusste ich, wie es geht“, sagt er. „Ich könnte ein Buch darüber schreiben, wie man auf einem Kreuzfahrtschiff in Form bleibt.“

Immer wenn das Schiff im Hafen lag, ging er von Bord und lief. „Wir fuhren nach Chile oder Patagonien, und ich ging dort laufen. Egal, wo wir anlegten, ich sah mich immer gleich nach dem höchsten Punkt oder dem coolsten Berg in der Nähe um und versuchte bis hinauf und wieder zurück zu laufen, bevor das Schiff ablegte.“

„Manchmal musste ich richtig schnell sein, um es noch rechtzeitig zu schaffen. Wenn du nämlich dein Schiff verpasst, musst du alleine sehen, wie du in den nächsten Hafen kommst, und selbst dann war es nicht sicher, ob du deinen Job behältst.“ Zach verpasste sein Schiff niemals.

Auf hoher See lief er die Treppenhäuser der Crew auf und ab. „Nicht die schönen, sondern die, auf denen die Lieferungen rauf und runterbefördert wurden“, fügt er an. Nach etwa einer Stunde Treppen auf und ab, ging er in den Fitnessraum aufs Laufband.

„An meinem letzten Tag auf See lief ich 70 Minuten lang die Treppen rauf und runter und dann noch gut 30 km auf dem Laufband. Meine Kollegen dachten, ich wäre verrückt. Die gingen lieber an die Bar, tranken, guckten um die Ecke, und riefen mir dann betrunken zu aufzuhören.“

Während einer Pause vom Schiff beschloss er, seinen ersten Ultra-Marathon zu laufen, ein 50-Meilen-Rennen im Bundesstaat Maryland namens JFK50. Sein alter Highschool-Coach sagte ihm immer, er solle versuchen, eine lange Strecke zu laufen, er wäre bestimmt gut darin, doch Zach war sich immer unsicher.

„Meine Familie dachte, ich wäre verrückt, so eine lange Strecke zu laufen“, erinnert er sich schmunzelnd. Ich vermute 50 Meilen (80 km) sind heute keine wirklich lange Strecke mehr für ihn. „Meine Großmutter dachte, ich würde sterben oder so. Und ich hatte keine Ahnung, was ich da eigentlich tat, und tauchte einfach zum Rennen auf, nur mit ein paar Wasserflaschen, die ich mir am Vortag im Laden gekauft hatte.“

Etwa zur Halbzeit des Rennens lag er zusammen mit einem anderen Läufer an der Spitze.

„Wir liefen Seite an Seite, also dachte ich mir irgendwann, dass ich ihn vielleicht fragen sollte, wer er war. Ich stellte mich vor: ‚Mein Name ist Zach, wie heißt du?‘ Er antwortete: ‚Rob.‘ Ich fragte: ‚Rob und weiter?‘ Er darauf: ‚Rob Krar.‘“

Rob Krar war einer der bekanntesten Namen im Ultra-Running zu dieser Zeit und hatte gerade den wichtigsten Ultra-Marathon in den USA, den Western States 100, gewonnen gehabt. Zach erzählt, dass er sich wie ein Idiot vorkam. „Weißt du, ich wusste damals nicht viel über Ultra-Running, aber ich wusste, wer Rob Krar war.“ Sie liefen dann zusammen bis etwa Kilometer 60, wo Zach begann sich abzusetzen.

„Als ich bei der nächsten Verpflegungsstation vor Rob eintraf, waren sie dort alle aus dem Häuschen. Jeder griff zum Telefon und versuchte herauszufinden wer ich war, doch es gab nicht wirklich etwas herauszufinden. Ich war ein College-Läufer, aber kein besonderer. Ich lief für ein College in der Dritten Division, brauchte 31:23 Min über 10 Kilometer, was eine recht durchschnittliche Zeit ist in der Weltelite. Also begannen sie meinen Freund zu fragen, was mein persönlicher Marathonrekord wäre? Und der erklärte ihnen, dass ich noch nie einen Marathon gelaufen war.“

Zach gewann mit der drittschnellsten Zeit, die je bei diesem Rennen gelaufen worden war und das beim ältesten Ultra-Rennen der USA. Sein Sieg verursachte ein Erdbeben in der gesamten Welt des Ultra-Sports und zog eine riesige Welle der Berichterstattung in den einschlägigen Fachmedien nach sich. „Zugegeben, es war doch recht schnell, vor allem da ich nicht einmal wusste, was ich da tat“, meint er weiter. Und so nahm ihn Nike unter Vertrag.

„Eigentlich sollte ich wieder aufs Schiff zurück, was ich auch tat, doch Nike kontaktierte mich und so unterschrieb ich den Vertrag mit ihnen, obwohl ich noch am Schiff arbeitete. Ich unterschrieb und sandte den Vertrag aus Bermuda oder so wieder retour. Die nächsten drei Monate arbeitete ich noch weiter am Schiff, dann ging ich endgültig von Bord.“

„Ich hatte immer davon geträumt, ein professioneller Läufer zu sein“, erzählt er. „Und dann wurde der Traum plötzlich wahr. Nur nicht ganz so, wie ich es mir gedacht hatte.“

Die Burritos sind fertig. Zach isst sie ohne Flade drumherum, also mache ich es ihm nach – nur ein großer Teller voll mit Reis, Bohnen und Gemüse – er gibt noch Mayonnaise und Senf über seines. Die Mahlzeit erinnert mich an die der kenianischen Marathonläufer, die Unmengen an Reis und Bohnen essen. Interessanterweise wurde Zach als Sohn von Missionaren in Nairobi, Kenia, geboren. Er lebte dort bis er etwa drei oder vier Jahre alt war, bevor die Familie nach Pennsylvania zog. Vielleicht hatte sich die Tatsache, dass er auf einer gewissen Höhe geboren wurde und eine Zeit lang dort als Baby lebte, auf ihn ausgewirkt und seine Lungen etwas größer und geeigneter für das Langstreckenlaufen gemacht. Vielleicht hatte er etwas von diesem magischen Ugali gegessen – einem Maisgericht, von dem die Kenianer behaupten, dass es ihnen dabei hilft, so schnell zu laufen.

Ich frage Zach nach seinen Sponsoren. Kurz bevor ich in den USA ankam, kündigte er seinen Wechsel von Nike zu North Face über die sozialen Medien an. Wie kam es dazu? Hat er eigentlich einen Agenten?

„Ja“, sagt er, fast schon zögerlich, als wolle er es gar nicht zugeben. „Das ist eine lustige Geschichte. Hättest du irgendjemandem vor fünf Jahren gesagt, dass du ein Trailrunner bist und einen Agenten hast, hätten sie dich ausgelacht.“ Doch der Sport wächst und damit auch die finanzielle Belohnung für all diejenigen, die wissen, wie man am besten daraus Kapital schlägt.

„Mein Agent meinte, dein Wert ist genau so hoch wie die Summe, die du einem Unternehmen einreden kannst, für dich zu zahlen. So läuft das. Bei anderen Jobs oder Sportarten kennst du normalerweise deinen Wert. Wenn du ein bestimmtes Turnier gewinnst oder so, dann hat das einen bestimmten Wert. Doch im Ultra-Sport gibt es keine allgemein gültigen Parameter, keine Liste in der steht, dass, weil du dieses oder jenes Rennen gewonnen hast, jemand dir diese oder jene Summe zahlen wird.“

Der Wert für einen Sponsor ist nicht so einfach zu definieren in diesem immer größer werdenden Sport, aber eine virale Sensation zu sein, die für ihren couragierten Laufstil bekannt ist, hilft sicherlich. Zach erzählt, dass er seit dem neuen Vertrag das erste Mal nicht einer regulären Arbeit nachgehen muss. Doch da er Barr Camp so sehr mag, bleibt er vorerst einmal hier als Hausmeister, für die nähere Zukunft. Das ganze Leben hier oben, so sagt er, ist ideal für einen Ultra-Läufer. Wenn er nicht gerade trainiert, schleppt er Holzstämme, hackt Feuerholz oder schaufelt Schnee.

„Ich verbringe hier oben eine Menge Zeit mit manueller Arbeit“, sagt er. „Ich liebe es. Das North-Face-50-Rennen im [viralen] Video, fand Ende Herbst statt und ich verbrachte fast den ganzen Herbst damit, Holz zu hacken und es zum Laden zu bringen. Da habe ich ziemlich viel Kraft aufgebaut.“


Der nächste Morgen bricht an und es ist sonnig und klar, kein Schneesturm in Sicht. Zach ist bereits früh auf den Beinen und bereitet uns eine herzhafte Haferflockenmixtur am Holzofen zu. Dazu schneidet er eine Banane in Stücke und fügt Datteln und Walnüsse hinzu, bevor er noch zwei große Esslöffel Erdnussbutter unterrührt. Es schmeckt wie Zement, aber ich bin sicher, dass es alles hat, was nötig ist, wenn man den ganzen Tag auf einem 4.000 Meter hohen Berg herumläuft.

Ich sitze gegenüber von Zach und habe fast schon die Hälfte meines Frühstücks geschafft, als sich die Türe öffnet und ein Mann Mitte Fünfzig mit rotem Gesicht in den Raum tritt. Er steht da und sieht uns grinsend an.

„Guten Morgen“, grüßt Zach nach einem kurzen Moment. „Kann ich Ihnen helfen?“

„Ich kann nicht glauben, dass Sie es sind“, strahlt der Mann. „Mann, wegen Ihnen habe ich mit dem Laufen angefangen.“

Zach lächelt. „Sie sind aber schon sehr zeitig hier herauf“, sagt er.

„Ja“, antwortet der Mann. Die Ehrfurcht steht ihm ins Gesicht geschrieben, als er so da steht und sich mit seinem Helden unterhält. „Als ich meiner Frau gesagt habe, dass ich hier heraufkommen würde – ich habe ihr gestern Nacht noch ein paar Videos auf YouTube gezeigt – hat sie nur die Augenbrauen hochgezogen.“ Er blickt zu mir herüber. „Meine Freunde lachen mich aus und sagen ich steh’ auf ihn. Aber die verstehen das nicht. Dieser Typ hat einfach von Natur aus etwas, was die Leute einfach anspricht. Er ist eine verdammte Inspiration.“

Zach lässt alles einmal langsam einsinken und stellt dem Mann dann Fragen über dessen Lauferfahrung, damit dieser wieder etwas herunterkommt. Doch der Mann lässt sich nicht beruhigen. Er zieht seine Handschuhe aus und geht im Zimmer auf und ab. Zach bringt ihm ein Glas Wasser.

„Wissen Sie, ich habe mit dem Trinken aufgehört. Ich rauche nicht. Also laufe ich. Es hört sich vielleicht etwas traurig an, aber ich sitze in der Nacht vorm Computer und sehe mir Filme von Rennen auf YouTube an. Und wissen Sie was, da ist irgendetwas, das anders ist bei ihm. Gleich vom Start weg legt er los und gibt einfach alles, keine Ausreden.“

Da blickt er plötzlich auf seine Uhr. „Ich muss wieder los“, sagt er. Er hatte seiner Frau versprochen, um acht Uhr wieder zurück zu sein. Und nach einem schnellen Selfie mit seinem Helden ist er auch schon weg. Zach beginnt die Teller abzuspülen.

„Passiert so etwas häufiger?“, frage ich ihn.

Zach gibt sich eher zurückhaltend, er schüttelt den Kopf und nickt irgendwie zugleich. „Ich weiß nicht. Manchmal kommt das schon vor.“

Als seine Schwester am gleichen Tag von einem Besuch zurückkehrt, erzählt sie mir, dass so etwas fast andauernd vorkommt.


Kurz nach dem Frühstück kommt Zach wieder aus seinem Schlafzimmer hervor, das eigentlich nur eine erhöhte Plattform über der Küche ist. Er trägt seine Laufshorts und eine Jacke. Die Sonne ist in der Zwischenzeit verschwunden und eine graue Kälte hat sich über die Berge gelegt. Der versprochene Schnee ist auf dem Weg. Zach trägt einen Buff auf seinem Kopf. Aber trotzdem kurze Hosen. Er schnürt seine Laufschuhe. Bevor ich kam, erwähnte er, dass ich mit ihm laufen gehen könnte, wenn ich will, doch vielleicht hat er ja nur einen Witz gemacht.

„Gehst du laufen?“, frage ich.

„Klar. Kommst du mit?“ Ich nicke. O. K., klar.

Zum Glück für mich kommt Zach gerade von einer Verletzung zurück. Er meint, es war nichts Tragisches, aber er hatte sich vor einiger Zeit den Rücken etwas verdreht, als er draußen am Weg ausrutschte, und er musste das Laufen für ein paar Wochen sein lassen. Nun fängt er erst wieder langsam an. Somit plant er nichts allzu Verrücktes. Ich sage, dass ich versuchen werde mit ihm mitzuhalten.

Fünf Minuten später sind wir startbereit. Wir laufen hinunter in Richtung der Kiefernwälder. Zach plaudert mühelos, während wir laufen, und da es bergab geht, folge ich ihm gemütlich und erblicke dabei immer wieder die umliegenden Berggipfel, die zwischen den Bäumen hindurchblitzen. Zach erzählt mir von einem jährlich abgehaltenen Marathon, der von Manitou Springs hinauf zum Gipfel des Pikes Peak führt und wieder hinunter. Es ist ein recht großes Rennen und zieht einige der weltbesten Bergläufer an.

So wie der Ultra-Lauf als Sport wächst, mit immer jüngeren und schnelleren Athleten, die damit beginnen, so werden auch die Streckenrekorde bei den meisten Rennen weltweit immer wieder gebrochen. Zeiten von denen einmal angenommen wurde, sie wären unschlagbar, werden nun von Läufern wie Kilian Jornet und Jim Walmsley pulverisiert. Doch der Pikes-Peak-Streckenrekord scheint eine seltene Ausnahme zu sein. Im Jahre 1993 benötigte Lokalmatador Matt Carpenter für die Bergstrecke 3 Stunden 16 Minuten. Das war damals bei seinem dritten von insgesamt 12 Siegen und ist noch immer Streckenrekord.

„Er ist der Bergkönig“, sagt Zach. Letztes Jahr lief der Weltmeister im Berglaufen, Joseph Gray, nur den Teil bis nach oben und kam so nahe wie noch nie jemand zuvor an die von Carpenter aufgestellte Bestzeit am Pikes Peak heran. Doch er war noch immer um vier Minuten langsamer. 2012 versuchte sich Jornet am Marathon, verfehlte Carpenters Bestmarke aber um fast 25 Minuten.

„Er [Carpenter] lebt jetzt unten in Manitou Springs und führt eine Eisdiele“, erzählt mir Zach. „Sie heißt Colorado Custard Company. Solltest du hingehen, er ist der kleine Typ hinter dem Tresen.“

Ich frage Zach, ob er ihn gelegentlich besucht. „Ah, ich weiß nicht so recht“, meint Zach, „ich will ihm nicht auf die Nerven gehen.“

Zach hat offenkundig gewaltigen Respekt vor Carpenter und ich kann mir das Lächeln nicht verkneifen, wenn ich daran denke, dass einer der besten Bergläufer aller Zeiten – er hält auch den Streckenrekord beim berühmten Leadville 100 Ultra-Marathon – in einem kleinen Laden in Colorado Eiscreme verkauft.

Wir laufen noch immer gemütlich bergab durch den Wald. Je weiter wir hinunterkommen, desto mehr Sorgen mache ich mir. Das wird eine ziemliche Plackerei den ganzen Weg wieder hinaufzulaufen.

Und wie befürchtet ist Zach bereits beim ersten kleinen Anstieg weg. Oben wartet er dann auf mich, nicht mehr als 100 Meter voraus, doch als ich endlich bei ihm bin, fühlen sich meine Lungen an, als würden kleine Kinderhände sie langsam zerquetschen. Zach scheint mein Keuchen und Schnaufen nicht zu bemerken, denn er dreht sich um und läuft sofort weiter, als ich ihn erreiche. Schlussendlich, nach mehreren Malen warten und weiterlaufen, muss ich ihn ziehen lassen. Dabei waren wir erst ein paar Kilometer gelaufen.

„Lauf nur weiter“, sage ich. „Ich folge einfach dem Weg von hier wieder hinauf.“ Darüber erfreut wieder sein gewohntes Tempo laufen zu können, hat er nichts dagegen einzuwenden, und mit einem kurzen Kopfnicken ist er wieder zwischen den Bäumen verschwunden, während ich nun die letzten ein oder zwei Kilometer erleichtert zum Camp zurückgehe.


Später am Nachmittag schneit es dann. Große, schwere Schneeflocken, die draußen in einem stillen Sturm niedergehen. Während des gesamten Nachmittags geben sich in der Hütte schneebedeckte Wanderer die Klinke in die Hand. Es ist Samstag und auf dem Berg sind viele Leute unterwegs. Über den Tag hinweg kommen etwa 15 Wanderer zur Hütte. Die meisten planen die Nacht hier zu verbringen. Eine Gruppe Männer befindet sich gerade auf einem Junggesellenwochenende, doch sie schlafen sogar noch vor 21 Uhr ein.

Zwischen seinen Gängen mehr Feuerholz zu holen, habe ich Gelegenheit, weiter mit Zach zu sprechen. Trotz einer gewissen Scheu, so sagt er, ist er froh andere Menschen zu treffen und mit ihnen zu plaudern, wenn sie hierher kommen. „Ich bin eine komische Mischung aus introvertiert und extrovertiert“, meint er. „Was ich meine ist, ich kann schon viel reden, doch andererseits genieße ich es auch, hier alleine zu sein.“

„Die Leute denken, dass es einsam ist hier oben“, fährt er fort und legt ein paar Holzscheite nach, um das Feuer wieder anzuheizen. „Aber hier interagiere ich mehr mit anderen Menschen, als wenn ich in der Stadt bin. Dort kommen die Leute nicht so einfach durch deine Tür spaziert, so wie heute, wenn du in deinem eigenen Zuhause bist.“

Ich frage ihn, ob er eine Freundin hat und er lächelt mich schief an. „Ich bin Single“, sagt er. „Es ist nicht gerade einfach, sich zu verabreden und auszugehen, wenn man hier oben lebt.“

Eine Zeit lang ging Zach mit der Ultra-Läuferin Hillary Allen. Es waren ihre Arme, in die er am Ende des North-Face-50-Videos erschöpft fiel. Warum die Beziehung auseinanderbrach und ob es vielleicht etwas damit zu tun hatte, dass er hier fast 10 Kilometer den Berg hoch lebt, verrät er mir jedoch nicht.

„Bei meiner ersten Verabredung mit Hillary“, erzählt er, „war ich auf halbem Weg ins Tal, als ich auf eine Wanderin traf, die sich den Rücken verletzt hatte. Ich half ihr den Berg hinunter, kam aber dadurch viel zu spät zu unserer Verabredung. Ich hoffe, meine Entschuldigung hörte sich ein bisschen heldenhaft an, ich weiß nicht.“

Wenn Hillary ihn besuchen wollte, so musste sie immer die 10 Kilometer zum Barr Camp hochsteigen. „Glücklicherweise fange ich immer etwas mit Läuferinnen an“, sagt er. „Die anderen machen sich schon Sorgen um mich. Die sagen immer, ‚Mann, du bist Single, du lebst in einer Berghütte in den Wäldern.‘ Aber ich liebe es hier oben. Ich werde es schon alles einmal irgendwie hinkriegen.“

Es wird bereits dunkel und Zachs Schwester und Schwager haben inzwischen ein Pasta-Gericht für die Gäste zubereitet. Einige der Besucher haben sich dazu entschlossen, ihre Zelte draußen im Schnee aufzuschlagen und ihr eigenes Essen zu kochen, doch sie sind hereingekommen, um sich am Feuer aufzuwärmen. Sie sehen erfroren aus. Ich bin mir nicht sicher, ob ihr Versuch, draußen im Schneesturm zu kochen, von Erfolg gekrönt war. Als ich sie danach frage, lächeln sie mir nur gequält zu.

Punkt neun Uhr müssen alle wieder in ihre Zelte draußen oder in den Schlafraum. Da die Hütte auch die Wohnung von Zach und seiner Schwester ist, ist jetzt Feierabend. Nicht, dass sie viel damit anfangen, außer sich selbst schlafen zu legen. Zach geht noch einmal kurz nach draußen, um den Schnee zu checken, schon ganz aufgeregt, am nächsten Morgen im Schnee laufen zu gehen. Mein Bett ist am Boden gleich neben dem Holzofen, was gut ist, da es in dem unbeheizten Schlafraum, in dem die anderen Gäste schlafen, doch einige Grad unter null hat. Zach hat mir auch eine warme Jacke geliehen – eine seiner alten, nun etwas obsoleten, Nike-Jacken – sowie einen warmen Schlafsack. Der Winter ist wirklich eingezogen hier oben, so wie es das Schild am Weg, der hier heraufführt, vorausgesagt hat. Aber eingewickelt in meinem gemütlichen Bett, kuschele ich mich zusammen und schlafe schnell ein.


Als wir aufwachen, gibt es mehr als einen Meter Neuschnee. Zach ist schon ganz emsig und befestigt seine Sportschuhe an speziellen Schneelaufschuhen. Die sehen aus wie zwei kleine Skateboards ohne Räder und erlauben es ihm, auf dem Schnee zu laufen, ohne bei jedem Schritt hüfttief einzusinken. Er fragt mich, ob ich mich ihm wieder anschließen möchte, doch es war schon der Versuch, auf hartem Untergrund mit ihm mitzuhalten, schwierig genug. Im Schnee hätte ich gar keine Chance.

Zachs Schwager schlägt eine Wanderung entlang des Weges vor. Selbst gehen ist unter diesen Bedingungen schon schwierig genug, meint er. Er holt mir ein Paar normale Schneeschuhe.

So packe ich mich also warm ein und ziehe los, allein hinaus in die Stille des Waldes. Es ist mühsam voranzukommen, und ich schaffe etwa 3 Kilometer bis zur Baumgrenze, dort wo der Wald endet und das Hochgebirge beginnt, bevor ich beschließe wieder umzudrehen. Der Wald hat etwas Meditatives an sich, noch immer leichter Schneefall, jeder Schritt wie der davor. Es ist, als würde ich durch einen Traum gehen.

Als ich wieder zurück bin, ist Zach noch immer unterwegs. Er wird noch zwei weitere Stunden draußen sein. Es sieht ganz so aus, als hätte er gerade wieder mit dem ernsthaften Training begonnen. In ein paar Monaten möchte er noch einen Anlauf beim UTMB unternehmen. Noch nie hat ein Amerikaner den UTMB gewonnen, also ist es ein richtig großes Ziel, das er sich da gesetzt hat. Für den amerikanischen Ultra-Laufsport wäre dies von immenser Bedeutung. Zusätzliche Sponsorengelder, zweifellos, sowie der inoffizielle Titel des weltbesten Ultra-Trail-Läufers in den Bergen. Schwer sich vorzustellen, dass viele andere seiner Rivalen ihr Leben auch so stark auf das Training ausrichten wie er.

Er erzählt mir, dass er zu der Zeit, wo es im Camp viel zu tun gab, nicht zum Laufen kam und deshalb beschloss, bereits um zwei Uhr nachts zum Gipfel des Pikes Peak hinaufzulaufen. Er sagt, dass er es so genossen hat und in der nächsten Nacht gleich wieder loslief. Und in der nächsten.

„Am Ende bin ich sieben Nächte hintereinander hinauf zum Gipfel gelaufen“, fährt er fort. „Ich weiß nicht warum, es hat mir einfach Spaß gemacht.“

Bevor ich abreise und in die Zivilisation zurückkehre, frage ich Zach noch, was ihn dazu motiviert, zu laufen. Das kann eine schwierige Frage sein für einen Läufer. „Es kommt dem Fliegen am nächsten“, antwortet er. „Das stammt nicht von mir, sondern von jemand anderen. Aber mir gefällt dieser Satz. Ich liebe es, wie sich Laufen anfühlt.“

Doch das ist nicht das Einzige. Ich spüre etwas altruistischeres in Zach, so als ob sein Laufen nur Teil von etwas Größerem ist. „Nun gut“, sagt er. „Ich glaube, die Menschen identifizieren sich mit jemandem, bei dem sie sehen, dass er sein Bestes gibt, jemandem, der bereits erschöpft ist, aber immer noch versucht, das Letzte aus sich herauszuholen.“

Ultra-Running kann als Metapher für unser Leben dienen, mit seinem ganzen Auf und Ab, seinen schlechten und seinen guten Zeiten. Und wenn jemand gut darin ist und mit Herz läuft, ihm der Schweiß und die Anstrengung ins Gesicht geschrieben stehen, dann kann der Rest von uns damit etwas anfangen. Es bewegt etwas in uns.

„Es spricht wirklich viel dafür, alles im Leben zu geben“, meint Zach. „Es im Sport zu zeigen, ist wirklich cool, denke ich, denn die Menschen lassen sich inspirieren und egal, ob es sie dazu motiviert laufen zu gehen oder einfach besser in ihrem Job zu sein, es ist etwas typisch Menschliches, mit dem die Leute etwas anfangen können. Dein Bestes geben.“

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