Kitabı oku: «Im Nebel auf dem Wasser gehen», sayfa 2
Vielleicht war er ja, trotz allem, was passiert war, doch nicht der Messias. Vielleicht war seine Göttlichkeit nur eine komplexe Illusion. Vielleicht war er nichts als ein Mensch, der an einem Stück Holz hing. Vielleicht war alles nur ein grausiger Irrtum gewesen und er hätte bleiben und Kompromisse machen und heiraten und Kinder haben und viele, viele Male den Frühling genießen können.
Ich habe keine Ahnung, ob es so war oder nicht. Es ist eine Frage der Interpretation und Spekulation, aber wir dürfen spekulieren. Der Schriftsteller und Rundfunkpublizist Rabbi Lionel Blue bemerkte einmal, das Judentum sei sein Zuhause, nicht sein Gefängnis. Das scheint mir auch für Christen eine gesunde Sichtweise zu sein. Im geistlichen Sinn gibt es im Reich Gottes weder den furchtbaren Zustand der Agoraphobie noch den der Klaustrophobie. Je sicherer und glücklicher wir in unserem Zuhause sind, desto wohler werden wir uns dabei fühlen, hinauszugehen und auszukundschaften, was sonst noch so in der Straße los ist.
Doch bei allem, was wir nicht genau wissen können, über eines können wir ziemlich sicher sein: Obwohl er die Seligkeit des Himmels kannte, „bevor Abraham war”, sah Jesus dem, was auf ihn zukam, mit Schrecken entgegen. Zugleich wusste er jedoch, dass wahre Sicherheit nur durch Gehorsam zu finden ist. Wie immer sagte er „ja“ zu seinem Vater. Im Herzen all dessen steckt ein faszinierendes Paradox, das sich stets um ein Haar jeder Definition entzieht, zumindest soweit es mich betrifft. Es ist eine Wolke, ein Nebel, gebildet aus einer Vielzahl scheinbarer Widersprüche.
Mensch und Gott. Gehorsam oder Ungehorsam. Erfüllt mit dem Geist und verlassen. Tot und lebendig. Gescheitert und siegreich. Natürlich und übernatürlich. Gewöhnlich und außergewöhnlich. Gesetz und Gnade. Von dieser Welt und nicht von dieser Welt.
Manchmal dreht sich in mir alles mit dem schwindelerregenden Gefühl, ich stünde direkt am Rande einer Offenbarung, die so angefüllt ist mit Licht und Liebe und endgültiger Gewissheit, dass nichts mich je wieder verletzen oder meinen Frieden stören könnte; und so verrückt es sich anhört, im tiefsten Herzen spüre ich, dass das, was offenbart wird, zweifellos und auf geheimnisvolle Weise etwas sein wird, was ich bereits weiß. Vielleicht klingt es, als hätte es keine Bedeutung, aber ich erinnere mich daran, wie C. S. Lewis schildert, dass in uns, wenn wir wahre Schönheit hören oder sehen, ein schmerzliches Gefühl des Heimwehs aufsteigt, des Heimwehs nach etwas (oder jemandem), was wir nie hatten und in dieser Welt nie haben werden. Der instinktive Drang zum Himmel. Er steckt in uns. Wir leben damit, und er ist unser ständiger Begleiter. Freilich kommt er in vielen seltsamen und fast undurchdringlichen Tarnungen daher.
Derselbe Jesus, der in Gethsemane Blut schwitzte, ist hier im Haus bei Kathleen und bei uns. Sie ist vollkommen sicher. Er wird ihre Hand ergreifen, wenn es für sie Zeit ist zu gehen, und ich bete inständig, dass das Gehen nicht zu schwer für sie wird.
Jesus berühren
Während Kathleen im Sterben liegt, ist Jesus auch in Gestalt unserer Gemeinde bei uns. Manchmal machen mir die Leute Vorhaltungen, weil ich die Kirche attackiere, aber ich habe mir nie vorgenommen oder es darauf angelegt, das zu tun. Ich liebe den Leib Christi, also die Kirche, und während der letzten Wochen haben Bridget und Kathleen und ich gesehen, was der Ausdruck „Leib Christi“ bedeuten kann, wenn es hart auf hart kommt. Ja, ich weiß, dass Liebe und Fürsorge auch in weltlichen Gemeinschaften ebenso zu finden sein können, aber das ist in Ordnung so. Schließlich hat Gott sie erfunden. Die Welt, die er gemacht hat, mag gefallen sein, aber man sieht überall in der Schöpfung seine Fingerabdrücke und seine Fußspuren, manchmal auch da, wo man es am wenigsten erwartet.
Wir haben viel Liebe erfahren. Wissen Sie noch, was Paulus über den Leib Christi sagt?
Wenn aber alle Glieder ein Glied wären, wo bliebe der Leib? Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer. Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht; oder auch das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. Vielmehr sind die Glieder des Leibes, die uns die schwächsten zu sein scheinen, die nötigsten; und die uns am wenigsten ehrbar zu sein scheinen, die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und bei den unanständigen achten wir besonders auf Anstand; denn die anständigen brauchen's nicht. Aber Gott hat den Leibzusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.
Der Teil des Körpers, zu dem wir gehören, hat zweifellos mit Kathleen und mit uns mitgelitten. Abgesehen von der Unterstützung im Gebet haben wir Hilfe in vielfältiger Gestalt erfahren. Wir haben eine junge, unbändig energiegeladene Welsh-Border-Collie-Hündin namens Lucy, die etliche Male zu den Spaziergängen abgeholt wurde, die sie so sehr liebt. Leute haben für uns gekocht und für uns gesorgt, damit wir eine Pause einlegen konnten. Sie haben uns besucht und Blumen und Briefe geschickt. Unser umgewandeltes Esszimmer wird in Duft und Aussehen einem Blumengeschäft immer ähnlicher. Der Vikar, der für unsere Gemeinde verantwortlich ist, ist zweimal gekommen, um mit Kathleen die Kommunion zu feiern. Sie liebt das und wir ebenso. Bridget und Kathleen und ich machen dann ja drei Viertel der Gemeinde aus. Es ist ein ganz besonderes Vorrecht, das Geheimnis und die kosmische Bedeutung des Brotes und des Weins hier in diesem kleinen Zimmer zu haben, nur für uns drei. Gott hat hervorragende Ideen, finden Sie nicht auch? Dies ist eine der besten. Die gewaltige Wirklichkeit des geistlichen Lebens und des Heils in so eindrücklichen, erdverbundenen Symbolen wie Brot und Wein wurzeln zu lassen, ist ein unübertreffliches Meisterwerk.
Ja, der Leib Christi hat uns gestärkt und aufrecht gehalten und geschützt. Man vergisst leicht, dass diese Begegnungen mit Jesus durch die Hände und Herzen unserer Brüder und Schwestern geistliche Erfahrungen sind, die den abstrakteren, mehr überweltlich numinosen Begegnungen, die sich in formell religiösen Situationen abspielen, keineswegs nachstehen. Warum fällt es uns so schwer, das zu akzeptieren? Jeder, der jemals eine Familie hatte, sollte in der Lage sein, das Prinzip zu verstehen. Bridget und ich haben drei Söhne und eine Tochter und es gibt nicht viel, was uns mehr Freude macht, als zu wissen, dass sie sich treffen, sich umeinander kümmern und es genießen, zusammen zu sein. Wenn das geschieht, ist das wie eine Rechtfertigung oder Beglaubigung unserer Elternschaft. Ja, gut, in unserem Fall mag wohl ein ziemlich kindisches Element in dieser Reaktion enthalten sein, aber zumindest hilft es uns zu verstehen, wie unser himmlischer Vater es empfindet, wenn die Mitglieder seiner Familie einander lieben und sich umeinander kümmern. Am Ende des Johannesevangeliums spricht Jesus über eben dieses Thema:
Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe. Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Ich sage hinfort nicht, dass ihr Knechte seid; denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid; denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er's euch gebe. Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt.
Bei allem angebrachten Respekt – ist da nicht der Anflug des Tonfalls einer besorgten Mutter herauszuhören?
„Ich muss weg, und ihr müsst mir versprechen, gut aufeinander aufzupassen. Ihr vergesst es doch nicht, oder? Liebt einander. Das ist mir sehr wichtig. Versprecht es mir.”
Die heilige und geheimnisvolle Wahrheit ist, dass wir als Christen, wenn wir einander berühren, Jesus berühren. Wenn es eine Berührung der Fürsorge und der Liebe ist, lächelt der Himmel auf uns herab, und derselbe Gott, der durch den siebenundzwanzigsten Vers des ersten Kapitels des Jakobusbriefes spricht, sagt mit der Zufriedenheit eines stolzen Vaters: „Schaut euch das an. Das nenne ich wahre Religion!”
Ich danke Gott für Kathleen Rosa Ormerod, für ihre Sturheit, ihre Großzügigkeit, ihre Loyalität, ihre zupackende Fürsorge, ihre unerschütterliche Liebe zu ihren Freunden, ihr prinzipientreues Leben, ihre Tapferkeit und für die Verwundbarkeit, die wir in diesen letzten Wochen an ihr sehen konnten. Ich danke Gott für alles, was sie ist, und alles, was sie getan hat. Am liebsten wäre mir, sie würde weiterleben, aber vor allem will ich Gottes Bestes für sie, was immer das sein mag.
Kapitel 2
Freiheit, Sicherheit und der Wert der Wahrheit
Ich werde mich in diesem und im nächsten Kapitel an die schwierige Aufgabe wagen, einige Wahrheiten weiterzugeben, nicht, wie ich eilends hinzufüge, um einen Gegensatz zu allen anderen Teilen des Buches zu schaffen, sondern im Zusammenhang mit bestimmten Bereichen, in denen wir in der Gemeinde Jesu ein großes Geschick entwickelt haben, uns selbst in die Tasche zu lügen. Freilich kann es sein, dass meine Wahrheit nicht dieselbe ist wie Ihre, aber nachdem ich zwanzig Jahre lang mit Christen auf der ganzen Welt gesprochen habe, wäre ich doch ziemlich überrascht, wenn die Kluft dazwischen durchgehend sehr groß wäre.
Bevor wir jedoch zu den konkreten Themen kommen -was hat eigentlich Wahrheit mit Sicherheit zu tun und warum ist sie so wichtig? Ganz einfach gesagt: Wenn wir wirklich im tiefsten Sinne sicher sein wollen, haben wir keine andere Wahl, als in der Wahrheit zu wohnen, wie schwierig das auch sein mag. Wenn wir uns oder unseren Glauben, unsere Art zu leben oder das Leben unserer Gemeinde mit etwas anderem als mit der Wahrheit zu verteidigen versuchen, dann haben sich unsere Wege von denen des Geistes der Wahrheit getrennt. Unter solchen Umständen sind wir auf uns allein gestellt und allen möglichen Gefahren schutzlos ausgeliefert.
Die wichtigsten Veränderungen in meinem Leben begannen immer mit dem Wunsch, die Haufen von Blödsinn aus dem Weg zu räumen, die sich in meinem Leben als Christ angesammelt hatten, und geistliche Sicherheit zu finden, indem ich die Wahrheit über mich selbst und meinen Glauben so klar in den Blick nahm, wie Gott sie mir vor meine verschleierten Augen führen konnte. Seit den allerersten Tagen meiner Lebensphase als Schriftsteller und Redner gibt es einen Vers, der meine Bemühungen mehr untermauert und inspiriert hat als jeder andere. Es ist ein Wort Jesu, zu finden im achten Kapitel des Johannesevangeliums. Ich bin sicher, es ist Ihnen sehr vertraut:
Da sprach nun Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.
Die letzten fünf Wörter dieser Passage haben mir schon immer viel bedeutet, aber wie jeder weiß, der sich je vorgenommen hat, die volle Wahrheit zu sagen, ist das keineswegs immer angenehm. Manchmal tut es weh. Manchmal bringt es mich zum Lachen. Manchmal komme ich mir ziemlich blöd dabei vor. Manchmal bringt es mich zum Weinen. Manchmal wird deutlich, dass wie bei Adam und Eva die nackte Wahrheit nicht das Gebot der Stunde ist. Es gibt Momente, wo sie peinlich ist und sittsam bekleidet werden muss.
Die Wahrheit über uns – die Wahrheit über Gott
Eine Sache wird mir immer klarer. Es gibt zwei wesentliche Bereiche der Wahrheit, mit denen wir uns befassen müssen, wenn wir anderen Mut machen wollen, nach Hause zum Vater zu gehen. Der eine ist die Wahrheit über uns, über Sie und mich, wie wir wirklich sind, und der andere ist die ungeschminkte Wahrheit über Gott. Wenn wir in unserem Bestreben, die frohe Botschaft weiterzugeben, versuchen, einen dieser Bereiche mitzuteilen, während wir den anderen ignorieren, vergeuden wir wahrscheinlich bestenfalls unsere Zeit; schlimmstenfalls erzeugen wir eine möglicherweise sehr schädliche Form der Verwirrung.
Die meisten von uns sind noch unvollendete Werke, ob uns das gefällt oder nicht. Gott jedenfalls weiß das. Wir wissen es auch, wenn wir ehrlich sind. Was für einen Sinn hat es, anderen oder uns selbst einreden zu wollen, das wäre nicht so? Am Ende durchschauen die Leute unsere religiösen oder moralischen Fassaden ja doch. Bei mir haben die Leute meine Vortäuschungsmanöver schon oft durchschaut. Ich frage mich, wie viele von Gottes verirrten und geliebten Kindern den Gedanken, Jesus nachzufolgen, enttäuscht aufgegeben haben, weil sie Christen bei Heuchelei ertappten – Leute, von denen sie am Anfang ihrer Beziehung persönlich sehr beeindruckt waren, die dann aber einfach nicht einlösen konnten, was sie vorgaben.
Manchmal wird dieser Gegensatz zwischen dem, was wir sind, und dem, was wir glauben, geradezu grafisch sichtbar. Es gibt eine Übung, die Bridget und ich bei Gruppen von dreißig bis vierzig Leuten sehr nützlich finden. Probieren Sie sie selbst einmal aus. Die Ergebnisse sind oft interessant. Das Ziel dieser Übung ist zweifach. Das unmittelbare Ziel besteht darin, ein Gruppengedicht zu schreiben. Das macht meistens viel Spaß und ist interessant, aber der wichtigere Aspekt dabei ist, allen Teilnehmern zu zeigen, dass die Wahrheit über den Leib Christi viel rauer, vielfältiger und, wenn ich das sagen darf, nützlicher ist, als wir vielleicht erwarten. Das geht folgendermaßen vor sich.
Erstens ist es ratsam, sich vor Augen zu führen, dass viele Leute zu Eis erstarren, wenn sie meinen, irgendein schüchtern grinsender christlicher Sadist wollte sie dazu zwingen, ein Gedicht zu schreiben, und dabei unterschwellig andeuten, dass auf alle, die nicht mitmachen, die Hölle wartet. Deshalb machen wir immer deutlich, dass niemand tatsächlich Verse schmieden muss, sondern dass eine Sammlung kurzer, wahrheitsgemäßer, anonymer Aussagen von Natur aus einen poetischen Klang gewinnt, wenn sie von einer Person im Zusammenhang laut vorgelesen wird. Dann verteilen wir schmale Papierstreifen an jedes Mitglied der Gruppe und kündigen an, dass das erste Gedicht den Titel „Unser Gott ist vielerlei“ tragen wird.
„Bitte schreiben Sie auf Ihr Stück Papier”, sagt dann Bridget oder ich, „was Gott heute, genau in diesem Moment, für Sie ist. Versuchen Sie nicht, bewusst lyrisch zu sein. Machen Sie sich keine Gedanken darum, die richtige Antwort hinzuschreiben. Es gibt keine richtige Antwort außer Ihrer eigenen privaten Wahrheit. Versuchen Sie auch, nicht erst Ihren zweiten, dritten oder vierten Gedanken aufzuschreiben. Versuchen Sie, den ersten zu erwischen, bevor er missbilligt oder zensiert wird oder einfach davonfliegt. Setzen Sie nicht Ihren Namen auf den Zettel. Es spielt eigentlich keine Rolle, was Sie sagen, ob es positiv oder negativ ist, denn niemand außer Gott wird wissen, wer welche Zeile geschrieben hat, wenn wir das Ganze vorlesen. Bitte schreiben Sie deutlich und kurz in Großbuchstaben; und dann falten Sie Ihren Zettel zusammen und geben ihn einem von uns, wenn wir die Zettel einsammeln.”
Manche Leute fühlen sich bei alledem etwas unbehaglich, aber meist hilft es, dass wir ihnen volle Anonymität zusichern. Am Ende haben wir dann einen kleinen Haufen von dreißig oder vierzig Aussagen und Bridget ist sehr geschickt darin, diese sofort vorzulesen, wobei sie wörtliche Wiederholungen vermeidet und den Titel und das Thema des „Gedichts“ hinzufügt, während sie es vorträgt. Die Ergebnisse, zusammengesetzt in nahezu der zufälligen Reihenfolge, in der sie eingesammelt wurden, sind sehr packend und manchmal äußerst bewegend.
Hier ein Beispiel aus einer Gruppe:
Unser Gott ist vielerlei
Er ist ein guter Vater, liebevoll und immer gegenwärtig
Er ist mein Fels
Er ist nie bei mir, wenn ich ihn am meisten brauche
Ein ferner Gott auf der Suche nach Gründen zum Strafen
Mein bester Freund
Das Licht, das meine Finsternis erträglich macht
Unser Gott ist vielerlei
Die Sonne im Winter, die den kommenden Frühling verheißt
Er ist irgendwo im Urlaub
Der Vater, den ich nie hatte
Es ist unmöglich, ihn zu kennen
Das innerste Wesen der Liebe
Er ist ein Rätsel, das der Tod lösen wird
Unser Gott ist vielerlei
Er ist wie das Meer, tief und still
Voller Vergebung
Er liebt jeden – nur nicht mich
Er lebt in uns
Er muss doch meine Qualen sehen,
aber er tut nichts dagegen
Seine Liebe hält die Welt in Gang
Unser Gott ist vielerlei
Furchtbar und gewaltig
Die Rose von Scharon
Unser Gott ist der, der den Regenbogen gemalt hat
Er ist kalt und schweigsam, voller Verheißungen,
die er nie zu erfüllen scheint
Unser Gott ist der Gott der Juden
Er hört und sieht alles, was wir tun
Unser Gott ist vielerlei
Der, den ich mein Leben lang gesucht habe
Ein Fremder hinter einer Maske
Er hilft dem Himmel, das Meer zu küssen
Herrlicher, als sich mit Worten sagen lässt
Der Vater unseres Herrn Jesus Christus
Nicht groß der Rede wert
Unser Gott ist vielerlei
Alles, was ich jemals wollen oder brauchen werde
Ich weiß nicht, was aus mir werden soll,
wenn es nicht bald anders wird
Unser Gott ist derselbe gestern, heute und morgen
Gott ist Liebe
Ich rede mit ihm, aber hört er auch zu?
Unser Gott ist vielerlei
Nicht gerade geeignet für die Aufnahme in Ihr Gemeindeliederbuch, stimmt's? Die Gruppen, die solche Reaktionen hervorbringen, sind oft ganz erschrocken über die Dinge, die zutage treten, wenn ein kleiner Ausschnitt des Leibes Christi die Erlaubnis bekommt, innere Empfindungen zum Ausdruck zu bringen, ohne gleich mit einem jener schrecklichen Zwillingslümmel namens Verurteilung und Seelsorge bedroht zu werden. In diesem Beispiel eines Aufschreis aus dem Herzen des Leibes steckt so ziemlich alles drin, nicht wahr? Da sind Freude und Traurigkeit, Zweifel und Gleichgültigkeit, Furcht und Schmerz, Lobpreis und Liebe und tiefe Wertschätzung und die bohrenden Fragen, die sich allzu oft auf der dunklen Seite des Herzens verbergen.
Bei den vielen Gelegenheiten, bei denen wir diese Übung durchgeführt haben, ist uns nicht ein einziges Mal ein Ergebnis untergekommen, in dem sich die Gruppe als einmütig positiv und im Frieden gezeigt hat. So ist es nun einmal im Leib Jesu auf Erden, und mir schwant, es wäre gut, wenn wir dieser Tatsache ins Gesicht sehen würden. Wir können der Sache auch nicht ausweichen, indem wir sagen, dass manche der negativeren Aussagen in einem solchen Gedicht von Leuten stammen müssten, die eigentlich keine Christen seien. Das stimmt nicht. Ich weiß, dass es nicht stimmt. Und Sie wissen es auch. Die meisten von uns gehen im Laufe ihres Lebens als Christen durch viele verschiedene Phasen. Der Charakter dieser Phasen schwankt, wenn es Ihnen so ähnlich geht wie mir, zwischen Verzweiflung und Ekstase, aber egal, wo wir zu einem gegebenen Zeitpunkt gerade stehen, wir bleiben immer Glieder am Leib, wenn nicht etwas einzigartig Drastisches und Schreckliches geschehen ist.
Die Herausforderung, vor der jeder Einzelne von uns steht, ist ganz einfach, wenn auch manchmal erschreckend. Einmal abgesehen von einem bewussten Beharren in Ungehorsam und Sünde, werden wir uns zu all den guten und schlechten Dingen bekennen, die in unseren Brüdern und Schwestern vor sich gehen, als gingen sie in uns selbst vor sich und wären tatsächlich ein Teil von uns? Wenn Sie so wollen, ist das die andere Seite der Medaille, die Jesus uns zeigte, als er im siebten Kapitel des Matthäusevangeliums davon sprach, wie gefährlich und unerwünscht es ist, andere zu richten:
Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst.
Ganz ähnlich äußert sich Paulus im vierzehnten Kapitel des Römerbriefes:
Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden.
Denn es steht geschrieben (Jesaja 45,23): „So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir sollen sich alle Knie beugen, und alle Zungen sollen Gott bekennen.”
So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben.
Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite.
So schwer es auch sein und so sehr es auch unser Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit herausfordern mag, es ist Gott sehr wichtig, dass wir fest zu unseren Mitchristen stehen, was immer sie auch gerade durchmachen. Sollten wir uns nicht darin abwechseln, füreinander Jesus zu sein, und zulassen, dass die Wahrheit gesagt wird, ohne dass wir mit Ablehnung oder Aggression reagieren oder bühnenreif in Ohnmacht fallen wie einer unserer modernen schauspielbegabten Fußballspieler oder wie eine viktorianische Romanheldin, die gerade herausgefunden hat, dass nicht alle Männer vollkommen sind? Jesus ist in der wirklichen Welt mitten unter uns, und es ist sein Gebot, dass wir die Wahrheit über uns selbst und über ihn sagen. So jedenfalls hat Paulus es gemacht, als er im ersten Kapitel seines ersten Briefes an Timotheus offen über sein Leben vor der Bekehrung sprach.
Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt, mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist.
Das ist gewisslich wahr und ein Wort, des Glaubens wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der Erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben. Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen.
Darüber hinaus macht er in dem folgenden Auszug aus dem ersten Korintherbrief deutlich, dass er immer noch unter Schwächen leidet, obwohl wir frustrierenderweise in diesem Leben nie genau herausfinden werden, was sein berühmter „Pfahl im Fleisch“ eigentlich war.
Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche. Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne.
Die Wahrheit wird uns frei machen – fürchte ich. Aber wo soll ich anfangen? Worüber soll ich die Wahrheit sagen? Die Liste der Kandidaten ist lang, aber auf Anhieb fallen mir vier Bereiche ein, von denen ich zwei in diesem Kapitel betrachten möchte und zwei im nächsten. Fangen wir mit einem besonders ergiebigen Thema an.
Zweifel
Verzeihen Sie, wenn sich das jetzt eingebildet anhört, aber ich habe die Goldmedaille in drei aufeinander folgenden Zweifelsolympiaden gewonnen und in weiteren vier Silber und Gold errungen. Ich bin vielseitig. Die Mühe, mich zu spezialisieren, habe ich mir nie gemacht. Sprint oder Marathon, das ist mir ganz egal. Ich liege bei den meisten Wettkämpfen vorn.
Der Zweifel war ein ständiger Begleiter in meinem Leben als Christ, seit ich vor vierzig Jahren zu Jesus sagte, ich wolle ihn „ja“ zu mir sagen hören, so wie er es zu dem Verbrecher am Kreuz auf Golgatha gesagt hatte. Besonders in Phasen, in denen alles, was ich tue, höre und sage, eine zermürbende, trostlose Gewöhnlichkeit an sich hat, hat es Zeiten gegeben, in denen ich die Achseln gezuckt und mir gesagt habe: „Warum in aller Welt glaube ich diesen Blödsinn überhaupt noch? Wir werden geboren, wir leben, wir sterben, und damit hat es sich. Sonst nichts. Kein Himmel, keine Hölle, kein Garnichts. Sei doch nicht blöd. Hör auf zu träumen und fülle endlich die Lebensjahre, die dir noch bleiben, mit Dingen, die dir Spaß machen.”
Als ich noch viel jünger im Glauben war als jetzt, las ich Abschnitte wie den folgenden aus dem ersten Kapitel des Jakobusbriefes und sie versetzten mich in Furcht und Zittern:
Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt und niemanden schilt; so wird sie ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde. Ein Zweifler ist unbeständig auf allen seinen Wegen.
Das hat mich ziemlich deprimiert. Es war eine unbestreitbare Tatsache, dass ich häufig an Gottes Fähigkeit oder Bereitschaft zweifelte, auf meine Gebete zu antworten. Da hatte ich es also. Das traf genau auf mich zu. Hoffnungslos. Ich war wie eine Meereswoge, jemand, der nicht denken durfte, er werde etwas vom Herrn empfangen, ein Zweifler, unbeständig auf allen meinen Wegen. Welche Hoffnung gab es da noch für mich?
Um die Sache noch schlimmer zu machen, las ich auch, wie Petrus aus dem Boot auf das Wasser stieg und dann beim zweiten Schritt versank, weil sein Glaube plötzlich abtauchte. Plötzlich abtauchte? Ich wusste genau, dass ich nie in der Lage sein würde, auch nur jenen ersten Schritt zu tun, ohne die gelbe selbstaufblasende Rettungsweste unter meinem Sitz im Boot anzuhaben, mit einem Licht, das anging, sobald es nass wurde, und einer Pfeife, mit der ich auf mich aufmerksam machen könnte.
Ich dachte an die Jünger, die bei einer anderen Bootsfahrt mit Jesus die Nerven verloren, als ein Sturm aufkam und er fest schlief. Wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich mich dann wohl gelassen im Heck des Bootes zurückgelehnt und etwas Glaubensstarkes und Optimistisches gesagt wie dies:
„Also, um ehrlich zu sein, ich weiß gar nicht, wieso ihr euch so aufregt. Ich habe mir überhaupt keine Gedanken gemacht, und offen gesagt, ich bin überrascht und schockiert, dass ihr Burschen so einen albernen Aufruhr veranstaltet, wo ihr doch wisst, dass der Herr hier ist und alles bestens im Griff hat. Habt ihr denn aus der Sache mit den Broten und den Fischen gar nichts gelernt? Ich schon. Der arme Kerl ist völlig übermüdet. Ihr hättet ihn wirklich schlafen lassen sollen.”
Wohl kaum, fürchte ich. Im Gegenteil, ich wusste, ich wäre einer der Ersten gewesen, die panisch an seinem Ärmel gezerrt und im Boot herumgeschrien und ihn angefleht hätten, doch endlich aufzuwachen und etwas zu tun.
Es mag Sie überraschen oder auch nicht, dass es Momente am Ende von Veranstaltungen gegeben hat – Veranstaltungen, bei denen ich leidenschaftlich über den allgegenwärtigen, lebendigen Gott gesprochen hatte -, in denen mein Glaube mich komplett verließ und ich mich fühlte wie eine leere Hülle, eine Schale, und nichts hörte außer den schwachen Echos meiner eigenen faselnden Stimme in der dumpfen inneren Stille, die sich so plötzlich und unerwartet auf mich gesenkt hatte. Solche Momente sind kalt und finster und verwirrend. Ich hoffe, Sie haben solche Momente noch nie erlebt. Ich hoffe, Sie werden sie nie erleben. Sie sind der Abgrund und sie kommen aus dem Abgrund.
Da wären wir also. Das ist es, was ich über den Zweifel erfahren habe, oder zumindest so viel, wie ich für nötig halte, Ihnen zu erzählen. Auf den ersten Blick, denke ich, scheint es da gute Argumente dafür zu geben, mich mit Trommelschlag aus der christlichen Gemeinde zu verbannen. Ich soll doch ein Gläubiger sein, meine Güte, nicht jemand, der sich von einem zerbrechlichen Fleckchen Glauben zum nächsten schleppt und sich mit den Fingerspitzen an die Realität Jesu klammert. Doch die Wahrheit ist, dass die meisten von uns, wenn nicht sogar wir alle, schon durch das dunkle Tal des Zweifels gewandert sind. Was wir brauchen, ist ein bisschen Ehrlichkeit und Ermutigung. Was können wir also Nützliches über diesen ganzen Bereich sagen?
Wahre Hingabe
Als Erstes sollte ich sagen, dass es mir nie gelungen ist, meinen eigenen Ratschlag zu befolgen, was die Notwendigkeit angeht, den albernen Traum aufzugeben, von dem ich gerade gesprochen habe – den von Gott und der Nachfolge Jesu und dem ganzen Unsinn -, damit ich den Rest meines Lebens mit Dingen verbringen kann, die mir Spaß machen. Ich weiß, dass das meine tiefsten Bedürfnisse nicht befriedigen würde. An anderer Stelle habe ich gesagt, dass die Vorstellung einer Auslöschung, der Gedanke, am Ende der komplexen, mit Emotionen angefüllten Lebensreise auf eine stumme, finstere Wand zu treffen, in mir ein überwältigendes Gefühl der Klaustrophobie auslöst. Ich würde lieber glauben und mich dabei irren, als in einer Welt ohne Gott zu leben. Das ist einer der fundamentalen Gründe, warum Phasen des Zweifels bei mir immer damit enden, dass ich mich wieder in die Arme Gottes werfe wie ein kleiner Junge, der sich selbst mit einem Spiel erschreckt hat, das für ihn plötzlich so real wurde, dass er es mit der Angst zu tun bekam.