Kitabı oku: «Akrons Crowley Tarot Führer», sayfa 12

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Die Liebenden in der Alchemie

– Tiefergehende Erkenntnisse –

Solve et coagula

Die alchemistische Formel solve et coagula, löse und verbinde, wird hier auf die beiden Karten VI – Die Liebenden und XIV – Kunst verteilt. Sie stehen sich dabei wie die beiden sich ergänzenden Teile einer gemeinsamen Sache gegenüber, zwei Waagschalen, deren Kipp-Punkt sich in der Karte Glück oder Schicksalsrad befindet. Das ergibt auch durch die astrologische Brille Sinn, denn im Tierkreis befinden sich Zwillinge und Schütze in Opposition. Diese beiden Karten sind also so etwas wie die »Brückenköpfe«, die den Entwicklungsprozess der Karten VII bis XIII umschließen. Der Vorgang des solve assoziiert sich mit den Liebenden, der des coagula mit der Karte Kunst.


Bevor wir tiefer in die Materie eindringen, fassen wir noch einmal die Essenz dieser Verbindung zusammen: Die Notwendigkeit der Analyse (Teilung) wird in den Liebenden durch die Paare (Lilith – Eva, König – Königin, Lanze – Gral, weißes und schwarzes Kind und Löwe und Adler) symbolisiert. Als operatives Instrument, um die Teilung vorzusehen, bietet sich die höhere Absicht an, die sich unter dem Decknamen Liebe unter Willen in Amors Köcher versteckt. In der crowleyschen Art, alles miteinander zu verknüpfen und in sein Weltbild einzubinden, was je als interessanter Einfall sein Hirn passierte, hat er die Kinder aus der Karte Die Liebenden aufgrund seiner Visionen in der Wüste9 zu Kain und Abel erklärt und damit die Paradiesgeschichte ein bisschen uminterpretiert. Er kommentiert: Es gibt eine Legende von Eva und der Schlange, denn Kain war das Kind von Eva und der Schlange und nicht von Eva und Adam; aus diesem Grunde hatte Kain, nachdem er seinen Bruder erschlug, das Zeichen auf der Stirn, welches das Zeichen des in der Apokalypse erwähnten Tieres 666 ist.10

Die feindlichen Brüder (Der 2. Aethyr)

Auf der Karte wird Kain als schwarzer Junge mit einer Keule dargestellt, der die Lanze seines Vaters stützt, während Abel mit einem Strauß Rosen in der Hand den goldenen Kelch seiner Mutter umfasst. Der historische Abel, gut, sanft, schwach und gottergeben wurde vom »bösen« Kain aus Neid erschlagen, der es nicht verkraften konnte, dass Gott seine Opfergabe ablehnte und die seines Bruders vorzog. So starb der erste Mensch auf dem Opferaltar des Missverständnisses, eine Tat, durch die sich nicht nur der Boden mit Abels Blut färbte, sondern die sich wie ein roter Faden bis in die heutige Zeit hinzieht, solange der Mensch es nicht begreifen kann, dass die Liebe nicht teilbar ist und sich keinem verschließt, auch wenn sie die anderen ebenso mit einbezieht.

Crowley schreibt: In der Mitte der Karte steht Kain, in seiner rechten Hand hält er Thors Hammer, mit dem er seinen Bruder erschlagen hat, und er ist feucht von dessen Blut. Und seine linke Hand hält er geöffnet als Zeichen seiner Unschuld. Ihm zur Rechten steht seine Mutter Eva, um die sich eine Schlange windet, deren Haube sich hinter ihrem Haupte spreizt; zu seiner Linken ist eine Gestalt, die der Hinduistischen Kali ähnelt, doch ihre Form ist wesentlich verführerischer. Ich weiß jedoch, dass es Lilith ist. Und über ihm ist das große Siegel des Pfeiles, nach unten gerichtet, doch er ist in das Herz eines Kindes eingedrungen. Auch dieses Kind ist Abel. Die Bedeutung dieses Teils der Karte ist verborgen, dies ist jedoch die richtige Darstellung der Tarotkarte; und dies ist die korrekte Fabel, von der die hebräischen Schreiber ihre Legende vom Sündenfall stahlen.11

Er will uns damit sagen, dass wir den Blick nicht auf die Probleme aus der moralischen Schuld und Sühne-Ecke werfen sollten, sondern unser Auge auf die Verbindung der Dinge richten sollten, auf die heilige Hochzeit, die die Vereinigung der zuvor geschiedenen Gegensätze symbolisiert (XIV – Kunst). Bewusstsein muss sich aus dem Naturzustand durch Differenzierung entwickeln und Gut funktioniert nicht ohne (scheinbar) Böses, Erlösung nicht ohne (scheinbare) Schuld. Jeder Mensch trägt sowohl gut wie böse, Abel und Kain in sich, und Sinn und Zweck ist weder die Kompensierung des einen durch die Übertreibung des anderen noch die Regression, die Flucht in den Mutterschoß vor den unvermeidlichen Verletzungen und Ungerechtigkeiten, die das Leben beinhaltet. Ziel muss sein, die beiden Teile, die in der menschlichen Entwicklung getrennt wurden, als wir uns durch das Bewusstsein von den Tieren zu unterscheiden lernten und ein (duales) Interesse für eine soziale Kultur zu entwickeln begannen, durch differenziertes Erleben und Aufarbeiten wieder miteinander zu versöhnen. Wenn das Paradies die ursprüngliche Einheit der unbewussten Natur als Ausgangspunkt verkörpert, dann richtet sich das Ziel unserer Reise auf das bewusste Erkennen der psychischen Mechanismen und schöpferischen Zusammenhänge. Salopp formuliert ist die Ganzheit unserer Seele das Ziel: die Liebe unter Willen, um sich aus dem Karmarad zu befreien.

So begreife, o mein Sohn, dass alle Phänomene, die Auswirkungen eines Konfliktes sind, ebenso wie das Universum ein Nichts ist, das ausgedrückt wird als die Unterschiedenheit zweier Gleichheiten oder, wenn Du so willst, als die Scheidung von Nuit und Hadit. Und deshalb löst jede Vermählung einen mehr materiellen Komplex auf und schafft einen weniger materiellen; und dies ist unser Weg der Liebe, sich ewiglich von Ekstase zu Ekstase zu erheben. Somit ist dann alle höhere Gewaltsamkeit, das heißt alles Bewusstsein, der spirituelle Orgasmus einer Leidenschaft zwischen feineren und gröberen Gegensätzen. So resultieren Hitze und Licht aus der Vermählung von Wasserstoff und Sauerstoff, Liebe aus der von Mann und Frau, Dhyana oder Ekstase aus der von Ego und Nicht-Ego.

Liber Aleph, Kapitel 20 – DE MOTU VITAE

Liber 77712 und weitere Korrespondenzen

Jedem enthüllt sein Verstehen wahrhaftig wortlos: euer Wesen, unsterbliche Zwillinge und Liebende!

Titel: Die Kinder der Stimme – Das Orakel der mächtigen Götter

Bild: Ein junger Prophet in dem Zeichen des auferstandenen Osiris

Zahl: 7, 717 (ausgeschrieben)


Buchstabe: Zain/​Dsain/​Zayin = S/​Ds/​Z/​ZIN (Schwert). Die Königshochzeit findet unter einem Gewölbe von Schwertern statt.

Pfad: 17 von Binah nach Tiphareth. Crowley schreibt: Diese Verbindung ist ein Symbol der Inspiration (Binah), die auf die verhüllte Figur hinabsteigt (Tiphareth), die einen Propheten darstellt, der die Vereinigung des Königs mit der Königin bewirkt. (Buch Thoth, S. 88)

Götter: Zwillingsgottheiten wie Rekht oder Merti als zu Gemini gehörend; Heru-Ra-Ha, der die beiden Horus-Gottheiten in sich enthält; Castor und Pollux, Apollo als Erfinder der Orakel, Eros oder Hymen = Hymenaios, der griech.-röm. Hochzeits- und Ehegott

Pflanzen: Hybriden (Kreuzungen), Orchideen

Krafttiere: Elster, Papagei (wegen der Imitation der Sprache), Zebra aufgrund der Streifen, der Pinguin, weil er oberflächlich den Menschen imitiert

Edelsteine: Glasperlen, Jugendstilverglasungen

Wesen: Unheilvolle Erscheinungen

Dämonen (Qlipoth): Tzalalimiron, die Rasselnden (mehrköpfige Hunde)

Magische Kräfte: Die Macht, an mehreren Plätzen gleichzeitig zu sein; Macht der Prophezeiung

Magische Waffe: Dreifuß

Parfüm: Wermut (zur intellektuellen Stimulierung – ähnlich wie Absinth)

Droge: Mutterkorn

Geomantie: Albus

Gematrische Korrespondenzen

7: umherirren, sich verlieren, ruiniert werden, AHA (Adonai Ha-Aretz – Der Herr der Welt), Begierde, Glück, Koriander, Ruhe, Fisch

717: keine Entsprechungen

Gottheiten: Die vom Morgenstern verkörperte Liebesgöttin Aphrodite, Inanna und Venus und ihre (bogenschießenden) männlichen Entsprechungen Eros, Amor und Cupidus

Mythen: Adam und Eva, Kain und Abel, Amor und Psyche, das Urteil des Paris, der sich in sein Spiegelbild verliebende Narziss oder das Märchen von der Vereinigung der menschlichen Psyche mit dem göttlichen Eros

Symbole: Amors Liebespfeile, Elfen, Feen, Liebeszauber, Eroten, Amoretten

Kultstätte: Kythera, griechische Insel zwischen dem Peloponnes und Kreta (in der Antike Mittelpunkt der aphroditischen Liebeskulte)

Ritual: Chymische Hochzeit (magisches Liebesspiel mit spirituellem Hintergrund)

Sabbat: Die erste Liebesnacht

Kraftsteine: Karneol, rote Koralle, Rosenquarz

Räucherwerk: Geranium, Orangenschalen, Rosen- und Sandelholz

Malerei: Der Raub der Sabinerinnen von Rubens, Das Urteil des Paris von Raffael oder Die Verdammung der Liebenden von Matthias Grünewald

Musik: Shulamites Liebeslieder aus der Oper Die Königin von Saba von Karl Goldmark oder Isoldes Erlösungssehnsüchte (ein Denkmal flammender Liebesglut aus der Tiefe ungelebter Leidenschaft) aus Tristan und Isolde von Richard Wagner

Schrift: Liebeslieder, Liebeslyrik, Minnedichtung

VII – Der Wagen


Der goldene Krieger zeigt den Weg der Erkenntnis, bis er den Kampf in seinem tieferen Sinn versteht.

Der Aufbruch des Helden, die Suche nach dem Gral

Astrologie: Mars als Sinnbild der Durchsetzung verbindet sich mit Sonne als Sinnbild des Willens oder Merkur als Sinnbild des Weges zum gemeinsamen Aufbruch der Kräfte.

I Ging: 4 Mong – Die Unreife (Unbeherrschtes Wachstum)

Rune: Raido (Ritt, Weg, Wagen, Rad) ist die fünfte Rune und umschreibt die (Auswirkungen der) Handlungen des Helden auf dem Wege zu sich selbst.

Licht: Der Weg nach vorn, Sturm und Drang: Abenteuerlust, Erlebnishunger, Eroberungswille, Selbsterkenntnis, Selbstüberwindung, Sieg (über sich selbst)

Schatten: Aggression, Egoismus, Größenwahn, Rücksichtslosigkeit, Übertreibung, Ungeduld, Unreife, Verwirrung, Wut, Zorn (letztlich das Scheitern an Hindernissen)

Farben: Bernstein, Kastanienbraun, sattes helles Rotbraun, dunkles Grün-Braun (Liber 777)

Tierkreis: Krebs (Buch Thoth). Krebs ist das Haus des Mondes und symbolisiert den Rückzug in die innere Gefühlsnatur bei einer gleichzeitig nach außen gerichteten Triebstruktur.

Kurzbeschreibung: Der Wagen ist eine sehr interessante, magische Karte, der man ihre Ressourcen nicht auf Anhieb zutraut. Wir sehen die Frontansicht eines Ritters in bernsteinfarbener Rüstung, der einen (ruhenden) Wagen besetzt hält, der im Begriff steht, von vier Sphingen gezogen zu werden, wenn sie sich über die Zielrichtung klar geworden sind. Über dem Gefährt spannt sich ein Baldachin und der Wagenlenker hält einen Gegenstand in der Hand, der mit dem Loch in der Mitte an eine alte Vinyl-Scheibe erinnert. Im Gegensatz zu anderen Kartendecks ist der Lenker im Thoth Tarot sitzend dargestellt. Diese Symbolik ist der entscheidende Punkt, den diese Karte von anderen jugendlichen Helden unterscheidet: Nur der in meditativer Ruhe verharrende, nicht in nutzlose Streitereien verwickelte Kämpe ist in der Lage, das Große Werk zu verrichten, denn nur in der Selbsterkenntnis findet sich der heilige Gral. Im Sieg über sich selbst lenkt er nicht nur seinen persönlichen Wagen, sondern dirigiert das ganze Universum durch seinen überpersönlichen Willen. Die spirituelle Beherrschung der Kräfte führt ihn zu seiner magischen Absicht: Welterkenntnis wird umgesetzt in umsichtiges Handeln, bewusstes Tun manifestiert sich in Selbstbewusstheit.

Analyse

Normalerweise wird der Wagen als junger, kriegerischer Mann charakterisiert, behelmt und von Kopf bis Fuß bewaffnet, der aus Abenteuerlust, Durchsetzungswille und Wagemut in die Welt hinaus zieht. Vom Wunsch nach Freiheit beseelt, versucht er alles Einschränkende aus dem Weg zu räumen, denn jede Auseinandersetzung bietet ihm die Chance, Dinge durcheinander zu bringen und Gewohnheitsmuster zu zerstören, wodurch immer wieder neue Perspektiven der Entwicklung und der Erkenntnis auftauchen. In anderen Decks steht die Karte für die eigensinnige Autorität des Ichs, das in die Welt hinauszieht, um sich zu behaupten. Ein egoistischer Kern ist für einen jungen Menschen ein äußerst notwendiger Bestandteil der menschlichen Psyche, und wenn das Ich, wie es häufig geschieht, nicht stark genug ist, so ist es von äußerster Wichtigkeit, es aufzubauen. Erlösung durch tiefe Erkenntnis, wie sie Crowley im Wagen propagiert, wäre im traditionellen Sinn hier falsch, denn das junge Ich empfindet den Abstieg ins Unbewusste weniger als Selbstaufopferung oder spirituelle Aufgabe, sondern als Vernichtung.

Doch bei Crowley liegt der Schwerpunkt dieser Karte auf dem Gral: Dies ist das Geheimnis des Heiligen Grales, der das heilige Gefäß unserer Dame ist, des Scharlachweibes, Babalons, der Mutter der Greuel, der Braut des Chaos, die auf unserem Herrn, dem Tier, reitet.1 Der meditierende, in sich versunkene Wagenlenker in seiner mächtigen Goldrüstung steht für einen Gralskrieger oder Samurai, der sich durch seinen medialen Geist und seine fernöstliche Kampftechnik ausdrückt. Über ihm der Baldachin in der nachthimmelblauen Farbe von Binah. Der Krebs auf dem Helm verbindet den Wagen über den Mond (Herrscher von Krebs) mit der Hohepriesterin, denn auf der Rüstung des Wagenlenkers befinden sich die zehn Sterne von Assiah, das Erbe des Himmlischen Taus von seiner Mutter.2 Aber auch mit dem Hierophanten, denn als Symbol der Großen Mutter Binah repräsentiert der Meditierende den zu Geburah führenden achtzehnten Pfad, durch den das Wasser der Gnade auf die Libido des Menschen herabströmt, genauso wie es auf der anderen Seite des Lebensbaums der Hierophant mit dem Feuer seiner Imaginationen tut, das er von Chokmah hinab nach Chesed leitet.1 Zusammen bilden sie den Rahmen der Persönlichkeit, den C. G. Jung das Selbst nannte, denn Feuer und Wasser stehen für das Ziel der Alchemisten, deren spiritueller Sinn die Entwicklung der Reife des menschlichen Geistes darstellt. Auf der psychologischen Ebene sind sie auch ein Symbol für die Verschiebung oder den seelischen Wandel des heranwachsenden Menschen, wenn er sich von der Mutter löst und sich stattdessen auf das Innewerden der eigenen Bewusstheit und Persönlichkeit ausrichtet, die so viel tiefer in den Kosmos als das oberflächliche Ego reichen. Die konzentrischen Kreise im Hintergrund sind ein Symbol für die Relativität der Zeit, denn, obwohl Wagen, Lenker und Zugtiere in meditativer Stille sind und die ganze Szene völlig zum Stillstand gekommen erscheint, drückt die Karte auch im ruhenden Zustand noch immer ein gewaltiges Kraftpotential aus und eine Stimmung von Aktivität, Aufbruch und Bewegung. Zeit erscheint nur deshalb als Zeit, weil wir sie immer mit einem Ereignis verbinden und dabei die Veränderung dieses Ereignisses betrachten, also den (Zeit-)Punkt, durch den sich das Ereignis bewegt. Der Gral wird vom Wagenlenker mit der Öffnung nach vorne gehalten, also so, dass wir in den Kelch unserer Herrin Babalon hineinsehen können. Es handelt sich um einen prächtig geschliffenen Amethysten. Der Inhalt des Kelches wird aber auch das Blut der Meister des Tempels in der See von Binah genannt.2

So ist der Lenker des Wagens in der Lage, den Kelch zu halten, die Kraft, die in ihm wirkt, gewissermaßen zu meistern. Damit ist ihm ein magisches Werkzeug der Macht in die Hand gegeben. Gleichzeitig ist diese Verbindung ein Symbol für den Menschen, der seine Mitte im Einklang mit dem höheren Selbst gefunden hat. Aus der Sicht des Ganzen könnte man auch mutmaßen, der Wagen drücke über die Eroberung und Durchsetzung hinaus schon die zukünftige Stimme um Vergebung aus, eine Art »erinnerte Zukunft«, die sich auf das ausrichtet, was der junge Mensch am Anfang seines Weges alles anrichten muss, um später im Alter daraus seine Erfahrungen und Weisheiten ziehen zu können. Man könnte auch sagen: Er hat zu einer Unschuld der Reife zurückgefunden, oder: Es ist der zukünftige Vater, der für seine jugendliche Unreife die Verantwortung übernimmt. Diese Reinwaschung des aufbrechenden Helden durch den Gral bedeutet schon die Vorwegnahme der (zukünftigen) Erlösung, und deshalb müsste man den Wagen vielleicht treffender als VII – Die Einweihung oder das (vorweggenommene) Karma des Kelch-Ritters charakterisieren.3

Wohin führt uns der Wagenlenker? Das Visier seines Helms ist heruntergeklappt, denn kein Mensch darf sein Gesicht sehen und weiterleben. Das zentrale und bedeutsamste Merkmal dieser Karte befindet sich in ihrem Zentrum – der Heilige Gral.3 Damit bringt Crowley seinen Helden mit dem Mythos der Gralsritter in Verbindung, die die Menschen, von denen sie gerufen werden, sofort verlassen müssen, wenn sie ihnen die verbotene Frage nach ihrer Herkunft stellen. Andererseits muss Parzival unerlöst in der Welt herumziehen, weil er es versäumt hat, die richtige Frage zur rechten Zeit zu formulieren. Ähnlich wie der Held der Artussage muss unser Wagenlenker vor seiner Siegesfahrt nun warten und erst meditieren, um die richtige Frage zu stellen bzw. die richtige Antwort zu finden, kurz: um das richtige Ziel zu »beabsichtigen«.4 Es geht aber nicht darum, Fragen zu stellen oder Antworten zu finden, sondern die richtige Haltung auf dem Wagen einzunehmen, damit sich die Sphingen in Bewegung setzen und die stehenden, roten (Schicksals-)Räder in Schwung bringen. Zwei der vier Wesen haben sich vom Leben abgewandt und blockieren den Weg. Das bedeutet, dass es in der Erinnerung des Helden noch etwas zu lösen gibt, das seine Weiterentwicklung behindert. Die beiden anderen Gestalten verkörpern die helle, dem Leben zugewandte Seite (sie blicken dem Betrachter direkt in die Augen), und der Umstand, dass die Köpfe und Körper aller vier untereinander vertauscht sind, bedeutet, dass sie doch untrennbar zusammengehören, denn es ist die notwendige Versöhnung dieser beiden Teile, die den Weg des Helden ausmacht.5 Der Krebs als Symbol intuitiver Weiblichkeit schließlich krönt das Haupt und ist ein schönes Gleichnis für die spirituelle Erkenntnis, dass Menschen ihre tiefsten Einsichten immer dann haben und Entscheidungen treffen, wenn sie am wenigsten daran denken. Deshalb steht der Wagen auch für den unbewussten Willen, den nächsten Schritt des Weges zu wagen, ohne sich über die Folgen im Kopf bewusst zu sein.

Weiterführende Bemerkungen


1 Der Wagen repräsentiert den von 3 Binah (Große Mutter) zu 5 Geburah (Umwälzung) führenden Pfad. Auf diese Weise korrespondiert der Wagen mit dem Hierophanten, der auf der gegenüberliegenden Seite des Lebensbaums das Feuer von 2 Chokmah (Energie) nach 4 Chesed (Verdichtung) leitet. Chokmah ist die bewusste, unterscheidende und männliche Kraft. Sie entspricht der Rippe Adams, aus der Gott Eva oder Binah schuf. Chesed symbolisiert die in den Raum austreibende Form, während Geburah für die Umwälzung steht. Wenn wir wissen, dass die waagrechte Achse zwischen Chokmah und Binah den männlichen Geist mit der Himmelsgöttin vereint, dann können wir sehen, dass der Hierophant die universale Kraft des Geistes zu verdichten sucht (von 2 nach 4), während der Wagen das Leben durch Bewegung und Umwälzung zu verändern strebt (von 3 nach 5).

Fassen wir zusammen: Der junge Held ist auf dem Lebensbaum die Spiegelung des alten Priesters, da sich diese beiden Karten exakt gegenüberliegen. Der Hierophant lässt seine schöpferische Vision von Chokmah nach Chesed strömen, während der Wagen die feurige Libido von Binah nach Geburah bringt. Gemeinsam mit Tiphareth und Kether bilden diese vier Punkte Crowleys heiliges Hexagramm. Er notiert: Stoße von der Höhe herab, O Gott, und verbinde Dich mit dem Menschen. Stoße von der Höhe herab, O Mensch, und verbinde Dich mit dem Tier. Das Rote Dreieck ist die herabsteigende Zunge der Gnade; das Blaue Dreieck ist der aufsteigende Zug des Gebets.4


2 Crowley schreibt: Das zentrale und bedeutsamste Merkmal dieser Karte befindet sich in ihrem Zentrum – der Heilige Gral. Er ist aus reinem Amethyst, der Farbe des Jupiters; doch seine Gestalt weist auf den Vollmond und den Großen See von Binah hin. In seiner Mitte ist strahlendes Blut und weist auf das geistige Leben hin; das Licht in der Dunkelheit. Ferner sind diese Strahlen in drehender Bewegung und betonen das Jupiter-Element im Symbol.5

Das Zentrum der Kreise, der rote Punkt in der Mitte der Karte, ist gleichzeitig Zentrum des ganzen Bildes sowie Zentrum des Grals, und was an eine Scheibe erinnert, die der Wagenlenker in Händen hält, ist der mit der Innenseite dem Beobachter zugewandte Kelch, in dessen Tiefe sich die alchemistische Substanz wie ein Flammenrad dreht.


3 Crowley erläutert das so: Der Ritter der Kelche ist in eine schwarze Rüstung gekleidet, die mit schimmernden Flügeln versehen ist. In seiner rechten Hand hält er einen Kelch, aus dem ein Krebs hervortritt, das kardinale Zeichen des Wassers, ein Symbol der Angriffslust.6 Beide Karten haben also nicht nur den Gral gemein, sondern auch den Krebs, Symbol für das weibliche Wissen, der beim Wagen in der geistigen Absicht (goldener Helm = Scheitelchakra) liegt und beim Ritter als emotionales Ziel, das er in der eigenen Hand vor sich herträgt, existiert. Unterschwellig besitzt der Gral aber auch eine (verdrängte) sexuelle Note. Die Mythen um Parzival und den Heiligen Gral hängen tiefenpsychologisch mit der Überwindung sexueller Verstrickungen aus unaufgearbeiteten Mutterbindungen zusammen (Amfortas Wunde durch Klingsors Schwert symbolisiert die sexuelle Verführung durch Kundry). Bei Wolfram von Eschenbach können wir das Umschiffen dieser Klippe entweder durch Verzicht und Entsagung oder dann wenigstens durch Annahme der Schuld und Hinnahme des Schicksals nachlesen: Die aber des Grales Waffen tragen, die müssen Frauenlieb entsagen7. Auf seine alles entscheidende Frage: Wem dient der Gral? erhält Parzival die Antwort: Der Gral dient Gott! So ist er ein Symbol der ewigen Kraft, die uns durchfließt, die Suche nach dem (höheren) Selbst. Wer sich also auch dem dunklen Aspekt des Ewigweiblichen zu nähern sucht, um den dahinter liegenden Gral zu erreichen, muss rein und unschuldig in der Seele sein. Kundry, die Parzival auf der Schwelle zwischen Schuld und Erlösung erscheint, ist die Ahnin, die die Geheimnisse seelischer Innenräume berührt und die Tiefenbilder alter (Kastrations-)Ängste in der kollektiven Seele auslöst, die aus dem Brunnen der Mütter steigen, in den schon Faust hinabgestiegen ist, um den Ungeheuern zu begegnen: den Schattenanteilen des verdrängten Weiblichen, das gleichzeitig die Basis allen Lebens ist.

Crowley fährt fort: Wenn diese Karte (Ritter der Kelche) schlecht aspektiert oder gestellt ist, verwandelt sich sein Charakter ins Sinnliche, Wollüstige, Eitle, Träge und Unwahrhaftige. Er neigt zu einer schlechten Handhabung all seiner Angelegenheiten; und sein Leben wird eine ununterbrochene Aufzeichnung von Fehlschlägen und Unglücksfällen sein. Oft endet er in Schizophrenie und melancholischem Wahnsinn.8 Denken wir an Ödipus, eine andere Verkörperung der Verbindung dieser beiden die Vermählung zwischen den Gegensätzen Feuer und Wasser fördernden Karten. Erst gerät er in Streit mit dem Lenker eines Wagens, der ihm nicht schnell genug ausweichen kann, und tötet ihn, ohne zu wissen, dass es sein Vater ist. Später begegnet er vor den Toren Thebens der Sphinx, einem geflügelten Ungeheuer, halb Jungfrau und halb Löwe, die jedem Reisenden ein Rätsel aufgibt und ihn auf der Stelle zerreißt, wenn er es nicht zu lösen vermag. Ödipus vermag den dunklen Sinn zu entschlüsseln, und die Sphinx stürzt sich von ihrem Felsen in die Tiefe. Zum Dank für die Befreiung der Stadt bekommt er die verwitwete Königin zur Frau und damit seine eigene Mutter, die ihm vier Kinder gebärt. Erst als Ödipus die Wahrheit entdeckt und sich die Augen aussticht, wird er zum (inneren) Seher und wandert erlöst über die Schwelle ins unbekannte Land hinaus, das den normalen Blicken verschlossen bleibt. Das symbolisiert der Gral, den der Wagenlenker in Händen hält.

4 Bevor er losfährt, bekommt er in der königlichen Waffenkammer den goldenen Helm mit dem eingebauten Funksender verpasst, der ihm die Bitte der Göttin Sei du Hadit, mein geheimes Zentrum, mein Herz und meine Zunge!9 beständig ins Ohr trägt. Der mächtige Krebs auf dem Helm ist genauso wie die zehn Sterne von Assiah das Erbe und der Segen seiner Mutter. Denn trotz Amethyst und schwerem Panzer fühlt er sich unter Menschen etwas unsicher und allein. Deshalb ist er froh, wenn er seine Augen schließen und mit seiner Stimme in Kontakt bleiben kann. Sein »medialer« Kampf ist ja nicht der, den anderen zu besiegen oder gar zu erschlagen, sondern ihm auf die Frage Wem dient Gott? die richtige Antwort zu geben: Unserer Lady Babalon oder, im keltischen Sinn, der Mutter Natur! Deshalb führt ihn sein Weg über die bedingungslosen Erkenntnisse zum notwendigen Sieg (Binah – Geburah).

5 Die vier Sphingen stellen die vier Cherubim dar, die aber nicht als individuelle Einzelerscheinungen, sondern als Konglomerate zerstückelter und willkürlich wieder zusammengewürfelter Einzelteile in Erscheinung treten. Jedes Zugtier setzt sich also aus je einem Teil der vier Cherubim zusammen – und das geht so: Alle Wesen werden in je vier Teile zergliedert (Kopf, Oberkörper, Gliedmaßen, Flügel) und alle Teile untereinander in allen möglichen Kombinationen wieder zusammengefügt. Das ergibt in der Summe 16 mögliche Varianten, was den 4 x 4 Unterelementen entspricht. Dies zeigt die ständige Fluktuation des Lebens (der Gral ist auch ein Symbol der Rotation) und korrespondiert mit der Zuordnung von Elementen und Hofkarten.10


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