Kitabı oku: «Akrons Crowley Tarot Führer», sayfa 13

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Andere Verbindungen

– Psychologische Zusammenhänge –

Wenn also, wie in der letzten Karte angekündigt, nichts schief gegangen ist, besteigen wir jetzt den magischen Wagen Agape und Thelema, Liebe und Willen, denn die spirituelle Reise führt uns allmählich zu den Schwellen der Anfänge der Ausprägung unserer eigenen Persönlichkeitsteile. Vielleicht ist es an dieser Stelle wichtig zu sagen, dass die dem Ich schmeichelnden Karten wie Magus oder Wagen in den meisten Decks ein bisschen zu positiv abgehandelt werden, als dass wir sie ganz ohne Missbehagen betrachten können. Interessanterweise ist das bei Crowley, der normalerweise gerne heldenhafte Ich will-Affirmationen in seine magischen Botschaften mit einstreut, anders. Bei ihm ist der Wagen kein Trumpf, der aus der Position der inneren Schwäche (Pubertät) alles angreift, was seinen Weg kreuzt, sondern eine Karte, die den Hauptdarsteller tief in sich versunken über die eigenen Beweggründe meditieren lässt – eine für einen Siegeswagen sehr reife, spirituelle Haltung. Das zeigt, dass der Realist und der Visionär in Crowley tiefer in ihm verwurzelt waren als der Prahlhans und Egomane. Das heißt aber nicht, dass er nicht auch ab und an über die Stränge schlägt – denn dafür handelt es sich beim Wagen ja trotz aller östlichen Kampftechniken um einen durchsetzungswilligen Krieger. Einen Krieger, der aber für seine eigenen Ziele auch eine gewisse Verantwortung übernimmt, und nach ein paar kräftigen Schnabelhieben nach allen Seiten hin schon bald nach einem harmonisierenden Zustand zukünftiger Ausgleichung verlangt, um nicht in einem Zustand kreativen Chaos, libidinöser Unreife und schöpferischer Unruhe stecken zu bleiben.

Der Weg des individuellen Willens

Beginnen wir von vorn: Der Wagen ist die dritte Karte, die sich auf den Willen bezieht, und im klassischen Tarot gibt es wohl keine bessere Darstellung als diesen Trumpf, um die Unbeugsamkeit der persönlichen Absicht zu demonstrieren. Der Magus benutzt den Willen zur Flucht aus dem Paradies, der Kaiser zur Errichtung seiner Herrschaft und der Wagen steht für den jungen Mann, der in die Welt hinauszieht, um dem Vater seine Tapferkeit zu beweisen. Er macht sich auf, um als Prinz der junge König zu werden, der an der Seite einer noch zu entdeckenden Königin das alte Königspaar stürzen und erlösen will.11 Das könnte eine Erklärung dafür liefern, warum der Lenker seine Taten nicht durchdenkt und mit jugendlichem Größenwahn Hindernisse oft unterschätzt. Denn wenn er in Wirklichkeit den Zwist, das Scheitern, die Zerstörung sucht, um einerseits an seiner Erfahrung wachsen und sich andererseits am Vater rächen zu können, indem er durch sein Scheitern auch dessen Macht schwächt – wie soll er da nicht scheitern wollen, wenn er dadurch das erreicht, was ihm in seiner Entwicklung nützt? So sieht es zumindest, was wir gerne verdrängen, die Evolution – die natürlichen Entwicklungsschritte in der menschlichen Natur. Das bedeutet aber auch: Der Wagenlenker verkörpert die Rebellion gegen patriarchalische Gewalt, den aktiven Animus, der den alten Herrscher stürzt und mit der Mutter schläft, die pubertäre Phase der Suche und der Selbstfindung. Der Sohn will, ja muss vom Vater bestraft werden, damit er sich in einem Akt der Rache für die Bestrafung durch den Vater über diesen erheben und sich dadurch von ihm ablösen kann. Er muss den Vater ins Unrecht setzen, damit er ihn dann gerechtfertigt umbringen kann. Man könnte es etwas überspitzt auch andersherum sagen: Ein guter Vater wünscht sich, von seinem Sohn besiegt zu werden, damit dieser seinen Platz einnehmen und er seine von den Vorvätern geerbte Macht an ihn weitergeben kann.

(Advocatus Diaboli)


Der Weg des höheren Selbst

Wenn der Magus die ans Licht sprudelnde Quelle symbolisiert, aus der der Mensch seine Ziele schöpft, dann sind die Liebenden die mit den Quadern der Sehnsucht gepflasterte Fata Morgana oder Rue d‘illusion, auf der sich die roten Wagenräder der Libido drehen. Selbst wenn uns der jugendliche Draufgänger als eine etwas über ihr wirkliches Format hinaus aufgeblähte Gestalt erscheint, so sind die Liebenden die Duft- oder Leuchtspur, die im Gralskelch vor der Droschke aufgespannt worden sind. Das bedeutet mitunter auch: Dass da einer ist, der – solange er noch keiner anderen Frau begegnet ist, die die Projektion seines Archetypus in sich trägt – den alten Vater stürzen muss, weil er mit seiner Mutter schlafen will. So zumindest würde es der Anwalt des Teufels formulieren.

Der Wagen heißt, sein Ich-Sein anzunehmen und es gegen das So-Sein der anderen abzugrenzen und zu verteidigen, damit es über die Auseinandersetzungen mit der Umwelt seine eigene Entwicklung vollzieht. Dass sich dieser Schritt meist über Zwist und Streit abspielt, mag nur dem bedauerlich erscheinen, der die Verhaltensmuster der menschlichen Art verdrängt (ironischerweise könnte man behaupten, dass der Wagen gezwungen ist, sich durchzusetzen, da die Idee des Sieges ja das einzige ist, was ihm vom Paradies geblieben ist). Deshalb wird der Wagen ständig in äußere Auseinandersetzungen verstrickt, die einem größeren Ziel entsprechen, und damit unwissentlich zu einem Teil jener schicksalhaften Schöpfungskraft, die den Ursache-Wirkungs-Kreislauf am Laufen hält. Jede Auseinandersetzung bietet eine neue Chance, Dinge durcheinander zu bringen und Gewohnheitsmuster zu zerstören (damit sich der Wagen durch den Zwist und die folgende Harmonisierung der durcheinander gewirbelten Kräfte immer wieder ein Stück weiterbewegt), was laufend neue Perspektiven von Entwicklung und Erkenntnis zum Vorschein bringt. Hinter dieser Wirkung können wir den Einfluss der Karte X – Glück oder Schicksalsrad erkennen, die die Veränderung der Welt über die individuelle Perspektive menschlicher Ziele antreibt. In diesem Sinne sollte man die großen Räder auf dem Bild auch als Schicksalsräder bezeichnen, da Crowley die Triebkarte des pubertierenden Ego als Radnabe (= VII – Das um sich selbst kreisende Ich) aus einer etwas hintergründigeren, tieferen Sichtweise interpretiert.

Deutungen

Auf der Alltagsbühne, also in der Kampfbahn von Impuls und Energie, verkörpert der Wagen eine ungeheure Antriebs- und Willenskraft. Doch es läuft nicht immer so glatt nach unseren Wünschen. Oft verstehen wir die Ziele selbst nicht, die wir anstreben, da wir nicht über die Zusammenhänge verfügen, über die unser höheres inneres Selbst verfügt. Die Verbindung zwischen Willen und Bestimmung funktioniert nicht immer so, wie wir uns das vorstellen, dann nämlich, wenn wir als Wagenlenker mit unseren Instinktkräften, den Zugtieren, nicht im geistigen Einklang sind. Leider neigen wir auch dazu, ab und an kopflos und voreilig zu handeln, ohne uns über die Auswirkungen unserer Taten im Klaren zu sein. Andererseits ahnen wir den Weg und verstehen es auch, die rechten Mittel zur rechten Zeit am rechten Ort einzusetzen, was oft zu einem – zeitlich begrenzten – Feuerwerk führt. Manchmal führen wir auch Krieg um des Krieges willen, was unseren Selbstwert im Moment ein bisschen steigert und den Energiepegel etwas anhebt, aber nie lange anhält, da die fauchend entzündete Flamme eines schnellen Feuerstosses schnell wieder zusammenbricht. Trotzdem wirkt sich diese Karte in der Regel am Ende positiv aus, denn es geht darum, die richtige innere Haltung zu finden, die sich in einen siegreichen Kampf überträgt. Es ist nicht das krampfhafte Wollen, das uns ehrt, sondern das Gefühl, ganz genau herausfinden zu wollen, was uns wirklich weiterbringt, der Glauben an die eigene Kraft und Fähigkeit, die uns zu unseren Zielen hinträgt. Es geht also darum, bei allen gesellschaftlichen Aktivitäten und Neuanfängen zu prüfen, inwieweit sie mit unseren Zielen identisch sind.

Aus Sicht des Wagens ist Liebe vergleichbar mit dem göttlichen Orgasmus beim Enthüllen des Grals, der alle Versammelten blitzartig durchströmt und dann, nach etlichen Aaahs und Ooohs, abbrennt und wieder verglüht – und sich bis zum nächsten Ritual in die seelische Dunkelkammer verzieht. Sex kompensiert dabei die Angst vor dem Verlust der Harmonie. Manchmal kämpfen wir auch gegen die Liebe, um wenigstens den Widerstand der anderen zu spüren. Oder es geht nur noch darum, unsere Krallen auszufahren und den anderen zu reizen, um im Streit eine Situation zu provozieren und ihm blitzschnell eins auf die Rübe zu geben. Es handelt sich hier um die archaische Erinnerung aus der Vorgeschichte, als die Geschlechter gegeneinander Krieg führten, um die Anziehung zu steigern, die sie am Ende krönend zusammenführte. Trotzdem brennt am Ende des Tunnels ein kleines Licht: Durch die Integration der zurückfließenden Energie werden wir im Umgang mit der Umwelt mit unserem eigenen Aggressionspotential konfrontiert, und indem wir dieses allmählich verstehen und behutsam zurückzunehmen beginnen, lernen wir, unsere Wünsche und Ziele zusammen mit den Menschen unseres Herzens zu realisieren.


Der Wagen in der Magick

– Tiefergehende Erkenntnisse –

Der 12. Aethyr

Der Wagen wird von vier Sphingen gezogen, die aus den vier Cherubim (Engel, Adler, Löwe und Stier) gebildet sind. Der Baldachin ist eine Falte des Gewandes der Nachtgöttin, die Säulen sind die vier Säulen des Universums unter der Lenkung des Tetragrammaton und der meditierende, in sich versunkene Wagenlenker trägt im Zentrum den göttlichen Gral. Von vorne betrachtet erkennen wir die Achse, die gleichermaßen das Zentrum des Kelches, die Körpermitte des Wagenlenkers und den Mittelpunkt des Kosmos darstellt (der Amethyst ist das Loch, durch das man die Platte auf dem Teller zentriert und das Orchester des Ewigen in den konzentrischen Kreisen zum Erklingen bringt). Die Karte ist anders als bei den Liebenden12 eine annähernde Darstellung von Crowleys Vision des zwölften Aethyr aus Die Vision und die Stimme, die er bereits 1909 im Liber 418 beschreibt:

In dem Stein erscheinen zwei Säulen aus Feuer, und in der Mitte befindet sich ein Streitwagen aus weißem Feuer. (…) Er wird von vier Sphinxen gezogen, dem Wesen nach verschieden, wie die vier Sphinxen auf der Tür des Gewölbes der Adepten, nur in ihren jeweiligen Bestandteilen ausgetauscht. (…) Der Wagenlenker ist ein Mann in goldener Rüstung, die mit Saphiren besetzt ist; über seinen Schultern trägt er eine weiße Robe und darüber eine rote Robe. Auf seinem goldenen Helm trägt er als Helmzier einen Krebs. Seine Hände umklammern einen Kelch13, von dem ein rötliches Glühen ausstrahlt, das fortwährend stärker wird, sodass von seinem Glanz alles andere ausgelöscht wird und der ganze Schleier davon erfüllt ist.

Liber 418, 12. Aethyr – LOE

Die geheime Zahl 418 oder das Wort ABRAHADABRA 14

Der mit dem Wagen korrespondierende hebräische Buchstabe ist Cheth, der ausgeschrieben die Zahl 418 ergibt15, dieselbe Zahl wie ABRAHADABRA, das magische Wort, das die Verbindung des Mikrokosmos (Amethyst) mit dem Makrokosmos (kosmische Rillen im Hintergrund) ausdrückt. Crowley schreibt: Dies ist eine der wichtigsten Schlüsselzahlen im Liber Al. Es ist die Zahl des Wortes des Zeitalters, ABRAHADABRA, der geheime Name des Großen Werkes.16 Dieses Wort ist mit einem kleinen Stickfehler von Lady Harris (C statt H = ABRACADABRA) am Saum des blauen Baldachins am oberen Kartenrand zu entdecken.


ABRAHADABRA bezeichnet auch die Vereinigung des Männlichen mit dem Weiblichen, des Menschlichen mit dem Göttlichen, eine magische Operation, der wir in der Karte XIV – Kunst wieder begegnen werden. Hier ist es der Wagenlenker, der den Gral oder den Kelch unserer Lady Babalon trägt. Von diesem Kelch wird gesagt, dass er voll vom Blut der Heiligen ist, was auch mit dem Inhalt des rotglühenden Feuerkelchs mit den ausströmenden Lichtstrahlen und Schlangen der Karte Lust korrespondiert, deren Form und Gestalt ja ebenfalls auf den visionären und initiatorischen Erfahrungen des 12. Aethyr basiert. Das bedeutet, der Held muss wie alle seine Vorgänger sein Lebensblut in diesen Kelch geben. Das ist der Tribut, der für die »magicksche« Energie entrichtet werden muss. Auf der gleichen Frequenz anderer religiöser Botschaften entspricht das beispielsweise auch dem Vergießen des Blutes von Jesu am Kreuze oder der Chymischen Hochzeit der Rosenkreuzer. Crowley nennt es das Opfer des Mannes, der das Leben auf seine Nachkommen überträgt – aus der diabolischen Sicht des Advocatus ein zynischer, um nicht zu sagen hinterhältiger Gedanke. Er sagt an anderer Stelle allerdings auch:

Das Gemüt ist eine Krankheit des Samens. All das, was ein Mensch ist oder sein kann, ist darin verborgen. Körperliche Funktionen sind Teile der Maschine; schweigend, wenn nicht in Unruhe. Doch das Gemüt, niemals in Ruhe, quietscht »Ich«. Dieses Ich besteht nicht, eilt nicht durch Generationen, verändert sich in jedem Moment, ist letztendlich tot. Daher ist der Mensch nur er selbst, wenn er sich selbst verloren hat im Lenken des Wagens.

Liber 333 – Kapitel 8

Liber 77717 und weitere Korrespondenzen

Siehe der Wagen! Durch der Wasser Flut der Sangraal, Leben und Verzückung, Wein und Blut!

Titel: Das Kind der Mächte der Wasser – Der Herr des Triumphes des Lichts

Bild: Ein junger und heiliger König unter dem sternenbesetzten Himmelszelt

Zahl: 8, 418 (ausgeschrieben)


Buchstabe: Cheth = Ch/​Chi Th. Cheth bedeutet Zaun und symbolisiert die eingegrenzte Realität.

Pfad: 18. Der Pfad von Binah nach Geburah. Crowley schreibt: Der von Binah nach Geburah führende Pfad repräsentiert den Einfluss der Götter, der durch den Schleier des Blutes auf die Energie des Menschen herabströmt und sie inspiriert. (Buch Thoth, S. 89)

Götter: Hormakhu, Kephra (vielleicht weil Cancer im Nadir des Horoskops ist, wenn Aries aufsteigt), Apollo als Wagenlenker, Merkur, Laren und Penaten als Götter des Heimes (Krebs)

Pflanze: Lotus

Krafttiere: Krebs, Schildkröte, Sphinx

Edelstein: Bernstein

Wesen: Vampire

Dämonen (Qlipoth): Schichiriron, die Schwarzen (Gemisch aus Krebsen, Reptilen und Insekten mit fratzenhaften Gesichtern)

Magische Kräfte: Die Macht, Verzauberung zu werfen

Magische Waffen: Der Brennofen (die Feuerprobe), der Kelch

Parfüm: Onycha

Droge: Brunnenkresse (Aphrodisiakum)

Geomantie: Populus und Via

Gematrische Korrespondenzen

8: wollen, willig sein, Schilf, Liebe erweisen, begehrt, geliebt, Freund, Buhle, Liebe, lieben, Eingang, bekümmert, besorgt, Brust, Zitze, Notariqon v. »Zauir Anpin«

418: Boleskine, Sünde, ein Zaun, »Das Wort des Æons«, ABRAHADABRA

Gottheiten: Shiva in seinem Feuerwagen, Elias mystischer Wagen, Hesekiels Feuerwagen oder der triumphierende Osiris

Mythen: Alexander und der Gordische Knoten; Ikarus, der mit seinen Wachsflügeln der Sonne zu nahe kam und ins Meer stürzte (Aufbruch und Absturz der Sonnenhelden); Herakles, Bellerophon, der das geflügelte Ross Pegasos reitet, und der sich zu Tode siegende Pyrrhus (auf der Schattenseite der blinde Ödipus)

Symbole: Faust- und Schwertkämpfe, Schlachtfeld, Stierkampf, Entjungferung

Kultstätten: Die Tempel in Khajuraho und Konarak. Die großen tantrischen Tempel zeigen einen von Pferden gezogenen Wagen, der auf den Spuren der Zeit vorwärts rollt.

Ritual: Reifeprobe, Initiationsriten

Sabbat: Passah (der Auszug aus Ägypten). Ursprünglich ein nomadisches Frühlingsfest (Opfer des Herdenerstlings, apotropäisches Bestreichen der Hausoberschwelle mit Blut), von Moses zum kultischen Gedächtnisfest gemacht.

Kraftstein: Granat. Die zehn Sterne auf der Rüstung des Wagenlenkers sind bei Crowley wahrscheinlich Sternsaphire.

Räucherwerk: Zeder, Zypresse, Kardamom

Malerei: Zypressenlandschaften von Vincent van Gogh. Lodernde Intensität durch züngelnde und kreiselnde Pinselführung.

Musik: Triumphmarsch in Aida von Giuseppe Verdi. Der siegreiche Radames zieht mit den erbeuteten Schätzen am König vorbei.

Schrift: Phaidros von Platon (moderner: Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten von Robert Pirsig)

VIII – Ausgleichung


Du bist frei, zu tun, was immer Du willst. Du musst nur bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.

Sheldon Kopp

Justitia, Gerechtigkeit, Weltenrichter (die mit dem Schwert gegürtete Frau als Priesterin des Neuen Æons)

Astrologie: Venus in Waage im Sinne von Fairness und Ausgewogenheit und harmonisch verbunden mit dem »übergreifenden« Saturn, was Crowleys Credo gut umschreibt: Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen!

I Ging: 21 Schã Ho – Das Durchbeißen (Die Reform)

Rune: Algiz (Schutz) symbolisiert die Verbindung zwischen Himmel und Erde und repräsentiert damit die göttlichen Gebote oder das Gesetz.

Licht: Ausgewogenheit, Gleichgewicht, Selbstverantwortung, Stabilität, unbestechliche Urteilskraft

Schatten: Selbstgerechtigkeit, rationale Kontrolle, Puritaner-und Pharisäertum (objektivierte Subjektivität, moralisierende Heiligtuerei)

Farben:Smaragdgrün, Blau, dunkles Blaugrün, Blassgrün (Liber 777)

Tierkreis: Waage (Buch Thoth). Die Waage stellt das Gleichgewicht aller Dinge dar: Venus ist der Herrscher und Saturn erhöht.

Kurzbeschreibung: Wir sehen eine mit einer Gesichtsmaske bedeckte Frau mit den Straußenfedern der Maat – der ägyptischen Göttin der Gerechtigkeit – geschmückt, die höchst konzentriert auf einer Schwertspitze steht. Der Zauberstab, mit dem sie ihren Körper ausbalanciert, ist ein magisches Schwert, das sie zwischen ihren Schenkeln hält und mit der Spitze in die Erde dreht. Die ganze Erscheinung ist in das eckige Bild einer Raute gepresst, die den Raum gleichermaßen ausweitet wie auch verengt: ein Symbol, das versinnbildlicht, dass Wille und Konzentration sich im unendlichen Raum zu einer kontrollierbaren Zone verdichten können. Die Waage mit den griechischen Buchstaben Alpha und Omega ist an der Spitze ihrer eigenen Krone befestigt, ein Zeichen, dass sie nur von ihrem inneren Gleichgewicht gehalten wird. Man könnte auch sagen, dass die Göttin kontrolliert im Unfassbaren balanciert, während der Narr unkontrolliert im Fassbaren hängt. Folgerichtig nennt Crowley sie die weibliche Ergänzung zum Narren. Er schreibt: Im alten Kartensatz wurde diese Karte Gerechtigkeit genannt. Dieses Wort besitzt nur eine rein menschliche und damit relative Bedeutung, somit kann man es nicht als eine Naturtatsache betrachten. Die Natur ist nicht gerecht; im Sinne irgendwelcher theologischer oder ethischer Anschauungen, sie ist exakt.1

Analyse

Dieser Trumpf prägt das weibliche Bild eines neuen Zeitalters: Die ausgeglichene, befriedigte Frau, die die Weltenharmonik in der Waage hält. Ihre Hände umfassen den Phallus des Mannes. Crowley notiert: Sie ist maskiert und ihr Gesichtsausdruck zeigt ihre geheime, innere Befriedigung über ihre Beherrschung jeglichen Elements des Ungleichgewichts im Universum. Dieser Zustand wird durch das magische Schwert symbolisiert, das sie in beiden Händen hält, und den Waagschalen oder Sphären, in denen sie das Universum abwägt.2

Doch was liegt hinter der Maske dieser Dame, von der Crowley so schwärmt? Ausgleichung, im ursprünglichen Sinn auch Gerechtigkeit genannt, lässt sich aus höherer Sicht nur schwer definieren. Im Grunde lässt sich auch nur der Standpunkt beurteilen, aus dem sich das, was wir sehen wollen, wahrnehmen lässt. Das bedeutet, dass wir immer nur unsere eigene Wahrnehmung beurteilen, die wir nach den Kriterien unseres anerzogenen (fixen) Weltbildes wahrnehmen können. Deshalb stellt Justitia von den Zehenspitzen über die Schultern den Umriss eines Diamanten dar, Ausdruck und Symbol des härtesten Materials. Sie zeigt, wie sie die mentalen Kräfte materialisiert bzw. die Gedanken in die Erde ableitet, indem sie einen Teil ihres Gewichtes auf das große Schwert mit dem Mondsichelknauf in ihren Händen verlagert.1 Von ihrer schlechteren Seite drückt sie allerdings, wie wir noch sehen werden, auch den Starrsinn einer vorurteilsbehafteten Pedantin aus: die gerechte Anima als »blinde« Göttin Justitia, die Argumente ablehnt und die Logik der Inquisition von ihrer dunkelsten Seite ohne seelisches Empfinden nachahmt.

Wenn wir davon ausgehen, dass diese Karte das menschliche Konstrukt oder Gerüst darstellt, nach dessen dualen Grundpfeilern wir im Laufe der Jahrtausende unsere gesellschaftliche Ordnung ausgerichtet haben, und damit die Voraussetzung dafür liefert, wie wir gelernt haben, zwischen richtig und falsch, gut und böse zu unterscheiden, dann können wir zumindest sagen, dass wir aus Sicht des achten Trumpfes unseren Standpunkt betrachten, aus dem wir Gerechtigkeit beurteilen. Natürlich liegt es nahe, dass aus Sicht des subjektiv Empfindenden »Gerechtigkeit« immer auf der Seite des Betrachtenden liegt und das Gegenteil folgerichtig auf der Seite der anderen. Das lässt sich in unserer dualen Welt wohl kaum vermeiden. Crowley sagt auch: Von ihrer Krone – die so empfindlich ist, dass die leiseste Gedankenbewegung sie in Bewegung versetzt – hängen die an den Ketten der Ursache befestigten Waagschalen herab, in denen sich Aleph, das Erste, und Omega, das Letzte, in vollkommenem Gleichgewicht befinden.3 Damit möchte er erläutern, dass das Zentrum des Gleichgewichts so empfindlich ist, dass die leiseste Gedankenbewegung es in Schwingung versetzt, denn in der Krone der Maat sitzt eine Straußenfeder. Jeder noch so unscheinbare Einfall kann das kollektive Weltgebäude erschüttern, jede neue Idee die objektive Vorstellung revolutionieren. Gleichzeitig können Strukturen sowohl Ursache wie auch Wirkung sein. Auf dem Bild treten sie gerade dadurch hervor, indem sie einen Rahmen stützen, an dem sie sich gleichzeitig festhalten. Der Angelpunkt, an dem die Waagschalen hängen, ist ein in die Krone eingearbeiteter Mechanismus, dessen Fundament sich auf dem Scheitel der Göttin befindet. Das bedeutet, dass der Ausgleich, den der Mensch mit seiner Umwelt anstrebt, in den Gedanken bzw. auf seiner Vorstellungsebene montiert ist, und nur die Verschiebung dieses »Montagepunktes« eine andere Ausrichtung oder Weltbild zulässt. Jede Bewegung des Gestänges wird die Waagschalen verschieben, die Perspektive verändern, die als fixe Grundlage auf der Bewusstseinsebene montiert ist. Damit würde sich der Brillant als Symbol der zementierten Form zerstören und auf der morphischen Ebene könnte beispielsweise – wie die Chaosforscher behaupten – der Flügelschlag eines Schmetterlings auf der anderen Seite der Hemisphäre zu einem Tornado führen. Da die Bewegung des Gestänges also sowohl vom Einfluss der Außenwelt wie auch von der Kraft unserer Vorstellung abhängt, kann man mit Fug und Recht behaupten, die Welt ist genau so, wie wir sie uns vorzustellen gelernt haben.

Man könnte aber auch sagen, dass eine übertriebene Haltung nach Ausgleich und Kontrolle gerade Ungleichgewicht heraufbeschwört, und dass der Mensch alles andere als eine frei handelnde Persönlichkeit ist, sondern nur immer im Verhältnis und in Anbindung an seine soziale oder religiös verinnerlichte Moral handeln kann. Zyniker würden es so formulieren: Die gesellschaftliche Bindung gibt das Gerüst vor, innerhalb deren engen Regeln sich der Mensch zwar frei entscheiden kann, was aber nichts mit Freiheit zu tun hat, sondern höchstens ein Bild von Freiheit generiert, oder, in einen Vergleich übertragen, die Freiheit der Zwangsamputierten zur freien Auswahl der Farbe ihres Holzbeins darstellt. Indem man gegen dieses Ungleichgewicht wiederum mit dem Streben nach Gleichgewicht vorgeht, bekämpft sich der Ausgleich selbst in der Motorik seiner eigenen Dynamik. Dahinter steckt ein tiefer Konflikt des menschlichen Strebens nach Ordnung, Unordnung zu verbannen, indem es das Leben in Schubladen von Recht und Unrecht einschließt. Das führt letztlich darauf hinaus, dass man die eigene Subjektivität über die Subjektivität der anderen stellt, weil man durch die Mechanismen der Individualität oder das aufoktroyierte Weltbild zu ungewohnten Gesichtspunkten stets eine negative Haltung einnimmt.

Die weibliche Gottheit ist Harlekin4, schließt Crowley seine Betrachtungen mit einem interessanten Vergleich ab, sie ist der Partner und die Erfüllung des Narren. Sie ist die als Manifestation bezeichnete letztendliche Illusion, der vielfarbige und ränkevolle Tanz des Lebens selbst (…) Alle Dinge sind Harmonie und Schönheit; alle Dinge sind Wahrheit; denn sie heben sich gegenseitig auf.2 Er will uns sagen: Die weibliche Gottheit ist eine Synonyme für das menschliche Bedürfnis, sich einen überschaubaren Rahmen zu schaffen, indem es das, was es fühlt und empfindet, in eine Struktur dualer Wahrnehmung einschachtelt, damit der menschliche Verstand es verarbeiten kann. Das Substrat dieser Verdichtung oder Kristallisierung wurde von der Gesellschaft zu einer verbindlichen Struktur erweitert und damit zur Grundlage gemacht, auf dem sich die soziale und kulturelle Entwicklung des Menschen überhaupt erst entwickeln konnte. Das zeigen nicht nur die Straußenfedern der Maat, der ägyptischen Göttin der Gerechtigkeit, die die Schultern unserer konzentrierten, die Welt aus ihrer eigenen Vorstellung heraus schöpfenden jungen Frau bedecken, sondern auch die rhombische oder rautenförmige Form, Symbol des kosmischen Gleichgewichts, das sich von außen nach innen und wieder von innen nach außen richtet. Es ist das große Zusammenspiel der Gegensätze, die sich im ruhenden Pol des Zentrums (Schwertspitze) »ausbalancieren«. Deshalb ist das, was wir als Ausgleichung bezeichnen, nach den Instinkten und Trieben vielleicht die wichtigste menschliche Kraft und Voraussetzung für die menschliche Entwicklung, die uns in der Evolution von der Spezies der instinktgebundenen Naturen wegentwickeln ließ. Der Advocatus Diaboli würde behaupten, »ausgleichende« Gerechtigkeit ist für den Menschen die Schaltstelle, an der sich das innere Empfinden mit dem äußeren Geschehen zu einem verbindlichen Gesellschaftssystem verknüpft und damit die Voraussetzungen schafft, die im Laufe der Jahrtausende die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen ermöglichten. Diese sind aber gleichzeitig auch die Antipoden für die wilde, triebhafte und undomestizierte Instinktnatur und damit die Voraussetzung für die vom kollektiven oder moralischen Gewissen der Gesellschaft erpresste Form von Schuldgefühlen.

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