Kitabı oku: «Baiern und Romanen», sayfa 5

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2.2. Die Bedeutung der Dialektaussprachen von Namen und die bairischen Dialekte

Wie oben angesprochen, kommt wegen der mündlichen Entwicklung der Namen den rezenten örtlichen Dialektaussprachen von Siedlungsnamen bei der Rekonstruktion ihrer älteren Vorstufen und der Ausgangsformen über die schriftliche Überlieferung hinaus eine nicht unwesentliche Bedeutung zu. Das gilt auch für Gewässernamen, wobei längere Flüsse oftmals mehrere Dialektgebiete durchfließen und dementsprechend auch mehrere unterschiedliche Dialektaussprachen aufweisen können.

Der bairisch Dialektraum1 erstreckte sich zur Zeit seiner größten Ausdehnung bis 1945 zum Ende des Zweiten Weltkrieges von der Salurner Klause in Südtirol im Süden bis Markneukirchen im südlichen Vogtland im Norden und vom Lech in Bayern und dem Arlberg in Österreich im Westen bis an die Ostgrenze des Burgenlandes mit einigen kleinen westungarischen Randgebieten im Osten. Nur im Westen und Nordwesten grenzt das Bairische an deutsche Dialektregionen: das Alemannische und seinen Teildialekt Schwäbisch, das Ostfränkische und das Obersächsische. Dagegen umgeben das Bairische im Süden, Osten und Nordosten die Fremdsprachen Italienisch und Ladinisch, Slowenisch, Ungarisch, Slowakisch und Tschechisch. Die Binnengliederung des Bairischen auf Grund unterschiedlicher Lautentwicklungen weist eine Süd-Nord gelagerte Dreiteilung in Süd-, Mittel- und Nordbairisch auf. Zum Südbairischen gehören Tirol ohne das Unterland, Kärnten, der Salzburger Lungau, das Mur- und älter auch noch das Mürztal der Obersteiermark und die Südsteiermark sowie die Südspitze des Burgenlandes. Das Mittelbairische umfasst Ober- und Niederbayern, den Salzburger Flachgau, Oberösterreich und Niederösterreich ohne dessen Südosten und bis 1945 Südböhmen und Südmähren. Im Westen des Süd- und des Mittelbairischen hat sich in Westtirol und am Lechrain in Oberbayern ein alemannisch-bairisches Übergangsgebiet aufgebaut. Zwischen das Süd- und das Mittelbairische schiebt sich vom Südrand Oberbayerns und dem Tiroler Unterland über das südliche Salzburg, das steirische Ennstal, jünger das Mürztal und die Oststeiermark bis in das südöstliche Niederösterreich und das Burgenland als Übergangsgebiet das Südmittelbairische. Das Nordbairische setzt bereits südlich der Donau um Vohburg – Straubing ein und erfüllt die Oberpfalz und bis 1945 das Egerland, wobei der Nürnberger Raum im Westen zum Ostfränkischen überleitet. Im Osten hat sich im Bayerischen Wald und bis 1945 im westlichen Böhmerwald das Übergangsgebiet des Nordmittelbairischen gebildet.

Da wir unseren Untersuchungsraum auf den Bereich zwischen dem Lech im Westen und der Enns im Osten mit Ober- und Niederbayern, dem Salzburger Flach- und Tennengau bis zum Paß Lueg und der Donau als Nordgrenze beschränken und damit den frühen Siedlungsraum der Baiern erfassen, ergeben sich bezüglich der Dialektlautungen der Siedlungs- und Gewässernamen folgende Verhältnisse. Ihr größter Teil gehört dem Mittelbairischen mit allerdings verschiedenen Kleinräumen an. Südmittelbairisches findet sich am Südrand von Oberbayern und im Salzburger Tennengau. Nordbairisches tritt ab Vohburg – Straubing bis zur Donau auf. Es muss aber eingeräumt werden, dass vom heutigen Rückgang der alten bodenständigen Dialekte zugunsten der von der Schriftsprache abhängigen Umgangssprache auch die Namen betroffen sind, indem ihre Dialektaussprachen in Bayern mehr als in Österreich durch umgangssprachliche, an den amtlichen Schreibungen orientierte Lautungen ersetzt werden. Wir geben soweit wie mögliche die alten „echten“ Dialektaussprachen wieder und vermerken, wo jene nicht mehr vorhanden sind, die geneuerten umgangssprachlichen Lautungen.

Die in den Namenartikeln unter D gebotenen Transkriptionen der Dialektaussprachen erfolgen in dem an der Schriftsprache orientierten, in der Dialektologie häufig angewandten, etwas modifizierten sogenannten „Teuthonista-System“. Im Vokalismus werden in der Vertikalen geschlossene und mit untergesetztem Häkchen bezeichnete offene Vokale in den dreigliedrigen Hoch- und Mittelzungenvokalreihen unterschieden. Der Tiefzungenvokalbereich umfasst vorderes helles a und hinteres dunkles å („bayerisches“ a). So ergibt sich folgendes Vokalviereck:


palatal palatal velar
ungerundet gerundet gerundet
i ü u
į ų
e ö o
ę ǫ
a å

Auf zentralisierte velopalatale Aussprache vorderer und palatovelare hinterer Vokale wird zwar hingewiesen, sie bleiben aber unbezeichnet. Nasalierte Vokale werden bei Nasalschwund mit hochgestelltem n wiedergegeben. Die Vokallänge drückt ein übergesetzter Strich aus. Der abgeschwächte a-Laut in unbetonten Silben und in fallenden Diphthongen wird mit ɒ bezeichnet. Steigende Diphthonge sind ei – öü – ou, ęi – ü – ǫu, aį – a/ǫi – aų; fallende iɒ – uɒ, įɒ – ųɒ, eɒ – oɒ, ęɒ – ǫɒ. Gehören zwei aufeinander treffende Vokale zwei Silben an, so trennt sie ein Bindestrich -.

Im Konsonantismus werden bei Plosiven und Frikativen stimmlose Lenes und stimmlose Fortes unterschieden. Ihren drei Artikulationsbereichen dental, labial und velar sind auch die Nasale zugeordnet. Die palatoalveolaren Frikative werden mit š und  bezeichnet. Der Hauchlaut (Spirant) ist h. Anlautendes k wird vor Vokalen als kh aspiriert, im Südmittelbairischen auch vor Konsonant. Halbvokale sind stimmhaftes j und labiodentales oder leicht bilabiales stimmhaftes w. Der Liquid l weist nicht nur anlautend vor Vokalen, sondern auch vor Konsonanten unterschiedliche Artikulationen auf, was unbezeichnet bleibt. Vor Konsonanten und im Auslaut ist er nur im Südmittelbairischen noch teilweise erhalten, wird aber ansonsten vokalisiert. Der Liquid r wird im Anlaut vor Vokalen und mit vorangehendem Konsonant meistens als leicht gerolltes vorderes Zungenspitzen-r, teilweise und besonders bei der jüngeren Generation aber auch als hinteres Zäpfchen-r gebildet. Für die Plosive, Frikative und Nasale ergibt sich folgendes System, wobei die Lenes stimmlos sind:


dental labial velar
Plosive Lenes d b g
Fortes t p k
Frikative Lenes s, š v x
Fortes ß,  f χ
Nasale n m ŋ

2.3. Die Namenschichten im bairischen Dialektraum

Im oben beschriebenen bairischen Dialektraum treten nach Herkunft, Alter und Sprache insgesamt 8 Schichten von Gewässer- und Siedlungsnamen auf. Zu ihnen kommen als 9. Kleingruppe jüngere slowenische, tschechische und kroatische Namen hinzu. Es sind dies:

1 Nichtindogermanische Namen

2 Indogermanisch-voreinzelsprachliche Namen

3 Keltische Namen

4 Lateinische und romanische Namen

5 Germanische Namen

6 Bairisch-deutsche Namen

7 Slawische Namen

8 Ungarische Namen

9 Slowenische, tschechische und kroatische Namen

Die Namen der Schichten 1–4 können als Antik-romanische Namen zusammengefasst werden, denn sie gingen mit der Einverleibung von Raetien und Noricum als Provinzen in das Imperium romanum 15 v.Chr. schließlich in das Lateinische und das daraus weiterentwickelte Romanische ein und wurden aus diesem entweder schon früh ins Germanische oder erst später ins Bairisch-Frühalthochdeutsche integriert. Wegen des heute gleichzeitigen Nebeneinanders von Gewässer- und Siedlungsnamen aus verschiedenen Sprachen und zeitlichen Perioden geben wir jeweils kurze Übersichten über alle Namenschichten. Dabei steht das mit Ortsnamenbüchern systematisch aufgearbeitete Österreich gegenüber dem nur teilweise erforschten Bayern im Vordergrund.1 Die Verbreitung von Siedlungsnamen antik-romanischer Herkunft in Österreich – für Bayern gibt es leider keine Karten – zeigt Karte 6.

2.3.1. Nichtindogermanische Namen

In Tirol gibt es sehr wenige indogermanisch nicht erklärbare Siedlungsnamen wie die bereits antik bezeugten VipitenumWipptal und VeldidenaWilten und das erst 930/31 erstmals genannte SûatesSchwaz. Sie könnten vielleicht rätischer Herkunft sein, zumal aus dem Inn- und dem Etschtal rätische Inschriften stammen. Sowohl die Herkunft der Räter als auch ihre Sprache sind nicht geklärt. Feststeht jedoch, dass die rätische mit der etruskischen Sprache verwandt ist und diese mit der Sprache frühantiker Inschriften der Kleinasien vorgelagerten griechischen Insel Lesbos korrespondiert. Wahrscheinlich sind die wohl aus Lydien in Kleinasien kommenden Etrusker um 1000 v.Chr. in Mittelitalien eingewandert, deren Kultur von 800–50 v.Chr. blühte, ehe sie in der römischen Kultur aufging. Ob die Räter ein selbständiges oder ein von den Etruskern abgezweigtes Volk waren, ist ebenfalls strittig. Im Anschluss an antike Quellen wird teilweise vermutet, dass nordetruskische Stämme im 5. Jh. v.Chr. aus der Poebene in die Alpen flohen und sich dort ansiedelten, als die Kelten in die Poebene eindrangen. Infolge der römischen Alpenfeldzüge von Drusus und Tiberius 15–13 v.Chr. wurden auch Raetien und die Räter dem Römerreich eingegliedert und wich das Rätische allmählich dem Lateinischen.

2.3.2. Indogermanisch-voreinzelsprachliche Namen

Die älteste greifbare Namenschicht in Europa sind die Indogermanisch-voreinzelsprachlichen Namen. Sie sind hauptsächlich von Frankreich über Mitteleuropa, Skandinavien, die baltischen Länder, den Balkan und Russland bis gegen den Ural verbreitet und geringer in England und den Mittelmeerländern Spanien, Italien und Griechenland. Als Gewässernamentypen weisen sie wiederkehrende bestimmte Lexeme und Morpheme auf und wurden von Hans Krahe als „Alteuropäische Hydronymie“ zusammengefasst und beschrieben.1 Ihre Entstehung liegt zeitlich vor der Ausbildung der idg. Einzelsprachen wahrscheinlich in der Zeit von ca. 4000–1500 v.Chr., als sich die Indogermanen wahrscheinlich von ihrem anfänglichen Siedlungsbereich zwischen Schwarzem Meer, Kaspischem Meer und südlichem Ural allmählich nach Westen ausbreiteten. Da aber nicht alle feststellbaren Gewässernamen idg. Herkunft sich dem Typus der „Alteuropäischen Hydronymie“ einordnen und es außerdem Siedlungsnamen idg. Herkunft gibt, empfiehlt sich als umfänglichere Bezeichnung „indogermanisch-voreinzelsprachlich“ (abgekürzt idg.-vspr.).

Im bairischen Raum gehören zu dieser überall auftretenden Namenschicht im Bereich des Nordtiroler Inntales Gewässer- und Siedlungsnamen, die auf die dort namentlich bekannten Stämme der Breonen, Genaunen und Fokunaten zurückgehen. Sie nennt das Tropaeum Alpium in La Turbie über Monaco in Südfrankreich, das 7/6 v.Chr. als Siegesdenkmal errichtet wurde, nachdem 15–13 v.Chr. Drusus und Tiberius 46 Alpenstämme besiegt und ihre Gebiete in Raetien und Noricum dem Imperium romanum bis zur Donau als neue Provinzen einverleibt hatten. Dass ihre idg. Sprache um Chr. Geb. bereits etwas unterschiedliche lautliche und vom rekonstruierten Indogermanischen abweichende, weiterentwickelte Merkmale aufwies, liegt auf der Hand und lässt sich an den Namen aufzeigen.2 Im Einzelnen aber kann man nicht bestimmen, wann die der idg.-vspr. Schicht angehörigen Namen entstanden sind. Sie waren aber im bairischen Raum zumindest vor dem 5. Jh. v. Chr. vorhanden, als die nächstjüngere Namenschicht aufkam. Ebenso schwierig ist die Beantwortung der Frage, wie lange sich idg.-vspr. Idiome und ihre Namen erhalten haben. Teilweise lässt sich zeigen, dass diese Namen zunächst in das nachfolgende Keltische integriert wurden, ehe sie während der 500jährigen Römerzeit ins Lateinische aufgenommen und über ihre Weiterentwicklung im Romanischen ins Bairisch-Althochdeutsche gelangten. Wenn sich der Romane Quartinus aus dem Südtiroler Eisacktal 827/28 anlässlich von Schenkungen an das Kloster Innichen als Angehöriger der nationis Noricorum et Pregnariorum nennt, dann handelt es sich gewiss nicht mehr um das Fortleben der indogermanischen Sprache der Breonen und der keltischen der Noriker, sondern um ein tradiertes Bewusstsein ehemaliger Zugehörigkeiten.3

In der bayerischen und österreichischen Namensforschung wurden bis gegen 2000 die idg.-vspr. Namen mit Hilfe jener Form des Indogermanischen bestimmt und rekonstruiert, wie sie jahrzehntelang praktiziert und im „Indogermanischen etymologischen Wörterbuch“ (IEW) von Julius Pokorny 1959 dargestellt wurde. Aber in der Indogermanistik hat sich die von Ferdinand de Saussure schon 1879 vermutete und zunächst anhand des Hethitischen nachgewiesene Laryngaltheorie immer mehr behauptet und nun durchgesetzt. Sie zeigt gewissermaßen ein Urindogermanisch auf, doch kann man nicht unmittelbar sagen, dass die bisher angenommene Form mit bereits weiter entwickelten Lautungen ohne Laryngale ein allgemeiner jüngerer Zustand gewesen wäre. Da die Forschungen im Fluss sind, werden bei den hier behandelten idg.-vspr. Namen als Kompromiss teilweise die bisherigen Etymologien und Ansätze geboten und die laryngalen Ansätze nach dem LIV von 2001 und dem NIL von 2008 in Klammern als „uridg.“ hinzugefügt oder bereits nur die laryngalen Formen angegeben.

2.3.3. Keltische Namen

In archäologischer Sicht wird die ältere eisenzeitliche Hallstattkultur von ca. 800–450 v.Chr., die sich von Ostfrankreich über die Schweiz, Süddeutschland, Böhmen, Österreich, die Westslowakei und Ungarn bis Slowenien erstreckte, von einem Teil der Forscher ebenso als keltisch betrachtet, wie die sich anschließende jüngere eisenzeitliche Blütezeit der La Tène-Kultur bzw. jüngeren Hallstattkultur von ca. 450–50 v.Chr. Jedenfalls erfolgte um 450 v.Chr. in den bayerischen und österreichischen Raum eine starke westliche Zuwanderung aus Ostfrankreich und Südwestdeutschland, die zur raschen Assimilierung der älteren hallstattzeitlichen Bevölkerung führte. Zwar ist die ethnische und sprachliche Zugehörigkeit der älteren Hallstattkultur umstritten, doch wird mehrheitlich angenommen, dass es sich dabei um jene idg. Sprachträger handelt, auf die die idg.-vspr. Namen zurückgehen, und dass erst die Träger der La Téne- bzw. jüngeren Hallstattkultur Kelten waren.

Das Festlandkeltische ist von sehr wenigen Inschriften abgesehen in erster Linie durch Gewässer- und Siedlungsnamen und antik überlieferte Personennamen bekannt, die im Vergleich zum fortlebenden und weiterentwickelten Inselkeltischen in England, Schottland und Irland bestimmte frühe Gemeinsamkeiten aufweisen und sich dadurch als eigene westidg. Sprache zu erkennen geben. Dazu gehören u.a. die Monophthongierung von idg. ei zu ē (*reinos > gall. Rēnos, lat. Rēnus ‚Rhein‘), die Vokalisierung der silbischen Liquide  und  vor Plosiven zu ri und li (*bhgh- > brig ‚Berg‘ in Brigantia ‚Bregenz‘) und der Schwund von anlautendem p- (*pen-/pon-/p- ‚Schlamm, Sumpf, Wasser‘ > gall. anam, lat. Anisa, -us, -is ‚Enns‘). Die Rekonstruktion keltischer Namen erfolgt unter Mitberücksichtigung von aus Gallien überlieferten einzelnen Wörtern (gall.) und der Einbeziehung der inselkeltischen Sprachen und da besonders ihrer überlieferten älteren Sprachstufen. Wenn aber Namen nicht eindeutige keltische Lauterscheinungen aufweisen, bleibt fraglich, ob sie keltischer oder schon idg.-vspr. Herkunft sind. Das lässt sich auch dann nicht sicher erschließen, wenn das zugrundeliegende idg. Lexem neben anderen idg. Sprachen auch im Keltischen vorkommt.

Da die Kelten eine nachrückende Bevölkerung waren, haben sie die Vorbevölkerung und deren idg.-vspr. Namen zum Teil abgedrängt. Das lässt sich an einzelnen Gewässernamen in Niederösterreich zeigen, wo die Oberläufe von Flüssen im Bergland einen älteren idg.-vspr. Namen tragen, während die Unterläufe in der Ebene keltisch benannt sind, z.B. Naters (slawisiert < *Natirā) – Loich (< *Leukā, heute slaw. Pielach), Dürnitz (slawisiert < *Durinā) – Traisen (< *Tragisamā). Die Kelten haben aber neben Neubenennungen auch angetroffene idg.-vspr. Namen, insbesondere Gewässernamen aufgegriffen und in ihre Sprache integriert. Das wird wahrscheinlich beim Inn (gr. Ἔνος) als eines großen und langen rechten Nebenflusses der Donau bei Passau der Fall gewesen sein. Zwar gibt es mir. en ‚Wasser‘, doch ist seine Herkunft fraglich und nahe liegender, idg.-vspr. Bildung mit idg. *pen- ‚Schlamm, Sumpf, Wasser‘ und p-Verlust bei Keltisierung anzunehmen. Da die keltische Kultur in Raetien und Noricum rasch nach der Einverleibung dieser Gebiete als Provinzen ins Imperium romanum 15. v. Chr. der römischen Kultur wich, gingen die keltischen Namen wie die zum Teil keltisierten idg.-vspr. Namen ins Lateinische über und entwickelten sich teilweise ins Romanische weiter, ehe sie ins Bairisch-Althochdeutsche integriert wurden.

2.3.4. Lateinische und romanische Namen

Nachdem Julius Caesar im Gallischen Krieg 58–51 v.Chr. im Nordwesten die römische Herrschaft auf Gallien und die linksrheinischen Gebiete ausgedehnt hatte, setzten Drusus und Tiberius die nördliche Ausweitung des Imperium romanum fort, indem sie im Nordosten 15–13 v.Chr. die Kelten von Raetien und Noricum unterwarfen und anschließend 12–9 v.Chr. Pannonien dem Römerreich einverleibten. Neben der Stationierung römischen Militärs siedelte sich allmählich römische Bevölkerung an und fasste die römische Kultur Fuß. Damit setzte sich auch die lateinische Sprache durch und verdrängte sowohl das Keltische wie auch weitere noch existente Reste der vorangegangenen Sprachen. Einerseits übernahmen die Römer das bisherige Namengut wie etwa keltisches Lentia ‚Linz‘ und wohl keltisiertes idg.-vspr. Ovilavis ‚Wels‘ und gaben neuen Orten lateinische Namen wie Batava ‚Passau‘. Erst recht gründeten die nach dem Zusammenbruch des Römerreiches fortlebenden Romanen neue Orte und benannten sie mit romanischen Namen, wie der Salzburger Raum deutlich zeigt, so etwa Vicone ‚Vigaun‘, Monticolo ‚Muntigl‘ oder Plagina/Plaina ‚Plain‘.

Zwar war die lateinische Schriftsprache seit dem 1. Jh. v.Chr. und besonders der augusteischen Zeit von ihren Schriftstellern und Dichtern wie Cicero, Sallust, Livius, Vergil, Horaz und Ovid geprägt, aber daneben gab es nicht nur landschaftliche Varietäten, sondern es entwickelte sich gleichzeitig auch das von der Schriftsprache abweichende mündliche Vulgärlatein, wie etwa Inschriften aus Pompei zeigen. In der rund 500jährigen Römerzeit bis zum Ende des weströmischen Reiches 476 entwickelte sich das Vulgärlatein zum Romanischen weiter. Zwar lassen sich anhand der verschiedenen romanischen Sprachen die gebietsweise unterschiedlichen Weiterentwicklungen aufzeigen, aber trotz der Verwilderung der Schriftsprache vom 6.–8. Jh. ist es schwierig und dies besonders für den anstehenden Raum der Romania submersa von Raetien, Noricum und Pannonien, anhand des am Südrand noch fortlebenden alpenromanischen Rätoromanischen, Ladinischen und Friulanischen festzustellen, wann sich die einzelnen Weiterentwicklungen vollzogen haben. Beobachtungen und Datierungen etwa in den Zentralräumen Italien und Frankreich lassen sich nicht unmittelbar auf die nördlichen Randgebiete übertragen. Aber anhand der ins Germanische und dann ins Bairisch-Althochdeutsche integrierten Namen von den ersten nachchristlichen Jahrhunderten bis ins beginnende 12. Jh. kann man vor allem bei unterschiedlichem Lautstand und den zeitlich verschiedenartigen Lautsubstitutionen Einsichten in die romanischen Entwicklungsabläufe gewinnen und sie datieren. So zeigt sich, dass z.B. Kuchl bei Hallein in Salzburg als 930 ad Chuchulam mit inlautendem <ch>/[χ] den älteren Akt der Zweiten Lautverschiebung von lat. Cuculle, wie es im 4. Jh. die Tabula Peutingeriana und als Cucullis 511 die Vita Severini überliefern, vollzogen hat. Auf derselben Form beruht hier aber auch der Almname Gugelan aus rom. Cugulanu mit romanischer Inlautlenierung von lat. <c>/[k] zu rom. [g]. Da die Lautverschiebung bis längstens 650 produktiv war, kann die Inlautlenierung erst danach frühestens ab etwa 625 eingetreten sein. Das aber widerspricht der romanistischen Datierung der Inlautlenierung vom 4.–6. Jh. Sie hat sich also im Alpenraum als nördliches romanisches Randgebiet sichtlich erst viel später vollzogen als in den Zentralräumen und lässt sich anhand der Ortsnamenintegrate datieren.

Wie diese beiden Beispiele zeigen, profitieren nicht nur die beiden beteiligten linguistischen Disziplinen der Romanistik und der Germanistik aus den sprachlichen Kontaktphänomenen für die Erhellung ihrer Sprachgeschichten, sondern es ist anhand der Datierungen auch möglich, zu ermitteln, in welchen Gebieten und bis ungefähr in welche Zeiten das Romanische dort erhalten blieb. Das aber soll erst später ausführlich behandelt werden. Auch die im Süden des Voralpenraumes auftretenden deutschen Walchen- und Parschalken-Namen spiegeln das dichtere Fortleben von Romanen in der bairischen Umgebung der Frühzeit. Ähnlich verhält es sich mit den mit einem romanischen Personennamen deutsch gebildeten Mischnamen, wo man besonders bei früher urkundlicher Bezeugung annehmen kann, dass ein Romane der Ortsgründer war, doch die deutschsprachigen Baiern die Romanen an Zahl übertroffen haben werden.

Unter den verschieden gebildeten lateinischen und romanischen Siedlungsnamen treten die Praediennamen auf lat. -ācum hervor, die als Typus 15 % der gesamten tradierten lat./rom. Siedlungsnamen ausmachen.

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