Kitabı oku: «Baiern und Romanen», sayfa 4

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Zehnbach, sehr kleines rechtes Seitenbächlein und Ort südlich von Pöggstall am Oberlauf der Erlauf

D: 'dsenֽbǭx

U: 1363, 1367, 1375 Zenpach

E: Bair.-ahd. *Zennepah wird zurückgeführt auf lat./rom. *Tania, wohl idg.-vspr. *Tanā zu idg. *-/- (uridg. *teh2-, Präsens *t--h2- ‚benetze, tauche etwas ein‘).9

Loich, rechter Seitenbach am Oberlauf der Pielach und Ort

D: lōįx

U: 1307, 1317 Levch; 1380, 1419, 1432 Leuch.

E: Ursprünglich wohl der keltische Name der dann slaw. benannten Pielach (831 Belaa, 811 Bielaha, 1072 Pielaha, 1130 Piela; slaw. Běla ‚die Weiße‘) als lat./rom. *Leuca, kelt. *Leukā (vgl. gr. λευκός ‚weiß‘).

Zur zweiten Gruppe gehören:

Url, großer linker Nebenfluss der Ybbs bei Amstetten und kleiner rechter bei Waidhofen

D: 'ūɒ-l

U: 863 Hurulam; 903, 906 Urulam; 984, 10. JhII, 1094-1100 Urula

E: Bair.-ahd. Urula aus lat./rom. *Urla wird einerseits auf Grund des gekrümmten Laufes erklärt als idg.-vspr. *Urlā (vgl. osk. uruvú ‚Krümmung, Biegung‘, lat. urvum ‚gekrümmte Pflugschar‘) und andererseits gestellt zu uridg. *h2er- ‚feucht sein‘ jeweils mit -l-Erweiterung. Integriert als bair.-ahd. Urula mit anlautendem U- und Stützvokal -u-, was bei slaw. Vermittlung *Wurula aus slaw. *Vъr(ъ)la und heute *Wurl ergeben hätte.

Traisen, rechter Nebenfluss der Donau bei Traismauer

D: drǭɒsn

U: antik Tragisam(um); 828 Dreisma, 895 Treismae, 10. JhII Traisma.

E: Kelt. *Tragisamā mit kelt. trag- zu uridg. dhre/gh- ‚schleppen, ziehen‘ (vgl. gall. vertragus ‚schnellfüßiger Hund‘) als s-Stamm *trages- und Superlativsuffix *-is-ṃmā im Sinne von „sehr schnell fließender Fluss“ mit rom. Kontraktion von -agi- zu -ai-, das bei slaw. Vermittlung durch -a- substituiert worden wäre und heute *Trasen ergeben würde.

Ferner kann hier trotz seiner nicht eindeutigen Integrierung der Bergname Kollmitzberg angeschlossen werden:

? Kollmitzberg, von Westen her weithin sichtbarer Berg rechts an der Donau bei Amstetten, der sich rund 200 m über die Ebene erhebt.

D: 'khōįmɒs ֽ bęɒg

U: 1135 Chalmunze, 1151 Chalmŏnze

E: Lat./rom. *Calamontia, wohl idg.-vspr. *Kalamontā mit idg. *kel-/kol- (uridg. *kelH-) ‚aufragen, hochragen‘ und *m-t-/mnio- ‚Berg, Gebirge‘ im Sinne von „hoch aufragender Berg“, was dem Erscheinungsbild entspricht. Wenn die Lautfolge -tia bereits assibiliert war, so erfolgte bei früher spätgerm. Übernahme Substituierung von [tsa] durch [ta] und dann frühe Zweite Lautverschiebung zu -z-. Im Zweitglied wurde -o- vor -nt- zu -u- gehoben und dann in der 2. Hälfte des 8. Jhs. zu [ü] umgelautet und anlautendes K- zu Ch- lautverschoben.

Was mögliche frühe bair.-ahd. Siedlungsnamen betrifft,10 gelten die -ing- und die -heim-Namen als die ältesten, auch stark verbreiteten Bildungstypen. Während sich die -heim-Namen, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, auf den oberösterreichischen Raum beschränken, sind die -ing-Namen im niederösterreichischen Alpenvorland bis um Wien im Osten stark verbreitet. Werden die -ing-Namen als „Pioniernamen“ betrachtet, indem von den darin genannten Personen angenommen wird, dass sie mit ihren Leuten den Grund und Boden in Besitz nahmen, so werden die -heim-Namen als jünger angesehen, indem sie bereits den Ansitz und damit eine gewisse Beheimatung im Neuland ausdrücken.

Unter diesen Aspekten stellte sich in der Forschung um 1980 die Frage, wie die divergenten Ansichten einer bairischen Besiedlung Niederösterreichs seitens der Geschichtswissenschaft, der Archäologie und der Sprachwissenschaft in Einklang gebracht werden können. Vor allem die Archäologie rechnete wegen einer bairischen Fundleere im 6. und 7. Jh. mit einer sukzessiven bairischen Besiedlung erst ab 976, als die Markgrafschaft Österreich der Babenberger errichtet worden war. Dem aber widersprachen die Ergebnisse der Sprachwissenschaft mit der Integrierung der Gewässernamen mit den ältesten Akten der Lautverschiebung bis spätestens gegen 650 und weiterer Integrierungen, auch von Gewässer- und Ortsnamen slawischer Herkunft in der 2. Hälfte des 8. Jhs. und im 9. Jh. So wurde ein Kompromiss dahingehend gefunden, dass schon spätestens seit dem 7. Jh. frühe bairische Verkehrskontakte in den Osten bestanden, zumal die Ennsgrenze gegen die Slavia sich erst um 700 ausbildete, was nicht nur frühe, sondern auch spätere Integrierungen von Gewässernamen ermöglichte, zumal Gewässer mit ihrem festen Verlauf Orientierungshilfen in der Landschaft boten und dies besonders im 7. Jh. bei geringer Besiedlung. Eine breite bairische Besiedlung setzte erst ab 976 ein, die im rund letzten Dreivierteljahrhundert der ahd. Zeit die damals noch aktiven zahlreichen -ing-Namen als Ausdruck der Inbesitznahme des neuen Territoriums im allerdings von Slawen bewohnten Land mit sich brachte. Die damals ebenfalls noch aktiven -heim-Namen fanden aber unter solchen Gegebenheiten keinen rechten Platz. Erst im 11. Jh. folgten dann als Ausbausiedlung die vielen -dorf-Namen.

Gegenüber diesen Auffassungen lassen sich jedoch anhand ihres Lautstandes 3 -ing-Namen im westlichen Niederösterreich wegen ihres, durch das -i- des Suffixes ausgelösten Primärumlautes von a zu e näher datieren. Sie müssen bereits vor der 2. Hälfte des 8. Jhs. entstanden sein, denn in dieser Zeit war der Primärumlaut wirksam. Es handelt sich um folgende Orte:

Empfing, Dorf, Gem. Stephanshart, PB Amstetten

D: 'empfiŋ

U: 1260-86 Emphinge, 1368 Empfing, 1411 Empfing in Steffensharter pharr

E: Mit dem bair.-ahd. PN Ampho

L: Wiesinger (1985), S. 355; Ernst (1989), S. 143; Schuster I (1989), S. 581.

Sölling, Dorf, Gem. Purgstall a. d. Erlauf, PB Scheibbs

D: 'söliŋ

U: 1108-16 predium … Selingin dictum, 1375 Sêling, 1392 Soling, 1402 Sling

E: Mit bair.-ahd. PN Salo11

L: Wiesinger (1985), S. 355; Ernst (1989), S. 180; Schuster III (1994), S. 2911.

Hösing, Weiler, Gem. Hürm, PB Melk

D: 'hēsiŋ

U: 1319 Hesyng in Chulber pharr, 1425 Hossing; 1430, 1455 Hesing

E: Mit dem bair.-ahd. PN Haso

L: Wiesinger (1985), S. 355; Ernst (1989), S. 156; Schuster II (1990), S. 308.12

Da in Niederösterreich Baiern aus dem Westen vorgedrungen sind, besteht bei Orten mit -ing-Namen auch die Möglichkeit der Namenübertragung aus dem Altsiedelland. Das wäre hier nur möglich bei Empfing als Dorf bei Traunstein, Oberbayern (1178-82 Otto filius Ottonis de Amphingen, 12. JhII Otto de Emphingen)13 sowie bei Sölling als Dorf in Büchlberg nördlich Passau, und als Einzelhof bei Waldkirchen, Lkr. Freyung-Grafenau, Niederbayern (1308 Vlreich von Selling, 1310 Jacob der Amman von Selling),14 Selling als Weiler von Cham, Oberpfalz (ca. 1180 Hiltebrandus de Sellingen, 12. JhII Hilprandi de Sellingen, 1393 zu Selling), Sölling als Zerstreute Häuser bei Steinerkirchen a. d. Traun, PB Wels-Land, Oberösterreich (1299 Selling, 1467 Seelling) und bei Sölling als Weiler von Oberlebing bei Allerheiligen i. Mühlkreis, PB Perg, Oberösterreich (13. JhE datz Seling; 1421, 1512, 1559 Selling). Da aber das niederösterreichische Sölling unmittelbar an der Erlauf gegenüber von Zehnbach und Empfing vor dem Kollmitzberg liegt, ist angesichts von deren früher bair.-ahd. Integrierung autochthone Entstehung und Benennung dieser beiden Orte sehr wahrscheinlich. Hösing, das keine Entsprechung im Altsiedelland hat, liegt westlich der Pielach, die ursprünglich Loich hieß, und damit ebenfalls in der Nähe eines früh aufgegriffenen Flussnamens. Somit legen diese drei Orte nahe, dass es spätestens vor der Mitte des 8. Jhs. in Niederösterreich neben zahlreichen slawischen Siedlungen zumindest vereinzelt auch bairisch-deutsche Niederlassungen gab und nicht nur Gewässernamen frühe bairische Zeugnisse darstellen.

Die Annahme von Irmtraut Heitmeier, die Identitätsbildung der Baiern sei im ausgehenden 5. Jh. als militärische Schutztruppe unter oströmisch-byzantinischer Oberhoheit in Noricum von einer elbgermanischen, von den südostwärts ziehenden Langobarden sich abspaltenden Gruppe ausgegangen, kann also aus der Sicht der Namenkunde anhand der Gegebenheiten in Niederösterreich Unterstützung erfahren. Umgekehrt könnte mit Hilfe einer solchen von den Langobarden abzweigenden elbgermanischen Gruppe die frühe Integrierung lautverschobener antiker und einiger anderer Gewässernamen erklärt werden, denn auch bei den Langobarden gibt es die älteren Akte der Zweiten Lautverschiebung, die bei germ. t seit ihrem Auftreten in Italien am ausgeprägtesten vorhanden ist.15 Einer solchen neuen Auffassung von der Ethnogenese der Baiern schließt sich jedoch nicht die weitere Geschichtswissenschaft (Herwig Wolfram) und auch nicht die Archäologie an. Letztere kann weiterhin keinerlei langobardisch geprägte Funde im niederösterreichischen Donauraum westlich des Wienerwaldes, von Einzelstücken bei St. Pölten und Krems abgesehen, feststellen. Solche treten vielmehr zahlreich im Osten nördlich der Donau im Weinviertel und Marchfeld und südlich des Flusses im Umkreis der Leitha und im nördlichen Burgenland auf, wo sich ja die Langobarden um 500 niedergelassen hatten, ehe sie nach Pannonien weiterzogen.16

1.6. Zusammenfassung des neueren Forschungsstandes

Der aktuelle Forschungsstand zur Herkunft und zum Namen der Baiern seitens der daran beteiligten Disziplinen der Archäologie, der Sprachwissenschaft und der Geschichtswissenschaft bietet ein heterogenes Bild, wobei man vor allem eine gegenseitige Berücksichtigung der Fachmeinungen und eine echte Diskussion vermisst. Dabei wird das in den 1970-80er Jahren erzielte, weitgehend übereinstimmende Bild, wie es 1988 die Baiernausstellung in Mattsee und Rosenheim zusammenfassend darlegte, großteils, wenn auch nicht von allen Disziplinen und ihren einzelnen Forschern, in Frage gestellt und werden neue Ansichten vorgetragen. Im Einzelnen ist festzuhalten:

 Die Archäologie stellt eine Einwanderung elbgermanischer Gruppen in die Raetia secunda, das heutige Bayern, was in erster Linie anhand des übereinstimmenden Keramiktypus von Přešt’ovice – Friedenhain nachzuweisen versucht worden war, völlig in Frage, weil diese Keramik, wenn auch in Variation überall verbreitet sei. Während man damals in den Reihengräbern zu beiden Seiten des Limes trotz nördlicher Brandbestattung und südlicher Körperbestattung Übereinstimmungen in den Beigabensitten erkannte, wird nun die Verschiedenheit hervorgehoben.

 Daraus wird nun seitens der Archäologie der Schluss gezogen, die Identitätsbildung der Baiern – der neue Terminus statt bisherigem Ethnogenese – sei auf dem römischen Boden der Raetia secunda durch die bodenständige romanische Bevölkerung und ohne zugewanderte germanische Gruppen von jenseits des Limes erfolgt, wofür es auch keinerlei schriftliche Zeugnisse gibt. Die Frage, wieso sich dann nicht das Romanische etabliert, sondern die germanisch-deutsche Sprache durchgesetzt hat, wird weder gestellt noch erwogen.

 Eine Bestätigung dieser „Romanentheorie“ von der Herkunft der Baiern sieht die Archäologie einerseits in der Tradierung und Integrierung antik-romanischer Gewässer- und insbesondere Siedlungsnamen in der Raetia secunda und andererseits in den auf das Fortleben von Romanen verweisenden deutschen Walchen- und Parschalken-Namen als auch in den zahlreichen deutsch gebildeten Mischnamen mit einem romanischen Personennamen und einer deutschen Ableitung oder häufiger als Kompositum mit einem deutschen Grundwort.

 Seitens eines Teils der Vertreter der Namenkunde wird dargelegt, dass vor allem im voralpinen Raum der Raetia secunda des heutigen Ober- und Niederbayerns im Gegensatz zu Ufernoricum des heutigen Ober- und Niederösterreichs, von der Umgebung Salzburgs abgesehen, die Romanen über das Ende des weströmischen Reiches 476 hinaus zahlreich weiterlebten, was aus den vom 8.–10. Jh. überlieferten romanischen Personennamen gefolgert wird, wenn sich an diesen auch zunehmend bair.-ahd. Lauterscheinungen als Ausdruck ihrer Integrierung abzeichnen. Das lässt allerdings bezweifeln, ob die Träger solcher angepasster Personennamen romanischer Herkunft noch wirklich Romanen waren und romanisch sprachen.

 Beides – archäologische Beurteilungen sowie tradierte antik-romanische Gewässer- und Siedlungsnamen und romanische Personennamen – führt dazu, dass seitens der Archäologie und im Anschluss vereinzelt auch von einem Namenforscher versucht wird, den Namen der Baiern aus dem Romanischen abzuleiten. Das aber scheitert an der Nichtberücksichtigung der von der germanistischen Sprachwissenschaft längst erkannten gesetzlichen und nicht willkürlichen Wortbildung und ebensolchen Lautentwicklungen, so dass sich derartige konstruierte Herleitungen als unwissenschaftliche Volksetymologien erweisen.

 Die germanistische Sprachwissenschaft sieht keine andere Möglichkeit als an der schon im 19. Jh. richtig vorgetragenen lautgesetzlichen Etymologie des Baiernnamens als (ur)germ. Sg. *Baiowarjaz / Pl. *Baiowarjōz (lat. Baiovarius / Baiovarii), zu Beginn des 6. Jhs. westgerm. *Baiawari / *Baiawarja festzuhalten, wenn das Bestimmungswort Bai- dieses gereihten Kompositums teilweise auch anders zu interpretieren versucht wurde als vom größeren Teil der Linguisten und Historiker in Verbindung mit dem auf die Boier zurückgehenden Namen Böhmens als lat. Boi(o)haemum / germ. *Baihaim / bair.-ahd. und mhd. Pēheim. Davon leitet sich die „Böhmentheorie“ der Herkunft der Baiern aus Böhmen – freilich nicht im Sinn der Grenzen des ehemaligen Königreiches Böhmen bzw. des heutigen Tschechiens – ab.

 Unter Beibehaltung der germanistischen Herleitung des Baiernnamens von Böhmen wird seitens der Geschichtswissenschaft nun zur Erklärung der Herkunft der Baiern die zu beobachtende teilweise Bezeichnung von Bayern und damit der einstigen Raetia secunda als Noricum vom 8.–12. Jh. eingebracht. Daraus wird gefolgert, dass die Ethnogenese der Baiern in Ufernoricum, dem heutigen Nieder- und Oberösterreich, erfolgt ist, indem eine elbgermanische, von den südostwärts ziehenden Langobarden abzweigende Gruppe angesichts der Zughörigkeit von Noricum zur oströmisch-byzantinischen Reichshälfte nach der Auflösung Westroms 476 vom oströmischen Kaiser unter Vertrag genommen wurde, um die Westflanke seines Reiches als Wehrmänner gegen die ständigen Germaneneinfälle abzusichern. Diese Wehrmänner wurden mit dem Namen ihres Herkunftsgebietes als germ. *Baiowarjōz / lat. Baiovarii bezeichnet. Mit der Bildung des bairischen Herzogtums und der Einsetzung von Herzog Garibald nach 535 von Westen her durch die Franken war es seine Aufgabe, beide Gebietsteile zu vereinigen, und damit dehnte sich der Baiernname und mit ihm die Gebietsbezeichnung Noricum nach Westen in die ehemalige Raetia secunda aus.

 Bezüglich der Herkunft des Baiernnamens und der Identitätsbildung der Baiern stehen sich die „Böhmen-“, die „Romanen-“ und die „Norikertheorie“ gegenüber, die in allen drei beteiligten Disziplinen, der Sprachwissenschaft, der Archäologie und der Geschichtswissenschaft, jeweils Vertreter haben.

Angesichts der heutigen Hervorhebung, ja Überbetonung des zweifellos über das Ende des Römerreiches 476 hinaus gebietsweise unterschiedlich langen Weiterlebens von Romanen im Alpenvorland der Raetia secunda und im westlichen Noricum vom oberbayerischen Lech bis zur oberösterreichischen Enns als des Entstehungsraumes der Baiern und ihres frühmittelalterlichen Herzogtums halten wir es für angebracht, die als Beweis für die Kontinuität herangezogenen Gewässer- und Siedlungsnamen antik-romanischer Herkunft systematisch zusammenzustellen und ebenso auf Stichhaltigkeit zu überprüfen wie die deutsch gebildeten Mischnamen mit einem als romanisch angesehenen Personennamen. Wann der Großteil dieser Gewässer- und Siedlungsnamen antik-romanischer Herkunft und Etymologie spätestens ins Bairisch-Althochdeutsche oder sogar erst ins Mittelhochdeutsche integriert wurde, lässt sich größtenteils mit Hilfe der Chronologie der zeitlich unterschiedlich eingetretenen und verschieden lange wirksamen germanischen, bairisch-alt- und mittelhochdeutschen Lautwandlungen und Lautsubstitutionen von den ersten Jahrhunderten n.Chr. bis ins 12. Jh. datieren. Spätestens ab dem Beginn eines einschlägigen Lautwandels muss ein davon betroffener Name integriert worden sein. Auf diese Weise wird sich ein annäherndes Bild ergeben, wann in welchen Kleinräumen die Baiern auftraten und die antik-romanischen Namen in ihre Sprache aufnahmen und sie sich dann in dieser fortentwickelten. Um nicht den Eindruck zu erwecken, die germanistische Sprachwissenschaft arbeite quasi mit Zaubermitteln, die vor allem Fachfremde meist nicht nachzuvollziehen vermögen, werden die angewandten sprachhistorischen Kriterien und die ungefähren Datierungen wenigstens in Umrissen einführend dargelegt. Obwohl es bis jetzt zwar derartige gebietsweise Untersuchungen gibt, behandeln wir zum ersten Mal den gesamten anstehenden Raum systematisch und zusammenhängend, wodurch wir ein geschlossenes Raumbild vermitteln, das wir auch auf entsprechenden Karten mit der Angabe der Datierungskriterien visualisieren.

2. Die Integrierung antik-romanischer Gewässer- und Siedlungsnamen ins Bairisch-Althochdeutsche
2.1. Allgemeine linguistische Voraussetzungen

Da nur wenige Gewässer- und Siedlungsnamen in antiken Geschichtswerken, Geographien, Landkarten, Ortsverzeichnissen und Inschriften überliefert sind, aber wesentlich mehr Namen nur mündlich tradiert wurden, ist es die Aufgabe der sprachwissenschaftlichen Namenkunde, mit Hilfe der historischen Grammatik und insbesondere der historischen Lautlehre des Germanischen und des Deutschen aus den jüngeren schriftlichen Erstnennungen vor allem in Urkunden, Traditionsbüchern, Urbaren, Chroniken und Heiligenviten von der althochdeutschen bis in die spätmittelhochdeutsche Zeit des 8. bis 14. Jhs. und auch unter Beiziehung der Ausgangssprachen Lateinisch und Romanisch die zugrunde liegenden Namensformen und ihre lautlichen Entwicklungen zu rekonstruieren. Da sich die Lautentwicklungen mündlich vollziehen, aber sich in der schriftlichen Überlieferung der Namen oftmals Schreibtraditionen gegen die herrschende Aussprache eingestellt haben, müssen bei der Rekonstruktion auch die geradlinig entwickelten örtlichen Dialektaussprachen der Namen miteinbezogen werden. Die angewandte Methodik basiert auf den von der historischen Sprachwissenschaft der Ausgangs- und der Entlehnsprache ermittelten regulären Lautgesetzen, nach denen sich die Lautentwicklungen gerichtet und nicht willkürlich vollziehen.

Treten zwei Gruppen mit verschiedenen Sprachen miteinander in Kontakt, so werden Wörter als Bezeichnungen von Sachen und Namen von einer Sprache in die andere entlehnt. Das geschieht in der Weise, dass bei gleichem Lautinventar beider beteiligten Sprachen eine Gleichsetzung von Vokalen und Konsonanten erfolgt. Verfügt aber die Entlehnsprache nicht über Laute der Ausgangssprache, so tritt Lautsubstitution mit dem nächstähnlichen Laut ein. Hinsichtlich der Flexion werden die entlehnten Wörter und Namen dem morphologischen System der Entlehnsprache angepasst. Ebenso können unterschiedliche Akzentuierungen angeglichen werden wie im Fall des Lateinischen und Romanischen mit Paenultimabetonung gegenüber dem Germanischen und Althochdeutschen mit Initialakzent.

Mit Hilfe der an den Namen erkennbaren lautgesetzlichen Entwicklungen lässt sich auch die Zeit der Integrierung annähernd bestimmen. Annähernd deswegen, weil sich ein Lautwandel vom Eintritt bis zur festen Etablierung und dem Auslaufen seiner Produktivität über einen kürzeren oder längeren Zeitraum erstreckt und schriftlich erst festgehalten wird, wenn er eine deutlich wahrnehmbare neue Lautgestalt angenommen hat. Die Integrierungen erstreckten sich durch rund 1100 Jahre und begannen besonders an der Donau teilweise schon um Chr. Geb. und in den folgenden ersten Jahrhunderten n.Chr. ins Germanische und ab dem ausgehenden 6. Jh. in das Frühalthochdeutsche und dauerten über das Normal- und Spätalthochdeutsche des 8. bis 11. Jhs. bis ins Frühmittelhochdeutsche des 12. Jhs. Ist ein Wort oder ein Name einmal entlehnt und lautlich und formal integriert worden, so vollzieht er seine Weiterentwicklungen wie ein Erbwort. So ist heute nicht mehr erkennbar, dass z.B. Bezeichnungen wie Mauer, Ziegel, Fenster frühe Lehnwörter aus dem Lateinischen sind, die die Germanen verbunden mit den Sachen im Kontakt mit den Römern am Rhein in den ersten Jahrhunderten n.Chr. aufgegriffen haben. Da die Übernahme von Namen mündlich erfolgte, lässt sich daraus schließen, dass Romanen mindestens bis zum Zeitpunkt der Integrierung an den jeweiligen Orten oder Gewässern lebten und dort ihre Sprache gebrauchten. Hier ist allerdings insofern Vorsicht geboten, als ein integrierter Name erst jüngere Lautmerkmale aufweisen kann, so dass seine Aufnahme bereits längere Zeit zurück liegen kann, ohne dass dies an den Lautverhältnissen ablesbar wäre. Wenn z.B. die Stadtnamen Wels und Linz in Oberösterreich auf Grund ihrer Lautmerkmale bereits ins Germanische der ersten nachchristlichen Jahrhunderte entlehnt und integriert worden sind, dann ist völlig unwahrscheinlich, dass der Name des Flusses Traun, an dem die beiden Städte liegen, erst im 8. Jh. ins Althochdeutsche übernommen wurde, wie man aus dem beobachtbaren jüngeren Akt der Zweiten Lautverschiebung schließen könnte. Man muss also die Integrierung der Namen über die linguistischen Feststellungen hinaus auch in räumlichen, zum Teil auch historischen Zusammenhängen sehen.

Aus diesen einleitenden Feststellungen ist zu ersehen, dass die lautgesetzliche Rekonstruktion der Ausgangsformen antik-romanischer Namen und ihre Integrierungs- und Weiterentwicklungsprozesse nur mit Hilfe der historischen Sprachwissenschaft sowohl der Ausgangssprachen als auch der Entlehnsprache und damit bloß von der linguistischen Fachwissenschaft adäquat geklärt werden kann. Damit aber sind öfters unternommene Erklärungsversuche von Laien, die nicht über das erforderliche linguistische Fachwissen und Rüstzeug verfügen und die die lautgesetzlichen Entwicklungsprozesse nicht beachten, zum Scheitern verurteilt. Sie bleiben daher unwissenschaftliche und unverbindliche Volksetymologien, wie es anhand der oben dargelegten neuen Erklärungen des Baiernnamens zu sehen war. Zugegeben sei, dass auch von der Sprachwissenschaft durchgeführte, lautgesetzlich abgesicherte Rekonstruktionen und Erklärungen unterschiedlich ausfallen können. Sie haben ihre Ursache meist darin, dass mehrere Ansätze möglich erscheinen und die Wahrscheinlichkeit unterschiedlich beurteilt wird.

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