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Kitabı oku: «Ange Pitou Denkwürdigkeiten eines Arztes 3», sayfa 32

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XLVII.
Das Bankett der Garden

In dem Augenblick, wo die Königin mit dem König und ihrem Sohne auf dem Boden des Opernsaales erschien, erscholl, der Explosion einer Miene ähnlich, ein ungeheurer Zuruf vom Festgelage gegen die Logen.

Die berauschten Soldaten, die faselnden Offiziere schwangen ihre Hüte und Degen und schrien: »Es lebe der König! es lebe die Königin! es lebe der Dauphin!«

Die Musik ließ: O Richard! o mein König! ertönen.

Die Anspielung, welche diese Melodie enthielt, war so durchsichtig, sie begleitete so gut den Gedanken aller, sie übersetzte so getreu den Geist des Banketts, daß alle zu gleicher Zeit, als die Melodie anfing, die Worte anstimmten.

In ihrem Enthusiasmus vergaß die Königin, daß sie sich mitten unter betrunkenen Menschen befand; der König fühlte sich betroffen und fand mit seinem gewöhnlichen gesunden Verstand sofort heraus, daß hier sein Platz nicht sei; aber schwach und geschmeichelt, eine Popularität und einen Eifer wiederzufinden, wie er es nicht mehr bei seinem Volke zu finden gewohnt war, überließ er sich allmählich der allgemeinen Berauschung.

Charny, der während des ganzen Mahles nur Wasser getrunken hatte, stand, als er die Königin und den König erblickte, erbleichend auf. Er hatte gehofft, alles würde ohne ihre Gegenwart vorüber gehen, und dann lag wenig daran: man konnte alles in Abrede ziehen, alles Lügen strafen, während die Gegenwart des Königs und der Königin dem ganzen Vorgang einen geschichtlichen Boden verlieh.

Aber sein Schrecken war noch viel größer, als er seinen Bruder Georges auf die Königin zugehen und, ermutigt durch ein Lächeln, ein Wort an sie richten sah.

Er war zu weit entfernt, um zu hören; doch aus seinen Gebärden entnahm er, daß sein Bruder um etwas bat.

Auf diese Bitte nickte die Königin einwilligend mit dem Kopf, machte plötzlich die Kokarde, die sie an ihrer Haube trug, los und gab sie dem jungen Mann.

Charny schauerte, streckte den Arm aus und war nahe daran einen Schrei von sich zu geben.

Es war nicht einmal die weiße Kokarde, die französische, was die Königin ihrem unklugen Kavalier bot. Es war die schwarze Kokarde, die österreichische, die feindliche Kokarde.

Was die Königin diesmal gethan hatte, war mehr als eine Unvorsichtigkeit, es war ein Verrat.

Und dennoch waren alle diese armen Fanatiker so wahnsinnig, daß, – als ihnen Georges von Charny die schwarze Kokarde darbot, sie die ihrige von sich warfen, und mit Füßen traten.

Und dann wurde die Berauschung so heftig, daß die hohen Gäste des Regiments Flandern, wenn sie nicht unter Küssen erstickt werden oder diejenigen, welche vor ihnen niederknieten, mit den Füßen treten wollten, wieder den Weg nach ihren Gemächern einschlagen mußten.

Alles dieses wäre ohne Zweifel nur eine französische Tollheit gewesen, die zu verzeihen die Franzosen stets geneigt sind, wäre die Orgie beim Enthusiasmus stehen geblieben; aber der Enthusiasmus war bald überschritten.

Mußten gute Royalisten nicht, indem sie den Krieg liebkosten, die Nation ein wenig kratzen?

Diese Nation, in deren Namen man dem König so viel Schmerz bereitete, daß die Musik berechtigt war zu spielen:

»Peut-on affliger, ce qu'on aime!«15

Bei dieser Melodie gingen der König, die Königin und der Dauphin weg.

Kaum waren sie abgegangen, als die Gäste, einer den andern anfeuernd, den Bankettsaal in eine im Sturm eroberte Stadt verwandelten.

Auf ein von Herrn Perseval, dem Adjutanten des Herrn d'Estaing, gegebenes Zeichen, blasen die Trompeten zum Angriff.

Zum Angriff gegen wen? Gegen den abwesenden Feind. Gegen das Volk.

Diese Musik zum Angriff, so süß für das französische Ohr, war so täuschend, daß es möglich ward, den Opernsaal von Versailles für ein Schlachtfeld und die schönen Damen, die von den Logen dieses für das Herz so angenehme Schauspiel betrachteten, für den Feind halten zu lassen.

Der Schrei: »Sturm!« erscholl von hundert Stimmen ausgestoßen, und die Ersteigung der Logen begann. Es ist wahr, die belagernde Menge war in einer so wenig schreckenerregenden Stimmung, daß ihnen die Belagerten die Hände reichten.

Der erste, der den Balkon erstieg, war ein Grenadier vom Regiment Flandern. Herr von Perseval riß ein Kreuz von seinem Knopfloch und dekorierte ihn.

Und dies alles geschah unter den österreichischen Farben, mit einem Gebrülle gegen die nationale Kokarde.

Da und dort wurden einige dumpfe, verhängnisvolle Rufe hörbar. Aber bedeckt durch das Toben der Sänger, durch die Vivats der Belagernden, strömten diese Geräusche drohend bis zu den Ohren des Volkes zurück, das anfangs erstaunend, dann sich entrüstend, beim Thore horchte.

Da erfuhr man außen auf dem Platze, dann in den Straßen, die schwarze Kokarde habe die Stelle der weißen eingenommen, und die dreifarbige sei mit Füßen getreten worden.

Man erfuhr, daß ein braver Offizier der Nationalgarde, der trotz der Drohungen seine dreifarbige Kokarde beibehalten hatte, in den Gemächern des Königs schwer verwundet worden sei.

Dann wiederholte man unbestimmt: ein einziger Offizier, unbeweglich traurig, am Eingang des ungeheuren Saales stehend, der in einen Zirkus verwandelt war, wo alle diese Wütenden sich durcheinander drängten und stießen, habe geschaut, gehorcht, sich sehen lassen; er habe als redliches Herz und unerschrockener Soldat, der gewaltigen Majorität sich unterwerfend, fremde Sünden sich aufladend, die Verantwortung für alles übernommen, was das Heer, durch die Offiziere des Regiments Flandern repräsentiert, in diesen unseligen Tagen an Exzessen beging. Doch der Name dieses Mannes, des einzigen Weisen unter so vielen Narren, wurde nicht einmal ausgesprochen, und wäre er ausgesprochen worden, so hätte man doch nie geglaubt, daß der Graf von Charny, der Günstling der Königin, gerade derjenige war, welcher, bereit für sie zu sterben, unter ihrem Benehmen gerade am schmerzlichsten gelitten hatte.

Die Königin war ganz betäubt vom Zauber dieser Scene in ihre Gemächer zurückgekehrt.

Sie wurde hier bald von der Menge ihrer Höflinge und Schmeichler überfallen.

»Sehen Sie,« sagte man zu ihr, »sehen Sie, was der wahre Geist Ihrer Truppen ist! Sehen Sie, wenn man Ihnen von der Volkswut für die anarchischen Ideen sagt, sehen Sie, ob diese Wut gegen den unbändigen Eifer der französischen Militäre für die monarchistischen Ideen wird kämpfen können!«

Und da alle diese Worte den geheimen Wünschen der Königin entsprachen, so ließ sie sich durch diese Täuschungen zur Ruhe wiegen und bemerkte nicht einmal, daß Charny fern von ihr geblieben war.

Allmählich hörten indessen diese Geräusche auf; der Schlaf des Geistes löschte alle diese Irrlichter, alle diese Phantasmagorien der Trunkenheit aus.

Der König machte übrigens der Königin im Augenblick, wo sie schlafen gehen wollte, einen Besuch und warf ihr das Wort, voll tiefer Weisheit zu:

»Man muß morgen sehen.«

Der Unvorsichtige! mit diesem Worte, das für jede andre Person ein weiser Rat war, belebte er bei der Königin wieder eine halbvertrocknete Quelle des Widerstands und der Herausforderung.

»In der That!« murmelte sie, als er weggegangen war, »die Flamme, diesen Abend im Palast eingeschlossen, wird sich heute Nacht in Versailles ausbreiten und morgen ein Brand für ganz Frankreich sein. Alle diese Soldaten, alle diese Offiziere, die mir heute Abend so heiße Pfänder der Ergebenheit geboten haben, werden Verräter, Rebellen gegen die Nation, Mörder des Vaterlandes genannt werden.

»Jeder von diesen Köpfen, der die schwarze Kokarde aufgesteckt hat, wird für die Laterne der Grève bezeichnet werden.

»Jede Brust, aus der so redlich der Ruf: »Es lebe die Königin!« hervordrang, wird bei den ersten Aufständen von den gemeinen Messern und den schändlichen Piken durchbohrt werden.

»Und das bin ich, und abermals ich, die alles verursacht hat. Ich bin es, die zum Tode so viele brave Diener verurteilen wird, ich, die unverletzliche Souveränin, die man um mich her aus Heuchelei schonen und fern von mir aus Haß beschimpfen wird.

»Oh! nein, ehe ich in diesem Grade undankbar gegen meine einzigen, gegen meine letzten Freunde bin, ehe ich in diesem Grade mich feig und herzlos zeige, werde ich die Schuld auf mich nehmen. Für mich ist das alles geschehen, ich werde mir den Zorn aufladen  . . . Wir werden sehen, wie weit es mit dem Hasse kommt, wir werden sehen, bis zu welcher Stufe meines Thrones die schmutzige Woge zu steigen wagt.«

Und da die Königin durch die Schlaflosigkeit voll von finsteren Ratschlägen in solcher Weise ermutigt war, so war auch das Resultat des kommenden Tages nicht zweifelhaft.

Der andre Tag kam ganz verfinstert von Klagen, ganz schwer von Gemurre.

Die Nationalgarde, an welche die Königin ihre Fahnen ausgeteilt hatte, erschien am andern Tage und dankte Ihrer Majestät mit gesenktem Kopfe und schiefen Augen.

Aus der Haltung dieser Leute war leicht zu erraten, daß sie nichts billigten, und daß sie im Gegenteil alles mißbilligt haben würden, wenn sie es gewagt hätten.

Sie hatten an dem Zuge teil genommen; sie waren dem Regimente Flandern entgegengegangen; sie hatten Einladungen zu dem Bankett erhalten und angenommen. Nur sie, mehr bürgerlich als soldatisch gesinnt, waren es gewesen, die während der Orgie die dumpfen Bemerkungen gewagt hatten, die kein Gehör fanden. Als sie nach dem Palaste kamen, um der Königin zu danken, geleitete sie eine große Menge.

In Betracht der ernsten Umstände wurde die Sache bedeutungsvoll. Man würde auf der einen und auf der andern Seite sehen, mit wem man es zu thun hätte.

Alle Soldaten und Offiziere, die sich am Tage vorher kompromittiert hatten, wollten auch wissen, bis zu welchem Grade sie von der Königin in ihrer unklugen Demonstration unterstützt würden, und hatten, diesem am vorhergehenden Abend beleidigten Volke gegenüber Plätze eingenommen, um die ersten offiziellen Worte zu hören, die aus dem Schlosse kämen.

Das Gewicht der ganzen Gegenrevolution schwebte fortan über dem Haupte der Königin allein.

Es lag inzwischen noch in ihrer Macht, eine solche Verantwortlichkeit von sich abzulehnen, ein solches Unglück zu beschwören.

Aber stolz, wie die Stolzesten ihres Geschlechts, ließ sie ihren klaren, durchsichtigen, sichern Blick auf ihren sie umgebenden Freunden und Feinden umherlaufen, wandte sich mit sonorer Stimme an die Offiziere der Nationalgarde und sprach:

»Meine Herren, es freut mich sehr. Ihnen Fahnen gegeben zu haben. Die Nation und das Heer müssen den König lieben, wie wir die Nation und das Heer lieben.

»Der gestrige Tag hat mich entzückt gewesen.«

Nach diesen Worten, die sie mit äußerst fester Stimme betonte, wurde ein Gemurre unter der Menge hörbar, während geräuschvolles Händeklatschen in den Reihen der Militäre erscholl.

»Wir sind unterstützt,« sagten diese.

»Wir sind verraten,« sagten jene.

Charny, der in einer Gruppe stand, hörte mit einem Seufzer, was die Parteien sprachen.

Die Königin, als sie die Augen von der Menge abwandte, begegnete den Augen des jungen Mannes, und sie heftete den Blick auf das Gesicht ihres Geliebten, um den Eindruck, den sie gemacht, darin zu lesen.

»Bin ich nicht mutig?« wollte sie sagen.

»Ach! Madame, Sie sind mehr toll, als mutig,« antwortete das schmerzlich verdüsterte Gesicht des Grafen.

XLVIII.
Die Weiber mischen sich darein

In Versailles trieb der Hof Heroismus gegen das Volk. In Paris trieb man nur Rittertum gegen den Hof; das Rittertum lief durch die Straßen.

Die Ritter vom Volke irrten in Lumpen umher, die Hand am Griffe eines Säbels oder an dem Kolben einer Pistole, und befragten ihre leeren Taschen und ihre hohlen Magen.

Während man in Versailles zu viel trank, aß man in Paris zu wenig.

Seltsame Dinge! Finstere Verblendung, die heute, wo wir alle an Thronumstürzungen gewöhnt sind, den Politikern ein Lächeln des Mitleids entreißen wird.

Gegenrevolution machen, und ausgehungerte Leute zur Schlacht herauszufordern!

Ach! die Geschichte, wenn man sie nötigt, sich zur materialistischen Philosophin zu machen, wird sagen: nie schlägt sich das Volk grausamer, als wenn es nicht zu Mittag gegessen hat.

Es war jedoch sehr leicht, dem Volke Brot zu geben, und dann hätte ihm sicherlich das Brot von Versailles minder bitter geschienen.

Doch die Mehlzufuhren von Corbeil kamen nicht mehr an. Dieses Corbeil ist von Versailles so weit; wer also hätte beim König oder bei der Königin an Corbeil gedacht?

Zum Unglück war bei dieser Vergeßlichkeit des Hofes die Hungersnot bleich und sorgenvoll in die Straßen von Paris herabgestiegen. Sie horcht an allen Straßenecken; sie rekrutiert ihr Gefolge aus Landstreichern und Missethätern; sie lehnt ihr schlimmes Gesicht dicht an die Fensterscheiben der Reichen und der Staatsbeamten an.

Die Männer erinnern sich der Aufstände, die so viel Blut kosten; sie erinnern sich der Bastille; sie erinnern sich an Foulon, Berthier, Flesselles; sie befürchten, abermals Mörder genannt zu werden und warten.

Aber die Weiber, die noch nichts gethan, als gelitten haben, die Weiber, die dreifach leiden, – leiden für das Kind, das weint und ungerecht ist, weil es nicht das Bewußtsein der Sache hat, – für das Kind, das zu seiner Mutter sagt: Warum giebst du mir nicht Brot? – leiden für den Mann, der düster und schweigsam am Morgen das Haus verläßt, um am Abend noch düsterer und schweigsamer zurückzukehren, – endlich leiden für sich, das schmerzliche Echo des ehelichen und mütterlichen Unglücks, – die Weiber brennen vor Begierde, sich Genugthuung zu nehmen, sie wollen dem Vaterland auf ihre Weise dienen.

Hatten übrigens nicht die Weiber den 1. Oktober in Versailles gemacht?

Gilbert und Billot waren im Palais Royal im Kaffee Foy. Plötzlich öffnet sich die Thüre, und eine Frau tritt ganz bestürzt ein. Sie zeigt die weißen und schwarzen Kokarden, die von Versailles nach Paris gekommen sind; sie verkündigt die öffentliche Gefahr.

Man erinnert sich dessen, was Charny zur Königin gesagt hatte: Madame, es wird wirklich zu fürchten sein, wenn sich die Weiber darein mischen. Das war auch die Ansicht Gilberts.

Als er sah, daß die Weiber sich darein mischten, wandte er sich gegen Billot und sprach:

»Nach dem Stadthause.«

Seit dem Gespräche, das zwischen Billot, Gilbert und Pitou stattgefunden hatte, und in Folge dessen Pitou nach Villers-Cotterets mit dem kleinen Sebastian Gilbert zurückgekehrt war, gehorchte Billot Gilbert auf ein Wort, auf eine Geberde, auf ein Zeichen, denn er hatte begriffen, daß, wenn er die Stärke war, Gilbert der Verstand war.

Beide stürzten aus dem Kaffeehause, liefen durch den Garten des Palais Royal und erreichten die Rue Saint-Honoré.

Auf der Höhe der Halle begegneten sie einem Mädchen, das aus der Rue des Bourdonnais herauskam und trommelte.

Gilbert blieb erstaunt stehen.

»Was ist das?« fragte er.

»Ei! Sie sehen es, Doktor,« antwortete Billot, »eine hübsche junge Person, die trommelt, und zwar nicht schlecht, bei meiner Treue!«

»Sie wird etwas verloren haben,« sagte ein Vorübergehender.

»Sie ist sehr hübsch,« versetzte Billot.

»Fragen Sie sie, was sie will,« sprach Gilbert.

»He! hübsches Mädchen,« rief Billot, »was hast du so die Trommel zu rühren?«

»Es hungert mich,« antwortete die hübsche junge Person mit einer grellen, scharfen Stimme.

Und sie setzte ihren Marsch und das Rasseln ihrer Trommel fort.

Gilbert hatte gehört.

»Ho! ho! das wird schrecklich,« sagte er.

Und er schaute aufmerksamer die Weiber an, die dem Mädchen mit der Trommel folgten.

Sie waren abgezehrt, schwankend, verzweiflungsvoll.

Aus der Mitte dieser Weiber brach von Zeit zu Zeit ein gerade durch seine Schwäche drohender Schrei hervor, denn man fühlte, daß dieser Schrei aus dem Munde von Ausgehungerten kam.

»Nach Versailles!« riefen sie.

Und auf ihrem Wege winkten sie allen Weibern, die sie in den Häusern erblickten, und riefen alle Frauen, die sie an den Fenstern sahen.

Ein Wagen kam vorüber, zwei Damen saßen in diesem Wagen, sie streckten ihre Köpfe aus den Schlägen und lachten.

Das Gefolge der Trommelschlägerin blieb stehen. Zwanzig Weiber stürzten nach den Schlägen, ließen die zwei Damen aussteigen und gesellten sie, trotz ihrer Einwendungen, trotz ihres Widerstandes, den ein paar kräftige Püffe auf der Stelle bändigten, ihrer Truppe bei.

Hinter ihnen marschierte ein Mann, mit beiden Händen in seinen Taschen.

Dieser Mann mit hagerem, bleichem Gesichte, von langer, dünner Gestalt, trug einen grauen Rock, schwarze Weste und schwarze Beinkleider; er hatte einen kleinen dreieckigen Hut, der schief auf seiner Stirne saß. Ein langer Degen schlug an seine mageren, aber nervigen Beine.

Er folgte schauend, horchend, alles mit seinem durchdringenden Auge, das er unter seinen schwarzen Brauen rollte, verschlingend.

»Ei!« sagte Billot, »ich kenne dieses Gesicht, ich habe es bei allen Aufständen gesehen.«

»Es ist der Gerichtsdiener Maillard.«

Ah! ja, so ist es, derjenige, welcher hinter mir auf dem Brette ging. Er ist geschickter gewesen, ails ich, er ist nicht in den Graben gefallen.«

Maillard verschwand mit den Weibern bei der Biegung der Straße.

Billot hatte große Lust, es zu machen wie Maillard, aber Gilbert zog ihn nach dem Stadthause fort.

Man wußte im Stadthause, was in Paris vorfiel, aber man bekümmerte sich kaum darum. Was lag in der That dem phlegmatischen Bailly und dem Aristokraten Lafayette daran, daß ein Weib trommelte. Das war ein Vorempfang auf den Karneval, und nichts andres.

Als man aber im Gefolge dieses trommelnden Mädchens zwei bis dreitausend Weiber kommen sah; als auf den Seiten dieser Schar, die von Minute zu Minute zunahm, eine nicht minder zahlreiche Schar von Männern, auf eine unheimliche Weise lächelnd und ihre häßlichen Waffen in Ruhe haltend, herbeirückte; als man bemerkte, diese Männer lächeln zum voraus über das Böse, das die Weiber thun würden und das um so weniger abzuwenden war, als man wohl wußte, die öffentliche Gewalt würde die böse Absicht weder ernstlich verhindern, noch die böse That streng bestrafen, da fing man an, den ganzen Ernst der Lage zu begreifen.

Nach einer halben Stunde waren achttausend Weiber auf der Grève versammelt. Sie sahen sich in genügender Anzahl und fingen an, mit der Faust auf der Hüfte zu beratschlagen.

Die Beratung war nicht sehr ruhig. Es waren der Mehrzahl nach Thürsteherinnen, Frauen der Halle, öffentliche Mädchen. Viele von ihnen waren Royalistinnen, und statt den Gedanken zu haben, dem König und der Königin ein Leid anzuthun, hätten sie sich für sie töten lassen.

Das Resultat der Beratung war folgendes:

»Brennen wir ein wenig das Stadthaus nieder, wo so viele Papierwische fabriziert werden, um uns zu verhindern, alle Tage zu essen.«

Man beschäftige sich im Stadthause gerade damit, einen Bäcker zu richten, der Brot mit falschem Gewicht verkauft hatte.

Demzufolge erwarteten die Stammgäste der Laterne den Bäcker mit einem Strick.

Die Wache des Stadthauses wollte den Unglücklichen retten und wandte hierzu alle ihre Kräfte an; aber leider, wie man seit einiger Zeit die Erfahrung gemacht, hatten ihre menschenfreundlichen Absichten nur schlechten Erfolg.

Die Weiber stürzten sich auf diese Wache, durchbrachen sie, drangen in das Stadthaus ein, und die Plünderung begann.

Alles, was sie fänden, wollten sie in die Seine werfen und alles, was sie nicht fortschaffen könnten, auf dem Platze verbrennen.

Das war ein großes Geschäft.

Es fand sich ein wenig von allem im Stadthause.

Es fanden sich darin dreihundert Wähler, ferner die Adjunkten, und endlich die Maires.

»Es wird lange dauern, alle diese Menschen ins Wasser zu werfen,« sprach eine Frau von Verstand, eine Frau, die Eile hatte.

»Nicht als ob sie es wenig verdienten,« sagte eine andre.

»Ja, aber die Zeit fehlt.«

»Nun wohl! so verbrennen wir alles!« rief eine Stimme; »das ist einfacher.«

Man suchte Fackeln, man verlangte Feuer; dann provisorisch, um keine Zeit zu verlieren, belustigte man sich damit, daß man einen Abbé aufhing, den Abbé Lefevre d'Ormesson.

Zum Glück war der Mann mit dem grauen Rocke da. Er durchschneidet den Strick, der Abbé fällt siebzehn Fuß herab, verstaucht sich ein Bein und läuft unter dem Gelächter aller dieser Megären hinkend davon.

Der Abbé entkam deswegen so unangefochten, weil die Fackeln schon angezündet waren, weil die Mordbrennerinnen die Fackeln schon in den Händen hatten, und sie den Archiven näherten.

Plötzlich stürzt der Mann mit dem grauen Rocke vor und entreißt Brände und Fackeln den Händen der Weiber; die Weiber widerstehen, der Mann peitscht sie mit Fackelstreichen und während das Feuer die Röcke faßt, löscht er das aus, welches schon die Papiere faßte.

Wer ist denn dieser Mann, der sich so dem furchtbaren Willen von zehntausend wütenden Kreaturen widersetzt?

Warum ließ man sich von diesem Mann beherrschen? Man hat den Abbé Lefevre halb gehenkt, man wird wohl diesen Mann aufhenken, sobald niemand mehr da sein wird, um es zu verhindern.

Es erhebt sich auch wirklich ein hirnwütender Chor und bedroht ihn mit dem Tode; mit der Drohung verbindet sich die Thätlichkeit.

Die Weiber umgeben den Mann mit dem grauen Rock und werfen ihm einen Strick um den Hals.

Aber Billot ist herbeigelaufen. Billot wird Maillard den Dienst leisten, den Maillard dem Abbé geleistet hat.

Er klammert sich an den Strick an, durchschneidet ihn an zwei bis drei Stellen mit einem scharfem Messer, das in einem äußersten Notfall – weil es bestielt ist – seinem kräftigen Arm zu etwas anderm dienen konnte.

Und während er den Strick in so viele Stücke zerschneidet, als ihm möglich ist, ruft Billot:

»Unglückliche! Ihr kennt also nicht einen der Sieger der Bastille, denjenigen, welcher über das Brett gegangen ist, um die Kapitulation zu holen, während ich in den Gräben plätscherte? Ihr kennt also Herrn Maillard nicht?«

Bei diesem so bekannten und so gefürchteten Namen halten alle Weiber inne. Man schaut sich an, man wischt sich die Stirne ab.

»Ein Sieger der Bastille, Herr Maillard, der Gerichtsdiener im Chatelet, es lebe Herr Maillard!«

Die Drohungen verwandeln sich in Liebkosungen; man umarmt Maillard, man ruft: Es lebe Maillard!

Maillard wechselt einen Händedruck und einen Blick mit Billot.

Der Händedruck will sagen: Wir sind Freunde!

Der Blick will sagen: Wenn Sie je meiner bedürfen, rechnen Sie auf mich.

Maillard hat auf alle diese Weiber einen um so größeren Einfluß gewonnen, als sie einsehen, Maillard habe ihnen ein kleines Unrecht zu vergeben.

Aber Maillard ist ein alter Volksmatrose, er kennt dieses Meer der Vorstädte, das auf einen Hauch sich erhebt und auf ein Wort sich legt.

Er weiß, wie man mit allen diesen menschlichen Wellen spricht, wenn sie einem Zeit gönnen, zu sprechen.

Uebrigens ist der Augenblick gut, um sich hören zu lassen, man schweigt um Maillard.

Maillard will nicht, daß die Pariser die Gemeinde, das heißt, die einzige Macht, die sie beschützt, zerstören; er will nicht, daß sie die Bürgerliste, die beweist, daß ihre Kinder nicht lauter Bastarde sind, vernichten.

Das ungewöhnliche, scharfe, spöttische Wort bringt seine Wirkung hervor.

Niemand wird getötet, nichts wird verbrannt werden.

Aber man will nach Versailles ziehen.

Dort ist das Uebel, dort bringt man die Nächte in Orgien hin, während man in Paris Hunger hat. Versailles verschlingt alles. Paris fehlt es an Korn und Mehl, weil die Kornzufuhren, statt in Paris anzuhalten, unmittelbar von Corbeil nach Versailles gehen.

Das wäre nicht so, wenn der Bäckerund die Bäckerin und der Bäckerjunge sich in Paris befänden.

Mit diesen Spottnamen bezeichnet man den König, die Königin und den Dauphin, diese drei natürlichen Austeiler des Brotes für das Volk.

Da die Weiber in Haufen organisiert sind, da sie Flinten, Kanonen, Pulver haben, mit Piken und Heugabeln bewaffnet sind, so werden sie auch einen General haben.

Warum nicht? die Nationalgarde hat auch einen.

Lafayette ist der General der Männer.

Maillard wird der General der Weiber sein.

Lafayette kommandiert seine Faulenzer von Grenadieren, die eine Reservearmee zu sein scheinen, so wenig thun sie, während so viel zu thun ist.

Maillard wird das aktive Heer kommandieren.

Ohne zu lächeln, ohne eine Miene zu verändern, nimmt Maillard den Antrag an.

Maillard ist kommandierender General der Weiber von Paris.

Der Feldzug wird nicht lange dauern, aber er wird entscheidend sein.

15.Kann man betrüben das, was man liebt!

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06 aralık 2019
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