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Kitabı oku: «Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2», sayfa 47

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LXXIII.
König kann ich nicht, Prinz mag ich nicht, Rohan bin ich

Die Königin schien ungeduldig zu warten; sie rief daher, sobald sie die Juweliere erblickte:

»Ah! hier ist Herr Bossange; Sie haben Verstärkung genommen, Böhmer, desto besser.«

Böhmer hatte nichts zu sagen; er dachte viel. Das Beste, was man in einem solchen Falle thun kann, ist daß man mit Geberden zu Werke geht; Böhmer warf sich Marie Antoinette zu Füßen.

Die Geberde war ausdrucksvoll.

Bossange ahmte ihn als sein Associé nach.

»Meine Herren,« sprach die Königin, »ich bin nun ruhig und werde mich nicht mehr ärgern. Es ist mir überdieß ein Gedanke gekommen, der meine Gefühle in Beziehung auf Sie ändert. Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir, Sie und ich bei dieser Angelegenheit durch ein kleines Geheimniß hintergangen worden sind … welches kein Geheimniß mehr für mich ist.«

»Ah! Madame,« rief Böhmer, begeistert durch diese Worte der Königin, »Sie haben mich also nicht mehr im Verdacht, daß ich … Oh! es ist abscheulich auszusprechen, das Wort Fälscher …«

»Es ist eben so hart für mich, dasselbe zu hören, als für Sie, es auszusprechen,« erwiderte die Königin, »nein, ich habe Sie nicht mehr im Verdacht.«

»Eure Majestät hat aber Jemand im Verdacht?«

»Beantworten Sie mir meine Fragen. Sie sagen, Sie haben die Diamanten nicht mehr?«

»Wir haben sie nicht mehr,« antworteten gleichzeitig die Juweliere.

»Es hat für Sie keinen Werth, zu erfahren, wem ich das Geschmeide für Sie übergeben habe, das ist meine Sache … Haben Sie … die Frau Gräfin von La Mothe nicht gesehen?«

»Verzeihen Sie, Madame, wir haben sie gesehen.«

»Und sie hat Ihnen nichts … in meinem Auftrage übergeben?«

»Nein, Madame, die Frau Gräfin hat uns nur gesagt: »»Warten Sie.««

»Wer hat Ihnen aber die Verschreibung von mir überbracht?«

»Die Verschreibung? …« erwiderte Böhmer; »das Papier, das Eure Majestät in den Händen gehabt hat, ist uns in der Nacht von einem unbekannten Boten überbracht worden.«

Und er zeigte die falsche Schrift.

»Ah! ah!« rief die Königin, »gut; Sie sehen, daß die Schrift nicht unmittelbar von mir kommt.«

Sie läutete; ein Bedienter erschien.

»Man lasse die Frau Gräfin von La Mothe zu mir rufen,« sprach die Königin ruhig.

»Und,« fuhr sie dann mit derselben Ruhe fort, »Sie haben Niemand gesehen, Sie haben Herrn von Rohan nicht gesehen?«

»Herrn von Rohan? Doch, Madame, er hat uns besucht und sich erkundigt …«

»Sehr gut; gehen wir nicht weiter; sobald der Herr Cardinal von Rohan abermals bei dieser Angelegenheit betheiligt ist, hätten Sie Unrecht, zu verzweifeln. Ich errathe. Als Frau von La Mothe die Worte: Warten Sie! zu Ihnen sagte, wollte sie … Nein, ich errathe nichts, ich will nichts errathen … Suchen Sie nur den Cardinal auf und erzählen Sie ihm, was Sie mir gesagt haben; verlieren Sie keine Zeit und fügen Sie bei, ich wisse Alles.«

Wiederbelebt durch diese kleine Flamme der Hoffnung, wechselten die Juweliere unter einander einen minder ängstlichen Blick.

Bossange allein, der sein Wort anbringen wollte, wagte es, leise zu sagen, die Königin habe jedoch einen falschen Empfangschein in ihren Händen, und eine Fälschung sei ein Verbrechen.

Marie Antoinette faltete die Stirne und erwiderte:

»Es ist wahr, wenn Sie das Halsband nicht zurückerhalten haben, so bildet diese Schrift eine Fälschung. Doch um die Fälschung nachzuweisen, ist es unerläßlich, daß ich Sie mit der Person confrontire, die ich beauftragt habe, Ihnen die Diamanten zurückzugeben.«

»Wann Eure Majestät will,« rief Bossange; »wir scheuen das Licht nicht, wir sind ehrliche Handelsleute.«

»Dann holen Sie das Licht beim Herrn Cardinal, der allein kann Ihnen in dieser ganzen Sache Aufklärung geben.«

»Und Eure Majestät erlaubt uns, ihr die Antwort zu überbringen?« fragte Böhmer.

»Ich werde vor Ihnen unterrichtet sein,« erwiderte die Königin, »und ich werde Sie aus dieser Verlegenheit ziehen. Gehen Sie.«

Sie entließ die Juweliere, und als sie weggegangen waren, gab sie sich ihrer ganzen Unruhe hin und schickte Eilboten auf Eilboten an Frau von La Mothe.

Wir werden ihr nicht in allen ihren Nachforschungen und in allen Vermuthungen folgen, wir verlassen sie im Gegentheil, um rascher mit den Juwelieren der so sehr ersehnten Wahrheit entgegenzulaufen.

Der Cardinal war zu Hause und las mit einer unbeschreiblichen Wuth ein Briefchen, das ihm Frau von La Mothe so eben, wie sie sagte, von Versailles geschickt hatte. Der Brief war hart und benahm dem Cardinal jede Hoffnung; er fordert: ihn auf, an nichts mehr zu denken; er verbot ihm, vertraulich in Versailles wieder zu erscheinen; er appellirt an seine Biederkeit, daß er unmöglich gewordene Verbindungen nicht wieder anzuknüpfen suche.

Der Prinz schäumte, während er diesen Brief noch einmal las; er buchstabirte die Charactere einen um den andern; er schien von dem Papier Rechenschaft über die Härten zu verlangen, womit eine grausame Hand ihn niederdrückt.

»Cokette, launenhaft, treulos!« rief er in seiner Verzweiflung, »oh! ich werde mich rächen!«

Er häufte sodann alle Armseligkeiten auf, welche die schwachen Herzen in ihren Liebesschmerzen erleichtern, aber sie nicht von der Liebe selbst heilen.

»Hier,« sagte er, »hier sind vier Briefe, die sie mir geschrieben hat, und von denen der eine immer ungerechter ist, als der andere. Sie hat mich aus Laune genommen! Das ist eine Demüthigung, die ich ihr kaum verzeihen würde, wenn sie mich nicht einer neuen Laune opferte.«

Und der getäuschte Unglückliche las abermals mit der Inbrunst der Hoffnung all diese Briefe, deren Strenge mit unbarmherziger Kunst stufenweise sich gesteigert hatte.

Der letzte war ein Meisterwerk barbarischer Grausamkeit; das Herz des armen Kardinals ward davon gleichsam durchlöchert, und dennoch liebte er in einem Grade, daß er aus Widerspruchsgeist eine Freude daran fand diese nach der Angabe der Frau von La Mothe aus Versailles überbrachten kalten Unbarmherzigkeiten einmal um's andere wieder zu lesen.

In diesem Augenblick erschienen die Juweliere in seinem Hotel. Er war sehr erstaunt, daß sie, trotz des Verbots, so hartnäckig Einlaß bei ihm begehrten. Dreimal jagte er seinen Kammerdiener hinaus, der zum vierten Mal seinen Angriff mit der Aeußerung erneuerte, die Herren Böhmer und Bossange haben erklärt, sie würden nur weggehen, wenn man sie durch Gewalt dazu zwänge.

»Was soll das bedeuten?« dachte der Cardinal. »Sie mögen eintreten.«

Sie traten ein. Die verstörten Gesichter zeugten von dem heftigen Kampf, den sie moralisch und körperlich auszustehen gehabt hatten. Waren die Unglücklichen bei einem der Kämpfe Sieger geblieben, so hatten sie dagegen in dem andern eine Niederlage erlitten. Nie waren mehr aus dem Geleise gebrachte Köpfe berufen gewesen, vor einem Kirchenfürsten zu functioniren.

»Vor Allem,« rief der Cardinal, als er sie sah, »was soll diese Brutalität, meine Herren Juweliere? ist man Ihnen etwas schuldig?«

Der Ton dieses Eingangs verwandelte die zwei Associés vor Schrecken in Eis.

»Fangen die Scenen von dort wieder an?« sagte Böhmer schielend zu seinem Verbündeten.

»Oh! nein, nein,« erwiderte der Letztere, indem er seine Perücke mit einer sehr kriegerischen Bewegung zurechtrichtete, »ich, meinerseits, bin auf alle Stürme gefaßt.«

Und er machte einen fast drohenden Schritt, während der klügere Böhmer zurückblieb.

Der Cardinal hielt sie für Narren und sagte es ihnen unumwunden.

»Monseigneur,« sprach Böhmer in seiner Verzweiflung, jede Sylbe mit einem Seufzer zerhackend, »Gerechtigkeit! Barmherzigkeit! verschonen Sie uns mit Ihrer Wuth und zwingen Sie uns nicht, die Achtung gegen den größten, erhabensten Fürsten zu verletzen.«

»Meine Herren,« sagte der Cardinal, »entweder sind Sie keine Narren, und dann wird man Sie zum Fenster hinauswerfen, oder Sie sind Narren, und dann wirft man Sie ganz einfach vor die Thüre. Wählen Sie.«

»Monseigneur, wir sind keine Narren, wir sind bestohlen!«

»Was geht das mich an? ich bin nicht Policeilieutenant.«

»Aber Sie haben das Halsband in Ihren Händen gehabt, Monseigneur,« entgegnete Böhmer schluchzend. »Sie werden gerichtliche Aussage machen. Sie werden …«

»Ich habe das Halsband gehabt?« versetzte der Prinz. »Das Halsband ist also gestohlen worden?«

»Ja, Monseigneur.«

»Nun! was sagt die Königin?« rief der Cardinal mit einer Bewegung lebhafter Theilnahme.

»Die Königin hat uns zu Ihnen geschickt, Monseigneur.«

»Das ist sehr liebenswürdig von Ihrer Majestät. Doch was kann ich hiebei machen, meine armen Leute?«

»Sie vermögen Alles, Monseigneur; Sie können sagen, was man damit gethan hat.«

»Ich?«

»Gewiß.«

»Mein lieber Herr Böhmer. Sie könnten diese Sprache gegen mich führen, wenn ich bei der Räuberbande wäre, die der Königin das Halsband gestohlen hat.«

»Nicht der Königin ist das Halsband gestohlen worden.«

»Mein Gott! wem denn?«

»Die Königin leugnet es in ihrem Besitze gehabt zu haben.«

»Wie! sie leugnet?« sagte zögernd der Cardinal; »Sie haben doch eine Handschrift von ihr?«

»Sie sagt, die Handschrift sei falsch.«

»Ah! meine Herren, Sie verlieren den Kopf!« rief der Cardinal.

»Ist es wahr?« sagte Böhmer zu Bossange, und dieser antwortete mit einer dreifachen Beipflichtung.

»Die Königin,« sprach der Cardinal, »die Königin hat geleugnet, weil Jemand bei ihr war, als Sie mit ihr sprachen.«

»Niemand, Monseigneur, doch das ist noch nicht Alles.«

»Was denn noch?«

»Die Königin hat nicht nur geleugnet, sie hat nicht nur behauptet, die Verschreibung sei falsch; sondern sie hat uns auch einen Schein von uns gezeigt, in dem bezeugt wird, daß wir das Halsband zurückgenommen haben.«

»Einen Schein von Ihnen? … Und dieser Schein?«

»Ist falsch, wie der andere; Sie wissen das wohl, Herr Cardinal.«

»Falsch … Zwei Fälschungen … Und Sie sagen, ich wisse das wohl?«

»Sicherlich, da Sie gekommen sind, um uns in dem zu bestätigen, was uns Frau von La Mothe gesagt hatte; denn Sie, Sie wußten, daß wir das Halsband wirklich verkauft hatten, und daß es in den Händen der Königin war.«

»Ah! ah!« sagte der Cardinal, während er mit einer Hand über seine Stirn fuhr, »das sind, wie mir scheint, sehr ernste Dinge. Verständigen wir uns ein wenig. Meine Operationen mit Ihnen waren folgende.«

»Gut, Monseigneur.«

»Zuerst durch mich für Rechnung Ihrer Majestät gemachter Ankauf eines Halsbandes, auf welches ich Ihnen zweimal hundert und fünfzigtausend Livres bezahlt habe.«

»Das ist wahr, Monseigneur.«

»Dann von der Königin unmittelbar unterschriebener Verkauf, Sie haben mir das wenigstens gesagt, mit Terminen von ihr selbst und auf die Verantwortlichkeit ihrer Unterschrift?«

»Ihrer Unterschrift … Sie sagen, es sei die Unterschrift der Königin, nicht wahr, Monseigneur?«

»Zeigen Sie sie mir!«

»Hier ist sie.«

Die Juweliere zogen die Verschreibung aus ihrem Portefeuille. Der Cardinal warf einen Blick darauf.

»Ei! Sie sind Kinder!« rief er. » Marie Antoinette von Frankreich … Ist die Königin nicht eine Tochter des Hauses Österreich? Sie sind betrogen: die Schrift und die Unterzeichnung, Alles ist falsch!«

»Aber Frau von La Mothe muß den Fälscher und den Dieb kennen,« riefen die Juweliere ganz außer sich.

Die Wahrheit dieser Behauptung wirkte schlagend auf den Cardinal.

»Rufen wir Frau von La Mothe,« sagte er sehr beunruhigt.

Und er läutete, wie es die Königin gethan hatte.

Seine Leute stürzten fort, um Jeanne zu verfolgen, deren Wagen noch nicht fern sein konnte.

Die Herren Böhmer und Bossange kauerten sich indessen, wie Hasen in's Lager, in die Versprechungen der Königin und wiederholten:

»Wo ist das Halsband? wo ist das Halsband?«

»Sie werden mich taub machen,« sagte der Cardinal sehr ärgerlich. »Weiß ich, wo Ihr Halsband ist? Ich habe es selbst der Königin übergeben, mehr weiß ich nicht.«

»Das Halsband, wenn wir kein Geld bekommen! das Halsband!« wiederholten die zwei Kaufleute.

»Meine Herren, das geht mich nichts an,« schrie der Cardinal außer sich und nahe daran, seine zwei Gläubiger aus der Thüre zu werfen.

»Frau von La Mothe, die Frau Gräfin,« schrieen Böhmer und Bossange, heiser durch ihr verzweifeltes Gejammer, »sie ist es, die uns zu Grunde gerichtet hat.«

»Frau von La Mothe ist von einer Redlichkeit, welche zu verdächtigen ich Ihnen verbiete, wenn Sie nicht in meinem Hause krumm und lahm geschlagen werden wollen.«

»Ein Schuldiger ist doch da,« entgegnete Böhmer mit kläglichem Tone, »diese zwei Fälschungen sind von Jemand gemacht worden.«

»Etwa von mir?« rief Herr von Rohan hoffärtig.

»Monseigneur, das wollen wir gewiß nicht sagen.«

»Nun also?«

»Monseigneur, um Gottes willen eine Erklärung.«

»Warten Sie, bis ich selbst eine habe.«

»Aber, Monseigneur, was sollen wir der Königin antworten? denn Ihre Majestät schreit ebenso laut gegen uns.«

»Und was sagt sie?«

»Die Königin sagt, Sie oder Frau von La Mothe haben das Halsband, nicht sie.«

»Wohl denn!« sprach der Cardinal, bleich vor Scham und Zorn, »sagen Sie der Königin, daß … Nein, sagen Sie ihr nichts … Genug des Aergernisses. Doch morgen … morgen, hören Sie, halte ich das Amt in der Capelle von Versailles; kommen Sie, Sie werden sehen, wie ich mich der Königin nähere, wie ich sie frage, ob sie das Halsband nicht in ihrem Besitze habe, und Sie werden dann hören, was sie antwortet! leugnet sie mir gegenüber, dann, meine Herren, bin ich Rohan, und ich werde bezahlen!«

Und nach diesen Worten, die er mit einer Größe sprach, wovon die einfache Prosa keinen Begriff geben kann, entließ der Prinz die zwei Kaufleute, und diese gingen rückwärts, sich mit den Ellenbogen berührend, hinaus.

»Morgen also,« stammelte Böhmer noch, »nicht wahr, Monseigneur?«

»Morgen Vormittag um elf Uhr in der Kapelle von Versailles,« antwortete der Cardinal.

LXXIV.
Fechtkunst und Diplomatie

Am andern Tag gegen zehn Uhr kam ein Wagen mit dem Wappen des Herrn von Breteuil in Versailles an.

Diejenigen von unsern Lesern, welche sich der Geschichte Balsamo's und Gilberts erinnern, werden nicht vergessen haben, daß Herr von Breteuil, ein Nebenbuhler und persönlicher Feind des Herrn von Rohan, seit langer Zeit auf jede Gelegenheit lauerte, um seinem Gegner einen tödtlichen Schlag beizubringen.

Die Diplomatie ist der Fechtkunst in der Hinsicht sehr überlegen, daß bei letzterer Wissenschaft ein Gegenstoß in einer Secunde gegeben sein muß, während die Diplomaten fünfzehn Jahre und mehr, wenn es sein muß, haben, um den Stoß, den sie zurückgeben, zu combiniren und so tödtlich als möglich zu machen.

Herr von Breteuil hatte den König eine Stunde vorher um eine Audienz bitten lassen, und er fand Seine Majestät, als sie sich gerade ankleiden ließ, um zur Messe zu gehen.

»Ein herrliches Wetter!« sagte Ludwig XVI. ganz heiter, als der Diplomat in sein Cabinet eintrat, »ein wahres Mariae-Himmelfahrts-Wetter; sehen Sie, es ist keine Wolke mehr zu sehen.«

»Sire, bedaure unendlich, daß ich Ihrer Ruhe eine Wolke bringen muß,« erwiderte der Minister.

»Oh!« rief der König, dessen heitere Miene sich verdüsterte, »der Tag fängt schlimm an; was gibt es?«

»Sire, ich bin sehr in Verlegenheit, wie ich Ihnen das erzählen soll, um so mehr, als es nicht zum Geschäftskreise meines Ministeriums gehört. Es ist eine Art von Diebstahl, und das wäre Sache des Policei-Lieutenants.«

»Ein Diebstahl! … Sie sind Siegelbewahrer, und die Diebe begegnen am Ende immer der Justiz.«

»Wohl, Sire, vernehmen Sie, wie sich die Sache verhält: Eure Majestät hat wohl von einem Diamantenhalsband sprechen hören?«

»Das von Herrn Böhmer?«

»Ja, Sire.«

»Das, welches die Königin ausgeschlagen hat?«

»Ganz richtig.«

»Eine Zurückweisung, die mir ein schönes Schiff eingetragen hat, den Suffren,« sagte der König, sich die Hände reibend.

»Nun, Sire,« sprach der Baron von Breteuil, unempfindlich für alles Schlimme, was er zu thun im Begriffe war, »dieses Halsband ist gestohlen worden.«

»Ah! das ist ein Unglück!« rief der König. »Es war theuer, doch die Diamanten sind kennbar. Wenn man sie zerschnitte, würde man die Frucht des Diebstahls verlieren. Man wird sie ganz lassen, und die Policei wird sie wieder auffinden …«

»Sire,« unterbrach der Baron von Breteuil, »das ist kein gewöhnlicher Diebstahl. Es vermischen sich damit Gerüchte.«

»Gerüchte? wie soll ich das verstehen?«

»Sire, man behauptet, die Königin habe das Halsband behalten.«

»Wie, behalten? In meiner Gegenwart hat sie es ausgeschlagen, ohne es nur anschauen zu wollen. Albernheiten, Tollheiten, Baron; die Königin hat das Halsband nicht behalten.«

»Sire, ich habe mich nicht des geeigneten Wortes bedient: die Verleumdungen sind stets so blind in Beziehung auf Fürsten, daß der Ausdruck für königliche Ohren zu verletzend ist. Das Wort behalten …«

»Ah! Herr von Breteuil,« sprach der König mit einem Lächeln, »man wird doch wohl nicht behaupten, die Königin habe das Halsband gestohlen?«

»Nein,« erwiderte lebhaft Herr von Breteuil, »man sagt, die Königin habe den von ihr abgebrochenen Handel wieder aufgenommen; man sagt, und ich brauche Eurer Majestät nicht zu wiederholen, wie sehr meine Ehrfurcht und meine Ergebenheit diese schändlichen Muthmaßungen verachten, man sagt, die Juweliere besitzen von Ihrer Majestät der Königin einen Schein, in welchem bezeugt sei, daß sie das Halsband behalte.«

Der König erbleichte.

»Man sagt das?« wiederholte er. »Was sagt man nicht? Doch im Ganzen setzt mich das in Erstaunen. Hatte die Königin das Halsband unter der Hand gekauft, so würde ich es nicht tadeln. Die Königin ist ein Weib, das Halsband war ein seltenes, wunderbares Stück. Die Königin kann, Gott sei Dank, anderthalb Millionen für ihre Toilette ausgeben, wenn sie es wollte. Ich werde es billigen, und sie wird nur darin Unrecht gehabt haben, daß sie mir ihren Wunsch verschwiegen. Doch es geziemt sich nicht für den König, sich in diese Sache zu mischen; sie geht den Mann an. Der Mann wird seine Frau tadeln, wenn er will oder wenn er kann; ich erkenne Niemand das Recht zu, dazwischen zu treten, nicht einmal mit einer üblen Nachrede.«

Der Baron verbeugte sich vor diesen so edlen und so kräftigen Worten des Königs. Aber Ludwig XVI. Festigkeit war eitel Schein. Einen Augenblick, nachdem er sie gezeigt, wurde er schwankend, unruhig.

»Und dann,« fuhr er fort, »was sprechen Sie von einem Diebstahl? … Wenn ein Diebstahl stattgefunden hätte, so wäre das Halsband, wie mir scheint, nicht in den Händen der Königin. Wir wollen logisch sein!«

»Eure Majestät hat mich durch Ihren Zorn eiskalt gemacht, und ich konnte nicht vollenden …«

»Oh! mein Zorn! … ich zornig! … Was das betrifft, Baron … Baron!«

Und der gute König lachte geräuschvoll.

»Fahren Sie fort und sagen Sie mir Alles; sagen Sie mir sogar, die Königin habe das Halsband an Juden verkauft. Arme Frau, sie braucht oft Geld, und ich gebe ihr nicht immer.«

»Das wollte ich gerade Eurer Majestät zu sagen die Ehre haben. Die Königin hatte vor zwei Monaten durch Herrn von Calonne fünfmal hunderttausend Livres fordern lassen, und Eure Majestät hat sich geweigert, zu unterzeichnen.«

»Das ist wahr.«

»Wohl, Sire, dieses Geld sollte, wie man sagt, dazu dienen, das erste Quartal der von der Königin beim Ankauf des Halsbandes unterzeichneten Termine zu bezahlen. Da die Königin kein Geld hatte, so weigerte sie sich, zu bezahlen.«

»Nun?« fragte der König, allmälig interessirt, wie es geschieht, wenn auf den Zweifel ein Anfang von Wahrscheinlichkeit folgt.

»Sire, hier fängt die Geschichte an, die mir mein Eifer Eurer Majestät zu erzählen befiehlt.«

»Wie! Sie sagen, die Geschichte fange hier an: mein Gott! was ist es denn?« rief der König, seine Verlegenheit vor den Augen des Barons verrathend, der von da an im Vortheil blieb.

»Sire, man sagt, die Königin habe sich an Jemand gewendet, um Geld zu bekommen.«

»An wen? an einen Juden, nicht wahr?«

»Nein, Sire, nicht an einen Juden.«

»Ei, mein Gott! Sie sagen mir das mit einer seltsamen Miene, Breteuil. Oh! gut, ich errathe; eine auswärtige Intrigue: die Königin hat das Geld von ihrem Bruder, von ihrer Familie verlangt? Oesterreich steckt dahinter?«

Man weiß, wie empfindlich der König in Betreff des Wiener Hofes war.

»Das wäre besser,« erwiderte Herr von Breteuil.

»Wie! das wäre besser? Aber von wem hat denn die Königin Geld verlangen können?«

»Sire, ich wage es nicht …«

»Sie setzen mich in Erstaunen, mein Herr,« sprach der König, indem er das Haupt erhob und wieder seinen königlichen Ton annahm: »Sprechen Sie auf der Stelle, wenn's beliebt, und nennen Sie mir den Geldleiher.«

»Herr von Rohan, Sire.«

»Wie! Sie erröthen nicht, mir Herrn von Rohan, den ruinirtesten Mann dieses Königreichs, zu nennen!«

»Sire …« sagte Herr von Breteuil, die Augen niederschlagend.

»Das ist eine Miene, die mir mißfällt,« fügte der König bei, »und Sie werden sich sogleich erklären, mein Herr Siegelbewahrer.«

»Nein, Sire; um keinen Preis der Welt; denn nichts würde mich zwingen, ein die Ehre meines Königs und meiner Souveränin bloßstellendes Wort von meinen Lippen fallen zu lassen.«

Der König faltete die Stirne.

»Wir steigen sehr tief hinab, Herr von Breteuil; diese Policeimeldung ist ganz geschwängert von den Dünsten des Pfuhls, von dem sie ausgeht.«

»Sire, jede Verleumdung dünstet tödtliche Miasmen aus, und darum müssen die Könige die Luft rein machen, und zwar durch große Mittel, wenn nicht ihre Ehre durch diese Gifte, selbst auf dem Throne, umgebracht werden soll.«

»Herr von Rohan,« murmelte der König; »welche Wahrscheinlichkeit! … Der Cardinal läßt also sagen? …«

»Sire, Eure Majestät wird sich überzeugen, daß Herr von Rohan Unterredungen mit den Juwelieren Böhmer und Bossange gehabt hat, daß die Sache des Ankaufs von ihm geordnet worden ist, daß er die Zahlungsbedingungen angenommen und festgestellt hat.«

»Wahrhaftig!« rief der König, ganz bebend vor Zorn und Eifersucht.

»Es ist dieß eine Thatsache, welche das kleinste Verhör erweisen wird. Ich mache mich hiezu gegen Eure Majestät anheischig.«

»Sie sagen, Sie machen sich hiezu anheischig?«

»Ohne Rückhalt, unter meiner Verantwortlichkeit, Sire.«

Der König ging rasch in seinem Cabinet auf und ab.

»Das sind furchtbare Dinge,« sagte er; »ja, doch in dem Allem sehe ich den Diebstahl noch nicht.«

»Sire, die Juweliere haben, wie sie behaupten, einen von der Königin unterzeichneten Schein erhalten, und das Halsband muß in den Händen der Königin sein.«

»Ah!« rief der König in einem Ausbruch der Hoffnung; »sie leugnet! Sie sehen wohl, daß sie leugnet, Breteuil.«

»Ei! Sire, habe ich je Eure Majestät glauben lassen, ich wisse nicht, daß die Königin unschuldig ist? Sollte ich so beklagenswerth sein, daß Eure Majestät nicht sähe, welche Ehrfurcht und Liebe für die reinste der Frauen in meinem Herzen wohnt?«

»Sie klagen also nur Herrn von Rohan an?«

»Sire, der Anschein räth …«

»Eine schwere Anschuldigung, Baron.«

»Welche vielleicht vor einer Untersuchung fallen wird; doch die Untersuchung ist unerläßlich. Bedenken Sie doch, Sire, daß die Königin das Halsband nicht zu haben behauptet; daß die Juweliere es an die Königin verkauft zu haben behaupten; daß sich das Halsband nicht wiederfindet, und daß das Wort Diebstahl vom Volk zwischen dem Namen Rohan und dem geheiligten Namen der Königin ausgesprochen worden ist.«

»Es ist wahr, es ist wahr,« sagte der König ganz verwirrt; »Sie haben Recht, Breteuil, diese ganze Sache muß aufgeklärt werden.«

»Durchaus, Sire.«

»Mein Gott! was geht dort in der Gallerie vor? ist das nicht Herr von Rohan, der sich in die Capelle begibt?«

»Sire, Herr von Rohan kann sich noch nicht in die Capelle begeben. Es ist noch nicht elf Uhr; und dann hätte Herr von Rohan, der heute das Amt hält, sein priesterliches Gewand an. Er ist es nicht, der dort geht. Eure Majestät hat noch über eine halbe Stunde zu verfügen.«

»Was soll ich dann thun? mit ihm sprechen? ihn kommen lassen?«

»Nein, Sire; erlauben Sie mir, Eurer Majestät einen Rath zu geben; machen Sie die Sache nicht ruchbar, ehe Sie mit Ihrer Majestät der Königin gesprochen haben.«

»Ja, sie wird mir die Wahrheit sagen.«

»Zweifeln wir nicht einen Augenblick daran, Sire.«

»Hören Sie, Baron, kommen Sie hierher und sagen Sie mir unverholen, ohne Milderung, jede Thatsache, jede Deutung.«

»Ich habe Alles in diesem Portefeuille auseinandergesetzt, mit den Beweisen zur Bekräftigung.«

»An's Geschäft also; warten Sie, daß ich die Thüre meines Cabinets schließen lasse; ich hatte diesen Morgen zwei Audienzen, ich werde sie verschieben.«

Der König gab seine Befehle, setzte sich dann wieder und warf einen letzten Blick durch das Fenster.

»Dießmal,« sagte er, »ist es gewiß der Cardinal, schauen Sie.«

Herr von Breteuil stand auf, trat an's Fenster und erblickte Herrn von Rohan, der im großen Gewande eines Cardinals und Erzbischofs sich nach dem Gemach wandte, das für ihn bestimmt war, so oft er ein feierliches Amt in Versailles hielt.

»Endlich ist er da!« rief der König sich erhebend.

»Desto besser,« sagte Herr von Breteuil, »die Erklärung wird keinen langen Aufschub erleiden.«

Und er begann den König mit allem Eifer eines Mannes zu unterweisen, der einen Andern zu Grunde richten will.

Eine höllische Kunst hatte in seinem Portefeuille Alles zusammengestellt, was den Cardinal erdrücken konnte. Der König sah wohl die Beweise für die Schuld des Herrn von Rohan sich häufen, aber er verzweifelte, daß er nicht so schnell die Beweise für die Unschuld der Königin kommen sah.

Er ertrug ungeduldig seit einer Viertelstunde diese Marter, als plötzlich Rufe in der anstoßenden Gallerie ertönten.

Der König horchte, Herr von Breteuil unterbrach sich im Lesen.

Ein Officier kratzte an der Thüre des Cabinets.

»Was gibt es?« fragte der König, bei dem seit der Mittheilung des Herrn von Breteuil alle Nerven in Bewegung gesetzt waren.

Der Officier trat ein.

»Sire, Ihre Majestät die Königin bittet Eure Majestät, zu ihr kommen zu wollen.«

»Es gibt etwas Neues,« sprach der König erbleichend.

»Vielleicht,« sagte Breteuil.

»Ich gehe zur Königin!« rief der König. »Erwarten Sie mich hier, Herr von Breteuil.«

»Wir stehen der Entwicklung nahe,« murmelte Herr von Breteuil.