Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2», sayfa 48

Yazı tipi:

LXXV.
Edelmann, Cardinal und Königin

In der Stunde, wo Herr von Breteuil beim König erschienen war, hatte Herr von Charny, bleich, bewegt, sich eine Audienz bei der Königin erbitten lassen.

Diese kleidete sich an; sie sah durch das Fenster ihres Boudoir, das auf die Terrasse ging, Charny, der demüthig eingeführt zu werden verlangte.

Marie Antoinette ertheilte Befehl, ihn eintreten zu lassen, als er kaum sein Gesuch ausgesprochen hatte.

Denn sie gab dem Bedürfnisse ihres Herzens nach; denn sie sagte sich mit einem edlen Stolz, eine reine und unkörperliche Liebe, wie die seinige, habe das Eintrittsrecht zu jeder Stunde selbst in den Palast der Königinnen.

Charny trat ein, berührte zitternd die Hand, die ihm die Königin reichte, und sprach mit erstickter Stimme:

»Ah! Madame, welch ein Unglück!«

»Was haben Sie denn?« rief die Königin erbleichend, als sie ihren Freund so bleich sah.

»Madame, wissen Sie, was ich so eben erfahren habe? wissen Sie, was man sagt? wissen Sie, was der König vielleicht weiß, oder was er morgen erfahren wird?«

Sie schauderte beim Gedanken an die Nacht keuscher Wonne, wo vielleicht ein eifersüchtiges, feindseliges Auge sie mit Charny im Park von Versailles gesehen hatte.

»Sagen Sie Alles, ich bin stark,« erwiderte sie, eine Hand auf ihr Herz drückend.

»Madame, man sagt, Sie haben ein Halsband von Böhmer und Bossange gekauft.«

»Ich habe es zurückgegeben,« entgegnete rasch Marie Antoinette.

»Hören Sie, man sagt, Sie haben es nur scheinbar zurückgegeben. Sie haben es bezahlen zu können geglaubt, der König habe Sie dadurch daran verhindert, daß er es verweigert, eine Anweisung des Herrn von Calonne zu unterzeichnen; dann haben Sie sich an Jemand gewendet, um Geld zu finden, und dieser Jemand sei Ihr Geliebter.«

»Sie!« rief die Königin mit einer Bewegung erhabenen Vertrauens. »Sie! mein Herr? he! lassen Sie diejenigen reden, welche das sagen. Die im Titel eines Geliebten liegenden Injurie kann ihnen nicht so angenehm sein, als der Freundestitel eine süße, fortan zwischen uns Beiden geheiligte Wahrheit ist.«

Charny hielt, ganz verwirrt durch die männliche und fruchtbare Beredtsamteit, welche aus der wahren Liebe entströmt, wie der wesentliche Wohlgeruch aus dem Herzen jeder edelmüthigen Frau, inne.

Doch der Zwischenraum, den er zwischen die Worte der Königin und eine Erwiderung von ihm setzte, verdoppelte die Bangigkeit Marie Antoinettes, und sie rief:

»Wovon wollen Sie sprechen, Herr von Charny? Die Verleumdung hat eine Sprache, die ich nie verstehe; haben Sie dieselbe verstanden?«

»Madame, wollen Sie mir eine ununterbrochene Aufmerksamkeit schenken, denn die Sache ist sehr ernster Natur. Gestern ging ich mit meinem Oheim, Herrn von Suffren, zu den Hofjuwelieren Böhmer und Bossange; mein Oheim hatte nämlich Diamanten von Indien mitgebracht und wollte sie schätzen lassen. Man sprach von Allem und von Allen. Die Juweliere erzählten dem Herrn Bailli eine abscheuliche Geschichte mit den Commentaren der Feinde Eurer Majestät. Madame, ich bin in Verzweiflung; haben Sie das Halsband gekauft, so sagen Sie es mir; haben Sie es nicht bezahlt, so sagen Sie es mir auch. Aber lassen Sie mich nicht glauben, Herr von Rohan habe es bezahlt.«

»Herr von Rohan!« rief die Königin.

»Ja, Herr von Rohan, der Mann, welcher für den Liebhaber der Königin gilt; der Mann, von welchem die Königin Geld entlehnt; der Mann, den ein Unglücklicher, welchen man Herrn von Charny nennt, im Parke von Versailles der Königin zulächeln, vor der Königin niederknieen, der Königin die Hand küssen sah; der Mann …«

»Mein Herr,« rief Marie Antoinette, »glauben Sie, wenn ich nicht mehr da bin, so geschieht dieß, weil Sie mich nicht lieben, wenn ich da bin.«

»Oh!« erwiderte der junge Mann, »es waltet eine dringliche Gefahr ob; ich komme weder um Offenherzigkeit, noch um Muth von Ihnen zu fordern; ich komme, um einen Dienst von Ihnen zu erflehen.«

»Sagen Sie mir vor Allem, welche Gefahr dieß ist.«

»Welche Gefahr! Madame, ein Wahnsinniger ist der, welcher sie nicht erräth. Indem der Cardinal sich für die Königin verbürgt, indem er für die Königin bezahlt, richtet er sie zu Grunde. Ich spreche hier nicht von dem tödtlichen Mißvergnügen, das Herrn von Charny ein Vertrauen, wie das, welches Herr von Rohan Ihnen einflößt, verursachen kann. Nein. An solchen Schmerzen stirbt man, aber man beklagt sich nicht darüber.«

»Sie sind verrückt!« entgegnete Marie Antoinette zornig.

»Ich bin nicht verrückt, Madame, aber Sie sind unglücklich, Sie sind verloren. Ich habe Sie im Park gesehen … Ich sagte es Ihnen wohl. Ich hatte mich nicht getäuscht. Heute ist die gräßliche, die tödtliche Wahrheit an's Tageslicht gekommen … Herr von Rohan rühmt sich vielleicht …«

Die Königin ergriff Charny beim Arm und wiederholte mit unaussprechlicher Bangigkeit:

»Wahnsinniger! Wahnsinniger! glauben Sie an den Haß, glauben Sie an Schatten, glauben Sie an das Unmögliche; aber in des Himmels Namen! nach dem was ich Ihnen gesagt habe, glauben Sie nicht, ich sei schuldig!… Schuldig! Dieses Wort würde mich in einen Haufen glühender Kohlen springen machen. Schuldig … mit … Ich, die ich nie an Sie gedacht habe, ohne Gott zu bitten, er möge mir diesen einzigen Gedanken verzeihen, den ich ein Verbrechen nannte. Oh! Herr von Charny, wenn Sie nicht wollen, daß ich heute verloren, morgen todt bin, sagen Sie mir, Sie beargwöhnen mich nicht, oder fliehen Sie so weit, daß Sie nicht einmal das Geräusch meines Sturzes im Augenblick meines Todes hören.«

Olivier rang voll Angst die Hände und rief:

»Hören Sie mich an, wenn ich Ihnen einen wirksamen Dienst leisten soll.«

»Ein Dienst von Ihnen!« rief die Königin, »von Ihnen, der Sie grausamer sind, als meine Feinde; … denn meine Feinde schuldigen mich nur an, während Sie Verdacht gegen mich hegen! Ein Dienst von Seiten des Mannes, der mich verachtet, nie … mein Herr! nie! …«

Olivier näherte sich der Königin, nahm ihre Hand in die seinige und sprach:

»Sie werden wohl sehen, daß ich kein Mann bin, der seufzt und weint; die Augenblicke sind kostbar; diesen Abend wäre es zu spät, um zu thun, was uns zu thun übrig bleibt. Wollen Sie mich von der Verzweiflung retten, indem Sie sich selbst von der Schande retten?«

»Mein Herr! …«

»Oh! im Angesicht des Todes werde ich meine Worte nicht mehr ängstlich abwägen. Wenn Sie mich nicht hören, sage ich Ihnen, so sind wir heute Abend Beide gestorben, Sie aus Scham, ich, weil ich Sie habe sterben sehen.«

»Mein Herr!«

»Gerade auf den Feind los, Madame, wie in unseren Schlachten! gerade der Gefahr entgegen! gerade in den Tod! Gehen wir mit einander, ich als der unbekannte, aber muthige Soldat. Sie mit der Majestät, mit der Stärke in das dichteste Kampfgewühl. Unterliegen Sie, wohl, dann werden Sie nicht allein sein. Hören Sie, Madame, sehen Sie in mir einen Bruder … Sie brauchen vielleicht … Geld, um … das Halsband zu bezahlen?«

»Ich?«

»Leugnen Sie es nicht.«

»Ich sage Ihnen …«

»Sagen Sie nicht, daß Sie das Halsband nicht haben.«

»Ich schwöre Ihnen …«

»Schwören Sie nicht, wenn Sie wollen, daß ich Sie noch liebe.«

»Olivier!«

»Es bleibt Ihnen ein Mittel, zugleich Ihre Ehre und meine Liebe zu retten. Das Halsband kostet sechszehnmal hunderttausend Livres, Sie haben zweimal hundert und fünfzigtausend bezahlt; hier sind anderthalb Millionen, nehmen Sie dieselben.«

»Was ist das?«

»Schauen Sie nicht, nehmen und bezahlen Sie.«

»Ihre Güter verkauft! Olivier! Ihre Güter von mir erkauft und berichtigt! Sie berauben sich um meinetwillen! Sie sind ein gutes und edles Herz, und ich werde bei einer solchen Liebe nicht mehr um die Geständnisse feilschen. Olivier, ich liebe Sie!«

»Nehmen Sie an?«

»Nein; doch ich liebe Sie.«

»Herr von Rohan wird also bezahlen? Bedenken Sie wohl, Madame, das ist keine Großmuth mehr von Ihrer Seite, sondern eine Grausamkeit, die mich zu Boden drückt. Sie nehmen vom Cardinal an?«

»Ich! gehen Sie doch, Herr von Charny! Ich bin die Königin, und wenn ich meinen Unterthanen Liebe oder Vermögen gebe, so nehme ich doch nie an.«

»Was werden Sie denn thun?«

»Sie sollen mir mein Benehmen vorschreiben. Was sagen Sie, daß Herr von Rohan denkt?«

»Er denkt, Sie seien seine Geliebte.«

»Sie sind hart, Olivier …«

»Ich spreche, wie man im Angesicht des Todes spricht.«

»Was sagen Sie, daß die Juweliere denken?«

»Da die Königin nicht bezahlen könne, so werde Herr von Rohan bezahlen.«

»Was sagen Sie, daß man im Publikum in Betreff des Halsbandes denkt?«

»Daß Sie es haben, daß Sie es verborgen haben, daß Sie es erst zugestehen werden, wenn es entweder vom Cardinal aus Liebe für Sie, oder vom König aus Furcht vor dem Aergerniß bezahlt sei.«

»Gut; und Sie, Charny, Ihrerseits, ich schaue Ihnen in's Gesicht und frage Sie: Was halten Sie von den Scenen, die Sie im Parke von Versailles gesehen?«

»Madame, ich glaube, daß Sie Ihre Unschuld zu beweisen nöthig haben,« erwiderte energisch der würdige Edelmann.

Die Königin wischte sich den Schweiß ab, der von ihrer Stirne floß.

»Der Prinz Louis, Cardinal von Rohan, Großalmosenier von Frankreich!« rief die Stimme eines Huissier im Vorgemach,

»Er!« murmelte Charny.

»Sie sind nach Wünschen bedient,« sagte die Königin.

»Sie wollen ihn empfangen?«

»Ich war im Begriff, ihn rufen zu lassen.«

»Aber ich …«

»Treten Sie in mein Boudoir und lassen Sie die Thüre ein wenig offen, um gut zu hören.«

»Madame!«

»Gehen Sie geschwind, der Cardinal kommt.«

Sie schob Herrn von Charny in das Zimmer, das sie ihm bezeichnet hatte, zog die Thüre so viel als nöthig an und ließ den Cardinal eintreten.

Herr von Rohan erschien auf der Schwelle des Gemaches; er war glänzend in seiner priesterlichen Tracht. Hinter ihm, in einer gewissen Entfernung, erblickte man ein zahlreiches Gefolge, dessen Kleider glänzten, wie das ihres Gebieters.

Unter diesen gebückten Leuten konnte man die Herren Böhmer und Bossange wahrnehmen, die in ihren Galakleidern etwas verlegen aussahen.

Die Königin ging dem Cardinal entgegen und versuchte dabei ein Lächeln, das jedoch bald auf ihren Lippen erstarb.

Louis von Rohan war ernst, sogar traurig. Er hatte die Ruhe des muthigen Mannes, der kämpfen soll, die unmerkliche Drohung des Priesters, der zu verzeihen haben kann.

Die Königin bezeichnete ihm durch die Geberde ein Tabouret; der Cardinal blieb stehen.

»Madame«, sagte er, nachdem er sich sichtbar zitternd verbeugt, »ich hatte mehrere wichtige Dinge Eurer Majestät mitzutheilen, die es sich zur Aufgabe macht, mir auszuweichen.«

»Ich!« entgegnete die Königin, »ich weiche Ihnen so wenig aus, Herr Cardinal, daß ich im Begriff war, Sie rufen zu lassen.«

Der Cardinal warf einen Blick nach dem Boudoir und fragte dann mit leiser Stimme:

»Bin ich allein mit Eurer Majestät? habe ich das Recht, mit voller Freiheit zu sprechen?«

»In voller Freiheit, Herr Cardinal; thun Sie sich keinen Zwang an, wir sind allein.«

Und ihre Stimme schien ihre Worte dem im anstoßenden Zimmer verborgenen Edelmann zusenden zu wollen.

Sie freute sich voll Stolz über ihren Muth und die Gewißheit, welche der ohne Zweifel sehr aufmerksame Charny gleich bei den ersten Worten bekommen würde.

Der Cardinal faßte seinen Entschluß. Er rückte das Tabouret zum Lehnstuhl der Königin, um sich so fern als möglich von der Doppelthüre zu befinden.

»Das sind viele Vorbereitungen,« rief die Königin, Heiterkeit heuchelnd.

»Dieß geschieht, weil …« sagte der Cardinal.

»Weil …?« wiederholte die Königin.

»Wird der König nicht kommen?« fragte Herr von Rohan.

»Fürchten Sie sich weder vor dem König, noch vor irgend Jemand,« erwiderte lebhaft Marie Antoinette.

»Oh! nur vor Ihnen habe ich bange,« versetzte der Cardinal mit bewegter Stimme.

»Ein Grund mehr, ich bin nicht sehr furchtbar; sprechen Sie in wenigen Worten, sprechen Sie mit lauter und vernehmlicher Stimme, ich liebe die Offenherzigkeit, und wenn Sie mich schonen, werde ich glauben, Sie seien kein Mann von Ehre. Oh! keine Geberden mehr: man hat mir gesagt, Sie haben Beschwerden gegen mich. Sprechen Sie, ich liebe den Krieg, ich bin von einem Blut, das nicht erschrickt! Sie auch, ich weiß es wohl. Was haben Sie mir vorzuwerfen?«

Der Cardinal stieß einen Seufzer aus und stand auf, als wollte er die Luft des Zimmers in größerem Umfang einsaugen.

LXXVI.
Erklärungen

Die Königin und der Cardinal befanden sich erwähnter Maßen einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber, Charny konnte im Cabinet auch das geringste Wort der Sprechenden hören, und die auf beiden Seiten ungeduldig erwarteten Erklärungen sollten endlich beginnen.

»Madame,« sagte der Cardinal, sich verbeugend, »Sie wissen, was in Beziehung auf unser Halsband vorgeht!«

»Nein, mein Herr, ich weiß es nicht, und es ist mir lieb, wenn ich es von Ihnen erfahre.«

»Warum beschränkt mich Eure Majestät seit langer Zeit darauf, daß ich mich ihr nur durch Vermittlung mittheilen kann? Warum läßt sie es zu keiner Erklärung kommen, wenn sie einen Grund des Hasses gegen mich hat?«

»Ich weiß nicht, was Sie hiemit sagen wollen, Herr Cardinal, und ich habe keinen Grund, Sie zu hassen. Doch das ist, glaube ich, nicht der Gegenstand unserer Unterredung. Wollen Sie mir also über das unglückliche Halsband eine bestimmte Auskunft geben, und vor Allem … wo ist Frau von La Mothe?«

»Ich war im Begriff, dieß Eure Majestät zu fragen.«

»Verzeihen Sie, wenn Jemand wissen kann, wo Frau von La Mothe ist, so sind Sie es, Herr Cardinal, glaube ich.«

»Ich, Madame, aus welchem Grunde?«

»Oh! ich bin nicht hier um Bekenntnisse entgegenzunehmen, Herr Cardinal, ich muß Frau von La Mothe nothwendig sprechen, ich habe sie rufen lassen, man hat sie zehnmal in ihrem Hause gesucht, sie hat nicht geantwortet. Dieses Verschwinden ist seltsam, das werden Sie zugestehen.«

»Ich wundere mich auch über dieses Verschwinden, Madame, denn ich habe Frau von La Mothe bitten lassen, zu mir zu kommen; sie hat mir eben so wenig geantwortet, als Eurer Majestät.«

»Dann lassen wir die Gräfin, mein Herr, und sprechen wir von uns selbst.«

»Oh! nein, Madame, sprechen wir zuerst von ihr, denn gewisse Worte Eurer Majestät haben einen schmerzlichen Verdacht bei mir erregt: mir scheint, Eure Majestät warf mir emsige Bewerbungen um die Gunst der Gräfin vor.«

»Ich habe Ihnen noch gar nichts vorgeworfen, mein Herr, doch Geduld.«

»Oh! Madame, ein solcher Verdacht würde mir alle Empfindlichkeiten Ihrer Seele erklären, und dann würde ich, während ich verzweifeln müßte, die bis daher unfaßliche Strenge begreifen, die Sie mir gegenüber gebraucht haben.«

»Hier ist es wo wir aufhören, uns zu verstehen,« sprach die Königin; »Sie sind von einer undurchdringlichen Dunkelheit, und damit wir uns nicht mehr im Nebel verlieren, verlange ich Erläuterungen von Ihnen. Zur Sache! zur Sache!«

»Madame!« rief der Cardinal, indem er die Hände faltete und sich der Königin näherte, »haben Sie die Gnade, das Gespräch nicht zu wechseln: zwei Worte mehr über den Gegenstand, den wir so eben verhandelten, und wir hätten uns verständigt.«

»In der That, mein Herr, Sie sprechen eine Sprache, die ich nicht verstehe; ich bitte, lassen Sie uns zum Französischen zurückkehren. Wo ist das Halsband, das ich den Juwelieren zurückgegeben habe?«

»Das Halsband, das Sie zurückgegeben haben?« rief Herr von Rohan.

»Ja, was haben Sie damit gemacht?«

»Ich! ei ich weiß nicht, Madame …«

»Hören Sie, Eines ist da ganz einfach … Frau von La Mothe hat das Halsband genommen, sie hat es in meinem Namen zurückgegeben. Die Juweliere behaupten, sie haben es nicht zurückerhalten. Ich habe in meinen Händen einen Empfangschein, der das Gegentheil beweist; die Juweliere sagen, der Schein sei falsch. Frau von La Mothe könnte mit einem Worte Alles aufklären … sie findet sich nicht; nun denn! lassen Sie mich Muthmaßungen an die Stelle dunkler Thatsachen setzen: Frau von La Mothe hat das Halsband zurückgeben wollen. Sie, dessen ohne Zweifel wohlwollende Manie es immer war, mich zum Ankauf des Halsbandes zu veranlassen, Sie, der Sie es mir brachten, mit dem Anerbieten, für mich zu bezahlen, einem Anerbieten …«

»Das Eure Majestät sehr hart ausgeschlagen hat,« fiel der Cardinal mit einem Seufzer ein.

»Nun wohl! ja, Sie beharrten bei der fixen Idee, daß ich im Besitze des Halsbandes bleiben sollte, und werden es den Juwelieren nicht zurückgegeben haben, in der Absicht, es mir bei irgend einer Gelegenheit wieder in die Hand zu spielen. Frau von La Mothe war schwach, während sie mein Widerstreben, die Unmöglichkeit, in der ich mich in Betreff des Bezahlens befand, und meinen unerschütterlichen Entschluß, das Halsband mir nicht ohne Geld zu erwerben, kannte; Frau von La Mothe hat aus Eifer für mich mit Ihnen conspirirt, und heute fürchtet sie meinen Zorn und zeigt sich nicht. Ist es so? habe ich die Sache mitten in der Finsternis wiederaufgebaut? sagen Sie ja. Lassen Sie mich Ihnen diesen Leichtsinn, diesen Ungehorsam gegen meine förmlichen Befehle vorwerfen, Sie werden mit einem Verweise davon kommen, und Alles ist dann abgethan. Ich thue mehr, ich verspreche Ihnen Verzeihung für Frau von La Mothe, sie trete aus ihrer Reue hervor. Doch ich bitte, Klarheit, mein Herr, ich will nicht, daß in diesem Augenblick ein Schatten über meinem Leben schwebe, ich will das nicht, hören Sie wohl!«

Die Königin hatte diese Worte mit einer solchen Lebhaftigkeit gesprochen, sie hatte sie so kräftig betont, daß der Cardinal sie weder unterbrechen konnte noch wollte; aber sobald sie aufgehört, sagte er, einen Seufzer unterdrückend:

»Madame, ich will alle Ihre Muthmaßungen erwidern. Nein, ich beharrte nicht bei der Idee, Sie müßten das Halsband bekommen, in Betracht, daß ich der festen Ueberzeugung lebte, es sei in Ihren Händen. Nein, ich habe durchaus nicht mit Frau von La Mothe in Betreff dieses Halsbands conspirirt; nein, ich habe es ebenso wenig als die Juweliere es haben, als wie Sie sagen, Sie selbst es haben.«

»Das ist nicht möglich,« rief die Königin ganz erstaunt: »Sie haben das Halsband nicht?«

»Nein, Madame.«

»Sie haben Frau von La Mothe nicht gerathen, sich fern zu halten?«

»Nein, Madame.«

»Sie verbergen sie nicht?«

»Nein. Madame.«

»Sie wissen nicht, was aus ihr geworden ist?«

»Ebenso wenig als Sie, Madame.«

»Aber wie erklären Sie sich dann das, was geschieht?«

»Madame, ich bin genöthigt, zu gestehen, daß ich es mir nicht erklären kann. Ueberdieß ist das nicht das erste Mal, daß ich mich bei der Königin beklage, nicht von ihr verstanden worden zu sein.«

»Wann ist dieß schon vorgekommen? Ich erinnere mich nicht.«

»Madame, haben Sie die Gnade, in Gedanken noch einmal meine Briefe zu durchlesen.«

»Ihre Briefe!« rief die Königin erstaunt. »Sie haben mir geschrieben?«

»Zu selten Madame, für Alles, was ich im Herzen hatte.«

Die Königin erhob sich und sprach:

»Mir scheint, wir täuschen uns Beide; endigen wir rasch diesen Scherz. Was sprechen Sie von Briefen, und was haben Sie auf dem Herzen oder im Herzen, ich weiß nicht genau, wie Sie das so eben gesagt haben?«

»Mein Gott! Madame, ich habe mich vielleicht hinreißen lassen, das Geheimniß meiner Seele zu laut auszusprechen.«

»Welches Geheimniß? Sind Sie denn bei gesundem Verstand, Herr Cardinal?«

»Madame!«

»Oh! lassen wir die Ausflüchte … Sie sprechen wie ein Mensch, der mir eine Falle stellen oder mich vor Zeugen in Verwirrung bringen will.«

»Ich schwöre Ihnen, Madame, daß ich nichts gesagt habe … Horcht wirklich Jemand?«

»Nein, mein Herr, tausendmal nein, es ist Niemand da… erklären Sie sich also, jedoch vollständig, und wenn Sie im Besitze Ihrer Vernunft sind, beweisen Sie es.«

»Oh! Madame, warum ist Frau von La Mothe nicht da? Sie, unsere Freundin, würde mir, wenn nicht die Zuneigung, doch das Gedächtniß Eurer Majestät wiedererwecken helfen.«

» Unsere Freundin? meine Zuneigung? mein Gedächtniß? Ich falle aus den Wolken.«

»Ah! Madame, ich bitte Sie,« rief der Cardinal, empört durch den scharfen Ton der Königin, »schonen Sie mich. Es steht Ihnen frei, nicht mehr zu lieben, aber beleidigen Sie nicht.«

»Ah! mein Gott!« rief die Königin erbleichend, »ah! mein Gott! was sagt dieser Mann!«

»Sehr gut! fuhr Herr von Rohan fort, der immer lebhafter wurde, je mehr sein Zorn aufsprudelte; »sehr gut! Madame, ich glaube discret und zurückhaltend genug gewesen zu sein, daß Sie mich nicht mißhandeln sollten; ich werfe Ihnen auch nur unbedeutende Benachtheiligungen vor. Ich begehe das Unrecht, daß ich mich wiederhole, denn ich hätte wissen sollen, daß, wenn eine Königin gesagt hat: ich will nicht mehr, dieß ein ebenso gebieterisches Gesetz ist, als wenn eine Frau gesagt hat: ich will!«

Die Königin stieß einen heftigen Schrei aus, faßte den Cardinal bei seinem Spitzenärmel und rief mit zitternder Stimme:

»Sprechen Sie geschwind, mein Herr. Ich habe gesagt: Ich will nicht mehr; und ich hatte gesagt: Ich will. Wem habe ich das Eine, wem habe ich das Andere gesagt?«

»Mir Beides.«

»Ihnen?«

»Vergessen Sie, daß Sie das Eine gesagt, ich werde nicht vergessen, daß Sie das Andere gesagt haben.«

»Sie sind ein Elender, Herr von Rohan, Sie sind ein Lügner.«

»Ich!«

»Sie sind ein Verräther, Sie beleidigen die Königin.«

»Und Sie, Sie sind eine Frau ohne Herz, eine Königin ohne Treue.«

»Unglücklicher!«

»Sie haben mich stufenweise dazu gebracht, daß ich eine tolle Liebe für Sie faßte. Sie ließen mich Hoffnungen nähren …«

»Hoffnungen! Mein Gott! Bin ich eine Wahnsinnige? Ist er ein Ruchloser?«

»Hätte ich es je gewagt, mir die nächtlichen Audienzen von Ihnen zu erbitten, die Sie mir bewilligten?«

Die Königin gab ein Wuthgeschrei von sich, worauf ein Kreischen im Nebenzimmer antwortete.

»Würde ich,« fuhr Herr von Rohan fort, »würde ich es gewagt haben, allein in den Park von Versailles zu kommen, hätten Sie nicht Frau von La Mothe zu mir geschickt?«

»Mein Gott!«

»Hatte ich es gewagt, den Schlüssel zu stehlen, der die Thüre der Jägermeisterei öffnet?«

»Mein Gott!«

»Hätte ich es gewagt, Sie zu bitten, mir diese Rose hier zu bringen? Eine angebetete Rose! eine verfluchte Rose! eine unter meinen Küssen verdorrte, versengte Rose!«

»Mein Gott!«

»Hätte ich Sie genöthigt, am andern Tag herabzukommen und mir Ihre beiden Hände zu geben, deren Duft unablässig mein Gehirn verzehrt und mich wahnsinnig machte? Sie haben Recht mit Ihren Vorwürfen!«

»Oh! genug! genug!«

»Hätte ich es endlich in meinem wüthendsten Stolze gewagt, mir jene dritte Nacht mit dem weißen Himmel, mit dem süßen Schweigen, mit der treulosen Liebe zu träumen?«

»Mein Herr! mein Herr!« rief die Königin vor dem Cardinal zurückweichend, »Sie blasphemieren!«

»Mein Gott! sprach der Cardinal, die Augen zum Himmel aufschlagend, »Du weißt, ob ich, um fortwährend von dieser betrügerischen Frau geliebt zu werden, meine Güter, meine Freiheit, mein Leben hingegeben hätte!«

»Mein Herr, wenn Sie dieß Alles behalten wollen, so werden Sie hier auf der Stelle sagen, daß Sie mich zu Grunde zu richten suchen; daß Sie alle diese Abscheulichkeiten erfunden haben; daß Sie nicht in der Nacht nach Versailles gekommen sind …«

»Ich bin gekommen,« erwiderte hochherzig der Cardinal.

»Sie sind ein Mann des Todes, wenn Sie diese Sprache behaupten.«

»Ein Rohan lügt nicht. Ich bin gekommen.«

»Herr von Rohan, Herr von Rohan, im Namen des Himmels, sagen Sie, Sie haben mich nicht im Parke gesehen …«

»Ich werde sterben, wenn es sein muß, wie Sie mich so eben bedrohten; aber ich habe nur Sie im Parke von Versailles gesehen, wohin mich Frau von La Mothe führte.«

»Noch ein Mal!« rief die Königin leichenbleich und zitternd »nehmen Sie zurück?«

»Nein!«

»Zum zweiten Male, sagen Sie, Sie haben diese Schändlichkeit gegen mich angezettelt!«

»Nein!«

»Zum zweiten Male, Herr von Rohan, gestehen Sie zu, daß man Sie selbst getäuscht haben kann, daß dieß Alles eine Verleumdung, ein Traum, die Unmöglichkeit, ich weiß nicht was war? aber gestehen Sie, daß ich unschuldig bin, daß ich es sein kann?«

»Nein.«

Die Königin erhob sich furchtbar und feierlich und sprach:

»Sie werden es also mit der Gerechtigkeit des Königs zu thun haben, da Sie die Gerechtigkeit Gottes verwerfen.«

Der Cardinal verbeugte sich, ohne ein Wort zu sagen.

Die Königin läutete so heftig, daß mehrere von ihren Frauen zugleich eintraten.

»Man melde seiner Majestät, ich bitte ihn, er möge mir die Ehre erweisen, zu mir zu kommen,« sprach sie, indem sie sich die Lippen trocknete.

Der Befehl wurde sogleich vollzogen. Zu Allem entschlossen, blieb der Cardinal unerschrocken in einer Ecke des Zimmers.

Marie Antoinette ging zehnmal zu der Thüre des Boudoir, ohne einzutreten, als ob sie ihre Vernunft, nachdem sie dieselbe verloren, zehnmal vor dieser Thüre wiederfände.


Es waren nicht zehn Minuten in diesem furchtbaren Scenenwechsel vergangen, als der König, die Hand in seinem Spitzenjabot, auf der Schwelle erschien.

Man sah immer noch in der Tiefe der Gruppe außen die angstvollen Mienen von Böhmer und Bossange, die den Sturm witterten.