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Kitabı oku: «Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2», sayfa 49

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LXXVII.
Die Verhaftung

Kaum erschien der König auf der Schwelle des Cabinets, als ihn die Königin mit einer außerordentlichen Geläufigkeit anrief.

»Sire,« sagte sie, »der Herr Cardinal von Rohan hier sagt ganz unglaubliche Dinge; wollen Sie ihn bitten, Ihnen dieselben zu wiederholen.«

Bei diesen unerwarteten Worten, bei dieser plötzlichen Anrede erbleichte der Cardinal. Die Lage war in der That so seltsam, daß der Prälat zu begreifen aufhörte. Konnte er, der angebliche Liebhaber, seinem König wiederholen, konnte er, der ehrerbietige Unterthan, erklären, welche Rechte er auf die Königin und auf die Frau zu haben glaubte?

Doch der König wandte sich an den Cardinal, der in seine Betrachtungen versunken war, und sagte:

»Nicht wahr, in Betreff eines gewissen Halsbands, mein Herr, haben Sie mir unglaubliche Dinge zu sagen und habe ich unglaubliche Dinge zu hören? Sprechen Sie also!«

Herr von Rohan faßte auf der Stelle seinen Entschluß; von zwei Schwierigkeiten wollte er die geringste wählen, von zwei Angriffen wollte er den für den König und die Königin ehrenvollsten über sich nehmen, und sollte man ihn unkluger Weise in die zweite Gefahr versetzen, nun denn! dann wollte er wie ein muthiger Mann, wie ein beherzter Ritter daraus hervorgehen.

»In Betreff des Halsbands, ja, Sire,« murmelte er.

»Aber, mein Herr,« sagte der König, »Sie haben also das Halsband gekauft?«

»Nein …«

»Ja oder nein?« rief Marie Antoinette.

Der Cardinal schaute die Königin an und antwortete nicht.

»Ja oder nein?« wiederholte sie. »Die Wahrheit, mein Herr, die Wahrheit; man verlangt von Ihnen nichts Anderes.«

Herr von Rohan wandte den Kopf ab und erwiderte nichts.

»Da Herr von Rohan nicht antworten will, antworten Sie, Madame,« sprach der König, »Sie müssen etwas von dem Allem wissen. Haben Sie dieses Halsband gekauft, ja oder nein?«

»Nein!« sagte die Königin mit Kraft.

Herr von Rohan bebte.

»Das ist das Wort einer Königin!« rief feierlich der König; »haben Sie wohl darauf Acht, Herr Cardinal.«

Herr von Rohan ließ ein Lächeln der Verachtung über seine Lippen gleiten.

»Sie sagen nichts!« rief der König.

»Worüber klagt man mich an?«

»Die Juweliere sagen, sie haben ein Halsband verkauft, an Sie oder an die Königin. Sie zeigen einen Schein von Ihrer Majestät.«

»Der Schein ist falsch!« sprach die Königin.

»Die Juweliere,« fuhr der König fort, »behaupten, in Ermanglung der Königin sei Ihnen Bürgschaft durch Verbindlichkeiten geleistet worden, die Sie übernommen haben, Herr Cardinal.«

»Ich weigere mich nicht, zu bezahlen,« sprach der Cardinal. »Es muß dieß die Wahrheit sein, da die Königin es sagen läßt,«

Und ein zweiter Blick, noch verachtender als der erste, schloß seinen Satz und seinen Gedanken.

Die Königin schauderte. Diese Verachtung des Kardinals war für sie keine Beleidigung, da sie dieselbe nicht verdiente, sondern sie mußte die Rache eines ehrlichen Mannes sein, und darüber erschrak sie.

»Mein Herr Cardinal,« sagte der König, »es bleibt nichtsdestoweniger in dieser Sache eine Fälschung, welche die Unterschrift der Königin von Frankreich gefährdet hat.«

»Eine andere Fälschung!« rief die Königin, »und kann diese einem Edelmann beigemessen werden? Diese behauptet, die Juweliere haben das Halsband zurückerhalten.«

»Es steht der Königin frei, mir die beiden Fälschungen zuzuschreiben,« sprach Herr von Rohan mit demselben Ton; »ob man eine gemacht, ob man zwei fabricirt hat, worin liegt der Unterschied?«

Die Königin wäre vor Entrüstung beinahe losgebrochen, der König hielt sie durch eine Geberde zurück.

»Nehmen Sie sich in Acht,« sagte er zu dem Cardinal, »Sie erschweren Ihre Lage, mein Herr. Ich sage, rechtfertigen Sie sich, und Sie geben sich die Miene eines Anklägers.«

Der Cardinal dachte einen Augenblick nach; dann schien er unter der Wucht der geheimnißvollen Verleumdung, die seine Ehre zusammenpreßte, zu erliegen und rief:

»Mich rechtfertigen … unmöglich!«

»Mein Herr, es sind Leute da, welche sagen, es sei ihnen ein Halsband gestohlen worden; indem Sie sich anheischig machen, zu bezahlen, gestehen Sie zu, daß Sie schuldig …«

»Wer wird es glauben?« versetzte der Cardinal mit stolzer Verachtung.

»Dann, mein Herr, wenn Sie nicht annehmen, daß man dies glaube, wird man also glauben …«

Und ein Beben des Zorns verstörte das gewöhnlich so freundliche Gesicht des Königs.

»Sire,« erwiderte der Cardinal, »ich weiß nichts von dem was man sagt; ich weiß nichts von dem, was geschieht; ich kann nur versichern, daß ich das Halsband nicht gehabt habe; ich weiß nur, daß die Diamanten in der Gewalt von Jemand sind, der sich nennen sollte, der es nicht will, und der mich nöthigt, ihm das Wort der Schrift zu sagen: Das Böse falle auf das Haupt dessen, der es begangen hat.«

Bei diesen Worten machte die Königin eine Bewegung, um den Arm des Königs zu nehmen. Doch dieser sagte zu ihr: »Die Streitigkeit findet zwischen Ihnen und ihm statt. Ich frage Sie zum letzten Male: haben Sie das Halsband?«

»Nein! bei der Ehre meiner Mutter! beim Leben meines Sohnes!« antwortete Marie Antoinette.

Voll Freude nach dieser Erklärung wandte sich der König gegen den Cardinal und sprach:

»Dann ist es eine Angelegenheit zwischen den Gerichten und Ihnen, mein Herr … wenn Sie es nicht etwa vorziehen, es meiner Gnade anheimzustellen.«

»Die Gnade der Könige ist für die Schuldigen gemacht, Sire,« antwortete der Cardinal, » ich ziehe die Gerechtigkeit der Menschen vor.«

»Sie wollen nichts gestehen?«

»Ich habe nichts zu sagen.«

»Aber, mein Herr!« rief die Königin, »Ihr Schweigen läßt meine Ehre im Spiel!«

Der Cardinal schwieg.

»Wohl denn!« fuhr die Königin fort, »ich werde nicht schweigen; dieses Stillschweigen verletzt mich; es zeigt eine Großmuth, die ich nicht haben will. Erfahren Sie, Sire, daß das ganze Verbrechen des Herrn Cardinals nicht im Verkaufen oder Stehlen des Halsbands besteht.«

Herr von Rohan erhob das Haupt und erbleichte.

»Was soll das bedeuten?« fragte der König unruhig.

»Madame! …« murmelte der Cardinal erschrocken.

»Oh! keine Rücksicht, keine Furcht, keine Schwäche wird mir den Mund verschließen, ich habe hier in meinem Herzen Beweggründe, die mich veranlassen würden, meine Unschuld auf einem öffentlichen Platz auszurufen.«

»Ihre Unschuld!« entgegnete der König« »Wer wäre vermessen oder schändlich genug, Eure Majestät zu nöthigen, dieses Wort auszusprechen!«

»Ich flehe Sie an, Madame,« sagte der Cardinal.

»Ah! Sie fangen an zu zittern. Ich hatte also richtig errathen, Ihre Complotte lieben die Dunkelheit! Ich liebe das Tageslicht! Sire, fordern Sie den Herrn Cardinal auf, Ihnen zu sagen, was er mir so eben auf diesem Platze gesagt hat.«

»Madame! Madame!« rief Herr von Rohan, »nehmen Sie sich in Acht, Sie überschreiten die Grenzen!«

»Wie beliebt?« entgegnete der König voll Stolz. »Wer spricht so mit der Königin? Ich selbst nicht einmal.«

»Das ist es gerade,« sagte Marie Antoinette. »Der Herr Cardinal spricht so zur Königin, weil er das Recht dazu zu haben glaubt.«

»Sie, mein Herr!« murmelte der König, der leichenbleich geworden.

»Er!« rief die Königin mit Verachtung, »er!«

»Der Herr Cardinal hat wohl Beweise?« fragte der König, indem er einen Schritt auf den Prinzen zutrat.

»Herr von Rohan hat Briefe, wie er behauptet!« sprach die Königin.

»Sprechen Sie, mein Herr!« rief der König.

»Die Briefe!« rief die Königin voll Heftigkeit. »Die Briefe!«

Der Cardinal fuhr mit der Hand über seine durch den Schweiß eiskalte Stirne und schien Gott zu fragen, wie er seinem Geschöpfe so viel Falschheit und Frechheit habe geben können. Doch er schwieg.

»Oh! das ist noch nicht Alles!« fuhr die Königin fort, die sich allmälig gerade unter dem Einfluß seiner Großmuth belebte. »Der Herr Cardinal hat Rendezvous erhalten.«

»Madame, haben Sie Mitleid!« rief der König.

»Haben Sie Scham!« sagte der Cardinal.

»Kurz, mein Herr,« sprach die Königin, »wenn Sie nicht der elendeste aller Menschen sind, wenn Sie etwas auf dieser Welt für heilig halten … Sie haben Beweise, liefern Sie dieselben.«

Herr von Rohan erhob langsam das Haupt und erwiderte:

»Nein, Madame, ich habe keine.«

»Sie werden nicht dieses Verbrechen den andern beifügen,« fuhr die Königin fort. »Sie werden nicht Schmach um Schmach auf mich häufen. Sie haben einen Helfershelfer, einen Genossen, einen Zeugen bei dem Allem, nennen Sie ihn oder sie.«

»Wer ist es denn?« fragte der König.

»Frau von La Mothe, Sire,« antwortete die Königin.

»Oh!« sprach der König, als er sah, daß seine vorgefaßte Meinung gegen Jeanne sich endlich rechtfertigte; »oh! so ist es. Nun denn! man sehe diese Frau, man befrage sie.«

»Oh! ja wohl!« rief die Königin, »sie ist verschwunden. Fragen Sie diesen Herrn, was er mit ihr gemacht hat. Er hatte ein zu großes Interesse dabei, daß sie nicht mehr in der Sache betheiligt war.«

»Andere, die ein noch größeres Interesse dabei hatten als ich, werden sie haben verschwinden lassen,« erwiderte der Cardinal.

»Aber, mein Herr,« sagte die Königin voll Wuth, »da Sie unschuldig sind, helfen Sie uns die Schuldigen finden.«

Doch der Cardinal, nachdem er einen letzten Blick geschleudert, drehte den Rücken und kreuzte die Arme.

»Mein Herr,« sprach der beleidigte König, Sie werden sich in die Bastille begeben.«

»So gekleidet?« entgegnete er; »in meinem priesterlichen Gewande? vor dem ganzen Hofe? Wollen Sie bedenken, Sire, das Aergerniß ist ungeheuer. Es wird nur um so schwerer für das Haupt sein, auf welches es einst fällt.«

»Ich will es so,« sprach der König sehr aufgeregt.

»Das ist ein ungerechter Scherz, den Sie vor der Zeit einen Prälaten ausstehen lassen, Sire, und die Folter vor der Anklage ist nicht gesetzlich.«

»Es muß so sein,« sprach der König, indem er die Thüre des Gemachs öffnete, um mit den Augen Jemand zu suchen, dem er seinen Befehl ertheilen könnte.

Herr von Breteuil war da, seine gierigen Augen hatten in der Exaltation der Königin, in der Aufregung des Königs, in der Haltung des Cardinals den Untergang eines Feindes errathen.

Der König hatte nicht so bald leise mit ihm zu sprechen aufgehört, als der Siegelbewahrer, sich die Functionen des Capitäns der Garde anmaßend, mit einer donnernde Stimme, welche bis in den Hintergrund der Gallerien wiederhallte, ausrief:

»Verhaftet den Herrn Cardinal!«

Herr von Rohan bebte. Das Gemurmel, das er unter den Gewölben hörte, die Bewegung der Höflinge, das rasche Erscheinen der Leibwachen gaben dieser Scene einen Charakter finsterer Vorbedeutung.

Der Cardinal ging an der Königin vorbei, ohne sie zu grüßen, was das Blut der stolzen Fürstin kochen machte. Er verbeugte sich sehr demüthig vor dem König und nahm, als er an Herrn von Breteuil vorüberkam, einen so geschickt nuancirten Ausdruck des Mitleids an, daß der Baron glauben mußte, er habe sich nicht genug gerächt.

Ein Lieutenant von der Leibwache trat schüchtern auf den Cardinal zu und schien von ihm die Bestätigung des Befehls zu fordern, den er gehört hatte.

»Ja, mein Herr,« sagte Herr von Rohan, »ja, ich bin verhaftet.«

»Sie werden den Herrn in sein Zimmer führen und erwarten, was ich während der Messe beschließe,« sprach der König unter einer Todesstille.

Der König blieb, bei geöffneten Thüren, allein bei der Königin, während der Cardinal, dem der Lieutenant von der Leibwache, den Hut in der Hand, voranschritt, sich langsam durch die Gallerie entfernte.

»Madame,« sprach der König keuchend, denn er hatte nur mit großer Mühe an sich gehalten, »Sie wissen, daß dieß auf ein öffentliches Urtheil, das heißt, auf ein Aergerniß hinausläuft, unter dem die Ehre der Schuldigen fallen wird.«

»Meinen Dank!« rief die Königin, voll Innigkeit dem König die Hände drückend; »Sie haben das einzige Mittel, mich zu rechtfertigen, gewählt.«

»Sie danken mir!«

»Von ganzer Seele. Sie haben als König gehandelt, ich als Königin; glauben Sie mir!«

»Es ist gut,« erwiderte der König, von der lebhaftesten Freude erfüllt. »Wir werden endlich Genugthuung für alle diese Gemeinheiten erhalten. Ist ein für allemal die Schlange durch Sie und durch mich zertreten, dann werden wir hoffentlich ruhig leben.«

Er küßte die Königin auf die Stirne und kehrte in seine Gemächer zurück.

Am Ende der Gallerie hatte Herr von Rohan Böhmer und Bossange gefunden, die einander halb ohnmächtig in den Armen lagen. Dann, einige Schritte davon, erblickte der Cardinal seinen Läufer, der, erschrocken über dieses Unglück, auf einen Blick seines Herrn lauerte.

»Mein Herr,« sagte der Cardinal zu dem Officier, der ihn führte, »wenn ich den ganzen Tag hier zubringe, werde ich viele Menschen in Unruhe versetzen; kann ich nicht meinem Hause verkündigen, daß ich verhaftet bin?«

»Oh! Monseigneur, unter der Voraussetzung, daß Niemand Sie sieht,« erwiderte der junge Officier.

Der Cardinal dankte, dann sprach er ein paar Worte deutsch mit seinem Läufer und schrieb einige Zeilen auf ein Blatt Papier, das er aus seinem Meßbuche riß.

Und hinter dem Officier, welcher lauerte, um nicht überrascht zu werden, rollte der Cardinal das Blatt zusammen und ließ es fallen.

»Ich folge Ihnen, mein Herr,« sagte er zu dem Officier.

Sie verschwanden in der That Beide.

Der Läufer warf sich auf das Papier, wie ein Geier auf seine Beute, eilte aus dem Schlosse, schwang sich auf sein Pferd und entfloh gegen Paris.

Der Cardinal konnte ihn durch eines von den Fenstern der Treppe, die er mit seinem Führer hinabstieg, auf den Felder sehen.

»Sie stürzt mich in's Verderben,« murmelte er, »ich rette Sie! Für Sie, mein König, handle ich; um Deinetwillen, mein Gott, der Du den Beleidigern zu verzeihen befiehlst, um Deinetwillen vergebe ich den Andern … Vergib mir!«

LXXVIII.
Die Protocolle

Kaum war der König ganz glücklich in sein Gemach zurückgekehrt, kaum hatte er den Befehl, Herrn von Rohan in die Bastille zu führen, unterzeichnet, als der Graf von Provence erschien, der bei seinem Eintritt in das Cabinet Herrn von Breteuil Zeichen machte, die dieser, trotz seiner Ehrfurcht und seines guten Willens, nicht verstehen konnte.

Doch nicht an den Siegelbewahrer waren diese Zeichen gerichtet; der Prinz vervielfältigte sie, in der Absicht, die Aufmerksamkeit des Königs, der, während er seinen Befehl abfaßte, in den Spiegel sah, auf sich zu ziehen.

Der Prinz verfehlte seinen Zweck nicht, der König erblickte die Zeichen und fragte seinen Bruder, nachdem er Herrn von Breteuil weggeschickt hatte:

»Warum machten Sie Herrn von Breteuil Zeichen?«

»Oh! Sire …«

»Diese Lebhaftigkeit der Geberden, diese geschäftige Miene haben etwas zu bedeuten?«

»Allerdings, aber…«

»Es steht Ihnen frei, nicht zu sprechen, mein Bruder,« versetzte der König mit einer gereizten Miene.

»Sire, ich habe so eben die Verhaftung des Herrn Cardinals von Rohan erfahren.«

»Nun! in welcher Hinsicht, mein Bruder, kann diese Nachricht eine solche Aufregung bei Ihnen verursachen? Scheint Ihnen Herr von Rohan nicht schuldig? Habe ich Unrecht, selbst den Mächtigen zu schlagen?«

»Unrecht? nein, mein Bruder, Sie haben nicht Unrecht. Das ist es nicht, was ich sagen will.«

»Ich hätte mich sehr gewundert, Herr Graf von Provence, wenn Sie den Proceß gegen die Königin einen Menschen gewinnen ließen, der sie zu entehren sucht. Ich bin so eben bei der Königin gewesen, mein Bruder, ein Wort von ihr hat genügt …«

»Oh! Sire, Gott soll mich behüten, daß ich die Königin anklage, das wissen Sie wohl. Ihre Majestät… meine Schwägerin hat keinen ergebeneren Freund, als mich. Wie oft ist es mir im Gegentheil geschehen, daß ich sie vertheidigt habe, und zwar, es sei dieß ohne Vorwurf gesagt, sogar gegen Sie!«

»Wahrhaftig, mein Bruder, klagt man sie denn so oft an!«

»Ich habe Unglück, Sire; Sie packen mich bei jedem von meinen Worten … Ich wollte nur sagen, die Königin selbst würde mir nicht glauben, wenn ich an ihrer Unschuld zu zweifeln schiene.«

»So gratuliren Sie mir zu der Demüthigung, die ich den Cardinal erdulden lasse, zu dem Proceß, der daraus hervorgehen muß, zu dem Aergerniß, das all den Verleumdungen ein Ziel stecken soll, die man sich gegen eine einfache Frau von Hofe nicht erlauben würde, während Jeder sich zum Echo derselben zu machen wagt, weil die Königin, wie Sie sagen, über all diesen Erbärmlichkeiten steht.«

»Ja, Sire, ich billige ganz und gar das Benehmen Eurer Majestät, und ich sage, in Betreff des Halsbandes gehe Alles auf's Beste.«

»Bei Gott! mein Bruder, nichts kann klarer sein. Sieht man nicht von hier Herrn von Rohan sich der vertrauten Freundschaft der Königin rühmen, in ihrem Namen einen Handel für Diamanten abschließen, die sie ausgeschlagen, und sagen lassen, diese Diamanten seien von der Königin oder bei der Königin genommen worden … das ist ganz abscheulich und, wie sie bemerkte: Was würde man sagen, wenn ich Herrn von Rohan zum Theilnehmer bei diesem geheimnißvollen Handel hätte?«

»Sire!«

»Und dann wissen Sie nicht, mein Bruder, daß nie eine Verläumdung auf halbem Weg stehen geblieben ist, daß die Leichtfertigkeit des Herrn von Rohan die Königin compromittirt, daß die Erzählung dieser Leichtfertigkeiten sie entehrt?«

»Oh! ja, mein Bruder, ja, Sie haben sehr Recht gehabt, was die Angelegenheit mit dem Halsbande betrifft.«

»Nun!« fragte der König erstaunt, »gibt es noch eine andere Angelegenheit?«

»Sire … die Königin mußte Ihnen sagen …«

»Was denn?«

»Sire … Sie wollen mich in Verlegenheit bringen, die Königin muß Ihnen nothwendig gesagt haben …«

»Was denn, mein Herr? was denn?«

»Sire …«

»Ah! die Prahlereien des Herrn von Rohan? sein absichtliches Schweigen, der vorgebliche Briefwechsel?«

»Nein, Sire, nein.«

»Was also? die Unterredungen, welche die Königin Herrn von Rohan in der fraglichen Halsbandsache bewilligt haben soll?«

»Nein, Sire, das ist es nicht.«

»Ich weiß nur so viel,« sprach der König, »daß ich zu der Königin ein unbegrenztes Vertrauen habe, welches sie durch den Adel ihres Characters verdient. Es war ihr leicht, zu bezahlen oder schwatzen zu lassen; die Königin, die diese Geheimnisse, welche zu Aergernissen wurden, plötzlich im Laufe aufhielt, hat mir bewiesen, daß sie an mich appellire, ehe sie an das ganze Publikum appelliren würde. Mich hat die Königin rufen lassen, mir wollte sie die Sorge, ihre Ehre zu rächen, anvertrauen. Sie hat mich zum Beichtiger, zum Richter genommen, die Königin hat mir folglich Alles gesagt.«

»Nun wohl,« erwiderte der Graf von Provence, minder verlegen, als er es hätte sein sollen, weil er fühlte, daß die Ueberzeugung des Königs weniger fest war, als er zur Schau stellen wollte, »Sie machen abermals meiner Freundschaft, meiner Ehrfurcht vor der Königin, meiner Schwägerin, den Proceß; wenn Sie gegen mich mit dieser Empfindlichkeit verfahren, so werde ich Ihnen nichts mehr sagen, denn während ich vertheidige, muß ich fürchten, für einen Feind oder einen Ankläger gehalten zu werden. Und dennoch sehen Sie, wie sehr Sie sich in dieser Hinsicht gegen die Logik verfehlen. Die Bekenntnisse der Königin haben Sie schon dahin geführt, daß Sie eine Wahrheit finden, die meine Schwägerin vertheidigt. Warum wollten Sie nicht, daß man in Ihren Augen andere Klarheiten glänzen ließe, die noch viel mehr geeignet wären, die ganze Unschuld unserer Königin zu offenbaren?«

»Mein Bruder,« erwiderte der König verlegen, »Sie beginnen immer mit Umschweifen und Krümmungen, in denen ich mich verliere.«

»Oratorische Vorsichtsmaßregeln, mein Bruder, in Ermangelung von Wärme. Ach! ich bitte Eure Majestät um Verzeihung, es ist das ein Erziehungsfehler bei mir. Cicero hat mich verdorben.«

»Mein Bruder, Cicero ist immer nur dann trübe, wenn er eine schlimme Sache vertheidigt; Sie haben eine gute, seien Sie um Gottes willen klar.«

»Wenn Sie mich in meiner Sprechweise critisieren, so verurtheilen Sie mich zum Stillschweigen.«

»Ah! ja, irritabile genus rhetorum, das sogleich in Hitze geräth,« rief der König, bethört durch dieses verschmitzte Wesen des Grafen von Provence, »zur Sache, Advocat, zur Sache! was wissen Sie mehr, als mir die Königin gesagt hat?«

»Mein Gott! Sire, Nichts und Alles. Erörtern wir zuerst das, was die Königin gesagt hat.«

»Die Königin hat mir gesagt, sie besitze das Halsband nicht.«

»Gut.«

»Sie hat mir gesagt, sie habe den Schein der Juweliere nicht unterzeichnet.«

»Gut.«

»Sie hat mir gesagt, Alles was sich auf eine Verabredung mit Herrn von Rohan beziehe, sei eine von ihren Feinden erfundene Unwahrheit.«

»Sehr gut, Sire.«

»Sie behauptet endlich, nie habe sie Herrn von Rohan das Recht gegeben, zu glauben, er sei mehr als einer ihrer Unterthanen, mehr als ein Gleichgültiger, mehr als ein Unbekannter.«

»Ah! … sie hat das gesagt?«

»Und zwar mit einem Tone, der keine Erwiderung zuließ, denn der Cardinal hat nichts erwidert.«

»Somit, Sire, da der Cardinal nichts erwiderte, bekennt er sich als Lügner, und durch diesen Widerruf gibt er anderen Gerüchten Recht, welche über gewisse von der Königin gewissen Personen zugestandene Bevorzugungen im Umlauf sind.«

»Ei, mein Gott! was denn noch?« rief der König entmuthigt.

»Etwas ganz Albernes, wie Sie sehen werden. Sobald erwiesen ist, daß Herr von Rohan nicht mit der Königin spazieren gegangen …«

»Wie!« sprach der König, »man sagt, Herr von Rohan sei mit der Königin spazieren gegangen …«

»Was durch die Königin selbst, Sire, und durch den Widerruf des Herrn von Rohan vollkommen Lügen gestraft worden ist; doch sobald sich dieß erwiesen hat, mußte man, wie Sie wohl begreifen, zu erforschen suchen – die Bosheit hat sich dessen auch nicht enthalten – wie es komme, daß die Königin der Nacht im Parke von Versailles spazieren gegangen.«

»Bei Nacht! im Parke von Versailles! … die Königin? …«

»Und mit wem sie spazieren gegangen,« fuhr kalt der Graf von Provence fort.

»Mit wem? …« murmelte der König.

»Gewiß … sind nicht Aller Augen auf das gerichtet, was eine Königin thut? sind diese Augen, die der Glanz des Tages oder der Glanz der Majestät nie blendet, nicht noch viel scharfsichtiger, wenn es sich darum handelt, in der Nacht zu sehen?«

»Aber, mein Bruder, nehmen Sie sich in Acht. Sie sagen da schändliche Dinge.«

»Sire, ich wiederhole, und ich wiederhole mit einer solchen Entrüstung, daß ich ganz gewiß Eure Majestät zur Entdeckung der Wahrheit antreiben werde.«

»Wie, mein Herr! man sagt, die Königin sei bei Nacht in Gesellschaft … im Parke von Versailles spazieren gegangen!«

»Nicht in Gesellschaft, Sire, sondern mit einer einzigen Person … Oh! wenn man sagte, in Gesellschaft, dann wäre es nicht der Mühe werth, daß wir darauf achteten.«

Der König brach plötzlich los:

»Sie werden mir beweisen, was Sie wiederholen, und zu diesem Ende beweisen Sie, was man gesagt hat.«

»Oh! das ist allzu leicht,« erwiderte Herr von Provence. »Es sind vier Zeugnisse da: das erste ist das meines Jagdcapitäns, der die Königin zwei Tage, oder vielmehr zwei Nächte hintereinander aus dem Parke von Versailles durch die Thüre der Jägermeisterei herausgehen sah; hier ist der Beweis, er ist mit seiner Unterschrift versehen, lesen Sie.«

Der König nahm zitternd das Papier, las es und gab es dann seinem Bruder zurück.

»Sie werden ein noch interessanteres Schreiben sehen, Sire: es ist von dem Nachtwächter, der in Trianon aufgestellt ist. Er erklärt, die Nacht sei gut gewesen, ein Schuß sei gefallen, ohne Zweifel von Wildschützen im Walde von Satory: in den Parken sei es ruhig geblieben, ausgenommen an dem Tag, an welchem die Königin mit einem Cavalier, dem sie den Arm gegeben, spazieren gegangen. Sehen Sie, das Protocoll ist ausführlich.«

Der König las abermals, schauerte und ließ seine Arme an seinem Leib herabfallen.

»Der dritte Zeuge,« fuhr unstörbar der Herr Graf von Provence fort, »ist ein Portier vom Ostthor. Dieser Mann hat die Königin gesehen und erkannt, in dem Augenblick, wo sie durch die Thüre der Jägermeisterei herauskam. Er sagt, wie die Königin gekleidet gewesen, sehen Sie, Sire; er sagt auch, von fern habe er den Cavalier, der Ihre Majestät gerade verlassen, nicht zu erkennen vermocht, doch seiner Haltung nach habe es ihm geschienen, es sei ein Officier gewesen. Dieses Protocoll ist unterzeichnet. Er fügt etwas Interessantes bei, nämlich, die Anwesenheit der Königin könne nicht in Zweifel gezogen werden, weil Ihre Majestät von Frau von La Mothe, einer Freundin der Königin, begleitet gewesen sei.«

»Einer Freundin der Königin!« rief wüthend der König. »Ja, es steht hier so, Freundin der Königin!«

»Seien Sie deßhalb einem ehrlichen Diener nicht böse, Sire, er kann nur eines Uebermaßes von Eifer beschuldigt werden, er ist beauftragt zu hüten, und er hütet, zu wachen, und er wacht.

»Der letzte Bericht,« fuhr der Graf von Provence fort, »scheint mir der klarste von Allen. Er ist vom Schlossermeister, welcher den Auftrag hat, nachzusehen, ob alle Thüren und Thore, nachdem man Retraite geschlagen, gut geschlossen seien. Dieser Mann, Eure Majestät kennt ihn, bezeugt, er habe die Königin mit einem Cavalier in die Apollo-Bäder eintreten gesehen.«

Bleich und seinen Groll erstickend riß der König dem Grafen das Papier aus den Händen und las es.

Herr von Provence fuhr nichtsdestoweniger während dieses Lesens fort:

»Es ist wahr, Frau von La Mothe war außen, etwa zwanzig Schritte von den Bädern entfernt, und die Königin blieb nur ungefähr eine halbe Stunde im Saale.«

»Aber der Name des Cavaliers!« rief der König.

»Sire, er ist in dem Berichte nicht genannt, und Eure Majestät muß sich zu diesem Behuf die Mühe nehmen, ein letztes Certificat, das ich hier habe, zu durchgehen; es ist von einem Forstwart, der hinter der Ringmauer bei den Apollo-Bädern auf dem Anstand war.«

»Datirt vom andern Tag,« sagte der König.

»Ja, Sire, und er hat die Königin aus dem Park durch die kleine Thüre hervorkommen und hinausschauen sehen; sie war am Arme des Herrn von Charny.«

»Am Arme des Herrn von Charny!« rief der König, halb wahnsinnig vor Zorn und Scham, »gut … gut. Warten Sie hier auf mich, Graf, wir werden endlich die Wahrheit erfahren.«

Und der König stürzte aus seinem Cabinet.