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Kitabı oku: «Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2», sayfa 54

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LXXXVII.
Die Turteltauben werden in den Käfig gebracht

Mit seinem Eintritt durch die Hofthüre hatte Beausire seine Idee; er wollte Lärm genug erregen, um Oliva aufmerksam zu machen, daß sie auf ihrer Hut sein sollte. Ohne etwas von der Halsband-Angelegenheit zu wissen, wußte Beausire genug vom Opernball und der Mesmer'schen Kufe, daß er bange hatte, Oliva Fremden zu zeigen.

Er handelte vernünftig, denn die junge Frau, welche leichtfertige Romane auf dem Sopha ihres kleinen Salons las, hörte die Hunde bellen, schaute in den Hof und sah Beausire mit Begleitern, was sie abhielt, ihm wie gewöhnlich entgegen zu gehen.

Zum Unglück waren diese zwei Turteltauben nicht außer dem Bereich der Geiersklauen. Man mußte das Frühstück bestellen, und ein ungeschickter Diener – die Leute vom Lande sind keine Frontins – fragte zwei- oder dreimal, ob er die Befehle von Madame einholen sollte.

Bei diesem Wort spitzten die Spürhunde die Ohren. Sie verspotteten Beausire angemessen über diese verborgene Dame, deren Gesellschaft für einen Einsiedler die Würze aller Glückseligkeit sei, welche die Einsamkeit und das Geld verleihen.

Beausire ließ sich verspotten, aber er zeigte Oliva nicht.

Man trug ein reichliches Mal auf, dem die Agenten Ehre anthaten. Man trank viel und brachte oft die Gesundheit der abwesenden Dame aus.

Beim Nachtisch hatten sich die Köpfe erhitzt, die Herren von der Policei dachten, es wäre unmenschlich, die Folter dieses Wirthes noch mehr zu verlängern, und brachten das Gespräch geschickt darauf, welches Vergnügen es guten Herzen gewähre, alte Bekannte wiederzufinden.

Worauf Beausire, während er ein Fläschchen mit Liqueur von den Inseln entpfropfte, die zwei Unbekannten fragte, an welchem Orte und unter welchen Umständen er mit ihnen zusammengetroffen sei.

»Wir waren,« sagte der eine von ihnen, »wir waren die Freunde eines Ihrer Verbündeten zur Zeit eines kleinen Geschäftes, das Sie auf Theilung mit mehreren machten, des Geschäftes mit der portugiesischen Gesandtschaft.«

Beausire erbleichte. Wenn solche Angelegenheiten berührt werden, glaubt man immer ein Strickende in den Falten seines Halsbandes zu fühlen.

»Ah! wahrhaftig,« sagte er, zitternd vor Verlegenheit, »und Sie kommen und verlangen von mir für Ihren Freund …«

»In der That, das ist eine Idee,« sprach der Alguazil leise zu seinem Cameraden, »die Einführung hat so ein ehrlicheres Aussehen. Eine Wiedererstattung im Namen eines abwesenden Freundes fordern, das ist moralisch.«

»Mehr noch. Damit sind alle Rechte auf das Uebrige vorbehalten,« erwiderte der Freund des Moralischen mit einem süßsauren Lächeln, das Beausire vom Scheitel bis zu den Zehen beben machte.

»Also?« sagte er.

»Mein lieber Herr Beausire, es wäre uns also angenehm, wenn Sie einem von uns den Theil unseres Freundes zurückgeben würden. Ich glaube, so etwa zehntausend Livres.«

»Wenigstens, denn man spricht nicht von den Interessen,« sagte der Camerad Positiv.

»Meine Herren,« erwiderte Beausire, dem die Festigkeit dieser Forderung die Kehle zusammenschnürte, »man hat nicht zehntausend Livres bei sich auf dem Lande.«

»Das versteht sich, lieber Herr, und wir fordern nur das Mögliche. Wie viel können Sie sogleich geben?«

»Ich habe fünfzig bis sechzig Louisd'or, nicht mehr.«

»Wir fangen damit an, daß wir sie nehmen, und werden Ihnen für Ihre Höflichkeit danken.«

»Ah!« dachte Beausire, entzückt über ihre Bereitwilligkeit, »sie sind von sehr guter Beschaffenheit. Sollten sie etwa so sehr bange vor mir haben, als ich vor ihnen habe? Versuchen wir es.«

Und er überlegte sich, daß diese Herren, sollten sie sehr laut schreien, es nur dahin brächten, daß sie sich als Mitschuldige von ihm bekennen würden, und daß dieß für die Provinzbehörden eine schlechte Empfehlung wäre. Beausire schloß, diese Leute würden sich zufrieden erklären und ein vollkommenes Stillschweigen beobachten.

In seinem unvorsichtigen Vertrauen ging er so weit, daß er es bereute, ihnen nicht dreißig Louisd'or statt sechzig angeboten zu haben; aber er gelobte sich, nachdem er die Summe gegeben, sich sehr rasch dieser Leute zu entledigen.

Er machte die Rechnung ohne seine Gäste, diese befanden sich sehr wohl bei ihm; sie genossen jene selige Zufriedenheit, welche eine angenehme Verdauung verschafft; sie waren gut für den Augenblick, weil ein bösartiges Auftreten sie angestrengt hätte.

»Es ist ein reizender Freund, dieser Beausire,« sagte Positiv zu seinem Cameraden. »Sechzig Louisd'or, die er uns gibt, sind lieblich zu nehmen.«

»Ich will sie ihnen sogleich geben,« rief der Wirth erschrocken, als er seine Gäste in bacchische Vertraulichkeiten ausbrechen sah.

»Es hat keine Eile,« erwiderten die zwei Freunde.

»Doch, doch, mein Gewissen wird erst dann frei sein, wenn ich Sie bezahlt habe. Man ist delicat, oder man ist es nicht.«

Und er wollte sie verlassen, um das Geld zu holen.

Doch diese Herren hatten Gerichtsdienergewohnheiten, eingewurzelte Gewohnheiten, die man schwer verliert, wenn man sie einmal angenommen hat. Diese Herren wußten sich nicht von ihrer Beute zu trennen, wenn sie dieselbe einmal in den Händen hielten. So läßt der gute Jagdhund sein verwundetes Feldhuhn nur los, um es dem Jäger zu übergeben.

Der gute Gerichtsdiener ist derjenige, welcher, wenn einmal der Fang gemacht ist, diesen weder mit dem Finger, noch mit dem Auge mehr verläßt. Er weiß zu genau, wie launenhaft das Schicksal gegen die Jäger ist und wie sehr das, was man nicht mehr festhält, sich entfernt.

Mit einem bewunderungswürdigen Einklang riefen alle Beide, so sehr sie betäubt waren:

»Herr Beausire! mein lieber Beausire!«

Und sie hielten ihn am Flügel seines grünen Tuchrockes zurück.

»Was gibt es?« fragte Beausire.

»Haben Sie die Güte, verlassen Sie uns nicht,« erwiderten sie, während sie ihn zum Niedersitzen nöthigten.

»Aber wie soll ich Ihnen denn das Geld geben, wenn Sie mich nicht hinaufgehen lassen?«

»Wir werden Sie begleiten,« antwortete Positiv mit einer erschrecklichen Zärtlichkeit.

»Es ist … es ist das Zimmer meiner Frau,« entgegnete Beausire.

Dieses Wort, das er als eine Einwendung betrachtete, der nicht widersprochen werden konnte, war für die Sbirren der Funke, der das Feuer an das Pulver legte.

Ihre brütende Unzufriedenheit – ein Gerichtsdiener ist immer über etwas unzufrieden – nahm eine Form, einen Körper, eine Ursache an.

»Ah!« rief der Erste von den Agenten, »warum verbergen Sie uns Ihre Frau?«

»Ja, sind wir nicht präsentabel?« sagte der Zweite.

»Wenn Sie wüßten, was man für Sie gethan hat, wären Sie artiger,« sprach der Erste.

»Und Sie würden uns Alles geben, was wir verlangen,« fügte keck der Zweite bei.

»Ah! Sie stimmen einen sehr hohen Ton an, meine Herren,« sagte Beausire.

»Wir wollen Deine Frau sehen,« erwiderte der Sbirre Positiv.

»Und ich, ich erkläre Ihnen, daß ich Sie hinauswerfen werde,« entgegnete Beausire, auf ihre Betrunkenheit pochend.

Sie antworteten ihm mit einem schallenden Gelächter, das ihn hätte klug machen müssen. Er trug dem keine Rechnung, wurde hartnäckig und rief:

»Nun sollt Ihr auch nicht einmal das Geld bekommen, das ich Euch versprochen habe, und Ihr werdet Euch aus dem Staube machen.«

Sie lachten noch furchtbarer, als das erste Mal.

Zitternd vor Zorn, sprach Beausire mit erstickte Stimme:

»Ich begreife Euch, Ihr werdet Lärm machen und sprechen; doch wenn Ihr sprecht, stürzt Ihr Euch in's Verderben, wie mich.«

Sie lachten fortwährend unter sich, der Spaß kam ihnen trefflich vor. Das war ihre einzige Antwort.

Beausire glaubte sie durch einen Kraftstreich zu erschrecken und stürzte nach der Treppe, nicht wie ein Mensch, der Louisd'or, sondern wie ein Wüthender, der eine Waffe holen will. Die Sbirren standen vom Tische auf, liefen, ihrem Grundsatz getreu, Beausire nach und legten ihre breiten Hände an ihn.

Dieser schrie, eine Thüre öffnete sich, und eine Frau erschien ängstlich, erschrocken auf der Schwelle der Zimmer des ersten Stockes.

Als sie diese Frau sahen, ließen sie Beausire los und stießen auch einen Schrei aus, doch einen Schrei der Freude, des Triumphs, wilder Exaltation.

Sie hatten diejenige getroffen, welche so sehr der Königin von Frankreich glich.

Beausire glaubte sie einen Augenblick durch die Erscheinung einer Frau entwaffnet, aber er war bald grausam enttäuscht.

Der Positiv näherte sich Mlle. Oliva und sprach mit einem, in Rücksicht auf die Aehnlichkeit, zu wenig höflichen Ton:

»Ah! ah! ich verhafte Sie.«

»Sie verhaften!« rief Beausire; »und warum?«

»Weil uns Herr von Crosne den Befehl gegeben hat,« erwiderte der andere Agent, »und weil wir im Dienste des Herrn von Crosne sind.«

Hätte der Blitz zwischen dem Liebespaare eingeschlagen, es wäre weniger darüber erschrocken, als über diese Erklärung.

»So ist es wenn man sich nicht artig benimmt,« sagte der Positiv zu Beausire.

»Du hast Recht, Legrigneux; denn wenn Beausire artig gewesen wäre, hätte er uns Madame gezeigt, und wir hätten Madame mit allem Anstand festgenommen.«

Beausire drückte seinen Kopf in seine Hände. Er dachte nicht einmal daran, daß seine zwei Dienstboten, ein männlicher und ein weiblicher, diese Scene, welche mitten auf den Stufen vorging, unten von der Treppe hörten.

Er hatte eine Idee; sie lächelte ihn an; sie erfrischte ihn sogleich.

»Ihr seid gekommen, um mich zu verhaften?« sagte er zu den Agenten.

»Nein, das ist Zufall,« antworteten sie naiver Weise.

»Gleichviel. Ihr konntet mich verhaften und für sechzig Louisd'or ließet ihr mich in Freiheit.«

»Oh! nein, es war unsere Absicht, noch sechzig zu verlangen.«

»Und wir haben nur ein Wort,« fuhr der Andere fort; »für hundert und zwanzig Louisd'or lassen wir Sie auch frei.«

»Aber … Madame?« fragte Beausire zitternd.

»Ah! Madame … das ist etwas Anderes,« antwortete der Positiv.

»Madame ist zweihundert werth, nicht wahr?« sagte Beausire hastig.

Die Agenten fingen wieder das furchtbare Gelächter an, das Beausire dießmal leider begriff.

»Dreihundert …« sagte er, »vierhundert … tausend Louisd'or … Ich gebe Euch tausend Louisd'or, aber Ihr werdet sie frei lassen.«

Beausire's Augen funkelten, während er so sprach:

»Ihr antwortet nicht,« sagte er; »Ihr wißt, daß ich Geld habe, und Ihr wollt mich bezahlen lassen. Das ist nur zu billig. Ich gebe zweitausend Louisd'or, acht und vierzig tausend Livres, ein Vermögen für euch Beide, aber laßt ihr die Freiheit.«

»Du liebst sie also sehr, diese Frau?« fragte der Positiv.

Nun war die Reihe zu lachen an Beausire, und dieses höhnische Gelächter war so erschrecklich, es malte so scharf die verzweifelte Liebe, die dieses verwelkte Herz verzehrte, daß die zwei Sbirren bange davor bekamen und sich entschlossen, Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, um den Ausbruch der Verzweiflung zu vermeiden, die man in dem irren Auge Beausire's las.

Sie nahmen jeder ein Paar Pistolen aus der Tasche, hielten sie Beausire auf die Brust, und einer von ihnen sagte:

»Nicht für hunderttausend Thaler würden wir diese Frau zurückgeben. Herr von Rohan bezahlt uns fünfmal hunderttausend Livres und die Königin eine Million.«

Beausire schlug die Augen zum Himmel mit einem Ausdruck auf, der jedes andere Thier, als einen Alguazil, erweicht hatte.

»Gehen wir,« sagte der Positiv. »Sie müssen ein Wägelchen, irgend etwas Rollendes hier haben: lassen Sie dieses Gefährt für Madame anspannen; wir sind ihr das wohl schuldig.«

»Und da wir gute Teufel sind, so wollen wir keinen Mißbrauch von unserer Gewalt machen. Man nimmt Sie der Form wegen auch mit; unter Wegs wenden wir die Augen ab, Sie springen vom Gefährt herab, und wir bemerken es erst, wenn Sie tausend Schritte Vorsprung haben. Ist das ein gutes Benehmen, wie?«

Beausire antwortete nur:

»Wohin sie geht, werde ich gehen. Ich verlasse sie nie in diesem Leben.«

»Oh! weder in diesem, noch in dem andern!« fügte Oliva eiskalt vor Schrecken bei.

»Desto besser!« sprach der Positiv, »je mehr man Herrn von Crosne Gefangene zuführt, desto mehr lacht er.«

Eine Viertelstunde nachher fuhr der Wagen mit dem gefangenen Liebespaar und seinen Begleitern vom Hause ab.

LXXXVIII.
Herr von Crosne

Man kann sich denken, welche Wirkung dieser Fang auf Herrn von Crosne hervorbrachte.

Die Agenten erhielten wahrscheinlich die Million nicht, auf die sie hofften, doch man hat allen Grund, anzunehmen, daß sie befriedigt wurden.

Als der Policei-Lieutenant die Hände zum Zeichen der Zufriedenheit sich wohl gerieben hatte, begab er sich nach Versailles in einem Wagen, dem ein anderer hermetisch verschlossener Wagen folgte.

Es war am Morgen nach dem Tag, an welchem der Positiv und sein Freund Nicole in die Hände des Policeichefs übergeben hatten.

Herr von Crosne ließ seine zwei Wagen in Trianon einfahren, stieg aus dem, welchen er inne hatte, und übergab den andern der Obhut seines ersten Schreibers.

Er ließ sich zur Königin führen, von der er sich sogleich eine Audienz in Trianon erbeten hatte.

Die Königin, welche seit einem Monat wohl darauf bedacht war, nichts zu vernachlässigen, was von Seiten der Policei kam, entsprach sogleich der Bitte des Ministers; sie begab sich schon am Morgen in ihr Lieblingshaus, und zwar mit kleiner Begleitung, falls Geheimhaltung nöthig wäre.

Sobald Herr von Crosne bei ihr eingeführt war, erkannte sie an seiner strahlenden Miene, daß die Nachrichten gut waren.

Die arme Frau! seit geraumer Zeit sah sie um sich her nur düstere und zurückhaltende Gesichter.

Ein Klopfen der Freude, das erste seit dreißig Tagen, bewegte ihr durch so viele tiefe Erschütterungen verwundetes Herz.

Der Beamte, nachdem er ihr die Hand geküßt, sprach:

»Madame, hat Ihre Majestät in Trianon ein Zimmer, wo sie, ohne selbst gesehen zu werden, sehen kann, was vorgeht?«

»Ich habe meine Bibliothek,« antwortete die Königin; »hinter den Verschlägen habe ich Löcher in meinem Imbißsalon machen lassen. Und zuweilen, während ich vesperte, belustigte ich mich mit Frau von Lamballe und Fräulein von Taverney, als ich sie hatte, damit, daß ich die komischen Grimassen des Abbé Vermond betrachtete, wenn er auf ein Pamphlet stieß, worin von ihm die Rede war.«

»Sehr gut, Madame. Ich habe nun unten einen Wagen, den ich in das Schloß einfahren lassen möchte, ohne daß der Inhalt dieses Wagens von irgend Jemand, außer Eurer Majestät, gesehen würde.«

»Das geht ganz leicht,« erwiderte die Königin; »wo ist Ihr Wagen?«

»Im ersten Hof, Madame.«

Die Königin läutete; es kam Jemand, um ihre Befehle in Empfang zu nehmen.

»Lassen Sie den Wagen, den Ihnen Herr von Crosne bezeichnen wird, in die große Vorhalle einfahren,« sprach Marie Antoinette, »schließen Sie die beiden Thüren derselben, so daß es finster darin ist, und Niemand sehe vor mir die Curiositäten, die mir Herr von Crosne bringt.«

Der Befehl wurde vollzogen. Man wußte die Launen der Königin viel mehr zu respektiren, als ihre Befehle. Der Wagen fuhr unter das Gewölbe bei der Wohnung der Garden und ergoß seinen Inhalt in die düstere Vorhalle.

»Madame,« sprach Herr von Crosne, »wollen Sie nun mit mir in Ihren Imbißsalon kommen und Befehl geben, daß man meinen Schreiber mit dem, was er in die Bibliothek bringen wird, eintreten läßt.«

Zehn Minuten nachher spähte die Königin bebend hinter ihren Fenstern.

Sie sah in die Bibliothek eine verschleierte Gestalt eintreten; der Schreiber nahm ihr den Schleier ab, und die Königin stieß, als sie dieselbe erkannte, einen Schrei des Schreckens aus. Es war Oliva, und zwar in einem der Costüme, welche Marie Antoinette am meisten liebte.

Sie hatte ein grünes Kleid mit breiten schwarzmoirirten Schleifen, die hohe Frisur, welche die Königin bevorzugte, Ringe den ihrigen ähnlich, Pantoffeln von grünem Atlas mit ungeheuren Absätzen: es war Marie Antoinette selbst, abgesehen vom Blute der Cäsaren, welches durch die bewegliche plebejische Flüssigkeit aller Wollüste des Herrn Beausire ersetzt wurde.

Die Königin glaubte sich in einem entgegengesetzten Spiegel zu sehen; sie verschlang mit den Augen diese Erscheinung.

»Was sagt Eure Majestät von dieser Aehnlichkeit?« fragte nun Herr von Crosne triumphirend über die Wirkung, die er hervorgebracht hatte.

»Ich sage … ich sage, mein Herr,« stammelte die Königin ganz verwirrt … »Ah! Olivier,« dachte sie, »warum sind Sie nicht da?«

»Was will Eure Majestät?«

»Nichts, mein Herr, nichts, außer daß der König wohl erfahre …«

»Und daß Herr von Provence sehe, nicht wahr, Madame?«

»Ah! meinen Dank, Herr von Crosne, meinen Dank … Doch was wird man mit dieser Frau machen?«

»Schreibt man dieser Frau Alles zu, was geschehen ist?« fragte Herr von Crosne.

»Sie haben wohl die Fäden dieses Complotts?«

»Ungefähr, Madame.«

»Und Herr von Rohan?«

»Herr von Rohan weiß noch nichts.«

»Oh!« rief die Königin, ihr Gesicht in ihren Händen verbergend, »diese Frau, mein Herr, das sehe ich wohl, ist der ganze Irrthum des Cardinals.«

»Es mag sein, Madame, doch wenn es der Irrthum des Cardinals ist, so ist es das Verbrechen eines Andern.«

»Suchen Sie, mein Herr. Sie haben die Ehre des Hauses Frankreich in Ihren Händen.«

»Und glauben Sie mir, Madame, sie ist wohl versorgt,« erwiderte Herr von Crosne.

»Der Proceß?« fragte die Königin.

»Ist im Gange. Ueberall leugnet man; doch ich erwarte den günstigen Augenblick, um das Ueberführungsmittel, das Sie in Ihrer Bibliothek haben, in's Feld zu stellen.«

»Und Frau von La Mothe?«

»Sie weiß nicht, daß ich dieses Mädchen gefunden, und bezüchtigt Cagliostro, er habe dem Cardinal den Kopf erhitzt, bis er den Verstand verloren.«

»Und Herr von Cagliostro?«

»Herr von Cagliostro, den ich befragen ließ, hat mir versprochen, mich noch diesen Morgen zu besuchen.«

»Das ist ein gefährlicher Mann.«

»Er wird ein nützlicher Mann sein. Von einer Schlange wie Frau von La Mothe gestochen, wird er das Gift verschlucken und uns Gegengift geben.«

»Sie hoffen auf Offenbarungen?«

»Ich bin fest davon überzeugt.«

»Wie so, mein Herr? oh! sagen Sie mir Alles, was mich beruhigen kann.«

»Vernehmen Sie meine Gründe, Madame: Frau von La Mothe wohnte in der Rue Saint-Claude …«

»Ich weiß es, ich weiß es,« erwiderte die Königin erröthend.

»Ja, Eure Majestät erwies dieser Frau die Ehre, wohlthätig gegen sie zu sein.«

»Sie hat mich gut dafür belohnt, nicht wahr? … Sie wohnte also in der Rue Samt-Claude?«

»Und Herr von Cagliostro wohnt gerade gegenüber.«

»Und Sie vermuthen?«

»Daß, wenn ein Geheimniß für die Eine oder für den Andern von diesen beiden Nachbarn stattgefunden hat, dieses Geheimniß der Einen wie dem Andern gehören muß … Doch verzeihen Sie, Madame, es ist bald die Stunde, zu der ich in Paris Herrn von Cagliostro erwarte, und um nichts in der Welt möchte ich diese Erklärungen verzögern.«

»Gehen Sie, mein Herr, gehen Sie, und seien Sie noch einmal meiner Dankbarkeit versichert.«

»Endlich,« rief sie ganz in Thränen, als Herr von Crosne weggegangen war, »endlich beginnt meine Rechtfertigung. Ich werde meinen Triumph auf allen Gesichtern lesen. Das des einzigen Freundes, welchem ich so gerne beweisen möchte, daß ich unschuldig bin, dieses allein werde ich nicht sehen!«

Mittlerweile flog Herr von Crosne nach Paris und kam nach Hause, wo ihn Herr von Cagliostro erwartete.

Dieser wußte Alles seit dem vorhergehenden Tag. Er ging zu Beausire, dessen Zufluchtsort er kannte, um ihn anzutreiben, Frankreich zu verlassen, als er ihn auf der Straße zwischen den zwei Agenten im Wagen erblickte. Oliva war ganz beschämt und ganz in Thränen zerfließend im Hintergrund verborgen.

Beausire sah den Grafen, der sich in seiner Postchaise mit ihnen kreuzte, und erkannte ihn. Der Gedanke, dieser geheimnißvolle und mächtige Herr könnte ihm von einigem Nutzen sein, änderte plötzlich seinen Entschluß, Oliva nie zu verlassen.

Er wiederholte den Agenten den Vorschlag einer Entweichung, die sie ihm gemacht. Sie nahmen hundert Louisd'or an und ließen ihn frei, trotz der Thränen Nicole's.

Beausire umarmte indessen seine Geliebte und sagte ihr in's Ohr:

»Hoffe … ich will an Deiner Rettung arbeiten.«

Und er enteilte mit kräftigen Schritten in der Richtung der Straße, welche Cagliostro verfolgte.

Dieser hatte schon angehalten; er brauchte Beausire nicht mehr zu suchen, da Beausire zurückkam. Es war ihm dienlich, auf Beausire zu warten, wenn diesen irgendetwas veranlaßte, ihm nachzulaufen.

Cagliostro wartete also seit einer halben Stunde an der Biegung der Straße, als er den unglücklichen Liebhaber bleich, athemlos, halb todt ankommen sah.

Beim Anblick des stehenden Wagens stieß Beausire den Freudenschrei des Schiffbrüchigen aus, der ein Brett berührt,

»Was gibt es, mein Junge?« sagte der Graf indem er ihm zu sich einsteigen half.

Beausire erzählte ihm seine ganze klägliche Geschichte; Cagliostro hörte ihn stillschweigend an und sprach dann:

»Sie ist verloren.«

»Wie so?« rief Beausire.

Cagliostro erzählte Beausire, was er nicht wußte, nämlich die Intrigue der Rue Saint-Claude und die von Versailles, Beausire wäre beinahe in Ohnmacht gefallen.

»Retten Sie sie.« sprach er im Wagen auf die Kniee sinkend, »und ich gebe sie Ihnen, wenn Sie Oliva immer noch lieben.«

»Mein Freund.« entgegnete Cagliostro, »Sie sind in einem Irrthume begriffen. Ich habe Mademoiselle Oliva nie geliebt; ich hatte nur Einen Zweck, nemlich, sie dem ausschweifenden Leben zu entziehen, welches Sie mit ihr führten.«

»Aber …« versetzte Beausire erstaunt.

»Sie wundern sich hierüber? Erfahren Sie, daß ich einer von den Vorstehern einer Gesellschaft für sittliche Reform bin, deren Zweck es ist, dem Laster Alles zu entreißen, was Aussichten auf Heilung bieten kann. Ich hätte Oliva geheilt, indem ich sie Ihnen wegnahm, und darum habe ich sie Ihnen weggenommen. Sie sage, ob sie von meinem Munde ein Wort der Galanterie gehört hat; sie sage, ob meine Dienste nicht immer uneigennützig gewesen sind!«

»Ein Grund mehr, mein Herr, retten Sie sie!«

»Ich will es wohl versuchen; doch das hängt von Ihnen ab.«

»Verlangen Sie mein Leben von mir.«

»Ich werde nicht so viel verlangen. Kehren Sie mit mir nach Paris zurück, und wenn Sie Punkt für Punkt meine Vorschriften befolgen, so werden wir vielleicht Ihre Geliebte retten. Ich stelle hiebei nur eine Bedingung.«

»Welche, mein Herr?«

»Ich werde sie Ihnen sagen, wenn wir in mein Haus in Paris zurückkommen.«

»Oh! ich unterschreibe zum Voraus; doch sie wiedersehen! sie wiedersehen!«

»Daran denke ich gerade; ehe zwei Stunden vergehen, werden Sie Oliva wiedersehen.«

»Und sie umarmen?«

»Ich zähle darauf; mehr noch, Sie werden ihr sagen, was ich Ihnen zu sagen beabsichtige.«

Cagliostro schlug mit Beausire wieder den Weg nach Paris ein.

Zwei Stunden nachher, es war dieß am Abend, hatte er den Wagen der Agenten eingeholt.

Und eine Stunde später erkaufte sich Beausire um fünfzig Louisd'or von den beiden Agenten das Recht, Nicole zu umarmen und ihr die Aufträge des Grafen zuzuflüstern.

Die Agenten bewunderten diese leidenschaftliche Liebe. Sie versprachen sich so etwa fünfzig Louisd'or auf jeder Poststation.

Beausire erschien jedoch nicht mehr, und die Chaise Cagliostro's führte ihn rasch nach Paris, wo sich so viele Ereignisse vorbereiteten.

Dieß mußten wir dem Leser nothwendig mittheilen, ehe wir ihm Herrn von Cagliostro im Gespräche mit Herrn von Crosne zeigen.

Nun aber können wir ihn in das Cabinet des Policei-Lieutenants einführen.

* * *

Herr von Crosne wußte von Cagliostro Alles, was ein gewandter Policei-Lieutenant von einem in Frankreich wohnenden Mann wissen kann, und das will nicht wenig sagen. Er kannte alle seine früheren Namen, er kannte alle seine Geheimnisse als Alchymist, als Magnetiseur und als Wahrsager, er kannte die Ansprüche, die er auf Allgegenwart, auf fortwährende Wiedergeburt machte, und betrachtete ihn als einen vornehmen Charlatan.

Herr von Crosne war ein starker Geist, mit allen Mitteln seines Amtes vertraut, bei Hofe wohl angeschrieben, gleichgültig gegen die Gunst, die sich nicht mit seinem Stolz vertrug, ein Mann, auf den nicht Jeder, der da wollte, Einfluß zu üben vermochte.

Diesem konnte Cagliostro nicht, wie Herrn von Rohan, noch vom hermetischen Ofen heiße Louisd'or anbieten; diesem hätte Cagliostro nicht das Ende einer Pistole geboten, wie Balsamo Herrn von Sartines; von diesem hatte Balsamo nicht mehr eine Lorenza zurückzufordern, sondern Cagliostro hatte Rechenschaft abzulegen.

Darum hatte der Graf, statt die Ereignisse abzuwarten, sich von dem Beamten eine Audienz erbitten zu müssen geglaubt.

Herr von Crosne fühlte den Vortheil seiner Stellung, Cagliostro fühlte das Peinliche der seinigen und war bemüht, sich daraus zu befreien. Bei dieser offen gespielten Schachpartie fand ein Einsatz statt, den einer von den Spielern nicht muthmaßte, und dieser Spieler war nicht Herr von Crosne.

Dieser kannte, wie gesagt, von Cagliostro nur den Charlatan, der Adept war ihm ganz unbekannt. An den Steinen, welche die Philosophie auf dem Wege der Monarchie aussäte, haben sich so viele Leute nur deßhalb gestoßen, weil sie dieselben nicht sahen.

Herr von Crosne erwartete von Herrn von Cagliostro Enthüllungen über das Halsband, über die Händel von Frau von La Mothe; hierin lag sein Nachtheil. Doch er hatte das Recht, zu befragen, zu verhören, einzukerkern, und dieß war seine Überlegenheit.

Er empfing den Grafen wie ein Mann, der sein Gewicht fühlt, aber der es nicht an Höflichkeit gegen irgend Jemand fehlen lassen will, nicht einmal gegen einen Emporkömmling.

Cagliostro bewachte sich. Er wollte nur vornehmer Herr bleiben, seine einzige Schwäche, von der er glaubte, er müsse sie vermuthen lassen.

»Mein Herr«, sagte der Policei-Lieutenant zu ihm, »Sie haben sich eine Audienz von mir erbeten. Ich komme ausdrücklich von Versailles, um sie Ihnen zu geben.«

»Mein Herr, ich dachte, Sie hätten ein Interesse, mich über das, was vorgeht, zu befragen, und als ein Mann, der Ihr ganzes Verdienst und die ganze Bedeutung Ihrer Functionen kennt, bin ich zu Ihnen gekommen.«

»Sie befragen?« versetzte der Beamte, Erstaunen heuchelnd, »worüber denn? und in welcher Eigenschaft?«

»Mein Herr,« sprach Herr Cagliostro gerade heraus, »Sie beschäftigen sich sehr viel mit Frau von La Mothe und dem Verschwinden des Halsbands.«

»Sollten Sie es gefunden haben?« fragte Herr von Crosne beinahe spöttisch.

»Nein,« antwortete der Graf mit ernstem Tone. »Aber wenn ich es nicht gefunden habe, so weiß ich doch wenigstens, daß Frau von La Mothe in der Rue Saint-Claude wohnte.«

»Ihnen gegenüber, mein Herr, das wußte ich auch.«

»Dann wissen Sie, was Frau von La Mothe machte, mein Herr … Sprechen wir nicht mehr davon.«

»Im Gegentheil,« erwiderte Herr von Crosne mit gleichgültiger Miene, »sprechen wir noch mehr davon.«

»Oh! das hatte nur Salz in Beziehung auf die kleine Oliva; doch da Sie Alles über Frau von La Mothe wissen, so werde ich Ihnen nichts mehr mitzutheilen haben.«

Bei dem Namen Oliva bebte Herr von Crosne.

»Was sagen Sie von Oliva?« fragte er. »Wer ist das, Oliva?«

»Sie wissen es nicht? Ah! mein Herr, ich würde mich wundern, wenn ich Sie hierüber zu belehren hätte. Stellen Sie sich ein sehr hübsches Mädchen vor, einen Wuchs … blaue Augen, das Eirund des vollkommenen Gesichts; hören Sie, eine Art von Schönheit, welche an die Ihrer Majestät der Königin erinnert.«

»Ah! ah!« machte Herr von Crosne, »nun?«

»Dieses Mädchen lebte schlecht, und das betrübte mich; sie hatte einst bei einem alten Freunde von mir, bei Herrn von Taverney, gedient.«

»Bei dem Baron, der kürzlich gestorben ist?«

»Ganz richtig, ja, der kürzlich gestorben ist. Sie war überdieß in Diensten bei einem gelehrten Mann gewesen, den Sie nicht kennen, Herr Policei-Lieutenant, und der … Doch ich bemerke, daß ich auf Abschweifungen gerathe, und daß ich Sie zu belästigen anfange.«

»Mein Herr, ich bitte Sie im Gegentheil, wollen Sie fortfahren. Diese Oliva, sagten Sie?«

»Lebte schlecht, wie ich Ihnen zu bemerken die Ehre hatte. Sie lebte unter einer großen Dürftigkeit mit einem gewissen Burschen, ihrem Liebhaber, der sie schlug und bestahl: einer von Ihren gewöhnlichen Galgenvögeln, mein Herr, den Sie nicht kennen müssen …«

»Ein gewisser Beausire vielleicht,« erwiderte der Beamte, glücklich, wohlunterrichtet zu erscheinen.

»Ah! Sie kennen ihn, das ist erstaunlich,« sprach Cagliostro mit Bewunderung; »sehr gut, mein Herr, Sie sind noch mehr Wahrsager, als ich. Eines Tags nun, als Beausire die Arme mehr geschlagen und bestohlen hatte, als gewöhnlich, flüchtete sie sich zu mir und bat mich um meinen Schutz. Ich bin gut, ich gab ihr irgend einen Winkel in einem meiner Hotels.«

»Bei Ihnen! … Sie war bei Ihnen?« rief der Beamte erstaunt.

»Allerdings,« erwiderte Cagliostro, ebenfalls Erstaunen heuchelnd, »warum sollte ich sie nicht bei mir aufgenommen haben? ich bin Junggeselle.«

Und er lachte mit einer so geschickten Treuherzigkeit, daß Herr von Crosne völlig in's Garn ging.

»Bei Ihnen!« wiederholte er; »darum haben also meine Agenten so sehr gesucht, um sie zu finden.«

»Wie gesucht!« rief Cagliostro. »Man suchte die Kleine? hat sie denn etwas gethan, was ich nicht wüßte?«

»Nein, mein Herr, nein; ich beschwöre Sie, fahren Sie fort.«

»Oh! mein Gott! ich bin zu Ende. Ich quartierte sie bei mir ein, das ist das Ganze.«

»Nein, mein Herr Graf, das ist nicht das Ganze, da Sie vorhin den Namen Oliva mit dem Namen der Frau von La Mothe zu verbinden schienen.«

»Ah! wegen der Nachbarschaft.«

»Es ist noch etwas Anderes, Herr Graf … Sie haben nicht umsonst gesagt, Frau von La Mothe und Mlle. Oliva seien Nachbarinnen gewesen.«

»Oh! das bezieht sich auf einen Umstand, dessen Mittheilung unnütz wäre. Man muß nicht dem ersten Beamten des Königreichs Hirngespinste eines müßigen Rentier erzählen.«

»Sie interessiren mich, mein Herr, und zwar mehr als Sie glauben; denn diese Oliva, von der Sie sagen, Sie haben sie bei sich aufgenommen, habe ich in der Provinz gefunden.«

»Sie haben sie gefunden?«

»Mit Herrn von Beausire!«

»Ich vermuthete es,« rief Cagliostro. »Sie war mit Beausire? Ah! sehr gut, sehr gut! Ich muß Frau von La Mothe Abbitte thun.«

»Wie? was wollen Sie damit sagen?« fragte Herr von Crosne.

»Ich sage, mein Herr, nachdem ich einen Augenblick Frau von La Mothe im Verdachte gehabt, lasse ich ihr vollständige Genugthuung widerfahren.«

»Im Verdacht! worüber?«

»Guter Gott! Sie hören also geduldig all dieses Geschwätz an? Nun denn! so erfahren Sie, daß in dem Augenblick, wo ich Hoffnung hatte, diese Oliva zu bessern, sie zur Arbeit und zur Rechtschaffenheit zurückzuleiten … ich beschäftige mich mit der Sittlichkeit … Jemand gekommen ist und sie mir entführt hat.«