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Kitabı oku: «Der Bastard von Mauléon», sayfa 37

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»Wie so? sie sollte mir den Beweis bringen, Aissa zu mir führen, daß sie die Worte von Maria wiederhole!«

»Ist sie gekommen?«

»Sie ist todt.«

»Weil sie beweisen mußte, wenn sie zurückkam, und weil sie nicht beweisen konnte.«

Don Pedro neigte abermals das Haupt, ganz verwirrt in dieser furchtbaren Finsterniß.

»Die Wahrheit!« murmelte Don Pedro, »wer wird mir die Wahrheit sagen?«

»Ich sage sie Dir.«

»Du! rief der König mit verdoppeltem Haß, »Du, ein Ungeheuer, der Du Dona Maria verfolgtest, der Du es dahin bringen wolltest, daß sie mich verließ; Du hast ihren Tod veranlaßt . . . Wohl! Du wirst aus meinen Staaten verschwinden, Du wirst den Weg der Verbannung einschlagen, das ist die einzige Gnade, die ich Dir gewähren kann.«

»Stille. Hoheit! ein Wunder!« sagte Mothril, ohne auf diesen heftigen Ausbruch des Königs zu antworten; »das Herz von Dona Aissa schlägt unter meiner Hand: sie lebt, sie lebt!«

»Sie lebt!« rief Don Pedro, »bist Du dessen sicher?«

»Ich fühle das Schlagen des Herzens.«

»Die Wunde wir vielleicht nicht tödtlich . . . einen Arzt . . .«

»Keiner von den Christen wird die Hand an ein edles Mädchen meiner Nation legen,« sprach Mothril mit einer düsteren Würde; »Aissa wird vielleicht nicht gerettet werden, doch wird sie gerettet, so geschieht es nur durch mich allein.«

»Rette sie! Mothril, rette sie! . . . damit sie spricht . . .«

Mothril heftete einen tiefen Blick auf den König und erwiderte:

»Damit sie spricht?« . . . mein hoher Herr, sie wird sprechen.«

»Nun! Mothril, wir werden also sehen.«

»Ja, Hoheit, wir werden sehen, ob ich ein Verleumder bin, und ob Aissa entehrt ist.«

Don Pedro, der vor den zwei Leichnamen auf den Knieen lag, schaute nun das finstere, durch einen häßlichen Tod zusammengezogene Gesicht von Maria, und dann das ruhige, sanfte Antlitz der in ihrer Ohnmacht entschlummerten Aissa an.

»Es ist wahr,« sagte er zu sich selbst, »Dona Maria war sehr eifersüchtig, und ich erinnere mich wohl, daß sie einst Blanche von Bourbon, die ich habe tödten lassen, nicht vertheidigte.«

Er erhob sich, da er Aissa nicht mehr anschauen wollte, und sprach zum Saracenen:

»Rette sie, Mothril!«

»Seid unbesorgt, hoher Herr, ich will, daß sie lebe, und sie wird leben.«

Don Pedro zog sich, von einem gewissen abergläubischen Schrecken erfaßt, zurück, und es kam ihm vor, als erhöbe sich das Gespenst von Dona Maria vom Boden und folgte ihm in die Gallerie.

»Wenn Aissa zu sprechen im Stande ist,« sagte er, »so bringe sie zu mir, oder laß mir Nachricht geben, ich will sie befragen.«

Dies war sein letztes Wort. Er kehrte ohne Bedauern, ohne Liebe, ohne Hoffnung in seine Gemächer zurück.

Mothril befahl die Thüren zu schließen; er ließ von Hafiz verschiedene balsamische Kräuter sammeln, deren Saft er auf die Wunde von Aissa preßte, eine Wunde, die sein Dolch mit der Geschicklichkeit gemacht hatte, mit der der Wundarzt sein Messer handhabt.

Aissa kam zu sich, sobald Mothril sie hatte einige kräftige Arome einathmen lassen. Sie war geschwächt, doch ihr Gedächtnis kehrte mit ihren Kräften zu ihr zurück, und der erste Gebrauch, den sie vom Leben machte, war, daß sie einen Schrei des Schreckens ausstieß.

Sie hatte den entseelten Körper von Maria Padilla erblickt, der, das Auge noch beladen mit Drohung und Verzweiflung, zu ihren Füßen lag.

Neunundfünfzigstes Kapitel.
Das Gefängniß des guten Connetable

Man hatte indessen Duguesclin nach Bordeaux, dem Aufenthaltsorte des Prinzen von Wales gebracht, und er sah sich hier mit allen Rücksichten, zugleich aber als ein Gefangener behandelt, den man scharf bewacht.

Das Schloß, in welchem man ihn eingesperrt, hatte einen Gouverneur und einen Kerkermeister. Hundert Mann versahen den Wachdienst und ließen Niemand zum Connetable dringen. Die ausgezeichnetsten Officiere des englischen Heeres schätzten es sich indessen zur Ehre, dem Gefangenen Besuch zu machen. Jean Chandos, der Sire von Albret und die vornehmsten Herren der Guienne erhielten die Erlaubniß, häufig zu Mittag und zu Nacht mit Duguesclin zu speisen, der, ein guter, fröhlicher Tischgenosse und heiterer Gastwirth, sie vortrefflich aufnahm und, um sie gut zu bewirthen, Geld von den Lombarden in Bordeaux auf seine Güter in der Bretagne entlehnte.

Allmälig schläferte der Connetable das Mißtrauen der Garnison ein. Er schien sich im Gefängniß zu gefallen und verrieth durch nichts seinen Wunsch, frei zu sein.

Als der Prinz von Wales ihn besuchte und mit ihm von seinem Lösegeld sprach, sagte er lachend:

»Es macht sich, Hoheit, nur Geduld!«

Der Prinz vertraute ihm nun seinen Aerger. Duguesclin warf ihm mit seiner gewöhnlichen Offenherzigkeit vor, daß er sein Genie und seine Macht in den Dienst einer so schlimmen Sache, wie die von Don Pedro, gegeben habe.

»Wie,« sagte er, »ein Ritter von Eurem Rang und Eurem Verdienst konnte sich erniedrigen, diesen Räuber, diesen Mörder, diesen gekrönten Renegaten zu vertheidigen?«

»Staatsraison,« erwiderte der Prinz.

»Und das Verlangen, Frankreich zu beunruhigen, nicht wahr?« sagte der Connetable.

»Ah! Messire Bertrand,«laßt mich nicht von Politik sprechen,« versetzte der Prinz.

Und man lachte.

Zuweilen schickte die Herzogin, die Gemahlin des Prinzen, Bertrand Erfrischungen, von ihrer Hand gearbeitete Geschenke, und diese Zuvorkommenheiten machten dem Connetable den Aufenthalt in der Festung noch viel erträglicher.

Doch der Gefangene hatte Niemand, dem er seinen Kummer anvertrauen konnte, und sein Kummer war tief. Er sah die Zeit verstreichen, er fühlte, daß die mit so großer Mühe angeworbene Armee sich von Tag zu Tag mehr zerstreute und viel schwieriger zu sammeln war, wenn man sie brauchte.

Er hatte beinahe unter den Augen das Schauspiel der Gefangenschaft von zwölfhundert Officieren und Kriegsleuten, seinen Gefährten, welche, der Kern einer unbesiegbaren Truppe, wenn sie frei geworden, voll Eifer die Trümmer dieser großen, an einem Tag einer unvorhergesehenen Niederlage zu Boden geschmetterten, Macht zusammenraffen würden.

Oft dachte er an den König von Frankreich, der wohl in diesem Augenblick sehr in Verlegenheit wäre.

Er sah aus der Tiefe seines finsteren Kerkers den theuren und ehrwürdigen Sire mit gesenktem Haupte unter dem Weingeländer des Gartens von Saint-Paul spazieren gehen . . . bald klagend, bald hoffend, bald wie Augustus murmelnd:

»Bertrand, gib mir meine Legionen wieder!«

»Und während dieser Zeit,« fügte Duguesclin in seinen inneren Monologen bei, »während dieser Zeit wird Frankreich durch den Rückstrom der Compagnien verzehrt; die Caverley, die Grünen Ritter zerfressen, den Heuschrecken ähnlich, den Rest der armen Ernte.«

Dann dachte Duguesclin an Spanien, an die frechen Unbilden von Don Pedro, an die düstere Lage von Enrique, der für immer von dem Thron gestürzt, den er mit der Hand berührt hatte.

Da konnte sich der Connetable nicht erwehren, feiger Gleichgültigkeit diesen Prinzen zu beschuldigen, der, statt sein Werk wüthend zu verfolgen, ihm seine Habe, sein Leben zu opfern, die halbe christliche Welt gegen die ungläubigen Spanier, die Anhänger von Don Pedro auf die Beine zu bringen, ohne Zweifel niedriger Weise seinen Lebensunterhalt bei irgend einem unbekannten Schloßherrn erbettle.

Wenn diese Woge von Gedanken die Seele des guten Connetable überfluthete, dann kam ihm das Gefängniß ganz verhaßt vor, er betrachtete das eiserne Gitter wie Simson die Angeln der Thore von Gaza, und fühlte die Kraft in sich, die Mauern auf seinen Schultern fortzutragen.

Doch die Klugheit rieth ihm rasch wieder, eine gute Miene zu machen, und da Bertrand mit seiner bretagnischen Ehrlichkeit die Schlauheit des Normannen verband, so gab er nie so viele Freudenschreie von sich, so trank er nie so geräuschvoll, als in den Stunden der Entmuthigung und des Ueberdrusses.

Er brachte auch einige von den schlausten Engländern von der Fährte ab.

Eine höhere Gewalt unterhielt indessen um den Gefangenen die schärfste Bewachung. Zu stolz, um sich hierüber zu beklagen, wußte der Connetable nicht, wem oder welchen Umständen er diese Entwicklung einer Strenge zuschreiben sollte, welche so weit ging, daß der Lauf der Briefe, die man ihm von Frankreich schickte, gehemmt wurde.

Der Hof von England hatte als einen der glücklichsten Erfolge des Sieges von Navarrete die Gefangennahme von Duguesclin betrachtet.

Der Connetable war in der That das einzige ernste Hinderniß, auf das die Engländer, befehligt von einem Helden, wie der Prinz von Wales, in Spanien stoßen konnten.

Gut berathen, wollte der König Eduard allmälig seine Macht in diesem vom Bürgerkrieg verheerten Land ausdehnen. Er fühlte wohl, daß Don Pedro, der Verbündete der Mauren, früher oder später entthront werden würde; daß, nachdem Don Enrique besiegt und getödtet, keine Bewerber mehr um den Thron der beiden Castilien übrig blieben, wonach dieser eine leichte Beute für das siegreiche Heer des Prinzen von Wales wäre.

War aber Bertrand frei, so nahmen die Dinge ein anderes Angesicht an: er konnte nach Spanien zurückkehren, den bei Navarrete verlorenen Vortheil wieder gewinnen, die Engländer und Don Pedro vertreiben, Enrique von Transtamare für immer einsetzen, und es war geschehen, um den Plan einer Herrschaft, der seit fünf Jahren den Rath des Königs von England beschäftigte.

Eduard beurtheilte die Menschen weniger ritterlich als sein Sohn. Er dachte, der Connetable könnte entweichen; wenn er nicht entwiche, könnte er entführt werden; selbst als Gefangener, gefesselt, ohnmächtig zwischen vier Mauern, könnte er einen guten Rath, einen guten Plan für eine Invasion, eine Hoffnung der besiegten Partei geben.

Eduard hatte auch zu Duguesclin zwei unbestechliche Wächter gesetzt, den Gouverneur und den Kerkermeister, welche Beide nur unter die unmittelbare Gewalt des großen Rathes von England gestellt waren.

Eduard theilte dem Prinzen von Wales, diesem Mann von so unendlich erhabenem und edlem Charakter, den Hintergedanken seiner Räthe nicht mit . . . er befürchtete, der Prinz könnte durch einen großmüthigen Widerstand ein Hinderniß entgegensetzen.

Der englische Monarch wollte in der That um keinen Preis den Gefangenen gegen Lösegeld zurückgeben, und er hoffte, Zeit gewinnend, ihn den Händen des Prinzen zu entziehen und nach London bringen zu lassen, wo ihm der Tower für einen solchen Schatz ein besserer Bewahrer dünkte, als das Schloß von Bordeaux.

Hätte der Prinz von Wales Kunde von diesem Entschluß gehabt, so würde er sicherlich Duguesclin, ehe er den officiellen Befehl erhalten, in Freiheit gesetzt haben. Man wartete in London nur, bis die Dinge in Spanien beigelegt wären, bis Don Pedro sich auf dem Thron befestigt hätte, bis Frankreich streng im Schach gehalten würde, um durch einen plötzlichen Staatsstreich, durch einen Befehl des Großraths, den Prinzen mit seinem Gefangenen nach London zurückzurufen.

Der englische Monarch wartete mit einem Wort auf den günstigen Augenblick.

Duguesclin fühlte den Sturm nicht. Er lebte voll Vertrauen unter der Hand seines Siegers von Navarrete, die er allmächtig glaubte.

Der sosehr von dem erhabenen Gefangenen ersehnte Tag beleuchtete endlich die Gitter seiner Stube.

Der Sire von Laval war mit dem Lösegeld in Bordeaux angekommen.

Dieser edle Bretagner ließ den Prinzen von Wales mit seinen Absichten und seiner Sendung bekannt machen.

Es war Mittag. Die Sonne schien schräge in die Wohnung des Connetable, der, in diesem Augenblick allein, voll Traurigkeit die Strahlen an der kahlen Wand abnehmen sah.

Die Trompeten erschollen, die Trommeln rasselten; Bertrand begriff, daß ein erhabener Besuch zu ihm kam.

Der Prinz trat mit entblößtem Haupt und lachendem Gesicht bei ihm ein.

»Nun, Sire Connetable,« sagte er, während ihn Duguesclin, ein Knie auf der Erde, begrüßte, »sehnt Ihr Euch nicht nach der Sonne?. . . es ist heute so schön!«

»Es ist wahr, gnädigster Herr,« erwiderte Duguesclin, »der Gesang der Nachtigallen meiner Heimath wäre mir lieber, als das Pfeifen der Mäuse von Bordeaux; doch gegen das, was Gott thut, hat der Mensch nichts zu sagen.«

»Im Gegentheil, Sire Connetable, zuweilen geschieht es, daß Gott denkt und der Mensch lenkt. Kennt Ihr die Nachrichten von Eurer Heimath?«

»Nein, gnädigster Herr,« erwiderte Bertrand mit bewegter Stimme, so viel Freude und Bangen erregte in seinem Herz dieser süße Name.

»Nun! Sire Connetable, Ihr sollt frei werden, das Geld ist angekommen.«

Nachdem er so gesprochen, reichte der Prinz dem erstaunten Bertrand die Hand und ging lächelnd von ihm weg.

An der Thüre sagte er zu dem mit der Bewachung des Gefangenen beauftragten Officier:

»Messire Gouverneur, Ihr werdet zum Connetable den Freund, der mit dem Geld aus Frankreich zu ihm kommt, einlassen.«

Als der Prinz dies gesagt hatte, verließ er das Schloß.

Der Gouverneur blieb, düster und sorgenvoll, allein beim Connetable.

Diese unerwartete Ankunft von Laval zerstörte alle Pläne des Rathes von England, und Duguesclin sollte Allem zum Trotz frei werden.

Ohne einen ausdrücklichen Befehl von König Eduard konnte sich der Gouverneur dem Willen des Prinzen von Wales nicht widersetzen, und dieser Befehl war nicht angekommen.

Der Gouverneur kannte indessen den geheimen Gedanken des Rathes von England, er wußte, der Abgang des Connetable wäre eine Quelle des Unglücks für sein Vaterland und ein Kummer für König Eduard. Er beschloß daher, es zu versuchen, von sich selbst das zu thun, was die Regierung noch nicht hatte thun können, so schnell war die Expedition von Mauléon vor sich gegangen, so enthusiastisch war der Eifer der Bretagner, ihren Helden zu befreien, gewesen.

Statt also dem Kerkermeister, wie es ihn der Prinz von Wales geheißen, Befehle zu geben, leistete der Gouverneur dem Gefangenen Gesellschaft.

»Ihr seid also nun frei, Herr Connetable,« sagte er, »und es wird ein wahres Unglück für uns sein, Euch zu verlieren.«

Lächelnd erwiderte Duguesclin mit einer spöttischen Miene:

»In welcher Hinsicht?«

»Es ist eine so große Ehre, Messire Bertrand, für einen einfachen Ritter, wie ich bin, einen so mächtigen Kriegsmann, wie Ihr seid, zu bewachen.«

»Gut!« sagte der Connetable mit seiner gewöhnlichen Heiterkeit, »ich gehöre zu denjenigen, welche sich immer in der Schlacht fangen lassen. Der Prinz wird mich wieder zum Gefangenen machen, das ist unfehlbar, und dann werdet Ihr mich abermals bewachen; denn ich schwöre, Ihr bewacht gut.«

Der Gouverneur seufzte.

»Es bleibt mir ein Trost,« sagte er.

»Welcher?«

»Ich bewache alle Eure Gefährten, zwölfhundert Bretagner, welche Gefangene sind, wie Ihr. . . Ich werde mit ihnen von Euch sprechen.«

Duguesclin fühlte, wie ihn die Freude bei dem Gedanken verließ, seine Freunde müßten Gefangene bleiben, während er, der Sklaverei entzogen, die Sonne der Heimath wiedersehen würde.

»Diese würdigen Gefährten,« fügte der Gouverneur bei, »werden sehr betrübt sein, wenn sie Euch abgehen sehen; doch ich hoffe durch mein zuvorkommendes Benehmen das Widrige ihrer Gefangenschaft zu mildern.«

Ein neuer Seufzer von Bertrand, der diesmal auf dem geplatteten Boden seiner Stube auf und abzugehen anfing.

»Oh!« fuhr der Gouverneur fort, »welch ein schönes Vorrecht ist dem Genie und der Tapferkeit gegönnt! ein Mensch hat durch sein Verdienst den Werth von zwölfhundert zugleich.«

»Wie so?«

»Damit will ich sagen, daß die von dem Sire von Laval für Eure Befreiung überbrachte Summe das Lösegeld Eurer zwölfhundert Gefährten zu bezahlen genügen würde.«

»Das ist wahr,« murmelte der Connetable, düsterer, träumerischer als je.

»Zum ersten Mal,« fuhr der Engländer fort, »zum ersten Mal erhalte ich den sichtbaren Beweis, daß ein Mann so viel werth sein kann, als eine Armee. In der That, Eure zwölfhundert Bretagner, Herr Connetable, sind eine wahre Armee, und würden für sich allein einen Feldzug machen. Beim heiligen Georg! Messire, wäre ich an Eurem Platz und reich, wie Ihr seid, ich würde von hier nur als erhabener Kapitän mit meinen zwölfhundert Soldaten weggehen!«

»Das ist ein braver Mann,« sagte Duguesclin zu sich selbst, »er bezeichnet mir meine Pflicht. . . Es geziemt sich in der That nicht, daß ein Mensch, der wie die andern aus Fleisch und Knochen zusammengesetzt ist, sein Land so viel kostet, als zwölfhundert tapfere und ehrliche Christen.«

Der Gouverneur folgte mit aufmerksamen Augen dem Fortschritt seiner Bemerkungen.

»Hört,« sagte plötzlich Bertrand, »Ihr glaubt, die Bretagner würden nicht mehr als siebenzigtausend Gulden Lösegeld kosten.«

»Ich bin dessen gewiß, Herr Connetable.«

»Und daß der Prinz, wenn die Summe gegeben würde, sie freiließe?«

»Ohne zu handeln.«

»Bürgt Ihr mir dafür?«

»Mit meiner Ehre und meinem Leben,« sprach der Gouverneur bebend vor Freude.

»Es ist gut; ich bitte Euch, laßt den Sire von Laval, meinen Landsmann und Freund, hier eintreten. Laßt auch meinen Schreiber mit Allem heraufkommen, was er braucht, um eine Schrift in guter Form abzufassen.«

Der Gouverneur verlor keine Zeit, er war so glücklich, daß er vergaß, er habe den Befehl, zu dem Gefangenen nur Engländer oder Navarresen, seine natürlichen Feinde, einzulassen.

Er übergab dem erstaunten Kerkermeister den Auftrag von Bertrand und lief zum Prinzen von Wales, um ihn zu benachrichtigen.

Sechzigstes Kapitel.
Das Lösegeld

Bordeaux war voll Lärmen und Bewegung, veranlaßt durch die Ankunft des Sire von Laval mit seinen vier mit Gold beladenen Maulthieren und den fünfzig Reisigen, welche die Banner von Frankreich und Bretagne trugen.

Eine beträchtliche Menge war dem stattlichen Zug gefolgt, und auf allen Gesichtern las man die Unruhe und den Aerger, wenn es ein Engländer war, die Freude und den Triumph, wenn das Gesicht einem Gascogner oder einem Franzosen gehörte.

Der Sire von Laval nahm im Vorbeigehen die Glückwünsche der Einen, die dumpfen Verwünschungen der Andern hin. Doch seine Haltung war ruhig und unempfindlich; er ritt nach den Trompetern an der Spitze des Zuges, eine Hand am Dolch, die andere am Zaum seines mächtigen schwarzen Rosses, und durchschnitt, das Visir aufgeschlagen, die Wogen der neugierigen Menge, ohne vor irgend einem Hinderniß die Schritte seines Pferdes zu beschleunigen oder zu hemmen.

Er kam vor das Schloß, wo Duguesclin Gefangener war, stieg ab, gab sein Pferd dem Knappen und befahl den vier Maulthiertreibern, die Kisten herabzunehmen, welche das Gold enthielten.

Diese Leute gehorchten.

Während sie eine nach der andern die vier schweren Lasten herab hoben und die Neugierigen sich voll Eifer um das Geleite drängten, näherte sich ein Ritter mit herabgelassenem Visir, ohne Farbe und Wappenspruch, dem Sire von Laval und sagte in reinem Französisch zu ihm:

»Messire, Ihr werdet das Glück haben, den erhabenen Gefangenen zu sehen, das noch viel größere Gluck, ihn in Freiheit zu setzen, dann werdet Ihr ihn mitten unter den braven Reisigen, die Euch begleiten, fortführen: ich, der ich einer von den Freunden des Connetable bin, dürste vielleicht nicht Gelegenheit finden, ihm ein Wort zu sagen; wäre es Euch wohl gefällig, mich mit Euch in den Thurm hinaufzunehmen?«

»Herr Ritter,« erwiderte Laval, »Eure Stimme kitzelt mein Ohr sehr angenehm, Ihr sprecht die Sprache meiner Heimath, doch ich kenne Euch nicht, und wenn man mich nach Eurem Namen fragen würde, müßte ich lügen . . .«

»Ihr würdet antworten, ich sei der Bastard von Mauléon,« unterbrach ihn der Unbekannte.

»Ihr seid es nicht, da der Sire von Mauléon uns verlassen hat, um schneller nach Spanien zu kommen,« entgegnete Laval rasch.

»Ich komme in seinem Auftrag, Messire, weist mich nicht zurück, ich habe dem Connetable nur ein einziges Wort zu sagen. . .«

»Sagt dieses Wort mir, und ich werde es ihm überbringen.«

»Ich kann dieses Wort nur ihm sagen, und auch er kann es nur verstehen, wenn ich ihm mein Gesicht zeige. Ich flehe Euch an, Sire von Laval, weist mich nicht zurück, im Namen der Ehre der französischen Waffen, deren eifrigster Vertheidiger ich bin, das schwöre ich Euch vor Gott.«

»Ich glaube Euch, Messire,« sprach der Graf; »doch Ihr zeigt wenig Vertrauen zu mir. . . während Ihr wißt, wer ich bin,« fügte er mit einem Gefühl beleidigten Stolzes bei.

»Wenn Ihr erfahrt, wer ich selbst bin, Herr Graf, werdet Ihr eine solche Sprache nicht mehr gegen mich führen. . . Seit drei Tagen bin ich in Bordeaux und versuche es, zum Connetable zu gelangen; doch weder durch Geld, noch durch List ist es mir gelungen.«

»Ihr seid mir ganz und gar verdächtig, und ich belaste Euch zu Liebe mein Gewissen nicht mit einer Lüge,« entgegnete der Graf von Laval; »welches Interesse habt Ihr übrigens, zum Connetable zu gehen, der in zehn Minuten herauskommen wird. In zehn Minuten wird er in der That hier sein, wo Ihr seid, und dann könnt Ihr ihm das so wichtige Wort sagen.«

Der Fremde geberdete sich ungeduldig und erwiderte:

»Vor Allem bin ich nicht Eurer Ansicht, und ich betrachte den Connetable noch nicht als frei. Es sagt mir etwas, sein Abgang aus dem Gefängniß werde auf Schwierigkeiten stoßen, die Ihr nicht vermuthet; überdies angenommen, er käme in zehn Minuten heraus, Graf, so hätte ich schon diese Zeit auf dem Wege gewonnen, den ich nehmen will; ich hätte die Zögerungen der Ceremonie der Freilassung vermieden; den Besuch beim Prinzen, die Danksagungen beim Gouverneur, das Abschiedsmahl. Ich bitte Euch, nehmt mich mit Euch, ich kann Euch nützlich sein.«

Der Fremde wurde in diesem Augenblick durch den Kerkermeister unterbrochen, der auf der Schwelle erschien und den Sire von Laval in den Thurm einzutreten aufforderte.

Der Graf nahm mit einer ungestüm stolzen Geberde von seinem Bittsteller Abschied.

Der unbekannte Ritter, den er, wie es ihm schien, unter seiner Rüstung beben sah, zog sich an einen Pfeiler hinter die Reisigen zurück, und wartete, als ob er immer noch hoffte, bis die letzte Kiste unter dem Thorweg des Schlosses verschwunden war.

Während der Sire von Laval die Treppe hinaufstieg, sah man durch eine offene Gallerie, welche du zwei Flügel des Schlosses verband, den Prinzen von Wales, den Gouverneur voran und gefolgt von Chandos und einigen Officieren, gehen.

Der Sieger von Navarrete wollte Duguesclin seinen letzten Besuch machen.

Alles Volk rief:'»Heil!« und: »Es lebe der hellige Georg!« für den Prinzen von Wales.

Die französischen Trompeter bliesen zu Ehren des Helden, der sie höflich grüßte.

Dann schloßen sich die Thore, und die ganze Menge näherte sich den Stufen und wartete unter geräuschvollem Gemurmel auf das Heraustreten des Connetable.

Gewaltig schlug das Herz der bretagnischen Kriegsleute, welche ihren großen Kapitän, für dessen Befreiung sie gern ihr Leben hingegeben hätten, wiedersehen sollten.

Es verging indessen eine halbe Stunde; die Ungeduld der Anwesenden fing an Unruhe für die Bretagner zu werden.

Der Unbekannte zerriß seinen rechten Panzerhandschuh mit seinem linken Panzerhandschuh.

Man sah auf der offenen Gallerie Chandos erscheinen und lebhaft mit den Officieren sprechen, welche, wie man bemerken konnte, bald ganz erstaunt, wenn nicht gar bestürzt waren.

Dann, als die Thüre des Schlosses sich wieder öffnete, erblickte man, statt daß der freigewordene Held daraus hervorging, den Sire von Laval, der bleich, verstört, zitternd vor Aufregung auf die Schwelle trat und mit den Augen in der Menge suchte.

Mehrere bretagnische Officiere eilten auf ihn zu und fragten voll Angst:

»Was gibt es denn?«

»Oh! ein großes Unglück, ein seltsames Ereigniß!. . .« erwiderte der Graf. »Aber wo ist denn der Unbekannte, der Unglücksprophet?«

»Hier bin ich,« antwortete der geheimnißvolle Ritter; »hier bin ich. . . ich wartete auf Euch.«

«Wünscht Ihr immer noch den Connetable zu sehen?«

»Mehr als je.«

»Nun! so beeilt Euch, denn in zehn Minuten wäre es zu spät. Kommt, kommt. Er ist mehr als je Gefangener.«

»Wir werden sehen,« erwiderte der Unbekannte, leicht die Stufen hinter dem Grafen ersteigend.

Der Kerkermeister öffnete ihnen lächelnd die Thüre, und die ganze versammelte Menge sing an in tausend verschiedenen Tonarten das Ereigniß zu erklären, das den Abgang des Connetable verzögerte.

»Hört,« sagte leise der Anführer der Bretagner zu seinen Leuten, »die Faust an's Schwert, und aufgepasst!«

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