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Kitabı oku: «Der Frauenkrieg», sayfa 13

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Seinem Versprechen getreu, suchte der Kammerdiener nach Verlauf von wenigen Minuten den Boten wieder auf, um ihn zu der Prinzessin Wittwe zu führen.

Charlotte von Montmorency hatte sich aufrecht gesetzt: ihr Arzt Bourdelot verlieh so eben ihr Lagert er begegnete dem Officier auf der Schwelle und machte ihm eine sehr ceremoniöse Verbeugung, die der Officier auf dieselbe Weise erwiederte.

Als die Prinzessin die Tritte des Besuches und, die Worte hörte, die er mit dem Arzte wechselte, machte sie ein rasches Zeichen gegen den Bettgang, und der Vorhang mit den schweren Fransen, der das Bett mit Ausnahme der Seite umhüllte, welche die Prinzessin geöffnet hatte, um den Besuch zu empfangen, bewegte sich ein paar Sekunden lang unmerklich.

In dem Bettgange der Prinzessin befanden sich wirklich die junge Prinzessin von Condé, welche durch eine geheime, in dem Täfelwerk angebrachte Thüre eingetreten war, und Lenet, den es drängte, schon am Anfang der Unterredung zu erfahren, was der Bote des Königs bei den Prinzessinnen in Chantilly machen könnte.

Der Officier trat drei Schritte in das Zimmer und verbeugte sich mit einer Ehrfurcht, welche nicht allein eine Folge der Etiquette-Vorschriften war.

Die Frau Wittwe halte ihre großen Augen mit der stolzen Miene einer in Zorn gerathenden Königin erweitert: ihr Stillschweigen war von Stürmen schwanger. Ihre mattweiße Hand, welche durch den dreifachen Aderlaß noch weißer geworden war, machte dem Boten ein Zeichen, die Depeche zu übergeben, welche er brachte.

Der Bote streckte seine Hand gegen die der Prinzessin aus und legte achtungsvoll in dieselbe den Brief von Anna von Oesterreich; dann wartete er, bis die Prinzessin die vier Zeilen, welche derselbe enthielt, gelesen hatte.

»Sehr gut!« murmelte die Prinzessin, das Papier mit einer Kaltblütigkeit schließend, welche zu groß war, um nicht geheuchelt zu sein, »ich begreife die Absicht der Königin, so sehr sie auch in höfliche Worte gehüllt ist: ich bin Eure Gefangene.«

»Madame!« rief der Officier verlegen.

»Eine leicht zu bewachende Gefangene, mein Herr,« fuhr Frau von Condé fort, »denn ich bin nicht im Stande, weit zu fliehen, und habe, wie Ihr bei Eurem Eintritte sehen konntet, einen strengen Wächter, meinen Arzt, Herrn Bourdelot.«

Als die Prinzessin diese Worte gesprochen hatte, heftete sie ihren Blick fester auf den Boten, dessen Züge ihr so angenehm erschienen, daß sie den bitteren Empfang etwas milderte, den sie einem solchen Befehle schuldig zu sein glaubte.

»Ich wußte,« fuhr sie fort, »das Herr von Mazarin vieler unwürdigen Gewaltthaten fähig ist, aber ich hielt ihn nicht für so furchtsam, daß er vor einer alten, kranken Frau, vor einer armen Wittwe, und einem Kinde bange haben könnte, denn ich setze voraus, daß der Befehl, dessen Ueberbringer Ihr seid, auch die Prinzessin meine Schwiegertochter und den Herzog meinen Enkel betrifft.«

»Madame,« erwiederte der junge Mann, »ich wäre in Verzweiflung, wenn mich Eure Hoheit nach der Sendung beurtheilen würde, die ich unglücklicher Weise zu erfüllen genöthigt bin. Ich kam in Nantes als Ueberbringer einer Botschaft für die Königin an. Die Nachschrift des Sendschreibens empfahl den Boten, Ihrer Majestät: die Königin hatte sodann die Gnade, mich in ihrer Nähe bleiben zu heißen, in Betracht, daß sie aller Wahrscheinlichkeit meiner Dienste bedürfen würde. Zwei Tage nachher schickte mich die Königin hierher; aber wenn ich auch, wie es meine Pflicht war, die Sendung übernahm, mit der mich Ihre Majestät zu beauftragen geruhte, so wage ich es doch, zu bemerken, daß ich nicht darum nachgesucht hatte, und daß ich sie sogar ausgeschlagen haben würde, wenn die Könige Weigerungen zu ertragen vermöchten.«

Nach diesen Worten verbeugte sich der Officier zum zweiten Male so ehrfurchtsvoll, als er es das erste Mal gethan hatte.

»Eure Erklärung betrachte ich als ein gutes Vorzeichen, und ich hoffe, seitdem Ihr sie mir gegeben habt, in Ruhe krank sein zu können. Doch keine falsche Scham, mein Herr, sagt mir sogleich die Wahrheit. Wird man mich sogar in meinem Zimmer bewachen, wie man es meinem armen Sohne in Vincennes macht? Werde ich das Recht haben, zu schreiben, und wird man meine Briefe untersuchen oder nicht? Erlaubt mir diese Krankheit, wider allen Anschein, je wieder aufzustehen, wird man meine Spaziergänge beschränken?«

»Madame,« antwortete der Officier, »hört den Befehl, den die Königin mir selbst zu geben die Gnade gehabt hat.

»»Geht,«« sprach Ihre Majestät, »»versichert meine Base Condé ich werde für die Herren Prinzen Alles thun, was die Sicherheit des Staates mir zu thun gestattet. Ich bitte sie durch diesen Brief, einen von meinen Officieren zu empfangen, der als Vermittler zwischen mir und ihr für die Botschaften dienen mag, die sie mir zukommen lassen will. Dieser Officier,«« fügte die Königin bei, »»werdet Ihr sein.««

»Dies, Madame,« fuhr der junge Mann stets mit denselben ehrfurchtsvollen Kundgebungen fort, »dies sind die eigenen Worte Ihrer Majestät.

Die Prinzessin hatte diese Erzählung mit der Aufmerksamkeit angehört, die man anwenden um in einer diplomatischen Note den Sinn zu erhaschen, der oft aus einem Worte, so oder anders gestellt, oder aus einem da oder dort angedachten Komma entspringt.

Nach kurzem Nachdenken kniff sich die Prinzessin, ohne Zweifel in dieser Botschaft Alles das setzend, was sie von Anfang darin zu sehen befürchtet hatte, nämlich eine unmittelbare Späherei, in die Lippen und sprach:

»Ihr werdet in Chantilly wohnen, mein Herr, wie es die Königin wünscht, und möget überdies sagen, welche Gemächer Euch angenehmer und bequemer sind, um Euren Auftrag zu erfüllen, und diese Gemächer sollen die Eurigen sein.«

»Madame,« antwortete der Bote, leicht die Stirne faltend, »ich habe die Ehre gehabt, Eurer Hoheit viele Dinge zu erklären welche nicht in meinen Instruktionen lagen. Ich bin zwischen dem Zorne Eurer Hoheit und dem Willen der Königin als ein armer Offizier und besondere als ein schlechter Höfling in einer gefährlichen Stellung. Indessen scheint es mir, Eure Hoheit könnte einen Beweis von Großmuth geben, indem sie davon abstünde, einen Mann zu demüthigen, der nur ein leidendes Werkzeug ist. Es ist ärgerlich für mich, daß ich zu thun habe, was ich thue; aber die Königin hat befohlen, und es ist an mir, gewissenhaft den Befehlen der Königin Folge zu leisten. Ich hätte dieses Geschäft nicht verlangt, ich wäre glücklich gewesen, würde man es einem Andern übertragen haben: das heißt, wie es mir scheint, genug gesagt.«

Und der Officier erhob sein Haupt mit einer Röthe, welche eine ähnliche Röthe auf der stolzen Stirne der Prinzessin hervorrief.

»Mein Herr,« erwiederte sie, »auf welche Rangstufe der Gesellschaft wir auch gestellt sein mögen, wir sind, wie Ihr sagt, Ihrer Majestät Gehorsam schuldig. Ich werde also das Beispiel, das Ihr mir gebt, befolgen und wir werden ihr gehorchen. Aber Ihr müßt wohl begreifen, wie hart es ist, einen würdigen Edelmann Eurer Art nicht bei sich aufnehmen zu können, ohne frei zu sein, ihm nach Belieben die Ehren des Hauses erweisen zu können. Von diesem Augenblicke an seid, Ihr Herr hier. Befehlt.«

Der Officier machte eine tiefe Verbeugung vor der Prinzessin und sprach:

»Gott verhüte, daß ich die Entfernung, die mich von Eurer Hoheit trennt, und die Achtung vergesse, die ich ihrem Hause schuldig bin. Eure Hoheit wird zu befehlen fortfahren, und ich werde der erste ihrer Diener sein.«

Nach diesen Worten entfernte sich der junge Edelmann ohne Verlegenheit, ohne ein knechtisches Benehmen, ohne Hochmuth, und ließ die Wittwe bewegt von einem Zorne zurück, der um so heftiger war, als sie sich nicht an einen so bescheidenen und ehrfurchtsvollen Boten halten konnte.

Mazarin bildete auch an diesem Abend den Gegenstand des Gespräches. Der Minister wäre von diesem Bettgange aus niedergeschmettert worden, hätten Verwünschungen die Macht zu tödten, wie Wurfgeschoß.

Der Edelmann fand im Vorzimmer den Lackei, der ihn eingeführt hatte.

»Mein Herr,« sagte dieser, sich dem Boten nähernd, »die Frau Prinzessin von Condé von der Ihr Euch eine Audienz im Auftrage der Königin erbeten habt, willigt ein, Euch zu empfangen. Wollt mir folgen.«

Der Officier begriff diese Wendung, welche dazu diente, den Stolz der Prinzessinnen zu retten, und er schien so dankbar für die Gunst, die man ihm erzeigte, als wäre diese Gunst nicht durch höhern Befehl auferlegt worden. Hinter dem Kammerdiener die Gemächer durchschreitend, gelangte er zu der Thüre des Schlafzimmers der Prinzessin.

Hier wandte sich der Kammerdiener um und sprach:

»Die Frau Prinzessin hat sich bei ihrer Rückkehr von der Jagd zu Bette begeben, und da sie sehr müde ist, so wird sie Euch liegend empfangen. Wen soll ich Ihrer Hoheit melden?«

»Meldet den Herrn Baron den Canolles im Auftrage Ihrer Majestät der Königin Regentin,« erwiederte der junge Edelmann.

Bei diesem Namen, den die angebliche Prinzessin von ihrem Bette aus hörte, machte sie eine Bewegung des Erstaunens, welche, wenn sie gesehen worden wäre, ihre Identität bedeutend gefährdet haben würde. Sie schlug rasch mit der rechten Hand den Spitzenbesatz ihrer Haube auf die Augen vor, während sie mit der linken die reiche Decke ihres Bettes bis an das Kinn zog, und rief mit bebender Stimme:

»Laßt ihn eintreten!«

Der Officier trat ein.

XI

Man führte Canolles in ein weites, mit einer düsteren Tapete ausgeschlagenes Gemach, das nur von einer Nachtlampe beleuchtet war, welche auf einer Console zwischen den zwei Fenstern stand. Bei dem schwachen Lichte, das sie verbreitete, konnte man jedoch über der Lampe ein großes Gemälde erschauen, welches eine Frau in Lebensgröße, ein Kind an der Hand haltend, darstellte. In der Vertiefung eines geräumigen Alkovens, in welchen kaum der matte, zitternde Schein drang, unterschied man unter den schweren Vorhängen eines Bettes die Frau, auf welche der Name des Baron den Canolles eine so seltsame Wirkung hervorgebracht hatte.

Der Edelmann begann wieder die gewöhnlichen Förmlichkeiten, d. h. er machte gegen das Bett die drei vorgeschriebenen Schritte, verbeugte sich und machte dann noch drei. Die zwei Kammerfrauen, welche ohne Zweifel Frau von Condé beim Zubettgehen geholfen hatten, entfernten sich, der Kammerdiener verschloß die Thüre wieder, und Canolles befand sich mit der Prinzessin allein.

Es war nicht an Canolles, das Gespräch zu beginnen. Er wartete also, daß man das Wort an ihn richten würde; da aber die Prinzessin ihrerseits ein hartnäckiges Stillschweigen beobachten zu wollen schien, so dachte der Officier, es wäre besser, über die Schicklichkeit wegzugehen, als länger in einer so peinlichen Lage zu verharren. Er verhehlte sich indessen nicht, daß der Sturm, welcher noch in diesem verächtlichen Stillschweigen zusammengehalten würde, ohne Zweifel bei den ersten Worten losbrechen sollte, und daß er einen zweiten Zorn einer Prinzessin, noch furchtbarer als der erste, insofern sie jünger und interessanter war, auszuhalten haben würde.

Aber gerade das Übermaß der Schmach, die man ihm antat, machte den jungen Mann kühn, und sich zum dritten Male nach Maßgabe der Umstände, d. h. steif und abgemessen verbeugend, was als ein Vorzeichen der schlimmen Laune betrachtet werden konnte, welches sein gascognisches Gehirn erhitzte, sprach er: »Madame, ich habe die Ehre gehabt, im Auftrage Ihrer Majestät der Königin Regentin mir eine Audienz von Eurer Hoheit zu erbitten; Eure Hoheit hatte die Gnade, mir sie zu bewilligen. Will sie nun das Maß ihrer Güte voll machen, indem sie mir durch ein Wort, durch ein Zeichen kundgibt, daß sie meine Gegenwart zu bemerken die Gnade gehabt hat und mich zu hören bereit ist?«

Eine Bewegung hinter den Vorhängen und unter der Decke verkündigten Canolles, daß man ihm antworten würde.

Es ließ sich in der That eine beinahe erstickte Stimme hören, so groß war die Aufregung derselben.

»Sprecht, mein Herr,« sagte diese Stimme, »ich höre Euch.«

Canolles nahm einen rednerischen Ton an und begann:

»Ihre Majestät die Königin schickt mich zu Euch, Madame, um Eurer Hoheit ihr Verlangen auszudrücken, ihre freundschaftliche Verbindung mit Euch fortzusetzen.«

Es ging eine sichtbare Bewegung hinter dem Bette vor. Die Prinzessin unterbrach den Redner und sagte mit bebender Stimme:

»Mein Herr, sprecht nicht mehr von der Freundschaft, welche zwischen Ihrer Majestät der Königin und dem Hause Condé herrscht; es finden sich Beweise vom Gegentheil in den Kerkern von Vincennes.

»Ah!« dachte Canolles, »es scheint, sie haben sich das Wort gegeben und werden mir alle dasselbe wiederholen.«

Während dieser Zeit bewerkstelligte sich eine neue Bewegung, welche der Bote in Folge seiner peinlichen Lage nicht wahrnahm, in dem Gange hinter dem Bett. Die Prinzessin fuhr fort:

»Hier Sache, mein Herr, was wollt Ihr?«

»Ich will nichts, Madame,« sprach Canolles, sich hoch aufrichtend. »Ihre Majestät die Königin will, daß ich in dieses Schloß dringe, daß ich, so unwürdig ich auch dieser Ehre bin, Eurer Hoheit Gesellschaft leiste, und so viel in meinen Kräften steht, dazu betrage, die gute Eintracht zwischen den Prinzen des königlichen Geblüts wiederherzustellen, welche sich ohne Grund in einer so schmerzlichen Zeit entzweit haben.«

»Ohne Grund!« rief die Prinzessin, »Ihr behauptet, unser Bruch habe keinen Grund?«

»Vergebt, Madame,« versetzte Canolles, »ich behaupte nichts, ich bin nicht Richter, ich hin nur Dolmetscher.«

»Und mittlerweile, bis sich diese Eintracht wiederherstellte, läßt mich die Königin bespähen unter dem Vorwande . . .«

»Alle bin ich ein Späher!« sprach Canolles mit bitterem Tone, »das Wort ist heraus! Ich danke Eurer Hoheit für ihre Freimüthigkeit.«

Und in der Verzweiflung, die sich seiner zu bemächtigen anfing, machte Canolles eine von den schönen Bewegungen, welche mit so vieler Begierde die Maler für ihre leblosen Gemälde, die Schauspieler für ihre lebenden Bilder suchen.

»Es ist also festgestellt, ich bin ein Spion,« fuhr Canolles fort. »Wohl, Madame, wollt mich behandeln, wie man solche Elende behandelt; vergeßt, daß ich der Gesandte einer Königin bin, daß diese Königin für alle meine Handlungen verantwortlich ist, daß ich nur ein ihrem Hauche gehorchendes Atom bin. Laßt mich durch Eure Lackeien fortjagen, laßt mich durch Eure Edelleute tödten, stellt mir Leute gegenüber, denen ich mit dem Stock oder mit dem Degen antworten kann, wollt aber nicht so grausam einen Officier beleidigen, welcher zugleich seine Pflicht als Soldat und als Unterthan erfüllt, Ihr, Madame, die Ihr durch die Geburt, das Verdienst und das Unglück so hoch gestellt seid!«

Diese Worte, dem Herzen entsprungen, schmerzlich wie ein Seufzer, scharf wie ein Vorwurf, mußten ihre Wirkung hervorbringen und brachten sie auch hervor. Als die Prinzessin dieselben gehört hatte, erhob sie sich, stützte sich auf den Ellenbogen und sprach, die Augen glänzend, die Hand zitternd, und mit einer Geberde voll Bangigkeit gegen den Boten:

»Es ist bei Gott entfernt nicht meine Absicht, einen so braven Edelmann wie Ihr seid zu beleidigen. Nein, Herr den Canolles, ich hege keinen Verdacht gegen Eure Rechtschaffenheit; rügt meine Worte, sie sind verletzend, ich gebe es zu, doch ich wollte Euch nicht verletzen; nein, nein, Ihr seid ein edler Cavalier, Herr Baron, und ich lasse Euch volle Gerechtigkeit widerfahren.«

Und da die Prinzessin, um diese Worte zu sprechen, ohne Zweifel fortgezogen durch die edelmüthige Bewegung, welche dieselben ihrem Herzen entriß, sich aus dem Schatten des Himmels, den die dicken Vorhänge bildeten, vorgebeugt hatte, da man ihre weiße Stirne unter der Haube, ihre in Flechten herabhängenden blonden Haare, ihre glühend rothen Lippen, ihre feuchten, sanften Augen hatte sehen können, so bebte Canolles; denn es zog ihm vor seinen Augen wie eine Vision vorüber, und er glaubte abermals einen Wohlgeruch einzuathmen, der ihn schon in der Erinnerung berauschte. Es kam ihm vor, als öffnete sich eines von jenen goldenen Thoren, durch welche die Träume einziehen, um ihm den beflügelten Schwarm lachender Gedanken und Liebesfreuden zuzuführen. Sein Blick fiel sicherer und klarer auf das Bett der Prinzessin, und in dem kurzen Raume einer Sekunde, während des raschen Schimmers eines Blitzes, der die ganze Vergangenheit beleuchte, erkannte er in der vor ihm liegenden Prinzessin den Vicomte von Cambes.

Seine Aufregung war seit einigen Augenblicken so groß, daß die falsche Prinzessin sie auf Rechnung des ärgerlichen Vorwurfes setzen konnte, der ihm so wehe gethan hatte. Und da ihre Bewegung, wie gesagt, nur einen Moment gedauert hatte, da sie bemüht gewesen war, sogleich wieder in den Halbschatten zurückzukehren, ihre Augen abermals zu verschleiern, rasch ihre so weiße und zarte Hand, welche ihr Incognito verrathen konnte, zu verbergen, so versuchte sie es, nicht ohne eine gewisse innere Erschütterung, aber wenigstens ohne äußere Unruhe, das Gespräch wieder anzuknüpfen, wo sie es gelassen hatte.

»Ihr sagtet also, mein Herr?« sprach die junge Frau . . .

Doch Canolles war geblendet, bezaubert; die Visionen zogen vor seinen Augen hin und her; seine Gedanken wirbelten, er verlor das Gedächtniß, den Verstand; er war im Begriff, die Achtung zu verlieren und zu fragen. Ein einziger Instinkt, vielleicht derjenige, welchen Gott in das Herz der Liebenden gelegt hat, den die Frauen Schüchternheit nennen und der nur Geiz ist, rieth Canolles, noch Verstellung zu üben, zu warten, seinen Traum nicht zu verlieren, nicht durch ein unkluges, zu schnell entfahrenes Wort das Glück seinen ganzen Lebens zu gefährden.

Er fügte keine Geberde, keine Sylbe dem bei, was er genau sagen und thun wollte. Großer Gott! was sollte aus ihm werden, wenn diese erhabene Prinzessin ihn erkennen, in ihrem Schlosse Chantilly einen Abscheu gegen ihn fassen würde, wie sie Mißtrauen in dem Gasthause des Meister Biscarros gegen ihn gefaßt hatte; wenn sie auf die bereits aufgegebene Anklage zurückkäme und glaubte, er wolle mit einem offiziellen Titel, mit einem königlichen Titel ausgerüstet Verfolgungen fortsetzen, welche gegen den Vicomte oder die Vicomtesse von Cambes verzeihlich, aber beinahe frech und verbrecherisch waren, wenn es sich um eine Prinzessin von Geblüt handelte.

»Aber,« dachte er plötzlich, »ist es möglich, daß eine Prinzessin von diesem Namen, von diesem Range allein mit einem einzigen Diener reiste?«

Und wie es immer bei einer solchen Gelegenheit geschieht, wo sich der schwankende, gestörte Geist auf etwas zu stützen sucht, so schaute Canolles verwirrt um sich her, und seine Augen hefteten sich auf das Porträt der ihren Sohn an der Hand haltenden Frau.

Bei diesem Anblick durchzuckte plötzlich ein Licht seinen Geist, und unwillkürlich machte er einen Schritt, um sich dem Gemälde zu nähern.

Die falsche Prinzessin konnte sich ihrerseits eines leichten Schreis nicht enthalten, und als sich Canolles bei diesem Schrei umwandte, sah er, daß ihr bereits verschleiertes Gesicht nunmehr völlig maskiert war.

»Oh, oh!« fragte Canolles sich selbst, »was soll das bedeuten? Entweder ist es die Prinzessin, die ich auf dem Wege von Bordeaux getroffen habe, oder man bethört mich durch eine List, und sie ist es nicht, welche in diesem Bette liegt. In jedem Fall werden wir sehen.

»Madame,« sprach er plötzlich, »ich weiß nun, was ich von Eurem Stillschweigen denken muß, und ich habe erkannt . . .«

»Was habt Ihr erkannt?« rief lebhaft die Dame im Bett.

»Ich habe erkannt,« erwiederte Canolles, »daß ich so unglücklich war, Euch dieselbe Meinung einzuflößen, die ich bereite der Frau Prinzessin Wittwe einflößte.«

»Ah,« machte unwillkürlich die Stimme mit einem Seufzer der Erleichterung.

Der Satz von Canolles war keineswegs logisch und bildete sogar eine Abweichung in dem Gespräch; aber der Schlag war gethan. Canolles hatte die ängstliche Bewegung bemerkt, die ihn früher unterbrach, und die freudige Bewegung, welche seinen letzten Worten zu Theil wurde.

»Nur,« fuhr der Officier fort, »nur bin ich darum nicht minder genöthigt, Eurer Hoheit zu sagen, so unangenehm mir auch die Sache sein mag, daß ich im Schlosse bleiben und Eure Hoheit überall, wohin es ihr zu gehen belieben wird, begleiten muß.«

»Also kann ich nicht einmal in meinem Zimmer allein sein?« rief die Prinzessin. »Oh, mein Herr, das ist mehr als unwürdig!«

»Ich habe Eurer Hoheit bereits bemerkt, daß so meine Instruktionen lauten; aber Eure Hoheit mag sich beruhigen,« fügte Canolles, einen durchdringenden Blick auf die Dame des Bettes heftend und jedes Wort besonders betonend, bei: »sie muß besser als irgend Jemand wissen, daß ich der Bitte einer Frau Folge zu leisten verstehe.«

»Ich!« rief die Prinzessin mit einem Tone, in welchem mehr Verlegenheit als Erstaunen lag. »In der That, mein Herr, ich weiß nicht, was Ihr damit sagen wollt. Ich kenne die Umstände nicht, auf die Ihr anspielt.«

»Madame,« fuhr der Officier sich verbeugend fort, »ich glaubte, der Kammerdiener, der mich einführte, hätte Eurer Hoheit meinen Namen genannt. Ich bin der Baron von Canolles.«

»Wohl!« sprach die Prinzessin mit ziemlich fester Stimme, »was ist mir daran gelegen, mein Herr?«

»Ich glaubte bereits die Ehre gehabt zu haben, Eurer Hoheit angenehm zu sein.«

»Mir, ich bitte, wie dies?« fragte die Stimme mit einer Unruhe, welche Canolles an einen gewissen, sehr zornigen, aber zugleich sehr furchtsamen Ton erinnerte, der in seinem Gedächtniß geblieben war.

Canolles dachte, er sei weit genug gegangen; überdies war er beinahe sicher in seiner Meinung.

»Indem ich meine Instruktionen nicht nach dem Buchstaben erfüllte,« erwiederte er mit der Miene der tiefsten Achtung.

Die Prinzessin schien beruhigt und sprach:

»Mein Herr, ich will Euch nicht zu einem Vergehen veranlassen. Erfüllt Eure Instruktionen, wie sie auch lauten mögen.«

»Madame,« versetzte Canolles, »ich weiß zum Glücke noch nicht, wie man eine Frau verfolgt, also noch viel weniger, wie man eine Prinzessin beleidigt. Ich habe daher die Ehre, Eurer Hoheit zu wiederholen, was ich bereite der Frau Prinzessin Wittwe sagte: ich wäre ihr unterthänigster Diener . . . Habt die Gnade, mir Euer Wort zu geben, daß Ihr das Schloß nicht ohne meine Gesellschaft verlassen werdet, und ich befreie Euch von meiner Gegenwart, welche, ich begreife es wohl, Eurer Hoheit verhaßt sein muß.«

»Aber, mein Herr, dann vollzieht Ihr nicht Eure Befehle?«

»Ich werde thun, was mich mein Gewissen thun, heißt.«

»Herr von Canolles,« sprach die Stimme, »ich schwöre Euch, Chantilly nicht zu verlassen, ohne Euch zuvor davon in Kenntniß zu setzen.«

»Dann, Madame,« sagte Canolles, sich bis zur Erde verbeugend, »dann verzeiht mir, daß ich die unwillkürliche Ursache Eures Zornes gewesen bin. Eure Hoheit wird mich nur wiedersehen, wenn sie mich rufen läßt.«

»Ich danke Euch, Baron,« sprach die Stimme mit einem freudigen Ausdrucke, welcher sein Echo in dem Bettgange zu haben schien. »Geht, geht, ich danke Euch; morgen werde ich das Vergnügen haben, Euch wiederzusehen.«

Diesmal erkannte der Baron, um sich nicht ferner zu täuschen, die Stimme, die Augen und die Augen und das unbeschreiblich wollüstige Lächeln des reizenden Wesens, das ihm an dem Abend, wo der unbekannte Reiter ihm den Befehl des Herzogs von Epernon überbracht hatte, gleichsam durch die Hände geschlüpft war. Es waren jene unfaßbaren Ausströmungen, welche die Luft mit Wohlgerüchen schwängern, die das geliebte Weib einathmet, es war der warme Dunst, der ein Körper ist, dessen Umrisse die liebende Seele zu umarmen glaubt, – eine erhabene Anstrengung der Einbildungskraft, dieser launenhaften Fee, die sich durch die Idealität nährt, wie sich die Materie durch das Positive nährt.

Ein letzter Blick auf das Porträt, so schlecht es auch beleuchtet war, zeigte dem Baron, dessen Augen sich überdies an diese Halbdunkelheit zu gewöhnen anfingen, die Adlernase der Maillé, die schwarzen Haare und das tiefliegende Auge der Prinzessin, während die Frau vor ihm, welche den ersten Akt der von ihr unternommenen so schwierigen Rolle gespielt hatte, ein hervorstehendes Auge, eine gerade Nase mit weiten Oeffnungen, einen im Winkel durch die Gewohnheit des Lächelns ausgehöhlten Mund und jene runden Wangen besaß, welche jeden Gedanken an fleißiges Nachsinnen entfernen.

Canolles wußte Alles, was er wissen wollte; er verbeugte sich einher mit derselben Ehrfurcht, als glaubte er sich von einer Prinzessin zu verabschieden, und begab sich in sein Gemach.

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04 aralık 2019
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