Kitabı oku: «Der Page des Herzogs von Savoyen», sayfa 31
XV.
Der Colporteur
Zwischen den beiden einander entgegengesetzten Gruppen von Ehrgeizigen, welche die Würde des Königs und die Größe Frankreichs vorschützten, aber nur für ihre Familien sorgten und die Rivalisirenden zu stürzen suchten, stand eine dritte, eine poetische, künstlerische, dem Schönen, Guten und Wahren sich widmende Gruppe. Diese bildeten die junge Prinzessin Elisabeth, Tochter Heinrichs II., die Witwe von Horazio Farnese, Diana von Angoulème, Herzogin von Castro, die beiden jugendlichen Gatten, die wir im Zimmer der Herzogin von Valentinois sehen, vor Allen aber die anmuthige Margarethe von Frankreich, Tochter Franz I., welche der Friede mit Emanuel Philibert verlobt hatte.
Um diese reizenden Gestalten flatterten, wie Schmetterlinge um Blumen, alle Dichter jener Zeit: Ronsard, du Bellay, Jodelle, Daurat, Remy Belleau, so wie die ernstern: der gute Amyot, der Uebersetzer Plutarch‘s und Lehrer des Prinzen Carl, und der Kanzler de l’Hospital, der Secretär der Prinzessin Margarethe.
Das waren die Vertrauten, die zu jeder Stunde des Tages bei ihrer Beschützerin Margarethe erscheinen konnten, besonders aber nach Tische, d. h. zwischen ein und zwei Uhr Nachmittags bei ihr erschienen.
Die Nachricht von dem Frieden, dessen Präliminarien bereits unterzeichnet seyn sollten, hatte für Einige in dieser Gruppe freudiges Lächeln, für Andere Thränen gebracht.
Man erräth, daß bei dieser Vertheilung von Trauer und Freude Maria Stuart und Franz II. auf keinen Antheil zu rechnen hatten. Das Geschick hatte ihnen ihr Theil bereits gegeben und sie klagten über denselben nicht.
Auch die schöne Witwe Horazio Farnese‘s klagte nicht; sie vermählte sich mit einem schönen Herrn von dreißig bis zweiunddreißig Jahren, der reich war und einen großen Namen besaß; die Zukunft hatte für sie nur das Geheimniß von mehr oder minder Glück.
Die Prinzessin Margarethe hatte aus dem Füllhorne der schönen Göttin, die man Friede nennt, den reichsten Antheil von Hoffnungen erhalten. Sie hat die Erinnerung nicht vergessen, welche sie von ihrer Reise nach Nizza her an einen jungen Prinzen von zwölf oder vierzehn Jahren bewahrt hatte; nun, nach sechzehn Jahren von Enttäuschungen, Hindernissen und selbst Unmöglichkeiten, wurde der Traum ihres Herzens plötzlich zur Wirklichkeit, und die unbestimmte Hoffnung wandelte sich in gewisses Glück um.
Eine Bedingung des Friedens war ihre Vermählung mit jenem jungen Prinzen von Savoyen, der als Emanuel Philibert einer der ersten Feldherren seiner Zeit geworden.
Die Prinzessin Margarethe war also sehr glücklich.
Nicht so war es leider mit der armen Elisabeth Sie war mit dem jungen Prinzen Don Carlos verlobt gewesen, der ihr sein Bild geschickt und das ihrige erhalten hatte, und durch den Tod der Marie Tudor wurde das Gebäude ihres Glückes, das sie für völlig gesichert hielt, eingestürzt. PhiIipp II., Witwer von jener Marie, abgewiesen von Elisabeth von England, ersah sich die jugendliche Elisabeth von Frankreich und man brauchte unter den Bedingungen des Friedensvertrages nur zwei Worte zu ändern, aber diese zwei Worte sollten zwei Personen, ja drei unglücklich machen.
Statt der Worte: »der Prinz Carlos« hieß es: »der König Philipp wird sich mit der Prinzessin Elisabeth von Frankreich vermählen.«
Man kann sich denken, welchen schrecklichen Dolchstoß diese wenigen Worte dem Herzen der armen Braut gegeben hatten, die, ohne gefragt zu werden, den Bräutigam wechseln mußte.
Statt daß sie, die Fünfzehnjährige, sich mit einem schönen, ritterlichen, liebenden Prinzen von sechzehn Jahren vermählte, sollte sie die Gattin eines zwar noch jungen, aber vor der Zeit alten, finstern, mißtrauischen, fanatischen Königs werden, der sie in die Gesetze der spanischen Etikette, der strengsten aller Etiketteformen, einschnürte und ihr statt der Turniere, Bälle und Feste, von Zeit zu Zeit den schrecklichen Anblick der Autodafés gewährte!
Die verschiedenen Personen, die wir aufgezählt haben, waren ihrer Gewohnheit zu Folge nach Tische bei der Prinzessin Margarethe versammelt, und eine jede dachte an ihren, Schmerz oder an ihre Freude. Margarethe stand am halboffenen Fenster, durch das ein bleicher Sonnenstrahl fiel, der am Gold ihres Haares sich zu erwärmen schien; Elisabeth kauerte zu ihren Füßen und stützte den Kopf auf die Knie. Diana von Castro las, in einem großen Sessel halb liegend, die Gedichte Meister Ronsard’s, und Marie Stuart spielte auf einem Spinette, dem ehrwürdigen Großvater des Claviers, eine italienische Melodie, der sie selbstgedichtete Worte unterlegte.
Mit einem Male erwachte Margarethe, deren blaue Augen an den Himmel gerichtet gewesen waren, aus ihrem träumerischen Sinnen, senkte ihren Himmelsblick zur Erde und schien aufmerksam auf einen Vorgang in einem Hofe zu seyn.
»Was gibt es?« fragte sie mit jener reizenden Stimme, die alle Dichter jener Zeit gefeiert haben und die noch lieblicher war, wenn sie mit Untergebenen, als wenn sie mit Ihresgleichen sprach.
Von unten antwortete eine andere Stimme einige Worte, die sie vernahm, da sie sich aus dem Fenster bog, die aber nicht zu dem Gehör der vier andern Personen gelangten, die sich in dem Zimmer befanden.
Marie Stuart aber, welche eben ihr Lied zu Ende gebracht hatte, drehte sich eben nach Margarethe um, als wolle sie nach dem Gespräche fragen, das dieselbe durch das Fenster führte.
»Liebe kleine Königin,« sagte Margarethe auf die stumme Frage, »bittet für mich meinen Neffen den Dauphin um Verzeihung für die große Unschicklichkeit, die ich eben begangen habe.«
»O, schöne Tante,« antwortete Franz, ehe Maria Stuart ein Wort sagen konnte, »wir wissen schon, daß eure Unschicklichkeiten stets allerliebste Einfälle sind, darum sind sie Euch im voraus verziehen, angenommen wir hätten in eurem Zimmer ein Recht zu tadeln und zu verzeihen.«
»Was thatet Ihr, Madame?« fragte Diana von Castro, indem sie von dem Buche schmachtend aufsah, so daß man erkennen konnte, ihre Gedanken seyen vielleicht mehr durch Erinnerungen oder Hoffnungen als durch die Lecture beschäftigt worden.
»Ich habe zwei italienische Colporteurs, welche, wie sie sagten, nur uns ihre Schätze zeigen wollten, ermächtigt zu uns zu kommen. Der eine scheint Schmucksachen, der andere Zeuge zu verkaufen.«
»Ei!« rief die kleine Königin Maria aus, die wie ein Kind in die Hände klatschte. »Da habt Ihr recht gethan, Tante. Es kommen so schöne Schmucksachen aus Florenz und so schöne Zeuge aus Venedig!«
»Wenn wir die Frau von Valentinois holen ließen?« fragte Diana von Castro, indem sie aufstehen wollte.
Die Prinzessin Margarethe hielt sie zurück und sagte: »Wäre es nicht besser wir überraschten unsere liebe Herzogin? Wir suchen ein paar Gegenstände aus, die wir ihr als Geschenk schicken, vorausgesetzt, die Leute haben etwas Treffliches, dann schicken wir ihr die Handelsleute selbst.«
»Ihr habt immer Recht,« entgegnete Diana von Castro, indem sie der Prinzessin die Hand küßte.
Diese drehte sich zu Elisabeth um und fragte:
»Nun, wirst Du nicht auch ein wenig lachen?«
»Worüber sollte ich lachen?« entgegnete die Prinzessin, die ihre in Thränen schwimmenden Augen zu Margarethe erhob.
»Lachen sollst Du gegen die, welche Dich lieben, Kind.«
»Ich freue mich auch noch unter denen zu seyn, die mich lieben, aber ich weine, weil ich sie verlassen muß.«
»Muth, Schwester!« entgegnete der Dauphin Franz. »Der König Philipp ist vielleicht gar nicht so schrecklich, als man ihn schildert. Dann denkst Du Dir ihn als einen alten Mann, aber er ist ja noch ganz jung, erst zweiunddreißig, Jahre alt, gerade so alt wie Franz von Montmorency, der Schwester Diana heirathen wird, die nicht weint.«
Elisabeth seufzte.
»Ich würde mich nicht beklagen, wenn ich einen der Handelsleute heirathen sollte, die kommen werden.«
»Sey ruhig,« bemerkte die kleine Königin von Schottland, »die schönen Zeuge werden deine Augen erfreuen… Trockne nur die Thränen ab, damit Du sie besser sehen kannst.«
Sie trat zu Elisabeth, strich mit ihrem Taschentuche über die Augen derselben, küßte sie dann und sagte:
»Ich höre die Leute kommen.«
Elisabeth versuchte zu lächeln, während sie sagte:
»Nicht wahr, wenn unter den Zeugen ein mit Silber durchwirktes schwarzes ist, so möchte ich es als Brautkleid und Ihr lasset es mir?«
In diesem Augenblicke wurde die Thür geöffnet und man sah im Vorzimmer die beiden Handelsleute, von denen jeder einen großen Waarenkasten auf dem Rücken trug.
Die Leute wurden eingelassen und der Dauphin Franz flüsterte der Tante Margarethe zu:
»Wahrscheinlich sind es verkleidete Abgesandte, die sich überzeugen sollen, ob man ihren Herzog nicht belogen, als man ihm gesagt, Ihr wäret die schönste Prinzessin in der Welt.«
»Jedenfalls gehören sie ihrer Sprache nach zu meinen künftigen Unterthanen,« antwortete Margarethe, »und ich werde sie als solche behandeln. Nun kommt, gute Leute!« sagte sie zu denselben.
»So komm doch,« sagte der Jüngste, ein hübscher junger Bursch mit blondem Haar und etwas röthlichem Bart zu dem Zweiten. »Hörst Du nicht, daß die schöne Dame, die Gott segnen möge, uns auffordert einzutreten?«
Er trat zuerst ein und ihm folgte der andere, ein kräftig gebauter Mann von dreißig bis zweiunddreißig Jahren, mit schwarzen Augen und schwarzem Bart, der trotz seiner groben Kleidung etwas sehr Vornehmes zu haben schien.
Als die Prinzessin Margarethe ihn erblickte, vermochte sie einen Aufschrei kaum zu unterdrücken und machte eine so sichtbare Bewegung, daß der blonde Colporteur es bemerkte.
»Ah, was ist Euch, schöne Dame?« fragte er, indem er seinen Kasten absetzte. »Glittet Ihr aus?«
»Ach nein,« antwortete Margarethe lächelnd, »aber als ich sah, wie schwer eurem Cameraden wurde seine Last abzusetzen, trieb es mich unwillkürlich an ihm zu helfen.«
»Hm!« sagte der, welcher allein das Gespräch führen zu wollen schien, »das wäre das erste Mal, daß die Hände einer Prinzessin einen Waarenkasten berührten… Nehmt es ihm nicht übel, gnädige Prinzessin; er ist seit kurzem bei dem Geschäfte und noch ungeschickt, nicht wahr, Beppo?«
»Ihr seyd Italiener?« fragte Margarethe.
»Si, signora!« antwortete der Colporteur mit dem schwarzen Barte.
»Und Ihr kommt?«
»Aus Venedig über Florenz, Mailand und Turin… Als wir in Paris hörten, es werde da große Feste geben wegen des Friedens und der Vermählung zweier erlauchter Prinzessinnen, dachten wir sogleich, unser Glück werde gemacht seyn, wenn wir zu den Hoheiten gelangen könnten.«
»Hört Ihr? Wenn er sein Italienisch reden kann, geht es ihm so flink vom Munde wie mir.«
»Man hatte uns gesagt,« antwortete der im schwarzen Barte, »es wären Prinzessinnen hier, welche das Italienische wie ihre Muttersprache redeten.«
Margarethe lächelte; sie schien außerordentliches Vergnügen daran zu haben, den Mann reden zu hören, in dessen Munde das Piemontesische, die Bauernsprache, eine ganz besondere Zierlichkeit erhielt.
»Meine kleine Nichte Marie da,« sagte sie, »spricht alle Sprachen, namentlich aber die Sprache Dante‘s, Petrarca’s und Ariost’s. Komm her, Marie, und laß Dir von dem Manne aus dem schönen Lande erzählen, wo, wie der Dichter der »Hölle« sagt, das si klingt.«
»Finde ich nicht auch eine schöne Prinzessin, die savoyardisch spricht?« fiel der Blonde ein.
»Ich,« sagte Margarethe.
»Ihr sprecht savoyardisch, Ihr? Das ist gewiß nicht wahr.«
»Ich spreche es zwar nicht, aber ich will es lernen.«
»Daran thut Ihr wohl; es ist eine schöne Sprache.«
»Aber,« sagte die kleine Königin Marie im reinsten Toskanisch, »Ihr habt uns schöne Sachen versprochen und wir sind Frauenzimmer, wenn auch Fürstinnen; lasset uns also nicht zu lange warten.«
»Man sieht es,« fiel der Dauphin Franz ein, »daß Du die Schwätzer noch nicht kennst, die von der andern Seite der Berge her kommen. Wenn man ihren Worten glaubt, tragen sie die sieben Weltwunder auf dem Rücken; machen sie aber ihre Kasten auf, so haben sie Ringe mit Bergkristall, Diademe von Filigran und römische Perlen… Halte Dich also dazu, guter Freund, sonst ist es dein Schade, denn je länger Du uns warten lässest, um so größere Ansprüche machen wir.«
»Was sagte der Herr Prinz?« fragte der mit dem schwarzen Barte, als habe er die Worte nicht verstanden.
Die Prinzessin Margarethe wiederholte die Worte des Dauphin italienisch, milderte aber die, welche für den schwarzbärtigen Handelsmann verletzend seyn konnten, den sie als Piemontesen unter ihren besondern Schutz genommen zu haben schien.
»Ich warte nur,« antwortete dieser, »daß die schöne junge Dame dort, die so traurig zu seyn scheint, auch herankomme. Ich habe immer bemerkt, daß in den Edelsteinen ein mächtiger Zauber liegt, welcher die Thränen in schönen Augen trocknet, wie bitter sie auch seyn mögen.«
»Du hörst, liebe Elisabeth,« sagte die Prinzessin Margarethe. »Komm also, stehe auf und nimm Dir ein Beispiel an der Schwester Diana, welche schon nach den Schmucksachen begierig ist.«
Elisabeth erhob sich und lehnte ihr schmachtendes Köpfchen auf die Achsel ihres Bruders Franz.
»Und nun,« sagte dieser spottend, »drückt aber die Augen zu, damit Ihr nicht geblendet werdet von dem was Ihr sehen werdet.«
Der schwarzbärtige Handelsmann schien nur auf diese Worte gewartet zu haben, denn er machte seinen Kasten auf und die Damen traten in der That, obwohl sie an reichen Schmuck und Edelsteine gewöhnt waren, unter freudigen Ausrufungen und wie geblendet einen Schritt zurück.
Fünfter Theil
I.
Der Brautschmuck
Man hätte in der That sagen können, die Hand irgend eines Erdgeistes habe vor den Prinzessinnen den Zugang zu einer Grube von Golconda und Visapur geöffnet, so blitzten die vier Bretter, welche die vier Fächer des Kastens bildeten, von Diamantenfeuer, den blauen, grünem und rothem Lichte der Saphire, Smaragden und Rubinen, unter denen Perlen von jeder Form und Größe in ihrem eigenthümlichen Glanze schimmerten.
Die Prinzessinnen sahen einander erstaunt an und fragten sich mit Blicken, ob sie reich genug wären, solchen Schmuck zu bezahlen, den ihnen ein gewöhnlicher italienischer Hausirer bot.
»Nun,« fragte Maria Stuart den jungen Dauphin, »was sagst Du dazu?«
»Ich? Ich sage gar nichts; ich bewundere.«
Der Handelsmann mit dem schwarzen Barte that als höre er dies nicht und sagte, als ob er errathen habe, was vor seinem Eintritt über die Herzogin den Valentinois gesagt worden war, als ob er wisse, welchen Einfluß die schöne Diana von Poitiers auf die ganze fürstliche Welt umher habe:
»Theilen wir erst den Abwesenden zu; es ist dies eine freundliche Rücksicht, über welche die Anwesenden nicht zürnen können und für die die Abwesenden dankbar seyn werden.«
Bei diesen Worten griff er in den Wunderkasten und nahm eine Art Diadem heraus, dessen Funkeln im Licht die Umstehenden zu lauter Bewunderung zwang.
»Das Diadem ist einfach,« sagte der Handelsmann, »es scheint aber in seiner Einfachheit wegen der künstlerischen Arbeit der Person würdig zu seyn, für die es bestimmt ist. Seht da ein dreifacher Halbmond, verschlungen wie ein Liebesknoten; in der Oeffnung liegt und schläft der schöne Hirt Endymion und hier kommt die Göttin Diana auf ihrem Wagen von Perlmutter mit Diamanträdern, ihn in seinem Schlummer zu besuchen… Heißt nicht eine der erlauchten Prinzessinnen, die ich vor mir sehe, Diana von Castro?«
Diana vergaß, daß ein gewöhnlicher Handelsmann so sprach, und trat so eilig vor, wir möchten fast sagen so artig, als stehe sie vor einem Prinzen, so wahr ist es, daß der Anblick eines Kunstwerkes, eines kostbaren Schmuckes, irgend einer Sache, die fürstlichen Werth hat, den Besitzer zu einem Fürsten macht.
»Diana bin ich,« sagte sie.
»Nun, erlauchte Prinzessin,« antwortete der Handelsmann mit einer Verbeugung, »hier ist ein Schmuck, der auf Befehl des Herzogs Cosmo I. von Florenz durch Benvenuto Cellini gearbeitet wurde. Ich kam durch Florenz, der Schmuck war zu verkaufen und ich kaufte ihn, weil ich hoffte, ihn am Hofe Frankreichs mit Vortheil wieder veräußern zu können, wo zwei Dianen leben, wie ich wußte. Sagt mir, würde er nicht gar schön stehen auf der Marmorstirn der Frau Herzogin von Valentinois?«
Diana von Castro konnte ihre Freude nicht unterdrücken.
»Ach, wie wird sich meine Mutter freuen!« sagte sie.
»Diana,« fiel der Dauphin ein, »sage ihr, ihre Kinder Franz und Maria gäben ihr denselben.«
»Da der Herr diese beiden lieblichen Namen ausspricht,« sagte der Handelsmann, »so erlaubt mir ihnen das zu zeigen, was für sie gearbeitet wurde. Seht, durchlauchtiger Prinz, ein Reliquienkästchen von reinem Golde, das dem Papste Leo X. angehört hat und statt gewöhnlicher Reliquien ein Stück von dem wahren Kreuze enthält. Die Zeichnung dazu ist von Michel Angelo, die Arbeit von Nicola Braschi von Ferrara; der Rubin da wurde aus Indien von dem berühmten Reisenden Marco Polo mitgebracht… Dieser glänzende Schmuck – verzeiht, wenn ich mich irre – war in meinem Sinne für die junge schöne Königin Maria Stuart bestimmt und er sollte sie daran erinnern – in dem Lande der Ketzer, über das sie einmal herrschen wird – daß kein anderer Glaube ist als der katholische und daß es besser ist für diesen Glauben zu sterben wie der Gottmensch, von dessen heiligem Kreuz ein Stück in dem Kästchen sich befindet, als ihn zu verläugnen und die dreifache Krone Schottlands, Irlands und Englands auf das Haupt zu setzen.«
Marie Stuart hatte bereits beide Hände ausgestreckt, um das Gebotene in Empfang zu nehmen, als Franz zögernd sie zurückhielt.
»Marie,« sagte er, »das wird sehr theuer seyn.«
Ein Lächeln spielte um die Lippen des fremden Handelsmannes; er wollte vielleicht etwas Anders sagen, begnügte sich aber mit den Worten:
»Es ist mir auf Credit gegeben worden und ich gebe es wiederum auf Credit.«
Das Reliquienkästchen wanderte aus den Händen des Hausirers in die der Königin Marie Stuart, die es auf einen Tisch stellte und vor ihm kniete, nicht um zu beten, sondern um es gemächlicher bewundern zu können.
Franz, der nie lange von ihr fern bleiben konnte, wollte ihr folgen, aber der Verkäufer rief ihn mit den Worten zurück:
»Verzeiht, aber hier ist auch etwas, das ich für Euch bestimmt hätte… Werdet Ihr geruhen diese Waffe anzusehen?«
»O, es ist der wunderschöne Dolch!« rief Franz, indem er darnach griff wie Achill nach dem Schwerte in der Hand des Ulysses.
»Nicht wahr, eine bewunderungswürdige Arbeit? Der Dolch war für Lorenzo von Medici, den friedlichen Fürsten bestimmt, welchen man bisweilen ermorden wollte, der aber Niemanden umbrachte. Er wurde von dem Goldschmiede Guirlandajo ciselirt, dessen Werkstatt sich auf dem Ponte Vecchio befindet. Dieser Theil da (der Händler zeigte dahin) soll von dem damals fünfzehnjährigen Michel Angelo modelliert worden seyn. Lorenzo starb, ehe der Dolch gänzlich beendigt war; siebenundsechzig Jahre blieb er im Besitz der Nachkommen Guirlandajo’s; als ich durch Florenz kam, brauchten sie Geld; ich bekam das Kunstwerk sehr wohlfeil und werde bei dem Verkaufe an Euch nur die Reisekosten verdienen. Nehmt ihn also in vollem Vertrauen, denn eine solche Kleinigkeit wird einen Dauphin von Frankreich nicht ruinieren.«
Der junge Prinz jubelte laut, zog den Dolch aus der Scheide und legte, um sich zu überzeugen, ob die Klinge so gut sey wie das Heft, ein Goldstück auf den geschnitzten Eichentisch, vor welchem Marie kniete, und mit festerem kräftigem Stoße, als man von so schwacher Hand hätte erwarten sollen, durchbohrte er das Goldstück vollständig.
»He? Könnet Ihr das auch?« fragte er freudig indem er das Goldstück an der Dolchspitze zeigte.
»Gnädiger Prinz,« antwortete der Handelsmann bescheiden, »ich bin in den Spielen der Fürsten und Krieger nicht geübt; ich verkaufe Dolche, gebrauche sie aber nicht.«
»Mann,« entgegnete der Dauphin, »Ihr seht mir gerade so aus wie Einer, der bei Gelegenheit Schwert und Dolch gut zu gebrauchen versteht. Versucht einmal was ich gethan habe; wenn Ihr aus Ungeschick die Klinge zerbrecht, ist es mein Schade.«
Der Handelsmann lächelte und sagte:
»Wenn Ihr es befehlt, so will ich es versuchen.«
»Gut,« sagte Franz, der in seiner Tasche ein zweites Goldstück suchte. Der Handelsmann aber hatte unterdeß ans dem ledernen Beutel, der an seinem Gürtel hing, einen spanischen Quadrupel genommen, der dreimal dicker war als der Rosenobel, welchen der Prinz durchstochen hatte.
Er legte ihn auf den Tisch, wiederholte den Versuch des Prinzen, aber ohne alle Anstrengung, als hebe er nur den Arm empor und lasse ihn wieder fallen und doch mit ganz anderem Erfolge, denn die Dolchklinge durchbohrte nicht nur das Goldstück, als sei es Pappe, sondern drang auch noch zwei oder drei Zoll in den eichenen Tisch ein, den sie somit ebenfalls gänzlich durchbohrte.
Der Stoß war übrigens so genau in die Mitte des Quadrupels getroffen, als wenn die Mitte mit einem Zirkel gesucht worden wäre.
Der Colporteur überließ es dem Prinzen, wie er es vermöchte, den Dolch wieder ans dem Tische zu ziehen und kehrte zu seinen Schmucksachen zurück.
»Und für mich habt Ihr nichts?« fragte die Witwe des Horazio Farnese.
»Entschuldigt mich!« antwortete der Händler, »aber dies ist ein arabisches Armband von großem Werthe und seltener Originalität; es wurde aus dem Schatze des Harems in Tunis genommen, als Kaiser Carl V., glorreichen Andenkens, im Jahre 1535 seinen siegreichen Einzug dort hielt. Ich kaufte es von einem alten Condottiere, welcher den Kaiser auf diesem Zuge begleitet hatte und legte es für Euch bei Seite. Gefällt es Euch nicht, so könnt Ihr etwas Anderes wählen, denn unsere Schätze sind, wie Ihr sehet, noch nicht erschöpft.«
Das Armband war indeß, wie der Mann gesagt hatte, eben so originell als kostbar, so daß es wohl die Wünsche Diana‘s von Castro reizen konnte. Die schöne Witwe nahm also das Armband und schien sich nur damit zu beschäftigen, ob sie einen so kostbaren Besitz werde bezahlen können.
Nun waren noch die Prinzessinnen Elisabeth und Margarethe übrig, von denen die erstere ihren Antheil mit der Schwermuth der Gleichgültigkeit, die zweite den ihrigen mit der Ruhe der Ueberzeugung erwartete.
»Madame,« sagte der Handelsmann zu der jungen Braut des Königs Philipp II., sich habe zwar auch für Euch etwas bereit, wollt Ihr aber wählen unter allem? Euer Herz scheint sich so wenig nach diesen glänzenden Kleinigkeiten zu sehnen, daß ich fürchte nicht nach eurem Geschmack zu wählen.«
Elisabeth schien aus tiefen Gedanken zu erwachen und fragte:
«Was verlangt Ihr? Was wünschet Ihr?«
Da nahm Margarethe aus den Händen des Handelsmannes eine kostbare Perlenschnur, die fünffach lag und mit einem nußgroßen Diamant zusammengehalten wurde.
»Man wünscht, liebe Nichte,« sagte sie, »daß Du dieses Halsband versuchst, damit wir sehen, wie es deinem Halse steht.«
Sie legte das Collier um den Hals Elisabeths und schob sie an einen kleinen venetianischen Spiegel, damit sie sich selbst überzeuge, ob die Perlen Glanz über den Hals verbreitetem oder ob sie von ihm in Schatten gestellt würden.
Elisabeth aber ging an dem Spiegel vorüber, ohne hineinzusehen, und setzte sich wieder an das Fenster auf ihren frühern Platz.
Margarethe sah ihr betrübt nach und bemerkte, als sie sich wieder umdrehte, daß die Augen des Händlers ebenfalls traurig nach der Prinzessin blickten.
»Ach,« flüsterte sie, »alle Perlen des Orients werden diese Stirn nicht aufheitern!«
Dann schüttelte sie gleichsam den Trauerschleier von sich, trat zu dem Handelsmanne und fragte:
»Nun, bin ich vergessen?«
»Madame,« antwortete der Fremde, »der Zufall oder vielmehr mein gutes Glück führte mich unterwegs mit dem Prinzen Emanuel Philibert zusammen. Da ich aus Piemont und folglich sein Unterthan bin, so nannte ich ihm den Zweck meiner Reise und sprach davon, daß ich nach der Ehre strebe, zu Ew. Hoheit gelangen zu können. Für den Fall nun, daß mir dies gelinge, übergab er mir, mit dem Auftrage, Euch ihn zu Füßen zu legen, diesen Gürtel, den sein Vater Carl III. seiner Mutter Beatrice von Portugal an ihrem Hochzeittage gegeben hatte. Es ist, wie Ihr seht, eine blau emaillirte goldene Schlange, deren Rachen eine Kette hält, an welcher fünf Schlüssel von demselben Metall hängen: diese Schlüssel sind die von Turin, Chambery, Nizza, Vercelli oder Villeneuve und Asti, mit den Wappen dieser Städte, der fünf Perlen eurer Krone. Ein jeder öffnet in dem Schlosse zu Turin einen Schrank, den Ihr selbst am Tage eures Einzugs im Palaste aufschließen werdet… Was könnte ich nach diesem Gürtel Euch noch Würdiges bieten? Nichts, als vielleicht einige von den reichen Stoffen, die mein Camerad Euch darzulegen die Ehre haben wird.»
Der zweite Hausirer öffnete nun seinen Kasten und zeigte den verwunderten Augen der Prinzessinnen eine blendender Sammlung jener herrlichen Schärpen von Algier, Tunis oder Smyrna, welche mit den Strahlen der Sonne Afrikas oder Asiens gestickt zu seyn schienen: eine Sammlung jener reichen Stoffe mit Gold und Silber, mit denen Paul Veronese seine aristokratischen Gestalten bekleidet, und endlich eine Auswahl jener langen Atlasstücke, die damals auf ihrem Wege aus dem Morgenlande nach dem Abendlande einen Augenblick in Venedig anhielten, ehe sie sich dann vor den Augen der schönen Damen von Antwerpe, Brüssel und Gent entfalteten und dann sich nach England, Frankreich und Spanien verbreiteten.
Die Prinzessinnen theilten sich in diese Schätze mit der fieberhaften Ungeduld, die das Weib, welchem Stande es auch angehört, bei dem Anblicke jener Schmucksachen ergreift, die ihrer Meinung nach ihre von der Natur erhaltenen Reize erhöhen müssen. Nach einer Viertelstunde hatte der Handelsmann mit dem blonden Barte so viel von seinen Waaren verkauft, wie der schwarzbärtige von den seinen.
Nun war noch die Rechnung zu machen. Eine Jede wußte bereits, wie sie die beiden Handelsleute befriedigen sollte: Diana von Castro dachte sich an die Herzogin von Valentinois zu wenden, Maria Stuart an ihren Oheim Guise, der Dauphin an seinen Vater, den König; Margarethe allein brauchte um Geld nicht besorgt zu seyn, und die Prinzessin Elisabeth dachte so wenig an die Bezahlung, als sie an den Kauf gedacht hatte.
In dem Augenblicke aber als man bezahlen wollte, erklärten die beiden Handelsleute, sie könnten nicht sofort den Preis der Schmucksachen und Zeuge angeben, da sie erst in ihren Büchern nachsehen müßten.
Sie baten deshalb um die Erlaubniß, den nächsten Tag, um dieselbe Stunde wieder kommen zu dürfen, was ihnen gern gestattet wurde, dann nahmen sie ziemlich ungeschickt, ihre Kasten wieder auf und verabschiedeten sich unter vielen Bücklingen.
Während dieser Vorbereitungen war die Prinzessin Margarethe verschwunden und der Piemontese sah sich vergebens nach ihr um, als er die Thür hinter sich zumachte, in dem Vorzimmer aber trat ein Page zu ihm, legte ihm einen Finger auf die Achsel, winkte ihm seine Last hinzustellen und ihm zu folgen.
Der Handelsmann gehorchte und trat mit dem Pagen in einen Corridor, auf den mehre Thüren gingen.
Eine dieser Thüren öffnete sich und er stand vor der Prinzessin Margarethe.
Der Page verschwand gleichzeitig hinter einer Tapete.
Der Handelsmann blieb erstaunt stehen.
»Schöner Sehmuckverkäufer,« sagte die Prinzessin mit reizendem Lächeln zu ihm, »wundert Euch nicht, daß ich Euch zu mir rufen ließ; weil ich fürchtete Euch vielleicht morgen nicht wieder zu sehen, wollte ich die einzige Bezahlung, die Euer und meiner würdig ist, nicht länger verschieben.«
Und sie reichte ihm die Hand mit jener vollendeten Anmuth, welche alle ihre Bewegungen begleitete.
Der Fremde aber ließ sich wie ein Edelmann auf ein Knie nieder, faßte jene weiße Hand mit den Fingerspitzen und drückte seine Lippen mit einem Seufzer darauf, den die Prinzessin seiner Verlegenheit zuschrieb, der aber nur Sehnsucht und Bedauern ausdrückte.
Nach einer Pause sprach der Handelsmann weiter und diesmal im trefflichsten Französisch:
»Ew. Hoheit erzeigt mir eine große Ehre, aber weiß sie auch, wem sie diese Ehre gewährt?«
»Vor siebzehn Jahren,« antwortete Margarethe, «kam ich in das Schloß zu Nizza und der Herzog Carl von Savoyen stellte mir seinen Sohn als meinen künftigen Gatten vor. Von diesem Tage an habe ich mich für die Verlobte des Prinzen Emanuel Philibert gehalten und voll Vertrauen auf Gott auf die Stunde gewartet, daß es der Vorsehung gefallen werde uns zu vereinigen. Gott hat das Vertrauen belohnt, das ich auf ihn setzte, indem er mich heute zur glücklichsten und stolzesten Prinzessin in der Welt macht.«
Die Prinzessin glaubte genug gesagt zu haben und mit gedankenschneller Bewegung schlang sie mit der einen Hand um den Hals des Knieenden die goldene Kette mit Edelsteinen, die sie selbst trug, während sie mit der andern die Tapete zurückfallen ließ, welche sie von dem trennte, mit welchem sie eben Brautgeschenke getauscht hatte.
Am nächsten Tage wie an den folgenden wartete man in dem Louvre vergebens auf die beiden Hausirer und da die Prinzessin Margarethe Niemanden etwas von dem mittheilte, was in ihrem Zimmer geschehen war, glaubten die, welche der Wahrheit am nächsten kamen, die beiden freigebigen Austheiler von Schmucksachen und Zeugen wären zwei Abgesandte des Prinzen gewesen, welche in seinem Namen die Hochzeitgeschenke überbracht. Niemand aber ging so weit und vermuthete, daß der Eine der Prinz selbst, der Andere aber ein getreuer und von ihm unzertrennlicher Scianca-Ferro gewesen.