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Kitabı oku: «Der Page des Herzogs von Savoyen», sayfa 30

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XIII.
Bei der Favoritin

Sehen wir nun was bei der schönen Diana von Pottiers geschah und erfahren wir, warum der König so finster bei seiner Gemahlin erschien.

Die Ankunft des Connétable war für die Herzogin von Valentinois so wenig ein Geheimniß wie die Rückkehr des Herzogs von Guise für die Königin Catharina von Medici.

Wie man kecke Reden über den Cardinal und die Königin führte, so sprachen böse Zungen über die Favoritin und den Connétable. Wie konnte aber ein mürrischer, roher alter Mann von achtundsechzig Jahren der Nebenbuhler eines eleganten und galanten Königs von vierzig Jahren seyn? Das ist eines der Geheimnisse, deren Erklärung wir denen überlassen müssen, die mehr wissen als wir.

Wirklich, unbestreitbar und Allen sichtbar war der fast unbedingte Gehorsam der schönen Diana, jener Favoritin, die mehr Königin war als der König, nicht blos gegen die Wünsche, sondern selbst gegen die Launen des Connétable.

Das geschah allerdings bereits seit zwanzig Jahren, d.h. seit der Zeit als Diana dreißig und der Connétable achtundvierzig zählte.

Mit Jubel also vernahm sie die Anmeldung :

»Der Herr Connétable von Montmorency.«

Sie war indeß nicht allein. In einer Ecke des Zimmers erprobten, halb liegend auf einer Schicht Kissen, zwei schöne Kinder das Leben, in das sie durch die Pforte der Liebe eingetreten waren: die junge Königin Marie Stuart und der kleine Dauphin Franz, die seit sechs Monaten verheirathet und vielleicht verliebter waren als am Abend vor ihrer Trauung.

Die junge Königin setzte ihrem Gemahle eine Sammttoque, die ihr etwas zu groß war und die ihm zu klein seyn sollte, cokett auf den Kopf.

Sie waren damit so ernstlich beschäftigt, daß sie die Meldung nicht hörten, der erlauchte Gefangene sey nach Paris zurückgekommen, oder, wenn sie dieselbe hörten, nicht darauf achteten.

Ja wohl, die Liebe ist im fünfzehnten, im siebzehnten Jahre etwas so Schönes, daß ein Jahr voll Liebe zwanzig Jahre Leben aufwiegt. Da Franz II. in seinem neunzehnten Jahre, nach einem zweijährigen Glücke mit seiner schönen jungen Marie, starb, ist er nicht zehnmal glücklicher als sie, die dreißig Jahre länger lebte als er, von diesen dreißig Jahren aber drei in der Verbannung und achtzehn im Gefängniß verbrachte?

Diana achtete auch auf die reizende Gruppe nicht, sondern ging dem Connétable mit offenen Armen entgegen und bot ihm die schöne Stirn zum Kusse.

Er aber war klüger als sie, hielt in dem Augenblicke zurück, als er seine Lippen darauf drücken wollte, und sagte:

»Ihr scheint mir nicht allein zu seyn, schöne Herzogin.«

»Doch, doch, mein lieber Connétable,« antwortete sie.

»Gebt! So alt ich bin, sind meine Augen doch noch so gut, daß ich dort unten etwas krabbeln sehe.«

Diana lachte.

»Das was dort krabbelt,« sagte sie, »ist die Königin von Schottland und England und der Kronerbe Frankreichs; aber seyd unbesorgt, sie sind mit ihren Angelegenheiten zu sehr beschäftigt, als daß sie sich um die unsrigen kümmerten.«

»Geht es da drüben über dem Meere so schlecht,« fragte der Connétable, »daß sogar die jungen Köpfe an sonst nichts denken?«

»Mein lieber Connétable, wenn die Schatten in diesem Augenblicke in London wären oder die Engländer in Edinburgh – gewiß Beides etwas sehr Wichtiges – könnte man die Neuigkeit so laut ausrufen, als man eben eure Ankunft meldete, und keines der beiden Kinder würde sich auch nur umdrehen. Ach nein, sie beschäftigen sich, Gott sey Dank! mit weit wichtigeren Dingen: sie lieben einander, mein werther Connétable. Was ist Schottland, was ist England neben Liebe, die ja denen das Himmelreich gibt, welche das Wort zwischen zwei Küssen aussprechen!«

»Ihr Syrene!« flüsterte der alte Connétable. »Aber wie steht es mit unsern Angelegenheiten?«

»Sie scheinen vortrefflich zu stehen, da Ihr da seyd,« antwortete Diana.

»Der Friede ist geschlossen oder doch beinahe, und Franz von Guise wird sein gewaltiges Schwert in die Scheide stecken müssen. Da man in Friedenszeiten keinen Reichsoberfeldherrn braucht, so wird diese Stelle eingezogen werden; da man aber einen Connétable immer braucht, so wird mein lieber Connétable wieder emporkommen und nach dem Könige der Erste im Lande seyn, statt jetzt der Zweite.«

»Nicht übel gespielt, bei Gott's Haupt!« sagte der Connétable, »bleibt die Geschichte wegen des Lösegeldes. Ihr wisset, meine schöne Diana, daß ich auf mein Wort entlassen bin, aber zweimal hunderttausend Goldthaler schulde.«

»Nun?« fragte die Herzogin lächelnd.

»Tausend Teufel! Ein solches Lösegeld gedenke ich nicht zu bezahlen.«

»Für wen schlugt Ihr Euch, mein lieber Connétable, als Ihr in Gefangenschaft geriethet?«

»Welche Frage? Für den König, denke ich, obgleich die Wunde, die ich erhalten habe, gewiß ganz und gar für mich war.«

»So wird auch der König das Lösegeld für Euch bezahlen. Aber ich glaubte von Euch gehört zu haben, lieber Connétable, daß der Herzog Emanuel Philibert, der ein edelmüthiger Prinz ist, Euch wahrscheinlich das Geld erlassen würde, wenn ich die Friedensunterhandlungen zu einem günstigen Ende führe?«

»Habe ich das gesagt?« fragte der Connétable.

»Gesagt habt Ihr es nicht, aber geschrieben.«

»Teufel! Teufel! Teufel! Ihr seyd also auch bei der Speculation betheiligt?« sagte der Connétable lachend. »Nun, offenes Spiel also! Die Karten aufgedeckt! Ja, der Herzog von Savoyen erläßt mir die zweimal hunderttausend Thaler, aber meinem Neffen, dem Admiral, sage ich kein Wort davon, weil der zu stolz ist, als daß er es annehmen würde.«

»So soll er Euch die hunderttausend Thaler zahlen, als wenn Ihr sie an Emanuel Philibert zu zahlen hättet?«

»Sehr richtig.«

»Wie der König Euch die zweimal hunderttausend Thaler zahlen soll, als müßtet Ihr sie an Emanuel Philibert geben?«

»Ebenfalls richtig.«

»So brächtet Ihr für Euch dreimal hunderttausend Thaler zusammen?«

»Ja wohl, und ich werde es der schönen Herzogin von Valentinois verdanken, daß ich sie besitze, und da eine Hand die andere wäscht, so hört, was wir mit den dreimal hunderttausend Thalern anfangen.«

»Vor allen Dingen, fiel die Herzogin ein, »nehmen wir davon zweimal hunderttausend Thaler, um den lieben Connétable für seinen Kriegsaufwand und für seine Verluste während seiner anderthalbjährigen Gefangenschaft zu entschädigen.«

»Findet Ihr das zu viel?«

»Unser lieber Connétable ist ein Löwe und kein Wunder also, daß er sich den Löwenantheil nimmt. Und die letzten hunderttausend?«

»Die theilen wir in folgender Art. Für die Hälfte, nemlich für fünfzigtausend Thaler, kaufen wir Bänder und Nadeln für meine schöne Herzogin und fünfzigtausend Thaler wenden wir unsern armen Kindern zu, die sich recht schlecht befinden werden, wenn der König nicht etwas zu dem hergibt, was sich ein armer alter Soldat für seinen Sohn abdarbt.«

»Unsere Tochter Diana hat zwar das Ihrige schon als Herzogin von Castro… beträgt hunderttausend Thaler, aber mein lieber Connétable sieht gewiß ein, daß ich den Beutel nicht zuhalten werde, wenn ihn der König zieht, weil er meint, jene Summe sey nicht zu gering für die Frau eines Montmorency und die Tochter eines Königs.«

Der Connétable sah die Favoritin mit einer gewissen Bewunderung an.

»Trägt denn der König den Zauberring noch immer,« fragte er, »den Ihr ihm an den Finger gesteckt habt?«

»Noch immer,« antwortete die Herzogin lächelnd, »und da ich die Tritte Sr. Majestät zu hören glaube, werdet Ihr alsbald einen Beweis davon sehen.«

»Aha!« sagte der Connétable. »Er kommt also noch immer über diesen Corridor und hat noch immer den Schlüssel zu der Thür?«

Der König hatte in der That den Schlüssel zu der geheimen Thür Dianas, wie der Cardinal den Schlüssel zu der geheimen Thür der Königin hatte.

Es gab sehr viele geheime Thüren in dem Louvre und alle hatten einen Schlüssel, wenn nicht zwei.

»Ihr werdet doch wohl nicht gar eifersüchtig auf den König?« sagte die Favoritin, welche den alten Liebhaber mit einem unbeschreiblichen Spottblicke ansah.

»Ich sollte es vielleicht werden,« brummte der alte Haudegen.

»Nehmt Euch in Acht!« entgegnete die Herzogin, die unwillkürlich auf den sprichwörtlichen Geiz Montmorency’s anspielte: »das wäre jedenfalls das schlechteste Geschäft, das Ihr in euerem Leben gemacht.«

In diesem Augenblicke trat der König ein.

»Sire,« sagte Diana, die ihm entgegeneilte, »kommt, denn eben wollte ich nach Euch senden. Da ist unser lieber Connétable, immer jung und stolz wie der Kriegsgott.«

»Ja,« sagte der König in der damals üblichen mythologischen Redeweise, »und sein erster Besuch galt der Göttin Venus. Mit Recht; denn der Schönheit gebührt der Preis… Eure Hand, lieber Connétable!«

»Bei Gott, Sire,« antwortete Montmorency mit seiner mürrischen Miene, »ich weiß nicht ob ich Euch meine Hand geben darf,«

»Warum nicht?« fragte der König lachend.

»Weil,« antwortete der Connétable noch mürrischer, »weil Ihr mich da unten so ziemlich vergessen zu haben scheint.«

»Ich Euch vergessen, mein lieber Connétable?« entgegnete der König, der sich zu vertheidigen anfing, da er doch hätte angreifen sollen.

»Nun freilich,« fuhr der Connétable fort, »Herr von Guise schmetterte Euch so viele Fanfaren vor.«

»Nun,« entgegnete Heinrich, der sich nicht enthalten konnte auf die Finte Montmorency, mit einem directen Stoße zu antworten, »man kann den Sieger nicht hindern, Victoria zu blasen.«

»Sire,« sagte Montmorency, indem er sich wie ein Hahn auf seine Sporen stellte, »manche Niederlage ist so ruhmreich als ein Sieg.«

»Ja,« entgegnete der König, »nur nützt sie weniger, das werdet Ihr mir zugeben.«

»Nützt weniger… nützt weniger,« brummte der Connétable, »freilich, aber der Krieg ist ein Spiel, in dem der Geschickteste manchmal die Partie verliert. Der König, euer Vater, wußte das…«

Heinrich erröthete leicht.

»Und die Stadt Saint-Quentin,« fuhr der Connétable fort, »wenn sie sich auch ergab…«

»Vor allen Dingen,« entgegnete Heinrich rasch, »hat sich Saint-Quentin nicht ergeben, sie wurde genommen und wie Ihr wißt, nach einer heldenmüthigen Vertheidigung genommen. Die Stadt Saint-Quentin hat Frankreich gerettet, das…«

Heinrich zögerte.

»Sprecht es nur aus… das durch die Schlacht bei Saint-Quentin ins Verderben gebracht war, nicht wahr, das wolltet Ihr sagen. Man mag sich zerschlagen, zerhauen, gefangennehmen lassen für einen König, der König dankt durch solch liebliches Compliment.«

»Nein, mein lieber Connétable,« sagte Heinrich, den ein Blick Dianens zur Reue geführt hatte, »nein, das sage ich nicht, im Gegentheil… Ich sagte nur, Saint-Quentin habe sich bewunderungswürdig vertheidigt.«

»Und den Vertheidiger habt Ihr gut behandelt?«

»Coligny? Was konnte ich mehr thun, lieber Connétable, als sein Lösegeld nebst dem eurigen zu bezahlen?«

»Sprechen wir davon nicht, Sire… Von der Gefangenschaft Dandelots ist die Rede.«

»Ah!« entgegnete der König. »Verzeiht, lieber Connétable, aber Dandelot ist ein Ketzer.«

»Als ob wir nicht alle mehr oder weniger einigermaßen Ketzer wären! Glaubt Ihr etwa in den Himmel zu kommen, Sire?«

»Warum nicht?«

»Ah geht! Wie euer alter Marschall Strozzi, der als Renegat starb. Fragt einmal euern Freund Herrn von Vieilleville, was er sagte, als er auf dem letzten Loche pfiff.«

»Was sagte er?«

»Er sagte: »Ich verläugne Gott; meine Lust ist aus,« und als Herr von Guise ihm antwortete: »Herr Marschall, seht Euch vor, denn morgen werdet Ihr vor dem Gott stehen, den Ihr verläugnet,« sagte der Sterbende, indem er mit den Fingern schnippte: »Ich werde heute noch da seyn, wo alle Andern sind, die seit sechstausend Jahren starben.«

»Nun,« Sire, warum lasset Ihr ihn nicht ausgraben und seine Leiche auf dem Grèveplatze verbrennen? Es läge ein Grund mehr dazu vor, denn er ist doch für Euch gestorben, während die Andern nur verwundet worden.«

»Connétable,« sagte der König, »Ihr seyd ungerecht.«

»Ungerecht? Bah! Wo ist Dandelot? Inspicirt er euer Fußvolk, wie es sein Amt verlangt, oder ruht er in seinem Schlosse von der berühmten Vertheidigung von Saint-Quentin aus, bei der er, wie Ihr selbst gesteht, Wunder gethan hat? Nein. In Melun sitzt er gefangen. Warum? Weil er aufrichtig seine Meinung von der Messe gesagt hat. Bei Gott, Sire, ich weiß nicht, was mich abhält, Hugenotte zu werden und meinen Degen dem Condé anzubieten?«

»Connétable!«

»Und wenn ich bedenke, daß mein armer lieber Dandelot seine Gefangenschaft wahrscheinlich dem Herrn von Guise verdankt!«

»Connétable,« sagte der König, »ich schwöre es Euch, daß die Guise bei dieser Sache völlig unbetheiligt sind.«

»Ihr wollet mir sagen, die Sache sey nicht von dem Cardinal eingefädelt worden?«

»Wünscht Ihr etwas, Connétable?« fragte der König, um auszuweichen.

»Was?«

»Daß Dandelot aus Freude über eure Rückkehr in Freiheit gesetzt werde?«

»Tausend Teufel! Ob ich das wünsche!t Ich wünsche es nicht blos, ich will es.«

»Connétable… Vetter,« sagte Heinrich lächelnd, »Du weißt, daß der König sagt: »Wir wollen

»Gut, Sire,« fiel Diana ein, so sprecht: »wir wollen, daß unser treuer Diener Dandelot in Freiheit gesetzt werde, damit er der Vermählung unserer vielgeliebten Tochter Diana von Castro mit Franz von Montmorency, Grafen von Damville, beiwohnen könne.«

»Ja,« sagte der Connétable noch mehr brummend, »wenn diese Vermählung erfolgt.«

»Warum sollte sie nicht erfolgen?« fragte Diana. »Glaubt Ihr, daß das Paar zu arm sey?«

»Wenn es sich nur darum handelt,« fiel der König ein, der sich immer freute, mit Geld sich aus einer Verlegenheit helfen zu können, »so werden wir schon irgendwo in unseren Cassen hunderttausend Thaler finden.«

»Darum handelte es sich,« antwortete der Connétable. »Tausend Teufel! Wer spricht von Geld hier?… Ich zweifle, ob die Heirath zu Stande kommt, aber aus anderem Grunde.«

»Aus welchem?« fragte der König.

»Weil die Heirath euren Freunden, den Herren von Guise, unangenehm ist.«

»Connétable, Ihr fechtet in der That gegen Gespenster.«

»Gegen Gespenster? Warum ist wohl, eurer Meinung nach, Franz von Guise in Paris? War er nicht da, um gegen diese Heirath zu arbeiten, die meinem Hause neuen Glanz geben kann. Obgleich,« setzte der Connétable grob hinzu, »Fräulein von Castro nur ein uneheliches Kind ist.«

Der König biß sich auf die Lippen und Diana erröthete. Der erstere, der auf die letzteren Worte nicht antworten wollte, sagte:

»Vor allen Dingen, lieber Connétable, ist Herr von Guise nicht in Paris.

»Und wo ist er sonst?«

»Im Lager zu Compiègne.«

»Wollt Ihr mir sagen, Ihr hättet ihm keinen Urlaub gegeben.«

»Wozu?«

»Um hierher zu kommen.«

»Ich? Ich habe dem Herrn von Guise nicht Urlaub gegeben.«

»So ist der Herr von Guise ohne Urlaub gekommen.«

»Connétable, Ihr redet irre! Herr von Guise weiß zu gut, daß er ohne meine Erlaubniß das Lager nicht verlassen darf.«

»Das hat er vielleicht vergessen.«

»Nun, Connétable,« begann Diana« »wisset Ihr gewiß, daß Herr von Guise dies… ich weiß nicht wie ich sagen soll. Wie nennt man ein Vergehen wider die Disciplin?… also diese Unschicklichkeit begangen hat?«

»Ich habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen.«

»Wann?« fragte der König.

»So eben.«

»Wo?«

»Am Thore des Louvre… Wir begegneten da einander.«

»Warum habe ich ihn aber nicht gesehen?«

»Weil er sich nicht links, sondern rechts gewendet hat und nicht zu dem Könige, sondern zu der Königin gegangen ist.«

»Ihr sagt, Herr von Guise sey bei der Königin?«

»O, seyd unbesorgt, Sire,« entgegnete der Connétable; »ich bin überzeugt, daß er nicht allein bei ihr ist, sondern daß auch der Cardinal nicht fehlt.«

»Das wollen wir doch sehen!« sagte der König. »Erwartet mich hier, Connétable; ich bitte nur um einen Augenblick.«

Der König ging zornig fort, während der Connétable und Diana von Poitiers einen Blick befriedigter Rache, der kleine Dauphin Franz aber und die kleine Königin Marie, die nichts gesehen und gehört hatten, einen Kuß wechselten.

Darum also erschien Heinrich II. mit finsterem Gesicht und gerunzelter Stirn bei der Königin Catharina.

XIV.
Nachdem der Besiegte als Sieger behandelt wurde, wird der Sieger als Besiegter behandelt

Die Haltung der drei Personen war verschieden und drückte ihre Stimmung so ziemlich aus.

Die Königin Catharina befand sich noch in der Nähe der geheimen Thür, lehnte sich an und hielt die Hand mit dem Schlüssel auf den Rücken. Ihr Gesicht war etwas bleich; ihr ganzer Körper zitterte.

Der Cardinal stand in seinem halb kirchlichen, halb militärischen Anzuge an einem Tische voll Papiere und Frauenkleinigkeiten. Die Faust hatte er auf diesen Tisch gestützt.

Der Herzog Franz stand allein der Thür gegenüber und gleich einem Ritter in den Schranken, der jeden Ankommen, den herausforderte und sich allen Streichen aussetzte, in seinem halbmilitäirischen Anzuge – nur Helm und Harnisch fehlten – die langen Reiterstiefel mit Schmutz bedeckt, das lange Schwert an der Seite, das sich an ihn schmiegte wie eine treue Freundin. Er sah aus, wie er oft auf dem Schlachtfelde aussah, wenn die Feindeswogen sich am Bug seines Rosses brachen, wie die Wogen des stürmischen Meeres sich an einem Felsen brechen. In der Hand hielt er seinen Filzhut mit einer kirschrothen Feder, so stand er zwar mit entblößtem Haupte, aber stolz, steif und gerade wie eine Eiche, vor der Majestät.

Heinrich II. stieß sich an dieser Siegerwürde, die ich weiß nicht welche vornehme Dame jener Zeit zu dem Ausspruche veranlaßte, daß neben dem Herzog von Guise alle anderer adeligen Herren wie »Volk« aussähen.

»Ah, Ihr seyd es, Vetter?« sagte er, »Ich wundere mich Euch hier zu finden… Ich glaubte Ihr commandirt im Lager zu Compiègne.«

»So geht es Euch gerade wie mir, Sire,« antwortete der Herzog von Guise; »ich wundere mich ungemein, den Connétable an dem Thore des Louvre zu treffen, denn ich glaubte, er sey in Antwerpen gefangen.«

Heinrich biß sich bei dieser derben Antwort auf die Lippen.

»Allerdings,« sagte er sodann, »aber ich habe das Lösegeld für ihn bezahlt und hatte für zweimal hunderttausend Thaler das Vergnügen einen treuen Freund und alten Diener wieder zu sehen.«

»Schlägt Ew. Majestät die Städte, die Ihr, wie man sagt, an Spanien, England und Piemont zurückgebt, nur auf zweimal hunderttausend Thaler an? Da diese Städte fast zweihundert sind, so kommt eine nur auf tausend Thaler.«

»Ich gebe diese Städte nicht zurück, um Herrn von Montmorency auszulösen, sondern um den Frieden zu erkaufen.«

»Ich glaubte, bisher sey in Frankreich der Friede durch Siege erkauft worden.«

»Als lothringischer Prinz kennt Ihr die Geschichte Frankreichs nicht wohl… Habt Ihr unter Andern die Verträge von Brétigny und Madrid vergessen?«

»Nein, Sire, aber ich glaubte, wir befinden uns jetzt nicht in derselben, nicht einmal in ähnlicher Lage. Nach der Schlacht von Poitiers war der König Johann gefangen in London; nach der Schlacht von Pavia war der König Franz I. gefangen in Toledo. Jetzt aber steht der König Heinrich II. an der Spitze einer prächtigen Armee und ist allmächtig in seinem Louvre. Warum also mitten im Glück das Ungemach verderblicher Zeiten wiederholen?«

»Herr von Guise?« entgegnete der König stolz, »habt Ihr Euch Rechenschaft von den Rechten gegeben, die ich Euch ertheilte, als ich Euch zum Reichsoberfeldherrn ernannte?«

»Ja, Sire. Ihr rieft mich, Sire, und gabt mir jene Stellung nach der unglücklichen Schlacht von Saint-Quentin, nach der heldenmüthigen Vertheidigung dieser Stadt, als der Feind in Noyon war, als Herr von Nevers nur noch zwei- oder dreihundert Herren um sich hatte, als Paris aus allen Thoren floh, als der König vom höchsten Thurme in Compiègne auf die Straße der Picardie sah, um der Letzte zu seyn, der vor dem Feinde zurückweiche, nicht wie ein König, der sich den Waffen nicht aussetzen sollte, sondern wie ein Feldherr, wie ein Soldat, welcher den Rückzug stützt. Mein Recht war damals Frankreich zu retten, das Herr von Montmorency an den Rand des Verderbens gebracht hatte. Und was habe ich gethan, Sire? Ich habe die Armeen aus Italien nach Frankreich zurückgeführt, Bourg befreit, den Schlüssel Frankreichs von dem Gürtel der Königin Marie Tudor gerissen, indem ich Calais ihr abnahm, Guines, Ham und Thionville wieder erobert, Arlon überrumpelt, das Unglück von Gravelingen ausgeglichen und nach einem Jahre im Lager von Compiègne eine Armee zusammengebracht, die trotz dieses Krieges doppelt so stark war als zu jener Zeit, als ich den Befehl übernahm. Lag das alles in meinem Rechte, Sire?«

»Ohne Zweifel, ohne Zweifel,« stammelte Heinrich verlegen.

»Nun, so erlaubt mir zu sagen, Sire, daß ich eure Frage nicht begreife, ob ich mir Rechenschaft von meinen Rechten gegeben hätte.«

»Ich wollte damit sagen, Herr Herzog, daß unter den Rechten, die ein König seinem Unterthan überträgt, selten das ist zu remonstriren.«

»Vor allen Dingen,« antwortete der Herzog Franz, indem er sich so affectirt verbeugte, daß er fast beleidigend wurde, »werde ich mir erlauben, Ew. Majestät zu antworten, daß ich nicht so eigentlich die Ehre habe euer Unterthan zu seyn. Nach dem Tode des Herzogs Albrecht gab der Kaiser Heinrich II. das Herzogthum Ober-Lothringen an Gerhard von Elsaß, ersten erblichen Herzog und Stamm unseres Hauses; ich empfing dieses Herzogthum von meinem Vater, der es durch Gottes Gnade von dem seinigen hatte; so wie ich es von meinem Vater empfangen habe, werde ich es meinem Sohne hinterlassen. So macht Ihr es mit dem Reiche Frankreich.«

»Wisset Ihr, Vetter,« entgegnete Heinrich, welcher Ironie anzuwenden wünschte, »daß Ihr mich erschrecket?«

»Wie so, Sire?« fragte der Herzog.

»Frankreich könnte eines Tages wohl gar in Krieg mit Lothringen gerathen!«

Der Herzog biß sich auf die Lippen.

»Sire,« entgegnete er, »das ist mehr als unwahrscheinlich; wenn es aber doch geschähe und ich hätte als souveräner Herzog mein Erbe gegen Ew. Majestät zu vertheidigen, so würde ich allerdings, das schwöre ich Euch, erst in der Bresche meines letzten festen Platzes einen so unglücklichen Vertrag unterzeichnen, wie Ihr ihn jetzt bewilligt habt.«

»Herr Herzog!« entgegnete der König, der sich stolz emporrichtete.

»Sire,« antwortete Herr von Guise, »laßt Euch sagen, was ich denke und was wir Adeligen alle denken. Die Autorität eines Connétable soll so weit gehen, daß er im äußersten Nothfalle das Drittheil des Landes verpfänden könnte. Nun kostet Euch aber der Connétable, ohne andere Nothwendigkeit als die aus der Gefangenschaft zu kommen, in der er sich langweilt, mehr als ein Drittel des Reiches, – ja eures Reiches, denn zu diesem gehört das von Piemont Eroberte, das der Krone Frankreich über vierzig Millionen und dem Lande mehr als hunderttausend seiner Kinder kostet; zu eurem Reiche gehörten die beiden schönen Provinzen von Turin und Chambéry, welche der hochselige König, euer Herr und Vater, nebst vielen andern nach französischer Weise eingerichtet hat; zu eurem Reiche gehören alle die schönen transalpinischen Städte, wo so viele eurer Unterthanen sich niedergelassen haben, daß die Einwohner allmälig anfingen, französisch da zu sprechen wie in Lyon und Tours.«

»Nun?« fragte der König, der ziemlich verlegen war, wie er auf solche Gründe antworten sollte, »für wen trete ich alles das ab? Für die Tochter meines Vaters, für meine Schwester Margarethe.«

»Nein, Sire, Ihr tretet es ab für den Herzog Emanuel Philibert, ihren Gemahl, d. h. für euren grausamsten Feind und erbittertsten Gegner. Ist die Prinzessin Margarethe verheirathet, so ist sie nicht mehr die Tochter des Königs, eures Vaters, nicht mehr eure Schwester, sondern die Herzogin von Savoyen. Soll ich Euch sagen, Sire, was geschehen wird? Sobald der Herzog von Savoyen in seine Staaten zurückgekehrt ist, wird er alles ausreißen, was euer Vater da pflanzte, was Ihr selbst pflanztet, so daß der Ruhm, den Frankreich in sechsundzwanzig bis dreißig Jahren in Italien erwarb, vollständig erlöscht und Euch die Hoffnung auf immer entgeht, eines Tages das Herzogthum Mailand wieder zu erobern. Doch dies ist es nicht, was mich am meisten schmerzt, sondern der Vortheil, den Ihr dem Oberfeldherrn des Königs Philipp, dem Repräsentanten des Hauses Spanien, unseres verderblichsten Gegners, bereitet und gewährt. Durch die Alpen, dessen sämmtliche Pässe der Herzog von Piemont besitzt, steht Spanien – gedenkt daran, Sire, – an den Thoren von Lyon, von Lyon, das vor diesem Frieden im Mittelpunkte eures Reiches lag und heute eine Grenzstadt ist!«

»In dieser Hinsicht, Vetter, seyd Ihr mit Unrecht besorgt,« antwortete Heinrich. »Der Herzog von Savoyen geht, nach einer zwischen uns getroffenen Uebereinkunft, aus dem spanischen Dienste in den unsrigen über. Der Degen des Connétable ist, wenn derselbe stirbt, im voraus schon dem Herzog Emanuel Philibert zugesagt.«

»Deshalb also,« antwortete der Herzog von Guise bitter, »hat er ihm denselben im Voraus zu Saint-Quentin abgenommen?«

Da der König eine Bewegung der Ungeduld machte, fuhr der Herzog fort:

»Verzeiht, Sire, ich that Unrecht… solche Fragen müssen ernster behandelt werden… Also der Herzog Emanuel Philibert tritt an die Stelle des Herrn von Montmorency! Der Herzog von Savoyen soll das Lilienschwert führen! Sire, seht Euch vor, daß er es an dem Tage, da Ihr es ihm übergebt, nicht wie der Graf von Saint-Paul gebraucht, der ein Fremder war wie der Herr von Savoyen, nemlich aus dem Hause Luxemburg. Der König Ludwig XI. und der Herzog von Burgund schlossen auch einmal Friede, wie Ihr es thun wollt oder bereits gethan habt; eine Bedingung bei diesem Frieden war, daß der Graf von Saint-Paul Connétable würde und er wurde es, kaum aber war er Connétable, so begünstigte er unter der Hand den Herzog von Burgund, seinen früheren Herrn, und schritt von da an von Verrath zu Verrath, wie man in den Memoiren Philipps von Commines lesen kann.«

»Da Ihr mich auf die Memoiren Philipps von Commines verweist,« sagte der König, »so will ich Euch auch mit denselben antworten; was war die Folge aller dieser Verräthereien des Grafen von Saint-Paul? Der Kopf wurde, ihm abgeschlagen, nicht wahr? Nun hört mich an, Vetter: bei dem ersten Verrathe Emanuels – ich sage es Euch und schwöre es – thue ich mit ihm, wie mein Vorgänger Ludwig XI. mit Saint-Paul that. Aber es wird mit Gottes Hilfe nicht also geschehen,« fuhr der König fort. »Der Herzog Emanuel Philibert wird, weit entfernt zu vergessen, was er uns schuldig ist, die Lage immer vor sich haben, in die wir ihn versetzt. Auch behalten wir mitten in seinen Landen das Marquisat Saluzzo als Ehrenzeichen für die Krone Frankreichs und damit der Herzog von Savoyen, seine Kinder und Kindeskinder nie vergessen, daß unsere Könige sonst ganz Piemont und Savoyen erobert und besessen haben, zu Gunsten einer Tochter Frankreichs aber, die in ihr Haus heirathete, alles was sie diesseits und jenseits der Alpen besaßen, unentgeldlich zurückgegeben worden ist, um sie durch diese Freigebigkeit liebreicher und gehorsamer für die Krone Frankreich zu machen.«

Da der König sah, daß der Herzog von Guise das Marquisat Saluzzo, das Frankreich sich vorbehielt, nicht nach seinem Werthe zu schätzen schien, setzte er hinzu:

»Wenn Ihr darüber nachdenken wollt. Herr Herzog, werdet Ihr wie ich sagen, daß der hochselige König, mein Herr und Vater, sich einer gar tyrannischen Usurpation gegen den armen Fürsten, den Vater des jetzigen Herzogs von Savoyen, schuldig machte, denn es bestand durchaus kein Recht und er handelte nicht als guter Christ, als er einen Sohn aus dem Herzogthume seines Vaters vertrieb und ihm Alles nahm. Selbst wenn ich keinen andern Grund hätte als die Seele des Königs, meines Vaters, von dieser Sünde zu befreien, würde ich Emanuel Philibert Alles zurückgeben, was ihm gehört.«

Der Herzog von Guise verbeugte sich.

»Ihr antwortet mir darauf nichts?« fragte Heinrich.

»Doch, Sire. Aber, wenn das augenblickliche Gefühl Ew. Majestät so weit treibt, daß Ihr den König, euren Vater, der Tyrannei beschuldigt, so habe ich, da ich König Franz I. für einen großen König, nicht für einen Tyrannen halte, nicht mehr dem König Heinrich II., sondern dem König Franz I. von meinem Verhalten Rechenschaft zu geben. Wie Ihr Euren Vater richtet, Sire, so wird Euer Vater Euch richten, und da ich das Urtheil der Todten für unfehlbarer halte als das der Lebenden, so appellire ich von der Verurtheilung durch den Lebenden an den Todten.«

Er trat nach diesen Worten zu dem schönen Porträt Franz I. von Titian, das jetzt ein Hauptschmuck des Louvre ist und sich damals in dem Zimmer der Königin Catharina befand, in welchem der Wortwechsel geschah, den wir anführen, um zu beweisen, daß der Vertrag von Cateau-Cambrésis weniger durch das Schwert Spaniens als durch die schönen Augen eines Weibes herbeigeführt wurde.

»Franz I.,« redete er das Bild an, »der Du durch Bayard gerüstet wurdest, und den man den ritterlichen König nannte, um Dir einen Titel zu geben, der alle ehrenvollen Bezeichnungen in sich schließe, welche man den Königen, deinen Vorgängern, beigelegt. Du liebtest bei Lebzeiten die Belagerungen und Schlachten zu sehr, Du warst deinem Frankreich zu sehr zugethan, daß Du von oben nicht herabsehen solltest, was jetzt bei uns geschieht. Du weißt, was ich gethan habe und noch thun wollte, aber man hält mich auf meinem Wege auf und zieht einen Frieden vor, der uns mehr kostet, als dreißig Unglücksjahre kosten würden. Mein Schwert ist also nutzlos, und da man nicht sagen soll, ein solcher Friede sey geschlossen worden, so lange der Herzog von Guise sein Schwert noch an der Seite trug, gebe ich, Franz von Guise, der sein Schwert nie übergab, Dir es zurück, mein König, für den ich es zuerst zog und der den Werth desselben kannte!«

Bei diesen Worten schnallte er Schwert und Gurt ab, hing alles an den Rahmen des Porträts, verneigte sich und ging hinweg.

Der König war wüthend, der Cardinal erschrocken, Catharina triumphierte, denn sie sah in allem dem eine Beleidigung ihrer Nebenbuhlerin Diana und des Connétable, ihres Feindes.

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