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Kitabı oku: «Der Secretair der Marquise Du-Deffand», sayfa 49

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Zweites Kapitel

Der Abbé kehrte getreulich ins Seminar zurück und murrte nicht, wie er versprochen hatte. Er nahm seine Studien wieder vor, aber anstatt des kanonischen Rechts und der Theologie las er Bücher über Poetik und Literatur, er machte Verse, schrieb Erzählungen, dachte an seine Aline und protestirte aus allen Kräften gegen den geistlichen Stand in seinen Briefen an den König und seine Mutter.

So verging ein ganzer Monat. Aline hatte gefordert, daß er eingeschlossen bleibe, bis sie ihn zu sich zurückrufen werde, und daß er nicht zu entfliehen suchen solle. Er gehorchte wie ein fügsames Kind. Nach diesem langen Monate empfing er einige Worte, die ihm das Paradies öffneten; es wurde ihm gestattet, nach Chevreuse zurückzukehren, und sein hübsches Pferd und sein Lakai standen wieder auf einige Tage zu seiner Verfügung. Man beurtheile, ob er sie benutzte!

Die Erlaubniß dazu wurde ihm nicht verweigert. Obgleich strenge behandelt, war er nicht im Kloster, und ein Monat der Einsamkeit, den er verlebte, ohne die Schwelle der geheiligten Thür zu überschreiten, sprach zu seiner Gunst.

Er ging in den Tempel und eilte dann nach Chevreuse. Aline empfing ihn mit Freude und Entzücken; sie theilte seine Wonne, aber nicht seine Hoffnungen, und jedesmal, wenn er von der Zukunft sprach, legte sie ihm durch ein einziges Wort Schweigen auf:

– Ich habe noch nichts entschieden – warten Sie.

Diese Fügsamkeit war bewundernswürdig. Er wartete, zwar nicht geduldig, aber ohne sich zu beklagen: sie wollte es so! Nichts war unschuldiger und reizender, als diese Liebe. Es bedurfte der' poetischen Phantasie des Chevalier und der reinen Seele Alinens, um bei den Sitten und Gewohnheiten wie die unsrigen ein Gefühl dieser Art zu hegen.

So ging es ein ganzes Jahr fort. Man begriff nicht, wie dies enden sollte. Sie sahen einander selten; der Abbé blieb auf Befehl seiner Göttin im Seminar, indem er behauptete, er wolle hinaus und Priester werden.

Andererseits bestand die Marquise darauf, ihrem Sohne die vierzigtausend Livres Beneficien zu erhalten; Beide blieben fest und man sah keine wahrscheinliche Lösung.

Eines Tages war Boufflers in Chevreuse, man verhinderte ihn nicht, Aline zu sehen, aus Furcht, ihn zu erbittern und einen noch schwereren Stand mit ihm zu haben. Sie sprachen allein und ernsthaft mit einander, wie es geschah, wenn Aline versuchte, dem jungen Manne Vernunft zu predigen.

– Muß man denn durchaus im Seminar bleiben, um die Beneficien zu erhalten? fragte sie plötzlich.

– Ach! ja, sagte er in verzweifeltem Tone, sonst würde meine Mutter nicht so sehr darauf bestehen,

– Nun ich habe mich darüber befragt, und ich glaube, man kann es anders machen.

– Sie täuschen sich, meine schöne Aline.

– Ich täusche mich nicht, wie Sie sehen werden.

– Und welches Mittel soll man denn anwenden?

– Lassen Sie sich zum Malteserritter machen, Sie verlassen dann das Seminar und behalten die Einkünfte.

– Malteserritter! Ordensritter?

– Ohne Zweifel.

– Wozu sollte mir das nützen? Ich könnte mich doch nicht verheirathen.

– Darum handelt es sich nicht.

– Im Gegentheil, darum handelt es sich besonders. Ich will Sie heirathen, und darum will ich das geistliche Gewand, die Beneficien und das Malteserkreuz zum Teufel schicken.

–, Der Teufel hat nichts damit zu thun, und das würde verlorne Zeit sein. Behalten Sie wohl, was ich Ihnen eben gesagt habe, es ist das Mittel, Alles auszugleichen, das müssen Sie wissen.

– Ich will nicht.

– Lassen Sie uns nicht weiter davon reden. Ich verlange nur von Ihnen, daß Sie sich dessen erinnern.

Wenige Tage später erhielt die Marquise von Boufflers folgenden Brief:

»Frau Marquise,

»Ich weiß nicht, ob Sie von einem armen Mädchen im Thale Chevreuse haben reden hören, welche den Herrn Abbé von Boufflers liebt und die von ihm geliebt wird. Man wird Ihnen vielleicht gesagt haben, daß ich ihn zum Ungehorsam treibe, aber glauben Sie mir, es ist nicht so. Im Gegentheil will Herr von Boufflers mich heirathen, er will um meinetwillen den Stand verlassen, wozu Sie ihn bestimmen, und die großen Vortheile aufgeben, die ihm derselbe verschafft. Das werde ich nicht zugeben, darüber können Sie ruhig sein. Ich habe weder Vater noch Mutter, ich bin durchaus frei in meinen Handlungen und von mäßigem Vermögen, welches mir Niemand nehmen kann; ich werde daher nicht gezwungen sein, und werde nie Unruhe oder Zerrüttung in Ihre Familie bringen.

»Nur erlauben Sie mir, Madame, Sie in aller Bescheidenheit darauf aufmerksam zu machen, daß Herr von Boufflers nicht zum geistlichen Stande geeignet ist, daß er weder Neigung dazu hat, noch Geschmack daran findet, und daß Sie einen schlechten Priester aus ihm machen werden, einen Mann, der sich des Geldes wegen Unglücklich macht, während es Ihnen so leicht ist, unter derselben Bedingung einen wackeren Cavalier aus ihm zu machen.

»Ich habe einen erfahrenen Rechtsgelehrten über diese Sache um Rath gefragt und die Gewißheit erlangt. daß Ihr Herr Sohn, wenn er in den Malteserorden tritt, seinen Anspruch an dieselben Beneficien behält und eine Carrière ergreifen kann, die ihm völlig zusagt. Erkundigen Sie sich, sehen Sie selber, und ich beschwöre Sie, Ihr Kind nicht ins Unglück zu führen.

»Ich spreche nicht für mich, auf die eine Weise habe ich so wenig zu erwarten, wie auf die andere, aber ich liebe Herrn von Boufflers zu sehr, um nicht mehr an ihn, als an mich zu denken. Verzeihen Sie mir, Frau Marquise, die Freiheit, die ich mir nehme, beurtheilen Sie sie nicht als Verwegenheit, sondern als Ergebenheit und sein Sie nachsichtig,

»Genehmigen Sie die Versicherung u. s. w.

»Aline Comtois.«

Als Frau von Boufflers diesen Brief erhielt, brachte sie ihn dem Könige Stanislaus, und dieses gute und mitfühlende Herz faßte sogleich eine lebhafte Freundschaft für das junge Mädchen. Er begriff diesen neuen Weg, den sie ihm zeigte, und redete der Marquise zu, ihn einzuschlagen.

– Wenn Ihr Sohn Thorheiten begeht und Abbé ist, sagte er, so werden Sie sehr davon belästigt werden, wenn er sie als Malteserritter begeht, so wird es nur ein Scherz sein, den er vielen Anderen nachahmt, und was die Benefice betrifft, die werden wir ihm erhalten. Sie werden mir einwenden, daß viele Abbés sehr frei in ihrer Aufführung sind; ich weiß es wohl; indessen weiß ich auch, daß das jetzt keine Empfehlung mehr ist. Meine Tochter ist fromm, der Dauphin ist fromm, seine Frau auch, die Zukunft des Hofes neigt sich zur Frömmigkeit; folgen Sie mir, und lassen Sie Ihren Sohn sich nicht nach dieser Richtung wenden. Der Rath der Kleinen ist gut. Was sollen wir für sie thun?

Frau von Boufflers antwortete Alinen in einem sehr zärtlichen Briefe und schickte ihr in ihrem Namen und in dem des Königs Stanislaus einen werthvollen Schmuck. Es war das Portrait des Königs von Polen auf einem Armbande, von Edelsteinen umgeben. Sie war glücklich und stolz, es zu empfangen, aber sie zeigte es ihrem Geliebten nicht, sie rühmte sich dessen nicht, was sie gethan. Als er mit ihr von den neuen Absichten seiner Mutter sprach und sich laut über die Unmöglichkeit, darauf einzugehen, äußerte, weil ihm die Ehe in allen Fällen untersagt sei, stellte sie sich, als erfahre sie diesen Plan erst von ihm, und antwortete ganz einfach:

– Man kann nicht aus dem Orden austreten, wie man es wünscht, aber man kann sich von seinen Gelübden als Ritter entbinden lassen.

Boufflers sah nur dies hierin, er ergriff diese Idee mit Enthusiasmus, er sah ein, daß er nichts weiter zu thun habe, als nachzugeben, es war ein Schritt, und später sollte er sein eigner Herr werden. Er nahm Alles an, verließ das Seminar, steckte das Kreuz des Ordens auf und nannte sich Chevalier de Boufflers.

Am folgenden Tage, als er den Abbékragen abgeworfen hatte, ehe er seine Gelübde ausgesprochen, ging er nach Chevreuse, um noch einen neuen Versuch bei Aline zu machen und sie zu bestimmen, ihm anzugehören, fest entschlossen, wenn es ihm sie zu bewegen gelinge, sie trotz Allem zu heirathen und die schönsten Hoffnungen wegen seiner Liebe aufzugeben.

Das junge Mädchen wußte Alles und erwartete ihn; sie erwartete seine Bitten, und ihr Entschluß war gefaßt. Sobald sie allein waren, warf er sich zu ihren Füßen und bat sie, ihn anzuhören.

– Ich höre Sie an und verspreche Ihnen zum Voraus, Sie bis zu Ende anzuhören.

Sie hörte ihn in der That an, glücklich und entzückt, so geliebt zu werden; sie sah ihn mit einer Freude an, die sie nicht beherrschen konnte, indem sie dachte, daß sie so viel Liebe nur durch ein Opfer, ebenso groß wie diese Liebe, erwiedern wolle.

– Ich weiß, wie sehr Sie mich lieben, sagte sie zu ihm, und ich liebe Sie ebenso sehr, wie Sie mich lieben, mein schöner Chevalier. Weil ich Sie so sehr liebe, will ich nie Ihre Frau werden.

– Mein Gott! ist das Ihre Liebe, Grausame! Und Sie wagen zu behaupten, daß Sie Mich lieben?

– Ich liebe Sie mehr, als Sie es je glauben werden. Ich danke Ihnen für das, was Sie für mich thun wollen, und ich werde Ihnen meine Erkenntlichkeit beweisen.

– Indem Sie mich zur Verzweiflung bringen?

– Indem ich Sie glücklich mache.

– Glücklich ohne Sie! Ist es möglich?

– Wer sagt Ihnen, daß es ohne mich geschehen soll?

– Nun, Sie, Sie grausame Freundin!

– Sie müssen mir erst versprechen, daß Sie Ihre Gelübde an dem bestimmten Tage ablegen wollen.

– Nimmermehr.

– Wenn Sie sich weigern, Herr Chevalier de Boufflers, so schwöre ich Ihnen zu, und Sie wissen, daß ich halte, was ich verspreche, ich schwöre Ihnen zu, daß ich in ein Kloster treten will und daß Sie mich nie wiedersehen sollen.

– Ist es möglich?

– Ich will und kann nicht Ihre Frau werden, rechnen Sie nicht darauf, Chevalier, dies ist unwiderruflich. Ihre Familie hat meinen Eid empfangen, und ich werde ihn nicht brechen. Ich würde eine Elende sein, wenn ich um meinetwillen Ihre Zukunft zu Grunde richten wollte, wenn ich Sie Ihres Vermögens und Ihres Ranges beraubte, um Sie mit meinem Nichts zu vereinen. Aber ich widme Ihnen mein Leben. Sie werden Ihre Gelübde aussprechen, Sie werden auf die Che verzichten, ich werde wie Sie darauf verzichten, an demselben Tage, in demselben Augenblick, wo Sie Ihr Gelübde ablegen, werde ich auch mein Gelübde ablegen. Ich werde die Frau keines Mannes werden, ich werde immer Ihre Freundin bleiben, und was Sie aus mir machen wollen, wird mein Wille sein.

– Was! theures, anbetungswürdiges Mädchen, was! Sie lieben mich in dem Grade —

– Ihnen das Leben zu geben. Würden Sie mir nicht auch das Ihre geben?

Der Chevalier wurde von einer tiefen Dankbarkeit für dieses reizende und gute Mädchen durchdrungen, er redete ihr dennoch dringend zu, und je mehr sie sich seiner würdig zeigte, desto mehr wünschte er, daß sie seine Frau werden möchte. Sie widersetzte sich mit derselben Festigkeit, indem sie ihm zuschwor, daß sie eher ins Kloster gehen und ihn nie wiedersehen würde, als daß sie seinen Bitten nachgeben wolle.

Der Chevalier legte seine Gelübde ab, er behielt seine Beneficien und hatte kein anderes Zeichen seiner geistlichen Würden, als die Erlaubniß, bei der Messe im Chorhemd und in der Stola über seiner Husarenuniform zu erscheinen, welches Vergnügen er sich mit der größten Kaltblütigkeit machte und worüber die ganze Versammlung in Lachen ausbrach.

Von diesem Augenblick an wurde Aline, wie man wenigstens glaubt, die Maitresse des Chevalier. Das Haus im Thale, Chevreuse gehörte ihr, sie bewohnte es allein und trennte sich von ihrer Familie; Courtois verlor seine Zeit und seine Vorstellungen.

So viel ist gewiß, daß sie die Freundin und der gute Engel des Herrn von Boufflers blieb und es noch ist. Er lief und läuft noch allen Frauen nach und kehrt unvermeidlich zu dieser zurück, die ihn erwartet, die sich nicht beklagt, die ihn empfängt, als hätte sie ihn noch am Abend zuvor gesehen, und die ihn wegen derjenigen tröstet, die ihn täuschen. Sie ist nicht mehr jung, denn dies geschah im Jahre 1755. – Sie hat in ihrem ganzen Leben keine Veranlassung zu dem geringsten Vorwurfe hinsichtlich ihrer Aufführung gegeben und sie blieb ihrer einzigen Liebe treu. Es ist in dieser Zeit schwerer zu finden, als der Stein der Weisen.

Der Chevalier setzte, seine Verse, seine Thorheiten und Liebesverhältnisse fort; er ging zur Armee und schlug sich tapfer. Er hatte eins von seinen Pferden den Prinzen Ferdinand und ein anderes den Erbprinzen genannt, und, wenn er einen Besuch erhielt, fragte er seine Leute, ob der Prinz Ferdinand und der Erbprinz gut gestriegelt wären. Wenn man es bejahte, sagte er:

Ich lasse sie alle Morgen striegeln; ich habe ein besseres Gedächtnis,, als unsere Marschälle, wie Sie sehen.

Er hat die Leichtigkeit seines Geistes beibehalten und wird sie beibehalten, wie viele unter uns, und sollte er hundert Jahre leben. Herr von Saint-Lambert nennt ihn Voisenon den Großen. Nichts ist richtiger.

Herr Walpole kann nicht begreifen, daß wir bis zu einem vorgeschrittenen Alter so junge Köpfe behalten. Unsere französischen Köpfe gleichen nicht denen dieser Insulaner. Sind unsere Weine nicht edler, wenn sie alt werden? Ebenso ist es mit unserem Geiste. Die Sonne von Paris bringt diese Wirkung hervor. Die Sonne von Paris, die, welche die Unterhaltung vergoldet, ist der Kaminwinkel, dieser gehört nur unserer guten Stadt an, welche Gott erhalten wird, denn sie hat nicht ihres Gleichen, soviel ist gewiß.

Drittes Kapitel

In diesem Jahre machte ein Abenteuer großes Aufsehen am Hofe und in der Stadt; es führte das Unglück einer armen Frau herbei, die auf jeden Fall nicht strafbarer war, als die Anderen, welche ruhig in ihren Betten schlafen und sich damit unterhalten, übel von Anderen zu reden. Man muß fürs Erste wissen, daß wir eines Abends bei der Marquise von Beuvron zum Souper waren. Beiläufig muß ich erwähnen, daß, als ich mit Frau Forcalquier in meinem Wagen dorthin fuhr, die hintere Achse zerbrach und wir umwarfen, ohne daß irgend Jemand beschädigt wurde, ebenso wenig der Kutscher wie die drei Lakaien, welche hinten auf dem Brett standen. Die Pferde gingen allein zu ihrem Stalle und wir waren zu Fuß im Schmutz vor dem Hause des Herrn von Praslin, wo der Schweizer sich weigerte, uns einzulassen, unter dem Vorwande, daß Monseigneur es nicht billigen würde, und wo wir nicht einmal ein Glas Wasser bekommen konnten. Glücklicherweise fährt Frau von Valentinois mit sechs Pferden wie eine Prinzessin vorüber, sieht unseren Wagen umgeworfen, erkennt ihn, fragt, wo ich bin, und kommt, mich abzuholen, um mich zu der Frau von Beuvron zu führen, wo das Abenteuer die Unterhaltung beim Abendessen bildete.

Ein Herr und eine Dame, die ich nicht nennen will – ich schone die Leute von Stande in diesen Dingen – setzten sich nicht zu Tische, gingen ganz ans Ende des Zimmers und in ein Boudoir, wo sie plaudern wollten, wie sie sagten. Als wir wieder kamen, eilte diese Dame auf Frau von Beuvron zu, führte sie in einen Winkel und sagte:

– Mein Gott, Madame, es ist mir eben ein großes Unglück begegnet.

Ihre Miene war sehr bestürzt und verlegen.

– Was ist es denn? Sie haben vielleicht ein Porzellangeschirr zerbrochen, das ist kein, großes Unglück.

– Nein, Madame, es ist viel schlimmer.

– Haben Sie meine Ottomane verdorben?

– Noch viel schlimmer —

– Was haben Sie denn thun können? Sagen Sie es, ich errathe es nicht, und es ist mir lieber, wenn ich es weiß.

– Es war in Ihrem Boudoir ein so hübscher kleiner Secretair; wir hatten Lust, zu wissen, wie er inwendig aussah, und versuchten, ihn zu öffnen, und als wir unsere Schlüssel probirten, brach einer im Schlosse ab.

– Ah Madame, wenn Sie es mir nicht selber sagten, würde ich es nicht glauben.

Frau von Beuvron hatte dieses Geständnis nicht allein gehört; die Gräfin von Stainville war ihr gefolgt, um ihr den Ausspruch des Grafen von Pauer mitzutheilen, der sich in Paris verbreitet hatte, und worüber wir so sehr lachen mußten; er sprach ein drolliges Französisch und fragte den Präsidenten Henault:

– Wer ist denn dieser Socrif, der sich vergiftet, indem er Heuschrecken ißt und trinkt?

Frau von Stainville war ein gebornes Fräulein von Clermont d'Amboise, die sich mit dem Bruder des Herzogs von Choiseul verheirathet hatte; sie war hübsch und gut, aber coquett und leichtsinnig über die Maßen. Sie blieb erstaunt stehen, als sie Frau von N. ihre verwirrten Entschuldigungen vorbringen hörte, und entfernte sich, um die Geschichte überall zu verbreiten; Alles ohne Bosheit und aus bloßer Leichtfertigkeit.

Nachdem sie die Galanterien von einem Dutzend junger und alter Männer angenommen hatte, ohne sich weiter um sie zu kümmern, ließ sie sich von dem Herzog von Lauzün, dem Schwiegersohne der Marschallin von Luxembourg, dem Gatten der reizendsten Person auf der Welt, und der dennoch ein Wüstling war, den Hof machen.

Er stellte sich, als wäre er sterblich in sie verliebt. Die arme Stainville wurde davon getäuscht und liebte ihn von ganzem Herzen. Sie war nicht mehr ganz jung, hatte zwei Töchter und auf jeden Fall Hütte sie besser gethan, sich nicht an einen Wüstling dieser Art zu attachiren.

Man sprach davon, wie man von Allem spricht, und Einige tadelten sie, während sie Andere entschuldigten, nur wurde die Wahl allgemein gemißbilligt. Herr von Stainville, der eifersüchtig und roh war, ließ sich nichts davon träumen; er ging und spielte Cavagnole, wobei er immer verlor und über die Mitspieler brummte.

Frau von N. und ihr würdiger Helfershelfer erfuhren, daß Frau von Beuvron ihr Geheimniß bewahre, daß aber Frau von Stainville sie nicht schone. Sie wurden aufgebracht und dachten auf Rache.

Herr von Stainville erhielt eines schönen Morgens einen Brief, der ihm über die Thaten und Handlungen seiner Frau Bericht erstattete und die genauesten Einzelheiten über das angab, was zwischen ihr und Herrn von Lauzün vorging. Wohlunterrichtete Personen haben mir die Versicherung gegeben, daß sie nicht weiter als bis zum Vorspiel gekommen. Es war viel zu viel für einen Eifersüchtigen.

Er begann damit, entsetzliche Scenen aufzuführen, Herrn von Lauzün sein Haus zu verbieten und seine Gemahlin unter die Aufsicht seiner Domestiken zu stellen, denn dieser saubere Richter war, obgleich ein Choiseul, ein wahrer Flegel. Man erstattete ihm Bericht über Bericht, er ließ dieser unglücklichen Gräfin keinen Augenblick Ruhe und ging endlich so weit, sie ernstlich zu mißhandeln.

Sie bedauerte Herrn von Lauzün nur um so mehr und. liebte ihn um so inniger. Er schrieb ihr Briefe, die ein vetrauter Kammerdiener überbrachte. Frau von N. und ihr Liebhaber, die stets auf der Wache und von Rache entflammt waren, entdeckten diese Korrespondenz; Herr von Stainville wurde davon unterrichtet und von dem Augenblick an war der Untergang der armen Frau beschlossen.

Er ging zum Könige, vertraute ihm seine Ehestandssorgen an und bat um einen Verhaftsbefehl, den Ludwig der Fünfzehnte, der sonst wenig bedenklich war, zu bewilligen Bedenken trug. Er forderte ihn auf, nachzudenken, er stellte ihm vor, daß dadurch nichts gebessert würde, wenn er Aufsehen errege, er könne die Gräfin unter einem wahrscheinlichen Vorwande wegführen, sie auf Reisen mitnehmen, und ging sogar so weit, ihm eine Gesandtschaft anzubieten, aber Alles war unnütz.

– Sie hat mich öffentlich entehrt, und sie soll auch öffentlich bestraft werden, antwortete Herr von Stainville mit allem möglichen Respect, aber ohne im Geringsten nachzugeben.

Der König war genöthigt, seinen Wunsch zu erfüllen, aber er ließ unter der Hand die Gräfin in Kenntniß setzen, damit sie im Stand sein möchte, den Schlag abzupariren.

Die Marschallin von Mirepoix gab einen Ball in Kostümen. Man sprach bei Hofe und in der Stadt von nichts Anderem! es sollte prächtig werden, und man wollte vollkommen ausgewählte aus den schönsten und elegantesten Personen bestehende Quadrillen aufführen.

Da waren vierundzwanzig Tänzer und vierundzwanzig Tänzerinnen. Die Kostüme waren chinesisch und indisch, da waren Vestalinnen, Odalisken und Sultaninnen, die in sechs Abtheilungen getheilt waren; der Herzog von Chartres und Frau von Egmont führten die erste auf. Man übte alle Tage. Frau von Stainville figurirte mit dem Prinzen Hennin, dem Zwerg der Prinzen, wie Herr von Lauraguais sagt, und sie hatte da eine traurige Figur anzusehen

Während dieser Ereignisse fand eine Vorstellung zum Vortheil Molé's statt, der eben gefährlich erkrankt war. Der Baron von Esclapon, der ein Theater in der Vorstadt Saint-Germain hatte, gab dieselbe, und die Clairon, die sich vom Hoftheater zurückgezogen hatte, spielte Zelmira von Herrn von Belloy, Verfasser der »Belagerung von Calais,« in welchem schlechten Stücke sie köstlich spielte. Ganz Frankreich war da. Frau von Stainville erschien dort in Thränen und ihre Augen trockneten sich nicht, so lange das Stück währte. Sie gab sich nicht einmal die Mühe, sich zu verbergen.

Diese Clairon war zu jener Zeit sehr in der Mode und man lud sie überall ein. Sie spielte auch bei Frau von Villeroy; einmal unter anderen spielte sie uns Bajazet, und ich fand sie nicht gut, sie verdarb mir das Stück. Da wir bei ihr sind, wollen wir auch weiter von ihr sprechen, es ist viel von ihr zu sagen.

Ich habe sie oft zu mir kommen lassen, um zu declamiren, besonders wenn Herr Walpole in Paris war; er liebt ihr Talent und beneidet uns darum. Jetzt lebt sie von der Gesellschaft zurückgezogen und man sieht sie nirgends, man versichert, daß sie ein wenig wahnsinnig ist, was mich nicht wundert; es scheint mir, als habe sie nie aufgehört, es zu sein.

Sie hatte den Markgrafen von Anspach verführt und sie ist zu ihm gegangen, wo sie Regen und schönes Wetter gemacht hat, bis eine Engländerin, eine Lady Craven, ebenso närrisch wie sie, sie aus seiner Neigung verdrängte. Er ist ein sehr schwacher und unbedeutender Mann, dieser Neffe des großen Friedrich. Voltaire verglich ihn mit einem Hindu, rund an Körper, rund an Geist und gelb überall. Das Fräulein hat das Theater verlassen, um die Functionen des ersten Ministers bei diesem armen Fürsten zu übernehmen. Sie hätte beinahe gemacht, daß der Markgraf vor Kummer gestorben wäre. Man gab mir gestern die Versicherung, daß die Engländerin ihre Sache noch besser machen und völlig ihren Platz einnehmen wird.

Die Clairon hatte einen Liebhaber, der sich um ihretwillen tödtete und wieder erschien. Jeden Abend um elf Uhr, wo sie auch sein mochte, hörte man einen Schrei oder einen Pistolenschuß, Händeklatschen oder Musik. Dies währte beinahe zwei und ein halbes Jahr. Er war um elf Uhr gestorben, und sie hatte sich geweigert, ihn zu besuchen. Er kündigte seinen Freunden an, da sie diese Grausamkeit zeige, würde er sie so lange nach seinem Tode verfolgen, wie er es während seines Lebens gethan.

Wie man sieht, verfehlte er nicht, sein Wort zu halten. Ganz Paris wußte dies; die Polizei that tausend Schritte, um den gewandten Kerl zu entdecken, der das Gespenst nachmachte, aber es gelang nicht, er blieb unbekannt, und die schwachen Geister reden noch von diesem boshaften Gespenst, von welchem die große Schauspielerin gequält wurde. Ich habe die Geschichte von ihr selber erzählen hören.

Pont-de-Veyle sagte in seinem schleppenden Tone, dieser Mann erscheine wegen der Seltenheit der Thatsache, damit bestätigt werde, daß die Clairon wenigstens einmal in ihrem Leben grausam gewesen sei. So viel ist gewiß, daß ihr Bemühen, sich prüde zu stellen, wenn sie von diesem Verzweifelten sprach, zum Todtlachen war. Dieser Ungeschickte mußte sich viel Mühe gegeben haben, daß es ihm nicht gelingen sollte.

Warum sollte denn das Fräulein Clairon zu viel Tugend besessen haben, da so viele Frauen nicht genug besaßen?

Kehren wir zu der Frau von Stainville, welche die ihrige vielleicht als Schutzwache bewahrte, zurück.

Ihr Gemahl hatte eine Wuth darauf, in allen Tonarten über das Loos zu schreien, welches ihm drohte. Er fand nichts Besseres, als sie von diesem Balle in dem Augenblick zu entführen, wo alle Welt davon sprach, und so einen leeren Platz zu lassen, von dem man noch mehr sprechen würde.

Sie soupirte bei der Frau von Valentinois, und ich war auch da. Ihre, Schwägerin, die Herzogin von Choiseul, saß neben mir und ich hörte an der Stimme der Gräfin, daß die arme Frau weinte.

– Meine Großmama, sagte ich zu ihrer Schwägerin, können Sie sie nicht trösten?

– Ach! nein ihr Mann bedroht sie ohne Aufhören, ihr irgend einen Streich zu spielen. Herr von Choiseul bittet ihn, sich ruhig zu verhalten, er besteht darauf, daß Gerechtigkeit geübt werden müsse, und er wird einen wohl vorbereiteten Scandal zu Tage bringen. Der König hat uns in Kenntniß gesetzt, daß der Verhaftsbefehl bereits gefordert worden ist.

Herr von Lauzün war auch da mit seiner Frau; Herr von Stainville glich einem wahren Teufel, er rollte furchtbar die Augen und beobachtete selbst ihre Blicke. Endlich konnte er es nicht länger aushalten und gab ihr ein Zeichen, daß er sich entfernen wolle, und sie konnte sich ihm nicht widersetzen.

Man erfuhr am folgenden Tage, daß bei ihrer Rückkehr eine entsetzliche Scene stattgefunden, in Folge welcher sie sich zu ihren Töchtern geflüchtet, sich an ihre kleinen Betten angeklammert und gerufen:

– Rauben Sie mir meine Kinder nicht, mein Herr, ich bin nicht strafbar.

– Sie werden sie nie wiedersehen, denn ich will ihnen kein Beispiel geben, wie das Ihrige; ich will nicht, daß sie werden, was Sie sind. Sagen Sie ihnen Lebewohl, denn Sie werden Ihr Lebenlang in ein Kloster eingeschlossen werden, und bei so guten Empfehlungen, daß Sie dort Buße thun, werden die Liebhaber Ihnen dorthin nicht folgen.

– Wie, mein Herr, ist dies möglich? was! Sie wollen mich so entführen! Ich soll meine Familie, meine Freunde, meine lieben Kleinen verlassen. O, mein Herr, haben Sie Mitleid mit mir, quälen Sie mich hier so viel Sie wollen, aber im Namen alles Dessen, was Sie lieben, zwingen Sie mich nicht, von hier abzureisen.

– Ich bin kein gefälliger Ehemann, Madame; ich gleiche nicht denen heutiges Tages, und ich will nicht zugeben, daß Sie mir Schande machen.

– Aber, mein Herr, ich schwöre Ihnen —

– Schwören Sie nicht, Madame, fügen Sie nicht die Lüge zu Ihren anderen Verbrechen hinzu. Bereiten Sie sich vor, sage ich Ihnen, der Wagen ist angespannt, hier ist der königliche Befehl und ich habe es eilig, abzureisen.

– O mein Gott!

Die Unglückliche warf sich nieder und wälzte sich in schrecklichen Krämpfen am Boden; sie stieß ein Geschrei aus, welches man auf der Straße über den großen Hof ihres Hotels hörte.

– Meine Kinder! meine Kinder! sagte sie.

Eins von ihren Mädchen, ihre Lieblingsdienerin, wollte sich nähern, aber der Graf stieß sie zurück.

– Nähern Sie sich Ihrer Dame nicht,. Mademoiselle, ich kenne Eure Streiche in diesem Hause und Ihr werdet sie nicht weiter treiben. Die Polizeiofficianten erwarten Sie, um Sie nach Sainte-Pelagie zu führen.

Da erhob sich ein neues Geschrei, aber man hörte nicht darauf, und um die Scene vollständig zu machen, wendete er sich zu seinen Leuten, welche die Koffer forttrugen:

– Kein einziger von den Domestiken, welche seit einem Jahre hier sind, wird bei mir bleiben; sie können zu meinem Intendanten gehen, wo ihnen ihr Lohn ausgezahlt werden wird.

Nie sah man eine solche Trostlosigkeit. Man mußte Frau von Stainville von dem Bette ihrer Kinder wegreißen, die ebenso sehr wie sie weinten, Ihr Schmerz war zerreißend, und Alle, die sie sahen, hatten Mitleid mit ihr, mit Ausnahme ihres Mannes, der sich an ihrer Verzweiflung zu erfreuen schien.

Er ließ sie in den Wagen steigen oder setzte sie vielmehr hinein und man reiste im Galopp mit vier Pferden nach Lothringen ab. Die Unglückliche erlangte ihr Bewußtsein wieder und befand sich mit ihrem Quäler allein, da war nicht ein einziges Mädchen, um sie zu bedienen; als sie nach der fragte, die sie liebte, erklärte er ihr, daß sie nicht nur nicht mehr diese haben werde, sondern auch keine andere, weil sie sie verderben würde.

Von Paris bis Nancy ließ er sie nur absteigen, wenn es durchaus nöthig war, und erlaubte Niemanden, sich ihr zu nähern. Er brachte ihr selber zu essen, richtete kein Wort an sie und gestattete nicht einmal, daß sie mit den Gastwirthen oder den Postillonen sprach Er führte sie geraden Wegs zu den Töchtern der heiligen Maria, übergab sie den Händen der Superiorin, empfahl ihr eine unbeugsame Strenge und trat seinen Rückweg an, ohne sich um ihre Ermüdung zu kümmern.

Frau von Stainville war fast sterbend angekommen; sie war drei oder vier Tage in der größten Gefahr, so daß die Nonnen sich sehr verlegen fühlten. Der gute König Stanislaus lebte noch und sie wußten, daß er an keiner Gewaltthätigkeit gegen eine Frau, und wenn sie auch gerechtfertigt wäre, Antheil nehmen würde. Sie benachrichtigten Frau von Boufflers von der Sache und diese setzte den König davon in Kenntniß.

Dieser vortreffliche Fürst wurde von einem solchen Unglück gerührt und bewog die Marquise, sich in das Kloster zu begeben und das arme Schlachtopfer zu besuchen, was sie auch that, denn Niemand wagte ihm etwas abzuschlagen, Frau von Stainville war außer Stande, sie zu erkennen. Frau von Boufflers befahl im Namen des Königs, die größte Sorgfalt bei ihr anzuwenden, und kündigte an, daß man sich jeden Tag nach ihr erkundigen werde. Sie genas zu ihrem großen Bedauern, da sie nicht aufgehört hatte, den Tod herbeizurufen; und sobald sie hergestellt war, zeigten die Nonnen der Frau von Boufflers den erhaltenen Befehl, sie mit Niemanden verkehren zu lassen.

– Was! nicht einmal mit mir?

– Mit Niemand, Madame.

– Das wollen wir sehen, sagte sie.

Und sie reiste ab, um dem Könige Stanislaus ihr Reisegeschick mitzutheilen.

– Ah! sagte dieser, mich wird man nicht fortschicken! Ich will es unternehmen, diese arme Madame zu retten und sie mit ihrem Manne auszusöhnen.

Er ging am folgenden Tage zu den Töchtern der heiligen Maria, die ihn ungern genug empfingen und ihn zu ihrer Gefangenen ließen, die von seiner Güte tief gerührt war. Als er von Herrn von Stainville und von seinem Wunsche sprach, sie wieder mit einander auszusöhnen, rief sie:

– O! nimmermehr, Sire, nimmermehr! ich würde lieber sterben, als ihn wiedersehen. Ich möchte mich meinen Töchtern nähern, wenn es möglich wäre, aber in seine Nähe zu kommen, da muß ich wiederholen, nimmermehr! nimmermehr!

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06 aralık 2019
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