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Kitabı oku: «Der Wolfsführer», sayfa 8

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Zum Glück für Thibault war die schöne Polet so wüthend, daß sie nicht reden konnte.

Hätte sie reden können, so würde sie gerufen haben:

»Schlagt ihn todt! dreht ihm den Hals um! er Ist ein Halunke! ein Lumpenhund!«

Als Thibault sah, daß die Müllerin Verstärkung erhielt, wollte er fliehen und entsprang nach der Thüre, welche die Werber offen gelassen hatten, als sie Landry wegführten.

Aber im Augenblick, wo er hinaussprang, gab das ehrsame Schwein, das bisher seine Siesta in der Sonne gehalten hatte, ein Lebenszeichen von sich. Durch den schrecklichen Lärm aus seinem ersten Schlaf aufgeschreckt, glaubte es für seine eigene Sicherheit sorgen zu müssen, rannte nach seinem Stall zurück und kam bei dieser Gelegenheit unserem Holzschuhmacher zwischen die Beine.

Thibault verlor seinen Schwerpunkt.

Er taumelte noch zehn Schritte weit, bis er sich im Koth und Mist wälzte.

»Hol’ dich der Teufel, verwünschtes Thier! « rief der Holzschuhmacher, dem alle Glieder weh thaten, und der besonders über die Beschmutzung seiner neuen Kleider wüthend war.

Kaum hatte er diesen Wunsch ausgesprochen, als das Schwein von einer plötzlichen Tollheit erfaßt wurde, wie wüthend im Hof herumrannte und Alles, was ihm in den Weg kam, zertrat, zertrümmerte und über den Haufen warf.

Die Knechte und Mägde, die aus das Geschrei ihrer Meisterin herbeigeeilt waren, glaubten, dieselbe habe wegen der Tollheit des Schweines so geschrien, und rannten deßhalb hinter ihm her.

Aber vergebens waren alle ihre Bemühungen, sich des Thieres zu bemeistern.

Es warf Knechte und Mägde über einander, wie es auch Thibault zu Fall gebracht hatte, bis es endlich durch einen Verschlag, der die Mühle von der Schleuse trennte, so leicht wie durch eine Papiertapete hindurchrannte und sich unter das Rad stürzte.

Hier verschwand es wie in einem Abgrund.

Die Müllerin hatte inzwischen ihre Sprache wieder gefunden.

»Auf diesen Thibault!« rief sie, denn sie hatte den Fluch gehört, welchen der Holzschuhmacher über ihr Schwein ausgesprochen, und war wie niedergedonnert durch die rasche Erfüllung seines Wunsches.

»Schlagt ihn todt! er ist ein Zauberer! er ist ein Hexenmeister! Er ist ein Währwolf!«

Und mit diesem letzten Wort gab sie Thibault den furchtbarsten Titel, den man in unseren Wäldern einem Menschen geben kann.

Thibault, der sein Gewissen nicht ganz rein wußte, benutzte den ersten Augenblick der allgemeinen Verblüfftheit, welche diese Schimpfreden der Müllerin bei ihren Leuten verursacht hatten.

Er ging mitten durch die Knechte und Mägde durch, und während der Eine nach einer Gabel, der Andere nach einer Schaufel griff, schritt er ungehindert durch das Mühlthor. Sodann eilte er mit einer Leichtigkeit, welche den Argwohn der schönen Müllerin nur noch bestärkte, einen steilen Berg hinan, den man bisher, wenigstens auf der Seite, wo Thibault ihn erkletterte, für unersteiglich gehalten hatte.

»Zum Kukuk!« rief die Müllerin, »Ihr laßt Euch so schnell ins Bockshorn jagen! Ihr verfolgt ihn nicht! Ihr schlagt ihn nicht todt!«

Ihre Dienstboten aber schüttelten die Köpfe und sagen:

»Ach, Meisterin, was können wir gegen einen Währwolf ausrichten.«

IX
Der Wolfsführer

Thibault hatte sich, aus seiner Flucht vor den Drohungen der Müllerin und den Waffen ihrer Leute, instinctmäßig nach dem Waldsaum gewandt.

Sobald sich ein Feind zeigen sollte, gedachte er sich in den Wald zu werfen, wohin ihn wohl um diese Tageszeit Niemand verfolgen würde, weil man einen Hinterhalt fürchten mußte.

Inzwischen hatte er, vermöge der teuflischen Gewalt, die er von dem schwarzen Wolf erhalten, von seinen Feinden, wer sie auch sein mochten, nicht viel zu fürchten.

Er brauchte sie blos dahin zu schicken, wohin er das Schwein der schönen Müllerin geschickt hatte.

Er war gewiß, daß er sich ihrer entledigen konnte.

Aber in Folge der Herzbeklemmung, die er von Zeit zu Zeit bei der Erinnerung an Markotte empfand, sagte er zu sich, daß man bei aller Entschlossenheit dennoch Menschen nicht so gern zum Teufel schicke, wie Schweine.

Unter Betrachtungen über seine furchtbare Macht, und während er von Zeit zu Zeit um sich schaute, ob er vielleicht genöthigt sein könnte, »davon Gebrauch zu machen, war er in die Nähe von Pisseleux gekommen, und die Nacht war angebrochen.

Eine düstere, stürmische Herbstnacht, wo der Wind, indem er den Bäumen ihre gelblichen Blätter abriß, den ganzen Wald mit melancholischem Gezische und kläglichem Getöne erfüllte.

Dieses Geächze des Windes wurde von Zeit zu Zeit durch Eulengeschrei unterbrochen, das sich ungefähr so anhört, wie wenn verirrte Wanderer einander zurufen.

All dieses Getöne war Thibault wohl bekannt und machte sehr wenig Eindruck auf ihn.

Ueberdies hatte er sich, so bald er den Waldsaum erreicht, von einem Kastanienbaum einen vier Fuß langen Stock geschnitten, und damit hätte er, als gewandter Stockfechter, selbst vier Mann nicht gefürchtet.

Er ging also kühn in den Wald hinein und suchte den Plat auf, den man noch heutigen Tages die Wolfshaide nennt.

Er schritt seit etlichen Minuten auf einem schmalen, dunkeln Pfad dahin und verfluchte die wunderliche Laune der Weiber, die ohne allen Grund ein schwächliches schüchternes Jüngelchen einem kräftigen und kühnen Burschen vorziehen, als er etwa zwanzig Schritte hinter sich das Laub rascheln hörte.

Er wandte sich um.

In der Dunkelheit sah er zuerst und vor allen Dingen zwei Augen, die wie feurige Kohlen leuchteten.

Sodann sah er, als er so zu sagen seine Augen anstrengte, die Gegenstände in der Finsterniß zu unterscheiden. Einen großen Wolf, der ihm Schritt für Schritt folgte.

Es war nicht derselbe, den er in seiner Hütte empfangen hatte.

Der Wolf der Hütte war schwarz, und dieser hier war roth.

Man konnte sie weder in Bezug auf die Farbe ihres Pelzes noch auf ihre Größe mit einander verwechseln.

Thibault hatte keinen Grund zu glauben, daß alle Wölfe ihm gegenüber so wohlwollende Absichten hegen könnten, wie der erste, mit welchem er zu thun gehabt hatte.

Er begann also seinen Stock zwischen beide Hände zu pressen und damit ein Rad zu schlagen, um zu sehen, ob er die Handgriffe noch nicht verlernt habe.

Aber zu seinem großen Erstaunen begnügte sich das Thier hinter ihm her zu treuen, ohne eine feindselige Absicht zu verrathen; es blieb stehen, wenn Thibault stehen blieb, es lief weiter, wenn er seinen Weg fortsetzte, und es heulte blos von Zeit zu Zeit, wie wenn es Verstärkungen herbeirufen wollte.

Dieses Geheul beunruhigte Thibault einigermaßen.

Auf einmal sah der nächtliche Wanderer vor sich zwei andere brennende Lichter, die von Zeit zu Zeit in der immer dichter gewordenen Finsterniß funkelten.

Schlagfertig ging er auf die beiden Lichter zu, die unbeweglich blieben, und glaubte über einen quer auf dem Weg liegenden Körper zu steinern.

Es war der Körper eines zweiten Wolfes.

Ohne zu bedenken, daß es vielleicht unklug sei, wenn er diese Thiere zuerst angreife, versetzte der Holzschuhmacher der vor ihm liegenden Bestie einen derben Schlag mit seinem Knittel.

Der Wolf empfing ihn ganz voll auf den Kopf.

Er stieß ein klägliches Geheul aus

Sodann schüttelte er sich wie ein Hund, den sein Herr geschlagen hat, und begann vor dem Holzschuhmacher herzulaufen.

Thibault drehte jetzt den Kopf, um zu sehen, was aus seinem ersten Wolf wurde.

Dieser folgte ihm noch immer, und immer in der gleichen Distanz.

Aber als er wieder vor sich schaute, bemerkte er, daß ein dritter Wolf zu seiner Rechten ging.

Er blickte instinktmäßig links.

Auf dieser Seite schritt ein vierter neben ihm her.

Er hatte noch keine Viertelstunde zurückgelegt, als bereits ein Dutzend von diesen Thieren einen Kreis um ihn bildete.

Die Lage war kritisch.

Thibault erkannte ihre ganze Bedenklichkeit.

Er versuchte es zuerst mit dem Singen, in der Hoffnung, daß das Getöne der Menschenstimme diese Thiere erschrocken könnte.

Es war vergebens.

Nicht ein einziges verließ den Platz, welchen es in dein Kreis einnahm, der regelmäßig wie mit einem Zirkel um ihn aufgeführt war.

Dann dachte er beim nächsten buschigen Baum Halt zu machen, hinaufzuklettern und so den Tag zu erwarten.

Aber nach reiflicher Ueberlegung hielt er es für kluger wenn er seine Wohnung zu erreichen suchte, der er immer näher kam, zumal da die Wölfe trotz ihrer, ihrer Zahl keine feindseligere Absicht verriethen, als so lange blos ein einziger da gewesen war.

Er dachte, sobald einmal die Wölfe einen andern Ton gegen ihn anstimmen würden, sei es immer noch Zeit, auf einen Baum zu klettern.

Wir müssen sagen, daß Thibault so verblüfft war, daß er vor seiner Thüre ankam, ohne sie zu bemerken.

Endlich erkannte er sein Haus.

Aber wie staunte er nicht, als die Wölfe, die vor ihm gingen, auf einmal ehrerbietig auf beide Seiten traten und sich auf ihren Hintern setzten, um ein Spalier zu bilden!

Thibault verlor keine Zeit mit Danksagungen für ihre Höflichkeit.

Er stürzte sich ins Innere seiner Hütte und zog rasch die Thür hinter sich zu.

Als sodann die Thür verschlossen und verriegelt war, schob er eine Kiste davor, um sich gegen einen etwaigen Angriff in den Stand zu setzen.

Hieraus sank er auf einen Stuhl und athmete zum ersten Mal wieder aus voller Brust.

Nachdem er sich ein wenig von seinem Schrecken erholt hatte, trat er an das Fenster, das auf den Wald hinaus sah.

Eine ganze Linie von flammenden Blicken bewies ihm, daß die Wölfe sich nicht zurückgezogen, sondern sich vielmehr symmetrisch in Reih und Glied vor seiner Wohnung aufgestellt hatten.

Diese Nachbarschaft wäre für jeden Andern sehr beängstigend gewesen, aber Thibault, der schon seit einiger Zeit die ganze furchtbare Bande als Geleite gehabt hatte, war schon darüber froh, daß eine, wenn auch noch so dünne Scheidewand ihn von seinen widerlichen Reisegefährten trennte.

Er zündete sein eisernes Lämpchen an und stellte es auf den Tisch.

Er suchte die auf dem Herd herumliegenden Scheite zusammen, warf einen Haufen Hobelspäne darauf und machte ein großes Feuer, dessen Widerschein, hoffte er, die Wölfe in die Flucht treiben sollte.

Aber Thibaults Wölfe waren offenbar Wölfe sonderbarer Art, sie waren mit der Flamme vertraut.

Sie rührten sich nicht von dem Posten, den sie gewählt hatten.

Thibault, den die Unruhe wach erhalten hatte, konnte sie noch beim ersten Frühroth sehen und zählen.

Sie schienen, wie in der: Nacht, zu warten, die einen sitzend, andere liegend, die einen schlafend, andere schildwachartig auf und ab schreitend.

Endlich aber, als der letzte Stern in den Fluthen des purpurnen Lichtes, das aus dem Osten aufstieg, untersank, da erhoben sich die Wölfe alle auf einmal, zerstreuten sich mit dem kläglichen Geheul, womit die Thiere der Finsternis; den Tag begrüßen, nach allen Seiten und verschwanden.

Jetzt erst kam Thibault wieder dazu, über sein gestriges Mißgeschick nachzudenken.

Wie sollte er sichs erklären, daß die Müllerin ihn nicht seinem Vetter Landry vorgezogen hatte?

War er nicht mehr der schöne Thibault, und war vielleicht irgend eine unvortheilhafte Veränderung mit seiner Person vorgegangen?

Er hatte nur ein einziges Mittel, sich dessen zu versichern, nämlich wenn er den Spiegel befragte.

Er nahm das über dein Kamin hängende Bruchstück von einem Spiegel und hielt es mit selbstgefälligen Lächeln gegen das Licht.

Aber kaum hatte er sein Gesicht vom Spiegel zurückgestrahlt gesehen, so stieß er vor Staunen und Schrecken einen Schrei ans.

Er war allerdings noch immer der schöne Thibault.

Aber sein rothes Haar hatte sich in Folge seines unvorsichtigen Wunsches in eine vollständige Locke verwandelt, deren Widerschein dem stärksten Flammenglanz seines Herdes nicht nachstand.

Ein kalter Schweiß legte sich auf seine Stirne.

Da er wußte, wie ganz unnöthig es war, die verfluchten Haare ausraufen oder auch abschneiden zu wollen, so beschloß er, sich mit seinem augenblicklichen Vorrath daran zu begnügen und in Zukunft so wenig als möglich Wünsche zu thun.

Es handelte sich dabei um nichts Geringeres, als daß er all den ehrgeizigen Ideen, die ihn so unseliger Weise aufgeregt hatten, den Laufpaß gab und zu seiner Arbeit zurückkehrte.

Thibault versuchte es.

Aber er hatte kein Herz mehr zur Arbeit. Vergebens suchte er in seinem Gedächtniß nach den fröhlichen Liedern, die er in besseren Tagen gesungen, als Buche und Birke unter seinen Händen so schnell die gewünschte Form annahmen; seine Werkzeuge blieben ganze Stunden lang unthätig.

Er fragte sich, ob es nicht namenlos traurig sei, während man bei vernünftiger Regelung seiner Wünsche so leicht glücklich werden könne, Wasser und Blut schwitzen zu müssen, um am Ende doch blos eine klägliche, elende Existenz zu gewinnen.

Die Bereitung seines bescheidenen Mahles war ihm jetzt keine Zerstreuung mehr wie sonst; wenn der Hunger sich fühlbar machte, so aß er mit Widerwillen ein Stück schwarzes Brod, und der Neid, der bisher bei ihm blos eine Art von unbewußtem Drang nach Wohlfahrt gewesen war, nahm in seinem Herzen allmälig den Charakter einer stillen leidenschaftlichen Wuth an, die ihn zum Haß gegen seine Nebenmenschen trieb.

Aber so lang auch dieser Tag für Thibault wurde, so ging er doch vorüber wie die anderen.

Als die Dämmerung kam, verließ er seinen Arbeitstisch und setzte sich auf die hölzerne Bank, die er mit eigenen Händen vor seiner Thüre aufgeschlagen hatte.

Hier blieb er in düsteren Betrachtungen versunken.

Aber kaum begann die Finsterniß sich zu verdichten, so kam ein Wolf aus dem Wald hervor und legte sich, wie gestern, in einiger Entfernung von dem Häuschen nieder.

Wie gestern, folgte auch dem ersten Wolf ein zweiter, dann ein dritter, endlich die ganze Bande, die ihren Posten von der vorigen Nacht wieder einnahm.

Beim dritten Wolf war Thibault wieder hineingegangen.

Es hatte sich ebenso sorgfältig verschanzt wie Tags zuvor.

Aber er war noch trauriger und muthloser als gestern.

Er hatte auch nicht die Kraft, sich wach zu erhalten.

Er zündete sein Feuer an, richtete es so ein, daß es die ganze Nacht anhielt, legte sich auf sein Bett: und schlief ein.

Als Thibault erwachte, war es heller Tag.

Die Sonne hatte bereits zwei Drittel ihrer Höhe erreicht.

Ihre Strahlen schillerten auf den zitternden und vergilbenden Blättern des Waldes und färbten sie mit tausenderlei Schattirungen von Gold und Purpur.

Er lief ans Fenster.

Die Wölfe waren verschwunden.

Nur konnte er in dem thaufeuchten Gras die Plätze zählen, welche sie während der Nacht eingenommen hatten.

Abends versammelten sich die Wölfe abermals vor seinem Hause, und er begann sich allmälig mit ihrer Gegenwart vertraut zu machen.

Er kam auf die Vermuthung, seine Beziehungen zu dem großen schwarzen Wolfe könnten ihm einige Sympathien unter diesem Volke erworben haben, und er beschloß ein für alle Mal zu erfahren, was er von ihnen zu erwarten hätte.

Mit einer frisch geschliffenen Hippe im Gürtel und einem tüchtigen Spieß in der Hand, öffnete er also die Thüre und ging entschlossen auf den Trupp zu.

Aber zu seiner großen Ueberraschung begannen die Wölfe, anstatt auf ihn einzuspringen, mit ihren Schweifen zu wedeln, wie Hunde, die ihren Herrn kommen sehen.

Ihre Freundschaftsbezeugungen waren so ausdrucksvoll, daß Thibault einem von ihnen den Rücken streicheln, und das Thier ließ ihn nicht blos gewähren, sondern gab noch überdieß Zeichen inniger Befriedigung.

»O, o!« murmelte Thibault, dessen vagabundirende Einbildungskraft immer im stärksten Galopp ging, »wenn diese Burschen da eben so anstellig als freundlich sind, so bin ich jetzt Eigenthümer einer Meute, wie Herr Jean noch niemals eine besessen hat, und jetzt kann ich mit Sicherheit darauf rechnen, Wildpret zu bekommen, so oft mich die Lust anwandelt.«

Er hatte noch nicht ausgeredet, als vier der kräftigsten und flinksten unter den Vierfüßlern sich von der übrigen Bande trennten und in den Wald liefen.

Einige Augenblicke später hörte man in der Ferne ein Geheul, und nach Verlauf einer halben Stunde erschien einer der Wölfe wieder, mit einer schönen Rehgeiß im Rachen, die einen langen Blutstreif auf dem Rasen zurückließ.

Der Wolf legte die Rehgeiß zu den Füßen des Holzschuhmachers nieder, der, außer sich vor Freude, seine Wünsche schon zum Voraus erfüllt zu sehen, das Thier gebührend zerlegte und jedem seinen Antheil gab, sich selbst aber das Rückenstück und die beiden Schlägel vorbehielt.

Mit einer gebieterischen Geberde, welche Bewies, daß er sich jetzt erst in seiner Rolle zurecht fand, verabschiedete er die Wölfe sodann bis zum nächsten Tag.

Am folgenden Morgen ging er in aller Frühe nach Villers-Coterets, wo ihm der Wirth zur goldenen Kugel zwei große Thaler für seine beiden Rehschlägel bezahlte.

Tags darauf brachte Thibault demselben Wirth ein halbes Wildschwein und wurde fortan einer seiner fleißigsten Lieferanten.

Dieser Handel gefiel Thibault dermaßen, das; er den ganzen Tag in der Stadt zubrachte, in den Kneipen herumzog und keine Holzschuhe mehr machte.

Einige Leute hatten sich zwar allerlei Scherze über die rothe Locke erlauben wollen, die, so sorgfältig er sie auch unter den anderen Haaren vergrub, immer wieder Mittel fand, aufwärts und ans Tageslicht zu kommen; aber Thibault hatte rundweg erklärt, daß er in Betreff dieses garstigen Naturspiels keinen Scherz verstehe.

Inzwischen wollte das Unglück, daß der Herzog von Orleans und Frau von Montesson auf einige Tage nach Villers-Coterets kamen. Dies wurde ein neuer Stachel für Thibaults thörichten Ehrgeiz.

Alle schöne Damen und alle junge Herren von den umliegenden Schlössern, die Montbreton, die Montesquiou, die Courval eilten nach Villers-Coterets.

Die Damen in ihrem kostbarsten Putz, die jungen Herren in ihren elegantesten Costümen.

Das Waldhorn des Herrn Jean hallte lärmender als je durch den Wald.

Man sah, gleich zauberischen Visionen, schlanke Amazonen und flinke Cavaliere in ihren schönen rothen Jagdcostümen mit goldenen Treffen auf prächtigen englischen Rossen dahinfliegen.

Es war, als führen flammende Blitze durch die düsteren und dichten Forste.

Am Abend war es noch etwas ganz Anderes.

Diese ganze aristokratische Gesellschaft versammelte sich zu den Festmahlen und Bällen.

Aber zwischen den Festgelagen und, den Bällen fuhr man in schönen, goldgeschmückten Caleschen mit Wappenschildern von allen Farben spazieren.

Thibault stand immer in der ersten Reihe der Neugierigen.

Seine Augen verschlangen diese Wolken von Atlas und Spitzen, die, wenn sie sich hoben, feine Knöchel in seidenen Strümpfchen und niedliche Pantöffelchen mit rothen Absätzen zum Vorschein brachten.

Dann fuhr alles das an dem staunenden Volke vorüber und hinterließ einen Dunst von Puder und Essenzen der wohlriechendsten Art.

Thibault fragte sich, warum er nicht einer dieser jungen Herren mit gestickten Röcken sei?

Warum er nicht eine dieser schönen Damen in rauschendem Atlas zur Geliebten habe?

Und Agnelette erschien ihm dann als das, was sie in Wirklichkeit war: als eine arme, geringe Bauerndirne.

Und die Wittwe Polet ebenfalls als das, was sie in Wirklichkeit war: als eine simple Müllerin.

Wenn er dann in der Dunkelheit, geleitet von dieser Meute Wölfe, die ihn vom Augenblick an, wo er den Wald betrat, ebenso wenig mehr verließen, als Leibgardisten einen König verlassen, durch den Wald nach Hause ging, dann stellte er die unseligsten Betrachtungen an.

Inmitten solcher Versuchungen war es unmöglich, daß Thibault, der bereits auf der Bahn des Lasters gewandelt hatte, innehielt und nicht mit dem Letzten, was ihm übrig geblieben war, mit der Erinnerung an sein rechtschaffenes Leben, vollends brach.

Was waren die paar Thaler, welche ihm der Wirth zur goldenen Kugel für das Wildbret bezahlte, das seine guten Freunde, die Wölfe, ihm verschaffte?

Ganze Monate, ja volle Jahre hindurch angesammelt, hätten sie noch nicht genügt, um den geringsten der Wünsche zu befriedigen, die in seinem Herzen tobten.

Ich möchte nicht zu behaupten wagen, daß Thibault, der sich zu allererst einen Schlägel vom Reh des Herrn Jean, sodann Agnelette’s Herz, hierauf die Mühle der Wittwe Polet gewünscht hatte, sich jetzt mit dem Schloß Oigny oder Longpont begnügt haben würde, so sehr hatten diese zierlichen Füßchen, diese feinen, runden Beinchen, diese süßen Gerüchte, die aus den sammtenen und seidenen Kleidern hervor dufteten, seine ehrgeizige Einbildungskraft in die Höhe getrieben.

Er sagte sich auch eines Tags, daß er ein großer Gimpel sein müßte, wenn er immer arm bliebe, während eine so furchtbare Macht zu seiner Verfügung stehe.

Von Stund an beschloß er, diese Macht durch die übertriebensten Wünsche auszudeuten, und sollte auch sein Haar mit der Zeit der Flammenkrone gleichen, die man bei Nacht über dem Kamin der Spiegelfabriken von Saint-Gobain hüpfen sieht.