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Kitabı oku: «Die beiden Dianen», sayfa 59

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XXV.
Von der Politik im sechzehnten Jahrhundert

Nach der Uebergabe des Schlosses Noizai und dem Gefechte im Walde von Château-Regnault war indessen bei Weitem nicht Alles beendigt.

Die meisten Verschworenen von Nantes erhielten keine Nachricht von den zwei auf einander folgenden Niederlagen ihrer Partei, und setzten ihren Marsch gegen Amboise, immer noch geneigt, dieses in der Nacht anzugreifen, fort.

Aber man weiß, daß sie in Folge der genauen Berichte von Lignières dort erwartet wurden.

Der junge König wollte sich auch nicht niederlegen, sondern ging unruhig und mit fieberhaften Schritt in dem weiten, kahlen Saal umher, den man ihm als Wohnzimmer zugewiesen hatte.

Maria Stuart, der Herzog von Guise und der Cardinal von Lothringen wachten und warteten bei ihm.

»Welch eine ewige Nacht!« sagte Franz II. »Ich leide, mein Kopf steht in Flammen, und die unausstehlichen Ohrenschmerzen fangen wieder an mich zu peinigen. Welche Nacht! welche Nacht!«

»Armer, theurer Sire,« sprach mit sanftem Tone Maria, »beunruhigt Euch nicht so, ich beschwöre Euch; Ihr vermehrt dadurch die Schmerzen Eures Körpers und die Leiden Eurer Seele. Legt Euch doch wenigstens einige Augenblicke nieder, ich bitte Euch!«

»Ei! kann ich mich niederlegen, Maria,« entgegnete der König, »kann ich ruhig bleiben, während mein Volk sich empört und sich gegen mich bewaffnet! Ah! alle diese Sorgen werden sicherlich das wenige Leben abkürzen, das mir Gott bewilligt hat.«

Maria antwortete nur durch die Thränen, die ihr reizendes Gesicht überströmten.

»Eure Majestät sollte sich nicht so sehr kümmern,« sagte der Balafré. »Ich habe schon die Ehre gehabt, sie zu versichern, unsere Maßregeln seien genommen und der Sieg gewiß. Ich stehe Euch für Euch selbst, Sire.«

»Haben wir nicht gut begonnen?« fügte der Cardinal von Lothringen bei. »Castelnau gefangen, la Renaudie getödtet, sind das nicht glückliche Vorzeichen für den Ausgang dieser Sache?«

»In der That, sehr glückliche Vorzeichen!« sprach Franz voll Bitterkeit.

»Morgen wird Alles beendigt sein,« fuhr der Cardinal fort, »die anderen Häupter der Rebellen werden in unserer Gewalt sein, und wir können durch ein furchtbares Beispiel denjenigen, welche es noch wagen sollten, sie nachzuahmen, Furcht einjagen. Es muß sein, Sire,« erwiderte er auf eine Bewegung des Widerwillens von Seiten des Königs. »Ein feierlicher Glaubensact, wie man in Spanien sagt, ist nothwendig für die verletzte Herrlichkeit der Religion und für die bedrohte Sicherheit des Thrones. Um einen Anfang zu machen, muß dieser Castelnau sterben. Herr von Nemours hat es übernommen, ihm zu schwören, er würde geschont werden; doch das geht uns nichts an, und wir haben nichts versprochen. La Renaudie ist durch den Tod der Hinrichtung entgangen; aber ich habe schon Befehl gegeben, morgen bei Tagesanbruch seinen Kopf auf der Brücke von Amboise, mit der Ueberschrift: Haupt der Rebellen, aufzustellen.«

»Haupt der Rebellen!« wiederholte der junge König, »Ihr sagt aber selbst, daß er nicht das Haupt gewesen, und daß die Geständnisse und der Briefwechsel der Verschworenen als den wahren Urheber des Unternehmens den Prinzen von Condé allein bezeichnen.«

»In des Himmels Namen! sprecht nicht so laut, Sire, ich flehe Euch an,« unterbrach ihn der Cardinal. »Ja, das ist wahr, ja, der Prinz hat . . . von ferne Alles geleitet, Alles geführt. Diese Parpaillots nennen ihn den stummen Kapitän, und nach dem ersten glücklichen Erfolg sollte er sich erklären. Doch in Ermanglung dieses glücklichen Erfolgs hat er sich nicht erklärt und wird sich nicht erklären. Treiben wir ihn also nicht zu irgend einem gefährlichen, äußersten Entschluß an. Wir wollen ihn nicht offen als das mächtige Haupt der Empörung anerkennen. Wir wollen uns den Anschein geben, als sähen wir ihn nicht, um ihn nicht zeigen zu müssen.«

»Herr von Condé ist nichtsdestoweniger der wahre Rebell!« sprach Franz, dessen jugendliche Ungeduld sich nicht in alle diese Regierungsfictionen, wie man sie seitdem genannt hat, zu fügen wußte.

»Ja, Sire,« sagte der Balafré, »aber weit entfernt, seine Pläne und Entwürfe zuzugestehen, leugnet sie der Prinz. Stellen wir uns, als glaubten wir ihm auf sein Wort. Der Prinz ist heute nach Amboise gekommen, um sich hier einzuschließen; man bewacht ihn scharf, aber auf dieselbe Weise, wie er conspirirt hat . . . von ferne. Geben wir uns den Anschein, als nähmen wir Ihn zum Verbündeten an, das ist minder gefährlich, als ihn zum Feind zu haben. Der Prinz wird, wenn es sein muß, in dieser Nacht mit uns seine Genossen schlagen und morgen ihrer Hinrichtung beiwohnen. Wird er dadurch nicht einer Nothwendigkeit unterworfen, welche tausendmal schmerzlicher, als die uns auferlegte ist?«

»Ja, gewiß,« erwiderte der König, »doch wird er es thun? und wenn er es thut, kann er schuldig sein?«

»Sire, wir haben in unseren Händen alle Beweise von der geheimen Theilnahme von Herrn von Condé und können dieselben Eurer Majestät, wenn sie es wünscht, vorlegen. Doch je unverwerflicher diese Beweise sind, desto mehr müssen wir uns verstellen, und ich bedaure meines Theils lebhaft ein paar Worte, die mir entschlüpft sind und den Prinzen, wenn sie ihm hinterbracht würdest, beleidigen könnten.«

»Ihr fürchtet Euch, einen Verbrecher zu beleidigen!« rief Franz. »Doch was bedeutet dieser Lärmen außen? Jesus! sollten es schon die Rebellen sein?«

»Ich eile,« sagte der Herzog von Guise.

Ehe er aber die Thürschwelle überschritten hatte, trat Richelieu, der Kapitän der Büchsenschützen, rasch ein und sprach zum König:

»Verzeiht, Sire, es ist Herr von Condé, der für seine Ehre übel klingende Worte gehört zu haben glaubt und dringend öffentlich ein für allemal sich, in Gegenwart Eurer Majestät, von diesem beleidigenden Verdacht zu reinigen verlangt.«

Der König wollte sich vielleicht weigern, den Prinzen zu sehen; doch der Herzog von Guise hatte schon ein Zeichen gemacht. Die Büchsenschützen des Kapitän Richelieu traten auf die Seite, und Herr von Condé erschien, den Kopf hoch und das Gesicht belebt. Es folgten ihm einige Edelleute und eine Anzahl Stiftsherren von Saint-Florentin, die gewöhnlichen Gäste des Schlosses von Amboise, die der Cardinal in dieser Nacht für den Fall, daß eine Vertheidigung nothwendig wäre, in Soldaten verwandelt hatte, und die, was übrigens etwas ziemlich Gewöhnliches in jener Zeit war, die Büchse mit dem Rosenkranz und die Sturmhaube unter der Kapuze trugen.

»Sire, Ihr werdet meine Kühnheit entschuldigen,« sprach der Prinz, nachdem er sich vor dem König verbeugt hatte, »doch diese Kühnheit rechtfertigt sich vielleicht zum Voraus durch die Frechheit gewisser Anklagen, welche, wie es scheint, meine Feinde in der Finsternis gegen meine Redlichkeit erheben, meine Feinde, die ich an das Tageslicht zu treten zwingen will, um sie zu beschämen und zu beohrfeigen.«

»Um was handelt es sich, mein Herr Vetter?« sagte der junge König mit ernster Miene.

»Sire,« erwiderte der Prinz von Condé, »man wagt es, zu äußern, ich sei das wahre Haupt der Rebellen, deren thörichtes, strafbares Unterfangen in diesem Augenblick den Staat beunruhigt und Eure Majestät erschreckt.«

»Ah! man hat das gesagt?« entgegnete Franz, »und wer hat das gesagt?«

»Ich konnte so eben selbst diese gehässigen Verleumdungen aus dem Munde dieser ehrwürdigen Brüder von Saint-Florentin hören, die sich, da sie sich ohne Zweifel hier zu Hause glauben, gar nicht scheuen, ganz laut zu wiederholen, was man ihnen ganz leise zugeflüstert hat.«

»Und klagt Ihr diejenigen an, welche die Beleidigungen wiederholen, oder die, welche sie zugeflüstert haben?«

»Ich klage die Einen wie die Andern an, Sire,« antwortete der Prinz von Condé, »doch hauptsächlich die Anstifter der feigen Beschuldigungen.«

Bei diesen Worten schaute er ganz klar dem Cardinal von Lothringen in’s Gesicht, der sich, verlegen über seine feste Haltung, so gut als möglich hinter seinem Bruder zu verbergen suchte.

»Nun mein Vetter,« sagte der König, »wir erlauben Euch, die Verleumdung zu beschämen und die Verleumder anzuklagen. Sprecht.«

»Die Verleumdung beschämen!« wiederholte der Prinz von Condé. »Ei! thun dies meine Handlungen nicht besser, als es alle meine Worte thun könnten? Bin ich nicht beim ersten Aufruf in dieses Schloß gekommen, um hier meinen Platz mitten unter den Vertheidigern Eurer Majestät einzunehmen? Ich frage Euch das selbst, Sire?«

»Klagt also die Verleumder an!« sagte Franz, der nicht anders antworten wollte.

»Ich werde es auch thun, nicht durch Worte, Sire, sondern durch Handlungen,« sprach Herr von Condé. »Wenn sie Herz haben, müssen sie sich selbst anklagen und nennen; ich werfe ihnen hier öffentlich im Angesicht meines Gottes und meines Königs den Handschuh hin. Der Mann, von welchem Rang und Stand er auch sein mag, der behaupten will, ich sei der Urheber der Verschwörung, trete vor! Ich erbiete mich, wann und wo er will, mit ihm zu kämpfen, und falls er mir ungleich sein sollte, mich ihm in jeder Hinsicht für diesen Kampf gleichzustellen.«

Der Prinz von Condé warf, als er so schloß, seinen Handschuh zu seinen Füßen. Sein Blick hatte stolz auf den des Herzogs von Guise geheftet, der keine Miene verzog, seine Herausforderung beständig erläutert.

Es trat nun ein kurzes Stillschweigen ein, Jeder dachte ohne Zweifel an dieses seltsame Schauspiel der Lüge, das ein Prinz von Geblüt einem ganzen Hof gab, an welchem sich nicht ein Page fand, der ihn nicht zwanzigmal dessen schuldig wußte, worüber er sich mit einer so gut gespielten Entrüstung vertheidigte.

Aber der König war, wenn wir es sagen sollen, vielleicht der Einzige, der sich naiver Weise darüber wunderte, und Niemand fiel es ein, deshalb den Muth und die Tugend des Prinzen zu verdächtigen.

Durch Catharina von Medicis und ihre Florentiner eingeschleppt, waren die Ideen der italienischen Höfe über die Politik damals in Frankreich im Schwunge. Derjenige, welcher am besten täuschte, erlangte den Ruf des Gewandtesten. Seine Gedanken verbergen und seine Handlungen verkleiden, war die große Kunst. Die Aufrichtigkeit hätte für Dummheit gegolten.

Die edelsten und die reinsten Charaktere der Zeit, Coligny, Condé, der Kanzler Olivier, hatten sich nicht vor diesem Aussatz zu bewahren gewußt.

Der Herzog von Guise verachtete den Prinzen von Condé nicht; er bewunderte ihn. Doch er sagte sich in seinem Innern, er sei mindestens ebenso stark.

Und er machte einen Schritt vorwärts, zog langsam seinen Handschuh aus und warf ihn neben den des Prinzen.

Man staunte einen Augenblick und glaubte Anfangs, er würde die freche Herausforderung von Herrn von Condé aufnehmen. Doch dann wäre er nicht der große Politiker gewesen, der er zu sein sich schmeichelte.

Mit lautem und festem, beinahe mit überzeugtem Tone sprach er:

»Ich billige und unterstütze in seinen Worten den Herrn Prinzen von Condé, und ich bin ihm so sehr Diener, daß ich mich, da ich zugleich die Ehre habe, mit ihm verwandt zu sein, hier anerbiete, sein Secundant zu werden und die Waffen gegen Jedermann zu ergreifen, um ihm in einer so gerechten Vertheidigung beizustehen.«

Und der Balafré ließ kühn auf Allen, die ihn umgaben seine forschenden Augen umherlaufen.

Der Prinz von Condé mußte die seinigen niederschlagen. Er fühlte sich besser besiegt, als wenn er mit ihm in die Schranken getreten wäre.

»Hebt keiner den Handschuh des Prinzen von Condé oder den meinigen auf?« fragte der Herzog von Guise.

Niemand rührte sich.

»Mein Vetter,« sprach Franz II. mit einem schwermüthigen Lächeln, »Mir scheint, Ihr seid nun von jedem Verdacht des Meineids gegen Euren obersten Herrn gereinigt.«

»Ja, Sire,« sagte mit einer naiven Unverschämtheit der stumme Kapitän, »und ich danke Eurer Majestät, daß sie mir hierzu behilflich gewesen ist.«

Dann sich mit einer gewissen Anstrengung gegen den Balafré umwendend, fügte er bei:

»Ich danke auch meinem guten Verbündeten und Verwandten, Herrn von Guise. Ich hoffe ihm und Allen, indem ich heute Nacht gegen die Rebellen kämpfe, wenn dazu Gelegenheit ist, zu beweisen, daß er nicht Unrecht gehabt hat, sich meiner anzunehmen.«

Hiernach verbeugten sich der Prinz von Condé und der Herzog von Guise tief vor einander. Und da der Prinz nun gehörig gerechtfertigt war und nichts mehr hier zu thun hatte, verbeugte er sich auch vor dem König und ging hinaus, gefolgt von den Zuschauern, die ihn bei seinem Eintritt begleitet hatten.

Es blieben im königlichen Gemach nur noch die vier Personen, deren Aufmerksamkeit und Befürchtungen einen Augenblick diese seltsame Komödie zerstreut hatte . . .

Doch es geht immerhin aus dieser ritterlichen Scene hervor, daß die Politik sich wenigstens aus dem sechzehnten Jahrhundert datirt.

XXVI.
Der Tumult von Amboise

Nach dem Abgang des Prinzen von Condé brachten weder der König, noch Maria Stuart, noch die zwei Brüder von Lothringen das Gespräch auf das, was vorgefallen war. In einer stillschweigenden Uebereinkunft schienen sie diesen gefährlichen Gegenstand zu vermeiden.

In ungeduldigem, düsterem Erwarten gingen Minuten und Stunden hin, ohne daß Jemand das Wort nahm.

Franz II. fuhr oft mit der Hand an seinen brennenden Kopf.

Maria saß auf der Seite, schaute traurig das bleiche, verwelkte Gesicht ihres jungen Gemahls an und wischte sich von Zeit zu Zeit eine Thräne ab. Der Cardinal von Lothringen richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf das Geräusch außerhalb des Gemaches. Der Balafré, der keinen Befehl mehr zu geben hatte, und den sein Rang und sein Amt beim König festhielten, schien grausam unter dieser gezwungenen Unthätigkeit zu leiden; er zitterte und stampfte zuweilen mit dem Fuß wie ein muthiges Schlachtroß, das an dem Zügel nagt, der es zurückhält.

Die Nacht rückte indessen vor. Die Uhr des Schlosses, sodann die von Saint-Florentin schlugen sechs Uhr, dann halb sieben Uhr. Der Tag brach allmälig an und kein Lärmen eines Angriffs, kein Signal der Schildwachen hatten die schweigsame Nacht gestört.

»Ah!« sagte der König athmend, »Herr Cardinal, ich fange an zu glauben, daß dieser Lignières Eure Eminenz getäuscht hat, oder daß die Hugenotten anderen Sinnes geworden sind.«

»Das wäre im Ganzen schlimm,« erwiderte Carl von Lothringen, »denn wir waren sicher, den Aufruhr zu besiegen.«

»Oh! nein, desto besser,« versetzte Franz, »denn schon der Kampf wäre für das Königthum eine Niederlage gewesen.«

Doch der König hatte noch nicht vollendet, als man zwei Büchsenschüsse, das verabredete Lärmzeichen, vernahm und auf den Wällen von Posten zu Posten den Ruf: »In’s Gewehr! in’s Gewehr!« wiederholen hörte.

»Es ist nicht zu bezweifeln, das sind die Feinde!« rief der Cardinal unwillkührlich erbleichend.

Der Herzog von Guise stand beinahe freudig auf, verbeugte sich vor dem König und sagte nur:

»Sire, zählt auf mich, bald werdet Ihr mich wiedersehen!«

Und er ging hastig hinaus.

Man hörte noch seine kräftige Stimme im Vorzimmer Befehle geben, als ein neues Musketenfeuer erscholl.

»Ihr seht, Sire,« sprach der Cardinal, vielleicht um seine Angst durch den Ton seiner Stimme zu vertreiben, »Ihr seht, daß Lignières gut unterrichtet war und sich nur um einige Stunden getäuscht hat.«

Doch der König hörte ihn nicht; er biß sich voll Zorn auf feine weiß gewordene Lippe und horchte auf den wachsenden Lärmen der Kanonen und der Büchsen.

»Kaum kann ich an diese Vermessenheit glauben!« murmelte er. »Eine solche Schmach der Krone . . .«

»Wird sich in Schande für die Elenden auflösen, Sire!« sprach der Cardinal.

»Ei!« versetzte der König, »nach dem Lärmen zu urtheilen, den sie machen, müssen die Herren der Reformation zahlreich sein und nicht bange haben!«

»Das wird sogleich wie ein Strohfeuer erlöschen,« sagte Carl von Lothringen.

»Es scheint nicht,« entgegnete Franz, »denn der Lärmen kommt näher und das Feuer entzündet sich, wie ich glaube, statt zu erlöschen.«

»Jesus!« rief Maria Stuart ganz erschrocken, »hört Ihr die Kugeln an den Mauern anprallen?«

»Mir scheint doch, Madame . . .« stammelte der Cardinal. »Ich glaube wohl, Eure Majestät . . . Ich, was mich betrifft, höre nicht, daß sich das Geräusch vermehrt . . .«

Doch er wurde durch eine furchtbare Explosion unterbrochen.

»Herr Cardinal,« sagte der König mit einem bitteren Lächeln, »das müßte Euch antworten, wenn Euch auch nicht Euer bleiches und erschrockenes Gesicht hinreichend widerspräche.«

»Ich spüre schon den Pulvergeruch,« sagte Maria. »Und dann hört dieses furchtbare Geschrei!«

»Es wird immer schöner!« sprach Franz. »Die Herren Reformierten haben ohne Zweifel schon die Mauern der Stadt überstiegen und werden uns wohl in unserem Schlosse belagern.«

»Aber, Sire,« sprach zitternd der Cardinal, »wäre es unter diesen Umständen nicht besser, wenn sich Eure Majestät in den Thurm zurückziehen würde? Man darf wenigstens sicher sein, daß sie diesen nicht in ihre Gewalt bekommen.«

»Wer? ich!« rief der König, »ich soll mich vor meinen Unterthanen, vor Ketzern verbergen! Laßt sie hierher kommen, Herr Oheim, es sollte mich freuen, zu erfahren, wie weit sie ihre Frechheit treiben werden. Ihr werdet sehen, ob sie uns nicht bitten, einige Psalmen in französischer Sprache mit ihnen zu singen und ein Bethaus aus unserer Florentins-Kapelle zu machen.«

»Sire, ich bitte, zieht die Klugheit ein wenig zu Rath,« sagte Maria.

»Nein,« entgegnete der König, »ich will bis zum Ende gehen; ich erwarte sie hier, diese treuen Unterthanen, und bei meinem königlichen Namen! der Erste, der die Ehrfurcht verletzt, die er mir schuldig ist, soll sehen, ob dieser Degen an meiner Seite nur ein Paradedegen ist!«

Die Minuten vergingen und das Büchsenfeuer dauerte fort und wurde immer stärker. Der arme Cardinal von Lothringen hatte nicht mehr die Kraft, ein Wort zu sprechen. Der junge König ballte vor Zorn die Fäuste.

»Wie!« rief Maria Stuart, »Niemand kommt, um uns Nachricht zu bringen? Die Gefahr ist also so groß, daß Niemand den Platz auch nur einen Augenblick verlassen kann? . . .«

»Ah!« sagte endlich der König außer sich, »dieses Warten ist ganz unerträglich, und Alles wäre, glaube ich, besser! Doch ich weiß ein Mittel, zu erfahren, wie die Sache steht. Ich gehe selbst ins Treffen. Der Herr Generallieutenant wird sich ohne Zweifel nicht weigern, mich als Freiwilligen anzunehmen.«

Franz machte ein paar Schritte, um wegzugehen, doch Maria warf sich ihm entgegen und rief:

»Sire, was denkt Ihr denn? krank, wie Ihr seid!«

»Ich fühle mein Uebel nicht mehr,« sprach der König. »Die Entrüstung hat in mir die Stelle des Leidens eingenommen.«

»Wartet, Sire!« sagte der Cardinal, »mir scheint diesmal, daß sich der Lärmen wirklich entfernt. Ja, die Schüsse werden seltener . . . . Ah! hier kommt ein Page, der uns ohne Zweifel Nachricht bringt.«

»Sire,« sprach der Page eintretend, »der Herr Herzog von Guise beauftragt mich, Eurer Majestät zu melden, daß die Reformierten das Feld geräumt haben und im vollen Rückzug begriffen sind.«

»Endlich! das ist ein Glück!« rief der König.

»Der Herr Generallieutenant wird, sobald er die Mauern verlassen zu können glaubt, hierher kommen und Eurer Majestät über Alles Bericht erstatten,« fügte der Page bei und ging wieder ab.

»Nun! Sire,« sagte der Cardinal von Lothringen triumphierend, »hatte ich nicht vorhergesehen, es wäre eine reine Bagatelle, und mein erhobener und tapferer Herr Bruder würde rasch alle Psalmensinger zu Paaren treiben?«

»Oh! mein lieber Oheim!« versetzte Franz, »wie schnell ist der Muth bei Euch zurückgekehrt!«

Doch in diesem Augenblick erscholl eine neue Explosion, welche noch furchtbarer war als die erste.

»Was soll dieser Lärmen abermals bedeuten?« fragte der König.

»In der That . . . das ist seltsam,« sagte der Cardinal, auf’s Neue zitternd.

Zum Glück war sein Schrecken nicht von langer Dauer. Der Kapitän der Büchsenschützen, Richelieu, trat beinahe in derselben Minute, das Gesicht schwarz vom Pulver und einen abgebrochenen Degen in der Hand, ein.

»Sire,« sagte Richelieu, zum König, »die Rebellen sind völlig in die Flucht geschlagen. Sie hatten kaum Zeit, ohne uns Schaden zuzufügen, einen Haufen Pulver, den sie an eines der Thore gelegt hatten, springen zu lassen. Diejenigen, welche nicht gefangen genommen oder getödtet wurden, sind über die Brücke zurückgekehrt und haben sich in einem der Häuser des Faubourg du Vendômois verrammelt, wo wir einen leichten Handel mit ihnen haben werden . . . Eure Majestät kann sogar von diesem Fenster aus sehen, wie man mit ihnen zu Werke geht.«

Der König ging rasch, von ferne von der Königin und vom Cardinal gefolgt, an’s Fenster.

»Ja, in der That,« sagte er, »nun sind sie belagert . . . Doch was sehe ich? Welcher Rauch kommt aus diesem Haus hervor!«

»Sire, man wird Feuer daran gelegt haben,« sprach der Kapitän.

»Sehr gut! vortrefflich!« rief der Cardinal. »Seht, Sire, dort springen einige aus dem Fenster. Zwei . . . drei . . . vier . . . immer mehr! Hört Ihr ihr Geschrei?«

»Gott! die armen Leute!« sagte Maria, die Hände faltend.

»Mir scheint,« sprach der König, »ich gewahre an der Spitze der Unsrigen den Helmbusch und die Schärpe unseres Vetters von Condé. Ist es wirklich so, Kapitän?«

»Ja, Eure Majestät,« antwortete Richelieu, »er ist beständig unter uns, das Schwert in der Hand, an der Seite von Herrn von Guise«.

»Nun! Herr Cardinal,« sagte Franz, »Ihr seht wohl, daß er sich nicht hat bitten lassen.«

»Er mußte so handeln, Sire!« erwiderte Carl von Lothringen. »Der Herr Prinz würde zu viel gewagt haben, hätte er es anders gemacht.«

»Aber,« rief Maria, zugleich angezogen und zurückgestoßen durch das furchtbare Schauspiel außen, »die Flammen verdoppeln sich, das Haus wird auf die Unglücklichen einstürzen!«

»Es stürzt ein!« sprach der König.

»Vivat! Alles ist vorbei!« rief der Cardinal.

»Ah! verlassen wir diesen Platz hier, denn das thut wehe,« sagte Maria, den König fortziehend.

»Ja,« sprach Franz, »das Mitleid erfaßt mich zu dieser Stunde.«

Und er entfernte sich vom Fenster, wo der Cardinal allein und sehr ergötzt zurückblieb.

Doch bald wandte er sich um, als er die Stimme des Herzogs von Guise hörte.

Der Balafré trat ruhig und stolz ein, begleitet, vom Prinzen von Condé, der sich viel Mühe geben mußte, um nicht traurig und beschämt zu erscheinen.

»Sire, Alles ist vorbei,« sagte der Herzog von Guise zum König, »die Rebellen sind für ihr Verbrechen bestraft. Ich danke Gott, daß er Eure Majestät von dieser Gefahr befreit hat, denn nach dem, was ich gesehen, war sie größer, als man Anfangs glaubte. Wir hatten Verräther unter uns.«

»Ist es möglich!« rief der Cardinal.

»Ja,« antwortete der Balafré, »beim ersten Angriff wurden die Reformierten durch die Kriegsleute unterstützt, welche La Mothe gebracht hatte: sie griffen uns von der Seite an, und so waren unsere Feinde einen Augenblick Meister der Stadt.«

»Das ist furchtbar!« sagte Maria, sich an den König anschließend.

»Es wäre noch viel furchtbarer gewesen, Madame,« fuhr der Herzog fort, »würden die Rebellen, wie sie dies glauben mußten, durch einen Angriff unterstützt worden sein, den Chaudieu, der Bruder des Ministers, auf die Porte des Bons-Hommes machen sollte.«

»Ist der Angriff gescheitert?" fragte der König.

»Er hat nicht stattgefunden, Sire. Der Kapitän Chaudieu hat sich, dem Himmel sei es gedankt, verspätet und wird nur ankommen, um seine Freunde erschlagen zu finden. Nun mag er nach seinem Belieben angreifen, er wird außerhalb und innerhalb der Mauern zu schaffen haben. Und um ihn zum Nachdenken zu bringen, habe ich befohlen, zwanzig bis dreißig von seinen Genossen an den Zinnen von Amboise aufzuhängen. Dieses Schauspiel wird ihn, denke ich, gehörig warnen.«

»Das ist sehr gut ersonnen,« rief der Cardinal von Lothringen.

»Ich danke Euch, mein Vetter,« sprach der König zum Balafré. »Doch ich sehe, daß der Schutz Gottes ganz besonders bei diesem Treffen sich geoffenbart hat, denn er allein gestattete es, daß sich die Verwirrung in den Rath unserer Feinde schlich. Gehen wir vor Allem hin und danken wir ihm in unserer Kapelle.«

»Sodann ist Befehl zu Bestrafung der Schuldigen zu geben, welche den Kampf überlebt haben,« sagte der Cardinal. »Sire, nicht wahr, Ihr werdet der Hinrichtung mit der Königin und der Königin Mutter beiwohnen?«

»Ist dies nothwendig?« versetzte ärgerlich der junge König, während er auf die Thüre zuging.

»Sire, es ist unerläßlich,« sprach der Cardinal ihm folgend. »Der glorreiche König Franz I. und Euer erhabener Vater, Sire, versäumten es nie, dem Verbrennen der Ketzer beizuwohnen. Was den König von Spanien betrifft, Sire . . .«

»Die anderen Könige machen es, wie es ihnen beliebt, und ich will auch nach meinem Gefallen handeln,« erwiderte Franz, immer weiter gehend.

»Ich muß Eure Majestät endlich darauf aufmerksam machen, daß der Nuntius Seiner Heiligkeit durchaus auf Eure Gegenwart beim ersten Glaubensakt Eurer Regierung zählt,« fügte der unbarmherzige Cardinal bei. »Geht es an, daß Eure Majestät fehlt, wenn Alle, selbst der Herr Prinz von Condé beiwohnen werden.«

»Ach! mein Gott! wir werden frühe genug davon sprechen,« rief Franz. »Die Schuldigen sind ja noch nicht einmal verurtheilt.«

»Oh! doch, Eure Majestät, sie sind es!« entgegnete mit Ueberzeugung Carl von Lothringen.

»Es sei! Ihr werdet also zur gegebenen Zeit diese furchtbare Nothwendigkeit meiner Schwäche auferlegen,« sprach der König. »Für den Augenblick, Herr Cardinal, laßt uns, wie ich Euch gesagt habe, vor dem Altar niederknieen und Gott danken, der die Gefahren dieser Verschwörung in Gnaden von uns abgewendet hat.«

»Sire,« sagte der Herzog von Guise, »man muß die Dinge nicht vergrößern und ihnen nicht mehr Gewicht beilegen, als sie verdienen. Eure Majestät wolle also diese Bewegung nicht eine Verschwörung nennen: es war in der That nur ein Tumult.«

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06 aralık 2019
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