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Kitabı oku: «Die Fünf und Vierzig», sayfa 6

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In Erwartung seiner Rückkehr sackten die Gatten Fournichon die dreißig Livres Angeld ein… zur großen Freude des Wirthen der unabläßig wiederholte:

»Kriegsleute! Ah! das Schild hat entschieden nicht Unrecht, durch das Schwert werden wir unser Glück machen.«

Und er fing an, dem 26sten October entgegenharrend, alle seine Casserolen zu scheuern.

Achtes Kapitel
Silhouette von Gascognern

Wir würden es nicht wagen, zu behaupten, Dame Fournichon sei so discret gewesen, als der Fremde es ihr empfohlen hatte. Uebrigens glaubte sie sich wegen des Vortheils, den er dem Schwerte des kühnen Ritters eingeräumt, ohne Zweifel jeder Verbindlichkeit gegen ihn überhoben; da ihr aber noch mehr zu errathen blieb, als man ihr gesagt hatte, so fing sie, um ihre Vermuthungen auf einer festen Grundlage beruhen zu lassen, damit an, daß sie suchte, wer der unbekannte Cavalier wäre, der seinen Landsleuten so großmüthig Gastfreundschaft bot. Sie verfehlte auch nicht, den ersten Soldaten, den sie vorübergehen sah, nach dem Namen des Kapitäns zu fragen, der die Revue gehalten.

Ohne Zweifel von verschwiegenerem Charakter, als die Wirthin, fragte der Soldat zuerst, ehe er antwortete, zu welchem Behufe sie diese Frage an ihn richte.

»Weil er so eben von hier weggeht,« sagte Madame Fournichon, »weil er mit uns geplaudert hat, und weil man auch gern wissen möchte, mit wem man spricht.«

Der Soldat lachte.

»Der Kapitän, der die Revue commandirte, wäre nicht in das Schwert des kühnen Ritters eingetreten, Madame Fournichon,« sage er.

»Und warum?« fragte die Wirthin, »ist er zu vornehmer Herr hierzu?«

»Vielleicht.«

»Nun, wenn ich sage, daß er nicht seinetwegen in das Gasthaus zum kühnen Ritter gekommen ist?«

»Und wessen wegen denn?«

»Seinen Freunden zu Liebe.«

»Der Kapitän der die Revue commandirte, würde seine Freude nicht im Schwerte des kühnen Ritters einquartieren, dafür stehe ich.«

»Pest! Wir nehmt Ihr den Mund so voll, mein braver Mann! Und wie nennt sich denn der Herr, der zu vornehm ist, um seine Freunde im besten Gasthof von Paris einzuquartieren?«

»Nicht wahr, Ihr sprecht von dem, welcher die Revue commandirte?«

»Allerdings.«

»Ei, meine liebe Frau, derjenige, welcher die Revue kommandirte, ist ganz einfach der Herr Herzog Nogaret de la Valette d‘Épernon, Pair von Frankreich, General-Oberster der Infanterie des Königs, und ein wenig mehr König, als Seine Majestät selbst. Nun! was sagt Ihr von diesem?«

»Daß er mir Ehre erwiesen hat, wenn er es ist, der zu mir gekommen.«

»Habt Ihr ihn Parfandious sagen hören?«

»Ei! Ei!« machte Dante Fournichon, welche viele außerordentliche Dinge im Leben gesehen hatte, und der das Wort Parfandious nicht ganz unbekannt war.

Man kann sich nun denken, mit welcher Ungeduld der 26. Oktober erwartet wurde.

Am 25. Abends trat ein Mann mit einem ziemlich schweren Sack ein, den er auf den Schenktisch von Fournichon legte.,

»Das ist der Preis für das auf morgen bestellte Mahl,« sagte er.

»Zu wie viel den Kopf?« fragten gleichzeitig die beiden Ehegatten.

»Zu sechs Livres.«

»Die Landsleute des Kapitäns werden also nur ein einziges Mahl hier einnehmen?«

»Ein einziges.«

»Der Kapitän hat also eine Wohnung für sie gefunden?«

»Es scheint.«

Trotz der Fragen des Rosenstocks und des Schwertes entfernte sich der Bote, ohne daß er dem einen und dem andern mehr antworten wollte.

Endlich ging die Sonne über den Küchen des kühnen Ritters auf.

Es hatte halb ein Uhr bei den Augustinern geschlagen, als vier Reiter vor der Thüre des Gasthauses hielten, vom Pferde stiegen und eintraten.

Sie waren von der Porte Bussy gekommen und trafen natürlich zuerst ein, einmal weil sie Pferde hatten, und sodann weil das Gasthaus zum Schwerte nur hundert Schritte von der Porte Bussy entfernt lag.

Einer von ihnen, der, sowohl nach seinem guten Aussehen, als nach seinem Luxus zu schließen, ihr Anführer zu sein schien, kam sogar mit zwei wohl berittenen Lackeien.

Jeder von ihnen zeigte sein Siegel mit dem Bilde der Cleopatra und wurde von dem Ehepaar mit jeglicher Zuvorkommenheit empfangen, besonders der junge Mann mit den zwei Lackeien.

Mit Ausnahme des Letzteren erschienen die Ankömmlinge indessen nur schüchtern und mit einer gewissen Befangenheit; man sah, daß sie etwas Ernstes beunruhigte, besonders wenn sie maschinenmäßig die Hand in ihre Tasche steckten.

Die Einen verlangten, sich zur Ruhe zu legen, die Andern, vor dem Abendbrod die Stadt zu durchlaufen; der junge Mann mit den zwei Lackeien fragte, ob es nichts Neues in Paris zu sehen gebe.

Sehr empfänglich für die gute Miene des Cavaliers, antwortete Dame Fournichon:

»Meiner Treue, wenn Euch die Menge nicht bange macht, und wenn Ihr nicht davor erschreckt, daß Ihr vier Stunden hintereinander auf Euren Beinen bleiben müßt, könnt Ihr Euch dadurch eine Zerstreuung verschaffen, daß Ihr Herrn von Salcède, einen Spanier, der conspirirt hat, viertheilen seht.«

»Ah!« sagte der junge Mann, »es ist wahr, ich habe davon sprechen hören, Pardieor! ich gehe dahin.«

Und er entfernte sich mit seinen beiden Lackeien.

Gegen zwei Uhr kamen in Gruppen zu vier und fünf etwa fünfzehn neue Reisende.

Einige von ihnen trafen einzeln ein.

Einer kam sogar nachbarartig ohne Hut, ein Stöckchen in der Hand; er fluchte über Paris, wo die Diebe so verwegen seien, daß sie ihm bei der Grève, als er eine Gruppe durchschritten, den Hut gestohlen, und so gewandt, daß er nicht einmal habe sehen können, wer ihm denselben genommen.

Uebrigens sei das sein Fehler, er hätte nie in die Stadt Paris mit einem Hute, der mit einer so prachtvollen Agraffe geschmückt gewesen, eintreten sollen.

Gegen vier Uhr hatten sich schon vierzig Landsleute des Kapitäns in dem Gasthause von Fournichon eingefunden.

»Ist das nicht seltsam?« sprach der Wirth zu seiner Frau, »es sind lauter Gascogner.«

»Was findest Du denn Seltsames?« erwiederte die Dame, »sagte der Käpitän nicht, er würde Landsleute empfangen?«

»Nun?«

»Da er selbst Gascogner ist, so müssen seine Landsleute wohl auch Gascogner sein.«

»Das ist wahr.«

»Ist Herr von Épernon nicht von Toulouse?«

»Das ist wahr, das ist wahr! Du bleibst also immer noch bei Herrn von Épernon?«

»Hat er nicht dreimal das bekannte Parfandious losgelassen?«

»Er hat das bekannte Parfandious losgelassen?« fragte der Wirth unruhig, »was für ein Thier ist das?«

»Dummkopf, das ist sein Lieblingsschwur.«

»Richtig, richtig.«

»Staune darüber, daß nur vierzig Gascogner da sind, während wir fünf und Vierzig haben sollten.«

Aber gegen fünf Uhr kamen die andern fünf Gascogner auch, und die Gäste des Schwertes waren vollzählig.

Nie hatten das Erstaunen und die Ueberraschung eine solche Verklärung über Gascogner Gesichter verbreitet: eine Stunde lang hörte man nur Sandioux, Mordioux, Cap de Bious, kurz so geräuschvolle Freudenausbrüche, daß es den Fournichon vorkam, als ob ganz Saintonge, ganz Poirou, ganz Aunis und ganz Languedoc in ihren großen Saal eingebrochen wären.

Einige kannten sich: so umarmte Eustache von Miradoux den Cavalier mit den zwei Lackeien und stellte ihm Lardille, Militor und Scipion vor.

»Durch welchen Zufall bist Du in Paris?« fragte dieser.

»Du selbst, mein lieber Sainte-Maline?«

»Ich habe eine Stelle bei der Armee, und Du?«

»Ich komme in Erbschaftsangelegenheiten.«

»Ah! Ah! Du schleppst also die alte Lardille immer noch nach?«

»Sie wollte mir folgen.«

»Konntest Du nicht insgeheim abreisen, statt Dich mit diesem Volke zu beschweren, das an ihrem Rocke hängt?«

»Unmöglich, sie hat den Brief des Anwaltes geöffnet.«

»Ah! Du hast die Nachricht von der Erbschaft durch einen Brief erhalten?« fragte Sainte-Maline.

»Ja,« antwortete Miradoux. Dann rief er, hastig das Gespräch wechselnd:

»Ist es nicht seltsam, daß dieses Gasthaus voll und zwar von Landsleuten voll ist?«

»Nein, das ist nicht seltsam, das Schild macht Leuten von Ehre Appetit,« unterbrach ihn unser alter Bekannter Perducas von Pincorney, sich in das Gespräch mischend.

»Oh! Ihr seid es, Kamerad,« versetzte Sainte-Maline, »Ihr habt mir immer noch nicht erklärt, was Ihr mir bei der Grève erzählen wolltet, als uns die Menge trennte.«

»Und was wollte ich Euch erklären?« fragte Pincorney ein wenig eröthend.

»Wie es kommt, daß ich Euch zwischen Angoulème und Angers auf dem Wege begegnet habe, daß ich Euch heute zu Fuß ein Stöckchen in der Hand und ohne Hut sehe?«

»Beschäftigt Euch das, mein Herr?«

»Meiner Treue, ja,« sagte Sainte-Maline, »es ist weit von Poitiers hierher, und Ihr kommt noch von ferner als von Poitiers.«

»Ich kam von Saint-André de Cubsac.«

»Und so ohne Hut?«

»Das ist ganz einfach.«

»Ich finde es nicht.«

»Doch wohl, und Ihr werdet es begreifen. Mein Vater hat zwei prächtige Pferde, auf welche er so große Stücke hält, daß er im Stande ist, mich zu enterben, nach dem Unglück, das mir begegnete.«

»Welches Unglück ist Euch begegnet?«

»Ich ritt auf einem derselben, auf dem schönsten, spazieren, als plötzlich zehn Schritte von mir ein Büchsenschuß losgeht, mein Pferd scheu wird und auf der Straße nach der Dordogne fortrennt.«

»Wo es hineinstürzt?«

»Vollkommen.«

»Mit Euch?«

»Nein, zum Glück hatte ich noch Zeit gehabt, zu Boden zu gleiten, sonst wäre ich mit ihm ertrunken.«

»Ab! Ah! das arme Thier ist ertrunken!«

»Pardioux! Ihr kennt die Dordogne, eine halbe Meile breit.«

»Und dann?«

»Dann beschloß ich, nicht nach Hause zurückzukehren und mich soweit als möglich dem väterlichen Zorne zu entziehen.«

»Aber Euer Hut?.«

»Wartet doch beim Teufel! mein Hut war herabgefallen.«

»Wie Ihr?«

»Ich war nicht herabgefallen, ich hatte mich zu Boden gleiten lassen; ein Pincorney fällt nicht vom Pferde, die Pincorney sind Stallmeister in der Wiege.«

»Das ist bekannt,« sagte Sainte-Maline, »aber Euer Hut?«

»Ah! mein Hut!«

»Ja.«

»Mein Hut war also herabgefallen, ich suchte ihn, denn es war meine einzige Hilfsquelle, da ich mich ohne Geld von Hause weg begeben hatte.«

»Wie konnte Euer Hut eine Hilfsquelle für Euch sein?« fragte Sainte-Maline, entschlossen, Pincorney durch seine Beharrlichkeit in die Enge zu treiben.

»Sandioux! Und zwar eine große! Ich muß Euch sagen, daß die Feder dieses Hutes von einer Diamantagraffe gehalten wurde, welche Seine Majestät Kaiser Karl V. meinem Großvater schenkte, als er auf seiner Reise von Spanien nach Flandern in unserem Schlosse anhielt.«

»Ah! Ihr habt die Agraffe verkauft und den Hut damit. Dann mein Freund, müßt Ihr der Reichste von uns Allen sein, und Ihr hättet müssen mit dem Gelde von Eurer Agraffe einen zweiten Handschuh kaufen. Ihr habt Hände, welche nicht zusammen passen: die eine ist weiß wie eine Frauenhand, die andere schwarz wie eine Negerhand.«

»Wartet doch! in dem Augenblick, wo ich mich umdrehe, um meinen Hut zu suchen, sehe ich einen ungeheuren Raben, der darüber herfällt.«

»Ueber Euren Hut?«

»Oder vielmehr über meinen Diamant; Ihr wißt daß dieses Thier Alles stiehlt, was glänzt; es fällt also über meinen Diamant her und stiehlt ihn.«

»Euern Diamant?«

»Ja, mein Herr. Ich folge ihm zuerst mit den Augen, dann laufe ich ihm nach und rufe: »Haltet auf! haltet auf! ein Dieb!« Die Pest! nach fünf Minuten war er verschwunden und ich habe nie mehr von ihm sprechen hören.«

»Und durch diesen doppelten Verlust niedergebeugt…«

»Wagte ich es nicht mehr, in das elterliche Haus zurückzukehren, und entschloß mich, mein Glück in Paris zu suchen.«

»Schön!« sagte ein Dritter, »der Wind hat sich also in einen Raben verwandelt? Ich habe Euch, wie es mir scheint, Herrn von Loignac erzählen hören, beschäftigt, einen Brief Eurer Geliebten zu lesen, habe Euch der Wind Brief und Hut fortgenommen, als wahrer Amadis seid Ihr dem Brief nachgelaufen, und habet den Hut gelassen, wo es ihm hinzugehen gefallen.«

Halb unterdrücktes Gelächter machte sich hörbar.

»Ei! Ei! meine Herren.« sagte der reizbare Gascogner, »sollte man zufällig über mich lachen?«

Jeder wandte sich ab, um bequemer lachen zu können.

Perducas schaute forschend umher und erblickte am Kamin einen jungen Mann, der seinen Kopf in seinen Händen verbarg; er glaubte, dieser mache es nur so, um sich mehr verborgen zu halten.«

Er ging auf ihn zu und sagte zu ihm.

»Ei mein Herr, wenn Ihr lacht, lacht mir wenigstens ins Gesicht, damit man Euer Antlitz sieht.«

Und er klopfte auf die Schulter des jungen Mannes, der ganz ernst und nachdenkend seine Stirne erhob.

Der junge Mann war kein Anderer, als unser Freund Ernauton von Carmainges, der sich von dem Abenteuer auf der Gréve noch ganz betäubt fühlte.

»Ich bitte Euch, mich in Ruhe zu lassen, mein Herr.« erwiederte Herr, »und besonders wenn Ihr mich noch einmal berührt, mich mit der Hand zu berühren, an der Ihr einen Handschuh habt; Ihr seht wohl, daß ich mich nicht mit Euch beschäftige.«

»Das will ich mir gefallen lassen,« brummte Pincorney, »wenn Ihr Euch nicht mit mir beschäftigt, so habe ich nichts zu sagen.«

»Ah! mein Herr,« sprach Eustache von Miradoux zu Carmainges, »bei den versöhnlichsten Absichten seid Ihr nicht höflich gegen unsern Landsmann.«

»In was des Teufels mischt Ihr Euch?« entgegnete Ernauton immer ärgerlicher.

»Ihr habt Recht, mein Herz.« sagte Miradoux sich verbeugend, »das geht mich nichts an.«

Und er wandte sich auf den Absätzen um und wollte zu Lardille zurückkehren, welche in einer Ecke am großen Kamin saß, aber es versperrte ihm Jemand den Weg.

Es war Militor, mit seinen beiden Händen im Gürtel und mit seinem höhnischen Lächeln auf den Lippen.

»Sagt doch, Stiefvater,« machte der Taugenichts.

»Nun?«

»Was sagt Ihr dazu?«

»Wozu?«

»Ja der Art und Weise, wie dieser Edelmann Euch abgeführt hat?«

»Hm!«

»Er hat Euch gehörig gebeutelt.«

»Ah! Du hast das bemerkt?« erwiederte Eustache, indem er Militor auf die Seite zu schieben suchte.

Doch dieser machte das Manoeuvre dadurch scheitern, daß er sich links drückte, wodurch er wieder vor ihn zu stehen kam.

»Nicht nur ich,« sagte Militor, »sondern Jedermann, seht nur, wie Alle um uns her lachen.«

Man lachte wirklich, doch nicht mehr hierüber, als über andere Dinge.

Eustache wurde roth wie eine glühende Kohle.

»Auf, auf, Stiefvater, laßt die Sache nicht kalt werden,« sagte Militor.

Eustache erhob sich auf seine Hinterbeine, ging auf Carmainges zu und sprach zu ihm:

»Mein Herr, man behauptet, Ihr habet besonders unangenehm gegen mich sein wollen?«

»Wann dies?«

»So eben.«

»Gegen Euch?«

»Gegen mich.«

»Wer behauptet dies?«

»Dieser Herr,« antwortete Eustache, auf Militor deutend.

»Dann ist dieser Herr,« entgegen Carmainges mit einem besondern Nachdruck auf die Betitelung, »dann ist dieser Herr ein Stahrmatz.«

»Oh! oh!« machte Militor wüthend.

»Und ich fordere ihn auf,« fuhr Carmainges fort, »mit dem Schnabel fern von mir zu bleiben, oder ich werde mich des Rathes von Loignac erinnern.«

»Herr von Loignac hat nicht gesagt, ich wäre eine Stahrmatz.«

»Nein, er hat gesagt, Ihr wäret ein Esel, zieht Ihr das etwa vor? Mir ist wenig daran gelegen; seid Ihr ein Esel, so gebe ich Euch die Peitsche, seid Ihr ein Stahrmatz, so rupfe ich Euch.«

»Mein Herr,« sprach Eustache, »es ist mein Stiefsohn; ich bitte Euch, behandelt ihn besser aus Rücksicht für mich.«

»Ah! so vertheidigt Ihr mich, Stiefvater,« rief Militor außer sich, »wenn es sich so verhält, werde ich mich besser allein vertheidigen.«

»In die Schule mit diesen Kindern, in die Schule!« sagte Ernauton.

»In die Schule?« rief Militor, mit aufgehobener Faust gegen Herrn von Carmainges vorrückend, »ich bin siebzehn Jahre alt, versteht Ihr wohl, mein Herr?«

»Und ich bin fünf und zwanzig,« entgegnete Ernauton, »und deshalb will ich Euch, wie Ihr es verdient, zurechtweisen.«

Und er packte ihn beim Kragen und am Gürtel, hob ihn von der Erde auf, und warf ihn wie einen Ballen zum Fenster des Erdgeschoßes hinaus auf die Straße, während Lardille ein Geschrei ausstieß, daß die Wände hätten einfallen sollen.

»Nun mache ich aus Stiefvater, Stiefmutter, Stiefsohn und allen Familien der Welt Fleisch zu Pasteten, wenn man mich noch einmal stört,« fügte Ernauton ruhig bei.

»Meiner Treue, ich finde, er hat Recht,« sagte Miradoux, »warum diesen Edelmann reizen?«

»Ah! Feiger, der seinen Sohn schlagen läßt,« rief Lardille, auf Eustache zurückend und ihre zerstreuten Haare schüttelnd.

»Nun, nun, nun,« sprach Eustache, »das bildet seinen Charakter.«

»Ah! Ah! sagt doch, man wirft also die Leute hier aus dem Fenster?« sprach ein Officier, der eben eintrat, »was Teufels, wenn man solche Späße treibt, sollte man wenigstens: Aufgepaßt da unten! rufen.«

»Herr von Loignac!« riefen zwanzig Stimmen.

»Herr von Loignac!« wiederholten die fünf und vierzig.«

Und bei diesem in der ganzen Gascogne bekannten Namen standen Alle auf und schwiegen.

Neunten Kapitel
Herr von Loignac

Hinter Herrn von Loignac trat Militor, wie gemahlen durch seinen Sturz und purpurroth vor Zorn, ein.

»Ich grüße Euch, meine Herren,« sagte Loignac, »mir scheint, es geht etwas stürmisch zu. Ah! Ah! Meister Militor hat wieder den Zänker gemacht und darunter muß seine Nase leiden.«

»Man wird mir meine Schläge bezahlen,« brummte Militor Carmainges die Faust weisend.

»Tragt auf, Meister Fournichon,« rief Loignac, »und Jeder sei, wenn es möglich ist, freundlich gegen seinen Nachbar. Von diesem Augenblick an sollt Ihr Euch lieben wie Brüder.«

»Hm!« machte Sainte-Maline.

»Die Nächstenliebe ist selten,« sagte Chalabre, während er über seinem eisengrauen Wamms seine Serviette so ausbreitete, daß ihm kein Unfall begegnen konnte, wie groß auch der Ueberfluß an Brühen sein mochte.

»Und sich so von Nahem lieben ist schwierig,« fügte Ernauton bei, »allerdings sind wir nicht auf lange Zeit beisammen.«

»Seht,« rief Pincorney, der die Spöttereien von Biran noch auf dem Herzen hatte, »man verhöhnt mich, weil mir mein Hut abhanden gekommen ist, und man sagt nichts über Herrn von Montcrabeau, der mit einem Panzer aus der Zeit von Kaiser Pertinax, von dem er aller Wahrscheinlichkeit nach abstammt, zu Mittag speisen will… Das ist Defensive.«

Montcrabeau erhob sich gereizt und sprach mit einer Falsettstimme:

»Meine Herren, ich nehme ihn ab, dies zur Kunde für diejenigen, welche mich lieber mit Angriffswaffen als mit Vertheidigungswaffen sehen.«

Und er band majestätisch seinen Panzer los und befahl seinem Lackeien, einem Graukopf von fünfzig Jahren, zu ihm zu kommen.

»Friede! Friede!« rief Herr von Loignac, »setzen wir uns zu Tische.«

»Befreiet mich von diesem Panzer, ich bitte Euch,« sagte Pertinax zu seinem Lackeien.

Der Graukopf nahm ihn aus seinen Händen und fragte leiser:

»Und ich, werde ich nicht auch zu Mittag essen? Laß mir doch etwas geben, Pertinax, ich sterbe vor Hunger.«

Diese Aufforderung, so seltsam vertraulich sie auch sein mochte, erregte durchaus nicht das Erstaunen desjenigen, an welchen sie gerichtet war.

»Ich werde thun, was mir möglich ist.« antwortete er, »doch zu größerer Sicherheit seht Euch selbst danach um.«

»Hm!« machte der Lackei mit verdrießlichem Tone, »das ist durchaus nicht beruhigend.«

»Habt Ihr denn gar nichts mehr?« fragte Pertinax.

»Wir haben unsern letzten Thaler in Sens verzehrt.«

»Nun, so sucht irgend Etwas zu Geld zu machen.«

Kaum hatte er dies gesprochen, als man aus der Straße und dann aus dir Schwelle des Wirthshauses rufen hörte:

»Alteisenhändler! wer verkauft Eisen?«

Bei diesem Rufe lief Madame Fournichon nach der Thüre, während Fournichon majestätisch die ersten Platten auftrug.

Nach dem Empfang, der ihm zu Theil wurde, war die Küche von Fournichon ausgezeichnet.

Fournichon, der nicht alle Complimente, die man ihm machte, einernten konnte, wollte seine Frau zur Theilnahme zulassen.

Er suchte sie mit den Augen, aber vergebens; sie war verschwunden.

Er rief ihr.

»Was macht sie denn?« fragte er einen Küchenjungen, als er sah, daß sie nicht kam.

»Ah! Meister, einen Goldhandel,« antwortete dieser.

»Sie verkauft all Euer altes Eisen gegen neues Geld.«

»Ich hoffe, daß von meinem Kriegspanzer und meiner Sturmhaube nicht die Rede ist!« rief Fournichon nach der Thüre stürzend.

»Nein, nein,« sagte Loignac, »das Kaufen von Waffen ist durch eine Verordnung des Königs verboten.«

»Gleichviel,« erwiederte Fournichon forteilend.

Madame Fournichon kehrte triumphirend zurück.

»Nun, was habt Ihr?« fragte sie, ihren erschrockenen Mann anschauend.

»Man sagt mir, Ihr verkaufet meine Waffen.«

»Hernach?«

»Ich will nicht, daß man sie verkauft.«

»Bah! da wir Frieden haben, sind zwei neue Casserolen mehr werth, als ein alter Panzer.«

»Es muß ein armseliger Handel sein, der Handel mit altem Eisen, seit dem Edict des Königs, von dem Herr von Loignac so eben sprach,« sagte Chalabre.

»Im Gegentheil, mein Herr,« erwiederte Dame Fournichon, »seid langer Zeit führte mich derselbe Händler mit seinen Anerbietungen in Versuchung. Heute konnte ich nicht widerstehen, und ich ergriff die Gelegenheit, die sich mir bot. Zehn Thaler, mein Herr, sind zehn Thaler, und ein alter Panzer bleibt ein alter Panzer.«

»Wie! zehn Thaler!« rief Chalabre, »Teufel! so viel?«

Und er wurde nachdenkend.

»Zehn Thaler,« wiederholte Pertinax indem er einen beredeten Blick auf seinen Lackei warf, »hört Ihr Herr Samuel?«

Aber Samuel war schon nicht mehr da.

»Ah! mir scheint, dieser Händler setzt sich der Gefahr aus, gehenkt zu werden,« sagte Herr von Loignac.

»Oh! es ist ein braver Mann, sehr freundlich und sehr fügsam,« versetzte Madame Fournichon.

»Aber was macht er mit all dem alten Eisen?«

»Er verkauft es wieder nach dem Gewicht.«

»Nach dem Gewicht,« entgegnete Loignac, »und Ihr sagt, er habe Euch zehn Thaler gegeben, wofür?«

»Für einen alten Panzer und für eine alte Sturmhaube.«

»Angenommen, sie haben zusammen zwanzig Pfund gewogen, so ist das ein halber Thaler für das Pfund. Parfandious! wie einer von meinen Bekannten sagt, darunter steckt ein Geheimniß.«

»Oh! daß ich diesen braven Handelsmann in meinem Schlosse hätte,« sagte Chalabre, dessen Augen sich entzündeten, »ich würde dreißig Centner Armschienen, Beinschienen und Panzer an ihn verkaufen.«

»Wie! Ihr würdet die Rüstungen Eurer Ahnen verkaufen?« sagte Sainte-Maline mit spöttischem Tone.

»Ah! mein Herr, Ihr hättet Unrecht,« rief Eustache von Miradoux, »das sind heilige Reliquien.«

»Bah!« versetzte Chalabre, »zu dieser Stunde sind meine Ahnen selbst Reliquien und bedürfen nur noch der Messen.«

Man erhitzte sich immer mehr bei dem Mittagessen durch den Burgunderwein, dessen Verbrauch die Gewürze von Fournichon beschleunigten.

Die Stimmen steigerten sich, die Teller klangen, die Gehirne füllten sich mit Dünsten, durch welche jeder Gascogner Alles rosenfarbig sah, … mit Ausnahme von Militor, der an seinen Sturz dachte, und von Carmainges, der an seinen Pagen dachte.

»Das sind viele lustige Leute,« sagte Loignac seinem Nachbar, der gerade Ernauton war, »und sie wissen nicht warum.«

»Ich weiß es auch nicht,« erwiederte Carmainges, »allerdings mache ich meines Theils eine Ausnahme, denn ich bin nicht im Mindesten freudig gestimmt.«

»Ihr habt Eurerseits Unrecht,« sprach Loignac, »denn Ihr seid einer von denjenigen, für welche Paris eine Goldmine, ein Ehrenparadies, eine Welt der Glückseligkeit ist.«

Ernauton schüttelte den Kopf.

»Nun, was sagt Ihr?«

»Spottet meiner nicht, Herr von Loignac,« sprach Ernauton, »Ihr, der Ihr alle Fäden in der Hand zu haben scheint, welche die Mehrzahl von uns in Bewegung setzen, habt wenigstens die Gnade, den Vicomte Ernauton von Carmainges nicht wie einen hölzernen Komödianten zu behandeln.«

»Ich werde Euch noch ganz andere Gnaden erweisen, Herr Vicomte,« erwiederte Loignac sich höflich verbeugend, »ich habe Euch mit dem ersten Blick unter Allen unterschieden, Euch, dessen Auge sanft und stolz, und jenen andern jungen Mann dort, dessen Auge verdrießlich und düster ist.«

»Ihr nennt ihn?«

»Herrn von Sainte-Maline.«

»Und was ist die Ursache dieser Unterscheidung, wenn Ihr meine Frage nicht für eine zu große Neugierde von meiner Seite anseht?«

»Weil ich Euch kenne.«

»Mich,« sagte Ernauton erstaunt, »mich kennt Ihr?«

»Euch und ihn, … ihn und alle diejenigen, welche hier sind.«

»Das ist seltsam.«

»Ja; aber es ist nothwendig.«

»Warum ist es nothwendig?«

»Weil ein Anführer seine Soldaten kennen muß.«

»Und alle diese Leute?«

»Werden morgen meine Soldaten sein.«

»Aber ich glaubte, Herr von Épernon…«

»St! sprecht diesen Namen hier nicht aus oder sprecht vielmehr gar keinen Namen aus; öffnet die Ohren und, schließt den Mund, und da ich Euch jegliche Gnade verhießen habe, so nehmt vorläufig diesen Rath auf Abschlag.«

»Ich danke, mein Herr.« sagte Ernauton.

Loignac wischte sich den Schnurrbart ab, stand auf und sprach:

»Meine Herren, der Zufall führt hier fünf und vierzig Landsleute zusammen, leeren wir ein Glas von diesem spanischen Wein auf die Wohlfahrt aller Anwesenden.«

Dieser Vorschlag wurde mit wüthendem Beifall aufgenommen.

»Sie sind meistens trunken,« sagte Loignac zu Ernauton, »es wäre ein guter Augenblick, Jeden seine Geschichte erzählen zu lassen, aber es fehlt uns an Zeit.«

Dann rief er die Stimme erhebend:

»Holla, Meister Fournichon, laßt alle Frauen, Kinder und Lackeien weggehen.«

Lardille erhob sich fluchend; sie hatte ihren Nachtisch noch nicht völlig verzehrt.

Militor rührte sich nicht.

»Hat man mich dort nicht gehört?« sprach Loignac mit einem Blicke, der keine Widerrede duldete…«

»Vorwärts, in die Küche, Herr Militor…«

Nach einem Augenblick waren nur noch die fünf und vierzig Gäste und Herr von Loignac im Saal.

»Meine Herren.« sagte der letztere, »Jeder von Euch weiß oder vermuthet wenigstens, wer ihn hat nach Paris kommen lassen… Gut, ruft nicht seinen Namen aus… Ihr wißt, das genügt…Ihr wißt auch, daß Ihr gekommen seid, um ihm zu gehorchen.«

Ein Gemurmel der Beistimmung erhob sich aus allen Theilen des Saales; nur, da Jeder einzig und allein das wußte, was ihn betraf, und nicht wußte, daß sein Nachbar durch dieselbe Macht wie er bewogen, gekommen war, schauten sich Alle erstaunt an.

»Es ist gut,« sprach Loignac, »Ihr werdet Euch später anschauen, meine Herren. Seid unbesorgt, Ihr habt Zeit, Bekanntschaft zu machen. Ihr seid also gekommen, um diesem Mann zu gehorchen: erkennt Ihr das an?«

»Ja,« riefen die Fünf und Vierzig, »wir erkennen, es an.«

»Nun wohl! um anzufangen,« fuhr, Loignac fort, »Ihr werdet Euch geräuschlos aus diesem Gasthofe wegbegeben, um die Wohnung zu beziehen, die man Euch angewiesen hat.«

»Allen?« fragte Sainte-Maline.

»Allen.«

»Wir sind Alle berufen, wir sind hier Alle gleich,« sagte Perducas, dessen Beine so unsicher waren, daß er um seinen Schwerpunkt zu behaupten, einen Arm um den Hals von Chalabre schlingen mußte.

»Nehmt Euch doch in Acht,« sprach dieser, »Ihr zerknittert mir mein Wamms.«

»Ja, Alle gleich vor dem Willen des Gebieters,« rief Loignac.

»Oh! Oh! mein Herr.« entgegnete Carmainges erröthend, »verzeiht, man sagte mir nicht, daß sich Herr von Épernon meinen Gebieter nenne.«

»Wartet doch.«

»So hatte ich die Sache nicht verstanden.«

»Aber wartet doch, verdammter Kopf.«

Es herrschte beider Mehrzahl ein neugieriges Schweigen und bei einigen Anderen ein ungeduldiges Schweigen.

»Ich habe Euch noch nicht gesagt, wer Euer Gebieter sein würde, meine Herren…«

»Ja,« versetzte Sainte-Maline, »aber Ihr sagtet, daß wir einen haben würden.«

»Die ganze Welt hat einen Gebieter,« rief Loignac, »aber wenn Euer Wesen zu stolz ist, um da stehen zu bleiben, wo Ihr gesagt habt, so sucht höher; ich verbiete es Euch nicht nur nicht, sondern ich bevollmächtige Euch dazu.«

»Der König,« murmelte Carmainges.

»Stille,« sprach Herr von Loignac, »Ihr seid hierher gekommen, um zu gehorchen, gehorcht also; mittlerweile ist hier ein Brief, den Ihr mit lauter Stimme zu lesen mir das Vergnügen machen werdet, Herr Ernauton.«

»Befehl an Herrn von Loignac zum Cammando, die fünf und vierzig Edelleute, die ich mit Bewilligung Seiner Majestät nach Paris berufen habe, zu übernehmen.

Rogaret de la Valette Herzog von
Épernon.«

Trunken oder wieder besänftigt, verbeugten sich Alle; es gab nur Ungleichheiten im Equilibre, als man sich wieder erheben mußte.

»Ihr habt mich also verstanden,« sagte Herr von Loignac. »Auf der Stelle müßt Ihr mir folgen, Eure Equipagen und Eure Leute bleiben hier bei Meister Fournichon, der für sie sorgen wird, und wo ich sie später holen lasse; jetzt aber sputet Euch, die Boote warten.«

»Die Boote?« wiederholten alle Gascogner, »wir werden uns also einschiffen?«

»Allerdings werdet Ihr Euch einschiffen,« erwiederte Loignac. Muß man nicht über das Wasser, um nach dem Louvre zu gehen?«

»In den Louvre, in den Louvre,« murmelten freudig die Gascogner, »Cap de Bious! wir gehen in den Louvre.«

Loignac erhob sich von der Tafel, ließ die Fünf und Vierzig an sich vorübergehen, zählte sie wie Schafe, und führte sie durch die Straßen bis zur Tour de Nesle.

Hier fanden sich drei große Barken, von denen jede fünfzehn Passagiere an Bord nahm, und sogleich entfernten sie sich vom Ufer.

»Was Teufels werden wir im Louvre machen?« fragten sich die Unerschrockensten, welche, durch die Kälte des Wassers vom Rausche befreit, der Mehrzahl nach sehr schlecht gekleidet waren.

»Wenn ich nur wenigstens meinen Panzer hätte,« murmelte Pertinax von Montcrabeau.

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