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Kitabı oku: «Königin Margot», sayfa 12

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»Dieses Gerücht ist unwahr, Madame, ich habe noch nicht eingewilligt.«

»Ihr seid jedoch entschlossen?«

»Das heißt, ich gehe mit mir zu Rathe. Was wollt Ihr? wenn man zwanzig Jahre alt und ungefähr König ist, Ventre-saint-gris! da gibt es Dinge, welche wohl eine Messe werth sind.«

»Unter Anderem das Leben, nicht wahr?«

Heinrich konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken.

»Ihr sagt mir nicht Alles, was Ihr denkt, Sire,« sprach Margarethe.

»Ich mache Vorbehalte gegen meine Verbündeten, Madame; denn Ihr wißt, wir sind bis jetzt nur Verbündete. Wäret Ihr zugleich meine Verbündete … und …«

»Und Eure Frau, nicht wahr, Sire?«

»Meine Treue, ja, und meine Frau.«

»Dann?«

»Dann wäre es vielleicht etwas Anderes, und ich würde am Ende darauf halten, König der Hugenotten zu bleiben, wie sie sagen … So aber muß ich mich mit dem Leben begnügen.«

Margarethe schaute Heinrich mit einer so seltsamer Miene an, daß sie den Verdacht eines minder feinen Geistes, als der des Königs von Navarra war, erweckt haben würde.

»Und seid Ihr wenigstens sicher, zum Resultate zu gelangen?« sprach sie.

»Beinahe,« erwiederte Heinrich, »Ihr wißt, Madame, daß man in dieser Welt keiner Sache völlig sicher ist.«

»Es ist wahr,« versetzte Margarethe, »Eure Majestät gibt so viel Mäßigung kund, offenbart so viel Uneigennützigkeit, daß sie, nachdem sie auf ihre Krone, auf ihre Religion Verzicht geleistet hat, wahrscheinlich, man hofft es wenigstens, auch auf ihre Verbindung mit einer Tochter von Frankreich Verzicht leisten wird.«

Diese Worte trugen eine so tiefe Bedeutung in sich, daß Heinrich unwillkürlich bebte, aber diese Bewegung überwindend, antwortete er mit Blitzesschnelligkeit:

»Wollt Euch erinnern, Madame, daß ich in diesem Augenblick nicht meinen freien Willen habe. Ich werde also das thun, was mir der König von Frankreich befiehlt. Würde man mich auch nur entfernt bei dieser Frage, wo es sich um nichts Geringeres, als um meinen Thron, um meine Ehre und um mein Leben handelt, zu Rathe ziehen, so wollte ich lieber, als meine Zukunft auf die Rechte zu setzen, die mir unsere gezwungene Heirath verleiht, mich als Jäger in irgend einem Schlosse oder als Büßender in irgend einem Kloster vergraben.«

Diese in ihre Lage ergebene Ruhe, dieses Verzicht leisten auf die Dinge dieser Welt erschreckten Margarethe. Sie dachte, dieser Bruch der Heirath wäre vielleicht zwischen Karl IX., Catharina und dem König von Navarra verabredet. Warum sollte man sie auch nicht zur Bethörten oder zum Opfer nehmen, da sie die Schwester des Einen und die Tochter der Andern war? Die Erfahrung hatte sie gelehrt, das dies kein Grund war, auf welchen sie ihre Sicherheit bauen konnte. Der Ehrgeiz ergriff das Herz der jungen Frau, oder vielmehr die junge Königin stand zu hoch über den gewöhnlichen Schwächen, um sich zu einem Trotze der Eitelkeit hinreißen zu lassen: bei jeder, selbst bei einer mittelmäßigen Frau, wenn sie liebt, hat die Liebe keine solche Erbärmlichkeiten, denn die wahre Liebe ist auch ein Ehrgeiz.

»Eure Majestät,« sprach Margarethe mit einer gewissen spöttischen Verachtung, »hat, wie es mir scheint, kein großes Zutrauen zu dem Gestirne, das über dem Haupte jedes Königs strahlt.«

»Ah!« sagte Heinrich, »ich mag das meinige in diesem Augenblick immerhin suchen, ich kann es nicht sehen; denn es ist in dem Sturme verborgen, der zu dieser Stunde über mir tobt.«

»Und wenn der Hauch einer Frau diesen Sturm verwehte und dieses Gestirn so glänzend machte, als es je war?«

»Das wäre sehr schwierig,« entgegnete Heinrich.

»Leugnet Ihr das Dasein dieser Frau, mein Herr?«

»Nein, ich leugne ihre Macht.«

»Ihr wollt sagen, ihren Willen.«

»Ich habe gesagt ihre Macht, und wiederhole das Wort. Die Frau ist nur wirklich mächtig, wenn die Liebe und das Interesse in gleichem Grade bei ihr vereinigt sind. Herrscht in ihr nur eines von diesen zwei Gefühlen, so ist sie verwundbar, wie Achill. Auf die Liebe dieser Frau aber, wenn ich mich nicht täusche, kann ich nicht zählen.«

Margarethe schwieg.

»Hört!« fuhr Heinrich fort, »bei dem letzten Schlage der Glocke von Saint-Germain-l’Auxerrois mußtet Ihr an die Wiedererlangung Eurer Freiheit denken, die man verpfändet hatte, um die Anhänger meiner Partei zu vernichten. Ich mußte an die Rettung meines Lebens denken. Das war das Dringendste. Wir verlieren dabei Navarra, ich weiß es wohl; aber Navarra ist wenig im Vergleich mit der Freiheit, die Ihr wiedererlangt, um laut in Eurem Zimmer sprechen zu können, was Ihr nicht zu thun wagtet, während Ihr Jemand hattet, der Euch von diesem Cabinet aus hörte.«

Obgleich im höchsten Maße unruhig, konnte sich Margarethe doch eines Lächelns nicht enthalten. Der König von Navarra war bereits aufgestanden, um in seine Wohnung zurückzukehren, denn es hatte schon vor einiger Zeit elf Uhr geschlagen, und im Louvre schlief Alles oder schien wenigstens Alles zu schlafen.

Der König machte drei Schritte nach der Thüre, dann plötzlich stille stehend, als ob er sich jetzt erst des Umstandes erinnerte, der ihn zu der Königin geführt hatte, sagte er:

»Doch, Madame, habt Ihr mir nicht gewisse Dinge mitzutheilen, oder wolltet Ihr mir nicht Gelegenheit bieten, Euch für die Frist zu danken, die mir Eure muthige Gegenwart in dem Waffencabinet des Königs gegeben hat? In der That, Madame, es war Zeit; ich kann nicht leugnen, Ihr seid gerade im rechten Augenblick, um mir das Leben zu retten, wie die Gottheit des Alterthums auf den Schauplatz herabgestiegen.«

»Unglücklicher!« rief Margarethe mit dumpfer Stimme, und ihren Gemahl beim Arm ergreifend. »Seht Ihr nicht, daß im Gegentheil nichts gerettet ist: weder Eure Freiheit, noch Eure Krone, noch Euer Leben? Blinder! Armer Wahnsinniger! Nicht wahr, Ihr habt in meinem Briefe nichts Anderes gesehen, als ein Rendezvous? Ihr glaubtet, verletzt durch eure Kälte, verlange Margarethe eine Genugtuung!«

»Madame,« sprach Heinrich erstaunt, »ich gestehe…«

Margarethe zuckte die Achseln mit einem unbeschreibbaren Ausdrucke.

In denselben Augenblick ertönte ein seltsames Geräuschs wie ein eiliges Kratzen, an der kleinen geheimen Thüre.

Margarethe zog den König nach der Seite dieser kleinen Thüre.

»Hört,« sagte sie.

»Die Königin Mutter verläßt so eben ihre Gemächer,« flüsterte eine vor Schrecken bebende Stimme, in welcher Heinrich sogleich die von Frau von Sauves erkannte.

»Und wohin geht sie?« fragte Margarethe.

»Sie kommt zu Eurer Majestät.«

Das Rauschen eines seidenen Kleides bewies in derselben Secunde, das sich Frau von Sauves in größter Eile wieder entfernte.

»Oh, oh!« rief Heinrich.

»Ich war es überzeugt,« sagte Margarethe.

»Und ich befürchtete es,« sprach Heinrich, »und zum Beweise, seht.«

Mit einer raschen Geberde öffnete er sein schwarzes Sammetwamms und zeigte Margarethe auf seiner Brust ein seines Panzerhemd von Stahl und einen langen Mailänder Dolch, der sogleich in seiner Hand glänzte, wie eine Schlange in der Sonne.

»Es handelt sich wohl um Eisen und Panzer!« rief Margarethe. »Geht, Sire, geht, verbergt diesen Dolch. Es ist allerdings die Königin, aber die Königin ganz allein.«

»Doch …«

»Sie ist es, ich höre sie, stille!«

Und sich an das Ohr von Heinrich neigend, sagte sie ihm einige Worte mit leiser Stimme. Rasch zog sich Heinrich hinter die Bettvorhänge zurück.

Margarethe sprang mit der Lebendigkeit eines Panthers nach dem Cabinet, wo La Mole bebend wartete, öffnete es, nahm ihn bei seiner Hand, drückte sie in der Dunkelheit und flüsterte ihm, so nahe zu ihm tretend, daß er ihren Hauch fühlte: »Stille, Stille! zu.

Dann, in ihr Zimmer zurückkehrend und die Thüre wieder verschließend löste sie ihren Kopfputz, durchschnitt mit ihrem Dolche alle Schnürbänder ihres Kleides und warf sich in ihr Bett.

Es war die höchste Zeit. Der Schlüssel drehte sich im Schlosse. Catharina hatte einen Passepartout für alle Thüren des Louvre.

»Wer ist da?« rief Margarethe, während Catharina an der Thüre eine Wache von vier Edelleuten aufstellte, welche sie begleitet hatten.

Und als wäre sie erschrocken über diesen ungestümen Einbruch in ihr Zimmer, schaute Margarethe in einem weißen Nachtmantel unter den Vorhängen hervor, sprang aus dem Bette und küßte, Catharina erkennend, mit einem Erstaunen, das zu gut gespielt war, als daß nicht die Florentinerin selbst dadurch hätte getäuscht werden müssen, ihrer Mutter die Hand.

XIV.
Zweite Hochzeitsnacht

Die Königin Mutter ließ ihren Blick mit wunderbarer Raschheit umherlaufen. Sammetpantoffeln am Fuße des Bettes, auf den Stühlen zerstreute Kleider von Margarethe, ihre Dinge, welche sie trieb, um den Schlaf zu vertreiben, überzeugten Catharina, daß sie ihre Tochter wirklich aufgeweckt hatte.

Da lächelte sie wie eine Frau, der ihre Pläne gelungen sind, zog einen Stuhl an sich und sagte:

»Wir wollen uns sehen, Margarethe, und mit einander plaudern.«

»Madame, ich höre.«

»Es ist Zeit,« sprach Catharina, ihre Augen mit der den Leuten, welche nachdenken oder ihr Inneres auf das Strengste zu verbergen suchen, eigenthümlichen Langsamkeit schließend, »es ist Zeit, meine Tochter, daß Ihr einseht, wie sehr Euer Bruder und ich bemüht sind, Euch glücklich zu machen.«

Der Eingang war erschreckend für Jemand, der Catharina kannte.

»Was will sie mir sagen?« dachte Margarethe.

»Euch verheirathend,« fuhr die Florentinerin fort, »haben wir einen von den politischen Acten vollzogen, welche oft durch wichtige Interessen von den Regierenden geheischt werden. Aber ich muß gestehen, mein armes Kind, wir glaubten nicht, daß der Widerwille des Königs von Navarra für Euch, die Ihr so jung, so schön und so verführerisch seid, bis auf diesen Grad hartnäckig bleiben wurde.«

Margarethe stand auf und machte, ihr Nachtgewand über einander schlagend, eine ceremoniöse Verbeugung vor ihrer Mutter.

»Ich erfahre erst diesen Abend,« sprach Catharina, »sonst würde ich Euch früher besucht haben, daß Euer Gemahl weit entfernt ist, die Rücksichten für Euch zu nehmen, die er nicht nur einer hübschen Frau, sondern auch einer Tochter von Frankreich schuldig ist.«

Margarethe stieß einen Seufzer aus, und Catharina fuhr, ermuthigt durch diese stumme Beipflichtung, fort:.

»Daß der König von Navarra öffentlich eine von meinen Frauen unterhält, daß er sie bis zum Scandal anbetet, daß er dieser Liebe wegen die Frau verachtet, die man ihm in Gnaden bewilligt hat, das ist ein Unglück, gegen welches wir keine Mittel haben, wir armen Allmächtigen! das jedoch der geringste Edelmann unseres Königreiches bestrafen würde, indem er seinen Eidam vorforderte oder durch seinen Sohn vorfordern ließe.«

Margarethe senkte das Haupt.

»Seit geraumer Zeit,« sprach Catharina, »sehe ich meine Tochter, an Euern gerötheten Augen, an Euern bittern Ausbrüchen gegen die Sauves, daß die Wunde Eures Herzens, trotz aller Eurer Anstrengungen, nicht fortwährend innerlich bluten kann.«

Margarethe bebte. Die Vorhänge hatten sich teils bewegt, aber Catharina bemerkte es zum Glücke nicht.

»Diese Wunde,« sagte sie, ihre liebevolle Zärtlichkeit verdoppelnd, »diese Wunde, mein Kind, zu heilen ist die Sache der Hand einer Mutter. Diejenigen, welche im Glauben, Euer Glück zu machen, Eure Heirath beschlossen und in ihrer Besorgtheit für Euch bemerken, daß Heinrich von Navarra jede Nacht sich im Zimmer täuscht, können es nicht dulden, daß ein Königlein wie er alle Augenblicke eine Frau von Eurer Schönheit, von Eurem Range und von Eurem Verdienste durch die Verachtung Eurer Person und durch die Vernachlässigung seiner Nachkommenschaft verletzt; diejenigen endlich, welche sehen, daß dieser tolle, freche Kopf bei dem ersten Winde, den er für günstig hält, sich gegen unsere Familie wenden und Euch aus seinem Hause vertreiben wird, … haben sie nicht das Recht, Eure Zukunft, sie von der seinigen trennen, auf eine Eurer und Euerer Lage würdigere Weise zu sichern?«

»Madame,« antwortete Margarethe, »trotz dieser Bemerkungen voll mütterlicher Liebe, die mich ehren und mit Freude erfüllen, erlaube ich mir, Eurer Majestät einzuwenden, daß der König von Navarra mein Gatte ist.«

Catharina machte eine Bewegung des Zorns, näherte sich Margarethe und rief:

»Er, Euer Gatte! Genügt es, um Mann und Frau zu sein, daß die Kirche Euch gesegnet hat, und besteht die Einweihung der Ehe nur in der Einweihung des Priesters? Er, Euer Gatte! Ei, meine Tochter, wenn Ihr Frau von Sauves wäret, könntet Ihr mir diese Antwort geben. Aber gegen alle unsere Erwartung ist es, seitdem wir Heinrich von Navarra Euch seine Frau zu nennen bewilligt haben, eine Andere, der er diese Rechte schenkte, und sogar in diesem Augenblick …« sprach Catharina, die Stimme erhebend, »kommt, kommt mit mir, dieser Schlüssel öffnet die Wohnung von Frau von Sauves, und Ihr werdet sehen.«

»Oh! leiser, leiser, Madame, ich bitte,« versetzte Margarethe, »denn Ihr täuscht Euch nicht nur, sondern Ihr werdet auch …«

»Nun?«

»Ihr werdet meinen Gatten erwecken.«

Bei diesen Worten erhob sich Margarethe mit einer wahrhaft wollüstigen Grazie. Die kurzen Aermel ihres halb geöffneten Nachtgewandes ließen ihren Arm von so reiner Form und ihre wahrhaft königliche Hand entblößt. Sie näherte sich mit einer Rosawachskerze dem Bette und deutete, den Vorhang auf die Seite schiebend, mit dem Finger auf das stolze Profil, auf die schwarzen Haare und den offenen Mund des Königs von Navarra, der in dem in Unordnung gebrachten Lager im ruhigsten, tiefsten Schlafe zu liegen schien.

Bleich, die Augen starr, den Körper zurückgebogen, als ob sich ein Abgrund vor ihren Schritten geöffnet hätte, stieß Catharina nicht einen Schrei, sondern ein dumpfes Brüllen aus.

»Ihr seht, Madame,« sprach Margarete, »Ihr seid schlecht unterrichtet.«

Catharina warf einen Blick auf Margarethe. Und dann einen zweiten auf Heinrich. Sie vereinigte in ihrem thätigen Geiste das Bild dieser bleichen, feuchten Stirne, die er von einem leichten dunkeln Kreise umgebenen Augen mit dem Lächeln von Margarethe, und biß sich in stiller Wuth in die Lippen.

Margarethe gestattete ihrer Mutter, dieses Bild, das die Wirkung des Medusenhauptes auf sie machte, einen Augenblick zu betrachten. Dann ließ sie den Vorhang fallen, kehrte auf den Fußspitzen zu Catharina zurück, setzte sich wieder auf ihren Stuhl und sprach:

»Ihr sagtet, Madame? …«

Die Florentinerin suchte eine Secunde lang diese Naivetät der jungen Frau zu ergründen. Dann, als ob sich ihre scharfen Blicke auf der Ruhe von Margarethe abgestumpft hätten, erwiederte sie: »Nichts!« und verließ mit großen Schritten das Zimmer.

Sobald das Geräusch sich in der Tiefe des Flurs verloren hatte, öffnete sich der Bettvorhang abermals, und Heinrich kam, das Auge glänzend, den Athem gehemmt, die Hand zitternd, hervor und kniete vor Margarethe nieder. Er hatte nur seine Beinkleider und sein Panzerhemd an, so daß Margarethe, als sie ihn in diesem Costume erblickte, sich eines lauten Lachens, während sie ihm herzlich die Hand drückte, nicht enthalten konnte.

»Ah! Madame, ah! Margarethe, wie kann ich je meine Schuld an Euch bezahlen?«

Und er bedeckte ihre Hand mit Küssen, welche von da unmerklich zu den Armen der jungen Frau hinaufstiegen.

»Sire,« sagte sie, sachte zurückweichend, »vergeßt Ihr, daß zu dieser Stunde eine arme Frau, der Ihr das Leben zu verdanken habt, für Euch leidet und seufzt? Frau von Sauves,« fügte sie ganz leise bei, »hat Euch ihre Eifersucht zum Opfer gebracht, indem sie Euch zu mir schickte, und nachdem sie Euch ihre Eifersucht geopfert, opfert sie Euch vielleicht auch ihr Leben; denn Ihr wißt besser, als irgend Jemand, daß der Zorn meiner Mutter furchtbar ist.«

Heinrich bebte und machte aufstehend eine Bewegung, um sich zu entfernen.

»Doch ich bedenke und beruhige mich,« sprach Margarethe mit einer bewunderungswürdigen Coquetterie. »Der Schlüssel ist Euch ohne Andeutung gegeben werden, und man wird glauben, Ihr habet mir diesen Abend den Vorzug bewilligt.«

»Und ich bewillige ihn Euch, Margarethe; laßt Euch nur herbei, zu vergessen …«

»Leiser, Sire, leiser,« versetzte die Königin, die Worte parodirend, die sie zehn Minuten vorher an ihre Mutter gerichtet hatte. »Man hört Euch von dem Cabinet aus, und da ich noch nicht ganz frei bin, Sire, so bitte ich Euch, weniger laut zu sprechen.«

»Oho!« sagte Heinrich halb lachend, halb verdüstert, »es ist richtig, ich vergaß, daß wahrscheinlich nicht ich dazu bestimmt bin, das Ende dieser interessanten Scene zu spielen. Dieses Cabinet …«

»Gehen wir hinein, Sire,« erwiederte Margarethe, »denn ich will die Ehre haben, Euerer Majestät einen braven Edelmann vorzustellen, der während der Metzelei verwundet wurde und bis in den Louvre drang, um Eure Majestät von der Gefahr, die sie lief, zu benachrichtigen.«

Die Königin ging nach der Thüre zu. Heinrich folgte seiner Gemahlin. Die Thüre öffnete sich, und Heinrich blieb ganz erstaunt stille stehen, als er in diesem von dem Schicksal für Ueberraschungen bestimmten Cabinet einen Mann erblickte.

Aber La Mole war noch mehr erstaunt, da er sich ganz unerwartet dem König von Navarra gegenüber befand. Heinrich warf Margarethe einen ironischen Blick zu, den diese vortrefflich aushielt.

»Sire,« sprach Margarethe, »ich muß befürchten, man könnte selbst in meiner Wohnung diesen Edelmann tödten, der dem Dienste Eurer Majestät ergeben ist, und den ich unter Euern Schutz stelle.«

»Sire,« sagte nun der junge Mann, »ich bin Graf Lerac de La Mole, den Euere Majestät erwartete, und der Euch von dem armen Herrn von Téligny, welcher an meiner Seite getödtet wurde, empfohlen worden ist.«

»Ah! Ah!« rief Heinrich, »die Königin hat mir auch wirklich seinen Brief zugestellt; aber hattet Ihr nicht noch einen andern Brief von dem Herrn Gouverneur von Languedoc?«

»Ja, Sire, mit dem Auftrage, denselben sogleich bei meiner Ankunft Euerer Majestät zu übergeben.«

»Warum habt Ihr es nicht gethan?«

»Sire, ich habe mich gestern Abend in den Louvre begeben; aber Euere Majestät war so beschäftigt, daß sie mich nicht empfangen konnte.«

»Das ist wahr,« sprach der König, »aber warum habt Ihr mir den Brief nicht auf eine andere Weise zukommen lassen?«

»Ich hatte Befehl von Herrn d’Auriac, ihn nur Euerer Majestät selbst einzuhändigen; denn er enthielt, wie er mich versicherte, einen so wichtigen Rath, daß er ihn nicht einem gewöhnlichen Boten anzuvertrauen wagte.«

»In der That,« sprach der König, nachdem er den Brief genommen und gelesen hatte, »es war der Rath, den Hof zu verlassen und mich nach Bearn zurückzuziehen. Herr d’Auriac gehörte, obgleich ein Katholik, zu meinen guten Freunden, und hatte als Gouverneur einer Provinz wahrscheinlich Wind von dem, was vorging. Ventre-saint-gris, mein Herr, warum habt Ihr mir diesen Brief nicht vor drei Tagen zugestellt, statt ihn nun heute zu übergeben?«

»Weil ich, wie ich Euerer Majestät zu bemerken die Ehre hatte, so sehr ich mich auch beeilte, erst gestern hier eintreffen konnte.«

»Das ist ärgerlich, sehr ärgerlich,« murmelte der König, »denn zu dieser Stunde wären wir in Sicherheit in La Rochelle oder auf irgend einer guten Ebene mit zwei bis dreitausend Pferden um uns her.

»Sire, was geschehen ist, ist geschehen,« sprach Margarethe halblaut, »und statt daß Ihr Eure Zeit mit Schmähungen über die Vergangenheit verliert, muß man eher darnach trachten, aus der Zukunft so viel als möglich Nutzen zu ziehen.«

»Ihr hättet also an meiner Stelle einige Hoffnung?« sagte Heinrich mit seinem forschenden Blicke.

»Ja, gewiß, und ich würde das eingegangene Spiel als eine Partie zu drei Points betrachten, von denen ich nur den ersten verloren hätte.«

»Ah! Madame,« erwiederte Heinrich ganz leise, »wenn ich wüßte, daß Ihr Euch bei meinem Spiele zur Hälfte betheiligen würdet!«

»Wenn ich hätte wollen auf die Seite Euerer Gegner übergehen,« antwortete Margarethe, »so würde ich ohne Zweifel nicht so lange gewartet haben.«

»Das ist richtig,« sprach Heinrich, »ich bin ein Undankbarer, und es läßt sich, wie Ihr sagt, heute noch Alles gut machen.«

»Ach! Sire,« versetzte La Mole, »ich wünsche Euerer Majestät alles mögliche Glück; aber wir haben heute den Herrn Admiral nicht mehr.«

Heinrich lächelte mit jenem Lächeln eines verschmitzten Bauern, das man bei Hof erst an dem Tage begriff, wo er König von Frankreich wurde.

»Madame,« sagte er, La Mole aufmerksam anschauend, »dieser Herr kann nicht bei Euch verweilen, ohne Euch unendlich lästig zu werden und ärgerlichen Ueberraschungen ausgesetzt zu sein. Was werdet ihr mit ihm machen?«

»Sire,« erwiederte Margarethe, »können wir ihn nicht aus dem Louvre bringen? denn ich bin in jeder Beziehung Euerer Meinung.«

»Das ist schwierig.«

»Sire, kann Herr de La Mole nicht ein wenig Raum in der Wohnung Eurer Majestät finden?«

»Ach, Madame, Ihr behandelt mich immer noch, als ob ich König der Hugenotten wäre, und besonders als ob ich noch ein Volk hätte. Ihr wißt wohl, daß ich halb bekehrt bin.«

Eine Andere als Margarethe hätte wohl sogleich geantwortet: Er ist Katholik; aber die Königin wollte sich von Heinrich fragen lassen, was sie von ihm zu haben wünschte. La Mole, da er diese Zurückhaltung seiner Beschützerin sah und nicht wußte, wohin er seinen Fuß auf dem schlüpfrigen Boden eines so gefährlichen Hofes, wie der von Frankreich war, setzen sollte, schwieg ebenfalls.

»Aber,« versetzte Heinrich, den von La Mole überbrachten Brief noch einmal durchlesend, »aber was sagt mir denn der Herr Gouverneur von Provence, … Eure Mutter wäre eine Katholikin, und daher rühre seine Freundschaft für Euch?«

»Und was spracht Ihr denn mit mir?« sagte Margarethe, »nicht von einem Gelübde, das Ihr gethan, Herr Graf, von einer Religionsveränderung? Meine Gedanken verwirren sich in dieser Hinsicht. Helft mir doch, Herr de La Mole. Handelte es sich nicht um irgend eine Sache, die dem ähnlich ist, was der König zu wünschen scheint?«

»Ach ja, aber Euere Majestät hat meine Erklärungen hierüber so kalt aufgenommen, daß ich es nicht wagte …«

»Weil mich das durchaus nichts anging, mein Herr; erklärt Euch gegen den König.«

»Nun wie, verhält es sich mit diesem Gelübde.«

»Sire, von Mördern verfolgt, ohne Waffen, ohne Waffen, beinahe sterbend an meinen Wunden, kam es mir vor, als erblickte ich den Schatten meiner Mutter, der mich, ein Kreuz in der Hand, nach dem Louvre führte. Da that ich das Gelübde, wenn mein Leben gerettet würde, die Religion meiner Mutter anzunehmen, der Gott gestattet hatte, ihr Grab zu verlassen, um mir während dieser furchtbaren Nacht als Führerin zu dienen. Gott hat mich hierher geleitet, Sire. Ich sehe mich unter dem doppelten Schutze einer Tochter von Frankreich und des Königs von Navarra. Mein Leben wurde auf eine wunderbare Weise gerettet, ich muß mein Gelübde erfüllen, Sire, und bin bereit, Katholik zu werden.«

Heinrich runzelte die Stirne. Der Skeptiker begriff die Abschwörung aus Interesse, aber er zweifelte sehr an der Abschwörung aus Glauben.

»Der König will sich meines Schützlings nicht annehmen,« dachte Margarethe.

La Mole blieb schüchtern zwischen den zwei entgegengesetzten Willen. Er fühlte, ohne es sich erklären zu können, das Lächerliche seiner Lage. Abermals war es Margarethe, welche ihn mit ihrem weiblichen Zartgefühle seiner schlimmen Stellung entriß.

»Sire,« sagte sie, »vergessen wir nicht, daß der arme Verwundete der Ruhe bedarf. Ich selbst sinke vor Schlaf beinahe um. Ha, seht, er erbleicht!«

La Mole erbleichte wirklich; aber es waren die letzten Worte von Margarethe, die er gehört und sich verdolmetscht hatte, was ihn erbleichen machte.

»Nun wohl, Madame,« sprach Heinrich, »das ist ganz einfach; können wir Herrn de La Mole nicht ruhen lassen?«

Der junge Mann richtete einen flehenden Blick an Margarethe und sank, von Schmerz und Anstrengung gebrochen, trotz der Anwesenheit der zwei Majestäten, auf einen Stuhl.

Margarethe begriff alle Liebe, die in diesem Blicke, alle Verzweiflung, die in dieser Schwäche lag.

»Sire,« sprach sie, »es geziemt Euerer Majestät, diesem jungen Edelmann, der sein Leben für seinen König gewagt hat, indem er hierher lief, um Euch den Tod des Admirals und Télignys zu melden, während er selbst verwundet war, es geziemt Euerer Majestät, sage ich, ihm eine Ehre zu erweisen, für die er sein ganzes Leben lang dankbar sein wird.«

»Welche Ehre, Madame? ich bin bereit.«

»Herr de La Mole wird diese Nacht zu den Füßen Euerer Majestät schlafen, welche auf diesem Ruhebett schläft. Mit Erlaubniß meines erhabenen Gemahls,« fügte Margarethe lächelnd bei, »werde ich für meine Person Gillonne rufen und mich zu Bette begeben; denn ich schwöre, Sire, ich bin nicht diejenige von uns Dreien, welche am wenigsten der Ruhe bedarf.«

Heinrich hatte Geist, vielleicht ein wenig zu viel Geist: seine Freunde und seine Feinde warfen es ihm wenigstens später vor. Aber er begriff, daß diejenige, welche ihn von dem ehelichen Lager verbannte, hierzu das Recht durch die von ihm gegen sie an den Tag gelegte Gleichgültigkeit erlangt hatte. Überdies rächte sich Margarethe für diese Gleichgültigkeit dadurch, daß sie ihm das Leben rettete. Er antwortete also, ohne Eigenliebe:

»Madame, wenn Herr de La Mole im Stande wäre, in mein Zimmer zu gehen, so würde ich ihm mein eigenes Bett anbieten.«

»Ja,« versetzte Margarethe, »aber Euere Wohnung kann in diesem Augenblicke weder Euch, noch Herrn de La Mole schützen, und die Klugheit heischt, dass Euere Majestät bis morgen hier bleibt.«

Und ohne die Antwort des Königs abzuwarten, rief sie Gillonne, ließ die Kissen für den König und zu den Füßen des Königs ein Bett für La Mole bereiten, der durch diese Ehre so glücklich und zufrieden zu sein schien, daß man geschworen hätte, er fühlte seine Wunden nicht mehr.

Margarethe machte dem König eine ceremoniöse Verbeugung und legte sich, in ihr Zimmer zurückgekehrt, das auf allen Seiten gut verriegelt wurde, sogleich zu Bette.

»Nunmehr,« sagte Margarethe zu sich selbst, »nunmehr ist es nöthig, daß Herr de La Mole morgen einen Beschützer im Louvre bekommt, und wer diesen Abend taube Ohren gemacht hat, wird es morgen bereuen.«

Dann gab sie Gillonne, welche aus ihre letzten Befehle wartete, ein Zeichen, diese zu empfangen.

Gillonne näherte sich.

»Gillonne,« sagte sie leise zu ihr, »mein Bruder, der Herzog von Alençon, muß morgen unter irgend einem Vorwande Lust haben, vor acht Uhr hierher zu kommen.«

Es schlug zwei Uhr im Louvre.

La Mole sprach noch einen Augenblick über politische Dinge mit dem König, der allmählich entschlief und bald so laut schnarchte, als läge er in seinem Federbette in Bearn.

La Mole hätte vielleicht geschlafen wie der König, aber Margarethe schlief nicht. Sie drehte sich in ihrem Bette hin und her, und dieses Geräusch störte die Gedanken und den Schlummer des jungen Mannes.

»Er ist sehr jung,« murmelte Margarethe in ihrer Schlaflosigkeit, »er ist sehr schüchtern, vielleicht ist er sogar … man muß das sehen, vielleicht ist er sogar lächerlich;… jedoch schöne Augen, gut gewachsen, viele Reize; … wenn er aber nicht muthig wäre! … Er floh … er schwört ab … das ist ärgerlich; … der Traum fing gut an; … vorwärts … Lassen wir den Dingen ihren Lauf und bauen wir auf den dreifachen Gott der tollen Henriette.«

Gegen Tag entschlief endlich Margarethe,Eros, Cupido, Amor murmelnd.

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04 aralık 2019
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