Kitabı oku: «Königin Margot», sayfa 17
Er stand daher auf, ließ die Hand von Margarethe in der von Coconnas, ergriff die der Herzogin von Nevers, setzte ein Knie auf die Erde und sprach:
»Oh schöne, oh anbetungswürdigste der Frauen, ich spreche von den lebenden Frauen und nicht von den Schatten und er richtete einen Blick und ein Lächeln an Margarethe, erlaubt einer von ihrer plumpen Hülle befreiten Seele, die Abwesenheiten eines ganz durch materielle Freundschaft entrückten Körpers gut zu machen. Herr von Coconnas, den Ihr hier seht, ist nur ein Mensch, ein Mensch von sicherem festem Bau, es ist vielleicht ein schön anzuschauendes Fleisch, aber vergänglich wie alles Fleisch,omnis caro foenum. Obgleich dieser Mann vom Morgen bis zum Abend die rührendsten Litaneien in Beziehung auf Euch an mich richtet, obgleich Ihr ihn die mächtigsten Streiche habt austheilen sehen, welche so in Frankreich geführt worden sind, so wagt es doch dieser Kämpe, so stark er in der Beredsamkeit bei einem Schatten ist, nicht, mit einer Frau zu sprechen. Deshalb hat er sich an den Schatten der Königin gewendet, mich aber dabei beauftragt, zu Eurem schönen Körper zu sprechen, Euch zu sagen, daß er zu Euren Füßen sein Herz und seine Seele niederlegt, daß er bittet, Eure göttlichen Augen mögen ihn mitleidig anschauen, Eure rosigen, glühenden Finger mögen ihn durch ein Zeichen herbeirufen, Eure vibrirende, harmonische Stimme möge ihm von den Worten sagen, die man nie vergißt, oder wenn nicht, so hat er mich um Eines gebeten, er hat mich gebeten, falls er Euch nicht erweichen könnte, ihm zum zweiten Male meinen Degen in den Leib zu rennen, und das ist eine wirkliche Klinge, denn die Degen haben nur in der Sonne Schatten, ihn zu tödten, sage ich, denn er vermöchte nicht zu leben, wenn ihr ihn nicht bevollmächtigt, ausschließlich für Euch zu leben.«
So viel lustigen Aufschwung Coconnas in seine Rede gelegt hatte, eben so viel Gefühl, so viel Ergreifendes legte La Mole in seine Bitte.
Die Augen von Henriette wandten sich nun von La Mole ab, den sie die ganze Zeit, die er sprach, angehört hatte, und gingen auf Coconnas über, um zu sehen, ob der Ausdruck seines Gesichtes mit der verliebten Rede seines Freundes im Einklang stünde. Sie schien befriedigt, denn roth, heftig athmend, besiegt, sagte sie zu Coconnas mit einem Lächeln, das eine doppelte Reihe in Koralle eingefügter Zähne entblößte:
»Ist es wahr?«
»Mordi!« rief Coconnas, bezaubert durch diesen Blick und brennend von dem Feuer desselben Fluidums, »ob es wahr ist! … Oh! ja, Madame, es ist wahr, wahr bei Eurem Leben, wahr bei meinem Tode!«
»Dann kommt,« sprach Henriette und reichte ihm die Hand mit einer Hingebung, welche das Schmachten ihres Auges verrieth.
Coconnas warf seine Sammetmütze in die Luft und war mit einem Sprunge bei der jungen Frau, während La Mole seinerseits, durch eine Geberde von Margarethe herbeigerufen, ein verliebtes Chassé-Croisé mit seinem Freunde machte.
In diesem Augenblicke erschien René an der Thüre.
»Stille!« rief er mit einem Tone, der diese ganze Flamme auslöschte, »stille!«
Und man hörte in der Tiefe der Mauer das Anstreifen des in einem Schlosse ächzenden Eisens und das Geräusch einer auf ihren Angeln sich drehenden Thüre.
»Mir scheint,« sprach Margarethe stolz, »es hat Niemand das Recht, hier einzutreten, wenn wir hier sind.«
»Nicht einmal die Königin Mutter?« flüsterte ihr René in das Ohr.
Margarethe stürzte sogleich, La Mole nach sich ziehend, nach der äußeren Treppe; Henriette und Coconnas eilten ihnen, halb umschlungen, rasch nach.
Alle Vier entflogen, wie bei dem ersten indiscreten Geräusch die anmuthigen Vögel entstiegen, die man auf einem blühenden Zweige sich hat schnäbeln sehen.
XX.
Die schwarzen Hühner
Es war Zeit, daß die Paare verschwanden. Catharina steckte den Schlüssel in das Schloß der zweiten Thüre, in dem Augenblick, da Coconnas und Frau von Nevers durch den andern Eingang eilten, und Catharina konnte bei ihrem Eintritte das Krachen der Treppe unter den Tritten der Flüchtlinge hören.
Sie warf einen forschenden Blick um sich her, heftete ihr argwöhnisches Auge auf René, der sich verbeugend vor ihr stand, und fragte:
»Wer war da?«
»Liebende, die sich mit meinem Worte begnügten, als ich ihnen die Versicherung gab, daß sie sich liebten.«
»Lassen wir das,« versetzte Catharina, die Achseln zuckend, »ist sonst Niemand mehr hier?«
»Niemand, als Euere Majestät und ich.«
»Habt Ihr gethan, was ich Euch befahl?«
»In Betreff der schwarzen Hühner?«
»Ja.«
»Sie sind bereit, Madame.«
»Ah! Wenn Ihr ein Jude wäret,« murmelte Catharina.
»Ich, ein Jude, Madame, warum?«
»Weil Ihr die kostbaren Bücher lesen könntet, welche die Hebräer über die Opfer geschrieben haben. Ich habe mir eines derselben übersetzen lassen und daraus ersehen, daß die Hebräer weder in dem Herzen noch in der Leber, wie die Römer, die Vorbedeutungen suchten, sondern in der Beschaffenheit des Gehirns und in der Figuration der Buchstaben, welche durch die allmächtige Hand des Geschicks hineingezeichnet sind.«
»Ja, Madame, das habe ich auch von einem alten Rabbiner, einem Freunde von mir, gehört.«
»Es gibt,« sprach Catharina, »auf eine Weise gezeichnete Charaktere, daß sie ein ganzes prophetisches Leben enthüllen. Nur empfehlen die chaldäischen Gelehrten …«
»Empfehlen … was?« fragte René, als er sah, daß die Königin fortzufahren zögerte.
»Sie empfehlen, daß man seine Erfahrungen an menschlichen Gehirnen mache, da sie mehr entwickelt und sympathetischer mit dem Willen der um Rath Fragenden seien.«
»Ach! Madame,« sagte René, »Euere Majestät weiß wohl, daß dieses unmöglich ist.«
»Schwierig, wenigstens,« sagte Catharina, »denn wenn wir das in der Sanct-Bartholomäusnacht gewußt hätten … wie! René, was für eine reiche Ernte! Der Erste, der zum Tode verurtheilt wird … ich werde daran denken. Mittlerweile bleiben wir im Kreise des Möglichen. Ist die Opferkammer bereit?«
»Ja, Madame.«
»Gehen wir hinein.«
René zündete eine aus seltsamen Elementen verfertigte Kerze an, deren bald feiner, durchdringender, bald unangenehm betäubender Geruch die Einmischung verschiedener Stoffe kundgab; dann ging er, Catharina voranleuchtend, zuerst in die Zelle.
Catharina wählte selbst unter allen Opferinstrumenten ein Messer von blau angelaufenem Stahl, während René eines von den zwei schwarzen Hühnern holte, welche in einer Ecke ihr unruhiges Goldauge rollten.
»Wie werden wir verfahren?«
»Wir befragen die Leber des einen und das Gehirn des andern. Geben uns die zwei Versuche die gleichen Resultate, so muß man daran glauben, besonders wenn diese Resultate mit den seither erhaltenen im Einklange stehen.«
»Wo fangen wir an?«
»Mit der Leber.«
»Gut,« sagte René, und befestigte das Huhn mit zwei an den beiden Enden angebrachten Ringen so auf dem kleinen Altar, daß das auf den Rücken gelegte Thier zwar zappeln, aber sich nicht von der Stelle rühren konnte.
Catharina öffnete ihm die Brust mit einem einzigen Messerschnitte. Das Huhn stieß drei Schreie aus und verschied, nachdem es ziemlich lange gezuckt hatte.
»Immer die drei Schreie,« murmelte Catharina, »drei Todeszeichen.«
Dann öffnete sie den Leib.
»Und die Leber neigt sich nach links,« fuhr sie fort, »immer nach links, dreifacher Tod, gefolgt von dem Verluste eines Thrones. Weißt Du, René, daß das furchtbar ist?«
»Man muß sehen, Madame, ob die Zeichen des zweiten Opfers mit denen des ersten übereinstimmen?«
René machte das todte Huhn los und warf es in eine Ecke. Dann ging er auf das andere zu, welches, sein Schicksal nach dem seines Gefährten beurtheilend, sich demselben zu entziehen suchte, in der Zelle umherlief, und als es sich endlich beinahe gefangen sah, über dem Kopf von René hinflog und bei seinem Fluge die magische Kerze auslöschte, welche Catharina in der Hand hielt.
»Ihr seht es, René,« sagte die Königin, »so wird unser Geschlecht erlöschen. Der Tod wird darüber wehen und es wird verschwinden von der Oberfläche der Erde. Drei Söhne jedoch, drei Söhne …« murmelte Catharina traurig.
René nahm aus ihren Händen die ausgelöschte Kerze und zündete sie in dem anstoßenden Zimmer wieder an.
Als er zurückkam, sah er, daß das Huhn seinen Kopf in den Trichter gesteckt hatte.
»Diesmal werde ich die Schreie vermeiden,« sagte die Königin, »denn ich schneide ihm den Hals mit einem Zuge ab.«
Und als das Huhn befestigt war, schnitt ihm Catharina wirklich, wie sie es gesagt hatte, mit einem Zuge den Kopf ab. Aber bei der letzten Zuckung öffnete sich der Schnabel drei Mal und schloß sich wieder, um sich nie mehr zu öffnen.
»Siehst Du!« sagte Catharina erschrocken, »in Ermangelung von drei Schreien drei Seufzer. Alle diese Seelen, ehe sie scheiden, zählen und rufen bis auf drei. Betrachten wir jetzt die Zeichen des Gehirns.«
Catharina schlug den bleich gewordenen Kamm des Thieres ab, öffnete vorsichtig die Hirnschale und suchte, dieselben so trennend, daß die Lappen des Gehirnes entblößt blieben, die Form irgend eines Buchstabens auf den blutigen Krümmungen zu finden, welche die Theilung des Hirnmarkes zieht.
»Immer,« rief sie in ihre Hände schlagend, »immer! und diesmal ist das Vorzeichen deutlicher als je. Komm’ und sieh.«
René näherte sich.
Was für ein Buchstabe ist dies?« fragte Catharina auf ein Zeichen deutend.
»Ein H,« antwortete René.
»Wie oft wiederholt?«
René zählte.
»Viermal.«
»Nun, ist es wirklich so? Ich sehe es, das heißt Heinrich IV. Oh,« rief sie, »ich bin verflucht in meiner Nachkommenschaft.«
Sie bot einen furchtbaren Anblick, diese leichenblasse Frau, beleuchtet von der düsteren Flamme der Kerze, und die blutigen Hände krampfhaft zusammenziehend.
»Er wird regieren,« sagte sie mit einem Seufzer der Verzweiflung, »er wird regieren.«
»Er wird regieren,« wiederholte René, in eine tiefe Träumerei versunken.
Bald verschwand jedoch der finstere Ausdruck von den Zügen von Catharina bei dem Strahle eines Gedankens, der plötzlich aus dem Grunde ihres Gehirnes aufzutauchen schien.
»René,« sagte sie, die Hand nach dem Florentiner ausstreckend, ohne ihr auf die Brust geneigtes Haupt abzuwenden, »René, gibt es nicht eine furchtbare Geschichte von einem Arzte in Perugia, der auf einen Schlag mit Hilfe einer Pommade eine Tochter und den Geliebten seiner Tochter vergiftete?«
»Ja, Madame.«
»Und dieser Liebhaber war?« fuhr Catharina immer nachdenkend fort.
»Es war der König Ladislaus, Madame.«
»Uh! ja, das ist wahr,« murmelte sie. »Wißt Ihr etwas Näheres von dieser Geschichte?«
»Ich besitze ein altes Buch, welches davon handelt.«
»Wohl, gehen wir in das andere Zimmer, Ihr werdet es mir leihen.«
Beide verließen die Zelle, deren Thüre René hinter sich schloß.
»Hat mir Euere Majestät noch Befehle in Betreff neuer Opfer zu ertheilen?« fragte der Florentiner.
»Nein, René, nein; ich bin für den Augenblick hinreichend überzeugt. Wir wollen warten, bis wir uns den Kopf eines Verurtheilten verschaffen können, und am Tage der Hinrichtung unterhandelst Du mit dem Henker.«
René verbeugte sich beipflichtend, dann näherte er sich, die Kerze in der Hand, den Fächern, wo seine Bücher ausgestellt waren, stieg auf den Stuhl, nahm eines heraus und gab es der Königin.
Die Königin öffnete es.
»Was ist das?« sagte sie. »Ueber die Art, wie man gemeine Falken und Geierfalken aufzieht und füttert, damit sie tapfer, muthig und stets zur Beitze bereit seien.«
»Ah, ich bitte um Vergebung, Madame, ich täusche mich; das ist eine Abhandlung über die Jägerei von einem gelehrten Luccesen für den berühmten Castruccio Castracani abgefaßt. Es stand neben dem andern und ist auf dieselbe Weise gebunden. Ich habe mich getäuscht. Uebrigens ist es ein sehr kostbares Buch, denn es gibt nur drei Exemplare davon in der Welt: eines gehört der Bibliothek von Venedig, das andere wurde von Eurem Ahnherrn Lorenz erkauft und von Peter von Medicis dem König Karl VIII., als er nach Florenz kam, zum Geschenk überreicht, das dritte ist dieses.«
»Ich verehre es wegen seines Alters,« sprach Catharina, »gebe es Euch jedoch zurück, da ich dessen nicht bedarf.«
Und sie streckte ihre rechte Hand gegen René aus, um das andere in Empfang zu nehmen, während sie ihm mit der linken Hand das zurückgab, welches sie zuerst erhalten hatte.
Diesmal hatte sich René nicht getäuscht: es war das von ihr gewünschte Buch, René stieg herab, blätterte einen Augenblick und überreichte es ihr offen.
Catharina setzte sich an einen Tisch. René stellte eine magische Kerze zu ihr, und bei dem Schimmer der bläulichen Flamme las sie einige Zeilen mit halber Stimme.
»Gut,« sagte sie, das Buch wieder schließend, »mehr wollte ich nicht wissen.«
Sie stand auf, ließ das Buch auf dem Tische liegen und nahm nur in ihrem Innersten den Gedanken mit, der darin gekeimt hatte und zur Reife kommen sollte.
René wartete, die Kerze in der Hand, daß ihm die Königin, welche sich zu entfernen bereit schien, neue Befehle geben oder neue Fragen an ihn richten würde.
Catharina machte, den Kopf vorgebeugt, den Finger auf dem Munde, stillschweigend mehrere Schritte.
Dann blieb sie plötzlich vor René stille stehen, erhob ihr rundes, raubvogelartig starres Auge auf ihn und sagte:
»Gestehe mir, Du hast irgend einen Liebestrank für sie gemacht?«
»Für wen?« fragte René bebend.
»Für die Sauve.«
»Ich, Madame? nie.«
»Nie?«
»Bei meiner Seele! ich schwöre es Euch.«
»Es ist jedoch Magie bei der Sache, denn er liebt sie wie ein Narr, und er ist doch nicht berühmt durch seine Beständigkeit.«
»Wer, er, Madame?«
»Er, Heinrich der Verfluchte, derjenige, welcher einst meinen drei Söhnen auf dem Throne folgen, den man einst Heinrich IV. nennen wird, und der doch der Sohn von Johanna d’Albret ist.«
Und Catharina begleitete diese letzten Worte mit einem Seufzer, der René schauern machte; denn er erinnerte ihn an die berüchtigten Handschuhe, die er auf Befehl von Catharina für die Königin von Navarra gemacht hatte.
»Er kommt also immer noch zu ihr?« fragte René.
»Immer noch,« sagte Catharina.
»Ich glaubte, der König von Navarra wäre gänzlich zu seiner Gemahlin zurückgekehrt.«
»Komödie, René, Komödie. Ich weiß nicht, wozu dies dienen soll, aber Alles vereinigt sich, um mich zu täuschen. Meine Tochter selbst erklärt sich gegen mich; vielleicht hofft sie auch auf den Tod ihrer Brüder, vielleicht hofft sie auch Königin von Frankreich zu werden.«
»Ja, vielleicht,« sprach René, in seine Träumerei zurückgeworfen und sich zum Echo des furchtbaren Zweifels von Catharina machend.
«Nun, wir werden sehen,« sagte Catharina; und sie ging nach der Thüre im Hintergrunde, da sie es ohne Zweifel für überflüssig hielt, die Geheimtreppe hinabzusteigen, insofern sie sicher sein konnte, daß sie allein war.
René schritt voraus, und einige Augenblicke später befanden sich Beide in der Bude des Parfumeur.
»Du hast mir neue kosmetische Mittel für meine Hände und für meine Lippen versprochen, René« sagte die Königin, »es kommt der Winter, und Du weißt, daß meine Haut sehr empfindlich für die Kälte ist.«
»Ich habe mich bereits damit beschäftigt, Madame, und werde sie Euch morgen bringen.«
»Morgen Abend findest Du mich nicht vor neun Uhr oder zehn Uhr. Den Tag hindurch verrichte ich meine Andachtsübungen.«
»Gut, Madame, ich werde um neun Uhr im Louvre sein.«
»Frau von Sauves hat schöne Hände und schöne Lippen; was für einen Teig gebraucht sie?«
»Für ihre Hände.«
»Ja, einmal für ihre Hände.«
»Pâte à l'Héliotrope.«
»Und für ihre Lippen?«
»Für ihre Lippen will sie sich des neuen Opiats bedienen, das ich erfunden habe, und wovon ich morgen eine Schachtel Eurer Majestät zu gleicher Zeit, wie ihr, zu überbringen beabsichtigte.«
Catharina blieb einen Augenblick nachdenkend.
»Uebrigens ist sie schön,« sprach die Königin, beständig ihre geheimen Gedanken beantwortend, »und man darf sich über diese Leidenschaft des Bearners nicht wundern.«
»Und besonders Euerer Majestät ergeben,« sagte René, »wenigstens wie ich glaube.«
Catharina lächelte und zuckte die Achseln.
»Wenn eine Frau liebt,« sagte sie, »ist sie irgend Niemand ergeben, außer ihrem Geliebten? Du hast ihr einen Liebestrank gemacht, René.«
»Ich schwöre Euch, nein, Madame.«
»Lassen wir das gut sein. Zeige mir das neue Opiat, von dem Du sprachst, und das ihr die Lippen noch frischer und rosiger machen soll.«
René näherte sich einem Lichtstrahle und zeigte Catharina sechs neben einander gereihte, kleine, runde silberne Kapseln.
»Das ist der einzige Liebestrank, den sie von mir verlangt hat,« sagte René. »Ich habe ihn allerdings, wie Euere Majestät sagt, ausdrücklich für sie bereitet, denn sie hat so feine, zarte Lippen, daß sie gleich sehr beim Winde und bei der Sonne aufspringen.«
Catharina öffnete eine von den Kapseln; sie enthielt einen Teig von dem reizendsten Karmin.
»René,« sprach sie, »gib mir Teig für meine Hände; es fehlt mir, und ich will davon mitnehmen.«
René entfernte sich mit der Kerze und suchte in einem besondern Fache, was die Königin von ihm verlangte. Als er sich jedoch schnell umwandte, glaubte er zu bemerken, wie Catharina mittelst einer raschen Bewegung eine Kapsel nahm und unter ihrem Mantel verbarg. Er war zu sehr vertraut mit solchen Entwendungen der Königin Mutter, um so ungeschickt zu sein, sich den Anschein zu geben, als hätte er es bemerkt. Er nahm den verlangten Teig, welcher in einem mit Lilien bemalten Papiere enthalten war, und überreichte ihn der Königin.
»Ich danke, René.« sprach Catharina. Dann nach kurzem Stillschweigen: »Bringe dieses Opiat Frau von Sauves erst in acht bis zehn Tagen. Ich will die Erste sein, die einen Versuch damit macht.«
Und sie schickte sich an, abzugehen.
»Soll ich Euere Majestät zurückführen?« fragte René.
»Nur bis an das Ende der Brücke,« antwortete Catharina, »meine Edelleute erwarten mich dort mit einer Sänfte.«
Beide entfernten sich und erreichten die Ecke der Rue de la Barillerie, wo vier Edelleute zu Pferde und eine Sänfte ohne Wappen Catharina erwarteten.
Als René wieder nach Hause kam, war es seine erste Sorge, seine Opiatkapseln zu zählen. Es fehlte eine.
XXI.
Die Wohnung von Frau von Sauves
Catharina hatte sich in ihrem Verdachte nicht getäuscht. Heinrich nahm seine Gewohnheiten wieder an und begab sich jeden Abend zu Frau von Sauve. Anfangs führte er seine Gänge mit dem größten Geheimniß aus; allmählich aber legte er sein Mißtrauen wieder ab und vernachlässigte seine Vorsichtsmaßregeln, so daß Catharina keine Mühe hatte, sich zu überzeugen, wie die Königin von Navarra dem Namen nach Margarethe, der That nach Frau von Sauves zu sein fortfuhr.
Wir haben am Anfange dieser Geschichte ein paar Worte von der Wohnung der Frau von Sauves gesagt; aber die von Dariole dem König von Navarra geöffnete Thüre verschloß sich wieder hermetisch, so daß diese Wohnung, der Schauplatz der geheimnisvollen Liebschaft des Bearners, uns völlig unbekannt ist.
Nach Art derjenigen, welche die Fürsten ihren Tischgenossen in den Palästen geben, die sie bewohnen, um so im Bereiche ihrer Hand zu haben, war diese Wohnung kleiner und minder bequem, als irgend eine in der Stadt gewesen wäre. Sie lag, wie man weiß, im zweiten Stocke ungefähr über der von Heinrich, und die Thüre öffnete sich auf einen Gang, dessen Ende von einem Bogenfenster mit kleinen in Blei eingelassenen Scheiben beleuchtet wurde, das selbst in den schönsten Tagen des Jahres nur ein zweifelhaftes Licht durchdringen ließ. Im Winter mußte man schon um drei Uhr Nachmittags eine Lampe anzünden, welche, da sie im Sommer wie im Winter die gleiche Quantität Oel erhielt, gegen zehn Uhr Abends erlosch und somit, wenn die Wintertage erschienen waren, den zwei Liebenden eine größere Sicherheit verlieh.
Ein kleines Vorzimmer mit Seidendamast mit großen, gelben Blumen tapezirt, ein Empfangszimmer mit blauem Sammet ausgeschlagen, ein Schlafzimmer, dessen Bett mit seinen gedrehten Säulen und kirschrothen Atlaßvorhängen den in dem Raume hinter demselben stehenden Ankleidespiegel und zwei Gemälde, die Liebschaften von Venus und Adonis vorstellend, verbarg … dies war die Wohnung, heut zu Tage würde man sagen das Nest der reizenden Kammerdame von Königin Catharina von Medicis.
Bei näherem Suchen hätte man auch einer mit allen erforderlichen Gegenständen versehenen Toilette gegenüber in einem düstern Winkel dieses Zimmers die kleine Thüre gefunden, welche sich nach einem Betzimmer öffnete, worin auf zwei Aufsätzen sich ein Betpult erhob. In diesem Zimmer hingen an der Wand, gleichsam zur Rüge der zwei von uns erwähnten mythologischen Bilder, mehrere Gemälde der exaltirtesten geistlichen Natur. Zwischen diesen Gemälden sah man an vergoldeten Nägeln Frauenwaffen; denn in jener Zeit geheimnisvoller Intriguen trugen die Frauen Waffen wie die Männer und bedienten sich derselben eben so geschickt wie diese.
An diesem Abend, zwei Tage nach der Nacht, in der bei Meister René die von uns erzählten Scenen vorgefallen waren, saß Frau von Sauves in ihrem Zimmer auf einem Ruhebette, erzählte Heinrich von ihren Befürchtungen und ihrer Liebe, und führte ihm als Beweis dieser Befürchtungen und dieser Liebe die Aufopferung an, die sie in der bekannten Nacht an den Tag gelegt, welche auf die Sanct-Bartholomäusnacht gefolgt war, in jener Nacht, die, wie man sich erinnern wird, Heinrich bei seiner Gemahlin zugebracht hatte.
Heinrich drückte ihr seinerseits seine Dankbarkeit aus. Frau von Sauves war reizend an diesem Abend in ihrem batistenen Nachtgewande, und Heinrich war sehr dankbar.
Mitten unter Allem dem blieb Heinrich, wirklich verliebt, träumerisch. Frau von Sauves, welche endlich von ganzem Herzen die ihr von Catharina empfohlene Liebe umfaßt hatte, schaute Heinrich oft an, um zu sehen, ob seine Augen mit seinen Worten im Einklange stünden.
»Laßt hören, Heinrich,« sprach Frau von Sauves, »seid aufrichtig. Als Ihr jene Nacht in dem Cabinet Ihrer Majestät der Königin von Navarra mit Herrn de La Mole zu Eueren Füßen zubrachtet, bedauertet Ihr da nicht, daß dieser Edelmann sich zwischen Euch und dem Schlafzimmer der Königin befand?«
»Ja, in der That, meine Geliebte,« sprach Heinrich, »denn ich mußte nothwendig durch dieses Zimmer schreiten, um in das zu gehen, wo ich mich so wohl befinde, und wo ich in diesem Augenblick so glücklich bin.«
Frau von Sauves lächelte.
»Und Ihr seid nie mehr seitdem dahin zurückgekehrt?«
»Wie oft habe ich es Euch gesagt.«
»Und Ihr werdet nie dahin zurückkehren, ohne es mir zu sagen?«
»Nie.«
»Würdet Ihr es mir schwören?«
»Ja, gewiß, wenn ich noch Hugenott wäre.«
»Aber?«
»Aber die katholische Religion, deren Dogmen ich in diesem Augenblick erlerne, hat mich gelehrt, daß man nie schwören soll.«
»Gascogner!« rief Frau von Sauves, den Kopf schüttelnd.
»Aber Ihr, Charlotte,« sprach Heinrich, »wenn ich Euch fragte, würdet Ihr meine Fragen beantworten?«
»Ganz gewiß,« antwortete die junge Frau, »ich habe Euch nichts zu verbergen.«
»Laßt hören, Charlotte,« sagte der König, »erklärt mir aufrichtig, wie es gekommen ist, daß Ihr nach dem verzweiflungsvollen Widerstande, der meiner Verheirathung vorherging, minder grausam gegen mich geworden seid, gegen mich, der ich ein linkischer Bearner, ein lächerlicher Provinzmensch, der ich ein Prinz bin, zu arm, um die Juwelen seiner Krone glänzend zu erhalten.«
»Heinrich,« sagte Charlotte, »Ihr fordert von mir den Schlüssel zu dem Räthsel, den seit dreitausend Jahren die Philosophen aller Länder suchen; Heinrich, fragt nie eine Frau, warum sie Euch liebe, begnügt Euch, sie zu fragen: liebt Ihr mich?«
»Liebt Ihr mich, Charlotte?« fragte Heinrich.
»Ich liebe Euch,« antwortete Frau von Sauves mit einem reizenden Lächeln, und ließ ihre schöne Hand in die ihres Geliebten fallen.
Heinrich behielt diese Hand.
»Aber,« fuhr er seinen Gedanken verfolgend fort, »aber wenn ich dieses Wort, das die Philosophen vergebens seit dreitausend Jahren suchen, errathen hätte?… wenigstens in Beziehung auf Euch, Charlotte?«
Frau von Sauves erröthete.
»Ihr liebt mich,« sagte Heinrich, »ich habe Euch folglich nichts Anderes zu fragen, und halte mich für den glücklichsten Menschen der Welt. Aber Ihr wißt, es fehlt zum Glücke immer etwas. Adam fand sich mitten im Paradies nicht glücklich, und er biß in den elenden Apfel, der uns Alle das Bedürfnis der Neugierde mitgeheilt hat, welche bewirkt, daß jeder sein Leben mit Aufsuchung von einem unbekannten Etwas zubringt. Sagt mir, meine Geliebte, wenn Ihr mir das meinige finden helfen wollt, hat Euch nicht die Königin Catharina zuerst beauftragt, mich zu lieben?«
»Heinrich,« versetzte Frau von Sauves, »sprecht leiser wenn Ihr von der Königin Mutter reden wollt.«
»Oh!« erwiederte Heinrich mit einer Sicherheit, von dem Frau von Sauves selbst getäuscht wurde, »früher war es rathsam für mich, ihr zu mißtrauen, dieser guten Mutter, als wir noch schlecht mit einander standen; aber nun, da ich der Gatte ihrer Tochter bin…«
»Der Gemahl von Frau Margarethe,« sagte Charlotte, vor Eifersucht erröthend.
»Sprecht ebenfalls leise. Nun, da ich der Gemahl ihrer Tochter bin, sind wir die besten Freunde der Welt. Was wollte man? daß ich Katholik werde, wie es scheint. Nun wohl, die Gnade hat mich berührt, und durch die Vermittlung des heiligen Bartholomäus bin ich es geworden. Wir leben jetzt in der Familie wie gute Brüder, wie gute Christen.«
»Und die Königin Margarethe?«
»Die Königin Margarethe? sie ist das Band, welches uns Alle einigt.«
»Aber Ihr sagtet mir, Heinrich, die Königin von Navarra wäre zur Vergeltung des Opfers, das ich ihr gebracht habe, edelmüthig gegen mich gewesen. Wenn Ihr wahr gesprochen, wenn dieser Edelmuth, wofür ich ihr eine so große Dankbarkeit gelobt habe, wirklich vorhanden ist, so bildet sie nur ein leicht zu brechendes Band der Convention. Ihr könnt also nicht auf diese Stütze bauen, denn mit Eurer angeblichen Innigkeit habt Ihr auf Niemand einen großen Eindruck hervorgebracht.«
»Ich baue doch darauf, und es ist seit drei Monaten das Kopfkissen, auf welchem ich schlafe.«
»Dann habt Ihr mich getäuscht,« rief Frau von Sauves, »dann ist Frau Margarethe wirklich Eure Gattin.«
Heinrich lächelte.
»Hört, Heinrich,« sprach Frau von Sauves, »das ist jenes Lächeln, welches mich in Verzweiflung bringt, ein Lächeln, wobei mich, obgleich Ihr König seid, zuweilen eine grausame Lust erfaßt, Euch die Augen auszureißen.«
»Dann gelingt es mir doch,« sprach Heinrich, »mit dieser vorgeblichen Innigkeit Eindruck zu machen, da es Augenblicke gibt, wo Ihr mir, mag ich immerhin König sein, mir die Augen ausreißen wollt, weil Ihr glaubt, sie bestehe.«
»Heinrich, Heinrich!« rief Frau von Sauves, »ich glaube, Gott selbst weiß nicht, was Ihr denkt.«
»Ich denke, mein Liebchen!« sprach Heinrich, »Catharina sagte Euch zuerst, Ihr solltet mich lieben, dann sagte es Euch Euer Herz; und wenn diese zwei Stimmen zu Euch sprechen, so hört Ihr nur mehr auf die Eures Herzens. Nun liebe ich Euch auch, und zwar von ganzer Seele, gerade deshalb aber würde ich Euch, wenn ich Geheimnisse hätte, dieselben nicht anvertrauen, aus Furcht, Euch zu gefährden… denn die Freundschaft der Königin ist veränderlich, es ist die … einer Schwiegermutter.«
Dies entsprach nicht den Wünschen von Charlotte. Es kam ihr vor, als ob der Schleier, der sich zwischen ihr und ihrem Geliebten verdichtete, so oft sie die Abgründe dieses Herzens ohne Boden sondieren wollte, die Festigkeit einer Mauer annehmen und sie von einander trennen würde. Charlotte fühlte bei dieser Antwort Thränen in ihren Augen, und da es in demselben Momente zehn Uhr schlug, so sagte sie:
»Sire, es ist die Stunde, mich zu Bette zu legen. Mein Dienst ruft mich morgen sehr früh zur Königin Mutter.«
»Ihr treibt mich also diesen Abend fort, meine Geliebte?« versetzte Heinrich.
»Heinrich, ich bin traurig, und da ich traurig bin, so würdet Ihr mich widrig finden, und die Widrige würdet Ihr nicht mehr lieben. Ihr seht also, daß es besser ist, wenn Ihr Euch entfernt.«
»Es sei,« sprach Heinrich, »ich gehe, wenn Ihr es verlangt, Charlotte aber Ventre-saint-gris! Ihr bewilligt mir wohl die Gunst, Eurer Toilette beizuwohnen?«
»Aber, Sire, laßt Ihr nicht die Königin Margarethe warten, wenn Ihr derselben beiwohnt?«
»Charlotte,« erwiederte Heinrich mit ernstem Tone, »es war unter uns ausgemacht, nie von der Königin von Navarra zu sprechen, und diesen Abend scheint es mir, haben wir nur von ihr gesprochen.«
Frau von Sauves seufzte und setzte sich vor ihre Toilette. Heinrich nahm einen Stuhl, zog ihn bis zu dem, welcher seiner Geliebten als Sitz diente, legte ein Knie darüber und sagte, sich auf die Lehne stützend.
«Vorwärts, meine gute kleine Charlotte, daß ich sehe, wie Ihr Euch schön macht, schön für mich, was Ihr auch sagen mögt. Mein Gott, wie viele Dinge, wie viele Töpfe und Parfumerien, wie viele Sacke mit Pulvern, wie viele Phiolen, wie viele Räucherpfännchen!«
»Das scheint viel zu sein,« versetzte Charlotte seufzend, »und dennoch ist es zu wenig; denn mit Allem dem habe ich noch nicht das Mittel gefunden, allein über das Herz Eurer Majestät zu herrschen.«
»Stille, stille,« sprach Heinrich, »verfallen wir nicht wieder in die Politik. Wozu ist dieser kleine, zarte, feine Pinsel? nicht etwa, um damit die Augenbraunen meines olympischen Jupiters zu malen?«
»Ja, Sire,« antwortete Frau von Sauves lächelnd, »Ihr habt es mit einem Male errathen.«
»Und dieser hübsche, kleine elfenbeinerne Rechen?«
»Um die Linie der Haare zu ziehen.«
»Und diese reizende silberne Kapsel mit dem ciselirten Deckel?«
»Oh! das ist eine Sendung von René, Sire. Es ist das berühmte Opiat, das er mir seit so langer Zeit verspricht, um die Lippen noch milder zu machen, welche Eure Majestät zuweilen süß zu finden die Güte hat.«
Um zu bestätigen, was die reizende Frau gesagt hatte, deren Stirne sich immer mehr erheiterte, je mehr man sie auf das Gebiet der Coquetterie brachte, drückte Heinrich seine Lippen auf die, welche Frau von Sauves aufmerksam in ihrem Spiegel betrachtete.
Charlotte streckte die Hand nach der Kapsel aus, welche der Gegenstand obiger Erklärung gewesen war, ohne Zweifel, um Heinrich zu zeigen, wie man den rothen Teig anwandte, als ein dumpfer Schlag an die Thüre des Vorzimmers die zwei Liebenden beben machte.
»Man klopft, Madame,« sagte Dariole, den Kopf durch die Oeffnung des Thürvorhanges steckend.
»Sieh nach, wer klopft, und komm zurück,« sprach Frau von Sauve.