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Kitabı oku: «Königin Margot», sayfa 32

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XXII.
Die Gesandten

Am andern Tage begab sich die Bevölkerung von Paris nach dem Faubourg Saint-Antoine, durch welchen die Gesandten einziehen sollten. Ein Spalier von Schweizern hielt die Menge zurück und Reiter-Abtheilungen beschützten den Weg für die Herren und Damen des Hofes, welche dem Zuge entgegen ritten.

Bald erschien auf der Höhe der Abtei Saint-Antoine eine Truppe schwarz und gelb gekleideter Reiter, welche mit Pelz verbrämte Mäntel und Mützen trugen und breite, auf türkische Weise gekrümmte, Säbel in der Hand hatten.

Die Offiziere marschirten auf den Seiten der Linien.

Hinter dieser ersten Truppe erschien eine zweite mit wahrhaft orientalischem Luxus. Sie ritt vor den Gesandten, welche vier an der Zahl, prachtvoll das Fabelhafteste der ritterlichen Königreiche des 16ten Jahrhunderts vertraten.

Einer von den Gesandten war der Bischof von Krakau. Er trug ein halb priesterliches, halb kriegerisches, aber von Gold und Edelsteinen strotzendes Gewand. Sein weißes Pferd mit langer flatternder Mähne und hohem Tritte schien durch seine Nüstern Feuer zu schnauben. Niemand hätte gedacht, daß das edle Thier seit einem Monat täglich fünfzehn Meilen auf Wegen machte, welche durch das schlechte Wetter beinahe unbenutzbar geworden waren.

Neben dem Bischof ritt der Palatin Lasco, ein mächtiger Herr, der der Krone so nahe stand, daß er den Reichthum eines Königs besaß, wie er auch, den Stolz eines solchen hatte.

Nach den zwei vornehmsten Gesandten, welche zwei andere Palatine von hoher Geburt begleiteten, kam eine Anzahl polnischer Herren, deren mit Seide, Gold und Edelsteinen geschirrte Pferde den lärmenden Beifall des Volkes erregten. Die französischen Cavaliere wurden in der That, trotz des Reichthums ihrer Equipirung, von den Ankömmlingen, welche sie verächtlicher Weise Barbaren nannten, völlig verdunkelt.

Bis zum letzten Augenblicke hatte Catharina gehofft, der Empfang würde noch verschoben werden, und die Entscheidung des Königs würde seiner fortbestehenden Schwäche unterliegen. Als aber der Tag erschien, als sie Karl, bleich wie ein Gespenst, den königlichen Mantel anlegen sah, begriff sie, daß man sich scheinbar unter diesen eisernen Willen beugen mußte, und der sicherste Theil für Heinrich von Anjou wäre die glänzende Verbannung, zu der man ihn verdammt hatte.

Abgesehen von den paar Worten, die er gesprochen, als er die Augen in der Sekunde öffnete, wo seine Mutter aus dem Cabinet trat, hatte Karl seit der Scene, welche die Krise herbeiführte, der er beinahe unterlegen wäre, nichts mehr mit seiner Mutter geredet. Jedermann im Louvre wußte, daß ein furchtbarer Streit zwischen ihnen stattgefunden hatte, ohne daß man die Ursache dieses Streites kannte, und die Kühnsten zitterten vor diesem kalten Stillschweigen, wie die Vögel vor der bedrohlichen Ruhe zittern, die dem Sturme vorhergeht.

Indessen hatte sich Alles im Louvre vorbereitet, allerdings nicht wie für ein Fest, sondern wie für eine traurige Ceremonie. Der Gehorsam jedes Einzelnen war düster und leidend. Man wußte, daß Catharina gezittert hatte, und alle Welt zitterte.

Der große Empfangssaal des Palastes war zu diesem Behufe eingerichtet worden, und da dergleichen Versammlungen gewöhnlich öffentlich stattfanden, so hatten die Garden und Wachen Befehl erhalten, mit den Gesandten Alles, was die Zimmer und Höfe an Volk fassen konnten, mit einzulassen.

Was Paris betrifft, so war sein Anblick der, welchen die große Stadt stets unter solchen Umständen bietet, d. h. es herrschten überall Gedränge und Neugierde. Nur würde Jeder, der an diesem Tage die Bevölkerung der Hauptstadt genau beobachtet hätte, unter den aus ehrlichen, naiv ausgesperrten Bürgergesichtern bestehenden Gruppen viele in große Mäntel gehüllte Männer erschaut haben, welche sich durch Blicke, durch Zeichen mit der Hand antworteten, wenn sie von einander entfernt standen, und mit leiser Stimme ein paar Worte austauschten, so oft sie sich näherten. Diese Männer schienen indessen sehr mit dem Zuge beschäftigt, folgten demselben als die Ersten und erhielten, wie man glauben mußte, Befehle von einem ehrwürdigen Greise, dessen schwarze, lebhafte Augen, trotz seines weißen Bartes und seiner gräulichen Brauen, eine frische Thätigkeit kundgaben. Diesem Greise gelang es wirklich, sey es durch seine eigenen Mittel, sey es durch die Anstrengungen seiner Gefährten, unter den Ersten in den Louvre zu schlüpfen, und durch die Gefälligkeit des Anführers der Schweizer, eines würdigen, trotz seiner Bekehrung gar wenig katholischen Hugenotten, vermochte er sich unter den Gesandten, Margarethe und Heinrich von Navarra gerade gegenüber, aufzupflanzen.

Durch La Mole unterrichtet, daß Herr von Mouy unter einer Verkleidung der Versammlung beiwohnen sollte, schaute Heinrich überall umher. Endlich begegneten seine Blicke denen des Greises und verließen ihn nicht mehr. Ein Zeichen von Mouy beseitigte alle Zweifel des Königs von Navarra. Herr von Mouy war so gut verkleidet, daß Heinrich von Anfang nicht glauben wollte, dieser Mensch mit dem weißen Barte könnte eine und dieselbe Person mit dem unerschütterlichen Führer der Hugenotten seyn, der sich fünf bis sechs Tage vorher so mächtig vertheidigt hatte.

Ein Wort von Heinrich, der Königin Margarethe zugeflüstert. zog die Blicke der Königin auf Mouy: dann irrten ihre schönen Augen wieder in den Tiefen des Saales umher. Sie suchte La Mole, aber vergeblich.

La Mole war nicht da.

Die Reden begannen. Die erste war an den König. Lasco bat ihn im Namen des Reichstages um seine Einwilligung dazu, daß die Krone von Polen einem Prinzen des Hauses Frankreich angeboten würde.

Karl antwortete durch eine kurze, bestimmte Beipflichtung, wobei er den Herzog von Anjou, seinen Bruder, vorstellte, dessen Muth er den Gesandten gegenüber großes Lob spendete. Er sprach Französisch. Ein Dolmetscher übersetzte seine Antwort nach jeder Periode, und während der Dolmetscher sprach, konnte man den König an seinen Mund ein Sacktuch drücken sehen, das jedesmal mit Blut befleckt zurückkam.

Als die Antwort von Karl beendigt war, wandte sich Lasco gegen den Herzog von Anjou, verbeugte sich vor ihm und fing eine lateinische Rede an, in welcher er ihm den Thron im Namen der polnischen Nation anbot.

Der Herzog antwortete in derselben Sprache und mit einer Stimme, deren Bewegung er vergebens zu bewältigen suchte, er nehme dankbar die ihm zugedachte Ehre an. So lange er sprach, blieb Karl, die Lippen zusammengepreßt, das Auge starr auf ihn gerichtet, unbeweglich, drohend, wie eines Adlers Auge, aufrecht stehen. Als der Herzog von Anjou geendigt hatte, nahm Lasco die auf einem rothen Sammetkissen liegende Krone der Jagellonen, und während zwei polnische Herren den Herzog von Anjou mit dem Königsmantel bekleideten, legte er diese Krone in die Hände von Karl.

Karl machte seinem Bruder ein Zeichen. Der Herzog von Anjou kniete vor ihm nieder, und Karl drückte ihm mit seinen eigenen Händen die Krone auf das Haupt.

Hierauf wechselten die zwei Könige einen der gehässigsten Küsse, die sich je zwei Brüder gegeben haben.

Alsbald rief ein Herold:

»Alexander Eduard Heinrich von Frankreich, Herzog von Anjou, ist zum König von Polen gekrönt worden. Es lebe der König von Polen!«

Die ganze Versammlung wiederholte einstimmig:

»Es lebe der König von Polen!«

Dann wandte sich Lasco gegen die Königin von Navarra. Die Rede der schönen Fürstin war bis zuletzt aufbewahrt worden. Da dies als eine Galanterie zu betrachten war, die man ihr zugestanden hatte, um ihren schönen Geist, wie man damals sagte, glänzen zu lassen, so horchte Jedermann mit großer Aufmerksamkeit auf die Antwort, welche in lateinischer Sprache gegeben werden sollte. Wir haben gesehen, daß Margarethe sie selbst abgefaßt hatte.

Die Rede von Lasco war mehr eine Lobeserhebung, als eine Rede. Obgleich ganz und gar Sarmate, hatte er sich doch der Bewunderung gefügt, welche Allen die schöne Königin von Navarra einflößte. Seine Sprache Ovid, seinen Styl aber Ronsard entlehnend, sagte er, von Warschau mitten in der Nacht abreisend, hätten er und seine Gefährten den Weg nicht zu finden gewußt, wären sie nicht, wie die Könige aus dem Morgenlande, und sogar noch glücklicher als diese Könige, durch zwei Sterne geleitet worden. Diese Sterne seyen immer glänzender erschienen, je mehr sie sich Frankreich genähert, und nun erkennen sie, daß es nichts Anderes gewesen, als die zwei schönen Augen der Königin von Navarra. Vom Evangelium auf den Koran, von Syrien auf das steinige Arabien, von Nazareth auf Mekka übergehend, schloß er, indem er sagte, er wäre ganz bereit, zu thun, was glühende Anhänger des Propheten thun, die, nachdem sie einmal das Glück gehabt, sein Grab zu erschauen, sich die Augen aushöhlten, urtheilend, daß man, wenn man einen so schönen Anblick genossen, nichts in der Welt mehr einer Bewunderung würdig finden könnte.

Diese Rede wurde mit Beifallsbezeugungen von Seiten derjenigen überhäuft, welche die lateinische Sprache inne hatten, weil sie die Meinung des Redners theilten, und ebenso von Seiten derjenigen, welche sie nicht verstanden, denn sie wollten sich das Ansehen geben, als verständen sie dieselbe.

Margarethe machte zuerst eine anmuthige Verbeugung vor dem artigen Sarmaten, dann begann sie dem Gesandten antwortend, während sie aber zugleich ihre Augen auf Herrn von Mouy heftete, mit folgenden Worten:

»Quod nune hac in aulā insperati adestis

exultaremus ego et rex conjux, nisi ideo immineret calamitas, scilicet non solum fratris sed etiam

amici orbitas.«25

Diese Worte hatten einen doppelten Sinn, und konnten, während sie an Herrn von Mouy gerichtet waren, auch Heinrich von Anjou betreffen. Der Letztere verbeugte sich auch zum Zeichen der Dankbarkeit.

Karl erinnerte sich nicht, diesen Satz in der Rede gelesen zu haben, welche ihm einige Tage vorher mitgetheilt worden war, aber er legte kein großes Gewicht auf die Worte von Margarethe, die er nur als eine Sprache einfacher Höflichkeit betrachtete.

Margarethe fuhr fort:

»Adeo dolemur a te dividi, ut tecum proficisci,

maluissemus, sed idem fatum, qou nune sine ullā

morā Lutetiā cedere juberis, hac in urbe detinet,

Proficiscere ergo, frater; proficiscere, amice; proficiscere sine nobis: proficiscentem sequentur spes et desideria nostra.26

Man kann sich leicht denken, daß Herr von Mouy mit tiefer Aufmerksamkeit diese Worte hörte, die, an die Gesandten gerichtet, für ihn allein ausgesprochen wurde. Wohl hatte Heinrich bereits zwei oder drei Mal den Kopf verneinend auf den Schultern hin und her gedreht, um dem jungen Hugenotten begreiflich zu machen, Alençon habe sich geweigert, aber diese Geberde, welche eine Wirkung des Zufalls seyn konnte, wäre Mouy ungenügend erschienen, wenn die Worte von Margarete dieselbe nicht bestätigt hätten. Während er aber Margarethe anschaute und mit ganzer Seele auf ihre Worte horchte, trafen seine schwarzen unter den grauen Brauen scharf glänzenden Augen Catharina, welche, wie von einem elektrischen Schlage berührt, bebte und ihren Blick nicht mehr von dieser Seite des Saales abwandte.

»Das ist ein seltsames Gesicht,« murmelte sie, indes sie ihr Gesicht beständig nach den Gesetzen des Ceremoniels gerichtet hielt. »Wer ist dieser Mensch, der Margarethe so aufmerksam anschaut und von Margarethe und Heinrich ebenfalls aufmerksam angeschaut wird?«

Die Königin von Navarra setzte indessen ihre Rede fort, worin sie von diesem Augenblicke an die Artigkeiten des polnischen Gesandten erwiederte, während sich Catharina den Kopf darüber zerbrach, wer der schöne Greis seyn, könnte, als sich ihr der Ceremonienmeister von hinten näherte und ihr ein parfumirtes Söckchen von Atlaß übergab, das ein viereckig zusammengelegtes Papier enthielt. Sie öffnete das Säckchen, zog das Papier heraus und las folgende Worte:

»Maurevel hat mit Hilfe eines herzstärkenden Mittels, das ich ihm gegeben, etwas Kraft erlangt und wurde dadurch in den Stand gesetzt, den Namen des Mannes zu schreiben, welcher sich in dem Zimmer des Königs von Navarra befunden hat. Dieser Mann ist Herr von Mouy.«

»Von Mouy!« dachte die Königin, »wohl, ich hatte es geahnet. Aber dieser Greis … Ei! Cospetto! … dieser Greis ist …«

Catharina verharrte das Auge starr, den Mund geöffnet.

Dann sich an das Ohr des Kapitäns der Garden neigend, der an ihrer Seite stand, sagte sie:

»Schaut, doch als ob es nur zufällig geschehen würde nach dem Herrn Lasco, welcher in diesem Augenblick spricht. Seht Ihr hinter ihm einen Greis mit weißem Barte, in einem schwarzen Sammetkleid?«

»Ja, Madame.«

»Gut. Verliert, ihn nicht aus dem Blicke.«

»Ihr meint denjenigen, welchem der König von Navarra ein Zeichen macht?«

»Allerdings. Stellt Euch mit zehn Mann an die Pforte des Louvre und ladet ihn, wenn er hinausgeht, von Seiten des Königs zum Mittagsmahle ein. Folgt er Euch, so führt ihn in ein Zimmer und haltet ihn darin gefangen. Weigert er sich, so bemächtigt Euch seiner todt oder lebendig. Geht, geht.«

Nur sehr wenig mit der Rede von Margarethe beschäftigt, hatte Heinrich glücklicher Weise seinen Blick auf Catharina geheftet und keinen Ausdruck ihres Gesichtes verloren. Als er die Augen der Königin Mutter mit so großer Erbitterung auf Herrn von Mouy gerichtet sah, wurde er unruhig; er gewahrte, wie Catharina dem Kapitän der Garden einen Befehl gab, und begriff Alles.

In diesem Augenblick machte er die Geberde, welche Herr von Nancey wahrgenommen hatte, und die in der Zeichensprache bedeutete: »Ihr seyd entdeckt, flüchtet Euch sogleich.«

Herr von Mouy begriff diese Geberde, welche so gut zu dem an ihn gerichteten Theil der Rede paßte. Er ließ sich dieß nicht zweimal sagen, drängte sich durch die Menge und verschwand.

Heinrich war aber nicht eher ruhig, als bis er Herrn von Nancey zurückkehren sah und an dem Zusammenziehen des Gesichtes der Königin erkannte, daß dieser ihr meldete, er wäre zu spät gekommen.

Die Audienz war beendigt. Margarethe wechselte noch einige nicht offizielle Worte mit Lasco. Der König erhob sich wankend, grüßte und entfernte sich, auf die Schulter von Ambroise Paré gestützt, der ihn nicht verließ, seitdem ihm der bekannte Unfall begegnet war.

Catharina, bleich vor Zorn, und Heinrich, stumm vor Schmerz, folgten ihm.

Der Herzog von Alençon hatte sich während der Ceremonie völlig unbemerkbar gemacht. Und nicht ein einziges Mal war der Blick von Karl, der sich nicht einen Moment von dem Herzog von Anjou abwandte, auf ihn gerichtet gewesen.

Der neue König von Polen fühlte sich verloren. Ferne von seiner Mutter, von diesen Barbaren entführt, war er Anteus, dem Sohne der Erde ähnlich, welcher von den Armen des Hercules emporgehoben seine Kräfte verlor. Einmal jenseits der Gränze, betrachtet sich der Herzog von Anjou als für immer vom Throne Frankreichs ausgeschlossen.

Statt dem König zu folgen, begab er sich zu seiner Mutter.

Er fand sie nicht minder düster, nicht minder unruhig, als er selbst war, denn sie dachte an den feinen, spöttischen Kopf, den sie während der Ceremonie nicht aus dem Gesichte verloren hatte, an den Bearner, dem das Schicksal, Könige, Prinzen, Mörder, seine Feinde und seine Hindernisse aus dem Wege räumend, Platz zu machen schien.

Als ihn Catharina bleich unter seiner Krone, gebrochen unter seinem Königsmantel erblickte, als sie sah, wie er flehend ohne ein Wort zu sprechen seine Hände faltete, diese schönen Hände, die er von ihr hatte, stand sie auf und ging ihm entgegen.

»Oh! meine Mutter,« rief der König von Polen, »ich bin also verdammt, in der Verbannung zu sterben.«

»Mein Sohn,« erwiederte Catharina, »vergeßt Ihr so schnell die Weissagung von René? Seyd unbesorgt, Ihr werdet nicht lange dort bleiben.«

»Meine Mutter, ich beschwöre Euch bei dem ersten Gerüchte, bei der ersten Muthmaßung, die Krone von Frankreich könnte erledigt werden, benachrichtigt mich!…«

»Seyd ruhig mein Sohn, bis zu dem Tage, den wir Beide erwarten, wird beständig in meinem Stalle ein Pferd gesattelt stehen und in meinem Gemache ein zur Abreise nach Polen bereiter Eilbote warten.«

XXIII.
Orestes und Pylades

Als Heinrich von Anjou abgereist war, hätte man glauben sollen, der Friede und das Glück wären in den Louvre an den Herd dieser Familie der Atriden zurückgekehrt.

Karl vergaß seine Schwermuth, erlangte seine kräftige Gesundheit wieder, jagte mit Heinrich und sprach mit ihm von der Jagd an den Tagen, an denen er nicht jagen konnte, wobei er ihm nur Eines zum Vorwurfe machte: seine Unempfindlichkeit gegen die Beize, denn er sagte, er wäre ein vollkommener Fürst, wenn er Falken so gut als Schweißhunde zu dressiren wüßte.

Catharina war wieder gute Mutter geworden, sanft gegen Karl und Alençon, liebevoll gegen Heinrich und Margarethe, freundlich gegen Frau von Nevers und Frau von Sauves, und unter dem Vorwande, daß er in der Erfüllung eines Befehles von ihr verwundet worden sey, trieb sie ihre Herzensgüte so weit, daß sie Maurevel zweimal in seinem Hause in der Rue de la Cerisaie besuchte.

Margarethe setzte ihre Liebschaft nach spanischer Weise fort.

Jeden Abend öffnete sie ihr Fenster und correspondirte mit La Mole durch Geberden und Briefe, und in jedem seiner Briefe erinnerte der junge Mann seine schöne Königin daran, daß sie ihm zum Lohne für seine Verbannung einige süße Augenblicke in der Rue Cloche-Percée versprochen hatte.

Eine einzige Person war allein und getrennt in dem wieder so ruhig und friedlich gewordenen Louvre.

Diese Person war unser Freund, der Graf Annibal von Coconnas.

Allerdings war es etwas, daß er La Mole am Leben wußte; es war viel, daß er immer noch von Frau von Nevers, der lachendsten, phantastischsten aller Frauen, bevorzugt wurde. Aber alles Glück einer ihm bewilligten Zusammenkunft mit der schönen Herzogin, alle Geistesruhe, die Margarethe Coconnas über das Schicksal ihres gemeinschaftlichen Freundes gab, waren in den Augen des Piemontesen nicht so viel werth, als eine einzige Stunde mit La Mole bei dem Freunde La Hurière, bei einer Kanne süßen Weines, zugebracht oder eine Kreuz- und Querfahrt nach allen Orten von Paris, wo ein ehrlicher Edelmann Risse in seiner Haut, in seiner Börse oder in seinem Kleide bekommen konnte.

Zur Schande der Menschheit muß man gestehen, daß Frau von Nevers nur mit großer Ungeduld diese Nebenbuhlerschaft von La Mole ertrug, nicht als ob sie dem Provençalen abhold gewesen wäre, im Gegentheil, hingerissen durch den unwiderstehlichen Instinkt, der jede Frau unwillkührlich antreibt, gegen den Liebhaber einer andern Frau, besonders wenn diese ihre Freundin ist, sich auf eine gefallsüchtige Weise zu benehmen, hätte sie La Mole durchaus nicht mit den Blitzen ihrer Smaragdaugen verschont, und Coconnas hätte die Händedrücke und den Aufwand an Liebenswürdigkeit der Herzogin zu Gunsten seines Freundes während der Tage der Laune beneiden können, an welchen das Gestirn des Piemontesen an dem Himmel seiner schönen Geliebten zu erbleichen schien. Aber Coconnas, der fünfzehn Personen wegen eines einzigen Blickes seiner Dame erwürgt hätte, war so wenig eifersüchtig auf La Mole, daß er ihm häufig in Folge solcher Launenhaftigkeiten der Herzogin gewisse vertrauliche Mittheilungen in das Ohr flüsterte, worüber der Provençale erröthet war.

Hierdurch erfolgte, daß Henriette, welche die Abwesenheit von La Mole aller Vortheile beraubte, die ihr die Gesellschaft von Coconnas verschafft hatte, nämlich seiner unversiegbaren Heiterkeit und seiner nicht zu sättigenden Vergnügungssucht, eines Tags Margarethe aufsuchte, um sie zu bitten, ihr den Unerläßlichen zurückzugeben, ohne welchen der Geist und das Herz von Coconnas von Tag zu Tag immer mehr verdunsteten.

Stets mitleidig und überdieß bestürmt durch die Bitten von La Mole und angetrieben durch die Wünsche ihres eigenen Herzens gab Margarethe ihrer Freundin Henriette für den zweiten Tag Rendezvous in dem Hause mit den zwei Thüren, um dort diese Stoffe in einer Unterredung, die Niemand unterbrechen könnte, gründlich zu behandeln.

Coconnas empfing auf eine ziemlich unfreundliche Weise das Billet von Henriette, das ihm auf halb zehn Uhr Abends in die Rue Tizon beschied. Nichtsdestoweniger begab er sich nach dem Orte der Zusammenkunft, wo er Henriette fand, welche sich bereits sehr darüber geärgert hatte, daß sie zuerst angekommen war.

»Pfui! mein Herr,« sagte sie, »es ist sehr ungebildet, ich sage nicht eine Prinzessin, sondern eine Frau so warten zu lassen.«

»Oh! warten,« erwiederte Coconnas, »das ist einmal ein Wort von Euch. Ich wette im Gegentheil, daß wir der bestimmten Zeit noch voraus sind.«

»Ich, ja.«

»Bah, ich auch; ich wette, es ist höchstens zehn Uhr.«

»Wohl, aber in meinem Billet hieß es halb zehn Uhr.«

»Ich bin auch um neun Uhr vom Louvre weggegangen; denn ich habe den Dienst bei dem Herzog von Alençon, weßhalb ich, beiläufig gesagt, genöthigt seyn werde, Euch in einer Stunde zu verlassen.«

»Was Euch ganz angenehm ist?«

»Meiner Treu, nein, der Herzog ist ein sehr verdrießlicher, wunderlicher Mensch, und wenn ich gezankt werden soll, so mag es lieber durch hübsche Lippen, wie die Eurigen, geschehen, als durch einen schiefen Mund, wie der seinige.«

»Nun, das klingt ein wenig besser,« versetzte die Herzogin. »Ihr sagt also, Ihr wäret um neun Uhr vom Louvre weggegangen.«

»Oh! mein Gott, ja, in der Absicht, geraden Wegs hierher zu kommen, als ich an der Ecke der Rue de Grenélle. einen Mann erblicke, der La Mole gleicht.«

»Gut, abermals La Mole.«

»Allerdings, mit Euerer Erlaubniß oder ohne dieselbe.«

»Grobian!«

»Gut,« sprach Coconnas, »wir fangen unsere Höflichkeiten wieder an.«

»Nein, aber endigt Eure Erzählung.«

»Ich verlange nicht, dieselbe zum Besten zu geben Ihr fragt, warum ich so spät komme.«

»Allerdings; ist es meine Sache, zuerst einzutreffen?«

»Ei, Ihr habt Niemand zu suchen.«

»Ihr seid in der That verletzend, mein Lieber; doch fahrt fort. Also an der Rue de Grenelle saht Ihr einen Menschen, der La Mole ähnlich ist; aber was habt Ihr an Euerem Wammse? Blut!«

»Es wird mich wohl einer beim Fallen bespritzt haben.«

»Ihr habt Euch geschlagen?«

»Ich denke.«

»Für Euren La Mole?«

»Für wen soll ich mich sonst schlagen, für eine Frau?«

»Ich danke.«

»Ich folge also diesem Menschen, der die Frechheit hatte, das Aussehen meines Freundes zu entlehnen. Ich hole ihn in der Rue Coquillière ein, ich trete vor ihn, ich schaue ihm bei dem Schimmer einer Bude unter die Nase.«

»Gut, das war wohl gethan.«

»Ja, aber es ist ihm schlecht bekommen. »»Mein Herr,«« sage ich zu ihm, , »Ihr seyd ein Geck, daß Ihr Euch erlaubt. entfernt meinem Freunde La Mole zu gleichen, der ein vollkommener Cavalier ist, während man, wenn man Euch von Nahem betrachtet, sieht, daß Ihr nur ein Landstreicher seyd.«« Hiernach nahm er den Degen in die Hand; ich that dasselbe. Bei dem dritten Stoße fällt der Ungeschickte nieder und bespritzt mich.«

»Ihr habt ihm doch wenigstens Hilfe geleistet?«

»Ich wollte es thun, als ein Reiter vorüber kam. Diesmal, Herzogin, war ich gewiß, daß ich La Mole sah. Leider lief das Pferd im Galopp. Ich lief dem Pferde nach, und die Leute, die sich versammelt hatten, liefen hinter mir. Da man mich aber, insofern mir diese ganze Canaille folgte und gleichsam auf meinen Fersen brüllte, für einen Dieb halten sollte, so wandte ich mich um, um sie in die Flucht zu schlagen, wodurch ich etwas Zeit verlor. Während dieser Zeit war der Reiter verschwunden. Ich verfolge ihn, ich erkundigte mich, ich fragte, gab die Farbe des Pferdes an; aber vergebens, Niemand hatte ihn gesehen. Endlich der Sache müde, kam ich hierher.«

»Der Sache müde!« sprach die Herzogin, »wie artig das ist!«

»Hört, liebe Freundin,« versetzte Coconnas, sich nachlässig in einen Lehnstuhl legend, »Ihr macht mir abermals Vorwürfe, in Beziehung auf diesen armen La Mole. Ihr habt Unrecht, denn seht Ihr, die Freundschaft…. Ich wünschte wohl seinen Geist und sein Wissen zu besitzen, ich fände am Ende eine Vergleichung, um meinen Gedanken auszudrücken. Die Freundschaft, seht Ihr, ist ein Stern, während die Liebe… die Liebe, … nun, ich habe die Vergleichung, … die Liebe ist nur eine Kerze. Ihr werdet mir sagen, es gäbe verschiedene Arten.«

»Von Liebe?«

»Nein, von Kerzen, und es gebe darunter, welche den Vorzug verdienen. Die Rosakerze z. B. ist die beste. Aber obgleich rosa, wird sie doch abgenutzt, wird sie doch verbraucht, während der Stern beständig glänzt. Hierauf werdet Ihr mir antworten. wenn die Kerze verbraucht sey, stecke man eine andere in den Leuchter.»

»Herr von Coconnas, Ihr seyd ein Alberner.«

»Bah!«

»Herr von Coconnas, Ihr seyd ein Frecher.«

»Bah, bah!«

»Herr von Coconnas, Ihr seyd ein Unverschämter.«

»Madame, ich sage Euch, daß Ihr Schuld seyd, wenn ich La Mole noch dreimal mehr vermisse und beklage.«

»Ihr liebt mich nicht mehr.«

»Im Gegentheil, Herzogin, Ihr versteht das nicht, ich vergöttere Euch. Aber ich kann Euch lieben, schätzen, vergöttern, und in meinen verlorenen Augenblicken dennoch meinen Freund loben.«

»Ihr nennt also Eure verlorenen Augenblicke diejenige, in welchen Ihr bei Mir seyd.«

»Was wollt Ihr? dieser arme La Mole steht unablässig vor meinen Gedanken.«

»Ihr zieht ihn mir vor, das ist unwürdig! Gesteht offenherzig, daß Ihr mir ihn vorzieht. Annibal, ich sage Euch, wenn Ihr irgend Etwas in der Welt mir vorzieht…«

»Henriette, Schönste der Herzoginnen, für Eure eigene Ruhe bitte ich Euch, macht keine indiscrete Frage an mich. Ich liebe Euch mehr, als alle Frauen, aber ich liebe La Mole mehr, als alle Männer.«

»Gut geantwortet,« sprach plötzlich eine fremde Stimme.

Und ein Damastvorhang, welcher vor einer großen Füllung ausgehoben wurde, die in die Dicke der Mauer gleitend, eine Verbindung zwischen den zwei Zimmern öffnete, ließ La Mole sehen, der in dem Rahmen dieser Thüre stand, wie ein schönes Porträt von Tizian in seiner goldenen Einfassung.

»La Mole!« rief Coconnas, ohne auf Margarethe zu achten und ohne sich Zeit zu lassen, ihr für die Ueberraschung zu danken, welche sie ihm bereitet hatte, »La Mole, mein Freund, mein theurer Freund!«

Und er stürzte in die Arme seines Freundes und warf dabei den Stuhl nieder, auf dem er saß, und den Tisch, der sich in seinem Wege fand.

La Mole erwiederte seine Umhalsungen mit vollem Ergusse. Während er dieselben aber erwiederte, sagte er, sich an die Herzogin von Nevers wendend:

»Verzeiht, Madame, wenn mein Name, unter Euch ausgesprochen, Anlaß zu einer Störung Euerer reizenden Wirthschaft gab. Gewiß,« fügte er mit einem Blicke voll unendlicher Zärtlichkeit auf Margarethe bei, »gewiß ich bin nicht Schuld, daß ich Euch nicht früher sah.«

»Du siehst, Henriette,« sprach Margarethe, »daß ich Dir Wort gehalten habe. Hier ist er!«

»Ich habe also einzig und allein den Bitten der Frau Herzogin dieses Glück zu danken?« sagte La Mole.

»Einzig und allein ihren Bitten,« antwortete Margarethe.

Dann sich gegen La Mole umwendend, fuhr sie fort:

»La Mole, ich erlaube Euch kein Wort von dem zu glauben, was ich sage.«

Coconnas, der seinen Freund zehnmal an das Herz gedrückt, zehnmal sich im Ringe um ihn gedreht hatte, der einen Leuchter an sein Gesicht gehalten hatte, um ihn nach Wohlgefallen zu betrachten, kniete nun vor Margarethe nieder und küßte den Saum ihres Kleides.

»Oh! das ist ein Glück,« sprach die Herzogin von Nevers, »Ihr werdet mich nun erträglich finden.«

»Mordi! ich werde Euch finden, wie immer: anbetungswürdig; nur werde ich es Euch von besserem Herzen sagen. Hätte ich nur etliche dreißig Polen, Sarmaten und andere nordländische Barbaren hier, um sie zu dem Geständnisse zu zwingen, daß Ihr die Königin der Schönen seyd.«

»Ei, sachte, sachte, Coconnas,« sprach La Mole, »was ist denn Frau Margarethe?«

»Oh, ich widerrufe nicht,« antwortete Coconnas mit einem halb ernsten, halb komischen Tone, der nur ihm eigenthümlich war: »Frau Henriette ist die Königin der Schönen, und Frau Margarethe ist die Schöne unter den Königinnen.«

Was aber auch der Piemontese sagen oder thun mochte, er war nur von dem Glücke erfüllt, seinen lieben La Mole wieder gefunden zu haben, er hatte nur Augen für ihn.

»Kommt, meine schöne Königin,« sprach Frau von Nevers, »kommt, und lassen wir diese vollkommenen Freunde eine Stunde mit einander plaudern. Sie haben sich tausend Dinge zu sagen, die unserem Gespräch in die Quere kommen würden. Es ist zwar hart für uns, aber das einzige Mittel, Herrn Annibal seine volle Gesundheit wieder zu geben. Thut mir also den Gefallen, meine Königin, da ich einmal so albern bin, diesen abscheulichen Kopf zu lieben, wie sein Freund La Mole sagt.«

Margarethe flüsterte La Mole, der, so sehr er sich auch sehnte, seinen Freund wiederzusehen, doch gerne die Zärtlichkeit von Coconnas etwas minder anspruchsvoll gefunden hätte, einige Worte in das Ohr.

Während dieser Zeit suchte Coconnas durch alle mögliche Betheurungen ein ungezwungenes Lächeln und ein sanftes Wort auf die Lippen von Henriette zu bringen, ein Resultat, zu welchem er leicht gelangte.

Die zwei Frauen begaben sich nun in das Nebenzimmer, wo das Abendbrod ihrer harrte.

Das Erste, worüber Coconnas seinen Freund im Einzelnen fragte, war der unselige Abend, der ihm beinahe das Leben gekostet hätte. Während La Mole in seiner Erzählung vorrückte, bebte der Piemontese, der doch bekanntlich in diesem Punkte nicht leicht zu erschüttern war, an allen Gliedern.

»Und warum hast Du Dich,« sagte er, »statt in das Weite zu sausen, wie Du es gethan, und mir so große Unruhe zu bereiten, nicht zu unserem Herrn geflüchtet? Der Herzog, der Dich vertheidigt hatte, würde Dich auch verborgen haben. Ich hätte bei Dir gelebt, und meine Traurigkeit würde, wenn auch geheuchelt, nichtsdestoweniger die einfältigen Bursche bei Hofe getäuscht haben.«

»Zu unserem Herrn?« sprach La Mole leise, zu dem Herzog von Alençon?

»Ja, nachdem, was er mir sagte, mußte ich glauben. Du hättest ihm das Leben zu verdanken.«

»Ich verdanke das Leben dem König von Navarra,« erwiederte La Mole.

»Oh, oh!« rief Coconnas, »bist Du dessen gewiß?»

»Es ist kein Zweifel möglich.«

»Oh, der gute, der vortreffliche König! Aber was that der Herzog von Alençon bei dieser ganzen Geschichte?«

»Er hielt den Strick, um mich zu erdrosseln.«

»Mordi!« rief Coconnas, »weißt Du das ganz sicher, La Mole? Wie? dieser bleiche Prinz, dieses Pommerchen, dieser Grünspecht will meinen Freund erdrosseln! Ah, ich werde ihm morgen sogleich sagen, was ich von dieser ganzen Sache halte.«

25.Euere unerwartete Anwesenheit an diesem Hofe würde mich und meinen königlichen Gemahl mit Freude erfüllen, wenn sie nicht ein großes Ungemach herbeiführte, nämlich nicht allein den Verlust eines Bruders, sondern auch den eines Freundes.
26.Wir sind trostlos, von Euch getrennt zu werden, während wir mit Euch zu reisen vorgezogen hätten, aber dasselbe Geschick, welches heischt, daß Ihr Paris ohne Verzug verlasst, fesselt uns an diese Stadt. Reiset also, Bruder; reiset Freund; reiset ohne uns. Unsere Hoffnung und unsere Wünsche werden Euch folgen.

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