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Kitabı oku: «Königin Margot», sayfa 35

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»Nun, meine Mutter,« sagte Karl, »in Allem dem sehe ich nichts Schlimmes. Es lag in Eurem Rechte, Herr von Mouy, einen König zu verlangen. Ja, Navarra kann und muß ein getrenntes Königreich seyn. Mehr noch, dieses Königreich scheint ausdrücklich gemacht zu einer Dotation für meinen Bruder Alençon, der stets ein so großes Gelüste nach einer Krone gehabt hat, daß er, wenn wir die unsrige tragen, seinen Blick nicht davon abzuwenden vermag. Das Einzige, was sich dieser Thronbesteigung widersetzte, war das Recht von Henriot; da jedoch Henriot freiwillig darauf Verzicht leistet…«

»Freiwillig, Sire.«

»So scheint es, daß es der Wille Gottes ist. Herr von Mouy, es steht Euch frei, zu Euern Brüdern zurückzukehren, die ich vielleicht etwas hart bestraft habe; aber das ist eine Angelegenheit zwischen Gott und mir, und sagt ihnen, da sie meinen Bruder, den Herzog von Alençon, zum König haben wollen, so füge sich der König von Frankreich ihren Wünschen. Von diesem Augenblick an ist Navarra ein Königreich und sein Souverain heißt Franz. Ich verlange nur acht Tage, daß mein Bruder Paris mit dem einem König gebührenden Glanze und Gepränge verlasse. Geht, Herr von Mouy, geht. Herr von Nancey, laßt Herrn von Mouy hinaus, er ist frei.«

»Sire,« sprach von Mouy, einen Schritt vorgehend, »erlaubt Eure Majestät….«

»Ja,« erwiederte der König.

Und er reichte dem jungen Hugenotten die Hand. Von Mouy setzte ein Knie auf die Erde und küßte sie ehrfurchtsvoll.

»Doch sprecht,« sagte der König, ihn in dem Augenblicke zurückhaltend, wo er wieder aufstehen wollte, »habt Ihr nicht gegen diesen Schurken Maurevel Gerechtigkeit von mir verlangt?«

»Ja, Sire.«

»Ich weiß nicht, wo er ist, um sie Euch angedeihen zu lassen, denn er verbirgt sich, aber wenn Ihr ihn trefft, nehmt Euch selbst Euer Recht, ich bevollmächtige Euch dazu und zwar mit ganzem Herzen.«

»Ah! Sire,« rief Herr von Mouy, »Ihr überhäuft mich mit Güte. Eure Majestät verlasse sich auf mich: ich weiß auch nicht, wo er ist, aber seyd unbesorgt, ich werde ihn finden.«

Hiernach verbeugte sich Herr von Mouy ehrfurchtsvoll vor dem König Karl und der Königin Catharina und entfernte sich, ohne daß die Wachen, die ihn gebracht hatten, seinem Abgang ein Hinderniß entgegensetzten. Er durchschritt die Gänge, erreichte rasch die Pforte und machte, sobald er einmal außen war, nur einen Sprung von der Place Saint-Germain I’Auxerrois nach dem Gasthofe zum Schönen Gestirn, wo der junge Mann sein Pferd wieder fand, dem er es zu verdanken hatte, daß er drei Stunden, nachdem er Paris verlassen, in vollkommener Sicherheit hinter den Mauern von Mantes athmete.

Catharina kehrte, Ihren Zorn verschluckend, in ihre Gemächer zurück und begab sich von da zu Margarethe.

Sie fand hier Heinrich im Schlafrocke und, wie es schien, bereit sich zu Bette zu legen.

»Satan,« murmelte sie, »hilf einer armen Königin, für die Gott nichts mehr thun will.«

XXVII.
Zwei Köpfe für eine Krone

»Man bitte Herrn von Alençon, zu mir zu kommen,« sprach Karl, seine Mutter entlassend.

Herr von Nancey der geneigt war, gemäß der Aufforderung des Königs, von nun an diesem allein zu gehorchen, machte nur einen Sprung von Karl zu seinem Bruder, und überbrachte ihm ohne eine Versüßung den Befehl, welchen er erhalten hatte.

Der Herzog von Alençon bebte. Er hatte von jeher vor Karl gezittert und that dies noch mehr, seitdem er sich durch sein Conspiriren Gründe gemacht hatte, ihn zu fürchten. Nichtsdestoweniger begab er sich mit berechnetem Eifer zu seinem Bruder.

Karl stand in seinem Gemache und pfiff ein Halali durch die Zähne.

Als der Herzog von Alençon eintrat, gewahrte er in dem Auge von Karl einen von den Blicken voll giftigen Hasses, die er so gut kannte.

»Eure Majestät hat mich rufen lassen; hier bin ich, Sire. Was wünscht Eure Majestät von mir?«

»Ich wünsche Euch zu sagen, mein guter Bruder, daß ich zur Belohnung für die große Freundschaft, die Ihr für mich hegt, entschlossen bin, heute etwas für Euch zu thun, wonach Ihr längst trachtet.«

»Für mich?«

»Ja, für Euch … Sucht in Eurem Geiste etwas, wovon Ihr seit einiger Zeit am meisten träumt, und ich werde Euch dasselbe geben.«

»Sire,« sprach Franz, »ich schwöre meinem Bruder, ich wünsche nichts Anderes, als die Fortdauer der guten Gesundheit des Königs.«

»Dann müßt Ihr befriedigt seyn, Alençon; die Unpäßlichkeit, welche mich zur Zeit der Ankunft der Polen befiel, ist vorüber. Mit dem Beistande von Henriot bin ich einem wüthenden Eber entgangen, der mich aufschlitzen wollte, und ich befinde mich so wohl, daß ich nicht den Gesündesten meines Reiches zu beneiden habe. Ihr könnt also, ohne ein schlimmer Bruder zu seyn, etwas Anderes wünschen, als die Fortdauer meiner Gesundheit, welche vortrefflich ist.«

»Ich wünsche nichts, Sire.«

»Doch, doch, Franz,« versetzte Karl ungeduldig, »Ihr wünscht die Krone von Navarra, da Ihr Euch mit Henriot und Mouy verständigt habt; mit dem ersten, damit er darauf Verzicht leiste, mit dem zweiten, daß er Euch dieselbe verschaffe. Nun wohl. Henriot verzichtet darauf, Herr von Mouy hat mir Eure Bitte mitgetheilt, und diese Krone, nach der Ihr strebt….«

»Nun?« fragte Alençon mit zitternder Stimme.

»Mord und Teufel! gehört Euch.«

Alençon wurde furchtbar bleich. Aber das Blut, das in sein Herz getreten war, daß es hätte bersten sollen, floß plötzlich nach den äußeren Theilen zurück und eine brennende Röthe trat auf seine Wangen; die Gunst, welche ihm der König bewilligte, brachte ihn in diesem Augenblick zur Verzweiflung.

»Aber, Sire,« erwiederte er stammelnd vor Aufregung und vergebens bemüht, Ruhe zu gewinnen, »ich habe nichts gewünscht und besonders nichts dergleichen verlangt.«

»Das ist möglich,« sprach der König, »denn Ihr seyd sehr discret, mein Bruder. Aber man hat für Euch gewünscht, für Euch verlangt.«

»Sire, ich schwöre Euch, daß ich nie …«

»Schwört nicht!«

»Aber, Sire. Ihr verbannt mich also?«

»Ihr nennt das eine Verbannung, Franz? Teufel, Ihr seyd häkelig. Was hofftet Ihr denn Besseres?«

Alençon biß sich vor Verzweiflung in die Lippen.

»Meiner Treue,« fuhr Karl Gutmüthigkeit heuchelnd fort, »ich glaubte nicht, daß Ihr so populär wäret und besonders nicht bei den Hugenotten; aber sie verlangen Euch, und ich muß mir selbst gestehen, daß ich mich täuschte. Dann konnte ich mir nichts Besseres wünschen, als einen Mann, der mir gehört, einen Bruder, der mich liebt und unfähig ist, mich zu verrathen, an der Spitze einer Partei zu haben, die uns seit dreißig Jahren bekriegt. Das wird Alles wie durch einen Zauber zur Ruhe bringen, abgesehen davon, daß wir dann drei Könige in der Familie sind. Nur der arme Henriot wird nichts Anderes seyn, als mein Freund. Aber er ist nicht ehrgeizig und dieser Titel, welchen sonst Niemand anspricht, er wird ihn nehmen.«

»Oh! Sire, Ihr täuscht Euch, ich fordere diesen Titel, und wer hat mehr Recht darauf, als ich. Henriot ist nur Euer Schwager durch ein Ehebündniß, ich bin Euer Bruder durch das Blut und besonders durch das Herz. Sire, ich flehe Euch an, behaltet mich bei Euch.«

»Nein, nein, Franz,« erwiederte Karl, »das wäre Euer Unglück.«

»Wieso?«

»Aus tausend Gründen.«

»Aber bedenkt doch ein wenig, Sire, werdet Ihr je einen so getreuen Gefährten finden, wie ich bin? Seit meiner Kindheit habe ich Eure Majestät nie verlassen.«

»Ich weiß es wohl, ich weiß es wohl, und zuweilen hätte ich Euch sogar sehr gerne gewünscht.«

»Was will der König damit sagen?«

»Nichts, nichts,… Oh, was für schöne Jagden werdet Ihr dort haben! Franz, ich beneide Euch! Wißt Ihr, daß man in diesen Teufelsgebirgen den Bären jagt, wie hier den Eber? Ihr werdet uns Alle mit prächtigen Häuten versehen. Man jagt das mit dem Dolche, wie Ihr wißt; man hört das Thier, man treibt es auf, man reizt es; es geht auf den Jäger zu und vier Schritte von demselben richtet es sich mit seinen Hintertatzen auf. In diesem Augenblick stößt man ihm den Stahl in das Herz, wie dieß Henriot dem Eber bei der letzten Jagd gethan hat, Ihr wißt doch? Das ist gefährlich. Aber Ihr seyd brav, Franz und diese Gefahr wird für Euch ein wahres Vergnügen seyn.«

»Ah! Eure Majestät verdoppelt meinen Kummer, denn ich werde nicht mehr mit ihr jagen.«

»Beim Donner! desto besser,« sprach der König. »Es ist weder für den Einen noch für den Andern zweckdienlich, wenn wir mit einander jagen.«

»Was will Eure Majestät damit sagen?«

»Das Jagen mit mir bereitet Euch ein solches Vergnügen und hat eine solche Aufregung bei Euch zur Folge, daß Ihr, der Ihr die Geschicklichkeit in Person seyd, Ihr, der Ihr mit der nächsten besten Büchse eine Elster auf hundert Schritte schießt, das letzte Mal, als wir in Gesellschaft jagten, mit Eurem Gewehre, mit einem Gewehre, das Ihr genau kennt, auf zwanzig Schritte einen großen Eber gefehlt, und statt dessen meinem besten Pferde das Bein zerschmettert habt. Mord und Teufel, Franz! wißt Ihr, das gibt Stoff zum Nachdenken.«

»Oh! Sire, vergebt der Aufregung,« sprach Alençon, welcher leichenbleich geworden war.

»Ah! ja,« versetzte Karl, »die Aufregung, ich weiß wohl, und gerade wegen dieser Aufregung, die ich, glaubt mir, zu ihrem wahren Werthe anzuschlagen weiß, sage ich Euch: Franz, es ist besser, wenn wir fern von einander jagen, besonders wenn man solche Aufregungen hat. Ueberlegt Euch dieß, mein Bruder, nicht in meiner Gegenwart, meine Gegenwart beunruhigt Euch, wie ich sehe, sondern wenn Ihr allein seyd, und Ihr werdet mir zugestehen, daß ich allen Grund habe, zu befürchten, es könnte Euch bei einer neuen Jagd abermals eine Aufregung erfassen; dann würdet Ihr den Reiter statt des Pferdes, den König statt des Thieres tödten. Pest! ob eine Kugel zu hoch oder zu tief einschlägt, das verändert das Angesicht einer Regierung ganz gewaltig, und wir haben ein Beispiel davon in unserer Familie. Als Montgommery unsern Vater Heinrich II. durch einen Zufall, durch Aufregung vielleicht, tödtete, brachte der Schuß unsern Bruder Franz II. auf den Thron und unsern Vater Heinrich nach Saint-Denis. Gott braucht so wenig, um viel zu thun.«

Der Herzog fühlte während dieses eben so furchtbaren als unvorhergesehenen Stoßes den Schweiß über seine Stirne rieseln. Der König konnte seinem Bruder unmöglich ausdrücklicher sagen, er habe Alles errathen. Seinen Zorn unter einem Schatten von Scherz verbergend, war Karl vielleicht noch schrecklicher, als wenn er die gehässige Lava, welche sein Herz verzehrte, sich hätte kochend nach Außen verbreiten lassen. Seine Rache schien ganz im Verhältniß zu seinen Grolle zu stehen, und zum ersten Male lernte Alençon den Gewissensbiß oder vielmehr das Bedauern kennen, daß er ein Verbrechen unternommen hatte, welches ihm in der Ausführung mißlungen war.

Er hatte den Kampf ausgehalten, so lange er vermochte, aber unter diesem letzten Schlage beugte er das Haupt, und Karl sah aus seinen Augen die verzehrende Flamme treten, die bei Wesen von einer zarten Natur die Furchen gräbt, durch welche die Thränen hervorspringen.

Aber Alençon gehörte zu den Menschen, welche nur vor Wuth weinen.

Karl hielt sein Geierauge starr auf ihn geheftet, und athmete gleichsam jeden von den Empfindungen, jeden von den Eindrücken ein, wie sie sich in dem Herzen des jungen Mannes folgten. Und jede dieser Empfindungen erschien ihm so bestimmt und klar, in Folge der tiefen Studien, die er in seiner Familie gemacht hatte, als ob das Herz von Alençon ein offenes Buch gewesen wäre.

Er ließ ihn so einen Augenblick niedergeschmettert, unbeweglich stumm. Dann sagte er mit einer Stimme, in der eine haßerfüllte Festigkeit nicht zu verkennen war:

»Mein Bruder, wir haben unsern Entschluß ausgesprochen, und dieser Entschluß ist unerschütterlich. Ihr werdet reisen.«

Alençon machte eine Bewegung. Karl schien es nicht zu bemerken, und fuhr fort:

»Navarra soll stolz darauf seyn, einen Bruder des Königs Frankreich zum Fürsten zu haben. Macht, Glück, Alles sollt Ihr haben, was Eurer Geburt geziemt, wie es Euer Bruder Heinrich bekommen hat, und wie er,« fügte er lächelnd bei, »werdet Ihr mich aus der Ferne segnen. Aber gleichviel, die Segnungen kennen keine Entfernung.«—

»Sire….«

»Nehmt an, oder vielmehr fügt Euch. Seyd Ihr einmal König, so wird man eine Frau würdig eines Sohnes von Frankreich für Euch finden, welche Euch vielleicht einen andern Thron bringt.«

»Aber Eure Majestät vergißt ihren guten Freund Heinrich.«

»Heinrich! wenn ich Euch sage, daß er den Thron von Navarra nicht will. Ich habe Euch bereits bemerkt, er trete ihn Euch ab. Heinrich ist ein lustiger Junge, und kein Bleichgesicht wie Ihr. Er will nach Wohlgefallen lachen und sich belustigen und nicht vertrocknen, wozu wir verdammt sind, wir unter den Kronen.«

Alençon stieß einen Seufzer aus.

»Eure Majestät befiehlt mir also, mich zu beschäftigen…«

»Nein, nein, kümmert Euch um nichts, Franz, ich werde Alles selbst ordnen. Verlaßt Euch auf mich als auf einen guten Bruder. Und nun, da Alles abgemacht ist, geht. Theilt Euren Freunden unsere Unterredung mit, oder theilt sie nicht mit. Ich werde Maßregeln treffen, daß die Sache bald öffentlich wird. Geht, Franz.«

Es war nichts zu entgegnen. Der Herzog verbeugte sich und ging Wuth im Herzen ab.

Er brannte vor Begierde, Heinrich zu finden, um mit ihm über Alles, was vorgefallen war, zu sprechen. Aber er fand nur Catharina: Heinrich wich der Unterredung aus, die Königin Mutter suchte sie.

Als der Herzog Catharina sah, unterdrückte er rasch seine Schmerzen und suchte zu lächeln. Minder glücklich als Heinrich von Anjou, suchte er keine Mutter in Catharina, sondern einfach eine Verbündete. Er fing also damit an, daß er sich vor ihr verstellte, denn um gute Bündnisse zu schließen, muß man sich gegenseitig ein wenig täuschen.

Alençon redete Catharina mit einem Gesichte an, auf dem nur noch eine leichte Spur von Unruhe übrig war.

»Nun, Madame,« sagte er, »große Neuigkeiten, wißt Ihr sie?«

»Ich weiß, daß man einen König aus Euch zu machen beabsichtigt.«

»Das ist sehr gut von meinem Bruder, Madame.«

»Nicht wahr?«

»Und ich bin beinahe versucht, zu glauben, daß ich einen Theil meiner Dankbarkeit auf Euch zu übertragen habe; denn waret Ihr es, die ihm den Rath gegeben hat, mir einen Thron zu schenken, so habe ich diesen Thron Euch zu danken, obgleich ich im Grunde gestehe, daß es mir peinlich gewesen ist, auf diese Art den König von Navarra zu berauben.«

»Ihr liebt Henriot ungemein, wie es scheint, mein Sohn?«

»Ja, seit einiger Zeit stehen wir in inniger Verbindung mit einander.«

»Glaubt Ihr, daß er Euch eben so sehr liebt, als Ihr ihn liebt?«

»Ich hoffe es, Madame.«

»Eine solche Freundschaft ist erbaulich, wißt Ihr, besonders unter Prinzen. Die Hoffreundschaften gelten nicht für sehr fest, mein lieber Franz.«

»Meine Mutter, bedenkt, daß wir nicht nur Freunde, sondern beinahe Brüder sind.«

Catharina lächelte auf eine seltsame Weise.

»Gut!« sagte sie. »Gibt es Brüder unter Königen?«

»Oh! was das betrifft, wir waren Beide keine Könige, als wir diese Verbindung schlossen; wir sollten es sogar nie seyn, deßhalb liebten wir uns.«

»Ja, aber die Verhältnisse haben sich zu dieser Stunde sehr verändert.«

»Wie, sehr verändert?«

»Ja, allerdings, wer sagt Euch, daß Ihr nicht Beide Könige seyn werdet?«

An dem Nervenbeben des Herzogs, an der Röthe, die seine Stirne übergoß, sah Catharina, daß ihr Streich mitten in das Herz getroffen hatte.«

»Er,« sagte Alençon, »Heinrich, König? Und von welchem Reiche?«

»Von einem der herrlichsten der Christenheit, mein Sohn.«

»Ah!« rief Alençon erbleichend, »was sagt Ihr da?«

»Das, was eine gute Mutter ihrem Sohne sagen muß, das, woran Ihr mehr als ein Mal gedacht habt, Franz.«

»Ich,« sprach der Herzog, »ich habe an nichts gedacht, das schwöre ich Euch.«

»Ich will Euch wohl glauben, denn Euer Freund, Euer Bruder Heinrich, wie Ihr ihn nennt, ist unter seiner scheinbaren Offenherzigkeit ein sehr gewandter und sehr verschmitztes Herr, der seine Geheimnisse besser bewahrt, als Ihr die Eurigen, Franz. Hat er Euch zum Beispiel je gesagt, daß Herr von Mouy sein Agent ist?«

Während Catharina diese Worte sprach, tauchte sie ihren Blick wie ein Stilett in die Seele von Franz.

Dieser aber hatte nur eine Tugend, oder vielmehr ein hervorspringendes Laster: die Verstellung. Er ertrug also diesen Blick ganz gelassen.

»Von Mouy!« sagte er erstaunt, und als würde dieser Name zum ersten Male unter solchen Umständen in seiner Gegenwart ausgesprochen.

»Ja, der Hugenott Mouy von Saint-Phale, derselbe, welcher beinahe Herrn von Maurevel getötet hätte, welcher heimlich in Frankreich und in der Hauptstadt unter allerlei Verkleidungen umherläuft, intriguirt und ein Heer auf die Beine bringt, um Euren Bruder Heinrich gegen Eure Familie zu unterstützen.«

Catharina war es nicht bekannt, daß ihr Sohn Franz in dieser Beziehung eben so viel oder sogar mehr wußte, als sie; sie stand bei diesen Worten deßhalb auf und schickte sich an, sich einen majestätischen Abgang zu machen.

Franz hielt sie zurück.

»Meine Mutter,« sprach er, »noch ein Wort, wenn es Euch gefällig ist. Da Ihr die Gnade habt mich in Eure Politik einzuweihen, so sagt mir, wie es Heinrich, dem so wenig Bekannten, mit so geringen Mitteln gelingen soll, einen Krieg zuführen, welcher so ernst wäre, daß er unsere Familie beunruhigen könnte?«

»Kind,« erwiederte die Königin lächelnd, »wißt, daß er von mehr als dreißigtausend Mann unterstützt wird, daß an dem Tage, wo er ein Wort spricht, diese dreißigtausend Mann plötzlich, als ob sie aus der Erde kämen, erscheinen werden, und diese dreißigtausend Mann sind Hugenotten. bedenkt das wohl, d. h. die tapfersten Soldaten der Welt. Und dann hat er eine Protection, die Ihr Euch nicht zu verschaffen wußtet, oder Euch nicht verschaffen wolltet, Ihr …«

»Welche?«

»Er hat den König, der ihn liebt, der ihn befördert, den König, der aus Eifersucht gegen Eueren Bruder in Polen und aus Trotz gegen uns in seiner Umgebung Nachfolger sucht. Nur sucht er sie anderswo als in seiner Familie, und Ihr seyd ein Blinder, wenn Ihr das Nicht seht.«

»Der König!… glaubt Ihr, meine Mutter?«

»Habt Ihr denn nicht wahrgenommen, daß er Henriot, seinen Henriot liebt?«

»Allerdings, meine Mutter.«

»Und daß er dafür belohnt wird, denn derselbe Henriot vergißt, daß sein Schwager ihn in der Bartholomäusnacht erschießen wollte, und legt sich auf den glatten Bauch, wie ein Hund, der die Hand leckt, welche ihn geschlagen hat.«

»Ja, ja,« murmelte Franz, »ich habe es bereits bemerkt, Heinrich ist sehr unterthänig gegen meinen Bruder Karl.«

»Er ist wahrhaft erfindungsreich, um ihm in allen Stücken zu gefallen.«

»So sehr, daß er ärgerlich, von dem König über seine Unwissenheit in der Falknerei verspottet zu werden, nun die Beize studiren will. Gestern noch fragte er mich, ob ich nicht einige gute Bücher hätte, welche diese Kunst behandelten.«

»Halt!« sprach Catharina, deren Augen funkelten, als durchzuckte ein rascher Gedanke ihren Geist, »halt!… Und was habt Ihr ihm geantwortet!«

»Ich würde in meiner Bibliothek suchen.«

»Gut,« versetzte Catharina, »gut, er soll dieses Buch haben.«

»Aber ich suchte, Madame, und fand nichts.«

»Ich werde finden, und Ihr gebt ihm das Buch, als ob es von Euch käme.«

»Und was wird daraus erfolgen?«

»Habt Ihr Vertrauen zu mir, Alençon?«

»Ja, Mutter.«

»Wollt Ihr mir blindlings in Beziehung auf Heinrich gehorchen, den Ihr nicht liebt, was Ihr auch sagen möget.«

Alençon lächelte.

»Und den ich meines Theils hasse,« fuhr Catharina fort.

»Ja, ich werde gehorchen.«

»Am Morgen der nächsten Jagd holt das Buch hier. Ich gebe es Euch, Ihr bringt es Heinrich … und…«

»Und …«

»Laßt Gott, die Vorsehung oder den Zufall das Uebrige thun.«

Franz kannte seine Mutter hinreichend, um zu wissen, daß es nicht ihre Gewohnheit war, Gott, der Vorsehung oder dem Zufall die Sorge zu überlassen, ihre Freundschaft oder ihren Haß zu unterstützen. Aber er hütete sich wohl, ein Wort beizufügen, verbeugte sich wie ein Mensch, der den Auftrag den man ihm gibt, übernimmt, und zog sich in seine Gemächer zurück.

»Was will sie damit sagen?« dachte der junge Mann, die Treppe hinaufsteigend, »ich weiß es nicht. Das ist mir aber ganz klar, daß sie gegen einen gemeinschaftlichen Feind handelt. Wir wollen sie machen lassen.«

Während dieser Zeit erhielt Margarethe durch Vermittlung von La Mole einen Brief von Herrn von Mouy mit der Adresse des Königs von Navarra. Da diese zwei erhabenen Eheleute in der Politik kein Geheimniß vor einander hatten, so entsiegelte sie diesen Brief und las ihn. Ohne Zweifel kam ihr derselbe interessant vor, denn die Dunkelheit benützend, welche bereits an den Mauern des Louvre herabzufallen anfing, schlüpfte Margarethe in den geheimen Gang, stieg die Wendeltreppe hinauf und eilte, nachdem sie aufmerksam überall umher geschaut hatte, rasch wie ein Schatten vorwärts und verschwand in dem Vorzimmer des Königs von Navarra.

Dieses Vorzimmer wurde seit der Entfernung von Orthon von Niemand mehr bewacht.

Diese Entfernung, welche wir seit dem Augenblicke, wo sie der Leser auf eine so tragische Weise für den armen Orthon vor sich gehen sah, nicht mehr berührten, hatte Heinrich ungemein beunruhigt. Er sprach darüber mit Frau von Sauves und mit seiner Gemahlin, aber weder die Eine noch die Andere war besser unterrichtet als er. Frau von Sauves gab ihm nur einige Auskunft, der zu Folge es dem Geiste von Heinrich ganz klar wurde, daß das arme Kind ein Opfer irgend einer Machination der Königin Mutter geworden war, und daß er in Folge dieser Machination mit Herrn von Mouy beinahe in dem Gastehause zum Schönen Gestirne verhaftet worden wäre.

Ein Anderer als Heinrich hätte geschwiegen. denn er würde es nicht gewagt haben etwas zu sagen; aber Heinrich berechnete Alles; er begriff, daß sein Stillschweigen ihn verrathen würde. Gewöhnlich verliert man auf diese Art nicht einen seiner Diener, einen seiner Vertrauten, ohne sich nach ihm zu erkundigen, ohne nach ihm zu forschen. Heinrich erkundigte sich also, forschte also in Gegenwart des Königs und sogar der Königin Mutter. Er fragte bei Jedermann nach Orthon, von der Schildwache, welche vor der Pforte des Louvre auf- und abging, bis zum Kapitän der Garden, der seinen Posten im Vorzimmer des Königs hatte; aber alle seine Fragen und alle seine Schritte waren vergeblich. Heinrich schien jedoch so sehr von diesem Ereignisse ergriffen und seinem armen abwesenden Diener dergestalt zugethan, daß er erklärte, er würde ihn nicht eher ersetzen, als bis er die Gewißheit erlangt hätte, er wäre für immer verschwunden…

Das Vorzimmer war also leer, als sich Margarethe bei Heinrich einfand.

So leicht auch die Tritte der Königin waren, so hörte sie Heinrich dennoch, und er rief, sich umwendend:

»Ihr, Madame!«

»Ja,« erwiederte Margarete, »lest geschwinde.«

Und sie reichte ihm das Papier offen.

Es enthielt folgende Zeilen.

»Sire, der Augenblick, unsern Fluchtplan in Ausführung zu bringen, ist gekommen. In fünf bis sechs Tagen ist Beize die Seine entlang, von Saint-Germain bis Maisons, d. h. in der ganzen Ausdehnung des Waldes.

»Geht auf diese Jagd, obgleich es eine Beize ist. Zieht unter Eurem Kleide ein gutes Panzerhemd an, gürtet Euer bestes Schwert um, reitet das flinkste Pferd Eures Stalles.

Gegen Mittag, wenn die Jagd am stärksten ist und der König dem Falken nachgeeilt seyn wird, entzieht Euch allein, wenn Ihr allein kommt, mit der Königin von Navarra, wenn sie Euch folgt. Fünfzig der Unseren werden in dem Pavillon von Franz I. verborgen seyn, wozu wir den Schlüssel haben; kein Mensch soll erfahren, daß sie dort sind, denn sie kommen bei Nacht und die Läden werden geschlossen.

»Ihr reitet durch die Allee des Violettes, an deren Ende ich wachen werde: rechts von dieser Allee, in einer kleinen Lichtung, sind die Herren de La Mole und Coconnas mit zwei Handpferden. Diese frischen Pferde sind bestimmt, die Eurigen zu ersetzen, sollten sie zufällig müde seyn.«

»Gott befohlen, Sire; seyd bereit, wir sind es.«

Und Margarethe sprach nach sechzehn hundert Jahren dieselben Worte aus, welche Cäsar an den Ufern des Rubicon ausgesprochen hatte.

»Es sey, Madame,« antwortete Heinrich, »ich werde mich Euch nicht widersetzen.«

»Vorwärts, Sire, werdet ein Held, das ist nicht schwierig: Ihr habt nur Euren Weg zu verfolgen: und macht mir einen schönen Thron,« sprach die Königin von Navarra.

Ein unmerkliches Lächeln schwebte über die feine Lippe des Bearners hin. Er küßte Margarethe die Hand und ging, ein Liedchen trällernd, zuerst hinaus, um den Gang zu erforschen.

Diese Vorsicht war nicht schlecht: in dem Augenblick, wo er die Thüre seines Schlafzimmers öffnete, öffnete Alençon die seines Vorzimmers. Heinrich machte Margarethe ein Zeichen mit der Hand und sagte dann ganz laut: »Ah! Ihr seyd es, mein Bruder, ich nenne Euch willkommen.«

Bei dem Zeichen ihres Gemahls begriff die Königin Alles und warf sich rasch in ein Ankleidecabinet, dessen Thüre ein dicker Vorhang bedeckte.

Der Herzog von Alençon trat mit schüchternem Schritte und rings umher schauend ein. »Sind wir allein, mein Bruder?« fragte er halblaut.

»Vollkommen allein; was gibt es denn? Ihr seht ganz verstört aus.«

»Wir sind entdeckt, Heinrich.«

»Wie! entdeckt?«

»Ja, man hat Mouy verhaftet.«

»Ich weiß es.«

»Er hat dem König Alles gesagt.«

»Was hat er gesagt?«

»Ich strebe nach dem Throne von Navarra und conspirire, um ihn zu erhalten.«

»Ah, der Teufel,« sprach Heinrich, »Ihr seyd also compromittirt, mein armer Bruder! Warum hat man Euch nicht auch verhaftet?«

»Ich weiß es nicht. Der König hat sich über mich lustig gemacht, indem er sich stellte, als böte er mir den Thron von Navarra an. Ohne Zweifel hoffte er mir ein Geständniß zu entlocken, aber ich habe ihm nichts gesagt.«

»Und daran habt Ihr wohl gethan, Ventre-saint-gris!« rief der Bearner. »Wir wollen fest halten, unser Leben hängt davon ab.«

»Ja,« versetzte Franz, »der Fall ist sehr schwierig, und ich bin deßhalb gekommen, um Euch um Rath zu fragen, mein Bruder. Was glaubt Ihr, daß ich thun soll: fliehen oder bleiben?«

»Ihr habt den König gesehen, da er mit Euch sprach?«

»Allerdings.«

»Nun wohl, so mußtet Ihr in seinem Geiste lesen! Folgt Eurer Eingebung.«

»Ich würde lieber bleiben,« erwiederte Franz.

So sehr auch Heinrich Herr über sich selbst war, so entschlüpfte ihm doch eine Bewegung der Freude, die, obgleich fast unmerklich, Franz nicht entging.

»Bleibt also.« sprach Heinrich.

»Aber Ihr?«

»Bei Gott! wenn Ihr bleibt, habe ich keinen Grund zu gehen. Ich wollte nur von hier fort, um Euch zu folgen, … aus Ergebenheit, um meinen Bruder, den ich liebe, nicht zu verlassen.«

»Es ist also aus mit allen unsern Plänen,« sprach Alençon, »Ihr laßt Euch ohne Widerstreben von dem ersten Zuge des Mißgeschicks hinreißen?«

»Ich?« versetzte Heinrich, »ich betrachte es nicht als ein Mißgeschick, hier zu bleiben. Bei meinem sorglosen Charakter befinde ich mich überall wohl.«

»Gut, es sey,« sagte Alençon, »sprechen wir nicht mehr davon. Laßt es mich nur wissen, wenn Ihr irgend einen neuen Entschluß faßt.«

»Ventre-saint-gris! ich werde nicht verfehlen, dieß zu thun,« erwiederte Heinrich. »Ist es nicht abgemacht, daß wir keine Geheimnisse unter uns haben?«

Alençon wollte das Gespräch nicht weiter fortsetzen. Er entfernte sich ganz nachdenkend: denn einen Augenblick hatte er den Vorhang des Ankleidezimmers zittern zu sehen geglaubt.

Kaum war Alençon weggegangen, als wirklich dieser Vorhang ausgehoben wurde und Margarethe wieder erschien.

»Was denkt Ihr von diesem Besuche?« fragte Heinrich.

»Daß etwas Neues, Wichtiges vorgeht.«

»Und was glaubt Ihr, daß dies seyn mag?«

»Ich weiß es noch nicht; aber ich werde es erfahren.«

»Mittlerweile? …«

»Mittlerweile verfehlt nicht, morgen Abend zu mir zu kommen.«

»Ich werde nicht ermangeln Madame,« sprach Heinrich auf eine artige Weise seiner Gemahlin die Hand küssend.

Und Margarethe kehrte mit derselben Vorsicht, mit der sie ihre Wohnung verlassen solle, wieder in dieselbe zurück.

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04 aralık 2019
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