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Kitabı oku: «Seeabenteuer und Schiffsbrüche», sayfa 9

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3.
Die Rache

Die Offiziere traten sogleich zusammen, um sich über die zu ergreifenden Maßregeln zu besprechen.

Es handelte sich nicht allein darum, den Kapitain Marion zu retten, wenn es noch Zeit war, sondern auch den drei Posten am Lande Hilfe zu senden.

Der Leutnant Crozet vom »Mascarin« hatte diese Nacht auf dem Posten des Zimmerplatzes zugebracht, und dies war ein neuer Grund zur Besorgniß für die auf den Schiffen befindliche Mannschaft.

Das Resultat der von den Offizieren gepflogenen Berathung war, daß augenblicklich die Schaluppe des »Mascarin« mit einem Offizier und einer Abteilung Soldaten unter dem Commando eines Sergeanten abgeschickt werden sollte.

Der Offizier hatte Befehl, die Küste zu untersuchen, um zu erfahren, was aus dem Boote des Kapitains und aus der Schaluppe der Arbeiter geworden war.

Außerdem sollte er alle Posten benachrichtigen und zuerst an dem Punkte landen, welcher dem Zimmerplatz am nächsten lag, um diesem Posten, der sich am tiefsten im Innern bestand, jede nöthige Unterstützung zu gewähren.

Mit diesen Instruktionen versehen und von den Blicken der Zurückbleibenden begleitet, fuhr der Offizier ab.

Als er in die Nähe des Landes kam, gelb er einige Signale.

Er hatte unweit Takuri's Dorfe das Boot des Kapitains und die Schaluppe der,Arbeiter entdeckt, Beide umgestürzt und von einer Menge Wilder umgeben, welche mit Aexten, Säbeln und Flinten bewaffnet waren, die sie augenscheinlich aus den beiden Fahrzeugen genommen hatten.

Zum Glück verstanden sie mit der gefährlichsten von diesen drei Waffen, mit der Flinte, nicht umzugehen; sie war in ihren Händen nur der Stiel des Bajonnets, wie der Marschall von Sachsen sich einmal ausgedrückt hatte.

Obgleich der Offizier durch eine einfache Gewehrsalve die Neuseeländer sogleich hätte in die Flucht schlagen können, hielt er dennoch nicht an, weil er fürchtete, daß dadurch der ganze Zweck seiner Expedition verfehlt werden könnte, sondern er ruderte weiter, um möglichst bald auf dem Zimmerplatze anzukommen.

Der Leutnant Crozet hatte, wie wir bereits gesagt haben, auf diesem Posten den Dienst. Er hatte, ohne selbst zu wissen warum, eine sehr unruhige Nacht gehabt, weil er beständig durch eine unbestimmte Ahnung gequält wurde, die ihm die Nähe einer großen Gefahr anzukündigen schien. Er war daher ganz besonders wachsam gewesen, wußte aber noch kein Wort von dem, was vorgefallen war, mochten die Wilden auf dieser Seite noch nichts unternommen haben oder hatten sie den offenen Angriff nicht gewagt, als sie die ganze Mannschaft des Postens von ferne kampfbereit sahen.

Während demnach der junge Offizier gedankenvoll in der Nähe der Arbeiter auf und abging, erblickte er gegen zwei Uhr Nachmittags plötzlich ein in geschlossenen Gliedern heran marschirendes Detachement Soldaten und erkannte an den aufgesteckten Bajonnetten, daß sie zum Felddienst ausgerückt sein mußten.

Augenblicklich stieg der Gedanke in ihm auf, daß ein Unglück geschehen sei.

Aber was für ein Unglück?

Welcher Art es auch sein mochte, die Mannschaft des Postens durfte es nicht erfahren, weil sie sonst leicht von einer panischen Angst ergriffen werden und den Muth verlieren konnte.

Dies sah Crozet auf der Stelle ein.

In Folge dessen ging er dem Detachement entgegen, und als er demselben bis auf fünfzig Schritt nahe gekommen war, kommandierte er: Halt!

Die Soldaten gehorchten.

Er winkte hierauf dem Sergeanten zu sich, und als dieser herangekommen war, fragte er ihn:

»Ist was vorgefallen?«

Der Sergeant erzählte ihm nun das entsetzliche Unglück und sagte ihm, was man über das Schicksal der Schaluppe wußte und welche Vermuthungen man über das Loos des Kapitains Marion hatte.

Als der Sergeant ausgesprochen hatte, sagte Crozet:

»Meine Leute dürfen von dem Allen kein Wort erfahren; Ihr beobachtet das unverbrüchlichste Stillschweigen und befehlt das Nämliche Eurer Mannschaft.«

Dann kehrte er zu den Matrosen zurück und sagte zu ihnen:

»Laßt Eure Arbeit liegen, Kinder, wir werden auf das Schiff zurückbeordert.«

Alle hörten sogleich auf zu arbeiten.

»Jetzt sucht Euer Handwerkszeug zusammen,« fuhr Crozet fort.

Der Befehl wurde ausgeführt.

»Und nun ladet Eure Gewehre.«

Die Matrosen sahen einander mit bedeutungsvollen Blicken an und ein alter Hochbootsmann rannte dem Leutnant zu:

»Wie es scheint, wird es etwas geben, Herr Leutnant?«

»Ladet die Gewehre!« wiederholte Crozet.

Die Leute gehorchten schweigend.

Als die Gewehre geladen waren, befahl der Leutnant, daß so viel Werkzeuge als möglich mitgenommen werden sollten.

Die übrigen wurden in dem einen Schuppen vergraben und auf dieser Stelle ein großes Feuer angezündet, um die Spuren der frisch auf gegrabenen Erde zu verwischen, damit der Schatz, den man zurücklassen mußte, so leicht nicht entdeckt werden konnte.

Die Matrosen wußten, wie gesagt, nicht, was geschehen war; als sie aber abmarschiert waren, sahen sie alle umliegenden Anhöhen mit Wilden besetzt.

Die Disziplin wurde jedoch so streng beobachtet, daß Keiner sich eine Frage erlaubte, und nur der alte Hochbootsmann ließ ein leises Brummen vernehmen, das in den Augen Derer, die ihn kannten, eine sehr ernste Bedeutung hatte.

Crozet theilte sein Detachement Soldaten, welches jetzt durch die Matrosen verstärkt war, in zwei Pelotons.

Die Matrosen waren sämmtlich mit Flinten bewaffnet, wie die Soldaten.

Das eine von diesen beiden Pelotons marschirte unter dem Kommando des Sergeanten an der Spitze; das andre folgte in geringer Entfernung hinter ihm und wurde vom Leutnant Crozet selbst geführt.

Zwischen Beiden bildeten die mit dem Handwerkszeuge und den Effecten beladenen Matrosen das Centrum.

So verließ die kleine Truppe, etwa sechzig Mann stark, den Wald.

Nach und nach kamen die Wilden in schweigenden und drohenden Haufen näher, hatten aber nicht den Muth, einen Angriff zu wagen.

Bald waren sie nur noch auf Stimmenweite entfernt.

Jetzt riefen die Häuptlinge dem Leutnant mit frecher Dreistigkeit zu.

»Takuri mate Marion!«

Dies hieß auf deutsch : »Takuri hat Marion umgebracht.«

Da die Matrosen in ihrem häufigen Umgange mit den Wilden ihre Sprache nach und nach verstehen gelernt hatten, wußten sie sogleich, was sie mit obigen Worten sagen wollten..

»Kinder!« rief jetzt der Leutnant, »da ich Eure Liebe zu unsrem Kapitain kenne, wollte ich Euch seinen Tod so lange als möglich verschweigen. Kümmert Euch jetzt nicht darum, was die Wilden sagen, denn sie haben offenbar die Absicht, uns zu erschrecken, damit wir in der Angst auseinanderlaufen sollen und sie uns dann einzeln niedermachen können. Doch wir wollen ihren Plan vereiteln und in geschlossener Colonne marschiren; erreichen wir die Schaluppe, so sind wir geborgen.«

»Aber der Kapitain?« sagte der Hochbootsmann mit dumpfer Stimme.

»Sein Tod soll gerächt werden,« antwortete Crozet; ich gebe mein Wort darauf.«

Das Detachement setzte ruhig seinen Marsch fort, ohne den Wilden bemerken zu lassen, daß es ihren Zuruf verstanden hatte.

So wurden schweigend, aber unter Beobachtung der schärfsten Wachsamkeit, zwei Lieues zurückgelegt, während man jeden Augenblick erwartete, daß die Wilden angreifen würden.

Zum großen Erstaunen des Lieutnants aber begnügten sie sich seine Truppe in gemessener Entfernung zu begleiten und wiederholten nur zuweilen in triumphierendem Tone die schauerlichen Worte, welche wie ein Grabgeläute an's Ohr der Matrosen schlugen:

»Takuri mate Marion!«

Der Kapitain wurde, wie Crozet sehr richtig bemerkt hatte, von seiner Mannschaft außerordentlich geliebt. Es befanden sich unter den Leuten ausgezeichnete Schützen, welche darauf wetten konnten, daß sie auf hundert Schritt die Oeffnung eines Hutes trafen. Diese zitterten vor ungeduldiger Wuth und baten den Leutnant, daß er ihnen erlauben solle, Feuer zu geben.

Ohngeachtet dieser Bitten aber befahl Crozet wiederholt, ohne Aufenthalt weiter zu marschiren, ohne sich um das Geschrei der Insulaner zu kümmern und ohne die mindesten feindseligen Gesinnungen zu äußern.

Es waren in der That um die sechzig Mann ungefähr taufend Eingeborene versammelt; sie konnten daher, obgleich sie den großen Vortheil der Schießwaffen hatten, leicht durch die Uebermacht erdrückt werden, und in diesem Falle kamen die beiden Schiffe aller Wahrscheinlichkeit nach nie wieder aus der Bucht.

Ueberdies befand sich noch ein dritter Posten, der des Lazareths, am Lande, und dieser mußte ganz besonders in Sicherheit gebracht werden.

Der Leutnant sagte daher während des Marsch es zu seinen Leuten:

»Haltet an Euch, Kinder, und schießt nicht, sondern marschirt in guter Ordnung, wie es wohldisciplinirten Soldaten vor einer solchen Räuberbande zukommt.

Bald werden wir uns fürchterlich rächen, verlaßt Euch darauf.«

Aber alles Reden war vergebens; die drohenden Seitenblicke und das dumpfe Gemurmel der Matrosen sagte den Insulanern deutlich genug, daß sie im Augenblicke der Rache eben so wenig geschont werden würden, als sie ihre Feinde geschont hatten.

Die Anzahl der Wilden vermehrte sich fortwährend, je näher die Matrosen und Soldaten dem Meere kamen und als sie endlich das Ufer erreichten, waren sie fast gänzlich von den Booten abgeschnitten.

Es lag auf der Hand, daß wenn die Neuseeländer einen Angriff im Sinne hatten, sie ihn im Augenblicke der Einschiffung zu unternehmen gedachten.

Sie öffneten indessen ihre Reihen vor der französischen Truppe. Crozet befahl nun den Matrosen welche die Sachen und Werkzeuge trugen, daß sie zuerst in die Boote steigen sollten. Als hierauf die Wilden eine vorrückende Bewegung machten, augenscheinlich in der Abfuhr, sich der Einschiffung zu widersetzen, nahm der Leutnant einen Pfahl, ging gerade auf den Häuptling zu, den er für den angesehensten hielt, pflanzte den Pfahl ungefähr zehn Schritt von ihm und dreißig Schritt von seinen Leuten in die Erde und gab ihm zu verstehen, daß er jeden Insulaner, welcher diese Grenzlinie überschritte, auf der Stelle niederschießen werde

Dieser Beweis von Unerschrockenheit, von dem man hätte glauben können, daß er dem Leutnant zum Verderben gereichen werde, machte im Gegentheil einen großen Eindruck auf die Wilden. Der Häuptling wiederholte seinen Leuten den Befehl, den ihm Crozet gegeben hatte, und die Neuseeländer setzten sich zum,Zeichen des Gehorsams auf die Erde nieder.

Jetzt fing man an zu glauben, daß die Einschiffung besser von Statten gehen werde, als man befürchtet hatte. Crozet ließ, wie gesagt, zuerst die Matrosen einsteigen, welche die Werkzeuge trugen, dann die anderen, hierauf die Soldaten, und endlich folgte er selbst nach.

Die Einschiffung wurde dadurch noch gefährlicher, daß die überladene Schaluppe mehrere Fuß tief im Wasser ging und daher nicht hart am Ufer bleiben konnte, so daß die Matrosen und Soldaten eine kurze Strecke durch das Wasser waten mußten.

Kaum war Crozet, als der Lehre, in's Wasser gegangen, so standen die Insulaner alle zusammen unter einem betäubenden Kriegsgeschrei auf, überschritten die abgesteckte Grenzlinie und schleuderten auf die Franzosen einen Hagel von Steinen und Wurfspießen, welche glücklicher Weise Niemanden trafen.

Zu gleicher Zeit zündeten sie die Buden an, welche der Posten am Meeresufer hier errichtet hatte.

Während dies Alles geschah, schlug eine zweite Truppe, die wahrscheinlich dazu bestimmt war, die erste zu ermuthigen, unter einem Mordgeheul ihre Waffen aneinander.

Sobald der Leutnant in die Schaluppe gestiegen war, ließ er den Anker heben und ordnete seine Leute so, daß die Ruderer in ihren Bewegungen nicht gehindert wurden; übrigens war aber das Boot so voll, daß Crozet, auf dem Steuerbaume reitend, an der äußersten Spitze des Hintertheils stehen mußte.

Trotz des Versprechens, das der Leutnant seiner Mannschaft gegeben, hatte er doch die Absicht, wenn es irgend möglich war, keinen Schuß abzufeuern, sondern schleunigst an Bord seines Schiffes zurückzukehren und dann sogleich die Schaluppe nach der Insel Malou-Roua zu senden, um den Posten mit den Kranken, den Schmieden und den Faßbindern zu holen.

Als aber die Schaluppe sich ziemlich rasch vom Ufer entfernte, wurde das Geschrei der Wilden immer ärger, so daß der Rückzug ganz das Ansehen einer Flucht bekam; die Matrosen begannen zu murren und wiederholten untereinander die Worte des Häuptlings: Takuri mate Marion.

Außerdem war es vielleicht sowohl für die beiden Schiffe, welche eben vor Neuseeland lagen, als für die in Zukunft dahin kommenden gefährlich, sich so zu entfernen, ohne den Mördern zu zeigen, wie die Europäer sich rächen, wenn sie sich rächen wollen In Folge dessen gab der Leutnant den Befehl, die Ruder zu heben, und dieser Befehl wurde mit einer Schnelligkeit ausgeführt, welche bewies, daß ihn die Mannschaft schon längst mit Ungeduld erwartet hatte.

Dann befahl er vier von seinen besten Schützen, ihre Gewehre in Bereitschaft zu bringen und Feuer zu geben, vorzugsweise auf die Häuptlinge, die sich nicht nur durch ihre Tracht, sondern auch durch die Lebhaftigkeit auszeichneten, mit der sie die Ihrigen anfeuerten.

Die vier Schüsse knallten zu gleicher Zeit.

Nicht Einer verfehlte sein Ziel: es fielen vier Häuptlinge.

Die vier Schützen reichten die abgeschossenen Gewehre ihren Kameraden und nahmen vier geladene dafür in Empfang.

Auf diese zweite Salve stürzten abermals vier Insulaner.

So wurde das mörderische Feuer zehn Minuten lang fortgesetzt nach Verlauf dieser zehn Minuten war das ganze Ufer mit Leichen bedeckt und ein Dutzend Verwundete krümmten sich im Wasser.

Die nicht getroffenen Wilden hatten ihre Kameraden mit einer unbeschreiblichen Bestürzung fallen sehen.

Obgleich sie die Wirkung der Gewehre schon auf der Jagd an den Enten, Tauben und Wachteln erfahren, hatten sie sich dennoch die Mechanik dieser Mordmaschinen offenbar nicht erklären können; vielleicht hatten sie anfangs geglaubt daß schon ihr Knall hinreichend gewesen war, um die Vögel zu tödten.

In Folge dessen erhoben sie nach jedem Schusse, ohne Zweifel in dem Wahne, daß die Gefallenen wieder aufstehen würden, ein immer tolleres Geschrei, machten aber keine Miene, sich zurückzuziehen.

So würden sie bis auf den letzten Mann nieder geschossen worden sein, ohne von der Stelle zu gehen und ohne für die tödtlichen Schüsse ihren Feinden die kleinste Verwundung beibringen zu können, hätte nicht der Leutnant endlich befohlen, das Feuer einzustellen, das zwar seiner Mannschaft sichtbares Vergnügen machte, in ihm aber mitleidige Gefühle weckte.

Die Disziplin behielt die Oderhand; auf seinen Befehl senkten sich augenblicklich die Gewehre, die Ruder wurden wieder eingesetzt und die Schaluppe fuhr so schnell als ihre Ueberladung es gestattete, auf das Schiff zu.

Kaum war er mit seinen Leuten an Bord des »Mascarin« gestiegen, so schickte er die Schaluppe wieder fort, um den Posten auf der kleinen Hafeninsel zu holen, denn er hatte jetzt, nach dem Tode des Kapitains Marion, nicht allein das Commando des Schiffes zu übernehmen, sondern war auch für das Wohl und Wehe der Mannschaft verantwortlich.

Er ergriff daher mit energisch er Hand den Commandostab, denn die Situation war so gefährlich, daß sie keine Unschlüssigkeit und kein Zaubern gestattete. Demgemäß gab er seine Befehle, von denen der erste dahin ging, daß sogleich der Lazarethposten in Sicherheit gebracht werden solle.

Ein Offizier und ein frisches Detachement wurden mit der Ordre abgesandt, zuvörderst alle Kranken an Bord zu schicken. Dann sollte für die Aerzte, für die übrigen Leute und für das Mobiliar gesorgt werden.

Die Einschiffung dieser Menschen und Dinge erforderte eine geraume Zeit, denn man hatte sich auf der Insel häuslich eingerichtet, um so lange als nöthig daselbst zu bleiben, und sich in Folge dessen mit allen möglichen Bequemlichkeiten versehen.

Crozet befahl, die Zelte abzubrechen und um die Schmiede, welche diesen Abend nicht noch auf das Schiff zurückgebracht werden konnte, eine aus gefüllten Wasserfässern bestehende Verschanzung zu errichten. Außer dieser kleinen Festung, in welcher zwanzig Mann Besatzung zurückblieben, wurden auf der Seite, wo das Dorf lag, Vorposten ausgestellt.

Von dieser Seite befürchtete man natürlich einen Angriff, und diese Befürchtung war um so begründeter da die Schmiede eine große Menge rohes Eisen und eiserner Gegenstände enthielt und die Wilden bei ihrem Tauschhandel stets danach trachteten, sich dieses Metall zu verschaffen, dessen Werth sie schätzen gelernt hatten.

Der Häuptling dieses Dorfes hieß Malu.

Außer allen erforderlichen Instructionen hatte der an's Land geschickte Offizier auch Nachtsignale mitgenommen, so daß er mit dem Schiffe korrespondieren konnte.

Die Hälfte der Soldaten und Matrosen mußte sich vollständig angekleidet und bewaffnet zur Ruhe niederlegen, um den auf der Insel Uebernachtenden schleunige Hilfe senden zu können, wenn man sah, daß sie derselben bedurften.

Um elf Uhr Abends kamen die Kranken glücklich auf den Schiffen an.

Die ganze Nacht streiften die Wilden in der Nähe des Postens umher. Obgleich ihre Anwesenheit sich nur durch ein kaum hörbares Geräusch verrieth, ähnlich dem der Raubthiere, so erkannte man sie dennoch, weil in den vorhergegangenen Nächten kein derartiges Geräusch vernommen worden war.

Da aber die aufgestellten Vorposten äußerst wachsam waren, hatten sie nicht den Muth, einen Angriff zu wagen.

Am darauf folgenden 14. Juni schickte der Leutnant Crozet noch ein Detachement mit zwei Offizieren auf die Insel.

Da die Schiffe auf die Fortdauer des freundschaftlichen Einvernehmens mit den Insulanern gerechnet hatten, war noch weder das nöthige Wasser noch das Holz eingenommen worden.

Da sie jedoch diese beiden Dinge dringend bedurften, es aber sehr gefährlich gewesen wäre, sie in dem gegenwärtigen Zustande von Erbitterung der Insulaner auf dem Festlande zu holen, so beschloß man, die Schiffe auf Unkosten der Insel, welche Holz und Wasser im Ueberfluß besaß, damit zu versehen.

Aus diesem Grunde wurde noch ein Detachement mit zwei Offizieren an's Land geschickt.

Die ertheilten Befehle lauteten:

Es soll Holz gefällt und Wasser eingenommen werden, ohne die Wilden anzugreifen, wenn diese sich ruhig verhielten; bei der geringsten feindseligen Demonstration aber sollen alle Leute zusammengezogen werden, gegen das Dorf vorrücken, es mit Sturm nehmen, anzünden, so viel Wilde als möglich niedermachen und die übrigen in's Meer werfen.

Unsere Leute wurden den ganzen Vormittag nicht beunruhigt; gegen Mittag aber rückten die Insulaner bewaffnet heran. Als sie den Posten auf etwa hundert Schritte nahe gekommen waren, machten sie einige drohende Demonstrationen, welche augenscheinlich den Zweck hatten, die Mannschaft zum Kampfe zu reizen.

Sie waren ungefähr dreihundert Mann stark und wurden außer von Malu noch von fünf anderen Häuptlingen angeführt.

Die Befehle des Lieutnants Crozet waren deutlich und bestimmt. Außerdem waren die Leute so wüthend über die Ermordung des Kapitains, daß sie ein Zusammentreffen mit den Neuseeländern sehnlichst wünschten, um ihn und ihre unglücklichen Kameraden zu rächen.

In Folge dessen wurde zum Angriff getrommelt und das Detachement rückte, ohne zu schießen, mit aufgestecktem Bajonett gegen die Insulaner vor.

Beim Anblick der in geschlossenen Gliedern herankommenden dreißig Mann zogen die Wilden sich in ihr Dorf zurück, und hier machten sie Halt, in dem Wahne, daß es ihnen leicht sein werde, diese Stellung zu behaupten.

Unsere Leute rückten ihnen bis auf Pistolenschußweite nach, und machten dann ebenfalls Halt, um die Wilden in ihrer Absicht, das Dorf zu vertheidigen, zu bestärken. Diese faßten auch in der That frischen Muth, als sie ihre Feinde stehen bleiben sahen. Malu und die anderen Häuptlinge liefen wie wahnsinnig unter ihren Leuten umher und wenn sie sie auch nicht zum Angriff gegen die Franzosen bewegen konnten, so schienen sie sich wenigstens vorgenommen zu haben, ihre Häuser kräftig zu vertheidigen.

Als die Offiziere sahen daß sie den Angriff umsonst erwarteten, beschlossen sie selbst anzugreifen. Es wurde Feuer kommandiert, mit dem Zusatze gut zu zielen, und die fünfzehn Mann des ersten Ranges feuerten. Sie hatten so gut gezielt, daß vierzehn Mann fielen, darunter Malu und die fünf anderen Häuptlinge.

Als die Insulaner sahen, welche Lücke diese erste Salve in ihre Reihen geschlagen, als sie erkannten, daß der Tod seine Opfer gewählt hatte, als ob er mit Verstand begabt gewesen wäre, entflohen sie so rasch als möglich durch das Dorf, um ihre Piroguen zu erreichen. Die Soldaten verfolgten sie im Sturmschritte, kamen fast zu gleicher Zeit mit ihnen am Ufer an, schossen noch etwa fünfzig Mann nieder und trieben die anderen in's Meer.

Das Dorf wurde angezündet und man ging nicht eher wieder von der Stelle, als bis auch die letzte Hütte niedergebrannt war.

Von der Mannschaft der Schiffe war ein einziger schwer verwundet, indem ihn ein Wurfspieß in der Nähe des Auges getroffen hatte.

Die vollständig geräumte Insel war demnach in den Händen der Franzosen.

Die Schmiede, das Eisen und die Wassertonnen wurden nun sogleich auf die Schiffe zurückgebracht.

Crozet aber hielt noch eine Vorsichtsmaßregel für nöthig. Er schickte zwanzig Mann auf die Insel mit dem Auftrage, das acht bis zehn Fuß hohe Farrenkraut abzuschneiden, welches leicht zu Hinterhalten dienen konnte.

Dann befahl er, daß die gefallenen Wilden begraben werden sollten, aber so, daß eine Hand aus der Erde hervorragte, damit die Ueberlebenden, wenn sie die Leichen der Ihrigen fanden, sich überzeugen konnten, daß die Weißen keine Menschenfresser waren wie sie.

Crozet hatte übrigens am vorigen Tage einen Befehl gegeben, welcher nicht hatte ausgeführt werden können, der Befehl nämlich, daß womöglich einige Knaben oder Mädchen aus Malu's Dorfe gefangen genommen werden sollten; die Neuseeländer aber hatten vor dem Angriffe ihre Frauen und Kinder auf das Festland geschickt.

Da indessen der Lieutnant den Soldaten und Matrosen für jeden Gefangenen, den sie lebend mitbrachten, fünfzig Piaster versprochen, hatten sie es versucht, die Verwundeten, welche nicht entfliehen konnten, zu binden, um sie mit sich zu nehmen. Es gelang ihnen jedoch nicht, denn die Verwundeten bissen wie wilde Thiere und zerrissen ihre Fesseln wie dünne Bindfäden.

In Folge dessen wurde Alles niedergemacht.

Der »Castries«, für den man namentlich in dem Cedernwalde gearbeitet, hatte indessen kein Bugspriet und keinen Fockmast und konnte in diesem Zustande unmöglich wieder in See stechen. Die Bäume auf der Insel waren nicht stark genug, um sie zu Masten benutzen zu können, und auf dem Festlande Stämme zu holen, durfte man nicht wagen; es wurden daher aus kleinen Stücken, die man auf dem Schiffe fand, Masten zusammengesetzt und so war der»Castries« nach Verlauf von vierzehn Tagen so ziemlich wieder in Stand gesetzt.

Den längsten Aufenthalt verursachte jedoch die Einnahme von Wasser und Brennholz. Die beiden Schiffe brauchten siebenhundert Fässer Wasser und siebzig Klaftern Holz und da man zur Ausführung dieser Arbeiten nur Eine Schaluppe hatte, brauchte man einen ganzen Monat Zeit dazu.

Die vier Wochen vergingen, wie sich leicht denken läßt, nicht, ohne daß einige Mal Alarm entstand. Jeden Tag wurde die Schaluppe mit ungefähr dreißig Arbeitern an's Land geschickt. Einmal brachte sie Wasser, das andre Mal Holz und des Abends die Soldaten und Arbeiter auf die Schiffe zurück, wo jede Nacht vier Mann Wache hielten.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit glaubte eine der Schildwachen einen Matrosen auf sich zukommen zu sehen. Der Soldat dachte anfangs, es sei vielleicht noch einer von der Mannschaft dem allgemeinen Gemetzel auf dem Festlande entgangen und habe sich auf die Insel geflüchtet, um von hier aus auf sein Schiff zurückzukehren. Diese Vermuthung war um so wahrscheinlicher, als der Mann jeden Felsen, jedes Gebüsch, jeden Stein auf seinem Wege benutzte, um sich zu verbergen. Als er jedoch der Schildwache bis auf ungefähr fünfzig Schritt nahe gekommen war, glaubte diese, daß es nichts schaden könne, wenn sie dem Manne ein »Wer da?« zuriefe, indem er sich auf diesen Anruf gewiß zu erkennen gab, wenn er zur Mannschaft gehörte.

Die Schildwache stieß den erwähnten Ruf aus; anstatt darauf zu antworten, verbarg sich der Mann noch sorgfältiger hinter einem Felsblocke.

Nach einigen Augenblicken wagte er es wieder hervorzukommen.

Die Schildwache wiederholte nun ihren Ruß aber ohne andern Erfolg als das erste Mal.

Endlich wiederholte sie ihn noch einmal, und da wieder keine Antwort erfolgte, gab sie Feuer.

Der Mann fiel.

Im nächsten Augenblicke erschien hinter diesem Manne, der wahrscheinlich als Führer gedient hatte, eine zahlreiche Truppe von Wilden, die unter lautem Kriegsgeschrei ihre Waffen bewegten.

Auf den Schuß aber hatte sich das ganze Detachement gleich schlagfertig gemacht. Der Wachposten zog sich zurück und stieß schon nach zwanzig Schritten auf seine Kameraden. Man wußte jetzt, wie man gegen die Neuseeländer verfahren mußte. Sie wurden mit gefälltem Bajonett im Sturmschritt angegriffen, worauf sie alsbald entflohen; man verfolgte sie fortwährend schießend, tödtete einige fünfzig und vertrieb sie, wie das erste Mal, von der Insel, auf der sie sich nun nicht wieder blicken ließen.

Die Wilden waren jedoch ebenfalls beständig auf ihrer Hut.

Mit Hilfe der Fernrohre konnte man auf dem Schiffe alle ihre Bewegungen beobachten Sie hatten sich auf den Anhöhen gelagert und gaben von hier aus den Bewohnern der Dörfer Signale, um ihnen zu sagen, daß sie entweder ruhig ihren gewohnten Beschäftigungen nachgehen konnten oder zu ihnen heraufkommen mußten.

Die Nacht correspondirten sie durch Signalfeuer.

So oft sich eine einigermaßen zahlreiche Truppe am Ufer sehen ließ, wurde von dem Schiffe ein blinder Kanonenschuß abgefeuert, um ihnen zu zeigen, daß man auf seiner Hut war; da sie aber sahen, daß der Schuß keine Wirkung that, glaubten sie nach und nach, daß dieser Donner unschädlich sei.

In Folge dieses Wahnes kam einmal eine mit acht bis zehn Wilden bemannte Pirogue dem »Mascarin« auf halbe Schußweite nahe. Crozet rief den besten Zieler und ließ eine Stückkugel auf die Pirogue abfeuern.

Die Kugel zerschmetterte das Boot und tödtete zwei Mann; die Andern retteten sich durch Schwimmen.

Man hatte indessen noch immer keine Nachricht vom Kapitain Marion. Obgleich man an seinem Tode nicht zweifelte, wollte man doch nicht unter Segel gehen, ohne völlige Gewißheit über sein Schicksal zu haben.

Es wurde daher beschlossen, einige Tage vor der Abreise eine Expedition nach Takuri's Dorfe zu unternehmen, da dieser Häuptling, wie er selbst gesagt, den Kapitain ermordet hatte.

Ueberdies hatte man auch in der Nähe dieses Dorfes die beiden zerstörten Boote gefunden.

Die Abreise war auf den 14. Juli 1772 festgesetzt. Am Morgen des 12. Juli befahl der Lieutnant Crozet, daß die Schaluppe mit einem starken Detachement unter dem Kommando von zwei erfahrenen Offizieren ausgesetzt werden sollte; diese hatten Auftrag, nicht eher wieder an Bord zurückzukehren, als bis sie sichere Nachrichten über das Schicksal des unglücklichen Kapitains und seiner Begleiter erlangt hatten. Um diesen Zweck zu erreichen und den Wilden noch einen Beweis von unsrer Macht zu geben, sollte das Detachement an der Stelle landen, wo die gescheiterten Boote gefunden worden waren, dann nach dem Dorfe vorrücken, es mit Sturm nehmen, wenn es vertheidigt würde, die Bewohner niedermachen, alle Hütten sorgfältig durchsuchen, die geringsten Gegenstände, welche dem Kapitain oder seinen Unglücksgefährten angehört hatten, mitnehmen, damit ihr Tod durch ein authentisches Protokoll konstatiert werden konnte, schließlich das Dorf in Brand stecken und bei der Rückkehr auf das Schiff alle Kriegspiroguen, deren man habhaft werden konnte, in's Schlepptau nehmen, und sie auf dem Wasser anzünden, damit die Neuseeländer von ihren Anhöhen aus ihre Flotte verbrennen sehen konnten.

Die Schaluppe wurde mit Böllern und Wallbüchsen versehen und fuhr mit fünfzig Mann ab, welche mit Säbeln und Flinten bewaffnet waren. Der Offizier, der sie befehligte, landete an der bezeichneten Stelle; die Boote aber waren verschwunden; die Wilden hatten sie verbrannt, um das Eisen von denselben zu erhalten.

Das Detachement stieg an's Land und rückte mit gefälltem Bajonnet gegen Takuri's Dorf vor.

Dieses aber war von seinen Einwohnern verlassen, bis auf einige alte Leute, die zu schwach gewesen waren, um die Ihrigen zu begleiten. Sie saßen auf einer Art hölzernem Schemel und erwarteten die herankommenden Franzosen. Man wollte sie gefangen nehmen; der Erste aber, den man ergriff, hatte einen Wurfspieß neben sich und verwundete damit den Soldaten, der ihn berührte.

Der Soldat trat einen Schritt zurück und durchbohrte ihn mit dem Bajonett.

Die Andern wurden verschont.

In dem Augenblicke als die Soldaten von der einen Seite das Dorf betraten, sahen sie auf der andern Seite, aber außer Schußweite, Takuri mit etwa zwanzig Mann entfliehen. Der Schurke trug den Mantel des Kapitains Marion, der an seinen Farben leicht zu erkennen war.

Man durchsuchte nun alle Hütten des Dorfes.

In der des Häuptlings fand man einen Menschenschädel, der erst vor einigen Tagen gebraten worden sein konnte.

Das ganze Fleisch war abgenagt und man erkannte an den Knochen die Spuren der Zähne.

In einem andern Winkel lag ein halbverzehrter Schenkel, noch von dem hölzernen Stade durchbohrt, an dem er gebraten worden war.

Da man nicht wußte, wem diese menschlichen Ueberreste angehörten, wurden die Nachforschungen fortgesetzt.

Man fand nun in einer andern Hütte ein Hemd, in welchem man das des Kapitains Marion erkannte. Der Kragen war ganz von Blut getränkt und an den Seiten sah man einige Risse, welche ebenfalls mit Blut befleckt waren.

In zwei andern Hütten fand man einige Kleidungsstücke und die Pistolen des jungen Fähnrichs Vaudricourt, der, wie wir wissen, den Kapitain begleitet hatte.

In einer andern Hütte endlich fand man die Waffen des einen Bootes, und einen Haufen mit Blut befleckter Tuchfetzen. Es waren die zerrissenen Kleider der unglücklichen Matrosen.

Nachdem diese verschiedenen Beweise von der stattgefunden Ermordung gesammelt waren, wurde ein Protokoll über den Tod des Kapitains Marion aufgenommen, dann die Hütten angezündet und das Dorf nicht eher verlassen, als bis es vollständig niedergebrannt war, damit die Bewohner das Feuer nicht löschen konnten.