Kitabı oku: «Jugendgerichtsgesetz», sayfa 48
4. Festsetzung der einheitlichen Rechtsfolge
a) Unabhängige Rechtsfolgenbemessung
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Im Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht, wo (lediglich) die im vorangegangenen Urteil ausgesprochene Strafe einbezogen wird (vgl. Fischer § 55 Rn. 15), ist bei der Entscheidung nach § 31 Abs. 2 darauf zu achten, dass das frühere Urteil als solches einzubeziehen ist (BGH NStZ 2017, 539; BGH NStZ 1996, 233; BGH MDR 1992, 321; BGH StV 1989, 307; OLG Koblenz Beschl. v. 21.2.2007 – 1 Ss 291/06, teilweise abgedruckt in NStZ-RR 2008, 323; OLG Koblenz Beschl. v. 29.11.2010 – 1 Ss 197/10); Dölling NStZ 1998, 355; Brunner/Dölling § 31 Rn. 11; Eisenberg § 31 Rn. 37; Ostendorf § 31 Rn. 20; vgl. zur Fassung des Tenors: § 54 Rn. 21).
Nur diese vollständige Einbeziehung stellt die notwendige Voraussetzung dar, um eine neue, von der früheren Beurteilung unabhängige einheitliche Rechtsfolgenbemessung für sämtliche Taten vornehmen zu können (BGHSt 49, 90, 91 f.; BGH Beschl. v. 26.2.2019 – 1 StR 692/18; BGH NStZ 2017, 539). Eine lediglich rechnerische Berücksichtigung der einzubeziehenden Entscheidung wäre rechtsfehlerhaft (BGHSt 16, 335, 337; BGH StV 1996, 273, 274). Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung der früheren und der anhängigen Taten (BGH NStZ-RR 2017, 28 [Ls]; BGH StV 1998, 344; BGH MDR 1992, 321; BGH StV 1989, 307; OLG Hamm Beschl. v. 20.12.2016 – III-1 RVs 94/16; KG Beschl. v. 11.12.2015 – (4) 121 Ss 129/15 [160/15]; OLG Hamm StV 2014, 747, 748; OLG Celle NStZ 2012, 576, 577; OLG Karlsruhe StraFo 2011, 365, 366; OLG Koblenz ZJJ 2011, 90, 91; OLG Koblenz Beschl. v. 29.11.2010 – 1 Ss 197/10; AG Rudolstadt ZJJ 2018, 66, 67; Meyer-Goßner NStZ 1988, 529, 536 f.). Auf dieser Grundlage hat das Gericht unter Beachtung der Höchstgrenzenregelung des § 31 Abs. 1 S. 3 zusammen für die alten und neuen Taten eine einheitliche originäre Maßnahme festzusetzen (BGHSt 16, 335, 337; BGH MDR 1996, 553). Zu berücksichtigen sind hierbei, sowohl unter dem Gesichtspunkt ihrer erzieherischen Wirkungen als auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Gesamtschau der erledigten und neu anzuordnenden Rechtsfolgen), die bereits teilweise oder vollständig vollstreckten oder sonst erledigten Maßnahmen aus dem einzubeziehenden Urteil (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 257, 259; Ostendorf § 31 Rn. 23; Schady in: FS Ostendorf, 779, 794 = ZIS 2015, 593, 598; vgl. Rn. 42, 43, 45, 47).
b) Mildere Sanktionierung
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Die neue Einheitsrechtsfolge kann angesichts der zusätzlich zu berücksichtigenden Straftaten – im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenzen – unstreitig belastender („härter“) ausfallen als die frühere Maßnahme bzw. Sanktion. Nach mittlerweile h.M. kann die neue Rechtsfolge aber auch milder ausfallen. Die Rechtsprechung betont insoweit zu Recht, dass die in einem früheren Verfahren angeordnete Rechtsfolge keine rechnerische Bedeutung hat und eine neue Jugendstrafe daher aus erzieherischen Gründen durchaus niedriger bzw. eine Maßnahme weniger belastend ausfallen kann (BGHSt 37, 34, 39 f.; 49, 90, 91 f.; BGH StV 2016, 706; OLG Koblenz NStZ-RR 2008, 323; AG Rudolstadt ZJJ 2018, 66, 67; AG Bernau ZJJ 2007, 418; zust. Brunner/Dölling § 31 Rn. 13; Eisenberg § 31 Rn. 42; Ostendorf § 31 Rn. 21; M/R/T/W-Buhr § 31 Rn. 39, 42; Nix/Nicolai § 31 Rn. 24; v. Beckerath S. 115 ff.; Albrecht S. 154: kein „schematisch-progredientes Straftaxendenken“); a.A. Dallinger/Lackner § 31 Rn. 26; Potrykus § 31 Bem. 7; Seiser NStZ 1997, 374). Dem wird entgegengehalten, dass der erzieherisch kontraproduktive Eindruck entstehen könne, zusätzliche Delinquenz lohne sich (Seiser NStZ 1997, 374, 376; vgl. auch Streng Jugendstrafrecht, Rn. 273, der unter erzieherischen Aspekten zur „Vorsicht gegenüber Sanktionsreduzierungen“ rät). Die Respektierung des früheren Urteils durch Beibehaltung der dort angeordneten Jugendstrafe als Untergrenze der Einheitsjugendstrafe sichere die Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft jugendgerichtlichen Handelns (Seiser a.a.O.). Diese Auffassung verweist zwar zutreffend auf die Gefahr eines erzieherisch schädlichen Eindrucks, den eine Unterschreitung des früheren Urteils beim Angeklagten hinterlassen kann (vgl. auch Laubenthal/Baier/Nestler Rn. 502). Sie verstellt jedoch einer erzieherischen Neubewertung des Entwicklungsstandes des Angeklagten den Weg. Sie ist zu weitgehend am Erwachsenenstrafrecht und der dortigen Regelung des § 55 StGB orientiert, bei der „rechnerische“ Elemente eine erhebliche Bedeutung haben (vgl. BGHSt 49, 90, 91). § 31 Abs. 2 verlangt demgegenüber unter Verzicht auf jede Arithmetik eine einheitlich neue, allein am erzieherischen Ist-Bedarf ausgerichtete Rechtsfolgenbemessung für sämtliche Taten, für die früheren ebenso wie für die jetzt abzuurteilenden.
c) Straftaten in verschiedenen Altersstufen
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Möglich ist gem. § 105 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 S. 1 auch eine Einbeziehung rechtskräftiger Verurteilungen nach Erwachsenenstrafrecht, und zwar unabhängig davon, ob die bereits abgeurteilte Tat als Heranwachsender oder als Erwachsener begangen wurde (§ 32 Rn. 2, 10 ff.). Der Einbeziehung voranzugehen hat allerdings nach h.M. eine Gesamtbewertung der früher abgeurteilten Tat(en) und der neuen Tat(en) nach Maßgabe der Schwergewichtsformel des § 32 S. 1 (BGHSt 37, 34, 35, 37; BGH StV 2018, 423, 425; BGH NStZ 2009, 43; Eisenberg § 31 Rn. 14; vgl. § 32 Rn. 13). Ergibt diese Prüfung, dass das Schwergewicht bei den nach Jugendstrafrecht zu beurteilenden Taten liegt, hat das Gericht die dann nach Jugendstrafrecht neu festzusetzende Maßnahme unabhängig von der einzubeziehenden Sanktion des Erwachsenenstrafrechts zu bestimmen (BGHSt 37, 34, 39 f.; BGH StV 1998, 345; Brunner/Dölling § 32 Rn. 10; § 105 Rn. 33; § 32 Rn. 11 f.). D.h.: Auch Urteile, die auf der Grundlage allgemeinen Strafrechts ergangen sind, verlieren – sofern sie gem. §§ 105 Abs. 2, 31 Abs. 2 S. 1 einbezogen werden – ihre Wirkung und sind über eine Gesamtwürdigung mit den anhängigen Taten einer einheitlichen jugendstrafrechtlichen Maßnahme zuzuführen (BGHSt 37, 34, 39 f.; BGH StV 1998, 345). Wird hingegen das Schwergewicht bei den nach Erwachsenenstrafrecht zu beurteilenden Taten gesehen, führt die Anwendung von § 105 Abs. 2 i.V.m. § 32 S. 2 analog einheitlich zu einer Sanktion des allgemeinen Strafrechts, sofern die neu abzuurteilende Tat als Heranwachsender (nicht als Jugendlicher) begangen wurde (vgl. BGH StV 1998, 345, 346; § 32 Rn. 14 f., 16 f.).
d) Berücksichtigung (teilweise) verbüßter Sanktionen
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Bereits teilweise oder vollständig vollstreckte oder sonst erledigte Rechtsfolgen aus dem einzubeziehenden Urteil sind im Hinblick auf ihre bisherigen erzieherischen Wirkungen sowie unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten bei der Auswahl und Bemessung der neuen Rechtsfolge(n) von Bedeutung (vgl. Rn. 39). Ansonsten sind die neu festzusetzenden einheitliche(n) Rechtsfolge(n) in der Urteilsformel grundsätzlich ohne Berücksichtigung etwaig anzurechnender, bereits verbüßter Rechtsfolgen zu bestimmen. Zu beachten ist insoweit allerdings:
– | Erziehungsmaßregeln werden in dem Stand gegenstandslos, in dem sie sich befinden, es sei denn, es erfolgt eine erneute Anordnung. Mangels einer § 31 Abs. 2 S. 2 entsprechenden Anrechnungsvorschrift scheidet eine formale Verrechnung aus. Gleiches gilt für die Verwarnung und für Auflagen. Bereits durchgeführte Maßnahmen werden jedoch bei der neuen Entscheidung und dort erforderlichen Neubewertung des Erziehungsbedürfnisses zu berücksichtigen sein (s.o.; vgl. auch Dallinger/Lackner § 31 Rn. 32; Wohlfahrt StraFo 2019, 265, 268). Ebenfalls nicht möglich ist eine „Anrechnung“ von bereits teilvollstrecktem Jugendarrest, wenn nunmehr von Jugendarrest oder Jugendstrafe abgesehen wird (Eisenberg § 31 Rn. 49). |
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– | Nach § 31 Abs. 2 S. 2 liegt die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrests auf eine nunmehr verhängte Jugendstrafe im Ermessen des Gerichts. Das Gericht hat die Anrechnung in der Urteilsformel auszusprechen (Brunner/Dölling § 31 Rn. 14, § 54 Rn. 8; Ostendorf § 31 Rn. 28; vgl. auch § 54 Rn. 23). Bei der Entscheidung ist maßgeblich, wodurch der erzieherische Zweck besser befördert wird (vgl. Nix/Nicolai § 31 Rn. 17). Im Zweifel sollte eine Anrechnung erfolgen (vgl. BGH Beschl. v. 15.3.2016 – 4 StR 15/16; Eisenberg § 31 Rn. 49; Ostendorf § 31 Rn. 23). Wird von einer Anrechnung abgesehen, muss dem Urteil – nicht zwingend im Tenor – zu entnehmen sein, dass die Möglichkeit bedacht worden ist. Der Jugendarrest neben Jugendstrafe (§ 16a) wird hingegen von Rechts wegen gem. §§ 31 Abs. 2 S. 3, 26 Abs. 3 S. 3 auf die Jugendstrafe angerechnet, ohne dass es hierfür eines Ausspruchs in der Urteilsformel bedürfte. Der sog. Ungehorsamsarrest bzw. Beugearrest wegen Nichtbefolgung von Weisungen oder Auflagen ist nicht von § 31 Abs. 2 S. 2 erfasst (wie hier: Brunner/Dölling § 31 Rn. 14; BeckOK-JGG-Schlehofer § 31 Rn. 47a f.; a.A. Schady in: FS Ostendorf, 779, 795 f. = ZIS 2015, 593, 599; Ostendorf § 31 Rn. 23); die Anrechnungsmöglichkeit des Abs. 2 S. 2 knüpft an die in S. 1 geregelte Einbeziehung von urteilsmäßigen Entscheidungen (vgl. Rn. 17) an und lässt – im Kontext mit der einheitlichen Bemessung der Rechtsfolgen der Jugendstraftat in dem neuen Urteil – in gewissem Umfang die förmliche Anrechnung einer früheren Urteilssanktion zu; bei dem Arrest nach § 11 Abs. 3 handelt es sich jedoch weder um eine urteilsmäßige Entscheidung (vgl. Rn. 20) noch um eine Rechtsfolge der Jugendstraftat (vgl. § 11 Rn. 11, 20, § 8 Rn. 3); er kann dementsprechend nicht als solcher einbezogen und hierzu kongruent auch nicht selbstständig angerechnet werden; zudem handelt es sich bei dem sog. Ungehorsamsarrest um eine reine Beugemaßnahme, nicht um ein Ahndungsmittel (Zuchtmittel) im Sinne der §§ 5 Abs. 2, 13 Abs. 2 Nr. 3; er wird daher nicht im Sinne des Abs. 2 S. 2 „verbüßt“. Des Weiteren gilt: Eine formale („rechnerische“) Anrechnung bereits teilverbüßten Jugendarrests auf einen erneut verhängten Jugendarrest ist hingegen mangels einer § 31 Abs. 2 S. 2 entsprechenden Anrechnungsvorschrift nicht möglich (abw. Eisenberg § 31 Rn. 49; Wohlfahrt StraFo 2019, 265, 268). Ein bereits zum Teil vollstreckter Arrest wird aber regelmäßig bei der Bemessung der neuen Rechtsfolge zu berücksichtigen sein (vgl. Rn. 39, 42). Die für die gleichzeitige Aburteilung von mehreren Straftaten in einem Verfahren geltende Höchstgrenzenregelung des § 31 Abs. 1 S. 3 gilt dabei zwar nicht; es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung zum Ausdruck gebracht hat, dass er Jugendarrest von über vier Wochen für erzieherisch nicht sinnvoll hält (vgl. Rn. 65). |
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– | Die Anrechnung teilweise verbüßter Jugendstrafe liegt im Umkehrschluss zu § 31 Abs. 2 S. 2 nicht im Ermessen des Gerichts. Die Anrechnung erfolgt vielmehr gem. § 51 Abs. 2 StGB kraft Gesetzes (BGHSt 16, 335, 336; 41, 315, 316). Es bedarf daher keines Ausspruchs über ihre Anrechnung in der Urteilsformel (vgl. § 2 Rn. 12; § 54 Rn. 23; Brunner/Dölling § 54 Rn. 8, und § 31 Rn. 14: unschädlich, aber überflüssig). Auch ist bei Festsetzung der erzieherisch gebotenen Strafhöhe die bereits verbüßte Jugendstrafe nicht abzuziehen (Potrykus NJW 1959, 1064). Eine formale Anrechnung der früheren Bewährungszeit auf die Dauer einer neuen Bewährungszeit ist ausgeschlossen (AG Tiergarten ZJJ 2012, 89; Brunner/Dölling § 31 Rn. 15, 17; Eisenberg § 31 Rn. 51). In Betracht kommt eine reduzierende Berücksichtigung bei der Festsetzung des neuen Bewährungszeitraumes (wie hier: M/R/T/W-Buhr § 31 Rn. 50; enger – für verpflichtende Reduzierung – Ostendorf § 31 Rn. 23); die gesetzliche Mindestdauer von zwei Jahren (§ 22 Abs. 1 S. 2) darf jedoch nicht unterschritten werden (AG Tiergarten ZJJ 2012, 89). Verpflichtend auf die Bewährungszeit anzurechnen ist seit der gesetzlichen Regelung der sog. Vorbewährung allerdings der Vorbehaltszeitraum, also die Zeit, in der die Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung zurückgestellt ist (§ 61b Abs. 3). |
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– | Wird im Erwachsenenstrafrecht in eine nachträglich gebildete Gesamtfreiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe einbezogen, ist für bereits erbrachte Bewährungsleistungen (z.B. Geldzahlungen oder Arbeitsleistungen) in aller Regel ein Ausgleich (durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe) geboten (§§ 58 Abs. 2 S. 2, 56f Abs. 3 S. 2 StGB; vgl. hierzu BGHSt 36, 378, 381 f.; 49, 90, 91; BGH NStZ-RR 2014, 138 [Ls]; Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rn. 30a). Dieser Grundsatz kann jedoch nicht pauschal auf die gem. § 31 Abs. 2 nachträglich gebildete Einheitsjugendstrafe übertragen werden (BGH Beschl. v. 11.2.2014 – 4 StR 551/13; BGHSt 49, 90, 91 f.; BGH NStZ 2005, 166; OLG Koblenz NStZ-RR 2008, 323, 324; Sander NStZ 2016, 656, 662; BeckOK-JGG-Schlehofer § 31 Rn. 50 ff.; a.A. OLG Köln VRS 100 [2001], 64, 66; Laubenthal/Baier/Nestler Rn. 503; Brunner/Dölling § 31 Rn. 15; Eisenberg § 31 Rn. 51; ders. JZ 2004, 687, 688; Ostendorf § 31 Rn. 23). Anders als § 58 Abs. 2 S. 2 StGB verweist § 31 Abs. 2 gerade nicht auf die Anrechnungsgebote der § 26 Abs. 3 S. 2 und § 56f Abs. 3 S. 2 StGB. Der Einwand, der Jugendliche dürfe nicht schlechter behandelt werden als der Erwachsene (Ostendorf § 31 Rn. 23; Laubenthal/Baier/Nestler Rn. 503), lässt sich dem nicht entgegenhalten. Es fehlt für einen derartigen Vergleich von Jugend- und Erwachsenenstrafrecht bereits an einem gemeinsamen Referenzrahmen (§ 55 Rn. 6). § 31 lässt es im Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht zu, dass die Bildung der Einheitsjugendstrafe – nach Maßgabe erzieherischer Erwägungen und rechnerisch unabhängig – sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Angeklagten von der Vorverurteilung abweichen kann. Hat aber sogar die in dem einbezogenen Verfahren verhängte Jugendstrafe keine rechnerische Bedeutung, kann bei der Berücksichtigung von Bewährungsleistungen, die in diesem Zusammenhang erbracht worden sind, nichts anderes gelten. Auch die Wertung des § 26 Abs. 3 S. 2 kann nicht auf die nachträgliche Bildung der Einheitsjugendstrafe übertragen werden (so aber OLG Köln VRS 100 [2001], 64, 66; Eisenberg § 31 Rn. 51). Denn im Fall des Widerrufs gem. § 26 steht die zu vollstreckende Strafe der Höhe nach fest, so dass erbrachte Bewährungsleistungen allein rechnerisch berücksichtigt werden können (BGHSt 49, 90, 92). Die Nichtanwendung von § 56f Abs. 3 S. 2 StGB hat allerdings nicht zur Folge, dass erbrachte Bewährungsleistungen unberücksichtigt bleiben müssen. Ihre Erbringung ist bei der Neubemessung der Einheitsjugendstrafe je nach erzieherischer Zweckmäßigkeit zu würdigen (so auch BGH Beschl. v. 11.2.2014 – 4 StR 551/13: „Rückschlüsse auf den bestehenden Erziehungsbedarf“; BGHSt 49, 90, 92; zust. Streng Jugendstrafrecht, Rn. 275; M/R/T/W-Buhr § 31 Rn. 50; siehe auch Rn. 39). |
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– | Ein Fahrverbot wird auf ein erneut ausgesprochenes Fahrverbot angerechnet (Eisenberg § 31 Rn. 51a). Sind Maßregeln, wie der Entzug der Fahrerlaubnis einschließlich der Sperrfrist, bei Einbeziehung des Urteils bereits vollständig erledigt, dürfen sie nicht erneut angeordnet werden (vgl. Rn. 25). |
e) Härteausgleich
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Lässt sich eine Verurteilung nicht mehr einbeziehen, weil die Rechtsfolge bereits erledigt ist, kann darin eine bei der Rechtsfolgenbemessung zu berücksichtigende Härte liegen (BGH NStZ-RR 2010, 257, 259; BGH StV 1986, 436). Die bei der nachträglichen Gesamtstrafe des Erwachsenenstrafrechts für den Härteausgleich im Erledigungsfall (vgl. BGHSt 12, 94; 14, 287, 290; Fischer § 55 Rn. 21 ff.; Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben/Bosch § 55 Rn. 28 ff.) sowie in Fällen des Ausschlusses einheitlicher Gesamtstrafenbildung beim Zusammentreffen von Jugend- und Freiheitsstrafen (§ 32 Rn. 20) entwickelten Grundsätze sind mit den gebotenen Abwandlungen zu übertragen. Entscheidend ist, welche erzieherische Wirkung insgesamt von den mehreren Rechtsfolgenaussprüchen ausgeht (Brunner/Dölling § 31 Rn. 7; Eisenberg § 31 Rn. 36; vgl. Rn. 39). Die Urteilsgründe müssen hierauf eingehen. Zum Härteausgleich, wenn der auslieferungsrechtliche Grundsatz der Spezialität einer Einheitsstrafenbildung entgegensteht vgl. Rn. 9.
f) Anrechnung von U-Haft
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Über die Anrechnung von U-Haft, die im Zusammenhang mit dem einbezogenen Urteil vollzogen wurde, ist „neu zu entscheiden“ (so RiJGG zu § 31 Nr. 5; zust. Brunner/Dölling § 31 Rn. 14, Eisenberg § 31 Rn. 43, und Ostendorf § 31 Rn. 22, jeweils unter Berufung auf die Entscheidung BGHSt 25, 355, die allerdings vor Inkrafttreten von § 52a ergangen ist). Zu beachten ist allerdings, dass die Anrechnung von U-Haft bei Anordnung von Jugendstrafe gem. § 52a die Regel darstellt, für die es – anders als bei der Anrechnung auf Jugendarrest (§ 52) – keines entsprechenden Ausspruchs bedarf. Das hat zur Folge, dass bei Urteilseinbeziehung ohne ausdrücklichen Ausschluss der Anrechnung (§ 52a S. 2) die früher erlittene U-Haft angerechnet wird. War die Anrechnung in dem einzubeziehenden Urteil ausgeschlossen, ist der Ausschluss – sofern er weiterhin gewollt ist – erneut auszusprechen. Anderenfalls würde der frühere Ausschluss der Anrechnung mit der Einbeziehung entfallen (vgl. BGH NStZ 1996, 233). Der Anrechnungsausschluss nach § 52a S. 2 ist zwingend in den Tenor aufzunehmen. Aus Klarstellungsgründen kann es in Einzelfällen zudem sinnvoll sein, auch die gesetzliche Regelfolge der Anrechnung (§ 52a S. 1) „deklaratorisch“ aufzunehmen (Brunner/Dölling § 31 Rn. 14). Das kann z.B. der Fall sein, wenn in der einbezogenen Entscheidung Jugendarrest angeordnet war, von dessen Vollstreckung aber mit Blick auf eine vollzogene U-Haft abgesehen wurde – die U-Haft ist dann nicht etwa „verbraucht“, sondern muss im aktuellen Vollstreckungsverfahren beachtet werden.
5. Abfassung des Urteils
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Das einbeziehende Gericht hat eine originäre Gesamtbewertung aller alten und neuen Taten vorzunehmen (oben Rn. 39). Um hierfür eine vollständige Beurteilungsgrundlage zu gewinnen, sind die früheren Taten in den Gründen des Urteils darzustellen (BGH NStZ-RR 2017, 28 [Ls]; BGH NStZ 2009, 43; BGH StV 1996, 273, 274, StV 1998, 344; BGH NStZ 1996, 478, 479 [Böhm]; BGH MDR 1996, 553; KG Urt. v. 15.2.2013 – [4] 121 Ss 296/12 [347/12]; OLG Koblenz ZJJ 2011, 90, 91; OLG Köln VRS 100 [2001], 64; Eisenberg § 31 Rn. 62; Ostendorf § 31 Rn. 28). Das gilt sowohl hinsichtlich der zugrundeliegenden Sachverhalte als auch hinsichtlich der Strafzumessungserwägungen (vgl. BGH Beschl. v. 30.6.2016 – 3 StR 125/16 = NStZ-RR 2017, 28 [Ls]; BGH NStZ-RR 2013, 287; OLG Hamm Beschl. v. 20.12.2016 – III-1 RVs 94/16; OLG Hamm StV 2014, 747, 748; OLG Celle NStZ 2012, 576, 577). Zur Prüfung, ob auf eine einheitliche Rechtsfolge gem. § 31 Abs. 2 S. 1 zu erkennen ist oder ob gem. § 31 Abs. 3 hiervon abgesehen werden kann, sind zudem Feststellungen zum Vollstreckungsstand der früher verhängten Rechtsfolgen erforderlich (BGH Beschl. v. 11.7.2017 – 3 StR 176/17 = StV 2017, 713 [Ls]; Eisenberg § 31 Rn. 17; BeckOK-JGG-Schlehofer § 31 Rn. 29a; vgl. Rn. 25, 68).
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Der BGH lässt grundsätzlich eine „kurze“ Darstellung ausreichen (BGH NStZ 2009, 43; BGH StV 1998, 344). Indes ist hier Sorgfalt geboten, weil für das Revisionsgericht hinreichend erkennbar sein muss, von welcher Art und Schwere die einzelnen Taten waren (vgl. BGH StV 1989, 308; KG Urt. v. 15.2.2013 – [4] 121 Ss 296/12 [347/12]) und von welchen Strafzumessungserwägungen das Tatgericht sich hat leiten lassen (BGH NStZ-RR 2013, 287; vgl. auch Eisenberg § 31 Rn. 38a: „Gefahr von Missverständnissen“). Unstreitig nicht ausreichend wäre es, lediglich die früheren Urteilssprüche mitzuteilen (BGH StV 1989, 307; StV 1998, 344). Lediglich formelhafte Darstellungen verbieten sich ebenfalls. Ungenügend wäre etwa die bloße Angabe, bei der einbezogenen Sache handele es sich um einen mit der jetzt abzuurteilenden Tat „vergleichbaren“ Sachverhalt (BGH StV 1996, 273); auch bezüglich der Strafzumessungserwägungen dürfen keine „Floskeln“ verwendet werden (vgl. BGH StV 1989, 308). Hinsichtlich der Feststellungen zum früheren Tatgeschehen kann es ausreichend sein, die entsprechenden Passagen aus dem einzubeziehenden Urteil im Wortlaut wiederzugeben, sofern nicht die anschließende Gesamtwürdigung aller der Einbeziehung unterliegenden Taten unterlassen wird. Allerdings ist hier zu beachten, dass „seitenlange Zitate“ den Urteilsbestand gefährden können, weil sie besorgen lassen, das Tatgericht habe sich nicht mit dem Sachverhalt aus dem einzubeziehenden Urteil auseinandergesetzt, sondern lediglich „unreflektiert abgeschrieben“ (OLG Hamburg Beschl. v. 2.4.2007 – 1 Ss 112/07); vorzugswürdig wird daher zumeist eine konzentrierte (eigene) Darstellung der Tathandlung, der Tätermotivation und der Tatfolgen sein.
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Bei Ketteneinbeziehungen (vgl. oben Rn. 22) sind auch diejenigen Sachverhalte darzustellen, welche ihrerseits in das aktuell einzubeziehende Urteil einbezogen waren (BGH StV 1982, 474; Eisenberg § 31 Rn. 63). Die Rechtsfolgenerwägungen müssen darüber hinaus erkennen lassen, dass sämtliche früher abgeurteilten Straftaten im Rahmen einer – eigenen – Gesamtwürdigung neu bewertet wurden (BGH NStZ 2017, 539). Bei Ketteneinbeziehungen wäre es demgemäß nicht ausreichend, bloß auf die tragenden Strafzumessungserwägungen des einbezogenen Urteils zu verweisen. Zwar ist es insgesamt nicht ausgeschlossen, dass sich das einbeziehende Gericht die mitgeteilten früheren Strafzumessungsgründe zu eigen macht; allerdings kann eine solche Bezugnahme die notwendige eigene Erörterung und Beurteilung nicht ersetzen (BGH MDR 1992, 321). Fehlerhaft wäre es, wenn sich die Erwägungen nur mit den neu abzuurteilenden Taten befassten (OLG Koblenz Beschl. v. 21.2.2007 – 1 Ss 291/06 [teilweise abgedruckt in NStZ-RR 2008, 323]). Da auch angeordnete Maßregeln wegfallen (oben Rn. 28), erfordert deren Neufestsetzung ebenfalls eine eigene neue Sachprüfung (BGHR JGG § 31 Abs. 2 Einbeziehung 1; Brunner/Dölling § 31 Rn. 16, 17; Eisenberg § 31 Rn. 45).
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Die Kostenentscheidung ist insgesamt – auch mit Wirkung für die einbezogene Entscheidung (vgl. Rn. 28) – neu und selbstständig zu treffen (Eisenberg § 31 Rn. 46, 64). Hatte das einbezogene Urteil nicht davon abgesehen, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen (§ 74), enthält aber das Einbeziehungsurteil einen entsprechenden Ausspruch nach § 74, ist nur noch Letzteres maßgeblich. Bezahlte Kosten werden erstattet (Brunner/Dölling § 31 Rn. 16; M/R/T/W-Buhr § 31 Rn. 55; a.A. Potrykus NJW 1959, 1064, 1066 f.). Zum Tenor im Übrigen vgl. § 54 Rn. 21 ff.
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