Kitabı oku: «Kartell Compliance», sayfa 31

Yazı tipi:

bb) Vollfunktionscharakter

15

Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit der FKVO auf ein Gemeinschaftsunternehmen ist, dass dieses Vollfunktionscharakter hat (Art. 3 Abs. 2). Es muss sich bei dem Gemeinschaftsunternehmen um eine Zusammenfassung von personellen und finanziellen Mitteln handeln, mit denen auf Dauer ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird und das alle Funktionen einer selbstständigen Wirtschaftseinheit erfüllt.[25] Nach Ansicht der Kommission setzt der Vollfunktionscharakter voraus, dass das Gemeinschaftsunternehmen all diejenigen Funktionen ausübt, die auch von anderen Unternehmen auf dem Markt wahrgenommen werden. Dafür muss das Gemeinschaftsunternehmen über ein sich dem Tagesgeschäft widmendes Management und ausreichend Ressourcen wie finanzielle Mittel, Personal, materielle und immaterielle Vermögenswerte verfügen, um seinen vertraglich vorgesehenen Aufgaben langfristig nachkommen zu können.[26] Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn ein Gemeinschaftsunternehmen nur eine bestimmte Funktion innerhalb der Geschäftstätigkeit der Muttergesellschaften wahrnimmt und dabei keinen Zugang zum Markt hat, es sich im Wesentlichen auf den Vertrieb der Erzeugnisse seiner Gründer beschränkt oder wenn die Verkäufe an die Gründer nicht zu den üblichen Geschäftsbedingungen des Gemeinschaftsunternehmens erfolgen. Die Gründung eines solchen Teilfunktions-Gemeinschaftsunternehmens fällt nicht unter die FKVO, sondern ist vielmehr nach Art. 101 AEUV bzw. den insoweit anwendbaren nationalen Fusionskontrollsystemen zu beurteilen.

Kommt es nach der (anmeldefreien) Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens ohne Vollfunktionscharakter zu Änderungen in Bezug auf die hierfür maßgeblichen Umstände, so kann dies einen anmeldepflichtigen Zusammenschluss bewirken, wenn das Gemeinschaftsunternehmen hierdurch erstmals zu einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit wird.

16

Ein Gemeinschaftsunternehmen ist auf Dauer angelegt, wenn es dazu bestimmt und in der Lage ist, seine Tätigkeit zeitlich unbegrenzt, zumindest aber langfristig auszuüben. In der Praxis werden von der Kommission fünf Jahre regelmäßig als dauerhaft angesehen.[27]

II. Gemeinschaftsweite Bedeutung

17

Die FKVO findet auf alle Zusammenschlüsse Anwendung, die eine gemeinschaftsweite Bedeutung haben (Art. 1 Abs. 1 FKVO). Die gemeinschaftsweite Bedeutung bestimmt sich ausschließlich anhand der in Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 festgelegten quantitativen Umsatzschwellen, die von den beteiligten Unternehmen erreicht werden müssen. Dagegen ist es für die Anwendung der FKVO ohne Belang, ob bestimmte Marktanteile oder qualitative Kriterien erreicht werden und wo die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ihren Sitz oder Tätigkeitsschwerpunkt haben.

1. Umsatzschwellen

18

Die FKVO enthält zwei Gruppen von Schwellenwerten. Die Hauptaufgreifschwelle des Art. 1 Abs. 2 ist seit der Einführung der europäischen Fusionskontrolle im Jahr 1990 unverändert. Danach hat ein Zusammenschluss gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn alle beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr einen weltweiten Gesamtumsatz von zusammen mehr als 5 Mrd. EUR erzielt haben (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 1). Darüber hinaus ist zusätzlich erforderlich, dass mindestens zwei der beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr jeweils einen Umsatz von mehr als 250 Mio. EUR in der EU erzielt haben.

Die so festgestellte gemeinschaftsweite Bedeutung entfällt jedoch wieder, mit der Folge der Unanwendbarkeit der FKVO, wenn alle beteiligten Unternehmen jeweils mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in einem und demselben Mitgliedstaat erzielen. Diese „Zwei-Drittel-Regel“ dient dazu festzustellen, ob die Aktivitäten der Unternehmen einen gewissen Mindestumfang in der EG erreichen, und soll Transaktionen mit überwiegend nationaler Bedeutung von der Gemeinschaftskontrolle ausnehmen. Bei Beteiligung eines Konzernunternehmens hängt die Zuständigkeit von der Verteilung des Umsatzes des Gesamtkonzerns ab.

19

Fällt ein Zusammenschluss nicht unter die Hauptaufgreifschwelle des Art. 1 Abs. 2, so kann er gleichwohl gemeinschaftsweite Bedeutung haben, wenn er die in Art. 1 Abs. 3 festgelegten Schwellenwerte erreicht. Sinn dieser mit der Revision der FKVO im Jahr 1998 eingeführten Auffangschwellen ist es, diejenigen Zusammenschlüsse, die zwar nicht unter Art. 1 Abs. 2 fallen, die aber dennoch erhebliche grenzüberschreitende Auswirkungen haben, da sie in mindestens drei Mitgliedstaaten angemeldet werden müssten, aus Gründen der Vereinfachung, Vereinheitlichung und Beschleunigung dennoch der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission und damit dem „one stop shop“-Prinzip der FKVO zu unterstellen.

Art. 1 Abs. 3 sieht folgende kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen vor: Der weltweite Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen beträgt zusammen mehr als 2,5 Mrd. EUR, der Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen in mindestens drei Mitgliedstaaten übersteigt jeweils 100 Mio. EUR, in jedem von mindestens drei dieser Mitgliedstaten beträgt der Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen jeweils mehr als 25 Mio. EUR, und der gemeinschaftsweite Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen übersteigt jeweils 100 Mio. EUR. Auch hier entfällt die gemeinschaftsweite Bedeutung jedoch wieder, wenn die beteiligten Unternehmen jeweils mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen.

2. Beteiligte Unternehmen

20

Der Begriff des „beteiligten Unternehmens“, der in Art. 1 wiederholt verwendet wird und für die Berechnung des Erreichens der Umsatzschwellen der FKVO von entscheidender Bedeutung ist, wird von der FKVO vorausgesetzt und selbst nicht definiert. In ihrer Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen hat die Kommission Leitlinien zur Auslegung des Begriffs zusammengefasst, um Auslegungsschwierigkeiten in der Praxis zu vermeiden.[28] Welche Unternehmen als beteiligt i.S.d. FKVO anzusehen sind, hängt danach von der Art des jeweiligen Zusammenschlusstatbestandes ab. Im Falle einer Fusion sind die beteiligten Unternehmen die einzelnen fusionierenden Unternehmen.[29] Beim Erwerb der alleinigen Kontrolle über ein gesamtes Unternehmen sind beteiligte Unternehmen das erwerbende Unternehmen und das zu erwerbende Zielunternehmen.[30] Erfolgt der Erwerb eines Unternehmens durch ein Unternehmen einer Unternehmensgruppe, so ist neben dem übernommenen Zielunternehmen nur die erwerbende Tochtergesellschaft direkt Beteiligte. Allerdings werden für die Umsatzberechnung die Umsätze der gesamten Gruppe berücksichtigt (Art. 5 Abs. 4). Der Veräußerer der Geschäftsanteile oder Vermögensgegenstände ist hingegen kein beteiligtes Unternehmen, da sein wettbewerblicher Einfluss auf das zu veräußernde Unternehmen mit Abschluss der Transaktion endet.

21

Erwirbt ein Unternehmen die alleinige Kontrolle über Teile eines anderen Unternehmens, etwa über eine Produktionsstätte, eine Tochtergesellschaft oder Vermögensgegenstände, denen ein Umsatz zugeordnet werden kann, so sind beteiligte Unternehmen das erwerbende Unternehmen und die zu übernehmenden Teile des Veräußerers, weil Letztere als übergehendes Substrat der Wettbewerbsposition ebenfalls für die Änderung der Wettbewerbsstruktur durch den Zusammenschluss von Bedeutung sind.[31] Auch in diesem Fall ist der Veräußerer hinsichtlich der bei ihm verbleibenden Teile kein beteiligtes Unternehmen. Er wird nur ausnahmsweise dann zum beteiligten Unternehmen, wenn er lediglich einen Teil seiner Geschäftsanteile veräußert und danach nicht mehr alleine, sondern nun zusammen mit dem Käufer die Kontrolle über das verkaufte Unternehmen ausübt.[32]

Im Fall der Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmen sind nur die das Unternehmen kontrollierenden Gründer beteiligte Unternehmen, da das Gemeinschaftsunternehmen zum Zeitpunkt der Anmeldung noch keinen eigenen Umsatz erzielt.[33] Erwerben mehrere Unternehmen die gemeinsame Kontrolle über ein bereits bestehendes Unternehmen, sind beteiligte Unternehmen zum einen jene Unternehmen, die die gemeinsame Kontrolle erwerben und zum anderen das Gemeinschaftsunternehmen selbst.[34]

22

Zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Beteiligten kann es dann kommen, wenn ein Gemeinschaftsunternehmen als Erwerber auftritt. Grundsätzlich sind zunächst nur das Gemeinschaftsunternehmen und das zu erwerbende Unternehmen, nicht jedoch die Muttergesellschaften des Gemeinschaftsunternehmens die beteiligten Unternehmen. Handelt es sich bei dem Gemeinschaftsunternehmen jedoch um eine von den Muttergesellschaften paritätisch beherrschte Mantelgesellschaft, so lüftet die Kommission den „Schleier des zwischengeschalteten Unternehmens“ und sieht statt des transparenten Akquisitionsvehikels jede Muttergesellschaft neben dem zu erwerbenden Unternehmen als beteiligtes Unternehmen an, wenn das Gemeinschaftsunternehmen speziell für den Erwerb des Zielunternehmens gegründet wird, es sich hierbei nicht um ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen handelt oder wenn nachgewiesen werden kann, dass die Muttergesellschaften die eigentlichen Akteure bei dem Vorhaben sind.[35]

23

Bei Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse an einem Gemeinschaftsunternehmen, etwa durch das Ausscheiden bisheriger oder das Hinzutreten neuer Gesellschafter, sieht die Kommission alle nach Abschluss der Transaktion die Kontrolle ausübenden Unternehmen sowie das Gemeinschaftsunternehmen als Beteiligte an, nicht jedoch die ausscheidenden Gesellschafter.[36]

3. Umsatzberechnung

24

Die Art und Weise der Berechnung der Gesamtumsätze der Unternehmen ist in Art. 5 FKVO sowie der Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen näher erläutert.[37] Die Regeln über die Umsatzberechnung gelten praktisch einheitlich für alle Branchen. Nur für Kredit- und Finanzinstitute sowie Versicherungsunternehmen bestehen Sonderregelungen (vgl. Art. 5 Abs. 3). Die FKVO verwendet ihre eigene Definition des Umsatzes. Abzustellen ist danach auf die im letzten Geschäftsjahr erzielten Erlöse, die beim Verkauf von Waren oder dem Erbringen von Dienstleistungen erzielt wurden, die dem normalen geschäftlichen Tätigkeitsbereich zuzuordnen sind. Von den in der Bilanz ausgewiesenen Umsätzen sind Erlösschmälerungen sowie Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer und andere unmittelbar auf den Umsatz bezogene Steuern abzuziehen.[38] Bei der Umsatzberechnung werden die beteiligten Unternehmen, ähnlich wie bei der materiellen Beurteilung, nicht isoliert betrachtet. Maßgeblich sind vielmehr die externen Umsätze des jeweiligen Konzerns, dem das beteiligte Unternehmen angehört, wobei aber die Konzerninnenumsätze (captive use) heraus gerechnet werden müssen. Dem beteiligten Unternehmen werden daher die Umsätze seiner Töchter-, Mutter- und Schwestergesellschaften zugerechnet. Für jedes der vorgenannten Vertikalverhältnisse stellt Art. 5 Abs. 4 nicht auf den Begriff der Kontrolle i.S.v. Art. 3 Abs. 3 ab, sondern formuliert in Art. 5 Abs. 4 lit. b eigene Zurechnungskriterien. Bei der Veräußerung von Teilen eines Unternehmens ist auf Seiten des Veräußerers nur der Umsatz zu berücksichtigen, der auf die veräußerten Teile entfällt (Abs. 2 Unterabs. 1).

25

Entscheidend sind die Umsätze, die im „letzten Geschäftsjahr“ erzielt wurden. Damit ist das Geschäftsjahr vor dem die Anmeldepflicht auslösenden Ereignis, also etwa dem Abschluss des Unternehmensveräußerungsvertrages (vgl. Art. 4 Abs. 1 S. 1) gemeint.[39] Maßgeblich sind grundsätzlich die Zahlen des letzten geprüften Jahresabschlusses. Übernahmen und Veräußerungen von Konzernunternehmen aus der Zeit danach bis zum Zeitpunkt der Anmeldung werden von der Kommission mitberücksichtigt, nicht jedoch bloße Umsatzschwankungen.[40] Bei Übernahmen und Veräußerungen die während des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres unterjährig vollzogen wurden, erfolgt keine anteilige Umsatzzurechnung ab dem Konsolidierungstag, sondern der Umsatz veräußerter Geschäftsbereiche bleibt vollständig unberücksichtigt, während der Jahresumsatz übernommener Geschäftsbereiche in vollem Umfang zu berücksichtigen ist.[41]

26

Besonderheiten gelten bei der Umsatzberechnung von Gemeinschaftsunternehmen zwischen den Zusammenschlussbeteiligten. Gem. Art. 5 Abs. 5 werden die Umsätze, die zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und jedem der Beteiligten stattfinden, nicht berücksichtigt. Die Umsätze des Gemeinschaftsunternehmens mit dritten Unternehmen werden den Beteiligten unabhängig von ihrer Beteiligungshöhe zu gleichen Anteilen zugerechnet.

27

Für die Berechnung gemeinschaftsweiter Umsätze und der Umsätze in einzelnen Mitgliedstaaten ist eine gebietsmäßige Zuordnung der Umsätze erforderlich. Hierfür wird auf den Umsatz abgestellt, der mit Waren und Dienstleistungen für Unternehmen oder Verbraucher in einem bestimmten Gebiet erzielt wird. Entscheidend ist daher nicht der Sitz des Unternehmens, das die Umsätze erzielt, sondern das Gebiet, in dem sich die Abnehmer befinden, mit denen die Umsätze erzielt werden.

4. Extraterritoriale Anwendung der FKVO

28

Anders als das deutsche Recht (vgl. § 130 Abs. 2 GWB) enthält die FKVO keine ausdrückliche Begrenzung des räumlichen Anwendungsbereichs der EG-Fusionskontrolle. Der Verordnungsgeber hat weder das in mehreren Mitgliedstaaten maßgebliche Auswirkungsprinzip normiert noch andere völkerrechtliche Grundsätze oder das Kriterium der „Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten“ aus Art. 101 und 102 AEUV übernommen. Die Umsatzschwellen des Art. 1 legen daher zugleich auch den extraterritorialen Anwendungsbereich der FKVO fest. Nach ständiger Praxis der Kommission ist es irrelevant, ob die beteiligten Unternehmen ihren Sitz außerhalb der Gemeinschaft haben, der Zusammenschluss außerhalb der Gemeinschaft stattfindet oder zwar innerhalb der Gemeinschaft stattfindet, seine Auswirkungen jedoch ganz oder überwiegend außerhalb der Gemeinschaft hat.[42] Solange die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen die gemeinschaftsbezogenen Mindestumsätze des Art. 1 überschreiten und damit in erheblichem Umfang in der Gemeinschaft tätig sind, werden hinreichende Auswirkungen in der EU vermutet, so dass der Zusammenschluss uneingeschränkt anmeldepflichtig ist und gegebenenfalls auch von der Kommission untersagt werden kann.[43] Dementsprechend hat die Kommission die FKVO auch auf reine Auslandszusammenschlüsse[44] und auf Zusammenschlüsse, die zwar in der EU stattfanden, sich aber ausschließlich in Drittstaaten auswirkten,[45] angewandt und schreckt insoweit auch vor Untersagungsentscheidungen nicht zurück.[46]

III. Wettbewerbliche Beurteilung von Zusammenschlüssen

29

Liegt ein Zusammenschluss vor und hat dieser gemeinschaftsweite Bedeutung, so muss die Kommission diesen auf seine Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt hin überprüfen. Das entscheidende Beurteilungskriterium in Art. 2 Abs. 3 (und spiegelbildlich Abs. 2) wurde mit der Novellierung der FKVO zum 1.5.2004 neu gefasst. Alleiniges Untersagungskriterium ist danach die erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben.[47] Die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung wird nur noch als Regelbeispiel für eine solche Wettbewerbsbehinderung genannt.

Mit der Neufassung des Untersagungskriteriums sollte eine (vermeintliche) Lücke des Marktbeherrschungstests bei bestimmten Zusammenschlüssen in oligopolistisch strukturierten Märkten geschlossen werden. Wie im Erwägungsgrund 25 klargestellt wird, sollen mit der FKVO auch solche wettbewerbsschädigenden Auswirkungen eines Zusammenschlusses erfasst werden, die sich aus nicht koordiniertem Verhalten von Unternehmen ergeben, die auf dem jeweiligen Markt keine beherrschende Stellung haben. Angesprochen sind damit Zusammenschlusssituationen, in denen die neue Einheit zwar nicht den höchsten Marktanteil im Markt erreicht, aber durch den Wegfall des zwischen den Beteiligten herrschenden Binnenwettbewerbs durch sog. „unilaterale Effekte“ (unilateral effects) in die Lage versetzt werden könnte, über dem Wettbewerbsniveau liegende Preise durchzusetzen. Dessen ungeachtet ist das Marktbeherrschungskriterium nach Auffassung der Kommission weiterhin von tragender Bedeutung für die Europäische Fusionskontrolle.[48]

Die materielle Beurteilung von Zusammenschlüssen nach Art. 2 erfolgt in einer zweistufigen Prüfung.[49] Zunächst wird der relevante Markt in sachlicher und räumlicher Hinsicht abgegrenzt, um die Wettbewerbskräfte zu identifizieren, die auf die beteiligten Unternehmen einwirken sowie deren tatsächliche Wettbewerber. In einem zweiten Schritt wird dann geprüft, ob der Zusammenschluss auf den zuvor definierten relevanten Märkten wirksamen Wettbewerb erheblich behindern würde. Bei kooperativen Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen sind zudem etwaige Koordinierungseffekte nach Art. 101 Abs. 1 und 3 AEUV zu prüfen.

1. Marktabgrenzung

30

Die FKVO enthält keine ausdrückliche Definition des relevanten Marktes, so dass die Kommission auf bewährte Kriterien der Kartellrechtspraxis, insbesondere auf den Marktbegriff der Art. 101 und 102 AEUV zurückgreift. Zudem hat die Kommission ein eigene allgemeine Mitteilung zur Definition des relevanten Marktes erlassen.[50] Die Marktabgrenzung im Rahmen der Fusionskontrolle verlangt allerdings stets eine Prognose der zukünftigen Marktverhältnisse nach dem Zusammenschluss. Entscheidend ist, wie sich der Markt nach dem Zusammenschluss in einem überschaubaren Zeitraum darstellen wird, so dass es einer Berücksichtigung der Dynamik des Marktgeschehens, der zu erwartenden technischen Entwicklungen und der zukünftigen rechtlichen Rahmenbedingungen bedarf. In problematischen Fällen „steht und fällt“ die Freigabefähigkeit eines Vorhabens häufig mit der Marktabgrenzung. Je enger der Markt abgegrenzt wird, desto geringer wird das Marktvolumen wodurch die Marktanteile der beteiligten Unternehmen auf diesem Markt steigen. Die Kommission lässt die genaue Marktabgrenzung in der Praxis allerdings dann offen, wenn ein Zusammenschluss auch bei der engst möglichen Marktabgrenzung nicht zu wettbewerblichen Problemen führt.

a) Sachlicher Markt

31

Der sachlich relevante Markt umfasst grundsätzlich sämtliche Erzeugnisse bzw. Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden.[51] Zentrales Kriterium, dem sowohl die Europäischen Gerichte als auch die Kommission folgen, ist demnach die Austauschbarkeit der Produkte aus Sicht des Verbrauchers. Für die Feststellung der konkreten Austauschbarkeit kommt es vor allem auf die Produktmerkmale und den Verwendungszweck der betroffenen Erzeugnisse und/oder Dienstleistungen an.[52] Als Produktmerkmale kommen dabei insbesondere technische, physikalische oder chemische Eigenschaften in Betracht. Die objektiven Produkteigenschaften sind aber nicht allein ausschlaggebend, da selbst gleichartige Produkte nicht als substituierbar angesehen werden können, wenn sie aus Sicht der Verbraucher unterschiedliche Verwendung finden. Produkte sind nur dann austauschbar, wenn sie von den Verbrauchern in gleicher Weise verwendet werden können. Häufig untersucht die Kommission im Zusammenhang mit der Nachfragesubstituierbarkeit, ob die Abnehmer der Produkte als Reaktion auf eine angenommene kleine dauerhafte Erhöhung der relativen Preise um etwa 5-10 % auf andere Produkte ausweichen würden.[53] Ergänzend berücksichtigt die Kommission zudem die angebotsseitige Austauschbarkeit. Nach dem Konzept der Angebotsumstellungsflexibilität können auch solche Produkte zu einem Markt gehören, die zwar aus Sicht der Nachfrager nicht austauschbar sind, auf die die Anbieter ihre Produktion aber ohne größere technische oder wirtschaftliche Schwierigkeiten zeitnah umstellen können.[54]

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
2395 s. 9 illüstrasyon
ISBN:
9783811453098
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin PDF
Средний рейтинг 1 на основе 1 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin PDF
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Ses
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок