Kitabı oku: «Internal Investigations», sayfa 17

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3. Sonderproblem: Schutz vor Beschlagnahme bei Einschaltung Dritter

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Im Hinblick auf ein eventuell folgendes Strafverfahren kann für das Unternehmen von Bedeutung sein, dass die betreffenden Unterlagen, sofern sie sich nicht im Unternehmen, sondern beim externen Anwalt befinden, besser durch den § 160a StPO vor dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden geschützt sind.[14]Allerdings besteht nach einer Entscheidung des LG Hamburg[15] auch wenn sich Dokumente bei einer Anwaltskanzlei befinden, kein Beschlagnahmeverbot nach § 97 Abs. 1 StPO, wenn sich das Ermittlungsverfahren nur gegen einzelne Personen richtet.[16] Dann könne nach Ansicht des LG Hamburg nicht von einem „mandatsähnlichem Vertrauensverhältnis“ ausgegangen werden, weswegen auch kein Zeugnisverweigerungsrecht aus §§ 97 Abs. 1 Nr. 3, 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO in Frage käme und somit auch kein Beschlagnahmeverbot entstehe.[17] Diese Beurteilung durch das LG Hamburg ist in der Literatur zwar auf Kritik gestoßen.[18] Nach Auffassung des LG Braunschweig sollen unternehmensinterne Unterlagen, die im Hinblick auf ein drohendes Ordnungswidrigkeitsverfahren zum Zwecke der Verteidigung durch einen Unternehmensverteidiger erstellt worden sind, beschlagnahmefrei sein. Dies solle auch dann gelten, wenn sich die Unterlagen in den Geschäftsräumen eines Unternehmens befinden. Die Beschlagnahmefreiheit soll demnach sogar bereits vor Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens bestehen.[19] Da die Frage der Beschlagnahmefreiheit höchstrichterlich nicht geklärt ist, sollte bei Einschaltung von Externen das Risiko einer Beschlagnahme stets berücksichtigt werden. Etwas anderes gilt, wenn aufgrund der Ermittlungen auch eine Sanktionierung des Unternehmens, z.B. durch eine Unternehmensgeldbuße, zu befürchten ist. In diesem Fall dürfte wohl auch das Beschlagnahmeverbot nach § 97 Abs. 1 StPO gelten.[20]

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Empfehlenswert ist es, mit externen Beratern eine Vertraulichkeitsvereinbarung sowie eine Vertragsstrafenvereinbarung für den Fall zu treffen, dass widerstreitende Interessen vertreten werden.[21] Dies gilt jedenfalls dann, wenn Berater eingeschaltet werden, die nicht bereits aufgrund berufsrechtlicher Vorschriften entsprechenden Verpflichtungen unterliegen (wie z.B. Rechtsanwälte und Steuerberater).

4. Konkrete Maßnahmen zur Informationsgewinnung

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Der Begriff der unternehmensinternen Untersuchung ist ein weiter, auch etwas unbestimmter Begriff. Von einem informellen Gespräch mit einem einzelnen Mitarbeiter, bis hin zur groß angelegten konzernweiten Untersuchung mit Befragungen ganzer Abteilungen, kann vieles unter diesen Begriff gefasst werden.[22]

a) Anwendbarkeit der Business Judgement Rule

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Für die Auswahl der Maßnahmen, mit denen die benötigten Informationen erlangt werden sollen, also das „Wie“ der Untersuchung, kommt dem Vorstand bzw. dem Aufsichtsrat ein Auswahlermessen zu.[23] Hier gilt die Business Judgement Rule, § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. Hieran wurde zwar zum Teil gezweifelt, da nach der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH[24] im Erkenntnisbereich den Entscheidern nur ein begrenzter Beurteilungsspielraum zugestanden wird. Allerdings sprechen die besseren Argumente dafür, die Informationsbeschaffung dem sog. Handlungsbereich zuzuordnen, sodass die zuständigen Organe zumindest bzgl. der Wahl der Aufklärungsmethode über Ermessen verfügen.[25] Dieses Ermessen verdichtet sich nur dann zu der Pflicht, eine bestimmte Methode zur Aufklärung zu ergreifen, wenn andere Methoden keinen vergleichbaren Erfolg versprechen.[26] Es liegt also im Ermessen des Vorstands bzw. der Geschäftsführung, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Ein Ermessen besteht nicht, wenn bei der GmbH die Gesellschafter den Geschäftsführern verbindliche Weisungen erteilen. So lange auf Grundlage einer „angemessenen Informationsbasis“ eine vernünftige Entscheidung getroffen wird, ist dies für die Geschäftsleitung ausreichend. Das Ermessen ist nur dann reduziert, wenn andere Mittel nicht gleich erfolgversprechend wären.

b) Konkrete Maßnahmen

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Drei Arten von Maßnahmen haben sich als besonders effektiv herausgestellt und werden daher am häufigsten herangezogen: Interviews mit Mitarbeitern, gezieltes Screening der Unterlagen der Gesellschaft und die Sichtung von Emails und anderer Kommunikation. Bei der Anwendung dieser Maßnahmen sind stets die gesetzlichen Grenzen bzw. Anforderungen zu beachten. Dies sind insbesondere die Regelungen des Arbeits-, Datenschutz- und Strafprozessrechts. Bei der Durchführung von Interviews mit Mitarbeitern ist vor allem auf die Beachtung von arbeits- und datenschutzrechtlichen Vorgaben zu achten. Bei der Sichtung von E-Mails und anderer Kommunikation sind vorrangig datenschutzrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Einschränkungen zu befolgen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im 12. Kap. verwiesen.

5. Faktoren für Umfang der Ermittlungen

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Es obliegt grds. der Geschäftsleitung, also dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung, zu entscheiden, welche konkreten Maßnahmen gewählt werden und in welchem Umfang die Untersuchungen vorgenommen werden sollen. Die Geschäftsleitung muss also abwägen, welche Maßnahmen angemessen und ergebnisorientiert, welche Kosten der Untersuchung noch verhältnismäßig und wann die Untersuchungen einzustellen sind, weil sie nicht mehr als zielführend betrachtet werden können. Wird z.B. im Laufe der Untersuchung klar, dass durch den potentiellen Verstoß kein oder nur ein geringer Schaden für die Gesellschaft entstehen kann und könnte der Schuldige nur durch unverhältnismäßige Anstrengungen herausgefunden werden, sollte von einer weitergehenden Untersuchung abgesehen werden.

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In die Abwägung, welcher Untersuchungsumfang im konkreten Fall angemessen ist, sollten verschiedene Faktoren einbezogen werden. Der nötige Umfang der Ermittlungen wird zum einen durch den Auslöser der Ermittlungen mitbestimmt. Es kann einen erheblichen Unterschied machen, ob aufgrund des Eingangs einer Meldung über die Whistleblower-Hotline oder aufgrund behördlicher Ermittlungen untersucht wird.[27] Ein weiterer Faktor ist letztlich die voraussichtliche Begründetheit des Verdachts. Je wahrscheinlicher es ist, dass ein Fehlverhalten tatsächlich stattgefunden hat, desto größer sollten die Anstrengungen sein, den Sachverhalt aufzuklären. Ebenfalls relevant sind auch die Schwere des vermuteten Verstoßes und dessen potentielle Auswirkungen auf das Unternehmen. Je höher der dem Unternehmen drohende finanzielle Schaden sowie die drohenden Strafen und Bußgelder sind, desto mehr ist es für das Unternehmen angezeigt, den Sachverhalt intensiv zu erforschen. Auch der dem Unternehmen drohende Reputationsverlust, sei es durch das Bekanntwerden des Fehlverhaltens selbst oder des mangelnden Engagements des Unternehmens bei der Aufklärung, muss bedacht werden. Verhält sich ein Unternehmen im Krisenfall zu passiv, so kann dies in der Öffentlichkeit bei Bekanntwerden schnell als fehlendes Commitment des Unternehmens zur Rechtsordnung und zur Good Governance gesehen werden. Aber auch die Vorteile, die aus einer Zusammenarbeit mit den Behörden im Wege der Bereitstellung der Informationen erwachsen können, müssen in die Abwägung eingestellt werden.[28]

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Anhand der verschiedenen Faktoren sollte der Vorstand im Sinne eines Stufenmodells entscheiden, in welchem Umfang er die Untersuchungen vornehmen will. Je schwerer der Verstoß, glaubwürdiger die Meldung, begründeter der Verdacht und größer die drohenden Einbußen für das Unternehmen sind, desto länger, intensiver und ressourcenträchtiger, sollten die Untersuchungen ausfallen.

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Bei der Beurteilung, wie weit die Untersuchungen gehen müssen, sollte sich das handelnde Organ auch immer den Sinn und Zweck der internen Untersuchungen vor Augen führen. Oberstes Ziel der Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen ist die Aufdeckung, Aufklärung und das Abstellen von Verstößen. Dies erfordert die Beschaffung von Informationen über die tatsächlichen Vorkommnisse. Häufig wird z.B. erst durch die Untersuchungen eine arbeitsrechtliche Bewertung der Geschehnisse ermöglicht. Hiermit eng verknüpft ist der Aspekt, dass durch die Untersuchungen auch Fehler im Compliance-System des Unternehmens aufgedeckt werden können, welche den Verstoß unter Umständen erst ermöglicht haben.

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Ein weiterer Faktor ist das für jedes Unternehmen existentielle Vertrauen seiner Kunden und Mitarbeiter. Werden Verstöße in der Öffentlichkeit bekannt, kann dies das Vertrauen in Gefahr bringen. Interne Untersuchungen können dann helfen, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen oder bereits den Verlust des Vertrauens oder der Reputation verhindern, indem das Unternehmen damit zeigt, dass solche Verstöße nicht geduldet werden.

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Für eine umfassende Untersuchung kann auch sprechen, dass die Staatsanwaltschaft, Kartell- oder andere Behörden von der Möglichkeit einer Strafmilderung oder Reduzierung von Geldbußen Gebrauch machen, wenn das Unternehmen bei der Aufdeckung und Untersuchung von Verstößen aktiv ist und kooperiert.

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Die durch das Unternehmen erlangten Informationen können schließlich auch die Grundlage für eine Verteidigungsstrategie sein, sofern es zu zivil- oder straf-/bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfahren gegen das Unternehmen kommt. Diese Zwecke sollten durch die Untersuchung bestmöglich erfüllt werden können.

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Enden muss die Aufklärungspflicht wohl spätestens dann, wenn eine weitere Untersuchung nicht mehr vom Unternehmensinteresse gedeckt wäre.[29] Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der zu betreibende Aufwand außer Verhältnis zum Nutzen der potentiell erlangbaren Informationen steht.[30]

6. Besonderheiten bei behördlichen Ermittlungen

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Das gesamte Konzept der Compliance und der unternehmensinternen Untersuchungen stammt ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum. Unternehmensinterne Untersuchungen gehen dort auf Anforderungen der US-amerikanischen Behörden zurück. In Deutschland besteht zwar nicht die Möglichkeit, dass ein Unternehmen von den Behörden verpflichtet wird, Untersuchungen durchzuführen. Allerdings kann es dem Unternehmen im Einzelfall entgegen kommen, wenn es die Behörden bei bereits laufenden Ermittlungen unterstützt. Das kann z.B. durch die Bereitstellung eigener Untersuchungsergebnisse geschehen, die unter Umständen von den Behörden so gar nicht hätten erlangt werden können.

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Die Untersuchungen von Seiten einer Behörde entbinden die Gesellschaftsorgane keineswegs von ihrer Pflicht gegenüber der Gesellschaft, Untersuchungen durchzuführen,[31] um den Schaden möglichst gering zu halten. Ein völliges Absehen von der Durchführung eigener Untersuchungen kann dazu führen, dass keine ausreichende Informationsgrundlage zur Beurteilung besteht, um festzulegen, ob und in welchen Maß mit den Behörden kooperiert werden könnte und sollte.[32] Führt eine Behörde schon eigene Ermittlungen gegen das Unternehmen, bzw. dort beschäftigte Personen durch, so empfiehlt es sich regelmäßig, mit dieser eng zusammen zu arbeiten. Andererseits muss bei einer parallelen Durchführung von unternehmensinternen und behördlichen Untersuchungen die Gefahr einer Strafvereitelung gem. § 258 StGB durch die Unterdrückung von Beweisen beachtet werden. Dieser Vorwurf kann insbesondere dann entstehen, wenn durch die unternehmensinternen Ermittlungen Mitarbeiter vorgewarnt oder etwaige Beweismittel vernichtet werden. [33] Hier ist daher eine enge Abstimmung mit den Behörden dringend zu empfehlen.

7. Besonderheiten für börsennotierte Unternehmen

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In § 15 WpHG (ab dem 3.7.2016: Art. 17 VO EU Nr. 596/2014 – Marktmissbrauchsverordnung – MMVO) ist die Ad-hoc-Publizitätspflicht für börsennotierte Unternehmen vorgesehen. Danach hat eine börsennotierte AG Insiderinformationen, die sie selbst betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen (§ 15 Abs. 1 S. 1. WpHG; Art. 17 Abs. 1 MMVO). Dadurch soll erreicht werden, dass allen Marktteilnehmern relevante Tatsachen zur gleichen Zeit und möglichst frühzeitig bekannt gegeben werden und alle für eine Investitionsentscheidung relevanten Informationen zeitnah in die Kursbildung einfließen können.[34] Eine solche Ad-hoc-Publizitätspflicht wird auch angenommen, wenn das Unternehmen mit einem erheblichen außerordentlichen Aufwand rechnen muss, wie etwa nach der Aufdeckung krimineller Machenschaften.[35] Erhärtet sich der Verdacht krimineller Machenschaften, so kann daher noch während der Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung eine Ad-hoc-Publizitätspflicht für den Vorstand entstehen. Dies ist daher im Rahmen von unternehmensinternen Untersuchungen stets gesondert zu prüfen.

Anmerkungen

[1]

Siehe auch Inderst/Bannenberg/Poppe/Poppe 7. Kap. Rn. 6.

[2]

Von Hehn/Hartung DB 2006, 1909, 1913; Arnold ZGR 2014, 76, 95.

[3]

PwC Studie „Wirtschaftskriminalität“ 2007, S. 50.

[4]

Böttger/Minoggio 15. Kap. Rn. 23.

[5]

Böttger/Minoggio 15. Kap. Rn. 23.

[6]

Von Hehn/Hartung DB 2006, 1909, 1913.

[7]

Von Hehn/Hartung DB 2006, 1909, 1913.

[8]

Von Hehn/Hartung DB 2006, 1909, 1913.

[9]

Schürrle/Olbers CCZ 2010, 102, 105.

[10]

Studie „CMS Compliance Barometer 2015“, S. 11.

[11]

Kustor S. 35.

[12]

Reichert/Ott ZIP 2009, 2173, 2174 (allgemein zur Einrichtung von Compliance-Organisationen).

[13]

Moosmayer/Hartwig/Bührer S. 102.

[14]

Böttger/Minoggio 15. Kap. Rn. 26.

[15]

LG Hamburg NJW 2011, 942 – HSH Nordbank = ZIP 2011, 1025.

[16]

LG Hamburg NJW 2011, 942 ff.

[17]

LG Hamburg NJW 2011, 942 ff.

[18]

Anmerkungen von Galen NJW 2011, 945; Anmerkungen Fritz CCZ 2011, 156 ff.; Momsen/Grützner DB 2011 1792, 1796 f.

[19]

LG Braunschweig BB 2015, 2771.

[20]

LG Braunschweig BB 2015, 2771.

[21]

Böttger/Minoggio 15. Kap. Rn. 42.

[22]

Inderst/Bannenberg/Poppe/Weiss 6. Kap. Rn. 30 ff.

[23]

Reichert/Ott ZIP 2009, 2173, 2176; MK-GmbHG/Fleischer § 43 Rn. 149.

[24]

BGHZ 135, 244 – ARAG/Garmenbeck.

[25]

Wagner CCZ 2009, 8, 16; Reichert/Ott ZIP 2009, 2173, 2176.

[26]

Wagner CCZ 2009, 2, 16.

[27]

Von Hehn/Hartung DB 2006, 1909, 1913.

[28]

Wagner CCZ 2009, 8, 17.

[29]

Wagner CCZ 2009, 8, 17.

[30]

Wagner CCZ 2009, 8, 17.

[31]

MK-GmbHG/Fleischer § 43 Rn. 150.

[32]

Wagner CCZ 2009, 8, 17.

[33]

Moosmayer/Hartwig/Gropp-Stadler/Wolfgramm S. 34.

[34]

Vgl. Müller/Rödder/Göckeler § 26 Rn. 230.

[35]

Vgl. Ausführungen des Emittentenleitfaden der BaFin IV.2.2.4.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 2. Kapitel Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen und Beratung der Unternehmensführung › IV. Amnestieprogramme und unternehmensinterne Untersuchungen

IV. Amnestieprogramme und unternehmensinterne Untersuchungen

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Unternehmen setzen im Rahmen von unternehmensinternen Untersuchungen verstärkt auf sog. Amnestieprogramme. Bei Amnestieprogrammen werden den Mitarbeitern eines Unternehmens im Gegenzug für ihre Mithilfe bei der Aufklärung von internen Sachverhalten Zusagen gemacht.[1] Inhalt und Adressatenkreis einer Amnestieregelung können jeweils individuell festgelegt werden, wobei der Schwerpunkt einer unternehmensinternen Amnestiereglung meist auf den zivilrechtlichen Folgen liegt.

1. Grund für die Einführung von Amnestieprogrammen

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Da die meisten Rechtsverstöße nicht schriftlich in Akten vermerkt werden, ist das Unternehmen zur Sachverhaltsaufklärung auf die Aussagen seiner Mitarbeiter angewiesen. Für die Mitarbeiter besteht zwar die arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Aussage, allerdings können die Mitarbeiter sich durch selbstbelastende Aussagen in die Gefahr von arbeitsrechtlichen, zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen bringen. Daher wird ihre Motivation zur Aussage häufig nicht besonders hoch sein. Bemerkt die Unternehmensleitung ein solches Verhalten bei ihren Arbeitnehmern, bietet sich häufig die Einführung eines Amnestieprogrammes an, um die Mitarbeiter zur aktiven Teilnahme an der Sachverhaltsaufklärung zu motivieren. Amnestieregelungen haben sich hierbei als ein adäquates Mittel bewiesen, um die „Mauer des Schweigens“[2] zu durchbrechen. Von den Mitarbeitern wird dann im Gegenzug erwartet, dass sie freiwillig und ungefragt alle relevanten Kenntnisse preisgeben und aktiv an der Aufklärung mitwirken.[3]

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Insbesondere in Kartellverfahren kann die frühe Kenntnis von Rechtsverstößen innerhalb des eigenen Unternehmens von immenser Bedeutung zu sein, um in den Genuss von Kronzeugen- oder Bonusregelungen zu kommen und eventuell sogar als Unternehmen insgesamt Amnestie zu erlangen.[4] Ähnlich verhält es sich im Vergaberecht, bei welchem Amnestieprogramme einen gewichtigen Beitrag zur Wiederherstellung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit des Unternehmens mittels „Selbstreinigung“ darstellen können.[5]

2. Umfang und Inhalt der Amnestieregelungen

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Amnestieprogramme können als einseitige Gesamtzusage oder als Betriebsvereinbarung abgefasst werden.[6] Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung kann grundsätzlich in Form der Spezial- oder Generalamnestie geschehen. Bei einer Generalamnestie werden allen Mitarbeitern Zusagen gemacht und vergangenes Verhalten unabhängig vom Eintreten weiterer Voraussetzungen pauschal gebilligt. Hingegen knüpft eine Spezialamnestie den Eintritt der Zusagen an weitere Faktoren, wie z.B. die umfassende Kooperation. Generalamnestieprogramme sind selten sinnvoll und unter Beachtung des Handelns zum Wohle der Gesellschaft (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 1 GmbHG) als kritisch zu bewerten, da das Unternehmen hierdurch ohne Gegenleistung vollständig auf etwaige Regressansprüche und Sanktionen verzichtet.[7] Besser wird es meist sein, individuelle Regelungen in Bezug auf inhaltlichen, personellen und zeitlichen Umfang aufzustellen. So sollte in einem individuellen Vertrag mit jedem Mitarbeiter vereinbart werden, auf welche Ansprüche verzichtet wird, welche Kosten unter welchen Umständen übernommen werden und für welchen Zeitraum die Vereinbarung gilt. Nur so wird das Verhältnis von Sachverhaltsaufklärung und Verzicht auf Sanktionierung gegenüber Arbeitnehmern, die sich falsch verhalten haben, gewahrt.

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Eine von einem Unternehmen gewährte Amnestie gegenüber einem oder mehreren seiner Mitarbeiter beinhaltet regelmäßig die Zusage, auf arbeitsrechtliche oder zivilrechtliche Sanktionen zu verzichten. Häufig werden auch Verpflichtungen zur Übernahme von Verteidigerkosten, der vertraulichen Behandlung der gemachten Aussagen sowie dem Absehen von Strafanzeigen eingegangen. Mit seinen Aussagen zu eigenem Fehlverhalten wird sich der Arbeitnehmer häufig in die Gefahr arbeitsrechtlicher Sanktionen begeben. Die Bereitschaft zu einer wahrheitsgemäßen Aussage steigt deshalb, wenn ihm die Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen[8] und Schadensersatzansprüchen[9] genommen wird. Aus diesem Grund ist der Verzicht auf arbeitsrechtliche Maßnahmen, wie Abmahnung und Kündigung regelmäßiger Bestandteil von Amnestieregelungen.

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Vor strafrechtlichen Konsequenzen können die Arbeitnehmer im Rahmen eines Amnestieprogrammes grundsätzlich nicht bewahrt werden, da die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen von Amts wegen (§§ 152 Abs. 2, 160 StPO) grds. nicht zur Disposition des Unternehmens steht und damit nur bedingt Gegenstand einer Amnestieerklärung sein kann. Immer wieder verpflichten sich Arbeitgeber jedoch, keine Strafanzeige oder Strafantrag gem. § 158 StPO zu stellen.[10] Die Übernahme von Rechtsanwaltskosten ist eine denkbare, zulässige und übliche Regelung von Amnestieprogrammen, sollte aber auf die zur Rechtsverteidigung notwendigen Kosten begrenzt werden.[11] Auch ist die Übernahme von Geldstrafen, Geldbußen und Geldauflagen nicht als sittenwidrig zu qualifizieren, solange sie dem Ziel der unternehmensinternen Aufklärung bereits begangener Compliance-Verstöße dient.[12] Anders verhält es sich bei der im Vorfeld einer Tat zugesicherten Übernahme etwaiger Sanktionen, dies verstößt gegen § 138 Abs. 1 BGB und ist daher nichtig.