Kitabı oku: «Internal Investigations», sayfa 18
3. Gesellschaftsrechtliche Grenzen von Amnestieprogrammen
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Der Verzicht auf Schadensersatzansprüche sowie die Übernahme von Rechtsanwaltskosten der Mitarbeiter stellt grundsätzlich einen Schaden für die Gesellschaft dar, den die Unternehmensleitung durch die Gewährung der Amnestie zu verantworten hat.[13] Daher muss die Unternehmensleitung stets gründlich prüfen und abwägen, ob und in welcher Weise ein Amnestieprogramm eingeführt werden soll, damit eine solche Amnestie nicht als Pflichtverletzung i.S.d. § 93 Abs. 2 AktG bzw. § 43 Abs. 2 GmbHG und als Untreue nach § 266 StGB zu werten ist.
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Wie dargestellt, ist hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung von Untersuchungen (das „Wie“) die Business Judgement Rule gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG anwendbar. Da die Einführung von Amnestieprogrammen zur Durchführung der Untersuchung zählt, begeht die Unternehmensleitung keine Pflichtverletzung, wenn sie bei der Vornahme ihrer unternehmerischen Entscheidung für ein Amnestieprogramm vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.[14]
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Die Unternehmensleitung muss daher abwägen, ob das Aufklärungsinteresse einer unternehmensinternen Untersuchung gegenüber dem Gesellschaftsinteresse der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche, sowie Aufwendung der Rechtsanwaltskosten überwiegt. Hierbei muss jeweils der konkrete Einzelfall betrachtet werden und durch die Amnestie eine höhere Aufklärung als ohne eine Amnestie zu erwarten sein. Gerade bei der Entscheidung über die Anwendung von Amnestieprogrammen ist dabei eine ex ante Betrachtung mit geringer Sachverhaltskenntnis ausreichend, da das Amnestieprogramm die Kenntnis des Sachverhalts ermöglichen soll. Insbesondere kann Zeitdruck ein wichtiger Aspekt für die Entscheidung zugunsten einer Amnestie sein. Die bereits vorhandenen Kenntnisse und Aussagen müssen aber dahingehend ausgewertet werden, ob die Durchführung eines Amnestieprogrammes überhaupt notwendig ist. Nicht erforderlich ist es aber, zunächst eine (erfolglose) Mitarbeiterbefragung ohne Amnestieregelung durchzuführen, da eine schnelle Aufklärung stets im Interesse des Unternehmens ist.[15]
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Sollen auch Mitgliedern der Unternehmensleitung, die Compliance-Verstöße begangen haben, Amnestie gewährt werden, sind gesellschaftsrechtliche Besonderheiten zu beachten. Da die Unternehmensleitung letztlich die Verantwortung für Compliance-Verstöße innerhalb des Unternehmens trägt, bedürfen Amnestien für die Mitglieder der Geschäftsleitung grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung.[16] Zudem muss beachtet werden, dass ein Verzicht auf Schadensersatzansprüche gegenüber der Unternehmensleitung nicht ohne weiteres möglich ist.
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In der GmbH ist der Verzicht auf Schadensersatzansprüche gegenüber der Unternehmensleitung grds. möglich. Dieser obliegt allerdings der Gesellschafterversammlung gem. § 46 Nr. 8 GmbHG, sofern nicht die Satzung etwas anderes regelt.[17] In der AG hingegen können die Organe nicht ohne weiteres auf Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vorstand verzichten. Gem. § 93 Abs. 4 AktG kann die Hauptversammlung zwar auch nachträglich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand verzichten, allerdings erst nach Ablauf von drei Jahren, sofern nicht eine Minderheit von Aktionären, deren Anteil zusammen 10 % des Grundkapitals ergeben, dagegen stimmt (§ 93 Abs. 3 Nr. 4 AktG). Zu beachten ist auch, dass der Vorstand die Gesellschaft gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern beim Abschluss von Amnestieregelungen nicht vertreten darf, da gem. § 112 AktG allein der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand vertritt.
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Einer gesonderten Überprüfung bedarf auch der Verzicht der Gesellschaft auf Schadensersatzansprüche gegenüber den Vorstandsmitgliedern im Rahmen von Amnestieprogrammen. Auch wenn größere Schäden in der Praxis wohl nur selten vollständig durch Schadensersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder abgedeckt werden, wird in der Praxis zunehmend häufiger gegen ehemalige Vorstände vorgegangen. Prominente Beispiele hierfür sind Schadensersatzklagen des Solarherstellers Conergy gegen vier ehemalige Vorstände in Höhe von 280 Mio. EUR. MAN hat von seinen ehemaligen Vorständen 237 Mio. EUR gefordert, die Bayern LB 200 Mio und der Insolvenzverwalter von Arcandor 175 Mio. EUR.[18] Auch Siemens hat bereits eine Reihe von ehemaligen Vorständen auf Schadensersatz verklagt. Auslöser dieser Entwicklung ist die ARAG-Garmenbeck-Entscheidung des BGH, in welcher der BGH klarstellte, dass der Aufsichtsrat einer AG grundsätzlich durchsetzbare Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand der AG geltend zu machen hat.[19] Obwohl die Werthaltigkeit der Ansprüche oftmals fraglich sein wird, darf der Aufsichtsrat von der Geltendmachung nur ausnahmsweise absehen, wenn gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls für eine Amnestie sprechen und die Pflicht zur Rechtsverfolgung überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind.[20] Gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls können möglicherweise dann angenommen werden, wenn die Unternehmensleitung zur internen Aufklärung oder wegen besonderer Expertise zur Fortführung des Geschäftsbetriebes zwingend benötigt wird. Eine Einzelfallabwägung ist hier aber in jedem Fall notwendig.
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Bei der AG ist zudem die Übernahme von Geldstrafen, Geldbußen oder Geldauflagen, die einem Vorstandsmitglied im Rahmen eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens auferlegt wurden, nur mit Einschränkungen möglich. Nach aktueller Rechtsprechung des BGH bedarf die Übernahme einer Geldstrafe, Geldbuße oder Geldauflage gegen den Vorstand durch die AG der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 93 Abs. 4 S. 3 AktG immer dann, wenn die Handlung, die Gegenstand des Ermittlungs- oder Strafverfahrens war, gleichzeitig eine Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds gegenüber der Gesellschaft darstellt.[21]
Anmerkungen
[1]
Vgl. Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14.
[2]
Göpfert/Merten/Siegrist NJW 2008, 1703, 1704.
[3]
Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14, 15.
[4]
Vgl. Lutz BB 200, 677, 682; Göpfert/Merten/Siegrist NJW 2008, 1703, 1704; Reichert/Ott NZG 2014, 241, 247.
[5]
Vgl. hierzu Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14, 18; Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 723.
[6]
Zur arbeitsrechtlichen Problematik bei Amnestieprogrammen vgl. Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14, 20; Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 721, 724 f.; Göpfert/Merten/Sigrist NJW 2008, 1703 ff.; Lützeler/Müller-Sartori CCZ 2011, 19 ff.; Wastl/Pusch RdA 2009, 376 ff.
[7]
So auch Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14; Göpfert/Merten/Siegrist NJW 2008, 1703, 1704.
[8]
Siehe auch Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14 f.; Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 722; siehe auch Annuß S. 170 ff.
[9]
Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 722; Wastl/Putsch RdA 376, 377 ff.; rechtlich lässt sich dies in Form einer dauerhaften Stillhaltevereinbarung oder einem Verzicht auf Schadensersatzforderungen gestalten, siehe zur Abgrenzung der beiden Rechtsgebilde Staudinger/Rieble BGB, 13./14. Bearbeitung 1990 ff., § 397 Rn. 26, 31.
[10]
KK-StPO/Griesbaum § 158 Rn. 25; vgl. auch Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 727; RGSt 77, 157, 159; LG Kiel NJW 1964, 263; BGH NJW 1991, 1046; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben § 77 Rn. 31; MK-StGB/Mitsch § 77d Rn. 7.
[11]
Vgl. hierzu BGH NJW 1991, 990; Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14, 16; Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 721, 722 f.; Göpfert/Merten/Sigrist NJW 2008, 1703, 1704; Kapp NJW 1992, 2796 ff.; Scholl NStZ 1999, 599 ff.
[12]
Vgl. hierzu BAG NJW 2001, 1962, 1963.
[13]
Siehe hierzu Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 721, 723.
[14]
Vgl. Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 721, 724.
[15]
Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 721, 724.
[16]
Vgl. auch Moosmayer S. 101.
[17]
Siehe dazu auch MK-GmbHG/Liebscher § 48 Rn. 1.
[18]
Vgl. hierzu www.handelsblatt.com/unternehmen/management/strategie/fehlentscheidungen-manager-fuerchten-klagen-wegen-missmanagement/4674900.html, zuletzt besucht am 10.5.2012.
[19]
BGH NJW 1997, 1926.
[20]
BGH NJW 1997, 1926, 1927.; siehe auch KöKo–AktG/Mertens § 111 Rn. 37; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 112 Rn. 12; Münch. Hdb. AG/Wiesner § 26 Rn. 24.
[21]
BGH NZG 2014, 1058.
1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 2. Kapitel Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen und Beratung der Unternehmensführung › V. Verwendung der gewonnenen Ergebnisse
V. Verwendung der gewonnenen Ergebnisse
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Nach Abschluss der unternehmensinternen Untersuchungen stellt sich regelmäßig die Frage, wie die gewonnenen Ergebnisse durch das Unternehmen verwendet werden können und dürfen. Die Frage nach der zulässigen Verwendung stellt sich zum einen unternehmensintern, zum anderen gegenüber den staatlichen Behörden sowie gegenüber den Geschäftspartnern des Unternehmens.
1. Unternehmensinterne Verwendung
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Zunächst muss im Nachgang einer unternehmensinternen Untersuchung sichergestellt werden, dass das Unternehmen aufgrund der erlangten Erkenntnisse intern die angemessenen Konsequenzen zieht. Hat ein Unternehmen durch eine unternehmensinterne Untersuchung zuverlässige Informationen über das Vorliegen von Gesetzes- und/oder Richtlinienverstößen durch Unternehmensangehörige erhalten, so sollten hieraus drei Konsequenzen gezogen werden: Zum einen sollte das Unternehmen die bekannt gewordenen Verstöße – sofern sie nicht in der Vergangenheit liegen und keinerlei Auswirkungen mehr haben – abstellen. Das Unternehmen sollte zudem die notwendigen Konsequenzen gegenüber den betroffenen Mitarbeitern ziehen. Konsequenz des Fehlverhaltens kann eine Abmahnung oder sogar Entlassung, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen oder eine andere Maßnahme (wie z.B. Versetzung) sein. Lassen die aufgedeckten Verstöße auf einen Fehler in der Unternehmensorganisation oder im bestehenden Compliance-System schließen, so sollte die Unternehmensorganisation überarbeitet und das Compliance-System angepasst werden, damit zukünftige Verstöße vermieden werden.
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Diese drei Maßnahmen sind Teil der allgemeinen Compliance-Verpflichtung. Geht man nicht von einer rein präventiven Funktion der Compliance aus, sondern definiert Compliance weiter auch als Sicherstellung des gesetzestreuen Verhaltens eines Unternehmens,[1] so gehört auch die Reaktion auf Verstöße und die Anpassung des aktuellen Systems zur Compliance, wie auch das Siemens/Neubürger-Urteil zeigt.[2]
2. Einschaltung staatlicher Behörden
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Bei der Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden sind zwei Konstellationen zu unterscheiden. Es ist von großer Bedeutung für die Handhabung der Informationsweitergabe durch das Unternehmen, ob staatliche Behörden, seien es die Kartellbehörden oder die Staatsanwaltschaft, bereits Kenntnis von Verstößen erlangt und daraufhin Ermittlungen gegen das Unternehmen bzw. dessen Angehörige eingeleitet haben oder ob das Unternehmen proaktiv die Behörden erst über festgestellte Verstöße in Kenntnis setzt.
a) Keine Verpflichtung zur Meldung
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Zu den in Betracht kommenden Aufklärungsmaßnahmen zählt auch die Option, den Verdachtsfall gegenüber den staatlichen Ermittlungsbehörden anzuzeigen. Seiner Aufklärungspflicht kann sich der Vorstand auf diesem Wege allerdings nicht entledigen, da staatliche Behörden nicht im Auftrag des Unternehmens tätig werden. Vielmehr bedarf es in aller Regel auch weiterhin einer eigenen internen Untersuchung, um ein angemessenes Informationsniveau zu schaffen und risikoadäquate Handlungs- und Kooperationsstrategien entwickeln zu können.[3]
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Ob eine Anzeige als Aufklärungsoption in Frage kommt, entscheidet sich wiederum nach den vom Unternehmensinteresse getragenen Erfolgsaussichten. Zu berücksichtigen ist dabei einerseits, dass staatliche Behörden über ein umfangreiches Instrumentarium an Eingriffs- und Zwangsmöglichkeiten verfügen, die im Unternehmen gerade nicht zur Verfügung stehen. Andererseits ist zu bedenken, dass bei staatlicher Ermittlungstätigkeit eine planvolle Lenkung der Untersuchung im Unternehmensinteresse kaum mehr möglich ist.[4] Bei Wettbewerbsverstößen ist außerdem die kartellrechtliche Kronzeugenregelung in Betracht zu ziehen, die einen vollumfänglichen Erlass des drohenden Bußgeldes ermöglicht.[5]
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Im Falle einer gesetzlichen Anzeigepflicht reduziert sich das Ermessen des Vorstands auf Null, sodass der Verdacht eines betrieblichen Rechtsverstoßes im erforderlichen Umfang aufzuklären und bei Bestätigung anzuzeigen ist.[6] Eine Anzeigepflicht existiert etwa gem. § 138 StGB bei schweren Verbrechen (z.B. Mord, Totschlag, Raub), sofern der Erfolg noch abgewendet werden kann, im Falle eines auf Tatsachen gestützten Verdachts der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung (§ 11 GWG) sowie eines Insidergeschäftes oder einer Marktmanipulation (§ 10 WpHG) und gem. § 153 AO auch für die Erkenntnis, dass die betriebliche Steuererklärung unrichtig oder unvollständig ist.
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Im Einzelfall kann sich unabhängig von den genannten gesetzlichen Anzeigepflichten die Möglichkeit zur Anzeige auch zu einer Anzeigepflicht verdichten. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass sich das grundsätzlich bestehende Auswahlermessen im Hinblick auf das "Wie" der Aufklärung dann zu einer Pflicht verdichten könne, eine bestimmte Aufklärungsmethode zu wählen, wenn andere Formen der Aufklärung nicht den gebotenen Erfolg versprächen.[7] In der Rechtsprechung ist diese Frage bislang nicht abschließend geklärt. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf[8] hat der Aufsichtsrat insbesondere in einer Krisensituation alle ihm nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen. Insbesondere in Fällen, in denen die dem Unternehmen selbst zur Verfügung stehenden Aufklärungsmethoden nicht zu einer hinreichenden Klärung ausgereicht haben und gleichzeitig dem Unternehmen deswegen ein erheblicher Schaden droht, dürfte daher eine Pflicht der Unternehmensleitung bestehen, den Sachverhalt über den Weg der Strafanzeige weiter aufzuklären.
b) Laufendes Ermittlungsverfahren
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Läuft hingegen bereits ein behördliches Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen oder seine Angehörigen, so wird den Unternehmen häufig anzuraten sein, mit den Behörden zu kooperieren. Die Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden kann das Strafmaß im Falle einer Verurteilung oder drohende Unternehmensgeldbußen erheblich reduzieren. Das Kartellrecht sieht hierfür beispielsweise „Kronzeugenregelungen“ bzw. „Bonusregelungen“ vor, wodurch die Geldbuße der kooperierenden Unternehmen verringert werden kann.[9] Für die Unternehmensleitung ist auch zu berücksichtigen, dass die Behörden aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel in aller Regel die begangenen Verstöße aufdecken werden, wenn ein Ermittlungsverfahren erst einmal begonnen hat. So lassen sich bei Korruptionshandlungen die Zahlungsflüsse häufig unproblematisch den vorhandenen Buchhaltungsunterlagen entnehmen. Zudem bestehen regelmäßig keine Beschlagnahmeverbote zugunsten des Unternehmens, sodass die aufgefundenen Unterlagen von der Staatsanwaltschaft verwertet werden können. Schließlich steht den Gesellschaftsorganen auch kein Aussageverweigerungsrecht zu, es sei denn, sie belasten sich durch eine Aussage selbst.
c) Freiwillige Meldung von Verstößen durch Unternehmensleitung
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Haben die Behörden hingegen noch keine Kenntnis von den Verstößen, so stellt sich der Unternehmensleitung die Frage, ob eine Meldung an die Behörden dennoch angezeigt ist. Eine Pflicht hierzu besteht jedenfalls grds. nicht (Rn. 191). Die grds. Berechtigung der Unternehmensleitung zur Meldung an die Behörden richtet sich nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen, also insbesondere der Leitungssorgfaltspflicht aus §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 1 GmbHG. Die Unternehmensleitung ist stets dem Gesellschaftswohl, also insbesondere dem Bestand und der Rentabilität des Unternehmens,[10] verpflichtet. Die Beurteilung, ob eine Kooperation mit den Behörden oder das Zurückhalten jeglicher Informationen besser für die Wahrung des Unternehmenswohls geeignet ist, steht im Ermessen der Leitungsorgane. Hier gilt die Business Judgement Rule nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG bzw. einer dementsprechenden Auslegung des § 43 Abs. 1 GmbHG. Bei der Abwägung der Risiken und Vorteile einer Information der staatlichen Behörden für das Unternehmen sollte die Unternehmensleitung insbesondere die Art des Verstoßes und das Risiko der anderweitigen Kenntniserlangung durch die Behörden in den Blick nehmen. Korruptionsvergehen können beispielsweise bei einer Steuerprüfung ans Licht kommen, da bei Vorliegen objektiver Anhaltspunkte für eine Straftat das Finanzamt zu einer Meldung an die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist. Für eine Meldung an die Behörden kann in einem solchen Fall sprechen, dass dem Unternehmen bei einer Kooperation eine „Bonusregelung“ und ggf. eine Milderung der Unternehmensgeldbuße zugute kommen kann. Häufig wird ein Unternehmen versuchen, einen „Deal“ mit den Behörden abzuschließen.[11] Besteht jedoch nur eine sehr geringe Gefahr, dass die Behörden überhaupt von den Verstößen erfahren könnten, so wird es in aller Regel zweckmäßig sein, von einer Mitteilung an die Behörden abzusehen. Ob eine Meldung an die Behörden im Interesse des Unternehmens ist, wird jedoch regelmäßig von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängen.
3. Weitergabe an Geschäftspartner
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Auch gegenüber ihren Geschäftspartnern und Kunden besteht für das Unternehmen in der Regel keine Pflicht zur Weitergabe von Erkenntnissen über Gesetzesverstöße. Etwas anderes kann aber gelten, wenn das Unternehmen vertraglich über sog. Compliance-Klauseln zu einer Mitteilung aller Verstöße verpflichtet ist. Bei einem Verstoß gegen solche Meldepflichten kann sich das Unternehmen schadensersatzpflichtig machen und sogar die Kündigung bestehender Verträge riskieren. Zudem kann das Unternehmen mit Geschäftspartnern sog. Audit-Klauseln vereinbart haben, durch die die Geschäftspartner z.B. zur jederzeitigen Einsicht in die Unterlagen der Gesellschaft berechtigt werden. In diesem Fall besteht dann ein hohes Risiko, dass das Fehlverhalten durch die Geschäftspartner selbst aufgedeckt wird.
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Zu beachten ist, dass nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG der Vorstand über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren hat. Eine Offenbarung dieser Geheimnisse kann zu Schadensersatzansprüchen seitens der Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 AktG und nach § 404 AktG zu Freiheits- oder Geldstrafen führen. Unter den Geheimnisbegriff fallen hierbei „alle Tatsachen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb der AG stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen der AG geheim gehalten werden sollen“.[12] Hierunter können auch Informationen über Gesetzes- oder Richtlinienverstöße fallen, die in einer unternehmensinternen Untersuchung aufgedeckt werden. Für eine Strafbarkeit nach § 404 AktG kommt es darauf an, dass die Weitergabe der Geheimnisse im objektiven Interesse der AG nachteilig sein kann.[13] Offenbart werden kann das Geheimnis natürlich nur gegenüber Personen, die noch keine Kenntnisse von den bekanntgewordenen Tatsachen hatten.[14] Die Geheimhaltungspflicht besteht aber nur dann, wenn die Offenbarung die Gesellschaft schädigt. Die Schweigepflicht dient grundsätzlich nur dem Schutz der Gesellschaft. Somit tritt die Schweigepflicht zurück, wenn das Interesse der Gesellschaft eine Offenbarung gebietet.[15] Dient die Offenbarung also dazu, das Unternehmen selbst zu entlasten und Schaden von der Gesellschaft – wie z.B. Schadensersatzforderungen durch Kunden – abzuwenden, so ist eine Preisgabe von Informationen von Gesellschaftsseite her zulässig. Eine Weitergabe von gewonnenen Erkenntnissen an geschädigte Dritte kann zudem auch die Compliance des Unternehmens verbessern und die Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden verbessern und dadurch dem Unternehmen selbst dienen. Es ist in solchen Fällen also eine Art Güterabwägung anzustellen.
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Ob das Unternehmen Informationen und Unterlagen tatsächlich an die Geschäftspartner herausgibt, ist immer eine im Einzelfall zu treffende Abwägungsentscheidung.[16] Hierbei ist zum einen zu bedenken, dass den Kunden durch eine Weitergabe von Informationen die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen die Gesellschaft erleichtert werden kann. Andererseits kann ein unkooperatives Verhalten seitens des Unternehmens die Geschäftsbeziehungen zu einem Kunden aber auch erheblich gefährden. Schließlich können aus dem Verschweigen von Informationen gegenüber Geschäftspartnern unter Umständen neue Schadensersatzansprüche erwachsen.
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Da die im Rahmen von unternehmensinternen Untersuchungen gewonnenen Informationen originär Firmeneigentum sind, stehen sie zur Disposition des Unternehmens. Das Unternehmen kann mit diesen Unterlagen nach eigenem Ermessen verfahren und somit auch seinen Geschäftspartnern zur Verfügung stellen. Ist eine solche Weitergabe aus Unternehmenssicht geboten, so ist insbesondere auf die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen zu achten. Sofern nicht personenbezogene Daten von Interesse sind, kann eine Anonymisierung von Unterlagen sinnvoll und notwendig sein. Wegen der besonderen datenschutzrechtlichen Anforderungen wird auf das Kapitel zum Datenschutz (12. Kap.) verwiesen.