Kitabı oku: «Internal Investigations», sayfa 38

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1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 5. Kapitel Die Rechtsstellung der internen Ermittler › VI. Strafbarkeit des internen Ermittlers

VI. Strafbarkeit des internen Ermittlers

1. Strafbarkeit gemäß § 203 StGB

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Ein interner Ermittler, der zugleich Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft ist, ist gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB zur Verschwiegenheit über fremde Geheimnisse verpflichtet, die ihm als Berufsträger anvertraut oder sonst bekannt geworden sind. Gleiches gilt erneut für seine Hilfspersonen, § 203 Abs. 3 S. 2 StGB, denen gegenüber er die Geheimnisse zur Aufgabenerfüllung offenbaren darf. Die sonstigen in § 203 Abs. 1 und 2 StGB genannten Berufsgruppen dürften wohl regelmäßig nicht mit der Durchführung interner Untersuchungen betraut werden. An die bereits oben unter Rn. 3 angesprochenen Unterschiede zwischen § 203 StGB und § 53 StPO sei erinnert. So steht z.B. den Organen oder Mitgliedern eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 StPO zu, auch wenn sie nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Eine dem Zeugniszwang entsprechende Aussage im Strafverfahren wäre daher gerechtfertigt. Ein fremdes Geheimnis umfasst im Gegensatz zu § 53 StPO nur äußere und innere Tatsachen, die sich auf eine andere, auch juristische, Person oder ein Unternehmen und deren vergangene oder gegenwärtige Lebens- oder Geschäftsverhältnisse beziehen.[1] Reine Werturteile werden nicht erfasst.[2] Des Weiteren müssen die Tatsachen geheim sein, um dem Geheimnisbegriff zu unterfallen. Das sind sie, wenn sie höchstens einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und nicht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens oder Ermittlungsverfahrens öffentlich gemacht worden sind.[3] Zudem muss die betroffene Person ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung haben.[4]

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Ähnlich wie auch im Rahmen der §§ 53, 53a StPO muss das Geheimnis dem Berufsträger schließlich in dieser Eigenschaft und Funktion zur Kenntnis gelangen. Zu den Begriffen des Anvertraut-Seins und des Sonst-Bekannt-Werdens gelten die oben gemachten Ausführungen entsprechend.[5] Tathandlung ist das Offenbaren eines Geheimnisses, d.h. die Mitteilung an einen Dritten. Eine Einwilligung der geschützten Person entfaltet zumindest rechtfertigende Wirkung. Gesetzliche Offenbarungspflichten und -befugnisse sowie § 34 StGB entfalten ebenfalls rechtfertigende Wirkung.[6] Der Geheimnisverrat wird in Abs. 5 qualifiziert, wenn der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.

2. Strafbarkeit gemäß § 356 StGB

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Auch an eine Strafbarkeit wegen Parteiverrats gem. § 356 StGB ist zu denken. Das LG Hamburg hat darauf hingewiesen, dass der mit einer internen Untersuchung beauftragte Rechtsanwalt nicht zugleich die zu überprüfenden Angestellten beraten oder vertreten darf und zu diesen daher auch keine mandatsähnliche Vertrauensbeziehung besteht.[7] Als Täter des Parteiverrats kommen neben Rechtsanwälten insbesondere Patentanwälte, Syndikusrechtsanwälte und Justiziare in Betracht, soweit sie in anwaltlicher Unabhängigkeit handeln.[8] Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer können als „andere Rechtsbeistände“ unter die Norm fallen, wenn sie in Steuerstrafsachen vor der Finanzbehörde die Verteidigung führen.[9]

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Inhaltlich setzt ein Parteiverrat voraus, dass dem Berufsträger eine Rechtssache anvertraut worden ist und er in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient. Ob dieselbe Rechtssache betroffen ist, richtet sich stets nach dem zugrundeliegenden historischen Vorgang.[10] Eine teilweise Überschneidung soll ausreichen.[11] Besondere Auslegungsprobleme bereitet das Merkmal „anvertraut“, wenn ein Rechtsanwalt innerhalb einer Sozietät mandatiert wird. § 3 Abs. 2 S. 1 BORA bestimmt für diesen Fall, dass das Verbot für alle mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwälte gilt, gleich welcher Rechts- oder Organisationsform. Eine Ausnahme wird in S. 2 gemacht, wenn sich im Einzelfall die betroffenen Mandanten in den widerstreitenden Mandaten nach umfassender Information mit der Vertretung ausdrücklich einverstanden erklärt haben und Belange der Rechtspflege nicht entgegenstehen. Diese Regelung gilt aber nicht unmittelbar für § 356 StGB, sondern kann allenfalls als Auslegungshilfe herangezogen werden.[12] Der Begriff des Anvertraut-Seins und das Verbot der Beschäftigung anderer Sozietätsmitglieder mit demselben Gegenstand entsprechen sich nicht. Im Unterschied zu § 3 Abs. 2 BORA soll daher insbesondere die ausdrückliche oder schlüssige Mandatsbeschränkung auf einen Anwalt der Sozietät die Anwendbarkeit des § 356 StGB ausschließen.[13] Für den Bereich der Strafverteidigung ist inzwischen anerkannt, dass mehrere Anwälte einer Sozietät verschiedene Mandanten in einem Verfahren verteidigen dürfen.[14] Gleiches gilt auch für Anwälte in Bürogemeinschaft und sonstige Kooperationen.[15] Eine Mehrfachverteidigung durch denselben Verteidiger ist in § 146 StPO ausdrücklich verboten.

3. Sonstiges

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Als weitere Strafbarkeitsrisiken interner Ermittler werden regelmäßig die §§ 132 und 240 StGB ins Feld geführt. Interne Ermittler müssen daher sorgfältig darauf achten, – insbesondere in Interviewsituationen – nicht den Eindruck zu erwecken, dass sie amtliche Aufgaben oder Befugnisse wahrnehmen, und für den Fall der Nichtauskunft keinen unzulässigen Druck auszuüben, wie er beispielsweise mit der nicht gerechtfertigten Androhung einer fristlosen Kündigung erzeugt werden kann.[16] Zugleich sind stets die Vorschriften des 15. Abschnitts des StGB zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimnisbereiches nach §§ 201 ff. StGB und bei der Auswertung von Daten zusätzlich die §§ 43, 44 BDSG zu beachten.[17] So kann z.B. das Abhören von Telefongesprächen nach § 201 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar sein, das Ausspähen von E-Mails nach § 202a StGB oder § 206 StGB.[18] Vielfach hängen die rechtlich zulässigen Überwachungsmöglichkeiten davon ab, ob es sich um Dienst- oder Privatpost handelt, ob die Nutzung der dienstlichen E-Mail-Adresse auch zu privaten Zwecken gestattet ist usw.[19] Dass Beleidigungen und Bedrohungen zu unterlassen sind, versteht sich von selbst.[20]

Anmerkungen

[1]

Fischer § 203 Rn. 2 ff.

[2]

Fischer § 203 Rn. 4.

[3]

Fischer § 203 Rn. 5.

[4]

Fischer § 203 Rn. 6.

[5]

Vgl. oben Rn. 12 ff.

[6]

Vgl. die umfangreiche Übersicht bei Fischer § 203 Rn. 37 ff. und 45 ff.

[7]

LG Hamburg StV 2011, 148, 149.

[8]

Fischer § 356 Rn. 2a.

[9]

Fischer § 356 Rn. 2b.

[10]

Grunewald AnwBl 2005, 437, 437 f.

[11]

Grunewald AnwBl 2005, 437, 438.

[12]

Vgl. Fischer § 356 Rn. 3c; Grunewald AnwBl 2005, 437, 441.

[13]

Fischer § 356 Rn. 3c.

[14]

Vgl. nur die überzeugende Begründung in BVerfGE 43, 79, 90 ff.

[15]

Fischer § 356 Rn. 3b f.

[16]

So Klengel/Mückenberger CCZ 2009, 81, 82.; Schuster ZIS 2010, 68,69, beide m.w.N.

[17]

Umfassend Klengel/Mückenberger CCZ 2009, 81, 83 ff., m.w.N.

[18]

Vertiefend zum Beispiel der E-Mail- und EDV-Kontrollen und mit umfassender rechtlicher Würdigung Schuster ZIS 2010, 68, 69 ff.; Rübenstahl/Debus NZWiSt 2012, 129 ff.

[19]

Umfassend Klengel/Mückenberger CCZ 2009, 81, 83 ff.; Lackmuth/de Lamboy/Zawilla/Minoggio S. 913; Rübenstahl/Debus NZWiSt 2012, 129 ff., alle m.w.N.

[20]

Dennoch werden sie z.B. von Rübenstahl WiJ 2012, 17, 29, explizit als Strafbarkeitsrisiken interner Ermittler genannt.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 5. Kapitel Die Rechtsstellung der internen Ermittler › VII. Berufsrechtliche Verstöße des internen Ermittlers

VII. Berufsrechtliche Verstöße des internen Ermittlers

1. Verstöße gegen § 43a BRAO

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§ 43a BRAO erfasst die so genannten Grundpflichten des Rechtsanwalts. Zu ihnen zählen nach Abs. 1 die Pflicht zur beruflichen Unabhängigkeit, nach Abs. 2 die Verschwiegenheitspflicht, nach Abs. 3 die Pflicht zur Sachlichkeit, nach Abs. 4 die Pflicht, keine widerstreitenden Interessen zu vertreten, nach Abs. 5 die Vermögensbetreuungspflicht für anvertraute Gelder und nach Abs. 6 die Fortbildungspflicht. Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen deckt sich dabei weitestgehend mit dem Anwendungsbereich des § 356 StGB.[1]

2. Verstöße gegen § 45 BRAO

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Nach § 45 BRAO darf der Rechtsanwalt ebenfalls nicht tätig werden, wenn er nach Abs. 1 Nr. 1 in derselben Rechtssache als Richter, Schiedsrichter, Staatsanwalt, Angehöriger des öffentlichen Dienstes, Notar, Notarvertreter oder Notariatsverwalter bereits tätig geworden ist, wenn er nach Abs. 1 Nr. 2 als Notar, Notarvertreter oder Notariatsverwalter eine Urkunde aufgenommen hat und deren Rechtsbestand oder Auslegung streitig ist oder die Vollstreckung aus ihr betrieben wird, wenn er nach Abs. 1 Nr. 3 gegen den Träger des von ihm verwalteten Vermögens vorgehen soll in Angelegenheiten, mit denen er als Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Betreuer oder in ähnlicher Funktion bereits befasst war, und nach Abs. 1 Nr. 4, wenn er in derselben Angelegenheit außerhalb seiner Anwaltstätigkeit oder einer sonstigen Tätigkeit i.S.d. § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO bereits beruflich tätig war, was nicht gilt, wenn die berufliche Tätigkeit beendet ist. Nach Abs. 2 ist dem Rechtsanwalt darüber hinaus untersagt, in Angelegenheiten, mit denen er bereits als Rechtsanwalt gegen den Träger des zu verwaltenden Vermögens befasst war, als Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Betreuer oder in ähnlicher Funktion tätig zu werden oder in Angelegenheiten, mit denen er bereits als Rechtsanwalt befasst war, außerhalb seiner Anwaltstätigkeit oder einer sonstigen Tätigkeit i.S.d. § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO beruflich tätig zu werden. Die Verbote der Abs. 1 und 2 gelten nach Abs. 3 auch für die mit dem Rechtsanwalt in Sozietät oder in sonstiger Weise zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundenen oder verbunden gewesenen Rechtsanwälte und Angehörigen anderer Berufe und auch insoweit einer von diesen im Sinne der Abs. 1 und 2 befasst war.

3. Sonstiges

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Weitere berufsrechtliche Pflichten können im Einzelfall zu beachten sein. So ist beispielsweise einem Syndikusrechtsanwalt gem. § 46c Abs. 2 BRAO untersagt, für seinen Arbeitgeber vor Gericht aufzutreten, wenn Rechtsanwaltszwang besteht, oder seinen Arbeitgeber bzw. dessen Mitarbeiter in einem gegen diese gerichteten Verfahren zu verteidigen.[2] Auch als Verteidiger des Unternehmens, dem eine Unternehmensgeldbuße droht oder das als Einziehungs- oder Verfallsbeteiligter von einem Strafverfahren betroffen ist, darf der Syndikusrechtsanwalt nicht auftreten, da die Verteidigungsrechte sonst durch die Einschränkung des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO unterlaufen würden.[3] Entsprechendes gilt, wenn der Syndikusrechtsanwalt außerhalb seiner Syndikustätigkeit als niedergelassener Rechtsanwalt mit der Verteidigung gegen einen unternehmensbezogenen Tatvorwurf beauftragt werden soll, da sonst eine Umgehung des vorstehend erläuterten Verbotes droht.[4] Eine Vertretung des Unternehmens, das z.B. als Nebenkläger an einem Strafverfahren beteiligt ist, ist nach neuer Rechtslage nun jedoch zulässig.[5] Auch viele weitere nach altem Recht bestehende Vertretungsverbote sind mit der neuen Rechtslage entfallen.[6]

Anmerkungen

[1]

Grunewald AnwBl 2005, 437, 437.

[2]

Vgl. zur alten Rechtslage Henssler/Prütting/Henssler BRAO, 4. Aufl. 2014, 46 Rn. 29 f.; Kleine-Cosack BRAO, 7. Aufl. 2015, § 46 Rn. 21 f.; zur neuen Rechtslage BT-Drucks. 18/5201, 36 ff.

[3]

BT-Drucks. 18/5201, 38.

[4]

BT-Drucks. 18/5201, 38.

[5]

BT-Drucks. 18/5201, 38.

[6]

Vertiefend BT-Drucks. 18/5201, 36 ff.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 6. Kapitel Ermittlungen und Beweissicherung – Unterlagen und EDV

6. Kapitel Ermittlungen und Beweissicherung – Unterlagen und EDV

Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Prüfungsplanung

III. Durchführung der Ermittlungen im Unternehmen

IV. Ausgewählte Aspekte der Dokumentation des Ermittlungsprozesses

Literatur:

Bundesministerium für Finanzen BMF-Schreiben: Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD), 14.11.2014; Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Leitfaden „IT-Forensik“, Version 1.0.1, März 2011; DiNapoli/Hancox (State of New York, Office of the State Comptroller), Red Flags for Fraud, 2010; Geschonneck Computer Forensik: Computerstraftaten erkennen, ermitteln, aufklären, 3. Aufl. 2008; Institut der Wirtschaftsprüfer IDW PS 210: Zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung, Stand: 12.12.2012; dass. IDW PS 240: Grundsätze der Planung von Abschlussprüfungen, Stand: 9.9.2010; dass. IDW PH 9.330.3: Einsatz von Datenanalysen im Rahmen der Abschlussprüfung, Stand: 15.10.2010; dass. IDW PS 980: Grundsätze ordnungsgemäßer Prüfung von Compliance Management Systemen, Stand: 11.3.2011; Knabe/Mika/Müller/Rätsch/Schruff Zur Beurteilung des Fraud-Risikos im Rahmen der Abschlussprüfung, WPg 2004, 1057; OECD Indicator of procurement risk, www.oecd.org/governance/procurement/ toolbox/indicatorsofprocurementrisk.htm, ohne Jahresangabe; Töller/Herde Einsatz von Analysesoftware in der Prüfung – Kann meine Prüfungssoftware richtig addieren? Unerwartete Probleme bei Plausibilitätskontrollen, WPg 2012, 598; Weltbank Most Common Red Flags of Fraud and Corruption in Procurement, ohne Jahresangabe.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 6. Kapitel Ermittlungen und Beweissicherung – Unterlagen und EDV › I. Einleitung

I. Einleitung

1

Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen Korruptionsgeschäfte bei Siemens, Daimler oder MAN sowie die aktuellen technischen Manipulationen bei Volkswagen, gehörten zu den wohl größten deutschen Wirtschaftsskandalen in jüngster Zeit und führten in den betroffenen Unternehmen zu zeitlich intensiven, teilweise jahrelangen Ermittlungen. Diese auch in den Medien viel diskutierten Fälle bilden lediglich die Spitze des Eisbergs der tagtäglichen praktischen Ermittlungsvielfalt, die sich von einfachen oder personenbezogenen Untersuchungsthemen bis hin zu juristisch, betriebswirtschaftlich und technisch komplexen Ermittlungssachverhalten in internationalen Unternehmen erstrecken.

2

Im vorliegenden Beitrag werden exemplarische Schwierigkeiten, punktuelle Denkanstöße und mögliche Lösungsansätze aus der Ermittlungspraxis in Unternehmen aus der Sicht externer Ermittler dargestellt. Hierzu wird im ersten Abschnitt kurz auf Planungsaspekte des Ermittlungsprozesses[1] eingegangen. Der zweite Abschnitt und Hauptteil beinhaltet die Darstellung wesentlicher Meilensteine eines praktischen Ermittlungsprozesses. Insbesondere wird der Hauptteil punktuell um aktuelle IT-Themen ergänzt. Abschließend werden im dritten Abschnitt kurz die Anforderungen an die Dokumentation von Ermittlungsaktivitäten erläutert.

Anmerkungen

[1]

Die Begriffe Ermittlung, Prüfung und Untersuchung werden in diesem Beitrag vereinfachend im gleichen Kontext verwendet.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 6. Kapitel Ermittlungen und Beweissicherung – Unterlagen und EDV › II. Prüfungsplanung

II. Prüfungsplanung

3

Die Prüfungsplanung ist ein Bestandteil der Auftrags- und Projektplanung und setzt sich im Wesentlichen aus der sachlichen Planung der Ermittlungsziele und des Prüfungsprogramms sowie der personellen und zeitlichen Planung zusammen.[1]

1. Sachliche Planung

a) Definition von Ermittlungszielen

4

Die Definition der Ermittlungs- oder auch Prüfungsziele ist der wesentliche Ausgangspunkt der Prüfungsplanung und bestimmt im Folgenden die Konzeptionierung des Prüfungsprogramms zur Operationalisierung von Untersuchungsschwerpunkten. Die zunächst trivial erscheinende Definition von Ermittlungszielen wird oftmals durch die praktische Komplexität und den Facettenreichtum des Einzelfalls erschwert. Das Ermittlungsziel geht in der Regel unmittelbar aus dem mehr oder weniger konkreten Arbeitsauftrag hervor. Im Verlauf der Untersuchungen werden regelmäßig weitere Risiken identifiziert, welche in der Anfangsphase der Ermittlungen zunächst nicht im Fokus standen.

5

War es bspw. im Falle Siemens zunächst die einfache Anfrage eines Betriebsprüfers zum wirtschaftlichen Gehalt von Zahlungen an Auslandslieferanten, weiteten sich im Laufe der Zeit die Ermittlungen wie ein Flächenbrand auf weitere rechtliche und betriebswirtschaftliche Gebiete aus. Immer weitere Ermittlungsziele resultierten aus Anforderungen unterschiedlicher Interessengruppen und bezogen sich u.a. auf Themen der Korruption, Steuerhinterziehung, Untreue, Geldwäsche, US-Börsengesetze sowie auch auf arbeitsrechtliche Fragestellungen.

6

Bei Vorliegen mehrerer Ermittlungsziele besteht die Notwendigkeit zur Erarbeitung einer nach Prioritäten abgestuften Zielhierarchie, welche unterschiedliche Ziele und Zieldimensionen bündelt und gewichtet.

b) Risikoorientiertes Prüfungsprogramm

7

Die in der ersten Planungsphase erarbeiteten Ermittlungsziele werden in ein risikoorientiertes Prüfungsprogramm überführt, in welchem die Identifizierung und Analyse problem- bzw. risikobehafteter Unternehmensprozesse und Verhaltensmuster im Mittelpunkt stehen. Der Kerngedanke des risikoorientierten Prüfungsprogramms ist die Erarbeitung eines Bündels von Prüfungshandlungen, mit denen unter Berücksichtigung einer vertretbaren Wesentlichkeit das angestrebte Ermittlungsziel zunächst möglichst ökonomisch umgesetzt werden kann.

8

Der risikoorientierte Prüfungsansatz steht gerade bei der Prüfung gesetzeswidriger Sachverhalte im Spannungsfeld zwischen einer idealen Vollprüfung und einer möglichst ökonomischen Aufarbeitung von Sachverhalten. Ein Gesetzesverstoß ist in der Regel nicht an die Intensität des Gesetzesbruchs geknüpft, so dass bspw. die Höhe von Korruptionszahlungen, mit Ausnahme von Bagatellfällen, für die Einordnung eines Straftatbestands rechtlich unerheblich ist. Jedoch ist auf der ersten Stufe der Planungs- und Ermittlungsaktivitäten eine Komplexitätsreduktion durch eine risikoorientierte Vorgehensweise in Abstimmung mit öffentlichen Ermittlern, wie bspw. der Staatsanwaltschaft oder steuerlichen Außenprüfern, üblich. Trivial verkürzt bedeutet dies bspw. im Falle von vermuteten Korruptionsgeschäften, dass zunächst internationale Großprojekte mit relativ hohen Vermittlungsprovisionen – ab einer mit mathematisch-statistischen Verfahren ermittelten Beitragsgrenze – geprüft würden.

9

Das Prüfungsprogramm wird hierzu in einzelne Untersuchungsgebiete, die sog. Prüffelder[2], aufgeteilt. Innerhalb der Prüffelder sind auf Grund der ersten Risikoeinschätzungen Prüfungsschwerpunkte zu bestimmen, um hieraus konkrete operationale Merkmale oder Indikatoren abzuleiten, die zunächst Gegenstand der Untersuchung sind. Den Prüffeldern werden Ermittlungshandlungen zugewiesen, deren Art und Umfang sich individuell je nach Risikogewichtung im Sinne eines Mindestprüfungskatalogs bemessen.

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Beispiel:

Es werden Vermögensschädigungen eines Unternehmens durch die Geschäftsführung vermutet. Das Prüfungsziel besteht zunächst in der Analyse sämtlicher Transaktionen zwischen Geschäftsführung und Unternehmen. Hierauf aufbauend kann die sinnvolle Einteilung von Prüffeldern in die folgenden Untersuchungsgebiete sinnvoll sein:


Geschäftsvorfälle, z.B. Verträge, zwischen dem Unternehmen und der Geschäftsführung oder der Geschäftsführung nahestehender Unternehmen oder Personen, wie bspw. Familienmitglieder;
Banktransaktionen und Kassenbewegungen;
Geschäftsvorfälle mit offensichtlich negativen Auswirkungen auf das Vermögen des Unternehmens wie bspw. der zu günstige Verkauf von Vermögensgegenständen;
Bewirtungs-, Spesen- und Reisekostenabrechnungen zur Beurteilung der Abrechnung von Privatkosten oder der Angemessenheit von Aufwendungen.

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Der Risiko- und Prüfungsschwerpunkt wird in der Praxis auf dem ersten Prüfungsfeld, den Transaktionen zwischen dem Unternehmen und der Geschäftsführung sowie dieser nahestehenden Unternehmen liegen. Das vorgenannte Prüfungsfeld bietet in der Regel den höchsten Verschleierungsgrad und das geringste Entdeckungsrisiko mit den „lukrativsten“ Einnahmemöglichkeiten des Schädigenden, ist jedoch von Art und Umfang der Prüfungshandlungen relativ arbeitsintensiv.

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Zur Operationalisierung von Prüfungszielen und Abgrenzung von Prüfungsfeldern können in diesem Fall Indikatorsysteme mittels sog. „red flags“ herangezogen werden. Red flags sind Anzeichen, Indizien oder auch Warnhinweise, die auf Straftaten, andere Gesetzesverstöße oder betriebliche Unregelmäßigkeiten hinweisen können.

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Zahlreiche typisierte red-flag-Modelle für verschiedene betriebliche Funktionen und Branchen resultieren aus Umfragen, Erfahrungswerten und empirischen Beobachtungen aus der Ermittlungspraxis. Diese Modelle zeigen potentielle Anzeichen für Straftaten, ordnungswidrige Handlungen oder sonstige Unregelmäßigkeiten an und können erste Ansatzpunkte für die Ermittlungsplanung aufzeigen. Exemplarisch werden im Folgenden red flags für die betrieblichen Funktionen Finanzen und Einkauf erläutert.[3]

Türler ve etiketler

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