Kitabı oku: «Phantastika Magazin #357: April/Mai/Juni 2021», sayfa 13

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Kurzgeschichte: Exil

von Galax Acheronian

Mit einem summenden Ton meldete die Heizfläche, dass das Wasser die richtige Temperatur erreicht hatte: 41,5 Reed.

Stoßweise drang heißer Dampf aus der fünfeckigen Pyramide, an der seitlich ein gebogener Griff befestigt war. Direkt daneben befand sich eine hohe, verzierte Schale mit einem aromatischen Pulver aus siebenundzwanzig getrockneten Makobibeeren.

Das dampfende Nass ergoss sich in das Pulver und verströmte sofort den sinnlichen Duft der Beeren, die so süß waren, dass man sie pur kaum essen konnte.

Clay griff die Schale und trug diese an sein Computerterminal, das sich noch immer nicht mit dem Satelliten verbunden hatte. Hier draußen zu leben hatte zwei Seiten: Zum einen gab es natürlich die Abgeschiedenheit, die Stille und die Tatsache, dass man auch mal nackt in den Garten gehen konnte. Außer Flugechsen, Traponas und Drigans gab es hier keine Kreatur, die sich merklich nahe an Clays Hütte neben dem See heranwagte. Auf der anderen Seite dauerten Bestellungen beinahe einen halben Sonnenzyklus, ehe sie diesen Planeten erreichten. Ebenfalls war keine Echtzeitkommunikation möglich.

Clay hielt sich jedoch an die positiven Dinge, startete sein Musikprogramm und ließ ein paar seiner Lieblingslieder anklingen. Früher hatte er mitgesungen, da ihn hier niemand hören oder kritisieren könnte. Er meinte sogar, dass er inzwischen eine ganz passable Stimme hatte, schließlich traf er die Töne, konnte sie allerdings nie sehr lange halten.

Neben seinem Computerterminal befand sich ein schmaler Tisch, den Clay wie vieles hier selbst gezimmert hatte. Mit seiner Liebe zum Detail war jedes Möbelstück in Handarbeit entstanden und wie die Wände mit Schnitzwerk geschmückt. Dabei war der Fokus auf die Optik gelegt, aus den wenigen Zimmern ein gemütliches Heim zu schaffen, in dem man gerne lebte und sich wohlfühlte. Um das Tageslichtfenster hingen reihum breite Blumenampeln in kunstvoll geschnitzten Behältern. Auch der Tisch hatte an den Seiten feine Verzierungen. Auf der mit einem geschwungenen Rand versehenen Platte waren mehrere Miniaturhügel angehäuft. Aus Holz und Lehm waren winzige Pflanzen, Häuser und Plätze zusammengesteckt worden. Wenn dieses Modell irgendwann einmal fertig sein sollte, bildete es Clays Heimatdorf ab, welches er nun schon so lange nicht mehr gesehen hatte. An einigen Tagen stand er nur davor, versuchte sich zu erinnern, wie es einmal gewesen war. Manchmal musste er die filigranen Gebäude oder Pappfelsen umsetzen, weil er bemerkte, dass sie sich in Wahrheit an einen ganz anderen Standort befunden hatten. Auch jetzt starrte er auf das Modell und überlegte.

Genüsslich schlürfte er dabei seinen Makobi. Einer Eingebung folgend nahm er einen Spatel und hob mit dessen feinen Spitze einen Weg in seinem Modell aus. Nachher würde er wohl Kieselsteinchen sammeln, die er dort auslegen wollte.

Mit Blick zum offenen Fenster erkannte er den hohen Sonnenstand; es war längst überfällig, seine Pflanzen zu gießen.

Clay hatte jede einzelne der hier wachsenden Nutzpflanzen selbst entdeckt, gesammelt und kultiviert. Als er damals auf diesem sumpfigen Planeten gelandet war, um an diesem Ort sein Leben zu verbringen, war er durch dutzende Wälder und über unzählige Wiesen gestreift, um Proben von allerhand Pflanzen zu nehmen, die er auf ihre Verträglichkeit und den Nährwert getestet hatte.

Sieben Gemüsesorten und drei Obstbäume zählten zu seiner stolzen Ausbeute.

Die Schalentiere aus dem See und Eingelegtes halfen ihm über die kühlen Jahreszeiten, die sich unregelmäßig abwechselten. Der Planet besaß zwei Monde, wovon einer erheblich größer war und den Planeten zu einer elliptischen Bahn um seine Sonne zwang, die sich alle zwei Zyklen um die Sonne wieder einpendelte. Daher folgte im steten Wechsel ein besonders kalter Winter auf einen sehr milden. Natürlich hatte Clay sich eine Region ausgesucht, die von den kalten Zeiten nur gering heimgesucht wurde und auch von Hitzewellen in den gelegentlich sehr heißen Sommern verschont blieb.

Mit seinen kräftigen Armen hebelte er die Pumpe und ließ Wasser in seinen Eimer laufen, den er schließlich sorgfältig neben den Pflanzen in die dafür angelegten Rillen goss. Clay hatte es sich angewöhnt, jeden Tag mit seinem Gemüse zu sprechen. In seiner Kultur war das auch mit der Jagdbeute üblich – vor und nach der Tötung. Solche Beute gab es hier jedoch nicht allzu viel, sogar weniger als Gesprächspartner, wie er scherzhaft seinem Gemüse erzählte, die er als solche in Betracht zog.

»Was hast du denn da?«, grunzte seine tiefe Stimme und schob eines der faltigen Blätter zur Seite.

Schwarz wie die Nacht hockte da einer dieser ekelhaften Klammerkäfer mit pulsierendem Hinterleib. Ekelhaft, weil sie einfach scheußlich schmeckten, selbst gebraten.

Vorsichtig nahm er das handtellergroße Insekt, der nur widerwillig das Blatt der Kosani freigab. Mit kräftigem Schwung warf er ihn in den See und widmete sich sofort wieder der Pflanze; wo ein Klammerkäfer war, da war meist ein zweiter oder gar dritter, weshalb Clay unter jedes Blatt einer jeden Kosani blickte.

Es blieb bei dem einen, was ihn ungemein erleichterte. Kosani reiften nur einmal pro Zyklus und zählten zu der gesündesten und schmackhaftesten Pflanzen des ganzen Planeten. Schon jetzt waren die fleischigen Knospen kräftig grün und strömten ihr eigentümliches Aroma aus. Allerdings war die Erntezeit noch nicht gekommen.

Vorsichtig strich er über eine der Früchte und prüfte ihre Konsistenz. Jede einzelne musste perfekt sein und sollte erst geerntet werden, wenn sie sich leicht lösen ließ und auch noch nicht zu Boden geneigt war. Nur mit den Spitzen seiner Finger testete er die mit dem dunkelsten Grün, goss an jeder Pflanze etwas Wasser in die Rillen und überließ das Gewächs sich selbst.

Andere Gemüsesorten waren bereits erntereif. Sorgfältig grub Clay die Scodwurzeln aus, wie auch die Trins, ein längliches Hülsengemüse. Mit den getrockneten Kräutern vom Vorjahr und einigen der Schalentiere ergaben sie eine würzige, sättigende Suppe.

Nach dem Essen besah Clay noch einmal das Modell seines Dorfes und entschied aufgrund der Uhrzeit, nicht mehr nach Steinen zu suchen. Stattdessen widmete er sich dem Webstuhl. Seit einer gefühlten Ewigkeit steckte er gefärbte Grasfasern zu einem Teppich zusammen. Ihm war der Platz vor seinem Bett immer zu kahl gewesen. Zwar fehlte es seiner Hütte nicht an Atmosphäre, aber einen Teppich hatte er bisher nicht. Daher hatte er sich die Bauanleitung eines Webstuhls heruntergeladen und auch, wie man einen schönen Vorleger knüpfte. Da das Tageslichtfenster über ihm nicht ausreichend Licht für die Arbeit spendete, aktivierte er die Beleuchtung in seiner winzigen Küche und setzte bei der Gelegenheit noch einmal Wasser auf. Fast schon automatisch zählte er die getrockneten Makobibeeren ab. Eine Zeitlang hatte er versucht, die korrekte Anzahl mit nur einem Griff zu nehmen, doch es wollte ihm einfach nicht gelingen.

Der Computer in seinem Rücken signalisierte, dass etwas im Erfassungsbereich des Satelliten gekommen war. Clay wandte seinen großen Kopf und trat an die vier runden Displays.

»Jetzt schon?«, fragte er sich und wählte die Analysedaten des soeben aufgetauchten Kontaktes an. Regungslos starrte er auf den Hauptschirm. Die anderen drei Schirme, seitlich davon angebracht, zeigten weitere Details des näherkommenden Raumobjektes. Es war keine Kurierkapsel, die wie üblich seine Bestellung brachte, sondern etwas deutlich Größeres. Hatte er schon wieder so viel bestellt, dass ein Schiff benötigt wurde? Was das wieder kostete/kosten würde …

Das System hatte den Transponder ausgelesen und zeigte nun die Kennung »unbekannt« neben dem Statussymbol an. Clay brummte unzufrieden auf. Seine drei Finger glitten über die Eingabefelder und aktivierten eine neue Analyse. In der Darstellung teilte sich das Objekt. Ein kleineres, offenkundig ein Shuttle, löste sich vom Hauptteil und senkte sich rapide ab. Obwohl es sich in einem ungewöhnlich schnellen Sinkflug befand, sollte dieser Flug noch eine ganze Weile anhalten. Sicher war nur eines: Der Kurs führte es direkt hierher.

Als die Kennungsanalyse erneut versagte, ließ Clay sich den Bestellungsstatus von Light-Speed-Delivery anzeigen, der ihm nur die Information nannte, dass seine Waren »unterwegs« seien und bald ihr Ziel erreichen würden.

»Sehr informativ«, brummte er, blickte auf den Status des ankommenden Schiffes, legte die Hände an seinen Kiefer und ließ seine Gedanken spielen; es lag sehr wohl im Rahmen der Möglichkeiten, dass seine Lieferung diesmal etwas schneller kam. Gründe dafür gab es zu Genüge.

»Nun ja …«, beendete er seine Überlegungen. »Womöglich sind doch noch Wunder möglich.« Er wählte die Steuerung für die Landezone an, aktivierte die Positionslampen und die Assistenten-KI, die der Schiffs-KI des Shuttles bei der Koordination helfen sollte. Anschließend sah sich Clay um und überlegte, wo er am besten Platz schuf. Denn schließlich hatte er erst in einem halben Zyklus mit der Lieferung gerechnet und seine Behausung hier mitten im Sumpf war alles andere als geräumig.

Sirrend senkte sich die Ladeklappe des Shuttles.

Schon beim Anflug hatte Clay bemerkt, dass nicht das typische Logo an der Landefähre angebracht war. Als auch keine Lieferdrohne herauskam, trat er zögerlich vor. »Hallo?«

Im Inneren befand sich ein Mann, der in einer Kiste wühlte.

Beinahe erschrocken sah er auf und torkelte zurück. »Was zu Hölle!«, stieß er aus.

Clay sah sich um. »Wie bitte?«

Hektisch sah sich der Mann von einer Seite zur anderen um. Clay ließ seine gelben Augen flüchtig über das Innere des Beiboots flitzen. Dies hier war gewiss kein L-S-D-Lieferant. »Was verschlägt dich hierher?«

Der Mann reagierte nicht, suchte nun in einer anderen Kiste.

»Brauchst du Hilfe?«, fragte Clay daraufhin.

Nun richtete der Unbekannte seinen Kopf. »Hilfe?«

»Ja … es ist doch eher ungewöhnlich, dass sich jemand hierher verirrt …« Erst recht keine Menschen, fügte er gedanklich hinzu.

Hier, weit über dem Rand des bekannten Teils der Galaxie hinaus sollte kein Mensch hingelangen. Clay war damals beinahe neun Zyklen stumpf und mit dem Galaxiekern im Rücken weiter geflogen als jemals jemand zuvor. Sein Ziel war ein ganz bestimmter Stern, der zu den wenigen Nachzüglersystemen gehörte. Voruntersuchungen durch Drohnen hatten ergeben, dass dieser mit der Eigenrotation der Galaxie nicht nachkam, und somit keine feste Position zu anderen Systemen hatte – insbesondere nicht zu denen der Menschen, weshalb diese ihn hier niemals finden sollten. Einzig das maschinell autarke System vom Lieferdienst hatte diesen Wanderstern im System.

Der Mann lachte: »Wie viele Jahre bist du schon hier?«

Clay überschlug grob, da er sich die Maßeinheiten der Menschen nie so genau angesehen hatte. »Circa sechzig Jahre, würde ich sagen.«

»Damals gab es noch die Ajak-T-Antriebe.« Der Mann winkte ab. »Längst überholt. Wir fliegen inzwischen mit D-Jak III, mehr als die vierfache Verzerrungskraft.«

»Dennoch eine lange Reise«, begriff Clay.

»Allerdings«, bekräftigte der Mann mit einem Lächeln, worauf Clay auf seine Hütte deutete. »Tee?«

Der Mann schien verwirrt, nickte aber anschließend, griff ein Tuch und wischte sich die Hände ab. »Einverstanden.«

Clay zählte die siebenundzwanzig Beeren ab und zerstampfte sie mit seinem Mörser. »Die Beeren pflanze ich selbst an.« Er offenbarte die spitzen Zähne. »Sie wachsen hier weit besser als auf Djuma, wo sie ursprünglich herkommen.«

»Muss gestehen, dass ich dort noch nicht war«, gab der Mann zu und nickte dankend, als Clay ihm die dampfende Schale reichte und sich ihm gegenübersetzte.

»Ein schönes Stück«, merkte er an und sah sich die Verzierungen an.

»Danke. Ich mache sie selbst.«

»Wieso lebst du hier?«, fragte der Mann und sah sich um. Alles in allem schien er auf dieser Welt kein Leben erwartet zu haben. Clay war sich darüber bewusst, dass dieser Planet nicht nur auf keiner üblichen Route liegen konnte, sondern auch, dass sie in den Archiven als »unbewohnt« sowie auch als »arm an natürlichen Rohstoffen« beschrieben wurde.

»Es ist friedlich. Keine Nachbarn, die einen stören.«

»Wäre mir wohl zu einsam«, gab der Mann zu.

»Diaprocodea sind Einzelgänger.«

Daraufhin nickte der Besucher. »Außer zur Fortpflanzung.«

Clay winkte ab. »Dafür ist später noch genug Zeit.« Offenbar wusste dieser Mann über Diaprocodeaden Bescheid. Ihn auf die ungewöhnlich hohe Lebenserwartung hinzuweisen war daher unnötig. Der Fremde nahm einen Schluck und sah über seine Schale, als auch Clay ansetzte zu trinken. »Du hast deine Hauer entfernt«, merkte der Besucher an.

»Das nennt man Zahnpflege«, erklärte Clay. »Es macht vieles einfacher, diese Relikte aus Urzeiten zu entfernen.«

Der Mann strich sich über sein Kinn, das von Stoppeln strotzte. »Ja … manches bleibt, obwohl es schon lange keinen Sinn mehr macht.« Er nahm einen weiteren Schluck. »Bist du denn männlich oder weiblich?«

Clay winkte ab und lächelte. »Solche Unterschiede gibt es bei uns nicht.«

Langsam schüttelte der Fremde seinen Kopf. »Na doch … es sind schon kleine Unterschiede.«

Clay musste dem zustimmen; auch wenn alle vier Geschlechtsvertreter seiner Spezies Nachwuchs zeugen und austragen konnte, gab es doch den einen Unterschied, dass alle vier jeweils mit einem nichtgleichen Samenträger in Kontakt kommen mussten, welchen Menschen gerne als »männlich« bezeichneten. Clay machte sich darüber keine Gedanken, weder über das eine noch das andere, denn auch in dieser Situation konnte der Service von Light-Speed-Delivery Abhilfe schaffen, ein Detail, dass den wenigsten bekannt war. Im Idealfall war diese Welt in tausenden Zyklen eine blühende Kolonie voll von Diaprocodeaden.

»Diese haben keine Bedeutung«, legte Clay nach. Ihm war die Art seiner Spezies nicht unangenehm, dennoch behagte es ihm nicht, mit diesem Mann darüber zu sprechen. Es gab des Weiteren noch andere Gründe, nicht anzugeben, welchem der vier Geschlechter man angehörte – schon gar nicht gegenüber einem Menschen.

»Für die meisten schon.« Der Fremde nahm einen letzten Schluck, griff in seine abgetragene Jacke und legte eine Waffe auf dem Tisch – genauer eine T-EX neuerer Generation. Eine der Waffentypen, gegen die der Schuppenpanzer eines Diaprocodeaden quasi ohne Wirkung war.

Clay war nicht verwundert, dass diese Dinger noch immer verbessert wurden. Sein linkes Auge schielte zum Waffenschrank, und er fragte sich zum einen, ob die Zeit ausreichen würde, sich ebenfalls zu bewaffnen und zum anderen, warum er es nicht schon längst getan hatte. Seinem gutmütigen Wesen lag jede Gewalt fern, ebenso der Gedanke an die Notwendigkeit dafür. Die Menschen hatten die Gewalt in Form diverser Vorrichtungen und Mittel in die Galaxie getragen und verbreitet und waren auf dutzende Völker gestoßen, die damit völlig überfordert waren. So auch die Diaprocodea, die schon von Natur aus niemanden etwas Böses unterstellten konnte, da sie so einfach nicht dachten. »Naiv« nannten die Menschen die Grundvoraussetzung, erst einmal vom Guten auszugehen.

»Du weißt, warum du dich versteckst. Und du weißt, warum man deinesgleichen sucht«, erklärte der Mann und richtete den Lauf der Waffe auf sein Gegenüber.

Clay senkte seinen Becher und seufzte leise, sortierte noch an einem Satz, in dem er darum bat, die Waffe wieder zu senken.

Kurz darauf löste sich ein sirrender Schuss. Ein energetisch geladenes Projektil durchschlug seinen Arm. Clay schrie auf und hielt seine schuppige Hand gegen die tiefe Wunde, während der Jäger noch wegen des Verfehlens fluchte und den Reload seiner Waffe initialisierte. Offenbar brauchen die neuen Modelle ebenso lang, ein Projektil zu energetisieren wie die alten. Diesen Augenblick nutzte der Diaprocodea, um einen Satz aus dem Fenster zu machen.

Der Mensch sprang ebenfalls auf, riss dabei das Modell des Dorfes um und folgte dem Diaprocodeaden nach draußen in den Sumpf. Clay aber war verschwunden.

»Verdammte Echse«, schimpfte der Jäger, griff in seine Tasche und nahm einen kleinen blauen Stab hervor. Mit Druck auf die Seite schoss aus der glimmenden Spitze ein Holofeld, das ihm die Kontrolle über mehrere Drohnen ermöglichte. Den Verbindungsstab befestigte er an einer dafür vorgesehenen Stelle seines metallischen Kragens. Somit schwebte das Holofeld frei vor ihm und wartete auf mögliche Eingaben. Mit einer schnellen Abfolge verschiedener Befehle und dem Sortieren der Statusfelder ließ er acht Drohnen aus dem Rumpf seines Shuttles schießen. Der Suchparameter war Standard, die Richtung bestimmte er durch eine Begrenzung des Suchfeldes; einen Dreißig-Grad-Winkel an seiner Position, Richtung Süd/Ost.

Während die pfeifenden Drohnen sich aufteilten und den Boden des Planeten mit ihrem Lidar fluteten, machte sich der Jäger auf den Weg zurück zu seinem Shuttle.

Clay schwamm so lange unter Wasser, bis er Luft holen musste, um nicht zu ertrinken. Die Wunde am Arm machte ihm zu schaffen, und er fragte sich, ob seine Flucht nicht nur das Unausweichliche hinauszögerte. So viele Zyklen lang hatte er sich vor den Menschen verstecken können. Nun aber hatten sie ihn doch gefunden. Beinahe wünschte er, es wäre mehr als ein Jäger gelandet. In einigen Fällen waren diese in ihrem Konkurrenzkampf so sehr damit beschäftigt, einander um die Beute zu streiten, dass ein Entkommen leicht möglich war.

Er verließ den See und tauchte im dichten Gehölz des umliegenden Waldes ab. Die Bäume dieser Welt hatten die Eigenschaft, auf gewaltigen Wurzeln, ähnlich dutzender Stelzen, zu stehen. Wobei die Einzelnen sich ineinander verschlangen und ein symbiotisches Geflecht bildeten, das auf seiner Oberseite Moos und Gräser wachsen ließ und in den Hohlräumen Platz und Schutz für hunderte Lebewesen bot – in diesem Fall auch Sichtschutz.

An sein feines Gehör drang das Pfeifen von kleinen Ionentriebwerken. Clay kannte diese Geräusche noch von damals. Drohnen waren leicht zu täuschen, in ihrer Masse jedoch nicht zu bewältigen. Es musste ihn nur eine einzige erfassen, schon konnten ihn alle anderen lokalisieren.

Das Pfeifen wurde zu einem Sirren. Die Drohne hatte ihren Flug verlangsamt und Clay fragte sich, ob er so schnell entdeckt worden war. Hatte er so sehr nachgelassen?

Völlig regungslos saß er im kalten Sumpfwasser und lauschte, versuchte einen kurzen Blickkontakt, ohne dabei die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Damals konnte man diese Dinger täuschen, in dem man sich in Schlamm wälzte oder abtauchte. Ob das heute noch möglich war, entzog sich seiner Kenntnis.

Es blitzte rötlich über ihm. Die Drohne fuhr mit dem Laserscanner über den Boden, hatte seine Position jedoch nicht erkannt, und in Clay keimte der Hoffnungsschimmer, dass sie diesen Bereich als »abgesucht« speicherte und weiterflog. Im Zweifel musste er nur warten, konnte zu seiner Hütte zurück und Tarnanzug wie Waffen erreichen.

Seinen Gedanken zum Trotz schoss ein Laser durch das Gehölz und zerschnitt das natürliche Dach aus Wurzeln und Pflanzen. Weitere Drohnen kamen hinzu. Clay griff eines der herabgestürzten Hölzer, sprang hervor und wuchtete es gegen das metallische Gerät, welches scheppernd gegen einen Baum schlug und im Sumpfwasser versank. Zwei weitere Drohnen konnte er ausschalten, ehe die übrigen eine Höhe einnahmen, die für ihn unerreichbar wurde.

So schnell seine klauenbesetzten Füße ihn trugen, stürzte Clay über das Holzdach und drang tiefer in den dichten Wald ein. Es war kein Zufall, dass er damals diesen Ort als Zuflucht gewählt und auch genauestens erkundet hatte. Er wusste sich zu verbergen und zu bewegen. Die ersten Zyklen hatte er täglich geübt, bis die Situation ihn darin hatte nachlässig werden lassen.

Er hielt inne und sah sich um. Es gab eine Unterwasserhöhle, die er vor acht Zyklen entdeckt hatte und in die er Sauerstoff einführte, um sich ein Langzeitversteck zu sichern. Er hatte immer geplant, dort Waffen und Vorräte einzulagern, diesen Plan aber wieder verworfen, weil etliche Morabs diesen Ort als ihr Zuhause beansprucht hatten, nachdem er mit Luft gefüllt worden war. Clay hatte es nicht übers Herz gebracht, diese kleinen Kreaturen zu vertreiben oder gar zu töten.

Seine Ohren nahmen die Turbinen des Shuttles wahr. Laut dröhnend schob es sich über ihn und zwang ihn zurück in das Unterholz. Er bewegte sich langsam und ohne Hektik. Sein Puls aber raste. Aus Angst und vor Anstrengung, doch noch gab er nicht auf. Noch war er am Leben! Der Schmerz in seinem Arm erinnerte ihn jeden Augenblick daran.

Er musste überleben, es gab nur noch so wenige Diaprocodeaden. Vereinzelte Menschen, die sich dies zur Aufgabe gestellt hatten, jagten sie nun schon seit Generationen. Seine Eltern, seine Geschwister, sein ganzes Dorf war an der Gier des Menschen untergegangen. Einst war die Heimat der Diaprocodeaden ein friedlicher Planet gewesen. Heute war er verbrannt und gerodet, nur noch eine Bergbaukolonie der Menschen, die erst die Bewohner, anschließend die Pflanzen und zuletzt die Bodenschätze raubten. Gejagt wurde Clay und seinesgleichen wegen der Drüsen in ihrem Unterleib, die für die Fortpflanzung zuständig waren. Das darin enthaltene Sekret konnte das Leben eines Menschen um viele Jahre verlängern, weshalb undenkbare Summen für eine dieser Drüsen geboten wurden.

Die Jagd hatte daher nie aufgehört. Diaprocodeaden wurden natürlich auch in Käfigen gehalten, gezüchtet, um geschlachtet zu werden. Obwohl jede andere Spezies die Handlungen der Menschen verurteilte, wagte doch niemand, sich gegen die brutale Militärmacht dieser Zweibeiner zu erheben.

Schon der Erstkontakt war damals ein Blutbad mit Waffengewalt gewesen, wie es nie zuvor eines gegeben hatte. Seitdem hatte sich nichts geändert.

Gleißende Laserstrahlen verbrannten das Holz über Clay. Wie ein Hagel aus Licht stürzten die Energieblitze neben ihn in den Boden und zerstörte Bäume, kleinere Gewächse und unbeteiligte Kleintiere ohne jede Rücksicht.

Die grellen Laser stoben dampfend ins Wasser und kreisten den Diaprocodeaden immer weiter ein. Als eines der Geschosse seine Schulter traf, schrie er auf und stürzte. Die Schneise, die sich gebildet hatte, ermöglichte es den Jagddrohnen nun, ihr Ziel anzuvisieren und die Betäubungswaffen einzusetzen. Orange Strahlen schlugen zu Dutzenden auf Clays Panzer nieder. Noch immer versuchte er zu entkommen, kroch mit letzter Kraft weiter, suchte eine Tiefe, in die er abtauchen konnte.

Es gab sie nicht.

Seine großen Augen sahen sich ängstlich nach dem Shuttle um, aus dem mit einem lauten Knall ein Netz aus der Vorderseite auf ihn zugeschossen kam. Die elektrisch geladenen Fasern durchfuhren ihn mit ihrer Energie und umschlangen jedes seiner Gliedmaßen. Jeder Muskel in seinem Körper versagte unter tobenden Schmerzen.

Das war's; Clays Leben fand sein Ende.

Wenn er Glück hatte, würde der Jäger ihn mit einem gnädigen Kopfschuss erlösen. Kopfschüsse zählten zum Standard, weil man so sichergehen konnte, dass der Unterleib unversehrt blieb. Das galt jedoch nur, wenn er wirklich Glück hatte. Viele Jäger schlitzten die Diaprocodeaden einfach auf und ließen sie dann unter elenden Schmerzen verbluten.

Das Shuttle war gelandet und der Mann trat auf ihn zu, die Waffe in seiner Hand, für die Clay fast schon dankbar war.

»Mach es schnell«, bat er

Der Mann spuckte aus. »Ich mache, was ich will.«

»Was du tust, ist unrecht …«, keuchte Clay.

Der Jäger lachte und zielte »Auch diese Entscheidung liegt bei mir, Echse.«

Clay richtete sich etwas auf. »Dann lass mich am Leben.«

»Nachdem du drei meiner Drohnen zerstört hast, du Wichser?«

»Ich will doch nur leben … Ich tue niemandem was.«

»Und?« Der Mann zuckte mit den Schultern. »Wen kümmert das? Du bist abstoßend hässlich.« Er spuckte Clay an. »Wir Menschen haben kein Mitleid mit hässlichen Dingern.«

»Bitte …«, flehte Clay ein letztes Mal und sah nur noch den violetten Puls aus der Mündung der T-EX.

Das Shuttle verließ den Planeten. Im Sumpf lag die Leiche von Clay Konarr, einem der letzten seiner Art. In seiner kleinen Hütte meldete sein Computer, dass die Lieferung der neuen Bastelmaterialien sich etwas verspäten würde. In seinem Garten löste sich unterdessen eine der Kosanifrüchte und fiel auf den sandigen Boden.

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308 s. 115 illüstrasyon
ISBN:
9783959362986
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