Kitabı oku: «Colt-Helden: Super Western Sammelband 7 Romane», sayfa 8
„Hast du Angst, Slim?“
„Ich und Angst?“, platzte Slim Bruce heraus. „Da irrst du dich gründlich! Also los, triff deine Vorbereitungen! Du wirst mich vereidigen müssen.“
„Ja.“
„Worauf wartest du dann noch? — Ich bin bereit!“
2.
Slim Bruce zuckte mit keiner Muskel, als er die Eidesformel nachsprach, die ihn dem Gesetz verpflichtete.
Jim Sutherland war sich darüber klar, dass die Ernennung von Slim Bruce zum Hilfssheriff wie eine Bombe in Danstone wirken würde. Jetzt würden alle wissen, dass er nicht fortreiten und alles im Stich lassen würde, sondern sich zum Kampf stellte. Der Tanz musste nun beginnen.,
Aus einer Schublade kramte Jim Sutherland einen Gurt und einen Colt. Er war erstaunt, als sein neuer Hilfssheriff die Waffe zurückwies.
„Ich habe mein Wurfmesser“, erklärte Slim Bruce.
„Jeder Revolvermann wird dich mit deinem Wurfmesser schlagen können, Slim.“
„Nur dann, wenn er das Wurfmesser sieht. Ich werde das Holster mit dem Wurfmesser versteckt tragen.“
„Das täuscht einen Waffenlosen vor, Slim. Man könnte uns das übel ankreiden.“
„Macht das noch etwas aus, wo doch alle gegen uns sind, Jim?“, wandte Slim Bruce ein und rieb den Sheriffstern blank, den ihm Jim Sutherland überreicht hatte. „Die Hölle bricht los, sobald unsere Partnerschaft bekannt wird. Man wird gnadenlos Jagd auf uns machen.“
Es schien dem neuen Hilfssheriff wenig auszumachen, dass die Zukunftsaussichten alles andere als rosig waren. Jim Sutherland war betroffen. Er hätte sich gewünscht, dass sein neuer Partner etwas mehr am Leben hing. Nachdenklich legte er den zurückgewiesenen Colt in die Schublade zurück, kramte aber einen Derringer, eine kleinkalibrige Schusswaffe, aus ihr hervor.
„Wenn du schon nicht auf dein Wurfmesser verzichten willst, so nimm wenigstens den Derringer dazu. Kannst du damit umgehen?“
„Mein Vater verließ sich auf diese kleine, nur wenige Meter tragende Waffe“, erwiderte Slim. „Er trug sie auf seine Art im Jagdhemdärmel, wo niemand sie vermutete. Ich habe von meinem Vater gelernt, wie man es am besten anstellt, diese Waffe unsichtbar zu machen. Diese kleine Waffe ist schon mehr nach meinem Geschmack. Die nehme ich, Jim.“
„Und die dazugehörige Munition, Freund“, erwiderte Jim trocken. „Ein Pferd werde ich dir ebenfalls besorgen. Morgen früh kaufe ich dir eins im Mietstall. — Jetzt mach es dir auf dem Sofa bequem. Hier im Office vermutet dich niemand.“
Slim ließ ein leises Lachen hören. In diesem Augenblick erklang draußen der Wutschrei aus vielen Männerkehlen.
„Sie haben die Leiche des Narbigen gefunden“, stellte Jim Sutherland fest. „Nun werden sie die Verfolgung erst recht nicht aufgeben.“
Slim Bruce nahm den Derringer entgegen und prüfte ihn. Er tat das so, als interessiere ihn überhaupt nicht, was draußen vor sich ging. Jim Sutherland war noch nie einem Mann mit stärkeren Nerven begegnet. Er ahnte, dass sein neuer Partner für gewisse Leute ein ziemlich schwerer Brocken werden würde.
Slim Bruce machte es sich auf dem wackligen alten Sofa bequem. Er streckte sich aus und schloss die Augen. Seine Waffen hatte er nicht abgelegt.
Der hat Nerven wie Stahlsaiten, dachte Jim. Jeden Augenblick kann die Meute hier antanzen, und er schließt die Augen, als sei das nichts Besonderes. Er hat mit seinem Wurfmesser einen Mann getötet, doch das scheint ihn nicht im Geringsten zu belasten.
Jim Sutherlands Gedanken brachen ab. Der Lärm auf der Mainstreet schwoll an. Eine Männerhorde kam auf das Office zu. Stiefel scharrten und Sporen rasselten. Jemand hämmerte mit der Faust gegen die Tür und rief:
„Aufgemacht, Sheriff, es gibt eine Menge zu tun! Ein Mann ist umgebracht worden!“
„Nach meiner Wiedergeburt werde ich mein Amt erneut übernehmen“, erwiderte Jim. Er machte bei diesen Worten die erstaunliche Feststellung, dass sein Hilfssheriff schon eingeschlafen war.
„Zum Teufel, Sutherland, komm heraus und schaff den Toten in die Schmiede! Das gehört zu deinen Aufgaben! Ohne deine Zustimmung wird der Schmied nicht damit einverstanden sein, dass man den Toten bei ihm aufbahrt. John Gelong fordert einen amtlichen Beschluss. Er hat sich geweigert, den Toten aufzubahren. Dabei bedrohte er uns mit einer abgesägten Schrotflinte und herrschte uns an zu verschwinden. — Komm heraus und übernimm die Sache, Sutherland!“
„Ich ziehe mich an, dann komme ich“, erwiderte Jim. „Warte einen Moment, Terrific.“
„All right, doch beeil dich! Ich weiß nicht, was in John Gelong fuhr, dass er den toten Mann nicht aufnehmen will. Es muss ihm etwas quer gekommen sein, er ist doch sonst nicht so abweisend.“
Ausgerechnet Terrific musste vor der Tür stehen, der Mann, der die Hölle losließ und so tat, als sei er der bravste Bürger dieser Stadt. Heißer Zorn wallte in Jim auf. Er schnallte den Gurt fester und rückte den 45er Colt weiter nach vorn. Schnell warf er noch einen Blick auf den Schläfer. Anscheinend war Slim Bruce so übermüdet, dass er in einen totenähnlichen Schlaf gesunken war. Seine Brust hob und senkte sich unter tiefen, gleichmäßigen Atemzügen. Ein leises Lächeln machte das Gesicht des jungen Mannes seltsam weich.
Jim Sutherland öffnete die Tür, doch nur so weit, dass er hindurchgehen konnte, ohne dass jemand in den Raum hineinsehen konnte.
Duff Terrific trat einen Schritt zurück. Hinter ihm stand eine Gruppe übel aussehender Männer und weiter hinter ihm einige Städter, die neugierig aus ihren Häusern gekommen waren. Nicht ein Rancher, nicht ein Cowboy war anwesend. Das war für Jim Sutherland weniger schön. Wenn sie auch den Sheriff nicht für voll nahmen, so bewies doch ihr Fehlen in der Stadt, dass es auf den Weiden Schwierigkeiten gab. Wie groß diese Schwierigkeiten waren, hätte sicherlich Terrific beantworten können und die Schufte, die mit ihm zusammenarbeiteten.
„Duff Terrific, du jagst in meinem Bezirk“, sagte Jim Sutherland rau. „Niemand ist das gestattet außer dem Sheriff. Du hast dich gegen das Gesetz vergangen, du und deine Leute!“
Duff Terrifics Mund klaffte auf. Seine Augen drohten aus den Höhlen zu fallen. Er staunte, denn bisher hatte er wie alle anderen fest geglaubt, dass der Sheriff nur eine Marionettenfigur war.
„Und?“, schnappte er böse. „Was willst du dagegen tun?“
„Dich und deine Leute verhaften!“, sagte Jim zur Verblüffung Terrifics. „Sollte sich auch nur ein Zeuge dafür finden, dass du im Stadtgebiet eine Menschenjagd veranstaltet hast, werde ich das tun.“
Der Saloonbesitzer schnappte nach Luft. Niemand vermochte zu sagen, ob vor Verblüffung, Ärger, Zorn oder Wut. Er machte sich durch ein böses Lachen Luft, in das seine Meute einstimmte. Dann keuchte er: „Für wie groß hältst du dich eigentlich, Sutherland? Hast du deine Beerdigungsfeier schon vergessen?“
„Nein, aber gerade darum habe ich dir einiges voraus, Terrific. Deine Beerdigung steht noch bevor.“
Jim Sutherland schritt vorwärts. Unwillkürlich machte man ihm Platz. Er ging wie ein Mann, der mit jedem Schritt größer zu werden schien. Dieser Sutherland warf plötzlich einen langen Schatten, und das sehr zum Ärger von Terrific, der seine Leute zurückweichen sah.
Duff Terrific zog den Kopf ein wenig ein und folgte Jim Sutherland. Als Jim die Mainstreet betrat, packte er ihn beim Arm und versuchte, ihn herumzureißen, doch zu seiner Verblüffung schaffte er das nicht. Mit einer raschen Handbewegung schleuderte Jim ihn wie ein lästiges Insekt ab.
By gosh, das war nicht der alte Sheriff! Das war nicht der Mann, der ein wenig linkisch wirkte, der bisher ein unsicheres Auftreten am den Tag gelegt hatte. Das hier war ein Mann, der genau wusste, was er wollte. Mit seiner eigenen Beerdigungsfeier, mit der man ihn lächerlich machen und zum Fortreiten hatte bewegen wollen, schien man das Gegenteil erreicht zu haben.
Duff Terrific blieb nichts weiter übrig, als Jim Sutherland zu folgen, der mit langen Schritten vorwärts ging. Seine Männer kamen langsam hinterher. Auch Städter schlossen sich neugierig an. Jim schritt zur Schmiede, doch noch bevor er sie erreichte, bemerkte er den Toten, der auf einer Tragbahre vor der Einfahrt stand. Jim sah aber auch den Schmied John Gelong und Hayde Egan, jenes Mädchen, das er so sehr verehrte.
John Gelongs bullige Gestalt war nicht zu übersehen. Er stand breitbeinig in der offenen Einfahrt zur Schmiede, die abgesägte, doppelläufige Schrotflinte im Anschlag.
„Gut, dass du dich endlich herbemühst, Sheriff!“, rief er Jim zu. „Ohne deine Genehmigung stelle ich meine Schmiede nicht als Aufbahrungsort für lichtscheues Gesindel zur Verfügung. Ich denke nicht daran, für diesen Toten ein Grab auszuheben. Terrific soll seinen Mann im Vogelkäfig-Saloon aufbahren. Seine Leute können ein Grab schaufeln.“
Das war hart, aber John Gelong schien gewillt zu sein, sich durchzusetzen. Die Feindschaft, die zwischen Gelong und Terrific bestand, war stadtbekannt. Dass Gelong noch lebte, dass man ihn nicht beseitigt hatte, war eigentlich nicht zu begreifen.
„Ich warne dich, John!“, mischte sich Duff Terrific böse ein. „Bisher habe ich dein Kläffen ertragen, ohne mich groß dagegen zu wehren. In meinem Saloon ist kein Platz für einen Toten, das weißt du. Verlang nichts von mir, was ich nicht tun kann.“
„Das ist mir egal, Duff!“, fauchte John Gelong. „Also was ist, Sheriff?“ wandte er sich an Jim Sutherland.
„Bring deine Waffe ins Haus und stell deine Schmiede zur Verfügung, John!“, bestimmte Jim gelassen. „Tote sind alle gleich, und deine Schmiede hat sie bisher alle aufgenommen.“
„Du stellst dich also vor den Schuft, ausgerechnet du? Er hat dich lächerlich gemacht, Jim, indem er eine Beerdigungsfeier für dich arrangierte. Er hat dich aufgezogen, und jetzt lässt du dich von ihm beeinflussen? Geh zum Teufel, Jim, du verdienst es nicht besser!“
John Gelong legte auf Jim an, doch Jim trat näher. Er beachtete die auf ihn gerichtete gefährliche Waffenmündung nicht. Er schob die Waffe zur Seite, griff plötzlich fest zu und nahm dem bulligen Mann die Flinte aus der Hand.
Darauf war John Gelong nicht vorbereitet gewesen. Er hatte nicht geglaubt, dass Jim Sutherland so weit gehen würde.
„Der Weg ist frei. Tragt den Toten in die Schmiede!“, bestimmte Jim.
Deutlich konnte er sehen, wie Duff Terrific und alle anderen ihn erstaunt ansahen. Sie standen da, als begriffen sie diese Wandlung nicht. John Gelong murmelte heiser: „Man hat wirklich nicht umsonst deine Beerdigung gefeiert. Du bist bald am Ende. Nach der Warnung hättest du davonreiten sollen.“
„Dann hättest du das vor mir tun müssen, John. Aber du bist auch noch hier. Duff Terrific ist dir ebenfalls nicht grün.“
„Aber er hat beide Augen auf Hayde geworfen“, erwiderte John Gelong. „Er will sie zu seiner Frau machen, und das gibt mir einige Sicherheit. Er wird es aus diesem Grund nicht wagen, gegen mich Stellung zu nehmen. Sollte mir etwas von seinen Leuten zustoßen, ist es aus,, und Hayde ist für immer für ihn verloren. Ich nutze das aus, Jim, mir wird kein Haar gekrümmt. Du aber hast dich zu weit vorgewagt, du stehst auf verlorenem Posten. Ich möchte nicht in deiner Haut stecken. Allein schaffst du es nie!“
„Ich stehe nicht allein, John“, erwiderte Jim Sutherland so laut, dass auch der Letzte ihn hören konnte. „Wer das denkt, ist ein Narr. Es wird sich herausstellen, dass es anders ist.“
John Gelong gab keine Antwort. Er ließ es zu, dass Duff Terrifics Leute den Toten in die Schmiede trugen, um ihn dort aufzubahren. Er schien es allerdings nicht ertragen zu können, denn er winkte Jim Sutherland zu, ihm in seine Wohnung zu folgen. Jim nickte zustimmend. Er war froh darüber, dass er Hayde sehen würde, die beim Kommen der Männer in die Wohnung zurückgegangen war. Hayde Egan war in der Küche und begrüßte Jim mit einem Lächeln.
„Bringst du uns etwas zu trinken, Hayde?“, fragte John.
„Geht in Ordnung“, antwortete sie und deutete auf eine im Regal stehende Flasche.
„Ja, die ist genau richtig“, stimmte John Gelong zu und ging weiter. Im Wohnzimmer bat er Jim Sutherland Platz zu nehmen. Er selbst setzte sich Jim gegenüber. Er schob die Zigarrenkiste über die Tischplatte, und beide bedienten sich. Eine Weile rauchten sie schweigend.
„Mich geht es nichts an, Jim“, begann John Gelong das Gespräch, „aber dieser Duff Terrific geht entschieden zu weit. Ein Teil seiner Mannschaft sucht nach einem Halbblut, nach einem gewissen Slim Bruce. Jeder hier weiß, dass der narbengesichtige Mann von Terrific nur das bekam, was er längst verdient hat. Durch den gekonnten Messerwurf hat dieser Bruce der Menschheit nur einen Dienst erwiesen.“
„Ich kann dir noch mehr über Slim Bruce berichten, John. Der junge Mann ist dabei, seine Eltern zu rächen. Er will das Gold zurückholen, das man seinem Vater raubte. Leider hat er keinen Zeugen, und er würde nur einen Schlag ins Wasser führen, wenn er Anklage erheben würde.“
„Du sprichst so, als hättest du die Bekanntschaft von Bruce gemacht?“
„Habe ich.“
„Wirklich?“, schnappte John Gelong, wobei er den Kopf schief legte und die Augenlider schmal zog. „Vielleicht hat er dir seine Geschichte erzählt.“
„Auch das.“
„Du wirst mit deinem Wissen überhaupt nichts anfangen können. Niemand wird es wagen, sich hinter ein Halbblut zu stellen.“
„Doch, ich werde es!“
„Das ist zu wenig. Du hast nur eine Aussage, und die nimmt man nicht ernst, das weißt du so gut wie ich. — Wen beschuldigt dieser Slim Bruce?“
„Terrific, seine Männer und andere, die hinter Terrific stehen“, sagte Jim offen. „Slim Bruce hat keinen Grund, es zu verheimlichen.“
„Nicht einmal die Rancher könnten aus dieser Geschichte Kapital schlagen“, äußerte John seine Bedenken. „Wenn es sich bei Bruce nicht um ein Halbblut handeln würde, dann hätten die Rancher eine Handhabe gegen Terrific, so aber?“ John zuckte mit den Schultern. „Du hast aber auch wirklich Pech, mein Lieber. Gerade jetzt, wo du Hilfe nötig hättest und du dir die Rancher mit ihren Cowboys zu Freunden machen könntest, muss nur ein Halfcast auftauchen und Beschuldigungen erheben. — Wirklich zu schade, Jim!“
John Gelong stellte deutlich heraus, was die Leute hier von einem Halbblut hielten. Man sah ein Halbblut ebensowenig für einen Menschen an wie einen Indianer. Jim Sutherland wusste das nur zu gut. Eine tiefe Bitterkeit breitete sich in ihm aus. Sie wich erst, als Hayde Egan eintrat. Ihre Erscheinung brachte ihn auf andere Gedanken. By gosh, wer sie sah, musste allen Kummer vergessen. Sie war schlank und hochgewachsen wie eine Tanne. Ihr glänzendes rotes Haar umrahmte in weichen Wellen ihr zartes Gesicht.
Hayde kam an den Tisch heran und stellte Gläser und Flasche zurecht. Schweigend ging sie wieder hinaus. John Gelong schenkte ein, nahm ein Glas in die Hand und forderte Jim auf, es ihm nachzutun.
„Man hat sich einen schlechten Scherz mit dir erlaubt, Jim“, sagte John, nachdem beide getrunken hatten. „Die ganze Stadt hat über dich gelacht. Ein anderer hätte die Konsequenzen gezogen und wäre davongeritten, aber du bist geblieben. Das nötigt mir Achtung ab. Oder bist du lebensmüde?“
„Nicht im Geringsten, John. Ich laufe nur nicht davon. Wer es einmal getan hat, tut es immer wieder. Ich fürchte Duff Terrific nicht.“
„Nun, ich auch nicht, Freund“, grinste John Gelong. „Es gibt Leute, die nur darauf warten, dass sie eine Handhabe gegen ihn bekommen. Die Sache, die Bruce passierte, genügt nicht. Die Rancher werden daraufhin nicht anbeißen.“
„Ich weiß“, sagte Jim. „Sie stecken mit ihren Cowboys bereits in Schwierigkeiten. Die Rinderdiebstähle nehmen zu, seitdem Duff Terrific die Gitter-Ranch kaufte. Man kann ihm jedoch nichts beweisen.“
„Terrific müsste dumm sein, wenn er nicht wüsste, wie sehr man ihm misstraut. Nein, so einfach liegen die Dinge nicht. Ich glaube kaum, dass er umgebrändete Rinder auf seiner Weide grasen lässt. Irgendwo in den Bergen muss es ein Versteck geben, in das man die Rinder schafft. Leider hat man bisher vergeblich nach diesem Versteck gesucht. Nicht einer Cowboymannschaft gelang es, das Versteck ausfindig zu machen.“
„John, steck deine Nase nicht zu tief in diese Angelegenheit!“
„Ein guter Rat, Jim, der aber zu spät kommt. Ich habe keine Angst.“
„Verlass dich nicht zu sehr darauf, dass Terrific dich schont.“
„Zum Teufel mit diesem Saloonbesitzer! Ich kann ihn nicht ausstehen, ebensowenig wie ich die Herumlungerer ausstehen kann, die seinen Vogelkäfig-Saloon zur Burg machen. Wenn es sich herausstellen sollte, dass es von Terrific eine Verbindung zu den Gesetzlosen in den Bergen gibt, ist er geliefert.“
Jim Sutherland horchte auf. Er sah John erstaunt an.
„Von welchen Leuten sprichst du?“, fragte er.
„Das weißt du nicht? Die ganze Stadt spricht davon. Rancher Everett stieß auf ein Dutzend Kerle, als er auf der Jagd war. Er glaubte, es seien seine eigenen Cowboys, die sich am Lagerfeuer befänden. Er erwartete seine Boys zurück, die eine Herde zum Verkauf getrieben hatten. Er sah erst, mit welcher Gesellschaft er es zu tun hatte, als es fast zu spät für ihn war. Sie haben ihn wie einen Hasen gejagt, doch er konnte ihnen entwischen. Als er sich mit seinen Cowboys an die Verfolgung machte, war es zu spät. Die Hartgesottenen waren mit der kleinen Herde, die Everett bei ihnen gesehen hatte, längst auf und davon. Sie hatten die Tiere in ein Gelände hineingetrieben, dessen Boden so hart war, dass keine Trittsiegel zurückblieben.“
„Hat Everett jemanden erkennen können?“
„Ja“, antwortete John, „einen Mann namens Ken Maker. Diesem Mann ist er vor Jahren in Montana begegnet. Er soll ein verteufelt übler Kerl sein.“
„Ken Maker?“, echote Jim.
„Was ist los mit dir, Jim, du bist ganz bleich geworden?“
Das stimmte. Jim legte seine Zigarre in den Aschenbecher zurück. Sie schmeckte ihm nicht mehr. Übelkeit stieg in ihm auf. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn, und er musste sich im Sessel zurücklehnen. Er presste die Lippen fest zusammen. Es gab keinen Zweifel, der Name Ken Maker winkte wie ein Keulenschlag auf ihn.
„Ken Maker aus Montana, das könnte sein“, murmelte Jim. Er schien nicht einmal mehr zu wissen, dass John Gelong anwesend war. „Es ist der Mann, der meinen Bruder Brod umbrachte, der Mann, den ich jahrelang vergebens suchte, von dem ich schließlich annahm, dass der Teufel ihn geholt habe. Ich glaubte, dass er ohne meine Hilfe in die Hölle fuhr. Er ist einer der Männer, die auf meiner Abschussliste stehen.“
„Jim, er ist nicht allein, er hat ein Dutzend wilder Burschen bei sich. Nimm dir nicht noch mehr vor, du hast bereits so genug Schwierigkeiten. Wenn du es wünscht, werde ich dir immer zur Verfügung stehen.“
„Mir ist jede Hilfe recht, John, ich nehme dein Angebot an“, erwiderte Jim und erhob sich. Es hielt ihn nicht länger. Er musste an die frische Luft und musste allein sein.
Diesmal war Jim Sutherland froh, dass er Hayde nicht begegnete. Er atmete auf, als er wieder auf der Mainstreet stand. Es war inzwischen hell geworden. Die Sonne ging auf. Vor dem Eingang zur Schmiede standen zwei schwerbewaffnete Männer aus Terrifics Leibgarde. Sie beobachteten Jim scharf, doch der beachtete sie nicht. Er bewegte sich mit der ihm eigenen Lässigkeit und verhielt erst den Schritt, als er vor dem Mietstall ankam. Der Mietstallbesitzer, ein alter grauhaariger Mann, war bereits an der Arbeit.
„Alle Achtung, Sheriff!“, hörte Jim ihn sagen. „Du bist geblieben?“
„Ich habe auch nicht vor, noch zu verschwinden, Oldman“, erwiderte Jim.
Der andere grinste ihn an und zwinkerte ein wenig mit seinen kleinen, ein wenig schräggestellten Augen. Wie beiläufig fragte er: „Wolltest du zu mir, Sheriff?“
„Ja.“
„Dann schieß los! Willst du einen Mann für ein Aufgebot? Wenn du das willst, muss ich dich enttäuschen. Ich bin zu alt geworden, ich kämpfe nicht mehr. Meine Augen sind schlecht, ich sehe nicht mehr gut. Du hast dich an den falschen Mann gewandt. Wenn du das Halbblut Slim Bruce schützen willst, wirst du kaum jemanden finden, der dir hilft.“
„Sind Terrifics Leute immer noch hinter Slim Bruce her?“
„Ja“, antwortete der Mietstallbesitzer. „Eine Abteilung Terrifics kam vor Morgengrauen zurück und eine andere ritt in die Berge hinein. Ich glaube, sie werden Bruce nicht fangen. Er ist ein halber Indianer und kennt Tricks, die es ihm möglich machen, allen Verfolgern zu entkommen. Du verschwendest deine Zeit, wenn du ihm helfen willst, Sheriff.“
„Ihm braucht nicht mehr geholfen zu werden, Oldman, das weiß ich.“
„Wirklich?“
„Ja, denn ich bin hier, um ein Pferd für ihn zu kaufen.“
Der Alte duckte sich. Er starrte Jim entgeistert an, beugte sich vor und hielt eine Hand hinters Ohr, um besser hören zu können.
„Sag das noch einmal, Sheriff, ich habe wohl nicht richtig verstanden.“
„Ich pflege mich nicht zu wiederholen, Freund. Kann ich nun ein Pferd bekommen?“
„Geschäft ist Geschäft“, sagte der Alte. „Ich würde sogar an den Teufel verkaufen, wenn er hier aufkreuzte. Du hast dich sehr gewandelt, Sheriff. Es ist erstaunlich, was eine einzige Nacht aus einem Mann machen kann. Nun gut, kauf dem Halbblut das Pferd und bring es zu seinem Versteck! Ich wünsche ihm Glück. Du hast mehr für diesen Bruce getan, als es deine Pflicht ist. Du hast als Mensch gehandelt, und das muss jeder anerkennen.“
Jim Sutherland antwortete nicht. Er folgte dem Alten in den Mietstall, wo in Sonderboxen die Pferde standen, die verkäuflich waren. Es gab einige prächtige Tiere unter ihnen. Ein Rappe fiel Jim besonders ins Auge. Er betrachtete das Tier genauer.
„Von dem lass die Finger“, riet der Stallmann. „Niemand kann den Bocker reiten. Er ist ein Mankiller. Drei Männer hat er bereits getötet. Dass der Rappwallach überhaupt noch lebt, ist nur ein Zufall. Zweimal hat man ihn erschießen wollen, doch ich habe eingegriffen und ihn gekauft. Ich wollte den Rappen bei besonderen Vorstellungen vorführen, doch leider wurde zu schnell bekannt, dass er ein Killer ist. Jetzt ist er nur ein unnützer Fresser, der nichts einbringt. — Geh nicht in die Box, Sheriff!“
Die Warnung kam zu spät. Der Rappe keilte mit den Hinterhufen aus. Nur mit einem schnellen Satz konnte sich Jim in den Stallgang retten.
„Das war haarscharf!“, sagte Jim und betrachtete die Bohle, die in Kopfhöhe von den stahlharten Hufen aufgesplittert worden war. Er glaubte, den scharfen Luftzug der Hufe jetzt noch im Gesicht zu spüren. Der Rappe stand wieder ganz ruhig da. Er äugte nicht einmal zu dem Besucher hin, sondern beschäftigte sich wieder mit seinem Heu.
Der Mietstallbesitzer langte zur Peitsche. Als er sie hob, klang eine Stimme vom Stalleingang her: „Schlag ihn nicht, Oldman!“
Die zum Schlag erhobene Hand des Mietstallbesitzers sank herab. Seine Augen wandten sich zum Stalleingang und erblickten dort einen dunkelhäutigen jungen Mann, der in der Art der Waldläufer und Fallensteller gekleidet war. Ein Sheriffstern blitzte auf seiner Brust.
„Das darf nicht wahr sein!“, murmelte der Alte. „Slim Bruce in der Stadt, mit einem Sheriffstern auf der Brust! By gosh, Jim Sutherland, was hast du dir nur dabei gedacht? Terrific muss ja förmlich explodieren, wenn er den Mann sieht, der eine Lücke in die Reihe seiner Leibwächter riss. Sutherland, ein Mann darf wachsen, aber er sollte nicht in den Himmel hineinwachsen wollen.“
„Mit anderen Worten, du willst mir eine Riesendummheit bescheinigen, Oldman“, erwiderte Jim.
Verwirrt sah ihn der Alte an, schüttelte dann den Kopf und stotterte: „Es ist ja nicht meine Haut, die durchschossen wird.“
„Eben, Freund! — Komm näher, Slim! Dir scheint der Rappe wie mir zu gefallen?“
„So ist es, Jim.“
Slim Bruce machte einen ausgeruhten Eindruck. Er schien gut geschlafen und sich das Frühstück selbst bereitet zu haben. Wie ein Lauffeuer musste sich die Neuigkeit in der Stadt verbreitet haben, dass Slim Bruce zum Mietstall gegangen war und sich öffentlich auf der Mainstreet gezeigt hatte.
„Heilige Mavericks!“, sagte der Stallmann leise. „Ich bin nicht mehr an Geschäften interessiert. Die ganze Terrific-Meute wird gleich hier sein, um euch beide auseinanderzunehmen. Mein guter Stall! Man wird ihn zerschießen und anstecken! Ich bitte euch, Gents, verzichtet auf den Kauf eines Pferdes!“
„Nein“, sagte Jim Sutherland fest. In seiner Stimme war ein metallischer Klang, der nicht zu überhören war. „Wir kaufen!“
„Wir nehmen den Rappen“, sagte Slim Bruce ruhig.
„Ihr wollt also tatsächlich den Rappen haben? Zahlt mir das Futtergeld, zahlt mir genau das, was das Vieh mich kostete, und dann zieht mit ihm ab!“, keuchte der Stallmann erregt. „Zehn Dollar, Gents, mehr ist mir der Killer nicht wert. Holt ihn euch aber selbst aus der Box!“
Der Alte blickte zur Stalltür hin, als erwartete er, dass dort jeden Augenblick Revolvermänner auftauchten. Er betrachtete Bruce und sah, dass er unbewaffnet war. Auch das schien ihm zu missfallen. Am meisten aber erregte er sich darüber, dass die beiden Männer nicht die geringste Eile an den Tag legten.
Die Nerven der beiden möchte ich haben, dachte der Mietstallbesitzer. Man lebt nur einmal, aber die beiden tun, als ob sie hundert Leben zu vergeben hätten. Sie sind eiskalt, doch werden sie es noch sein, wenn die Hölle aufbricht?
Die Knie des Alten zitterten. Nein, er wollte nicht in eine Sache hineingeraten, in der eine verirrte Kugel sein Leben auslöschen konnte.