Kitabı oku: «Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten», sayfa 10

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Immerhin jedoch gelangte die gesamte Reiterkolonne dank dieser Täuschung in wesentlich kürzerer Zeit wesentlich weiter, als es anders der Fall gewesen wäre. Diesbezüglich machte sich Maziroc nichts vor. Ein Ausbruch ohne diese Unterstützung durch Charalons Reif wäre ein reines Selbstmordunterfangen gewesen.

Dann, von einem Augenblick zum nächsten, zerplatzte die Illusion.

Maziroc wusste, wie viel Kraft das Skiil von seinem Trägern für die Erschaffung und Aufrechterhaltung einer so aufwendigen Illusion forderte. Charalon musste am Ende seiner Kräfte angelangt sein. Maziroc sah, wie er ein Stück entfernt im Sattel in sich zusammen sank und vermutlich von seinem Pferd gestürzt wäre, wenn nicht einer der Soldaten rasch zugegriffen und ihn gestützt hätte.

Im gleichen Moment, in dem das Trugbild erlosch und die Damonen erkannten, dass sie nur getäuscht worden waren, stürzten sie vorwärts. Trotz aller Aufmerksamkeit wurden einige der Krieger, die das Erlöschen des magischen Feldes im Gegensatz zu Maziroc nicht hatten spüren können, von dem ungestümen Angriff überrascht, doch erholten sie sich rasch von ihrem Schrecken. Wie abgesprochen formierte sich die Gruppe neu, bildeten nun einen Keil, der sich immer tiefer in den Leib des Damonenheeres hineinbohrte.

Ihr Vordringen verlangsamte sich jedoch immer mehr, da die Damonen nun nicht mehr vor ihnen zurückwichen, sondern sie mit all ihrer unmenschlichen Wut und Kraft attackierten. Jetzt zeigte sich, dass ihre Krallen, Stacheln, Scheren und Tentakel in der Tat so fürchterliche natürliche Waffen darstellten, wie Maziroc vermutet hatte.

Die ersten Krieger sanken tot oder verwundet aus ihren Sätteln. Mehr aber noch als ihnen selbst galten die Angriffe der Damonen den weitgehend schutzlosen Pferden, die die größte Schwachstelle darstellten. Mehrere Tiere stürzten mit durchbohrtem Leib oder durchtrennten Läufen zu Boden und begruben ihre Reiter unter sich oder schleuderten sie mitten in das Gewimmel der Angreifer, wo sie kaum noch eine Chance hatten.

Es dauerte kaum eine Minute, bis die zuvor so geordnete Formation zerbrach, aber von Anfang an hatte im Grunde auch keiner von ihnen etwas anders erwartet, wenn der eigentliche Kampf erst einmal losbrach. Jeder von ihnen wurde von mehreren Damonen gleichzeitig bedrängt und war sich selbst der Nächste.

Genau wie die anderen hieb und schlug auch Maziroc mit seinem Schwert wild um sich. Wenn die Damonen ihn und die anderen Magier ursprünglich lebend hatten gefangen nehmen wollen, so war davon jetzt nichts mehr zu merken, so verbissen und mit solcher Gewalt griffen sie an. Die Ungeheuer schienen überall zu sein, und für jedes, das er erschlug, schienen augenblicklich zwei neue direkt aus dem Boden zu wachsen. Mehrfach drohte er aus dem Sattel geschleudert zu werden, als sein Pferd, das die Gefahr ebenfalls deutlich spürte und vor Angst fast wahnsinnig war, sich aufbäumte und mit den Hufen ausschlug, doch stets gelang es ihm, sich zu halten und weiterzukämpfen.

Fast unmittelbar neben ihm schlugen mit einem Mal grelle Lichtblitze ein. Von der Wehrmauer des Gehöfts aus griff Kenran'Del mit seinem Flammenschwert in den Kampf ein. Die Blitze töteten mehrere Damonen, die sich gerade auf ihn stürzen wollten und ihn vermutlich unter sich begraben hätten. Die Hitze strich wie eine glühende Hand über seinen Rücken, doch die unverhoffte Hilfe verschaffte Maziroc Gelegenheit, sich einen Moment lang umzuschauen.

Auch einige seiner Begleiter wurden durch die Lichtblitze Kenran'Dels aus höchster Gefahr gerettet. Allerdings fiel ihm auf, dass der Fremde sich hauptsächlich auf Eibon, Charalon und ihn selbst, sowie die übrigen Magier und die einzige noch lebende Vingala zu konzentrieren schien.

Auch weiterhin schlugen immer wieder mal Lichtblitze ganz in Mazirocs Nähe ein und töteten die Damonen um ihn herum. Er drang nur noch sehr langsam, aber immerhin beständig vorwärts, und nach einer Weile, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, begannen sich die Reihen der Damonen vor ihm allmählich zu lichten. Jetzt würden die Ungeheuer hauptsächlich von hinten angreifen, doch befanden sich dort noch genügend Krieger, die ihm den Rücken freihielten.

Obwohl er am ganzen Körper Blessuren davongetragen hatte und die Muskeln seines Arms mittlerweile so stark schmerzten, dass er das Schwert kaum noch führen konnte, schlug Maziroc noch einmal in weitem Bogen um sich, hieb einem Damonen den Kopf ab, dass grünliches Blut aus der Wunde hervorschoss, und rammte einem weiteren die Klinge tief in den Leib.

Dann waren um ihn herum nur noch so wenige Ungeheuer, dass er sich entschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Immer noch schlug er um sich, doch es waren völlig ungezielte Streiche, während er seinem Pferd die Sporen gab. Es fand seinen Weg zwischen den vereinzelten Damonen hindurch von selbst; nur vereinzelt musste Maziroc es am Zügel herumreißen und einer der angreifenden Kreaturen ausweichen.

Endlich blieb auch das letzte der Ungeheuer mit abgeschlagenem Kopf hinter ihm zurück. Da er jedoch damit rechnen musste, dass er verfolgt wurde, ritt Maziroc trotzdem noch ein gutes Stück weiter, ehe er sein Pferd zügelte und zurückblickte.

Die Schlacht war immer noch in vollem Gange. Ein Stück von ihm entfernt, befanden sich Charalon, Eibon und Bayron unmittelbar beieinander. Der Magier war immer noch von der Erschöpfung durch seine Beschwörung gezeichnet und kaum zum Kämpfen in der Lage. Die anderen beiden hatten ihn in die Mitte genommen und deckten ihn, während sie sich vorwärts kämpften. Es würde noch einige Minuten dauern, bis auch sie den Belagerungsgürtel durchbrechen würden, aber sie hatten gute Aussichten, es zu schaffen, zumal gerade ihnen Kenran'Del vom Gehöft aus immer wieder mit den Blitzen seines Flammenschwertes zu Hilfe kam und ihnen einen Weg bahnte.

Diese Hilfe nahm jedoch mittlerweile auch ab, obwohl in Richtung des Gehöfts auch weiterhin ständig Blitze aufleuchteten. Aber die Damonen hatten sich nun auf diese zusätzliche Bedrohung eingestellt und griffen auch den Hof erneut an, sodass der Fremde gezwungen war, sich selbst gegen sie zu verteidigen.

Wie Maziroc feststellte, waren nur noch erschreckend wenige Männer am Leben. Die Schlacht hatte nicht nur von den Damonen einen hohen Blutzoll gefordert. Rund die Hälfte der Elben und fast zwei Drittel der Gardesoldaten waren tot, und selbst unter denen, die jetzt noch lebten, würde es bis zum völligen Ende der Schlacht noch weitere Opfer geben.

Obwohl sie den Belagerungsring bereits durchdrungen hatten, kämpften nicht weit hinter ihm zwei Elbenkrieger und einer der Soldaten weiterhin gegen die Damonen, um auch den Nachfolgenden eine Bresche freizuhalten.

"Du da!", rief Maziroc, deutete auf den Soldaten und winkte ihn zu sich herüber. Es handelte sich um einen noch jungen, dunkelhaarigen Mann mit einem gewaltigen Schnauzbart. Obwohl er bereits aus zahlreichen Wunden blutete, ließ er die Elben nur mit sichtlichem Widerstreben allein und kam zu Maziroc herüber.

"Was ist los, Herr?", fragte er.

"Wie heißt du?"

"Pollus, Herr. Leutnant beim zweiten Regiment der Garde Cavillons."

"Also gut, Pollus. Für dich ist die Schlacht vorbei", erklärte der Magier. Zwar hatte Charalon ihm aufgetragen, sich zwei Soldaten als Eskorte zu nehmen, doch Maziroc wollte den Erfolg seiner Mission nicht gefährden, indem er länger wartete und möglicherweise doch noch von den Damonen eingeholt und getötet wurde. "Wir werden nicht mit den anderen reiten. Ich habe von Charalon einen Spezialauftrag erhalten, und du wirst mich als meine Eskorte begleiten. Unser Ziel ist Ravenhorst."

"Ravenhorst?", wiederholte der Soldat, dann leuchteten seine Augen auf. "Aber das ... das ist die Heimat der Zwerge. Kaum ein Mensch hat sie jemals betreten."

"Dann wird die Vorfreude darauf dich sicherlich beflügeln", erklärte Maziroc. "Wir haben nämlich keine Zeit zu verlieren."

Ohne ein weiteres Wort gab er seinem Pferd die Sporen und preschte los.




Krieg und Frieden


Ohne eine weitere Rast ritten sie bis spät in den Nachmittag hinein, ohne dass Miranya noch ein einziges Wort mit Maziroc wechselte. Mehrfach spürte sie den Blick des Magiers auf sich ruhen. Sie bedauerte den Streit zwischen ihnen selbst bereits und hätte sich gerne wieder mit ihm unterhalten, doch nachdem er sie so verletzt hatte, war sie zu stolz, von sich aus wieder auf ihn zu zu gehen.

Auch Scruul merkte offenbar, dass etwas zwischen ihnen nicht stimmte. Er dirigierte sein Pferd an ihre Seite und blickte sie fragend an.

"Was ist denn mit dir und Maziroc los?", erkundigte er sich.

"Ach, nichts weiter", antwortete Miranya und machte eine gleichgültige Handbewegung. "Wir hatten nur eine kleine Auseinandersetzung."

"Ich will nicht neugierig sein, aber um was ging es denn, wenn ich fragen darf? Falls es etwas war, was mit dieser Expedition zu tun hat, betrifft es immerhin uns alle."

Miranya blickte ihn an. Sie war sicher, dass es ihm gar nicht darum ging, ob ihr Streit etwas mit ihnen allen zu tun hatte. Er versuchte nur, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Schon seit ihrem Aufbruch aus Cavillon war unverkennbar, dass Scruul Interesse an ihr hatte. Er sah recht gut aus, konnte ausgesprochen charmant sein und machte einen sympathischen Eindruck. Dennoch erwiderte Miranya sein Interesse nicht. Scruul hatte etwas an sich, das ihr fast Unbehagen bereitete. Es gab keinen einzigen objektiven Beleg dafür, aber manchmal meinte sie mit ihrer weiblichen Intuition zu spüren, dass seine Freundlichkeit nur eine Maske wäre, unter der etwas Dunkles brodelte, das sie abstieß. Vielleicht war es einfach nur ein tief sitzender Schmerz, den irgendjemand ihm einst zugefügt hatte, die Narben einer seelischen Wunde. Sie wusste es nicht, und da Scruuls direkte Nähe ihr immer noch vages Unbehagen einflößt, hatte sie auch kein sonderliches Interesse daran, dieses Geheimnis zu ergründen. Es war ihr am liebsten, wenn er sich einfach nur von ihr fernhielt.

"Du darfst ruhig fragen. Allerdings betraf unser Streit nicht direkt diese Expedition. Genau genommen ging es um lästige Neugier", antwortete sie wahrheitsgemäß, sich der sarkastischen Spitze allerdings durchaus bewusst, die ihre Worte enthielten.

Auch Scruul spürte sie, denn er zuckte leicht zusammen und machte ein betroffenes Gesicht.

"Oh", murmelte er unsicher. "Tut mir leid, ich wollte nicht aufdringlich sein." Er blickte nach vorne, ritt aber weiterhin direkt neben ihr.

"Damit wollte ich eigentlich ausdrücken, dass ich allein sein möchte", fügte Miranya hinzu. "Warum vollbringst du nicht einfach ein paar gute Taten? Vielleicht findest du ein paar erfrorene Vögel, die du von den Zweigen brechen und nach Süden werfen kannst."

Zornig blickte er sie an. "Schon gut, kein Grund gleich beleidigend zu werden", brummte er und verlangsamte sein Tempo, sodass er etwas zurück fiel.

Na prima, dachte Miranya voller Zynismus. Sie entwickelte anscheinend ein immer beachtlicheres Talent, Leute vor den Kopf zu stoßen, die es gut mit ihr meinten. In Scruuls Fall tat es ihr allerdings nicht einmal leid. Sie hatte nichts direkt gegen ihn, verdankte ihm ebenso wie Maziroc und der Soldat sogar ihr Leben, dennoch wahrte sie lieber Distanz zu ihm.

Mit Einbruch der Dämmerung erreichten sie ein kleines Nadelwäldchen, das einen idealen Ort für ein Nachtlager darstellte, zumal es unter den Zweigen fast schneefrei war. Sie drangen ein gutes Stück weit in den Wald ein. Mit ihren Äxten fällten die Zwerge mehrere Bäume und schufen so künstlich eine Lichtung, auf der sie ihr Lager errichteten. Zwei der gefällten Bäume wurden in handliche Stücke für ein Feuer gehackt, die übrigen so zurechtgezerrt, dass sie eine Barriere rings um die Lichtung bildeten, die zu durchdringen weder Hornmännern noch irgendwelchen Raubtieren unbemerkt gelingen würde.

Obwohl die Zwerge sich redlich mühten, war das Feuer nur schwer in Gang zu bringen, da das Holz zu frisch und feucht war. Nachdem sie einige Minuten lang zugesehen hatte und sich abzeichnete, dass es wohl noch mindestens eine Stunde dauern würde, bis die Scheite richtig zu brennen beginnen würden, öffnete Miranya das Bündel mit ihren persönlichen Besitztümern, das sie in der Satteltasche ihres Pferdes verstaut hatte, und holte ein kleines, sorgsam verschnürtes Leinensäckchen heraus.

"Lasst mich Euch helfen", wandte sie sich an die Zwerge und zog sich mit den Zähnen die Handschuhe von den Fingern. "Aber es ist besser, wenn Ihr erst ein Stück vom Feuer weggeht."

Sie wartete, bis die Zwerge ein paar Schritte zurückgewichen waren, dann warf sie etwas von dem gräulich-schwarzen Pulver, das sich in dem Säcken befand, auf die glimmenden und rauchenden Scheite. Es gab eine grelle Stichflamme. Miranya stand weit genug entfernt, dass diese ihr nichts anhaben konnte, doch nach der Kälte, der sie schon den ganzen Tag ausgesetzt war, meinte sie die Wärme, die ihr entgegenschlug, wie den glühenden Atem eines Drachen im Gesicht zu spüren. Gleich darauf begann ihre Haut zu prickeln, so heftig, als ob jemand sie mit unzähligen Nadeln stechen würde.

Aber sie hatte Erfolg gehabt. Knisternd und prasselnd leckten Flammen über die aufgeschichteten Holzscheite. Beifallheischend blickte Miranya sich um, doch einige der Zwerge nickten ihr lediglich dankbar zu. Offenbar waren Pulver und magische Hilfsmittel dieser Art auch bei ihnen nicht unbekannt. Für einen Moment war sie enttäuscht, doch dann rief sie sich wieder ins Gedächtnis, was man ihr während ihrer Ausbildung über Prahlerei beigebracht hatte. Es wäre eine Charakterschwäche, wenn man der Verlockung nachgäbe, seine Kräfte nur anzuwenden, um andere zu beeindrucken und vor ihnen anzugeben, weil man in diesem Moment lediglich versuchen würde, die eigene Überlegenheit zu demonstrieren. Nun, in diesem Fall hatte Miranya eher versucht, das Gefühl der eigenen Unterlegenheit gegenüber den Zwergen zu kompensieren.

Aber auch wenn falsche Motive bei ihrem Tun mit eine Rolle gespielt haben mochten, wichtig war nur, dass das Feuer endlich richtig brannte. Miranya öffnete ihren Mantel und streckte ihre Hände den Flammen entgegen. Wieder begann ihre Haut zu unangenehm zu prickeln, doch sie ertrug es, ohne sich etwas anmerken zu lassen, und nach ein paar Minuten klang es wieder ab.

Bald darauf saßen sie alle in einem Kreis um das Feuer, tranken Wasser, das aus geschmolzenem Schnee bestand, und gelegentlich einige Schlucke von einem starken Schnaps aus Beeren, Obst und Kräutern, den die Zwerge mitgebracht hatten. Außerdem verteilten sie reichlich Brot und getrocknetes Fleisch, was Miranya dankbar entgegennahm, da ihre eigenen Vorräte bereits stark geschrumpft waren.

"Von dem Schnaps hättet Ihr ruhig heute Mittag schon anbieten können", wandte sie sich an Barkon, nachdem sie einen weiteren Schluck getrunken hatte. Feurig lief ihr der Alkohol die Kehle hinunter, schien in ihrem Magen zu explodieren und verbreitete eine angenehme Wärme in ihrem ganzen Körper. "Da habe ich wesentlich mehr gefroren, als hier am Feuer."

"Und der Alkohol hätte dich doppelt so müde gemacht, als du es auch so schon warst, Kind", entgegnete Barkon. Seine Stimme klang herablassend, was Miranya ebenso störte, wie dass er sie als Kind bezeichnete, doch sie spülte ihren Ärger mit einem weiteren Schluck Schnaps hinunter. Maziroc hatte sie bereits vor ihrem Aufbruch am Morgen gewarnt, dass sie sich durch das Verhalten der Zwerge nicht kränken lassen sollte. Sie lebten so abgeschieden, weil sie die Menschen verachteten, teilweise sogar hassten. Lediglich die Magier und Vingala bildeten eine Ausnahme. Wäre sie eine gewöhnliche Frau, würde keiner der Zwerge auch nur ein einziges Wort mit ihr wechseln. Auch als Vingala würde sie sich jedoch damit abfinden müssen, dass man ihr nicht gerade mit überschäumender Freundlichkeit oder gar Freundschaft begegnen würde. Die Hochachtung der Zwerge Maziroc gegenüber war eine rein persönliche Angelegenheit, die sich nur auf ihn allein erstreckte.

Eigentlich hatte Miranya erwartet, dass sie fast sofort einschlafen würde, sobald sie sich erst einmal hinsetzte, doch als sie nun am wärmenden Feuer kauerte, war ihre Müdigkeit, unter der sie den ganzen Tag über gelitten hatte, plötzlich wie weggefegt. Genau genommen hatte es sich wohl ohnehin mehr um Erschöpfung als um Müdigkeit gehandelt. Geschlafen hatte sie während der letzten Tage, die sie in der Höhle gefangen gewesen waren, mehr als genug.

Nach einiger Zeit, als die Stimmung durch den Alkohol bereits gelockert worden war, begann Maziroc wieder von der Zeit des ersten großen Krieges gegen die Damonen zu erzählen. Gebannt lauschte Miranya seinem Bericht, wie er mit Maziroc und Eibon in die Falle getappt war, die das einsame Gehöft darstellte, wie sie mit knapper Not gerade noch hatten entkommen können, bevor sie vollends zuschnappte, und natürlich wie er Kenran'Del kennengelernt hatte. Es war das erste Mal, dass er Näheres über den geheimnisvollen Mann erzählte, dessentwegen sie diese Reise überhaupt auf sich genommen hatten, weshalb sie ganz besonders interessiert zuhörte.

Allerdings war sie nicht die Einzige, der es so erging. Auch die Zwerge waren von seiner Erzählung offensichtlich gebannt, und Miranya war überzeugt, dass er nicht ohne Hinterabsichten gerade diese Episode ausgewählt hatte. Schließlich hatte er ihr erst am Mittag anvertraut, dass er versuchen würde, noch einmal mit Barkon zu reden, damit dieser ihn auf seine schnellere Art über den Luyan Dhor oder sogar bis zu der Zitadelle im Ödland von Sharolan brachte. Dafür jedoch war es nötig, den Zwergen zunächst noch einmal deutlich vor Augen zu führen, über welche Mittel Kenran'Del verfügte und was für ein wertvoller Verbündeter er deshalb sein würde.

Daran verschwendete Miranya jedoch nur wenige Gedanken. Viel zu sehr faszinierte sie das, was sie hörte. Eigentlich konnte Maziroc über diesen Kenran'Del nur wenig berichten, weil er selbst nur wenig über ihn wusste, aber bereits das Wenige, das sie gehört hatte, weckte in ihr den brennenden Wunsch, diese mysteriöse Person kennenzulernen. Sie hatte schon immer ein Faible für Geheimnisse gehabt, und wenn dieser Mann nicht geheimnisvoll war, dann gab es so etwas wie Romantik erst gar nicht mehr.

"Und anschließend bin ich dann zu euch nach Ravenhorst aufgebrochen", schloss Maziroc seine Erzählung. "Was dann geschah, dürftet ihr wissen, und auch, wohin alles geführt hat und welche katastrophalen Folgen sich daraus ergeben haben."

Die Gesichter einiger Zwerge verdunkelten sich bei diesen Worten, allen voran das von Barkon. Finster starrte er den Magier an. Ungerührt erwiderte Maziroc seinen Blick.

"Eine hübsche Geschichte", sagte der Zwerg schließlich. "Aber mehr auch nicht."

"Sogar wesentlich mehr", widersprach der Magier. "Jedes Wort davon ist wahr. Alles hat sich ganz genau so abgespielt, wie ich es erzählt habe. Kenran'Del ist nicht nur ein Mythos. Sogar eine Eurer eigenen damaligen Königinnen ist ihm begegnet. Er hat gelebt, und seit der damaligen Zeit liegt er in seiner Zitadelle im Ödland von Sharolan in magischem Schlaf. Alles ist wahr. Dafür verbürge ich mich, schließlich habe ich die damaligen Geschehnisse selbst miterlebt. Ihr werdet doch mein Wort nicht infrage stellen wollen, oder?"

Damit hatte er Barkon in eine Zwickmühle gebracht. Die auch weiterhin anhaltende Skepsis des Zwerges war unverkennbar, doch konnte er sie nicht mehr laut äußern, ohne Maziroc damit der offenen Lüge zu bezichtigen. Dies wäre nicht nur eine Beleidigung, sondern ein direkter Angriff auf seine Ehre. Akzeptierte er jedoch als Tatsache, was er gerade über Kenran'Del gehört hatte, würde es ihm fast unmöglich sein, Mazirocs Bitte nach einer ganz speziellen Hilfe abzulehnen und dies einleuchtend zu begründen. Anscheinend ahnte Barkon bereits, dass ihn eine entsprechende Bitte bald erwartete, sonst gäbe es keinen Grund für ihn, sich auf dieses Wortgefecht überhaupt einzulassen

"Dergleichen würde ich mir nie erlauben", antwortete er diplomatisch, nachdem er ein paar Sekunden überlegt hatte. "Aber das alles liegt sehr lange zurück, fast genau eintausend Jahre. Wir wissen, dass Ihr schon damals gelebt habt, Maziroc, und es heißt, dass die damaligen Ereignisse eng mit dem Grund für Eure Langlebigkeit oder gar Unsterblichkeit verbunden sind."

Er machte eine Pause und blickte den Magier wieder aufmerksam an, doch wenn er auf eine Bestätigung, einen Widerspruch oder gar eine ausgiebigere Erklärung gehofft hatte, so wurde er enttäuscht. Maziroc schien die unausgesprochene Frage nicht einmal bemerkt zu haben, denn er reagierte in keiner Form, zuckte nicht einmal mit den Schultern.

"Wie gesagt, Ihr habt damals schon gelebt, aber für den Rest der Welt liegt das alles in ferner Vergangenheit", sprach Barkon schließlich leicht verärgert weiter. "Vielen erscheint der große Krieg selbst schon nur noch wie eine Art Mythos, ebenso wie alle daran Beteiligten. Die Jahrhunderte haben die Grenzen zwischen Wahrheit, Dichtung und Mythos verwischt."

"Ich verstehe nicht, was Ihr mir zu sagen versucht", unterbrach Maziroc ihn. "Worauf wollt ihr hinaus? Bitte kommt zur Sache."

"Ich spreche davon, dass viel Zeit seit damals vergangen ist", erklärte der Zwerg mit erhobener Stimme. "Vieles ist passiert, auch für Euch. Ja, vielleicht sogar gerade für Euch, denn Ihr habt es ja selbst miterlebt. Reiche entstanden und gingen wieder zugrunde, Dynastien wurden gegründet und starben aus, ganze Völker gingen unter. Ihr habt vermutlich mehr Menschen als jeder andere getroffen. Euer Gedächtnis muss einen schier unglaublichen Schatz an Wissen enthalten. So viele Namen, so viele Gesichter, so viele Ereignisse. Und doch behauptet Ihr, Euch noch haargenau an die Begegnung mit diesem Kenran'Del zu erinnern und an beinahe jedes Wort, das Ihr aus zweiter Hand von Charalon über ihn erfahren habt." Er hob abwehrend die Hand. "Versteht mich nicht falsch, Maziroc, ich will keinesfalls behaupten, dass Ihr lügt. Aber könnte es nicht sein, dass sich Eure Erinnerungen im Laufe all der Jahrhunderte verändert haben, vielleicht ohne dass Ihr selbst es bemerkt habt? Vielleicht haben sich auch in Eurem Geist Wahrheit und Mythos untrennbar vermischt, was Ihr wirklich erlebt habt, und was Ihr Euch wünscht, erlebt zu haben. Wäre es nicht zumindest vorstellbar, dass dieser Kenran'Del einfach nur ein normaler Mensch war, vielleicht sogar magisch begabt, dass er aber erst in Eurer Erinnerung an ihn nach und nach unmerklich immer mehr zu einer fast übermenschlichen Erscheinung wurde?"

Totenstille folgte den Worten des Zwerges. Er hatte sich halbwegs diplomatisch aus der Zwickmühle gerettet und war seinerseits zum Angriff übergegangen, doch balancierte er dabei auf einem schmalen Grat. Er warf Maziroc keine direkte Lüge vor, zweifelte aber dennoch den Wahrheitsgehalt seiner Aussage an. Jemand mit weniger ausgeprägtem diplomatischem Fingerspitzengefühl mochte diesen feinen Unterschied nicht wahrnehmen und sich auch jetzt beleidigt fühlen. Dementsprechend waren alle Blicke voller Spannung auf Maziroc gerichtet.

Mehr als eine Minute saß der Magier völlig regungslos da und starrte vor sich auf den Boden, ohne durch irgendetwas zu erkennen zu geben, dass er überhaupt wahrnahm, was um ihn herum geschah. Als er schließlich doch noch reagierte, geschah dies auf völlig andere Art, als die meisten erwarten mochten. Seine Mundwinkel zogen sich in die Breite, und er begann, über das ganze Gesicht zu grinsen, als er zu Barkon aufblickte.

"Ihr seid wirklich unglaublich", stieß er lachend hervor. "Erst bezweifelt Ihr, dass es Kenran'Del überhaupt jemals gegeben hat, und äußert den Verdacht, ich hätte mir alles nur ausgedacht. Da Ihr mich jedoch nicht der Lüge bezichtigen wollt, nehmt Ihr diesen Vorwurf gleich darauf wieder zurück, nur um im gleichen Atemzug die Möglichkeit anzudeuten, ich wäre nicht mehr ganz richtig im Kopf. Jede dieser Attacken müsste mich kränken, und ich weiß nicht einmal, welche mich schwerer trifft, aber zugleich habt Ihr jedes Eurer Worte so sorgsam formuliert, dass Ihr bei strenger Betrachtung nicht den geringsten Verstoß gegen die Etikette begangen habt. Ein Geschick, das ich wahrlich bewundern muss. Aber auch all Euer rhetorisches Geschick wird nichts daran ändern, dass ich weiß, was ich erlebt habe. Und nicht nur ich. Auch der große Charalon erinnert sich in gleicher Form an alles. Er weiß von meinem Vorhaben, Kenran'Del aus seinem magischen Schlaf zu erwecken, denn ich habe vor meinem Aufbruch aus Cavillon mit ihm darüber gesprochen, und er hat es ausdrücklich gebilligt. Sonst hätte er auch kaum den Ssiraq zu Euren Königen geschickt, um uns aus höchster Not zu retten."

Die Spannung legte sich ein wenig. Maziroc hatte Barkon nicht nur seine Andeutungen und versteckten Unterstellungen verziehen und mit Humor auf seine Bemühungen reagiert. Mit der Erwähnung des ebenfalls hoch geachteten Charalon hatte er in diesem verbalen Duell sogar noch einen Punktsieg für sich verbuchen können. Wäre er kein Magier, dachte Miranya voll stiller Bewunderung für sein Geschick, hätte er sicherlich einen hervorragenden Diplomaten oder Politiker abgegeben.

"Ich wollte ganz sicher nicht Euren Verstand infrage stellen", verteidigte sich Barkon. "Wovon ich sprach ist ein ganz natürlicher Prozess. Wenn ich nur an meine Kindheit zurückdenke, und das ist immerhin erst ein paar Jahrzehnte her, keine Jahrhunderte, so erschien mir damals alles viel größer, als es in Wirklichkeit war, und ich ..."

"Lasst es gut sein, Ihr braucht Euch nicht zu verteidigen. Ich habe auch so verstanden, was Ihr meint", fiel Maziroc ihm mit gutmütigem Spott ins Wort. "Warum wehrt Ihr Euch so energisch gegen die Tatsache, dass es Kenran'Del nicht nur gegeben hat, sondern dass er im großen Krieg gegen die Damonen ein unschätzbar wichtiger Helfer für uns war, wie sich später noch herausstellen sollte? Wovon ich berichtet habe, das war nur meine erste Begegnung mit ihm. Später haben wir uns wiedergetroffen und Seite an Seite gekämpft, und ich kann nur sagen, dass wir den Krieg ohne seine Hilfe vermutlich verloren hätten."

"Das glaube ich nicht", stieß Barkon hervor. "Da dies nur eine persönliche Wertung von Euch ist, kann ich ihr wohl widersprechen. Zehntausende von Menschen und Angehörigen anderer Völker haben damals Seite an Seite gekämpft. Dieser Kenran'Del jedoch war nur ein einzelner Mann. Er mag wichtige Heldentaten vollbracht haben, aber ein Mann allein hat diesen Krieg nicht entschieden. Das waren die gemeinsamen Anstrengungen aller, die sich damals zusammengeschlossen und gekämpft haben."

Damit begann er bereits ein Rückzugsgefecht, wie Miranya allerdings erst mit Verspätung bewusst wurde. Er hatte nicht nur die Existenz Kenran'Dels anerkannt, sondern auch, dass er bedeutsame Taten geleistet hatte. Jetzt kämpfte der Zwerg nur noch um Nebensächlichkeiten wie darum, wie entscheidend der Anteil Kenran'Dels und wie hoch der der anderen gewesen war, um sein Gesicht nicht zu verlieren.

Maziroc nickte. "So betrachtet - sicher. Alle haben ihren Beitrag geleistet, nur haben sie unterschiedlich großen Erfolg gehabt. Selbst alle Krieger und Soldaten Arcanas zusammen hätten die Damonen nicht schlagen können. Wie soll man einen Feind besiegen, der über schier unerschöpflichen Nachschub an Kämpfern verfügt, die zudem keine Angst und keine Schwäche kennen, sondern ihren Führern sklavisch ergeben sind, weil es sich nur um halb intelligente Ungeheuer handelt? Nein, Barkon, dieser Krieg wurde nicht auf dem Schlachtfeld entschieden, sondern durch die Taten einiger weniger Personen."

"Und Ihr wart eine dieser Personen, nehme ich an."

"Ich habe auch meinen bescheidenen Beitrag geleistet", bestätigte Maziroc. "Ebenso wie Charalon und andere, darunter eben auch maßgeblich Kenran'Del. Selbst wenn Ihr bezweifelt, dass er wirklich von so großer Bedeutung war und vermutlich wieder sein würde, Charalon und ich sind davon überzeugt. Überzeugt genug, dass wir sogar diese äußerst gefährliche Expedition gewagt haben. Bislang waren Charalon und ich wegen unseres Verstandes, unseres Wissens und auch unseres Urteilsvermögens beim Volk der Zwerge hoch angesehen. Warum also versucht Ihr es jetzt in diesem Punkt in Abrede zu stellen?"

Miranya merkte, dass sie unbewusst begonnen hatte, ihre Hände zu kneten. Genau wie die Zwerge und auch ihre Begleiter war sie in eine Statistenrolle gedrängt worden. Was hier geschah, war für sie alle von größter Bedeutung, aber es betraf nur Maziroc und Barkon. Gerade das machte sie nervös, denn ihr war klar, wie viel bei diesem scheinbar nur freundschaftlichen Streit auf dem Spiel stand. Nicht nur Barkon hatte mit seinen geschliffenen Formulierungen einen riskanten Weg beschritten. Auch Maziroc spielte ein gefährliches Spiel. Wenn er Barkon durch irgendeine Kleinigkeit vor den Kopf stieß oder dieser nur das Gefühl gewann, dass der Magier es ihm gegenüber an Achtung und Respekt mangeln ließe, dann würde er nicht nur Mazirocs Bitte entschieden ablehnen. Möglicherweise bestand dann auch die Gefahr, dass die Zwerge sie gar nicht erst bis nach Therion geleiten, sondern unverzüglich in ihre Heimat zurückkehren würden.

Miranya wusste zu wenig über das kleine Volk, um dieses Risiko realistisch einschätzen zu können. Sie musste darauf vertrauen, dass Maziroc, der die Zwerge weitaus besser kannte, wusste was er tat. Sie warf einen raschen Blick zu Scruul hinüber, der ein Stück von ihr entfernt saß. Auch sein Gesicht zeigte einen besorgten Ausdruck.

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
1592 s. 5 illüstrasyon
ISBN:
9783956179129
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Telif hakkı:
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