Kitabı oku: «Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten», sayfa 16

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"Aber du hast gehört, dass sie bereits einen Drachen getötet haben", wandte Farin ein.

"Sicher." Borrus nickte. Durch seine Haltung, sein Gesicht und seine Art zu sprechen versuchte er Ruhe und Gelassenheit zu vermitteln, doch Maziroc bemerkte anhand seiner kleinen, ruckartigen Gesten und seinem immer wieder unstet umherhuschenden Blick, dass auch der Kriegerkönig selbst unsicher war. "Einige dieser Ungeheuer können fliegen, wie wir jetzt wissen, und in einer hundertfachen Überzahl mögen sie sogar einem einzelnen Drachen gewachsen sein, aber sie können es niemals mit unserer gesamten Drachenarmee aufnehmen. Wie wir gehört haben, bilden diese Flugdamonen ohnehin die Ausnahme im Heer der Ungeheuer. Alle anderen bewegen sich auf dem Boden. Sollten sie tatsächlich so überheblich sein, in die Sümpfe vorzudringen, dann wird die Hälfte von ihnen bereits im Moor versunken sein, noch bevor sie den Ashran überhaupt erreichen. Die übrigen werden wir beim Besteigen des Berges bekämpfen, wie wir es bei jedem anderen Gegner auch tun würden. Egal, wie viele es auch sein mögen, mit kochendem Wasser und siedendem Pech, mit Gerölllawinen, mit der Hilfe unserer Drachen und schließlich mit den Pfeilen unserer Armbrüste werden wir sie zurücktreiben, bis ihre Kadaver sich am Fuße des Berges aufzutürmen beginnen."

Borrus lächelte und blickte die rechts und links von ihm sitzenden Zwerge nacheinander an.

"Aber das ist ohnehin nur Spekulation", fügte er nach einer kurzen Pause hinzu. "Jeder weiß, dass Ravenhorst eine uneinnehmbare Festung ist. Diese Damonen werden nicht hierherkommen, wenn sie auch nur einen Funken Verstand haben. Und falls sie doch einen entsprechenden Versuch wagen, werden sie schon bald erkennen, wie sinnlos ein solcher Angriff ist." Er straffte sich. "Viel mehr Sorgen mache ich mir um das übrige Miirn. Das Land ist zwar nur dünn besiedelt, aber wenn sie nicht durch irgendwelche Flüchtlinge gewarnt wurden, dürften die Menschen in den Städten, Dörfer und auf den Gehöften noch völlig ahnungslos sein, in welcher Gefahr sie schweben. Ich werde Boten aussenden, um sie zu warnen."

"Und auch ihr Leben in Gefahr bringen, nur um das von primitiven Menschen zu schützen? Was geht es uns an, was aus ihnen wird?", ereiferte sich Shira.

"Selbst wenn wir keine engeren Kontakte zu ihnen wünschen, können wir sie angesichts einer solchen Gefahr nicht einfach ihrem Schicksal überlassen", widersprach Farin heftig. Sie wirkte erschrocken über die Verachtung und fast fanatische Ablehnung, mit der Shira über die Menschen sprach.

"Außerdem wird es noch mehrere Tage dauern, bis die Damonen die ersten Ausläufer der Todessümpfe erreichen. Da unsere Boten ihnen nicht entgegenfliegen müssen, besteht also keine Gefahr für sie", stimmte Garwin ihr zu.

"Ich schätze die Menschen nicht sonderlich, aber auch ich bin dafür, sie zu warnen", schloss sich Naxon an. "Allerdings habe ich dafür neben Mitleid auch ganz handfeste Gründe. Wenn die Damonen ihre Städte allzu leicht überrennen und niemand ihnen wirksam Widerstand entgegensetzt, dann steigt damit die Gefahr, dass sie sich irgendwann wirklich auch gegen Ravenhorst wenden. Je erfolgreicher die Menschen im Kampf gegen die Damonen sind, desto sicherer können auch wir uns fühlen."

Mit wachsendem Missmut lauschte Maziroc der Diskussion, die mittlerweile einen völlig anderen Verlauf nahm, als er es erhofft hatte.

"Verzeiht, wenn ich mich einfach einmische", platzte er schließlich heraus. "Während ihr darüber beratet, ob die Menschen in Miirn es wert sind, von Euch gewarnt zu werden, solltet Ihr nicht vergessen, dass auch Ihr noch nichts von der Gefahr wüsstet, wenn ich nicht gekommen wäre, um Euch zu warnen. Ich denke, die gleiche Gefälligkeit, die ich Euch damit erwiesen habe, schuldet Ihr auch anderen. Aber das war nur der eine Grund für mein Kommen." Er blickte Borrus scharf an. "Hauptsächlich kam ich her, um Euch um Hilfe zu bitten. Ich hatte die Hoffnung, auch die Zwerge würden sich zusammen mit allen anderen Völkern in eine Allianz einreihen, um den Damonen vereinten, erfolgreichen Widerstand entgegensetzen zu können. Aber wenn Euch schon die Entscheidung so schwer fällt, ob Ihr auch nur Boten mit einer Warnung zu den Menschen schicken sollt, dann ist es wohl müßig, Euch noch einmal zu fragen, ob Ihr bereit seid, aktiv am Kampf gegen die Damonen teilzunehmen. Offenbar verschwende ich hier nur meine Zeit."

Er fuhr herum und ging mit weit ausgreifenden Schritten auf den Ausgang zu, doch ein Zuruf Garwins ließ ihn verharren.

"Wartet", bat der Zwerg.

Maziroc blieb stehen und wandte sich noch einmal den Zwergenkönigen zu. "Ja?", fragte er kühl.

"Geht nicht einfach so, ich bitte Euch, sondern versucht wenigstens, uns zu verstehen", sagte Garwin. "Bis zu dieser Sitzung stand ich Eurer Bitte sehr offen gegenüber. Ich war so gut wie entschlossen, dafür zu stimmen, dass wir uns der Allianz, von der Ihr gesprochen habt, anschließen sollen. Aber nun hat sich die Situation verändert. Ihr seid davon ausgegangen, dass sich die Damonen nach Nordwesten wenden würden. In diesem Fall hätten auch die entscheidenden Schlachten dort stattgefunden. Stattdessen aber kommen sie nun direkt auf Miirn und damit auch auf Ravenhorst zu. Nun sind wir unter Umständen selbst bedroht."

"Mir scheint das nur ein Grund mehr, Eure Streitkräfte mit denen der anderen zu vereinen", entgegnete Maziroc und trat wieder näher an den Tisch der Könige heran.

"Aber jeder Krieger, den wir jetzt aus Ravenhorst abziehen, schwächt unsere Verteidigung im Falle eines Angriffs", nahm Borrus den Faden auf. "Ich hoffe, Ihr könnt verstehen, dass der Schutz und die Sicherheit unseres eigenen Volkes für uns Vorrang vor allem anderen haben. Bislang scheinen hauptsächlich Charalon und der Elbenkönig damit beschäftigt, diese Allianz zu schmieden. Wie Ihr selbst gesagt habt, sind ihre Boten in erster Linie in Larquina, Aslan und Caarn unterwegs, um Truppen anzuwerben. Ich zweifle nicht daran, dass sie ein beeindruckendes Heer zusammenbekommen werden, doch es wird noch geraume Zeit dauern, bis sich all die einzelnen Truppen und Armeen vereinen, und anschließend wird es noch einmal Wochen dauern, bis dieses Heer hier in Miirn eintreffen kann. Wir und die Menschen in Miirn sind diejenigen, die Hilfe benötigen, nachdem sich nun herausgestellt hat, dass die entscheidende Auseinandersetzung offenbar hier stattfinden wird. Gerne kämpfen wir mit den Truppen Eurer Allianz zusammen, aber bis diese hier eintreffen, sind wir auf uns selbst gestellt. Also verlangt nicht von uns, dass wir nur als Zeichen unseres guten Willens zur Zusammenarbeit Truppen an einen anderen Ort senden, wo sie derzeit nicht gebraucht werden, solange der Krieg hier direkt vor unser Tür entbrennt."

Maziroc nickte widerstrebend. Dieser Argumentation konnte er wenig entgegensetzen. Allerdings stand für ihn durchaus noch nicht fest, dass Miirn der Austragungsort des bevorstehenden Krieges sein würde, zumindest nicht der einzige. Es ergäbe einfach keinen Sinn, wenn die Damonen ihren Eroberungsfeldzug ausgerechnet hier starten würden. Dafür war Miirn zu unbedeutend, sah man von Ravenhorst selbst einmal ab. Große Teile des Landes waren Sumpfgebiete. Wirklich fruchtbare Landstriche waren dünn gesät, und dementsprechend wenige Städte gab es. Einem Angreifer wie den Damonen hatten sie praktisch nichts entgegenzusetzen.

In jedem anderen der umliegenden Länder, vor allem in Larquina, wo sich sowohl die Hohe Festung der Elben wie auch die Ordensburg der Magier befand, hätten sie weitaus größeren Widerstand zu erwarten. Aus diesem Grund hätte alles dafür gesprochen, zuerst dort anzugreifen, bevor der Widerstand sich richtig formieren konnte.

Aus diesem Grund war Maziroc noch längst nicht davon überzeugt, ob Miirn wirklich das Hauptziel der Damonen war. Sicher, der Drachenreiter hatte von einem gewaltigen Heer gesprochen, doch bislang wusste niemand von ihnen auch nur annähernd, wie stark die Damonen zahlenmäßig waren. Vielleicht waren sie in der Lage, mehr als nur ein Ziel gleichzeitig anzugreifen und hatten sich getrennt. Es war also durchaus denkbar, dass sich weitere Heere der Ungeheuer auf Larquina und die anderen mächtigen, dicht besiedelten Länder zubewegten.

Erschreckend daran war vor allem die Geschwindigkeit, mit der dies geschah. So weit, wie sie in Richtung auf Miirn bereits vorgerückt waren, hatten sie sich mit ihrem ganzen Heer kaum langsamer bewegt als er und Pollus, dabei waren sie so schnell geritten, wie es ihnen und den Pferden möglich gewesen war. Sollte seine Befürchtung zutreffen, dass ein weiteres Damonenheer auch nach Nordwesten vordrang, dann könnte es bei gleichem Tempo fast schon das Largos-Gebirge erreicht haben. Falls sie keine Zeit mit einer Belagerung der Hohen Feste verschwendeten, lag Larquina offen vor ihnen, sobald sie die Berge überquerten.

"Und wie wird es später sein?", hakte Maziroc nach. "Wenn die Allianz den Kampf gegen die Damonen aufnimmt, werdet Ihr dann auch außerhalb von Ravenhorst an unserer Seite kämpfen, oder wollt Ihr bloß zur Verteidigung Eurer Heimat unsere Hilfe annehmen?"

"Darüber werden wir entscheiden, wenn es so weit ist", erklärte Borrus. "Bis dahin kann noch so vieles geschehen, dass wir Euch jetzt weder eine Zusage geben können, noch eine Absage."

Verbittert erkannte Maziroc, dass er wieder genauso weit war, wie bei seiner Ankunft. Bis sich der Widerstand gegen die Damonen formiert hatte und die Streitkräfte der zu gründenden Allianz für den Kampf gegen die Ungeheuer bereit waren, würden die Zwerge hier in Ravenhorst abwarten und nur aktiv werden, falls die Damonen tatsächlich in die Sümpfe vordringen sollten.

"Ich verstehe", murmelte er. "Das ist nicht gerade die Antwort, auf die ich gehofft habe, aber es ist Eure Entscheidung." Er deutete eine Verbeugung an. "In diesem Fall werde ich Ravenhorst noch heute verlassen, da meine Hilfe anderenorts sicherlich dringender gebraucht wird."

"Nicht ganz so voreilig", bremste Borrus ihn. "Ich kann verstehen, dass Ihr möglichst schnell nach Cavillon zurückkehren möchtet, aber wie wollt Ihr das schaffen?"

"Ich fürchte, ich verstehe nicht, worauf Ihr hinauswollt", entgegnete Maziroc verständnislos, runzelte die Stirn und blickte den Zwergenkönig fragend an.

"Ich spreche davon, dass Ihr in Euren sicheren Tod reiten würdet", erklärte Borrus und beugte sich auf seinem Thron vor. "Wohin wollt Ihr Euch wenden? Im Süden würdet Ihr zwangsläufig auf die Damonen treffen. Im Norden hingegen müsstet Ihr einen gewaltigen Umweg um das Binnenmeer machen und anschließend geradewegs durch das Hügelland von Skant reiten, und dort würden Euch die Hornmänner auflauern. Eure Chancen, Cavillon lebend zu erreichen, sind verschwindend gering."

"Ich werde es schon irgendwie schaffen", murmelte Maziroc wider besseres Wissen. Es war eine reine Trotzreaktion, denn über diesen Punkt hatte er tatsächlich noch gar nicht nachgedacht.

"In der Tat, das werdet Ihr, denn wir werden Euch dabei helfen", sprach Borrus weiter. "Ihr befindet Euch nur deshalb in Eurer jetzigen Situation, weil Ihr hergekommen seid, um uns zu warnen, auch wenn Ihr uns gleichzeitig um Hilfe bitten wolltet. Aber für Eure Warnung stehen wir in Eurer Schuld, und wir möchten nicht, dass Ihr durch Eure Hilfe Nachteile in Kauf nehmen müsst. Wenn Ihr es wünscht, werden wir Euch deshalb mit einem Drachen zurück nach Cavillon bringen."

Das Angebot verschlug Maziroc für einen Moment die Sprache, denn damit hatte er am wenigsten gerechnet. "Das ... wäre ausgesprochen großzügig", antwortete er überrascht. Sein Herz schlug plötzlich schneller. Soweit er wusste, hatten die Zwerge noch nie einem Menschen gestattet, mit einem ihrer Drachen zu fliegen, und nun würde ausgerechnet er der Erste sein, dem dieses Privileg zugestanden wurde. Er konnte es kaum fassen. Trotz der Gefahr durch die Damonen und der Enttäuschung, die er gerade noch erlebt hatte, erfüllte eine wilde Vorfreude sein Herz.

"Würden wir Euch jetzt aufbrechen lassen, kämt Ihr erst spät in der Nacht auf Cavillon an, und angesichts der unübersichtlichen Situation, die momentan herrscht, erscheint mir ein nächtlicher Flug zu gefährlich. Wir werden noch warten, bis die übrigen Drachenreiter, die hauptsächlich in westlicher Richtung unterwegs sind, heute Abend hoffentlich wohlbehalten zurückkehren, und uns anhören, was sie zu berichten haben. Auch für Euch dürften diese Informationen interessant sein. Morgen früh könnt Ihr dann aufbrechen."

Maziroc nickte freudig.

"Ich kann mich nur für Eure Großzügigkeit bedanken", sagte er. Er drehte sich um, als wollte er den Saal verlassen, stockte dann aber und wandte sich noch einmal den Königen zu. "Ach ja, eine Kleinigkeit noch. Ich hoffe, Ihr habt nicht vergessen, dass ich noch einen menschlichen Begleiter bei mir habe, nicht wahr?"




Der Austausch


Miranya wusste nicht, wie viele Tage sie sich bereits in der Gefangenschaft Scruuls und seiner Mitverschwörer befand. Es waren nicht allzu viele, vielleicht drei oder vier, aber genau wusste sie es nicht, denn in dem dunklen, fensterlosen Raum hatte sie jedes Gefühl für die Zeit verloren. Die meiste Zeit hatte sie geschlafen, zumal ihr nicht viele andere Möglichkeiten geblieben waren, sich zu beschäftigen. Wenn sie wach war, hatte sie dumpf vor sich hin gegrübelt und versucht, Fluchtpläne zu schmieden. Einige hätten sogar durchaus Aussicht auf Erfolg gehabt, wenn sie beispielsweise Scruul durch einen Hexenzauber (den sie nicht beherrschte) unter ihren Willen hätte zwingen können, oder wenn sie einen Schlafzauber über alle ihre Entführer hätte werfen können, oder sonst irgendwelche Dinge hätte tun können, die außerhalb ihrer Fähigkeiten lagen.

Ansonsten jedoch waren ihre sämtlichen Fluchtpläne undurchführbar, und dass sie sie überhaupt so lange wieder und wieder im Kopf durchspielte, war nicht mehr als ein Versuch, sich gedanklich zu beschäftigen, da sie sonst nichts tun konnte. Zurzeit war sie ihren Entführern hilflos ausgeliefert.

Immerhin hatte man ihr einige Stunden nach ihrem ersten Erwachen die Handfesseln abgenommen, als man ihr etwas zu Essen brachte, und darauf verzichtet, sie ihr anschließend wieder anzulegen. Ihre Füße blieben jedoch gefesselt, außerdem war sie durch eine stählerne Manschette um das linke Fußgelenk und eine Kette, die zu kurz war, als dass sie auch nur von ihrer Pritsche hätte aufstehen können, an die Wand gekettet. Das Schloss der Manschette war einfach aber stabil; ohne irgendwelche Hilfsmittel konnte sie es unmöglich öffnen.

Außer Scruul bekam sie niemanden von ihren Entführern zu sehen. Der Magier jedoch suchte sie noch mehrfach auf und versuchte, sie in eine weitere Diskussion zu verwickeln, doch Miranya ließ sich schließlich erst gar nicht mehr darauf ein. Sie hatte erkannt, dass sie im Kampf der Worte gegen ihn keine Chance hatte, weil es ihm meisterhaft gelang, mit seiner Mischung aus Tatsachen, Thesen und subjektiven Schlussfolgerungen immer wieder Zweifel in ihrem Herzen zu säen. Er wirkte ernsthaft enttäuscht, dass es ihm nicht gelang, sie auf seine Seite zu ziehen, doch Miranya war fest entschlossen, sich nicht von seinem Netz aus Halbwahrheiten und Verdrehungen einwickeln zu lassen. Auch wenn seine Besuche die einzige Abwechslung von der Langeweile ihrer Gefangenschaft darstellten, verzichtete sie lieber von vornherein darauf, sich noch einmal mit ihm zu unterhalten.

Auch ihr gefiel die bisherige Entwicklung der Menschheit nicht, aber das war in ihren Augen noch kein Grund, sich zu ihrem Herrscher aufschwingen und ihr auf diese Art den Frieden der Sklaverei bringen zu wollen. Und mochte Scruul auch noch so hehre Gründe anführen, dass er und die anderen Magier des Dunklen Bundes Kenran'Del, sein Wissen und seine Machtmittel nur bräuchten, um die Damonen erfolgreich zurückzuschlagen, so wusste sie doch, dass die Caer-Sharuun alles in erster Linie benutzen würden, um ihre eigennützigen Interessen durchzusetzen und jeden Widerstand dagegen gewaltsam zu brechen. Daran würde sie sich niemals beteiligen, und nach einiger Zeit schien Scruul auch einzusehen, dass es ihm nicht gelingen würde, ihre Ansichten zu ändern, denn er gab seine diesbezüglichen Versuche schließlich auf.

Dabei hatte sie ein paarmal bereits darüber nachgedacht, wenigstens zum Schein auf sein Angebot einzugehen, um ihr Leben zu retten. Allerdings hatte Scruul ihre Hoffnung, sich auf diese Art zu retten, rasch zunichte gemacht. Wer sich einmal dem Weg des Dunklen Bundes verschrieben hätte, für den gäbe es keine Rückkehr hatte er behauptet. Obwohl er keine nähere Erklärung dafür geliefert hatte und die Caer-Sharuun als Meister von Lüge und Betrug bekannt war, hatte Miranya ihm dies auf Anhieb geglaubt. Sie hatte von Anfang an die ihn durchdringende Finsternis gespürt, und sie war nun sicher, dass diese etwas mit seiner Entscheidung für den Dunklen Bund zu tun hatte.

Bislang hatte sie Magie stets als neutral betrachtet, weder als gut, noch als böse, sondern allein abhängig davon, wozu man sie einsetzte. Es schien jedoch durchaus auch eine finstere Seite der Magie zu geben, derer sich Scruul bediente, die Miranya aber mit abgrundtiefem Schrecken erfüllte. Ehe sie so wie Scruul wurde, würde sie lieber sterben. Das hatte sie ihm deutlich ins Gesicht geschleudert, und seither hatte er auf weitere Versuche verzichtet, sie zur Zusammenarbeit zu überreden.

Immerhin brachte er ihr regelmäßig zu Essen und zu Trinken. Meist gab es nur Brot und Wasser, manchmal aber auch eine Suppe oder etwas Wein.

Zu ihrer eigenen Verwunderung verspürte Miranya kaum Furcht. Sie zweifelte nicht daran, dass Scruul seine Drohung, sie zu töten, wahr machen würde, doch der Gedanke an ihren eigenen Tod war noch nicht einmal richtig bis in ihr Bewusstsein vorgedrungen. Irgendwie war die Vorstellung viel zu abstrakt für sie, um sie wirklich zu ängstigen. Alles kam ihr seltsam unwirklich vor und schien an ihr vorbeizulaufen, als wäre sie in einem Traum gefangen, in dem sie gleichzeitig die Hauptrolle und die eines unbeteiligten Zuschauers spielte. Vielleicht war es einfach ein Schutzmechanismus ihres Verstandes, auf diese Art die Augen vor der Wahrheit zu verschließen, doch wenn, dann funktionierte er hervorragend.

"Maziroc ist in Therion eingetroffen", berichtete Scruul ihr schließlich bei einem seiner Kontrollbesuche. "Es ist ihm gelungen, Kenran'Del aus seinem magischen Schlaf zu erwecken, denn der befindet sich bei ihm, und wie ich es erwartet habe, ist er bereit, sich uns im Austausch gegen dich zu stellen."

"Und was hättet ihr gemacht, wenn mein Schicksal ihm egal gewesen wäre?", erkundigte sich Miranya. "Immerhin kennt er mich ja nicht einmal."

Lachend schüttelte der Magier den Kopf.

"Diese Möglichkeit habe ich nicht einmal ernsthaft in Betracht gezogen. Das ist das Problem mit Helden oder Menschen, die sich zumindest dazu berufen fühlen. Sie handeln immer und in jeder Situation so albern heldenhaft, was ihr Verhalten leicht berechenbar macht." Er wurde wieder ernst. "Damit er und Maziroc erst gar keine Gelegenheit bekommen, irgendwelche Vorbereitungen zu treffen, um uns zu hintergehen, werden wir den Austausch schon direkt heute Abend durchführen. Ich denke, du weißt, was das für dich bedeutet."

"Allerdings." Miranya musste schlucken, weil sie plötzlich einen Frosch im Hals verspürte.

"Wir werden dich töten, sobald sich Kenran'Del in unserer Hand befindet, aber das muss nicht sein. Noch ist es nicht zu spät, dich anders zu entscheiden und dein Leben zu retten. Wechsle nur auf unsere Seite, dann wird dir nichts geschehen."

"Lieber sterbe ich", wiederholte sie, was sie ihm schon bei einem der letzten Gespräche gesagt hatte. Diesmal allerdings fiel es ihr deutlich schwerer. Ihre Ermordung war nicht länger ein zu einer ungewissen Zeit bevorstehendes Ereignis irgendwann in der Zukunft. Es war näher gerückt, hatte einen genaueren Zeitpunkt, und allmählich spürte Miranya nun doch, wie sich Angst in ihre Gedanken schlich und von ihr Besitz ergriff.

"Wie du willst, ich wollte es dir nur noch einmal anbieten." Scheinbar gleichgültig zuckte Scruul mit den Schultern. Er schien einzusehen, dass er sie nicht umstimmen konnte, denn ohne einen weiteren entsprechenden Versuch zu unternehmen, verließ er den Raum.

Miranya blieb allein zurück. Schon in den vorangegangenen Tagen war ihr langweilig gewesen, doch es hatte nichts gegeben, worauf sie warten konnte, abgesehen von dem ungewissen Zeitpunkt, an dem Maziroc und Kenran'Del nach Therion kommen würde. Nun jedoch war das anders. An diesem Abend sollte der Austausch stattfinden, und dabei würde sie sterben, wenn kein Wunder geschah. Vermutlich waren dies die letzten Stunden ihres Lebens, und sie sollte versuchen, jede einzelne Minute zu genießen, doch das genaue Gegenteil war der Fall. Die Zeit schien noch langsamer als zuvor zu verstreichen. Miranya fühlte eine kaum bezwingbare innere Unruhe und Ungeduld; sie konnte kaum erwarten, dass es Abend wurde, obwohl sie dann sterben würde. Wenigstens hätte sie dann alles hinter sich, und das war besser, als dieses tatenlose Abwarten, Grübeln und sich fürchten.

"Verdammt!", stieß sie hervor. Sie war eine Vingala, auch wenn ihre Weihe erst ein knappes Jahr zurücklag, und auch wenn sie nicht gedacht hätte, dass ihr Leben so frühzeitig und unter solchen Bedingungen enden würde, so wollte sie ihrem Orden doch keine Schande bereiten und ehrenvoll sterben.

Das Warten ging weiter ...

*


Man hatte Miranya die Fußkette gelöst und ihr einen Mantel übergezogen, ihr dann jedoch die Hände wieder gefesselt, ihr die Augen verbunden und ihr außerdem einen Knebel in den Mund gesteckt, als man sie abholte und sie erstmals seit ihrer Entführung ihre Zelle wieder verließ. Den Knebel sah sie ein, immerhin mussten die Caer-Sharuun verhindern, dass sie um Hilfe schrie oder Maziroc und Kenran'Del warnte und den Plan dadurch auffliegen ließ. Warum man ihr jedoch die Augen verband, blieb ihr schleierhaft. Wenn alles wie von Scruul geplant verlief, würde sie ohnehin sterben, und anderenfalls würde sie auch nicht viel mehr als seine Beteiligung an dem Komplott verraten können. Aber vielleicht hatte man sie nicht einfach nur in irgendeinem beliebigen Haus festgehalten, sondern es handelte sich um einen wichtigen Stützpunkt, dessen genaue Lage man unbedingt geheim halten wollte.

Sie musste durch zwei Räume gehen, dann eine Treppe hinauf und durch einen weiteren Raum oder einen Korridor, ehe eine Tür vor ihr geöffnet wurde und sie ins Freie trat. Nach dem tagelangen Aufenthalt in der fensterlosen Zelle war die frische, kalte Nachtluft, die ihr entgegenschlug, die reinste Wohltat, und sie atmete ein paarmal tief durch die Nase ein.

Ihr Vorhaben, sich den Weg einigermaßen einzuprägen, musste sie direkt darauf schon aufgeben. Der vereinbarte Treffpunkt befand sich vermutlich in einem abgelegenen Teil der Stadt oder sogar außerhalb, aber es hätte sicherlich Aufsehen erregt, wenn eine gefesselte, geknebelte Frau mit verbundenen Augen durch die Straßen geführt worden wäre. Stattdessen brauchte sie nur wenige Schritte im Freien zu gehen und musste dann in eine Kutsche steigen. Außer ihr stiegen drei weitere Personen ein, dann setzte sich das Gefährt rumpelnd in Bewegung.

Die Fahrt führte über unebenes Kopfsteinpflaster, und immer wieder bog die Kutsche nach rechts oder links ab, sodass Miranya schon nach kurzer Zeit gänzlich die Orientierung verloren hatte. Die ganze Zeit über wechselten ihre Begleiter kein Wort miteinander. Es war kalt in der Kutsche, und da sie keinen Mantel trug, fror Miranya erbärmlich.

Nach mehr als einer halben Stunde schließlich hörte das Pflaster auf und wich einem mit Schlaglöchern und Baumwurzeln übersäten Weg. Offenbar hatten sie Therion verlassen. Sie zuckte zusammen, als sie plötzlich eine Berührung am Kopf spürte, doch zu ihrer Überraschung nahm man ihr lediglich die Augenbinde ab.

Miranya warf einen Blick aus dem Fenster. Sie hatte sich nicht getäuscht, sie hatten die Stadt tatsächlich bereits verlassen. Außer schneebedeckten Büschen und Bäumen war nichts zu sehen, allerdings war es noch nicht so spät, wie sie gedacht hatte. Die Dämmerung hatte gerade erst eingesetzt. Sie wandte sich den drei Männern zu, die mit ihr in der Kutsche saßen, doch konnte sie auch jetzt ihre Gesichter nicht erkennen, da sie sich Tücher um ihre Köpfe gewickelt hatten, die nur schmale Schlitze für die Augen freiließen.

Nach einigen Minuten bog die Kutsche in einen anderen, noch schmaleren Weg ein, der fast nur noch aus Schlaglöchern zu bestehen schien. Sie wurden ordentlich durchgeschüttelt, und zweimal wäre Miranya, die sich mit den gefesselten Händen nirgendwo festhalten konnte, fast von ihrem Sitz zu Boden geschleudert worden, ehe sie schließlich vor einer heruntergekommenen, ehemaligen Mühle hielten. Ein gefrorener Bach schlängelte sich daran vorbei. Von dem Mühlrad waren nur noch Trümmer übrig, und im Dach das Hauses klafften gewaltige Löcher. Von allen Ecken und Kanten hingen lange Eiszapfen herunter.

Unter anderen Umständen hätte das halb verfallene Gemäuer inmitten der dick verschneiten Winterlandschaft vermutlich einen überaus romantischen Anblick geboten, doch so hatte Miranya keinen Blick dafür übrig. Auf einen entsprechenden Befehl hin stieg sie gemeinsam mit ihren Bewachern aus der Kutsche aus. Hier im Freien, wo es noch kälter war, fror sie in ihrem dünnen Gewand erbärmlich.

Aufmerksam blickte sie sich um. Von Maziroc oder gar dem geheimnisvollen Kenran'Del war noch nichts zu entdecken, doch dafür traten nun mehrere weitere Männer aus dem Haus, die ihre Gesichter gleichfalls hinter Tüchern verborgen hatten.

"Ist alles in Ordnung?", erkundigte sich einer ihrer Begleiter. Miranya war sich nicht ganz sicher, aber der Stimme nach könnte es der Rattengesichtige aus dem Gasthaus sein.

"Alles okay", erwiderte einer der anderen Männer. "Wir warten schon den ganzen Nachmittag. Niemand hat versucht, sich der Mühle auch nur zu nähern."

"Gut. Ich möchte keine unliebsamen Überraschungen erleben", sagte der Rattengesichtige. Trotz seiner Maske war Miranya sich mittlerweile fast sicher, dass es sich um ihn handelte. Er wandte sich ihr zu. "Vorwärts!", befahl er und versetzte ihr einen derben Stoß, der sie fast in den Schnee geschleudert hätte. Nur mit Mühe konnte sie mit den gefesselten Armen das Gleichgewicht halten.

Sie gingen auf die Mühle zu und traten ein. Das Gemäuer musste schon sehr lange leer stehen. An mehreren Stellen war die Decke herabgebrochen, Schutt und Geröll bedeckten den Fußboden, dazwischen waren noch vereinzelt die Überreste alter Möbel zu sehen, die von den früheren Bewohnern zurückgelassen worden waren.

Auf einen Befehl des Rattengesichtigen hin stieg einer der Männer vorsichtig eine altersschwache Holztreppe hinauf. Er hatte sich einen Bogen um die Schulter gehängt, und Miranya konnte sich vorstellen, was er damit vorhatte. Von den Fenstern im Obergeschoss aus hatte er ein hervorragendes Sichtfeld auf den freien Platz vor der Mühle. Sobald sich Kenran'Del in der Hand seiner Begleiter befand und sie freigelassen wurde, würde er von dort oben aus den tödlichen Pfeil auf sie abschießen.

"Kannst du dir denken, was seine Aufgabe sein wird?", fragte der Rattengesichtige. Trotz seiner Maske meinte Miranya sehen zu können, wie sich sein Gesicht zu einer höhnischen Grimasse verzerrte. "Er sorgt dafür, dass alles genau wie geplant verläuft. Alles, verstehst du? Du hast deine Chance gehabt, dein Leben zu retten. Jetzt ist es zu spät."

Da sie aufgrund des Knebels ohnehin nicht antworten konnte, beschränkte Miranya sich darauf, ihn nur zornig und voller Verachtung mit den Augen anzufunkeln und sich nicht anmerken zu lassen, wie groß die Angst war, die sie inzwischen empfand.

Nach einigen Sekunden packte der Mann sie grob am Arm und zerrte sie auf eine Tür zu, dann versetzte er ihr abermals einen Stoß, der sie in den dahinterliegenden Raum taumeln ließ.

"Dein Hochmut wird dir schon noch vergehen", zischte er. "Weißt du was? Ich freue mich sogar richtig darüber, dass du Scruuls Angebot ausgeschlagen hast. Am liebsten würde ich dich sogar eigenhändig töten. Schade nur, dass Scruul uns ausdrücklich verboten hat, uns vorher noch ein bisschen mit dir zu amüsieren."

Lüstern ließ er seinen Blick über ihren Körper wandern, und Miranya fühlte sich fast wie von unsichtbaren Händen begrapscht. Angeekelt wich sie zurück. Lachend schlug Rattengesicht, wie sie den Mann für sich selbst getauft hatte, die Tür zu und schob von der anderen Seite einen Riegel vor.

Als sie allein war, trat Miranya wütend mit dem Fuß gegen eine Wand, um sich abzureagieren, dann erst blickte sie sich um. Der Raum, in den man sie gesperrt hatte, durchmaß nur wenige Schritte und war völlig leer. Es war nicht ganz dunkel, durch ein kleines Fenster dicht unter der Decke, viel zu hoch und zu klein, als dass sie dadurch hätte fliehen können, fiel etwas Licht herein. Zwar war die Sonne längst untergegangen, doch dafür schien der Mond hell und fast voll vom Himmel herab.

Mit dem Rücken an eine Wand gelehnt, ließ Miranya sich auf den Boden sinken. Sollte ihr Leben wirklich an diesem Abend hier an diesem abgelegenen, von allen Göttern verlassenen Ort in einem Land, das sie noch nie zuvor betreten hatte, enden? Bis zuletzt hatte sie nicht wirklich geglaubt, dass ihr etwas passieren würde, auch wenn es nur eine Mischung aus Zweckoptimismus und jugendlicher Unbeschwertheit gewesen war, alles Unangenehme einfach zu verdrängen. Sie war nicht davon ausgegangen, dass Scruul nur bluffte, doch hatte sie unterschwellig darauf vertraut, dass irgendein Wunder geschehen und sie gerettet würde, einfach deshalb, weil sie sich nicht vorstellen konnte zu sterben. Sie war noch viel zu jung dafür und sie wollte es nicht, und allein schon deshalb durfte und konnte es einfach unmöglich dazu kommen.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
1592 s. 5 illüstrasyon
ISBN:
9783956179129
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