Kitabı oku: «Fürchte den Killer: Sieben Action Krimis», sayfa 4
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Um zum Battery Park zu fahren, benutzten Milo und ich einen unscheinbaren Chevrolet aus den Beständen unserer Fahrbereitschaft. Schließlich hätte die Gegenseite den Weg des Wagens mit Hilfe des GPS-Gerätes jederzeit verfolgen können und außerdem wollten wir unseren Spezialisten noch die Gelegenheit geben, vielleicht doch noch das eine oder andere über das Innenleben des Apparates herauszufinden.
Wir waren pünktlich am angegebenen Ferry Terminal, von wo aus die Touristenfähren nach Liberty Island im regelmäßigen Takt aufbrachen.
Es war ein freundlicher, sonniger Tag. Aus Richtung des Atlantiks wehte ein kräftiger, kühler Wind, der das Wasser kräuselte.
Milo blickte durch eines der Münzfernrohre und warf einen Blick zur Freiheitsstatue, die sich auf Liberty Island erhob und ihre Fackel in die Höhe reckte.
Es wurde zwei Uhr, aber Clement tauchte nicht auf.
Wir warteten eine halbe Stunde, ohne dass er eintraf. Ich rief die Nummer des Prepaid Handys zurück, mit dem er mich immer angerufen hatte. Es meldete sich lediglich eine lapidare Ansage. Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar.
„Wenn du mich fragst, ist das kein gutes Zeichen, Jesse“, lautete Milos Kommentar.
Auch am folgenden Tag hörten wir nichts von Clement. Offen ermitteln konnten wir in der Sache nicht. Dann wäre die ganze Operation, durch die wir Robert Dawn fassen wollten, in Gefahr geraten. Es wäre einfach aufgefallen, wenn sich plötzlich FBI-Agenten in seinem Club ‚Rolling Bones’ in der Avenue B getummelt hätten.
„Möglich, dass diesem Clement der Boden einfach zu heiß wurde und er sich aus dem Staub gemacht hat“, lautete Clives Vermutung, als wir uns später in Mr McKees Büro zur Besprechung trafen.
„Jedenfalls war der Club ‚Rolling Bones’ gestern Abend geschlossen“, stellte Orry fest. „Und ich bin gespannt, ob er je wieder aufmacht...“
„Die Frage ist einfach, ob wir die ganze Aktion jetzt abbrechen“, meinte Mr McKee.
„Und uns damit die Chance entgehen lassen, Robert Dawn endlich das Handwerk zu legen?“, fragte ich und schüttelte den Kopf. „Ich bin für das Rennen als Fahrer gemeldet, jetzt ziehen wir das Ganze auch durch.“
„Je nachdem, was unserem Informanten zugestoßen ist, könnte sich Ihr Risiko dadurch sehr erhöhen, Jesse!“, gab Mr McKee zu bedenken. „Angenommen, jemand hat aus Clement alles über seine Zusammenarbeit mit dem FBI herausgequetscht. Dann ist dabei auch Ihr Name gefallen!“
„Aber das Risiko nehme ich auf mich“, entschied ich und wandte mich an Milo. „Es sei denn, mein Beifahrer ist nicht mehr dabei!“
Am Abend bekam ich die Startzeit auf den GPS-Empfänger. Ab 12 Uhr Mittags am Tag darauf durfte ich mit dem Sportwagen den 75. Längengrad überschreiten.
Dieser Längengrad durchschnitt die Staaten New York und New Jersey etwa auf einer Linie Ottawa-Philadelphia. Milo und ich hatten uns natürlich längst mit Hilfe des im Wagen installierten Navigationssystems eine Route nach Seattle angeben lassen. Wir fuhren zunächst über den Lincoln Tunnel nach Jersey City und von dort aus weiter Richtung Newark, wo wir auf die Interstate 80 Richtung Pennsylvania wechselten. Kurz vor Stroudeburg an der Grenze zwischen Pennsylvania und New Jersey verlief der 75. Längengrad, unsere Startlinie.
Da man auf einem Interstate Highway nicht einfach stehen bleiben darf, verbrachten wir die letzten anderthalb Stunden auf einem Parkplatz, der sich etwa ein Meilen östlich von Stroudeburg befand.
Wir stiegen aus, um uns noch mal kurz die Beine zu vertreten.
Gleich mehrere Sportwagen, die von ihren technischen Daten her für eine Teilnahme am Northern Cannonball geeignet gewesen wären, befanden sich auf dem Parkplatz. Zwei Ferraris – einer ein rot und einer in gelb - , ein Lamborghini, ein Maserati und ein Porsche 911 Turbo.
Allerdings sah der Fahrer von letzterem vollkommen anders aus, als die Fahndungsfotos, die von Robert Dawn existierten. Da die letzten Fotos, die wir von dem Killer hatten, von einer Verhaftung stammten, die ihn in einem Alter von 22 erwischt hatte, besaßen wir Aufnahmen, die unser Zeichner Agent Prewitt künstlich hatte altern lassen.
Robert Dawn war jetzt dreiundvierzig Jahre alt.
Der Kerl im Porsche allerdings nicht. Selbst eine Theatermaske hätte ihn so nicht verändern können. Er hatte rotes Haar, Sommersprossen, war keine dreißig und vor allem einen ganzen Kopf kleiner als die Unterlagen es von Robert Dawn behaupteten.
„Jetzt sag’ nur noch einer, dass dieses Sportwagentreffen unweit des 75. Längengrades reiner Zufall ist, Jesse!“, meldete sich Milo zu Wort.
Ich grinste. „Wahrscheinlich sieht es an einem guten Dutzend anderen Highway-Parkplätzen in der Nähe der Startlinie ebenso aus!“
Da ja nicht an einem bestimmten Ort, sondern an einem Längengrad gestartet wurde, gab es auch andere Routen die ebenso günstig sein konnten. Aber spätestens ab Cleveland würden wohl alle Teilnehmer dieselben Highways benutzen, denn von da an war es ziemlich eindeutig, woher man fahren musste. Und dass angesichts der hohen Startgelder jemand die gebührenpflichtigen Highway-Abschnitte in Pennsylvania und Ohio mied, war nicht anzunehmen. Die Highways des mittleren Westens zogen sich gerade durch die Landschaft. Und das Netz an ausgebauten Highways war so dünn, dass sich der Weg von selbst ergab und es eigentliche keine Alternativen gab. Wir hatten einen Weg vor uns, der nach Berechnungen unseres Navigationssystems 2851 Meilen betrug, wozu man eine reine Fahrzeit von 42 Stunden benötigte.
Die Entscheidung fiel wahrscheinlich auf den letzten anderthalb tausend Meilen, die durch die Bundesstaaten North Dakota, Montana, Idaho und Washington führten. Es war wohl für jeden Fahrer eine Art taktischer Frage, ob er sich in den relativ dicht besiedelten Gebieten mit einer hohen Frequenz an Highway Patrouillen noch einigermaßen an die Verkehrsregeln hielt, um nicht von der Polizei gestoppt zu werden. Spätestens in North Dakota war die Wahrscheinlichkeit, von einer Streife erwischt zu werden einfach sehr viel geringer und wahrscheinlich drehten die meisten Teilnehmer von da an auch so richtig auf.
Andere setzten vielleicht gleich alles auf eine Karte.
Ich sah auf die Uhr. „Wetten, wenn der erste in den Wagen springt und losrast, werden ihm die anderen sofort folgen?“, fragte ich.
Milo zuckte mit den Schultern. „Soll mir gleichgültig sein.“
„Vielleicht disqualifizieren sich ja gleich ein paar von ihnen, weil sie übereifrig sind und die Startlinie vor der Zeit überschreiten!“
„Glaube ich ehrlich gesagt nicht, Jesse.“
„Ach, nein?“
„Die sehen alle ziemlich abgebrüht aus. Auch der Kerl mit dem Porsche – obwohl er noch so jung ist.“
Der Fahrer des gelben Ferrari kam auf Milo und mich zu. Er grüßte leger und deutete auf den Sportwagen.
„Ein feiner Wagen!“
„Danke.“
„Aber für so was wie den Northern Cannonball vollkommen ungeeignet. Ich habe schon den Gumball 3000 mitgemacht. Außerdem den Australian Gumball und den Classic Cannonball von New York nach Los Angeles und ich sage euch, mit dieser Karre kommt ihr nicht weit.“ Er trat gegen den hinteren linken Reifen. „Muss ein Schweinegeld gekostet haben...“
„Lass uns einfach abwarten, wer von allen als Erster in Seattle ist“, sagte ich.
Ich war nämlich nicht auf Streit aus und dieser Kerl schien einfach nur seine innere Anspannung irgendwie loswerden zu müssen.
„Nichts für ungut“, erwiderte er und ging zu seinem Partner zurück, mit dem er noch ein paar abfällige Bemerkungen über die Wagen der anderen austauschte.
Dann ging es endlich los.
Der gelbe Lamborghini machte den Anfang. Wir fuhren auch los. Es war schon eigenartig zu sehen, wie sich eine auffällige Ansammlung hochwertiger Sportwagen mit der Mindestgeschwindigkeit fortbewegte, obwohl die Interstate 80 gut ausgebaut und zu dieser Tageszeit und an diesem Abschnitt wenig frequentiert war. Aber natürlich wollte niemand den 75. Längengrad überschreiten, bevor es an der Zeit war. Das GPS-Gerät, das wir bekommen hatten, zeigte uns jeweils im Takt von einer halben Minute unsere gegenwärtige Position an. Wir näherten uns der fraglichen Linie.
Der rote Ferrari überholte uns, war aber anschließend gezwungen, dafür umso langsamer zu fahren, um nicht disqualifiziert zu werden.
Ich ertappte mich selbst dabei, wie ich immer wieder auf die Uhr schaute.
„Es ist zwölf Uhr, Jesse!“, stellte Milo schließlich fest. „Und dahinten etwa bei der Häusergruppe muss der 75. Längengrad verlaufen.“
Die Fahrer des roten und des gelben Ferrari schienen das genauso zu beurteilen, denn sie traten plötzlich in die Eisen und brausten los.
Ungefähr 380 Meilen lagen bis Cleveland vor uns. Die Interstate 80 zog sich in ost-westliche Richtung durch den gesamten Bundesstaat Pennsylvania. Die einzigen Fahrtunterbrechungen, mit denen wir rechnen mussten, waren die Stopps an den Maut-Stationen für die gebührenpflichtige Abschnitte und die Stopps zum tanken.
„Na los, Jesse, jetzt versuch mal mit der Konkurrenz Schritt zu halten!“, stichelte Milo.
Ich beschleunigte und blieb an der Gruppe dran. Der Porsche mit dem auffallend jungen Fahrerteam brauste an uns vorbei. Der Beifahrer machte ein paar provozierende Gesten in unsere Richtung. Da die Interstate 80 ziemlich frei war, beschleunigte er auf Höchstgeschwindigkeit. Wie ein Geschoss raste der Porsche Richtung Westen und verschwand bald hinter dem Horizont.
„Haben wir da einen der Favoriten gesehen?“, fragte Milo.
„Abwarten, Milo.“
„Dass das schöne Wort, dass die Ersten die Letzten sein werden, hier gilt, glaube ich nicht.“
Wir brauchten allerdings nur bis zur ersten Maut-Station zu warten, um es doch bestätigt zu finden. Das junge Porsche-Team war von Beamten der Highway-Patrol herausgefischt worden. Jetzt standen sie auf dem Seitenstreifen und führten eine gestenreiche, aber völlig sinnlose Diskussion mit den Ordnungshütern, während wir unsere Gebühr bezahlten und weiterfahren konnten.
13
Eric Pittkin blickte auf die große Halle mit der überdimensionalen Großleinwand, auf dem eine riesige Karte der USA zu sehen war. Außerdem waren deutlich die beiden Längengrade markiert, die die Start- und Ziellinien in diesem Rennen der Superlative darstellten.
Dreihundert handverlesene Teilnehmer nahmen an diesem Rennen teil. Eine gewisse Hürde, um die Spreu vom Weizen zu trennen, stellte natürlich das Startgeld dar, aber es hatte weitaus mehr Bewerber gegeben, als zugelassen werde konnten. Das Auswahlkriterium war in erster Linie der Wagen. Eric Pittkin wusste, was sein exklusives und in jeder Hinsicht verwöhntes Publikum wollte. Gerade die zahlungskräftigen Gäste aus den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien waren Autonarren und hatten ein Faible für leistungsstarke und stilechte Wagen. Sie wollten Duelle zwischen interessanten Fahrzeugen sehen – und kein Teilnehmerfeld, das aus einem Einheitsbrei von immer denselben Fahrzeugtypen bestand.
Das Salz in der Suppe waren für Pittkin aufgetunte Fahrzeuge, über deren Eigenschaften es letztlich keine verlässlichen Daten gab. Jeder dieser Wagen verfügte über vollkommen individuelle Stärken und Schwächen, die sich erst im Verlauf des Rennens wirklich erweisen konnten. Also war Pittkin immer darauf aus, dass immer ein Teil der teilnehmenden Fahrzeuge aus dieser Gruppe rekrutiert wurde – was nicht ganz einfach war.
Die Ferrari- oder Porsche-Gemeinde war viel zahlreicher und so gab es für manche Fahrtzeugtypen bereits eine Warteliste.
Denn dass der Northern Cannonball nicht der letzte seiner Art sein würde, dass hatte für Eric Pittkin schon im Lauf der Vorarbeiten bei der Organisation des Rennens festgestanden. Das Wettinteresse war so immens, dass man einfach weiter machen musste. Diese Geldquelle schien so schnell nicht zu versiegen und Pittkin sah sich bereits im Besitz eines gigantischen Vermögens.
Ein stilles Lächeln erschien um die dünnen Lippen des hageren Mannes, der die vierzig gerade überschritten hatte. Die hohe Stirn, die graue Haut und das sehr knochige Gesicht ließen ihn allerdings zehn Jahre älter erscheinen. Dazu kam ein harter Gesichtsausdruck, der kompromisslose Entschlossenheit verriet. Wenn Eric Pittkin sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann führte er dies auch durch.
Für zwei Tage war die Dauer dieser Veranstaltung angesetzt. Eine Non Stop-Party, für die die Jet Set Gäste aus aller Welt eingeflogen wurden.
Wer wollte, konnte sich zwischendurch auf eines der Zimmer begeben, um zu schlafen. Wenn man sich an die Verkehrsregeln hielt, konnte man die Strecke in etwas weniger als zwei Tagen Non Stop Fahrt inklusive den nötigen Stopps zum Tanken schaffen. Aber für den Northern Cannonball rechnete Pittkin mit einer Zeit, die etwa bei der Hälfte lag.
Alles, was wesentlich über 24 Stunden lag, kam einer Rufschädigung des Rennens gleich!
Vor allem die ersten 600 Meilen waren schwierig. Eine hohe Polizeidichte verhinderte, dass es richtig zur Sache gehen konnte. Aber dafür war es später ab der Grenze von North Dakota möglich, dass die Fahrzeuge so richtig zeigen konnten, was unter ihren Motorhauben steckte.
Pittkin zündete sich eine Zigarre an.
Da dies eine geschlossene Gesellschaft und keine öffentliche Veranstaltung war, verstieß er damit nicht einmal gegen die strengen Antiraucher-Gesetze, die es inzwischen überall in den USA gab. Mit der Havanna zwischen den Lippen stützte er sich auf den Handlauf der Balustrade und blickte hinab in den Saal. Alle schienen sich gut bei Kaviar und Champagner zu amüsieren. Noch bildeten die Markierungen für die teilnehmenden Fahrzeuge auf der Leinwand kleine Knotenpunkte, die immer dort entstanden, wo eine Interstate den 75. Längengrad nach Westen schnitt. Jeder dieser Punkte war mit einer Nummer Startnummer versehen, sodass alle im Saal mitverfolgen konnten, an welcher Position sich ihr Geheimfavorit gerade befand.
Außerdem wurde natürlich eine regelmäßig aktualisierte Rangfolge eingeblendet. Unten an den Tischen gab es Computerterminals, auf denen weitere Einzelheiten abrufbar waren.
Wer sich noch im letzten Moment dazu entschließen wollte, eine Wette einzugehen, konnte das online erledigen. Die Quoten wurden auf einem Leuchtband eingeblendet.
Aber es würde nicht lange dauern, bis sich das Feld ein wenig auseinanderdividierte und sich die ersten Favoriten herauskristallisierten.
„Hallo, wie geht’s?“, rief hinter ihm jemand.
Pittkin drehte sich um.
Zwei Männer, die sich wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich sahen kamen auf ihn zu. Sie trugen Smoking, waren etwa dreißig Jahre alt, hatten dunkles, leicht gelocktes Haar und dunkle Augen.
Ihre Gestik war sehr ausgeprägt.
Bei ihnen war noch ein dritter Mann, mindestens zwanzig Jahre älter und grauhaarig – aber die charakteristischen Einzelheiten des Gesichts verrieten die Verwandtschaft.
Pittkin runzelte die Stirn. Einer der Zwillinge schlug ihm auf die Schulter. „Was ist? Erinnern Sie sich nicht mehr an uns? New York... Tony und Mike Scarbucchi! Na, klingelt es wieder? So viele Zwillinge gibt es in der Welt des Big Business nun auch nicht, oder?“
„Ich erinnere mich noch sehr gut an Sie“, sagte Pittkin leicht überrumpelt. „Auch wenn ich jetzt beim besten Willen nicht mehr sagen könnte, wer von Ihnen nun Mike und wer Tony ist.“
„Ich bin Mike und er ist Tony! Ist doch ganz einfach. Jedenfalls für mich, weil ich weiß, dass ich Tony bin!“ Er lachte laut und ordinär. „Unser Vater hatte auch immer Schwierigkeiten, uns auseinander zu halten. Leider wurde er nicht alt genug, um das noch hinzubekommen.“
„Bedauerlich.“ Pittkin musste sich immer ein bisschen Mühe geben, um nicht zu sehr deutlich werden zu lassen, wie sehr er sich den beiden Brüdern überlegen fühlte, die von ihrem früh verstorbenem Vater ein riesiges Mafia-Imperium geerbt hatten und jetzt bemüht waren, die von ihren Vorfahren ergaunerten Millionen reinzuwaschen.
Immerhin gehörten die Scarbucchis zu den wichtigsten Investoren bei diesem Rennen.
Ohne ihr Geld wäre es gar nicht zu Stande gekommen und das durfte Pittkin nicht vergessen.
„Wir möchten Ihnen jemanden vorstellen, Eric. Unseren Onkel Enrico aus Sizilien. Wir haben da zufällig über ein paar Investitionsmodelle gesprochen und da habe ich mir gedacht, dass ich Onkel Enrico unbedingt mit Ihnen zusammenbringen müsste.“
„Buon Giorno“, sagte Enrico Scarbucchi höflich.
Pittkins Eindruck nach verstand der Sizilianer kaum Englisch und hatte von der bisherigen Unterhaltung so gut wie nichts mitbekommen.
Der Organisator des Rennens deutete zur Leinwand. „Ich glaube, jetzt wird es gerade spannend. Ich schlage vor, Ihr Onkel Enrico und ich unterhalten uns später. Wir werden hier sicher noch Gelegenheit dazu finden.“
Mike Scarbucchi wandte sich seinem Onkel zu und sagte: „Siehst du, ich habe dir ja gesagt, dass mein Freund Eric dir helfen wird, Onkel Enrico!“
„Si, si!“, sagte Enrico, der wohl nicht viel verstanden hatte, da Mike Scarbucchi Englisch gesprochen hatte.
Eric Pittkins Handy klingelte.
„Sie entschuldigen mich!“, wandte er sich kurz an die drei Scarbucchis und ging ein paar Schritte weiter, eher er an den Apparat ging und sich meldete.
„Hier ist Ray in New York“, hörte er eine Stimme.
„Was gibt es?“
„Die Sache mit Clement ist erledigt. Der wird uns nicht mehr schaden können.“
„Gut.“
„Was machen wir jetzt mit diesem FBI-Agenten?“
„Trevellian, nicht wahr?“
„Ja. Soll ich veranlassen, dass er aus dem Feld geräumt wird? Man könnte das so arrangieren, dass es wie ein Unfall aussieht. Ich habe schon mit jemandem in Cleveland gesprochen, der das übernehmen würde.“
„Und ich habe mir die Wetten angesehen. Ich will, dass er erst mal bleibt.“
„Wie bitte?“
„Er kann maximal das wissen, was Clement wusste – und das ist nichts, was uns wirklich gefährlich werden könnte.“
„Er wollte die Teilnehmerliste übergeben!“, ereiferte sich Ray.
„Und wenn schon, dazu ist es doch nicht mehr gekommen, oder?“
„Nein.“
„Na, also! Ich will, dass Trevellian bleibt. Es steht eine Menge Geld auf dem Spiel. Sag deinem Mann in Cleveland, dass er sich bereithalten soll. Es könnte ja eine Situation eintreten, in der wir ihn doch noch brauchen.“
„Gut.“
Die Verbindung wurde unterbrochen.
14
Es war Nachmittag, als wir gerade die Abfahrt Clearfield mitten in Pennsylvania passierten und uns ein Anruf des Field Office erreichte.
Unser Kollege Max Carter aus dem Innendienst der Fahndungsabteilung war am Apparat. Da wir die Freisprechanlage eingeschaltet hatten, konnten wir beide mithören.
„Clement wurde tot aufgefunden!“, berichtete Max. „Man hat ihn in einem leeren Müllcontainer auf dem Firmengelände eines stillgelegten Chemieunternehmens gefunden. Glück für uns, dass sich gerade heute eine Entsorgungsfirma daran machte, die Abfälle einzusammeln und abzutransportieren, sonst hätte es noch ein Jahr dauern können, bis die Leiche gefunden worden wäre.“
„Dann ist Clement aufgeflogen“, stellte ich fest.
„Ja, das müssen wir annehmen“, bestätigte Max meine Befürchtung. „Ich nehme an, dass jemand ihm dabei auf die Schliche gekommen ist, als er die Teilnehmerliste an uns übergeben wollte.“
„Ich bezweifle inzwischen, dass er das jemals ernsthaft vorhatte!“, sagte Milo. „Es könnte genauso gut etwas anderes dahinter stecken.“
„Jedenfalls solltet ihr auf der Hut sein. Es kann sein, dass es bei der Ermordung von Clement gar nicht um euch ging – aber falls doch, könnte es sein, dass die andere Seite reinen Tisch machen will und ihr auch ins Visier geratet.“
„Warten wir es ab. Was ist mit dem Porsche 991 Turbo?“, fragte ich.
„Die State Police von Ohio hat einen Wagen dieses Typs gestoppt und die Papiere des Halters überprüft. Er war mehr als zwanzig Jahre zu alt, um Robert Dawn sein zu können. Definitiv.“
„Wo fand diese Kontrolle statt?“
„An einer Tankstelle an der Interstate 90, bei Painesville am Lake Erie, kurz vor Cleveland.“
„Das könnte von der Strecke her passen“, sagte Milo. „Dann wäre er weiter nördlich gestartet und würde dann in Cleveland auf unsere Strecke stoßen“, stellte Milo fest.
„Milo? Hast du nicht mitgekriegt, was ich gerade gesagt habe?“, fragte Max. „Der Mann war 67 Jahre alt. Zumindest nach den Angaben in seiner Fahrlizenz.“
„Gehörte ihm selbst der Wagen?“, fragte ich.
„Nein, der Wagen gehörte einem Bekannten. Aber die Kollegen haben dort angerufen und der Besitzer hat bestätigt, dass der Mann den Wagen mit Erlaubnis fuhr...“
„Mit Schminke und den Künsten eines Maskenbildners lässt sich eine Menge machen“, stellte Milo fest.
„Jetzt übertreib dein Misstrauen nicht“, riet Max ihm. „Der Mann schied definitiv aus. Aber wenn der nächste Porsche 911 Turbo euren Weg kreuzt und ich erfahre davon, dann werde ich es euch wissen lassen.“
Die Verbindung wurde beendet.
„Fang ich jetzt schon an, Gespenster zu sehen?“, fragte Milo.
„Mir kommt die Anzahl der Sportwagen, die uns auf der Interstate begegnen auch plötzlich unverhältnismäßig zahlreich vor!“, stellte ich fest.
Wir hatten uns an die beiden Ferraris drangehängt und ich sorgte immer dafür, dass der Abstand zu ihnen nicht zu groß wurde. Irgendeinen Maßstab brauchte man schließlich.
Plötzlich zog der Porsche mit den beiden jungen Kerlen an uns vorbei, der an der letzten Maut-Station von der Highway Patrol gestoppt worden war.
Überraschenderweise überholte er uns rechts auf dem Standstreifen. Ich schätzte Fahrer und Beifahrer auf maximal Mitte zwanzig.
„Irgendwelche Millionärssöhne, denen Daddy die Teilnahme an diesem Rennen zum Abschluss in Harvard oder Yale geschenkt hat“, kommentierte Milo die provozierenden Gesten der beiden. „Und jetzt fühlen sie sich groß, weil sie 500 PS unter der Haube haben!“
„So etwas nimmt man gelassen“, erwiderte ich.
Aber die beiden schienen aus irgendeinem Grund etwas gegen uns zu haben. Vielleicht machten sie uns aus irgendeinem Grund dafür verantwortlich, dass sie der Highway Patrol in die Arme gelaufen waren. Jedenfalls trat der Porschefahrer jetzt voll auf das Gaspedal. Zwischen drei und vier Sekunden brauchte ein Sportwagen dieser Klasse, um auf die Höchstzahl an Umdrehungen zu kommen. Er rauschte an uns vorbei, machte förmlich einen Satz. Dann schwenkte er nach links, setzte sich vor uns und bremste.
Ich trat notgedrungen in die Eisen, riss das Lenkrad herum und konnte nicht verhindern, dass der Sportwagen hinten etwas ausbrach. Er rutschte rechts an dem Porsche vorbei, der längst wieder gestartet war und jetzt auf die Überholspur ging.
Ein herannahender Mercedes musste ebenfalls stark abbremsen, blieb aber in der Spur.
„Hey, was war das denn!“, stieß Milo hervor.
„Ich nehme an, das hat der Kerl, von dem ich das GPS-Gerät bekommen habe gemeint, als er sagte, dass keine Regeln gelten würden!“
„Heften wir uns an seine Fersen!“, verlangte Milo.
„Du vergisst, dass der Einsatz unseres Rotlichts nicht in Frage kommt, Milo!“
Ich brachte den Sportwagen wieder in die Spur und beschleunigte. Der Motor heulte auf. Ein tiefes Brummen erfüllte den Innenraum.
Ich ging auf die Überholspur und zog an einem Van und einem Zwanzigtonner vorbei.
Der Porsche hatte unterdessen schon einen Vorsprung von ein paar hundert Metern.
Er war ebenfalls auf die rechte Spur gezogen und schickte sich gerade an, einen der beiden Ferraris zu überholen.
Es war der Gelbe.
Der Porsche schnitt ihm den Weg ab, sodass der gelbe Ferrari nach rechts ausweichen musste. Er geriet auf den Standstreifen, nahm einen Begrenzungspfahl mit, der sich unter dem Wagen verkeilte. Funken sprühten. Der gelbe Ferrari rutschte die an dieser Stelle mit einer Neigung von fast zwanzig Grad recht steile Böschung hinunter und landete im hohen Gras einer Wiese und schleuderte dabei einmal herum.
„Was sind das für Typen in dem Porsche?“, fragte Milo kopfschüttelnd. „Die müssen ja mit einer Killermentalität an dieses Rennen herangegangen sein!“
„Wahrscheinlich braucht man die, um hier gewinnen zu können!“, sagte ich.
Milo aktivierte den TFT-Bildschirm unseres Bordrechners.
Er gab das Kennzeichen ein und startete eine Halterabfrage. „Die Vermutung von den Millionärssöhnchen war gar nicht so falsch“, sagte er nach ein paar Augenblicken, in denen die Abfrage beantwortet wurde. „Der Halter des Wagens ist ein gewisser James Barrymore.“
„Sagt mir nichts.“
„Jedenfalls ist er mit 57 Jahren entschieden älter, als die beiden Milchbubis, die mit seinem Wagen durch die Gegend fahren.“ Über eine kurze Internetrecherche bekam Milo dann noch mehr heraus. „Sieh an, doch kein Millionär!“, stellte Milo dann fest. „James Barrymore ist Richter am Supreme Court und gilt dort als Verfechter erzkonservativer Werte. Er hat zwei Söhne, 22 und 24 Jahre.“
„Na, in dem Fall bezweifle ich, dass ihr Vater von der Teilnahme seiner Söhne am Northern Cannonball weiß“, erwiderte ich.
„Das kann man ja ändern“, meinte Milo und rief unser Field Office in New York an.
In der Zwischenzeit hatte der Porsche auch den roten Ferrari erreicht. Er drängte ihn zur Seite, aber der Ferrari-Fahrer wolle nicht klein bei geben. Beide Fahrzeuge touchierten sich. Funken sprühten und sowohl der Porsche als auch der Ferrari hatten Mühe, die Spur zu halten. Sie berührten sich erneut. Keiner wollte den anderen vorbeilassen.
„Max wird den Dad der beiden verhinderten Indianapolis-Sieger verständigen“, sagte Milo, nachdem er mit dem Field Office telefoniert hatte.
Ein drittes Mal berührten sich beide Fahrzeuge. Um ein Haar wäre der Porsche aus der Bahn geraten. Er schrammte über den Grünstreifen in der Mitte der Interstate – nur Zentimeter an der Leitplanke entfernt.
Ein Truck fuhr auf der rechten Fahrbahn seine gemächlichen 50 Meilen in der Stunde. Aus Sicht der beiden Sportwagen, die fast die dreifache Geschwindigkeit draufhatten, näherte sich der Zwanzigtonner wie rasend.
Der Ferrari versuchte daraufhin, an seinem Porsche-Konkurrenten vorbei zu kommen, ehe die Entfernung zum Truck zu gering wurde und der Zwanzigtonner ihn ausbremste.
Aber der Porsche ließ sich nicht überholen. Das Beschleunigungsvermögen beider Fahrzeuge war in etwa gleich.
Beide erreichten in weniger als dreieinhalb Sekunden ihre Höchstumdrehung.
Im letzten Moment riss der Ferrari-Fahrer das Lenkrad herum und überholte den Truck links.
Eine ganze Wagenlänge verlor er dadurch auf den Porsche, der auf der linken Spur ungehindert voranrasen konnte. Als der Ferrari den Truck hinter sich gelassen hatte und wieder auf die linke Spur eingeschwenkt war, beschleunigte er auf die Höchstgeschwindigkeit.
Er kam an den Porsche wieder heran, doch bevor der Ferrari links zu überholen vermochte, schnitt ihm der Porsche den Weg ab.
Die beiden Richtersöhne wollten offenbar wirklich um jeden Preis verhindern, dass der Ferrari sich ihnen vor die Nase setzte. Die Fahrzeuge touchierten sich mehrmals hintereinander. Der Porsche geriet aus der Bahn, schleuderte herum. Das Heck brach aus, schrammte gegen die Mittelleitplanke. Der Ferrari geriet ebenfalls ins Schleudern. Ein Reifen platzte. Flammen schlugen empor. Mit dem Heck nach vorne blieb der Ferrari auf der Bahn liegen.
Wir hatten inzwischen mit dem Sportwagen den Zwanzigtonner längst hinter uns gelassen. Jetzt musste ich den beiden Fahrzeugen ausweichen und eine Art Slalom zwischen ihnen hindurchfahren.
„Überlassen wir sie den Kollegen der Highway Patrol“, schlug ich vor.
Milo atmete tief durch und verfolgte im Rückspiegel an seiner Seite, was weiter geschah.
Die beiden Insassen des Ferrari stiegen aus und rannten zum Straßenrand. Der Zwanzigtonner näherte sich hupend und bremste quietschend. Aber zwanzig Tonnen ließen sich nicht einfach so stoppen. Er rutschte in den Ferrari hinein, schob ihn ein Stück vor sich her und kam dann erst zum stehen.
„Falls die Interstate 80 jetzt wegen Bergungsarbeiten in westliche Richtung gesperrt werden muss, dürfte das unsere Position im Rennen nur zu Gute kommen.“
„Milo!“, sagte ich tadelnd. „Bedenke, dass wir an diesem Rennen nur mit einem ganz klar umrissenen Auftrag teilnehmen – und nicht, um den anderen Teilnehmern zu zeigen, was eine Harke ist!“