Kitabı oku: «Fürchte den Killer: Sieben Action Krimis», sayfa 5
„Und wer rast dann durch Pennsylvania, als wäre der Teufel hinter ihm her?“
Ich hob die Augenbrauen. „Es ist andersherum, Milo.“
„Wie soll ich das jetzt verstehen?“
„Nicht der Teufel ist hinter uns her, sondern wir vielleicht hinter dem Teufel.“
Milo begriff. „Du sprichst von diesem 911 Turbo-Fahrer mit grauen Schläfen, den die Kollegen der Highway Patrol bei Cleveland kontrolliert haben!“
„Genau“, nickte ich. „Stell dir vor, er ist es doch.“
„Dann bedeutet das, dass er verdammt gut im Rennen liegt...“
„...und uns durch die Lappen geht, wenn wir nicht etwas schneller sind“, ergänzte ich.
Milo schüttelte energisch den Kopf. Er fuhr sich mit einer fahrigen Geste über das Gesicht. „Das Statement der Kollegen war doch eindeutig. Er war es einfach nicht, Jesse! Das ist eine fixe Idee von dir!“
„Vielleicht. Aber wenn nicht und dieser Robert Dawn geht uns am Ende durch die Lappen, dann könnte ich mir das nie verzeihen. Ein Killer wie der gehört einfach hinter Schloss und Riegel.“
Und damit ließ ich den Wagen noch etwas anziehen. Notfalls konnten wir den Kollegen ja unsere Dienstausweise zeigen, wenn man uns deswegen ins Visier nahm.
15
Unsere Kollegen Clive Caravaggio und Orry Medina befanden sich in Alexander Jason Clements Penthouse. Die Durchsuchung der Wohnung des Opfers gehörte in jedem Mordfall zu den Standard-Prozeduren. Unterstützt wurden Clive und Orry dabei von unseren Erkennungsdienstlern Sam Folder und Mell Horster.
Außerdem war noch Jay Naismith dabei, ein Computerspezialist der Scientific Research Division, dem regulären Erkennungsdienst aller New Yorker Polizeieinheiten. Naismith hatte die Aufgabe, sich den Rechner vorzunehmen, der sich in Clements Penthouse befand.
„Was die moderne Telekommunikation angeht, hatte Mister Clement wirklich das Beste vom Besten“, lobte Naismith. „Allerdings hat er denselben Fehler gemacht wie die meisten!“
„Welchen?“, fragte Clive.
„Ein Passwort genommen, dass so einfach herauszufinden ist, dass der Begriff ‚knacken’ schon gar nicht mehr richtig passt. Zweiter Vorname und Geburtsdatum – das ist nun wirklich nicht sehr originell!“
„Hauptsache, Sie sind im System drin, Jay“, erwiderte Clive etwas gereizt.
Da die Telefonanlage über den Computer lief, ließ sich die Anrufliste normalerweise über ein paar Klicks mit Hilfe des Browsers anwählen.
Aber nachdem Naismith die ausgeführt hatte, seufzte er.
„Leider Fehlanzeige!“, murmelte er. „Clement war sehr vorsichtig. Entweder, er hat seine Festnetzanlage nie benutzt oder er hat die Anrufliste jedes Mal sorgfältig gelöscht, was durchaus möglich ist. Aber das finde ich heraus.“
„Wenn er wirklich so vorsichtig war, dann dürfte er Prepaid-Handys für die wirklich wichtigen Gespräche benutzt haben“, war Orry überzeugt.
Bei der Leiche war ein Handy gefunden worden. Aber das untersuchten gerade die Spezialisten der Scientific Research Division, wobei das Ergebnis wahrscheinlich etwas länger auf sich warten ließ.
Eine Kugel hatte das Gerät nämlich zertrümmert und es war fraglich, ob man die Daten noch lesen konnte.
Clives Handy klingelte.
Der zweite Mann im FBI Field Office New York griff in die Innentasche seiner Jacke und nahm das Handy ans Ohr.
Er war im nächsten Augenblick mit Dr. Brent Claus verbunden, der die Obduktion von Clements Leichnam durchgeführt hatte.
„Was können Sie uns sagen, Dr. Claus?“, fragte Clive.
„Im Wesentlichen das, was auch schon am Tatort erkennbar war. Der Mann hat mehrere Kugeln in Arme und Beine bekommen, ehe er von den tödlichen Schüssen getroffen wurde.“
„Er sollte also leiden“, vermutete Clive.
„Oder es wollte jemand etwas aus ihm herausquetschen“, setzte Dr. Claus den Akzent etwas anders. „Die Kugeln sind im ballistischen Labor. Die Tests werden wohl etwas länger brauchen als die Obduktion. Den schriftlichen Bericht haben Sie in zwei, drei Stunden. Je nachdem wie schnell unsere Schreibkraft den diktierten Bericht in den Computer getippt hat.“
„Schicken Sie mir eine Datei per Email ins Field Office, Dr. Claus.“
„Ja, in Ordnung.“
„Um auf den schriftlichen Bericht zu warten, haben wir nämlich keine Zeit.“
Clive beendete das Gespräch. Mell Horster kam unterdessen aus dem Bad. „Zumindest zeitweise muss hier eine Frau gelebt haben“, erklärte er. „Jedenfalls gibt es entsprechende Utensilien im Bad.“
„Eine Freundin, Lebensgefährtin, irgendetwas in der Art“, vermutete Clive.
„In den Kleiderschränken fanden sich jedoch keine Frauensachen“, ergänzte Sam Folder, der sich dort bereits umgesehen hatte. „Scheint also eine etwas lockere Beziehung gewesen zu sein.“
Etwas später suchte Clive den Schichtführer des privaten Security Service auf, der in dem Gebäude für die Sicherheit zu sorgen hatte.
Er hieß Damian McCorley und war sehr stolz darauf, dass der Sicherheitsstandard auf höchstem Niveau sei.
„Wir haben in allen Korridoren, im Foyer und in der Tiefgarage eine komplette Videoüberwachung. Außerdem elektronische Schlösser, die sofort Alarm auslösen, wenn sich jemand unsachgemäß an ihnen zu schaffen macht.“
„Mister Clement wurde ja auch nicht in seinem Penthouse ermordet“, erinnerte Clive sein Gegenüber, weil er das Gefühl hatte, dass McCorley sich irgendwie unter dem Zwang sah, sich rechtfertigen zu müssen. „Für uns wäre es einfach schon eine Hilfe, wenn wir wüssten, wann genau Mister Clement zum letzten Mal das Haus verlassen hat.“
„Das ist leicht feststellbar“, erklärte McCorley. „Na ja, leicht ... Man muss ein bisschen Zeit mitbringen, um sich hier die Videosequenzen anzusehen.“
„Dann kommen Sie wahrscheinlich auch gar nicht dazu, das gesamte Videomaterial anzusehen“, stellte Clive Caravaggio fest.“
„Nein, dafür haben nicht das Personal“, gab McCorley zu. „Und ich gebe gerne zu, dass das der Schwachpunkt in unserem System ist.“
Es war immer dasselbe. Die inflationär verwendeten Kameras zeichneten Unmengen von Bildmaterial auf, aber das Personal, das diese Kameras eigentlich live überwachen sollte, war in den seltensten Fällen aufgestockt worden. Das Ergebnis war, dass die allgegenwärtigen Kameras in der Praxis kaum dazu beitrugen, ein Verbrechen zu verhindern, sondern nur, es anschließend aufzuklären.
So auch in diesem Fall.
Nach einer ziemlich langwierigen Suche im aufgezeichneten Wust der Videodaten, fand McCorley schließlich jene Sequenz, die das FBI interessierte.
Eine Kamera in der Tiefgarage hatte aufgezeichnet, wie Clement seinen Wagen bestieg. Wenige Augenblicke danach setzte sich ein Mann zu ihm in den Wagen. Von dem, was danach geschah, war nicht viel zu sehen, da sich das Wageninnere im Schatten befand und daher nicht richtig ausgeleuchtet wurde.
„Wenn Sie mich fragen, dann war das ein guter Bekannter“, glaubte McCorley.
„War dieser Mann schon einmal hier im Gebäude?“
„Mir ist er nie aufgefallen.“
„Vielleicht stoßen wir auf ihn, wenn wir sämtliche Videodaten durchsuchen.“
„Das kann lange dauern.“
„Ich weiß, deswegen möchte ich, dass unsere Spezialisten an der Federal Plaza das übernehmen. Stellen Sie uns bitte einen geeigneten Datenträger zur Verfügung. Falls das nicht möglich ist, wird jemand kommen, um die Daten aufzuzeichnen.“
„In Ordnung. Dann sollten Sie letzteres veranlassen“, erklärte McCorley.
Clive ließ die Sequenz mit dem Mann, der zu Clement in den Wagen stieg noch einmal zurückspulen. Es kam ihm seltsam vor, dass dieser Fremde Handschuh trug, obwohl es dazu nun wirklich nicht kalt genug war.
Tatsache blieb, dass Alexander Jason Clement später nicht wieder in seine Wohnung zurückgekehrt war.
„Ich brauche einen Ausdruck, der das Gesicht dieses Mannes gut wiedergibt“, erklärte Clive.
„Das lässt sich machen“, versicherte McCorley.
„Wer immer der Kerl auch sein mag, er wird eine Menge Fragen zu beantworten haben.“
16
Es hatte stark zu regnen begonnen, als wir die Grenze nach Ohio überschritten - wir blieben auf der Interstate 80, die an Cleveland und dem Erie See in Richtung Westen vorbeiführte. 209 Meilen durch Ohio lagen vor uns.
Bei Oak Harbour, kurz vor Toledo hielten wir an einer Tankstelle. Wir waren ziemlich schnell vorangekommen. Unterwegs waren uns immer wieder Sportwagen der unterschiedlichsten Fabrikate begegnet, bei denen ich mich jedes Mal fragte, ob es Teilnehmer des Northern Cannonball waren. Die Wahrscheinlichkeit war hoch.
„Wenn wir so weitermachen, stellen wir vielleicht noch einen Rekord auf“, meinte Milo. „Mal ehrlich, du solltest nicht vergessen, was unser Hauptziel bei diesem Einsatz ist: Robert Dawn zu fassen.“
„Das vergesse ich nicht.“
Ich stieg aus und tankte.
Milo vertrat sich etwas die Beine.
„Soll ich dich für eine Weile ablösen?“
„Danke, aber das ist nicht nötig.“
Er zuckte mit den Schultern. „Hauptsache, du schläfst am Steuer nicht ein!“
Milo besorgte uns ein paar Snacks und bezahlte den Tank.
Wir wollten gerade weiterfahren, da brauste ein Porsche an die Zapfsäulen heran.
„Sieh an, ein 911 Turbo“, murmelte Milo zwischen den Zähnen hindurch. Der Fahrer stieg aus. Er war grauhaarig und wirkte wie Anfang sechzig. Es handelte sich um den Wagen, den die Highway Patrol bereits überprüft hatte. Die Nummer war dieselbe.
„Nun kannst du dich ja selbst davon überzeugen, dass der Kerl nicht mit Dawn identisch ist“, raunte Milo mir zu. „Davon abgesehen nimmt der wahrscheinlich noch nicht einmal an dem Rennen teil.“
„Wieso?“
„Na, dann wäre er längst auf und davon! Wir hätten ihn unmöglich so schnell einholen können. Sein Vorsprung war viel zu groß.“
„Es gab einen Unfall bei Cleveland mit einer Vollsperrung von fast zwei Stunden, Milo“, gab ich zu bedenken. Ich hatte das nebenbei im Radio gehört. Ein Maserati war in diesen Unfall verwickelt, und ich fragte mich, ob er auch etwas mit dem Northern Cannonball zu tun hatte. Es war anzunehmen.
Milo zuckte die Achseln und beobachtete, wie der grauhaarige Sechzigjährige den Tankdeckel seines Porsche abschraubte. „Aber er fährt allein, Jesse! Und davon abgesehen hat er nun wirklich überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Kerl, den wir auf den Fahndungsfotos gesehen haben.“
Wir stiegen ein und fuhren weiter. Milo hatte Recht. Wir machten uns nur verrückt und konzentrierten uns auf einen Mann, der vermutlich mit Robert Dawn nichts zu tun hatte.
Falls der Porschefahrer zusätzlich ein Cannonball-Teilnehmer war, sahen wir ihn mit Sicherheit wieder. Es gab keine Notwendigkeit, auf ihn zu warten.
„Weißt du was, du könntest mir einen Gefallen tun“, sagte ich, nachdem wir zwanzig Meilen gefahren waren. Inzwischen hatte die Dämmerung begonnen. Der Regen hatte sich in leichten Niesel verwandelt, der die Straßen glänzen ließ.
„Was für einen Gefallen?“, fragte Milo.
„Hol uns noch mal die Bilder von Dawn auf den Schirm.“
Milo seufzte. „Wenn du dir davon etwas versprichst!“
Wenig später erschienen auf dem TFT-Bildschirm die zwanzig Jahre alten Fotos von Robert Dawn. Daneben jene Bilder, die mit Hilfe eines Computerprogramms die Alterung simulierten, die inzwischen stattgefunden hatte, sodass man sich vorstellen konnte, wie Robert Dawn heute mit Anfang vierzig aussah.
„Niemand hat je simuliert, wie Robert Dawn mit Anfang sechzig aussieht!“, stellte ich fest.
Milo zuckte mit den Schultern. „Wozu auch?“, fragte er. „Schließlich ist Dawn ja auch nicht Anfang sechzig, oder? Warum sollte man so etwas also simulieren?“
„Vielleicht um zu sehen, wie es wirkt, wenn er sich alter Mann verkleidet hat und dabei einen geschickten Maskenbildner hatte.“
Milo verdrehte die Augen. „Es ist nicht zu fassen Jesse!“
Ich stellte inzwischen eine Verbindung zum Field Office New York her und hatte gleich darauf Max Carter am Apparat. Für die Dauer dieser Operation war Max mehr oder minder im Dauereinsatz. Ich vermutete, dass er sich ein Feldbett im Büro aufgestellt hatte.
Und Mr McKee war natürlich ebenfalls für die gesamte Dauer Nonstop ansprechbar.
„Hallo Jesse, ich kann euch leider noch keine Neuigkeiten mitteilen“, sagte Max. „Unsere Leute arbeiten daran, die Signale zu verfolgen, die mit eurem GPS-Sender per Satellit an diesen ominösen Ort gesandt werden, an dem angeblich das exklusive Wettpublikum den Stand des Rennens mitverfolgen kann. Ich kann euch ehrlich gesagt nicht erklären, was daran so schwierig ist, aber Tatsache ist, dass wir bis jetzt nur den Satelliten haben...“
„Das ist ja schon mal ein Anfang!“, meinte ich. „Max, könnten wir ein künstlich gealtertes Bild von Robert Dawn haben, bei dem er nicht 42, sondern sagen wir mal 62 Jahre alt ist?“
„Wozu?“
„Nenn es Beruhigung eines G-man, der Gespenster sieht!“, mischte sich Milo in das Gespräch ein. „Du würdest uns wirklich einen großen Gefallen tun, Max! Dann könnte sich Jesse nämlich wieder voll und ganz auf das konzentrieren, was er im Moment am dringendsten tun sollte: Nämlich sein Steuerrad halten!“
„In Ordnung, ich mache das“, versprach Max. „In einer Viertelstunde bin ich so weit.“
„Danke!“, sagte ich.
„Dafür habe ich aber einen gut bei euch!“
17
Max brauchte zwanzig Minuten, bis er die Daten über unsere Online-Verbindung zu uns herübergeschickt hatte. Das Ergebnis ließ Milo und mich gleichermaßen staunen.
„Der ist dem Kerl, den wir vorhin gesehen haben, doch wie aus dem Gesicht geschnitten“, stellte ich fest. „Das musst du zugeben.“
Milo hob die Augenbrauen. Schließlich nickte er. „Er sieht ihm tatsächlich sehr ähnlich, auch wenn der Kerl an der Tankstelle meinem Gefühl nach noch wesentlich volleres Haar hatte.“
„Was doch nur dafür spricht, dass er in Wahrheit viel jünger ist!“, hakte ich ein. Ich wandte mich an Max Carter. „Wie heißt der Kerl, den die Kollegen von der Highway Patrol überprüft haben?“
„Er nannte sich George Smith.“
„Nicht gerade fantasievoll für einen falschen Namen!“, kommentierte ich. „Aber genau richtig, wenn man nicht auffallen will. Gibt es irgendetwas, was über diesen George Smith in unseren Archiven steht?“
„Wenn ihr wollt, überprüfe ich das genauer“, kündigte Max Carter an.
Einen unscheinbarer Namen wie George Smith zu benutzen hatte eine Reihe von Vorteilen. Der Betreffende fiel einfach weniger auf und es war schwerer, ihn zu überprüfen. Allein die Einträge in der Rubrik „Criminal“ unseres Datenverbundsystems NYSIS waren unter diesem Namen beispielsweise so zahlreich, dass man sich doch erst wieder durch ein äußerst umfangreiches Menue hindurcharbeiten musste und die vorhandene Datenmenge dadurch ohne nähere Spezifizierungen völlig wertlos blieb.
Etwas später meldete sich Max noch einmal. Über „George Smith“ hatte er nichts Verdächtiges herausfinden können. Er besaß einen gültigen Führerschein des Staates New Jersey und fuhr 25 Jahre unfallfrei. Außerdem hatte er eine Sozialversicherungsnummer, die in Ordnung war.
„Überprüft ihn trotzdem“, sagte ich.
„Ihr dürft auf jeden Fall die Tatsache, dass dieser Porsche-Fahrer jetzt hinter euch ist, nicht zum Anlass nehmen, euer Tempo zu drosseln“, riet uns Max. „Das fällt den Organisatoren des Rennens sofort auf und die fragen sich dann, was mit euch nicht stimmt.“
„Ist schon klar“, erwiderte ich.
„Wenn der Porsche-Fahrer, dem ihr begegnet seid, tatsächlich ein Teilnehmer des Rennens ist, wird er ohnehin zusehen, dass er wieder an euch vorbeizieht.“
18
Unsere Kollegen Clive und Orry verbrachten gut vier Stunden in der Wohnung von Alexander Jason Clement.
Jay Naismith von der SRD schaffte es, einen Teil der gelöschten Anruflisten wiederherzustellen. Im Wesentlichen handelte es sich um drei Nummern. Eine gehörte dem Mann, den Clement als Geschäftsführer des „Rolling Bones“ engagiert hatte – einen ehemaligen Türsteher namens Guy Nolan, über den es eine dicke Akte bei der Justiz gab. Die zweite Nummer gehörte einer gewissen Teresa Marques. Clive vermutete, dass es sich um die Freundin handelte, deren Hygiene-Utensilien unsere Kollegen im Bad gefunden hatten. Die dritte Nummer gehörte einer Psychiaterin.
„Offenbar hat Clement all seine anderen Kontakte über sein Prepaid-Handy abgewickelt“, stellte Naismith klar.
„Darunter wahrscheinlich die Dinge, die uns wirklich interessieren!“
Orry hatte sich inzwischen die Kontoauszüge vorgenommen. „Clement war ein wirklich wohlhabender Mann. Auf seinem Konto sind sehr starke Bewegungen zu verzeichnen. Vor allem Zahlungsverkehr mit Nummernkonten in der Schweiz und dubiosen Briefkastenfirmen auf den Cayman-Islands oder den Antillen.“
„Am besten wir zeigen die Sachen Nat. Vielleicht kann der damit etwas anfangen“, riet Clive.
Unser Innendienstler Nat Norton war in unserem Field Office der Spezialist für Betriebswirtschaft. Gerade bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität war es manchmal wichtiger, Bilanzen richtig lesen zu können und verborgene Finanzströme aufzuspüren als Fingerabdrücke auszuwerten.
Eine halbe Stunde nachdem die Arbeit in der Wohnung des Ermordeten erledigt war, suchten Clive und Orry den Club „Rolling Bones“ auf.
„Wir haben nicht geöffnet und wir werden auch heute nicht mehr öffnen!“, begrüßte sie einer der Türsteher und wollte sie sogleich wieder vor die Tür setzen. Clive hielt ihm seine ID-Card unter die Nase.
„Vielleicht gilt unsere Eintrittskarte hier ja doch“, meinte er. „Wir möchten gerne mit Mister Nolan sprechen. Aber vielleicht können Sie uns ja auch etwas sagen, was uns bei den Ermittlungen im Mordfall Clement weiterbringt.“
Er streckte die Hand aus. „Mister Nolan ist da drinnen. Und was mich angeht, wüsste ich nicht, was ich dazu sagen soll. Ich hoffe, dass der Laden hier weitergeführt wird, schließlich habe ich den Job gerade erst vor zwei Wochen bekommen und wäre nicht besonders erbaut darüber, ihn gleich wieder los zu werden. Aber soweit uns Mister Nolan gesagt hat, hängt das alles noch in der Schwebe.“
Orry zog einen Ausdruck des Videostandbildes, das den Mann im grauen Anzug, Regenmantel und Handschuhen zeigte, der sich neben Clement in den Wagen gesetzt hatte.
„Haben Sie eine Idee, wer das sein könnte? Das würde uns vielleicht schon sehr weiterbringen.“
„Keine Ahnung!“
„Sie haben ja gar nicht richtig hingeschaut“, stellte Clive fest. „Ich weiß nicht, ob Sie wirklich die Befragung lieber bei uns an der Federal Plaza fortsetzen wollen oder weshalb Sie sich so anstellen. Mister Clement können Sie jedenfalls nicht mehr schaden. Der liegt mit einem Dutzend Kugeln im Körper im Leichenschauhaus und jetzt versuchen wir herauszubekommen, wer das getan hat. Wenn er Ihnen einen Job verschafft hat, sollten Sie ihm vielleicht auch einen Gefallen tun, und etwas aufmerksamer sein, wenn es darum geht seinen Mörder zu finden. Meinen Sie nicht?“
Der Türsteher atmete tief durch und blies eine Menge Luft aus. Er war zu perplex, um eine passende Antwort zu finden, rang gleich noch einmal nach Luft und pumpte damit seinen gewaltigen Brustkorb auf. Dann nahm er den Ausdruck des Standbildes und sah ihn sich noch einmal aus nächster Nähe an. Er verengte dabei etwas die Augen. Schließlich gab er das Bild zurück und nickte. „Den Typ habe ich hier im Club schon einmal gesehen.“
„Passt doch eigentlich gar nicht hier her“, stellte Clive fest. „Ich meine, so ein konservativ gekleideter Typ, der aussieht, als wäre er bei einer Bank angestellt und so ein angesagter Club wie das Rolling Bones...“
„Genau dasselbe habe ich auch gedacht“, gab der Türsteher zu. „Zumal er auch gar nicht zu den anderen Geschäftsfreunden passte, die Mister Clement hier her ausgeführt hat...“
„Was waren das denn für Freunde?“
„Hören Sie, ich bin wirklich noch nicht lange genug hier gewesen, um das genauer sagen zu können. Namen weiß ich schon gar nicht. Allenfalls Vornamen.“
„Was für Vornamen?“
„Mike, Tony... was weiß ich.“
„Ist Ihnen da irgendjemand besonders aufgefallen?“
„Ja, da gab es ein Zwillingspaar, die hier immer freie Getränke hatten. Im Gegensatz zu dem Langweiler auf dem Bild waren die richtig cool.“
„Mike und Tony?“, hakte Clive nach. „Sie meinen nicht zufällig Mike und Tony Scarbucchi, oder?“
Er hob die Schultern. „Keine Ahnung“, behauptete er.
Clive und Orry gingen weiter ins Innere des Clubs.
Sie fanden Guy Nolan an der Bar. Statt Champagner trank er Magenbitter. Als Clive und Orry ihm ihre Ausweise zeigten verdrehte er theatralisch die Augen. „Ich habe schon gedacht, ob Sie gar nicht mehr auftauchen!“, knurrte er ziemlich gereizt. „Ob Ihnen vielleicht der Tod von jemandem wie Alexander Jason Clement gleichgültig ist, weil er vielleicht nicht so ganz in das Bild eines seriösen Geschäftsmannes gepasst hat, wie er euch Spießern wahrscheinlich genehm ist.“
„Er ist für uns in erster Linie ein Mordopfer und nichts anderes“, erklärte ich. „Von wem haben Sie von seinem Tod erfahren?“
„Von der City Police, die wohl als erste am Fundort der Leiche war. Leider war Clement in Erbschaftsdingen nicht so eindeutig und knallhart wie bei anderen Dingen. Nach mir die Sintflut hat er sich wohl gedacht. Aber nun wird es wohl darauf hinauslaufen, dass sich mehrere entfernte Verwandten ein paar Jahre vor Gericht streiten werden, was mit dem Club zu geschehen hat. Bis dahin können keine Investitionen vorgenommen werden und die Quintessenz wird so aussehen, dass alles verkauft werden muss, um allein die Gerichtskosten der streitenden Parteien zu bezahlen. Aber so etwas nennt man in diesem schönen Land wohl Gerechtigkeit.“
„Eine reichlich pessimistische Sichtweise“, stellte Clive fest.
„Leider entspricht sie die Wahrheit.“
„Haben Sie einen Verdacht, wer hinter dem Mord an Mister Clement stecken könnte?“
„Nein.“
„Dieser Club stand immer wieder im Verdacht des illegalen Glücksspiels.“
„Aber keine dieser Verdächtigungen hat sich letztlich bestätigt, oder?“
„Ihr Türsteher hat ausgesagt, dass die Scarbucchi-Zwillinge hier ein- und ausgingen.“
„Und wenn?“
„Hören Sie zu, wir wissen, dass Mister Clement sich in der Organisation illegaler Autorennen engagierte. Insbesondere des Northern Cannonball. Außerdem halten sich überall in Little Italy die Gerüchte, dass der Scarbucchi-Clan da ebenfalls stark engagiert ist. Da scheint es also einen Zusammenhang zu geben.“
„Über diese Dinge weiß ich nichts, Mister...“
„Agent Caravaggio“, gab Clive zurück.
„Wie auch immer. Was die Dinge, die Sie sagen mit Mister Clements Tod zu tun haben, weiß ich nicht.“
Zuletzt zeigte Clive ihm das Bild des Mannes, der sich in der Tiefgarage auf Clements Beifahrersitz gesetzt hatte. „Sagen Sie jetzt nicht, dass Sie den Kerl noch nie gesehen haben“, mischte sich unser indianischer Kollege Medina ein. „Wir wissen nämlich, dass er hier war. Angesichts seines vollkommen uncoolen Outfits müsste er Ihnen auch aufgefallen sein.“
Guy Nolan runzelte die Stirn.
„Mister Clement hat ihn ein- oder zweimal mitgebracht. Er heißt Ray Jordan und Mister Clement hat immer versucht, ihn dazu zu überreden, in den Club als Teilhaber einzusteigen und zu investieren. Aber dass war dieser Spaßbremse wohl einfach zu risikoreich.“
„Verstehe“, murmelte Clive. „Haben sie zufällig seine Adresse?“
„Nein, tut mir leid. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Aber vielleicht weiß seine Ex-Freundin etwas Näheres.“
„Ex-Freundin?“, hakte Clive nach.
„Ich spreche von Teresa Marques. Die beiden waren bis vor zwei Wochen unzertrennlich. Keine Ahnung, was dazu geführt hat, dass sie getrennte Wege gegangen sind. Teresa hat vorher hier gearbeitet und gekündigt, nachdem das zwischen ihr und dem Chef nicht mehr lief. Wollen Sie die Adresse und Telefonnummer haben?“
„Ja“, nickte Clive. „Noch was: Wissen Sie etwas darüber, weshalb Clement die Behandlung einer Psychiaterin in Anspruch genommen hat?“
„Nein. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, was er dort gewollt haben kann. Er war entschlussfreudig, hatte eine ziemlich harte Schale und konnte einiges an Stress und Ärger wegstecken, ohne dass irgendwer etwas davon gemerkt hätte.“ Er hob die Schultern. „Allerdings war ich leider nicht in der Lage, in sein Herz oder sein Hirn zu schauen und zu sehen, was sich dort vielleicht noch an Abgründen auftat...“
Es hatte witzig klingen wollen.
Aber Clives eisiger Blick machte ihm klar, dass der Italoamerikaner es überhaupt nicht leiden konnte, wenn man sich über ein Mordopfer lustig machte. Selbst dann, wenn der Betreffende selbst nicht ganz koscher gewesen war.
„Danke für Ihre Hilfe, Mister Nolan. Ich fürchte, wir werden Sie noch das eine oder andere Mal mit Rückfragen belästigen müssen! Und falls Ihnen noch irgendetwas einfällt, dann rufen Sie mich doch bitte umgehend an.“ Clive gab ihm eine seiner Karten, die das FBI Field Office New York für seine Agenten drucken lässt.