Kitabı oku: «Fürchte den Killer: Sieben Action Krimis», sayfa 6
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Anschließend besuchten Clive und Orry Teresa Marques. Sie arbeitete in einer Bar in der Lower East Side. Dem Club „Rolling Bones“ hatte sie nach der Trennung von Clement den Rücken gekehrt.
„Ich wollte Privates und Berufliches nicht mehr vermischen“, sagte sie. „Zumindest habe ich mir das vorgenommen.“
Teresa Marques war 29, hatte gelocktes schwarzes Haar und wirkte trotz ihrer zierlichen Figur recht resolut und durchsetzungsfähig.
Sie führte uns in eine ziemlich unaufgeräumte Zwei-Zimmer-Wohnung. „Ich bin wenig zu Hause“, erklärte sie dazu, als sie Orrys skeptischen Blick sah.
„Mister Clement wurde ermordet“, berichtete Clive.
Sie wirkte sehr gefasst. „Ich habe davon gehört. Das hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen.“
„Haben Sie eine Ahnung, wer Mister Clement so gehasst hat, dass ihm die Tat zuzutrauen wäre?“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte aus dem Fenster hinunter auf die Straße. Offenbar überlegte sie, wie viel sie den beiden G-men sagen sollte.
„Was auch immer zu Ihrer Trennung geführt hat, Sie sollten genauso wie wir daran interessiert sein, dass der oder die Mörder Ihres ehemaligen Lebensgefährten gefasst werden“, erklärte Orry mit sehr ernstem Gesicht.
„Der Grund für unsere Trennung war einfach. Er hat sich immer stärker in Geschäfte verwickelt, mit denen ich nichts zu tun haben wollte.“
„Was für Geschäfte?“, fragte Clive.
„Das weiß ich nicht im Einzelnen. Aber sie hatten vor allem mit diesen Mafia-Zwillingen zu tun.“
„Den Scarbucchis?“, hakte Clive nach. Sie nickte. „Ich kann es ja jetzt nach seinem Tod offen sagen: Das Rolling Bones wurde schon seit längerem zur Geldwäsche für den Scarbucchi-Clan benutzt. Aber jetzt kamen da noch Wettgeschäfte dazu, die eine Dimension hatten... Sie schüttelte den Kopf. In ihren Augen glitzerten Tränen. „Ich weiß keine Einzelheiten, das müssen Sie mir glauben, Agent...“
„...Caravaggio“, vollendete der flachsblonde Italoamerikaner.
„Aber ich hatte instinktiv das Gefühl, dass die Sache nicht in Ordnung war. Alex hat mich ausgelacht und mich gefragt, was ich denn dagegen hätte, einfach nur Geld einzustreichen und auszugeben. Aber mir ist das im Gegensatz zu ihm nicht egal, woher dieses Geld kommt.“
Er zeigte ihr ein Bild von Ray Jordan.
„Haben Sie diesen Mann mal gesehen?“, fragte Clive.
„Ja, ich habe Alex und diesen Mann mal über irgendein Autorennen reden hören, dass angeblich ein Riesengeschäft sei. Aber als ich dazu kam, haben sie das Thema gewechselt. Ich glaube, der Kerl heißt Jordan. Er gehört zu den Geschäftsfreunden von Alex. Aber mehr weiß ich nicht über ihn. Was hat er mit seinem Tod zu tun?“
„Er ist wahrscheinlich derjenige, der Alexander Jason Clement als letzter gesehen hat“, erklärte Clive. „Sie wissen nicht zufällig, wo er wohnt?“
„Im Grand Plaza Hotel am Central Park West. Jedenfalls war das vor vier Wochen noch der Fall, als Alex und ich noch zusammen waren.“
„Woher wissen Sie das so genau?“
„Alex hat ihn mal mit seinem Wagen nach Hause gebraucht, nachdem wir zusammen diesem Jordan und seiner Begleiterin in einer Broadway-Show waren. Ich erinnere mich noch genau daran, weil ich noch zu Alex meinte, dass ich mir niemals vorstellen könnte, in einem Hotel zu wohnen. Jedenfalls nicht dauerhaft. Aber Alex meinte, das wäre für Ray Jordan genau das Passende. Ich habe nicht weiter nachgefragt. Der Typ interessierte mich nicht besonders und ehrlich gesagt...“ Sie sprach nicht weiter und strich sich mit einer fahrigen Geste ein paar Strähnen aus dem Gesicht.
„Was wollten Sie noch sagen, Miss Marques?“, hakte Clive Caravaggio nach.
Sie hob den Kopf, schien einige Augenblicke lang sehr in sich gekehrt zu sein, bevor sie schließlich sagte: „Er war ein ziemlich seltsamer Typ, müssen Sie wissen. Wir waren nach der Broadway Show noch in einer Bar. Seine Begleiterin hat die ganze Zeit geredet, Jordan dafür kein Wort. Ich hatte fast den Eindruck, dass die beiden sich überhaupt nicht kannten oder die Frau nur über einen Escort-Service engagiert worden war.“ Sie zuckte mit den schmalen Schultern. „Das war nur ein spontaner Eindruck, ich habe keine Ahnung, ob der zutreffend ist.“
„Danke, Ma’am.“
„Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen, Agent Caravaggio.“
Clive nickte. „Das hoffe ich auch.“
„Mag sein, dass das mit Alex und mir etwas unschön auseinander gegangen ist... Es gab da ein paar hässliche Szenen zum Schluss. Ich glaube, ich habe noch ein paar Sachen bei ihm, aber ich hatte mir gedacht, dass es besser ist, sie erst später zu holen, wenn sich die Wogen etwas geglättet haben. Sie verstehen sicher, was ich meine.“
„Klar.“
„Trotzdem will ich, dass alles getan wird, um Alex Mörder zu fassen. Ich bin überzeugt davon das sein Tod irgendetwas mit den Geschäften zu tun hat, auf die er sich eingelassen hat.“
Jetzt mischte sich Orry ein. „So weit reicht unsere Erkenntnis inzwischen auch, Miss Marques. Aber vielleicht kann Mister Jordan uns dazu einiges sagen.“
20
Ray Jordan wurde in die Fahndung eingegeben. Clive und Orry fuhren mit Rotlicht Richtung Central Park West. Gleichzeitig machten sich unsere Kollegen Jay Kronburg und Leslie Morell auf den Weg. Sie waren eigentlich längst auf dem Weg nach Hause, aber Mr McKee hatte sie in einer Bar in der Fifth Avenue per Handy erwischt. Und das war nun einmal ganz in der Nähe des Central Park West.
Mr McKee kümmerte sich unterdessen darum, einen Richter dazu zu bewegen, einer Durchsuchung von Ray Jordans Zimmer zuzustimmen.
Die Beweislage gegen ihn war nicht so stichhaltig, dass man damit rechnen konnte, dass das glatt über die Bühne ging. Es hing etwas davon ab, wie der jeweilige Richter den Begriff dringenden Tatverdacht auslegte.
Aber Ray Jordan war immerhin die letzte Person, von der wir mit Sicherheit wussten, dass sie Alexander Jason Clement noch lebend gesehen hatte. Und das reichte für eine Vorladung allemal aus. Vielleicht auch für mehr. Doch was dies betraf, vertrauten unsere Kollegen ganz darauf, dass Mr McKee dem Richter den Sachverhalt so darstellte, dass diesem die Entscheidung leicht gemacht wurde.
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Clive und Orry erreichten das Grand Plaza am Central Park West. Jay und Leslie warteten am Eingang auf sie.
„Der Durchsuchungsbeschluss ist da“, erklärte Leslie Morell. „Wir können also loslegen. Josy bringt ihn her.“
„Wir brauchen nicht auf sie zu warten“, sagte Clive und blickte auf die Uhr. Die irischstämmige FBI-Agentin Josy O'Leary musste eigentlich jeden Moment eintreffen, aber der Durchsuchungsbeschluss konnte auch nachgereicht werden.
Clive wandte sich an den Portier und erkundigte sich nach Ray Jordans Zimmernummer.
„Mister Jordan ist heute abgereist“, erklärte dieser zu Clives Überraschung. „Wir haben ihm ein Taxi zum John F. Kennedy Airport kommen lassen.“
Clive legte seine ID-Card auf den Tresen der Rezeption. „Ich hoffe, sein Zimmer wurde nicht bereits gemacht.“
„Leider ja, Sir. Es tut mir leid. Mister Jordan bewohnte die Vier-Zimmer Suite und unser Personal hat die Anweisung, die Räumlichkeiten immer umgehend herzurichten.“
„Wie lange hat Jordan hier gewohnt?“
„Fast zwei Monate.“
Während Clive noch mit dem Portier sprach, griff Orry bereits zum Handy, um das Field Office zu verständigen. Jordans Maschine war wohl schon auf und davon. Aber es war sicherlich hoch interessant zu erfahren, wohin es den Mann gezogen hatte.
Max Carter aus der Fahndungsabteilung brauchte keine Viertelstunde, um das zu ermitteln. Er rief Orry zurück.
„Jordan ist nach Seattle geflogen“, erklärte er gegenüber den Kollegen, die inzwischen durch die soeben eingetroffene Josy O'Leary ergänzt worden waren.
„Also zum Zielpunkt des Northern Cannonball“, stellte Clive fest. „Wir werden die Kollegen des dort zuständigen FBI Field Office verständigen. Und zwar sofort.“ Er sah auf die Uhr. „Die müssten dort sogar noch reguläre Dienstzeit haben!“
Anschließend suchten Clive und die anderen Agenten die Suite auf, in der Ray Jordan die letzten Monate gelebt hatte.
Aber das Personal des Grand Plaza machte seine Arbeit sehr sorgfältig. Nicht einmal den Inhalt eines Papierkorbs konnten die FBI-Agenten noch sicherstellen und nach Hinweisen durchsuchen.
„Scheint so, als kämen wir zu spät“, stellte Clive fest.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Orry. „Ray Jordans Maschine ist in Seattle längst gelandet und dort hat der Kerl jede Möglichkeit unterzutauchen.“
Clive hob die Schultern. „Das würde voraussetzen, dass er schon weiß, dass wir hinter ihm her sind. Aber das bezweifle ich. Er fühlt sich offenbar sicher, sonst wäre er nicht unter seinem richtigen Namen gereist.“
„Es ist spät. Ich fürchte, hier erreichen wir nichts mehr“, meinte Josy O'Leary.
„Einen Termin haben wir noch vor uns!“, widersprach Clive Caravaggio. Die anderen sahen ihn fragend an.
„Von wem sprichst du, Clive?“, fragte Orry.
„Von den Zwillingen. Ich will heute noch wissen, was sie zum Tod ihres Geschäftspartners zu sagen haben.“
22
Wir fuhren durch das nächtliche Lichtermeer von Chicago, als uns ein Anruf des Field Office erreichte.
Es meldete sich Max Carter aus der Fahndungsabteilung mit ein paar sehr interessanten Neuigkeiten.
„George Smith existiert tatsächlich. Er lebt in Newark, 5567 Cumberland Road und seine Sozialversicherungsnummer stimmt mit der des Mannes überein, den die Kollegen der Ohio Highway Patrol überprüft haben.“
„Dann ist er also sauber?“, zog ich einen voreiligen Schluss.
„Ja, wenn da nicht ein Haken bei der Sache wäre. Ich habe mit Mister Smith telefoniert, er gab an, zurzeit keineswegs irgendwo in Ohio unterwegs zu sein, sondern seit zwei Wochen mit einem gebrochenen Fuß zu Hause zu sitzen. Da es der rechte Fuß ist, ist er im Moment auch gar nicht in der Lage, ein Gaspedal zu treten. Der Mann, den die Kollegen überprüft haben, hat sich seine Identität geliehen.“
„Also doch!“, stieß Milo hervor.
„Jesse hatte von Anfang an die richtige Nase. Robert Dawn gilt ja nach allem, was wir über ihn wissen, als besonders vorsichtig. Vielleicht sollten wir diesen Punkt in Zukunft besser in unseren Einschätzungen beachten.“
„Ich nehme an, dass jetzt auch ein Bild von ihm in der Fahndung ist, das ihn als Sechzigjährigen zeigt!“
„Agent Prewitt arbeitet gerade daran“, versicherte Max Carter. „Ihr fahrt bitte einfach weiter und gebt schön Vollgas. Die State Police von Ohio, Illinois Minnesota sind alarmiert. Wir hoffen, dass er den Kollegen irgendwann in die Arme läuft.“
„Vielleicht treffen wir ihn ja auch noch einmal wieder.“
„Dann ist höchste Vorsicht geboten, Jesse! Der Mann ist mit allen Wassern gewaschen und lässt sich nicht so einfach festnehmen.“
„Wir passen schon auf.“
Max informierte uns außerdem über die neuesten Entwicklungen, was den Mord an Clement betraf und dass nun nach einem gewissen Ray Jordan intensiv gefahndet wurde. „Er ist ausgerechnet nach Seattle verschwunden!“, stellte Max fest. „Wir werden jetzt die dortigen Kollegen einschalten.“
„Was ist mit dem GPS-Signal?“, erkundigte sich Milo. „Konnte man inzwischen zurückverfolgen, wo unsere Positionsdaten letztlich hingehen?“
„Da muss ich euch leider eine ziemlich enttäuschende Mitteilung machen. Technisch ist das zwar möglich, aber das ist so aufwändig und benötigt so immense Rechnerkapazitäten, dass mit brauchbaren Ergebnissen erst zu rechnen ist, wenn das Rennen gelaufen ist.“
„Und da gibt es keine Hoffnung?“, hakte Milo nach.
„Nein. Die Organisatoren des Rennens haben offenbar einiges an Aufwand betrieben, damit man ihren Aufenthaltsort nicht so einfach ermitteln kann. Wir denken allerdings inzwischen, dass sich diese große Wettparty irgendwo im Großraum Seattle abspielt.“
„Und wie kommt ihr darauf?“
„Dass dieser Jordan dorthin geflogen ist, wäre allein noch nicht sehr aufschlussreich. Aber Clive und Orry haben herausgefunden, dass die Scarbucchi-Zwillinge Tony und Mike schon vor ein paar Tagen auch nach Seattle geflogen sind.“
„Scheint um diese Jahreszeit ein beliebtes Reiseziel zu werden“, kommentierte Milo.
„Das ist noch nicht alles“, verriet uns Max. „Wir haben daraufhin alle Flüge nach Seattle der letzten Zeit untersucht und sind darauf gestoßen, dass auch Enrico Scarbucchi, der Chef des sizilianischen Zweigs der Familie vor kurzem über New York nach Seattle gereist ist. Das kann kein Zufall sein. Im Moment nehmen wir uns alle Flugpassagiere der letzten Tage nach Seattle unter einem bestimmten Raster vor. Wir suchen nach Verbindungen zur Wett-Szene, zu den Scarbucchis oder zu illegalen Autorennen und sind bereits überraschend häufig fündig geworden.“
„Das bedeutet, dieses ominöse Hotel muss sich irgendwo im Großraum Seattle befinden!“, schloss ich.
„Es spricht jedenfalls einiges dafür. Ganz überraschend ist das ja nicht. Schließlich ist Seattle ja der Zielpunkt des Rennens. Aber der Staat Washington ist andererseits auch so groß, dass es nicht so einfach sein dürfte, diese Örtlichkeit zu finden, bevor die ganze Party vorbei ist.“
Dann kündigte Max uns noch an, dass er sich für ein paar Stunden aufs Ohr zu legen beabsichtigte. Liam Davis, ein Kollege aus der Fahndungsabteilung sollte ihn solange vertreten.
Auf einem Parkplatz an der Interstate 333, nordwestlich von Chicago nahmen wir einen Fahrerwechsel vor.
Von Wisconsin sahen wir nicht viel, weil wir diesen Staat bei Dunkelheit durchquerten. Bei Eau Claire wurden wir Zeugen eines Unfalls. Die Highway Patrol hatte bereits den Unfallort gesichert. Ein Lamborghini war an der Karambolage beteiligt. Bei dem zweiten Fahrzeug handelte es sich unzweifelhaft auch um einen Sportwagen, aber es war nicht mehr erkennbar, welches Fabrikat das mal gewesen war.
23
Ich hatte die Gelegenheit, mich für ein paar Stunden auszuruhen. Richtig schlafen konnte ich nicht. Aber es reichte schon, etwas vor sich hin dösen zu können.
Als wir Minneapolis hinter uns gelassen hatten, dämmerte der Morgen. Bei St. Cloud tankten wir erneut auf und ich ging wieder ans Steuer. Außerdem besorgten wir uns ein paar frische Sandwichs, und Kaffee in geschlossenen Pappbechern, bevor wir weiterfuhren. Ein Maserati überholte uns und fuhr uns mit schätzungsweise Tempo 260 Richtung Nordwesten voraus.
„Der nutzt offenbar die frühen Morgenstunden zum Spurt, weil er denkt, dass die Highway Patrol dann keinen Dienst hat!“, kommentierte Milo.
„Womit er sich gründlich geirrt haben dürfte“, erwiderte ich.
Agent Liam Davis aus der Fahndungsabteilung rief uns auf dem Abschnitt zwischen Minneapolis und der Grenze von North Dakota, die wir bei Fargo auf der Interstate 94 überquerten, zweimal an.
Es hatte auf unserer Strecke mehrere Unfälle unter Beteiligung von Sportwagen gegeben, die wahrscheinlich mit dem Northern Cannonball in Zusammenhang standen.
Mr McKee sprach auch kurz mit uns und überspielte uns online die entsprechenden Daten. „Die Unfallfrequenz ist ungewöhnlich hoch“, stellte er fest. „Es scheint eine Reihe äußerst risikofreudiger Fahrer zu geben. Anders ist das nicht erklärlich. Da so einige Teilnehmer des Rennens wohl den lokalen Polizeibehörden inzwischen aufgefallen sind und aus dem Verkehr gezogen wurden, wird sich das Feld inzwischen bereits deutlich reduziert haben.“
„Wir passen schon auf“, versprach ich.
„Gehen Sie auf keinen Fall irgendein unnötiges Risiko ein.“
„Ist schon klar, Sir.“
Später passierten wir einige der Unfallstellen. Ein Ferrari und ein Porsche waren förmlich aus der Bahn geschleudert worden. Ich vermutete, dass sie sich gegenseitig touchiert hatten.
„Anscheinend war keiner der beiden Kontrahenten und Rivalen dazu bereit, den anderen vorbeiziehen zu lassen.“ Inzwischen waren Milo und ich ja bereits Zeuge mehrerer wohl in etwa gleich gearteter Unfälle geworden.
Irgendwo zwischen Janestown und Mandan, wo sich die Interstate 94 so gerade wie ein Strich durch North Dakota zieht, arbeitete sich von hinten ein Porsche an uns heran.
Pfeilschnell zog er an uns vorbei.
„Das war er, Jesse!“, war Milo überzeugt. „George Smith alias Robert Dawn!“
Es war unmöglich, einen Wagen bei dieser Geschwindigkeit stoppen zu wollen. Ihm den Weg abzuschneiden oder dergleichen kam nicht in Frage. Das wäre selbstmörderisch gewesen. Der 911 hätte uns nur leicht touchieren brauchen und wir wären geliefert gewesen.
Gegen so ein Geschoss gab es wahrscheinlich noch nicht einmal eine Straßensperre, die wirksam war. Man musste schon mit Stachelteppichen dafür sorgen, dass die Reifen platzten und der Wagen dann zum Stillstand kam. Aber auch das war bei diesen Geschwindigkeiten völlig unkalkulierbar und es konnte sein, dass der Wagen dadurch vollkommen unkontrolliert durch die Gegend geschleudert wurde. Wenn sich alles verschwor, durchbrach er sogar die Mittelleitplanke und landete auf der Gegenfahrbahn.
Ich trat das Gaspedal voll durch. Dabei ließ ich immer einen gewissen Abstand zwischen uns und ihm.
Er sollte keinen Verdacht schöpfen und uns als ganz normale Teilnehmer des Rennens sehen.
Nur dann hatten wir eine Chance, ihn zu stellen.
Irgendwann musste auch die leistungsfähigste Maschine mal tanken.
Und auf diesen Augenblick warteten wir.
Ich ließ den Abstand mal etwas größer werden, dann holte ich wieder auf und kam näher heran.
Ab und zu umfuhren wir ein paar Trucks, die im Vergleich zu unserer Geschwindigkeit fast wie stehende Hindernisse wirkten.
Wenn es links nicht möglich war, weil gerade einmal wieder einer dieser riesigen PS-Elefanten von einem anderen Zwanzigtonner überholt wurde, der vielleicht fünf oder zehn Stundenkilometer schneller war, sodass beide über Minuten die Fahrbahnen blockierten, zog ich mit dem Wagen rechts vorbei.
Irgendwann machte mich Milo darauf aufmerksam, dass uns ein bis zwei Fahrzeuge der Highway Patrol zu folgen versuchten. Selbstverständlich waren sie nicht in der Lage, weder den Sportwagen noch Porsche einzuholen.
„Ich hoffe, unsere Kollegen kommen nicht auf die Idee, eine Straßensperre mit Stachelketten zu errichten“, meinte Milo.
„Früher oder später müssen wir damit rechnen“, glaubte ich.
„Wie wär’s, wenn du die Kollegen einfach über Funk warnst!“
„Wir wissen nicht, ob Mister Smith das abhören kann“, gab ich zu bedenken.
Dann vergrößerte der Porsche den Abstand zu uns zusehends. Er war ein äußerst geschickter Fahrer, das musste der Neid ihm lassen. Aber auf dieser geraden Strecke spielte das nicht die entscheidende Rolle. Hier ging es um ein reines Duell der Maschinen – und da war mein Wagen in einem leichten Vorteil, was das Beschleunigungsvermögen anging. Eigentlich hätten wir den Porsche früher oder später einholen müssen.
Aber das war nicht meine Absicht.
Ich wollte ihm genügend Vorsprung lassen, damit er sich sicher fühlte.
Wenn er dann zum Tanken die Fahrbahn verließ, konnte man ihn vielleicht stellen.
Aber dafür rückten uns die Polizeifahrzeuge immer weiter auf den Pelz.
Milo rief unser Field Office an.
Liam Davis war am Apparat.
„Was gibt es?“, fragte er. Milo erklärte ihm in knappen Sätzen die Situation. „Ihr müsst Kontakt mit der Highway Patrol von North Dakota aufnehmen!“, forderte mein Kollege.
„Das ist längst geschehen“, sagte Liam Davis. „Die Beamten sind über euren Einsatz informiert. Sie werden Abstand zu eurem Sportwagen halten.“
„Es geht um den Porsche, an den wir uns drangehängt haben.“
„Ihr denkt, dass es Robert Dawn ist.“
„Wir sind uns sicher.“