Kitabı oku: «Zauberer und Höllentore: Acht Fantasy Krimis», sayfa 9

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3

Die junge Frau sorgte dafür, dass wir kreuz und quer durch die Stadt chauffiert wurden. Offenbar hielt sie das für nötig, um Verfolger abzuschütteln.

"Lucas Gordon, Privatdetektiv", stellte ich mich ihr vor. "Und wer sind Sie?"

"Rebecca...", flüsterte sie.

"Haben Sie auch einen Nachnamen?"

"Je weniger Sie über mich wissen, desto besser, Mr. Gordon. Es tut mir leid, dass ich Sie da in etwas hineingezogen habe, von dem Sie besser nie erfahren hätten..."

Ich hob die Augenbrauen. "Es ist nicht Ihr Ernst, dass Sie mich damit abspeisen wollen!"

"Den Schaden an Ihrem Wagen werde ich natürlich ersetzen. Und ansonsten: Vergessen Sie mich. Je schneller desto besser!"

"So einfach kommen Sie mir nicht davon. Was ist dort im Konzertsaal geschehen? Diese merkwürdigen Leute, die hinter Ihnen her waren, sahen aus, als wären sie auch dort gewesen..."

"Das waren sie auch!"

"Aber eine Ansammlung von solchen Mumien wäre nicht nur mir aufgefallen!"

"Sie haben keine Ahnung, Mr. Gordon."

"Nennen Sie mich Luke."

Rebecca lächelte matt. "Da wir uns niemals wiedersehen werden, sind derartige Vertraulichkeiten wohl überflüssig!"

"Wie auch immer: Wieso meinen Sie, dass mir diese Leichenschädel nicht im Konzertsaal auffallen konnten? Vielleicht gilt das für einen oder auch eine Handvoll von Personen, die so aussahen... Aber es waren fast zwei Dutzend Leute hinter Ihnen her, Rebecca - oder wie immer Sie auch in Wirklichkeit heißen mögen!"

Sie atmete tief durch. Mit schnellen, etwas fahrig wirkenden Handbewegungen ordnete sie ihre Haare. Das Zittern konnte sie dabei kaum unterdrücken. Ganz gleich wie cool und abgebrüht sie ansonsten auch tat - das Geschehene hatte auch bei ihr seine Spuren hinterlassen.

So sehr sie auch versuchte, die äußeren Anzeichen dafür zu unterdrücken.

Sie beugte sich nach vorn und wandte sich an den Fahrer.

"Lassen Sie mich bitte bei der nächsten Subway-Station aussteigen, Sir!"

"Kein Problem, Ma'am."

"Ich dachte, wir suchen uns eine hübsche Bar und Sie erzählen mir alles schön haarklein!“, mischte ich mich ein.

"Hatte ich Ihnen nicht schon gesagt, dass ich nichts davon halte?"

"Was haben Sie gegen mich?"

Sie schüttelte den Kopf. Ihre Hand berührte meinen Unterarm und mir fiel erneut der dunkelrote Stein auf, den sie um den Hals trug.

Spiegelte sich nur das Licht der Scheinwerfer und Neonreklamen darin?

Oder leuchtete er aus eigener Kraft? In der Seitenstraße, in der uns die mumienhaften Schattengestalten begegnet waren, hatte ich kaum Zweifel daran gehabt, dass von diesem eigenartigen Stein ein Leuchten ausging.

Eine Lichterscheinung, die mich in erschreckender Weise an die glühenden Augen der Verfolger erinnert hatte...

"Ich habe nichts gegen Sie", erklärte sie. "Ich mag Sie sogar. Sie haben versucht mir zu helfen, als ich in Lebensgefahr war und sich dabei selbst in Gefahr gebracht."

"Hätte ich nicht gerade deswegen ein Recht mehr zu erfahren?"

"Ich würde Sie nur unnötig in Gefahr bringen."

"Lassen Sie das mal meine Sorge sein..."

"Sie Ahnungsloser..."

Wir sahen uns an.

Ihr Gesicht war feingeschnitten und sehr hübsch. Ich war mir in dieser Sekunde sicher, dass ich es so schnell nicht vergessen würde.

"Woher wussten Sie, dass die Kerle schusssichere Westen unter ihren Anzügen trugen? Müssen Qualitätswesten gewesen sein, die auch die Schultern noch schützen und nicht so auftragen nicht diese mordsschweren Uralt-Modelle, die die Cops verwenden..."

"Ich wusste es nicht", widersprach sie mir und wirkte abwesend dabei.

"Sie sagten, dass ich mit meiner Automatik nichts ausrichten könne..."

Ihre dunklen Augen musterten mich nachdenklich.

"Das entspricht auch den Tatsachen, Luke. Die Gestalten, denen wir begegnet sind, waren in gewissem Sinne bereits tot..."

Ich starrte sie an.

"Was reden Sie da?"

Jetzt meldete sich der Taxifahrer zu Wort.

"Da vorne an der Ecke ist eine Subway-Station, Ma'am!"

"Danke."

Sie riss die Tür auf und lief ins Freie.

"Rebecca!“, rief ich ihr hinterher. Aber schon nach wenigen Augenblicken war sie zwischen den Massen von Passanten verschwunden, die sich um die Subway-Station herum drängelten.

"Sie übernehmen doch die Rechnung, Sir?“, erkundigte sich der Fahrer etwas besorgt.

"Sicher", knirschte ich zwischen den Zähnen hindurch.

"Und wohin jetzt bitte? Oder wollen Sie die Fahrt auch mit der Subway beenden?"

Ich hatte für den leicht zynischen Humor des Taxifahrers im Moment keinen Sinn.

"In die Mott Street, bitte", wies ich ihn an. Dort befanden sich im dritten Stock eines ehemaligen Lagerhauses meine Wohnung sowie das Detektivbüro, das ich zusammen mit einem Partner betrieb.

4

Carlo Carisi stand auf dem Balkon seiner Suite im Excalibur Hotel am Broadway und sog die kühle Nachtluft ein.

Der leichte Nieselregen störte ihn nicht.

Carisi spürte, wie die Kraft des Lebens ihn durchflutete...

Eine Kraft, von der er beinahe schon vergessen hatte, wie sie sich anfühlte.

Viel zu lange ist es her, dachte er, während er dem Spiel der Lichter von New York City zusah, jener Stadt, von der es hieß, dass sie niemals schlief...

Carisi hob die Hände, betrachtete sie.

Sie waren immer noch knochendürr, aber die Haut spannte sich jetzt viel straffer um sie.

Carisi lächelte.

Ja, dieses Gefühl der Kraft...

Er wollte es nie wieder missen!

Nie wieder die Nähe des Todes spüren, nie wieder den eisigen Atem des Verfalls, der unabwendbar zum Ende hinführte. Zur Verwesung...

Vergiss nicht, dass du Staub bist!, meldete sich eine Stimme in seinem Inneren. Vergiss es nicht...

"Das werde ich nicht", murmelte Carisi halblaut vor sich hin. Und dann lachte er. Der Klang seiner heiseren Stimme verschmolz mit dem Straßenlärm, der vom Broadway heraufdrang. Ja, dachte er, so viele Seelen sind dort unten...

Mehr Seelen, als der unheimliche Hunger, der Carlo Carisi beherrschte, selbst in Jahrhunderten fordern würde...

In diesem Moment drang ein Klopfen in die Gedanken des Virtuosen.

Es kam von der Tür seiner Tür her und war ziemlich heftig.

"Mr. Carisi?"

Carisis Gesicht veränderte sich, wurde wieder zu einer harten, kalten Maske. Er strich sich über die glatter gewordene Haut seiner Wangen, verharrte noch einen Moment und trat dann durch die Balkontür zurück in die Suite.

"Herein!“, sagte er zur Tür gewandt. "Es ist offen."

Ein massiger, fast zwei Meter großer Mann trat ein. Das Gesicht war aufgeschwemmt, der Kopf von einem dünnen Haarkranz umrandet.

Sein Name war Ted Barnes. Er war der Konzert-Agent, bei dem Carisi derzeit unter Vertrag stand. Barnes' Gesichtsausdruck wirkte verstört. Er schien das, was während des Konzertes geschehen war, noch immer nicht verdaut zu haben.

"Mr. Carisi, ich muss mit Ihnen sprechen..."

"Jetzt noch - um diese Zeit?“, fragte Carisi.

Barnes trat auf Carisi zu, blieb dann abrupt stehen und starrte den Virtuosen fast ungläubig an.

"Was ist, Mr. Barnes?“, wisperte Carisi leise. Ein drohender, gefährlicher Unterton schwang in diesen Worten mit. Carisis Züge zeigten Entschlossenheit. Mit festem Blick fixierte er sein Gegenüber.

"Der Mann, der während des Konzerts zusammenbrach..."

"Er ist tot, ich weiß, Mr. Barnes. Warum reden wir über diese Dinge?"

"Es hat noch einen Toten gegeben. Eine Frau. Sie konnten von der Bühne aus nicht sehen, wie sie zusammengebrochen ist und..."

"Mr. Barnes, sie langweilen mich", lächelte Carisi.

"Diese Leute sahen aus wie Greise, als man ihren Tod feststellte! Und nicht nur sie! Ich habe mit den Security-Leuten und den Ordnern gesprochen. Und sie haben dasselbe gesehen wie ich... Menschen, die innerhalb von Augenblick zu Greisen wurden, während Sie spielten!"

"Mr. Barnes, ich bin müde."

"Wirklich? Sie sehen gar nicht so aus. Ganz im Gegenteil, Sie wirken, als ob Sie gerade eine Art Frischzellenkur hinter sich hätten!"

"Gute Nacht, Sir!"

Barnes packte Carisi, der sich halb abgewandt hatte, bei den Schultern und drehte ihn zu sich herum. Die Nasenflügel des Konzert-Agenten bebten vor Erregung. In seinen Augen flackerte es unruhig.

Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.

"Oh, nein, Carisi, so einfach kommen Sie mir nicht davon. Ich habe Männer und Frauen gesehen, die binnen Sekunden um Jahre alterten, denen die Haut eintrocknete wie bei einer Mumie, die jahrelang in den luftabgeschlossenen tiefen eines Moores gelegen hat. Die Haare wurden grau und dünn..."

Carisis Blick war eisig.

Eine geradezu gespenstische Intensität ging von ihm aus, die den Konzertagenten unwillkürlich verstummen ließ. Barnes schreckte zurück.

Ein dunkelrotes Leuchten glomm in Carisis Augen auf, flackerte auf wie bei glühenden Kohlen, die durch einen Luftzug angeheizt werden.

Dann war es wieder vorbei.

Barnes schluckte, wich einen Schritt zurück.

"Ich war von Anfang an nicht begeistert von dem Gedanken, ein Comeback mit Ihnen zu managen", sagte er dann fast tonlos. Die Schweißperlen auf seiner Stirn hatten sich dramatisch vermehrt. Sein Atem ging schwer, so als hätte er gerade einen anstrengenden Lauf hinter sich gehabt.

Carisi bleckte die Zähne.

Seine Lippen waren nicht länger blutleere, unscheinbare Striche, sondern dunkelrot und voll.

"Sie haben es mir nicht zugetraut, dass ich überhaupt noch einen vernünftigen Ton auf meinem Instrument hervorzubringen vermag... Aber da waren Sie nicht der Einzige! Allerdings weiß ich nicht, worüber Sie sich beschweren! An der Qualität meines Spiels hat es sicherlich nicht gelegen, dass der Abend im Chaos endete..."

Carisi ging zu dem runden Holztisch, auf dem er die Violine abgelegt hatte. Er nahm das Instrument, klemmte es sich unter das Kinn...

"Ich möchte die weiteren Konzerte mit Ihnen absagen", erklärte Barnes unmissverständlich, bevor Carisi den ersten Ton gespielt hatte.

Carisi war fassungslos.

Er starrte Barnes an.

"Was?"

"Ich habe Sie beobachtet, Carisi. Irgendwas stimmt mit Ihnen nicht... Ich kann nicht genau sagen was und außerdem habe ich auch wenig Lust, dass mich jemand in die Klapsmühle wirft. Ich weiß nur eins - ich will damit nichts zu tun haben!"

"Das können Sie nicht tun!“, zeterte Carisi.

"Oh, doch, das kann ich!"

"Wir haben einen Vertrag!"

"Sie bekommen die vereinbarte Summe als Konventionalstrafe und damit ist für mich der Fall erledigt..."

Carisi ließ die Violine sinken.

Er schien geradezu einige Zentimeter in sich zusammen zu schrumpfen. Stumm schüttelte er den Kopf.

"Sie wissen nicht, was sie da tun", murmelte er.

Barnes zuckte die Achseln.

"Mag sein", gestand er zu, "aber die Entscheidung ist endgültig."

"Spielen... das ist für mich das Leben!", rief Carisi mit einem Unterton, der seine Verzweiflung ahnen ließ.

"Tut mir leid"

"Aber - Warum? Wegen den Toten im Konzertsaal? Was kann ich dafür?"

"Und der tote Taxifahrer, der Sie gestern chauffiert hat? Heute steht er in der Zeitung... Niemand kann sich erklären, was mit ihm geschehen ist, außer Ihnen, Mr. Carisi. Da bin ich mir inzwischen sicher!"

"Reden Sie doch keinen Unsinn, Barnes!"

Aber der Konzertagent blieb kompromisslos. "Ich will einfach nicht mehr, Mr. Carisi. Leben Sie wohl..."

Barnes drehte sich herum, ging mit schnellen Schritten auf die Tür der Suite zu.

Carisi hob unterdessen die Geige an.

Sein Gesicht war zur Grimasse verzerrt. Scharfe Linien durchzogen es holzschnittartig. Die Augen traten hervor und mit einer ruckartigen, harten Bewegung strich Carisi den Bogen über die tiefe G-Saite. Ein durchdringender, schneidender Ton war zu hören, schwoll an, wurde lauter und mündete schließlich in ein beunruhigendes Tremolo.

Barnes stoppte abrupt.

Seine Hand, die schon die Türklinke berührt hatte, zog sich wie unter dem Einfluss einer fremden Macht zurück. Ruckartig, so als würden unsichtbare Hände ihn dazu zwingen, drehte er sich um, taumelte dann dem Virtuosen entgegen, so als wäre er gestoßen worden.

Barnes kam zu Boden.

Der blanke Schrecken stand in seinen Augen.

Er spürte zweifellos die unheimliche Kraft, die nach ihm griff, ihn zu beherrschen begann und ihm nicht mehr den geringsten Spielraum zum Handeln gab.

Ein teuflisches Grinsen stand auf Carisis Gesicht, während die Finger seiner linken Hand jetzt zu ihren berühmten, mit traumwandlerischer Sicherheit durchgeführten Läufen ansetzten. Der Bogen tanzte dazu über die Seiten. Ein eigenartiges Tongewirr entstand. Es war keine melodische Struktur, die der Virtuose da erschuf, sondern ein fremdartiges, bizarres Klanggebilde, das in seiner Kälte und Leidenschaftslosigkeit an Töne erinnerte, wie sie von Insekten erzeugt wurden.

Carisis Kichern mischte sich in sein Geigenspiel hinein, während die massige Gestalt des Konzertagenten förmlich zusammenschmolz. Die Fettpolster verschwanden auf geheimnisvolle Weise. Barnes starrte voller Grauen auf seine fleischigen Hände, die innerhalb eines Augenblicks nur noch aus dürrer, eingetrockneter, sich leicht bräunlich verfärbender Haut bestand, die sich eng um die skelettartig hervortretenden Knochen legte.

Barnes' gesamter Körper machte diese Verwandlung durch, während Carisis Geigenspiel immer halsbrecherischer wurde.

Mit kalter Perfektion ließ er ein ungewöhnliches Intervall dem Nächsten folgen.

"Nein“, hauchte es über Barnes' inzwischen kaum noch vorhandene Lippen.

Der Konzertagent versuchte verzweifelt, gegen die unsichtbaren Kräfte anzukämpfen, die ihn fesselten. Aber im Grunde wusste er längst, dass er nicht den Hauch einer Chance gegen diese Macht hatte, die jetzt in sein Innerstes drang.

Meine Seele, durchfuhr es Barnes mit eisigem Schrecken.

Mein Leben...

Seine Augen wurden starr. Sein Gesicht war nicht wiederzuerkennen.

Dicht legte sich die pergamentartig veränderte Haut um seinen fleckigen Totenschädel.

Aber der Verfall ging noch weiter.

Immer wahnwitziger wurde das Spiel des Virtuosen, der jetzt eine schräge Folge dissonanter Doppelgriffe vollführte.

Kraft!, durchzuckte es ihn.

Mehr Kraft...

Dieser Hunger...

Carisi schloss die Augen.

Sein Gesicht zeigte Züge einer geradezu satanischen Verzückung.

Wie entrückt setzte er sein Spiel fort, ließ sich treiben von der Macht der Töne...

Ted Barnes Totenschädel zerfiel indessen zu feinem, grauem Staub, der einen leichten Modergeruch in der Suite verbreitete.

Endlich erwachte Carisi aus seiner Trance.

Sein Spiel endete abrupt, ohne Kadenz, ohne erkennbares Ende. Er atmete tief durch, genoss das Gefühl der Kraft, das ihn durchströmte und blickte dann auf den dunklen Anzug zu seinen Füßen. Einen Anzug, der mit Sicherheit die Maße jeder Konfektionsgröße sprengte. Jetzt war er gefüllt mit aschgrauem Staub, der aus Ärmeln und Hosenbeinen herausrieselte.

Carlo Carisi lächelte.

Vergiss nicht, dass du Staub bist!, dachte er zynisch und kicherte dabei wie von Sinnen.

Du bist maßlos geworden in deiner Gier!, meldete sich die warnende Stimme in ihm. Maßlos in deiner Gier nach Leben!

Und wenn schon!, erwiderte er in Gedanken. Ist vielleicht irgend etwas dagegen einzuwenden?

Aber die Stimme ließ sich nicht einschüchtern.

Wer weiß, vielleicht bringt diese Gier dir den Tod, meldete sie sich klirrend kalt zu Wort.

5

Als ich unser Büro in der Mott Street erreichte, war es schon weit nach Mitternacht.

Das Office des Detektivbüros Gordon & Delcourt bildete die eine Hälfte eines ehemaligen Lagerraums, der von einer Wand durchzogen wurden. Die zweite Hälfte war meine Wohnung. Greg Delcourt, mein Partner, bewohnte ein Apartment, das nur fünf Minuten entfernt über einem Coffee Shop lag, in dem wir beide oft zusammen frühstückten.

Im Office war noch Licht.

Greg hielt noch die Stellung.

Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er schon längst zu Hause war. Aber statt dessen saß er vor dem Computer unserer Agentur. Greg war schwarz, etwa einsachtzig groß und trug den Kopf kahlrasiert. Ich hatte ihn kennengelernt, als er noch Rausschmeißer in einer üblen Bar in Harlem gewesen war - und ich ein Cop, der etwas gegen die Drogengeschäfte unternehmen musste, die dort liefen.

Aber das war lange her.

Jetzt zogen wir an einem Strang - und das auf eigene Rechnung.

Greg war ein Ass auf dem Computer.

Und für einen Private Investigator ist das in unserer Zeit mindestens genauso wichtig, wie in früheren Zeiten vielleicht die Fähigkeit war, jemanden unauffällig zu observieren. Wenn man wusste, wo man sich einloggen musste, konnte man unter Umständen auf dem Daten-Highway mehr über jemanden erfahren, als wenn man ihm Tag für Tag auf Schritt und Tritt folgte.

Greg sah auf.

Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht.

"Na, warst du erfolgreich?"

Ich war nicht zum Vergnügen in das Carisi-Konzert gegangen, sondern weil ich jemanden für die Agentur hatte beschatten sollen. Ein Elektronik-Unternehmen hatte uns beauftragt, herauszufinden, ob einer der Leiter der Entwicklungsabteilung sich möglicherweise mit der Konkurrenz traf. Ein Carisi-Konzert war dazu natürlich eine gute Möglichkeit. Dazu kam noch, dass das Interesse dieses Mannes für klassische Musik ganz plötzlich entstanden zu sein schien. So lag es nahe anzunehmen, dass er wohl nicht nur des Violinspiels eines großen Meisters wegen in die Met gekommen war...

Aber nun war es müßig, darüber weiter nachzudenken.

In dem Chaos dieses Abends hatte ich das Objekt meiner Observation natürlich verloren.

Greg sah mich mit gerunzelter Stirn an.

"Hey, was ist, Luke?"

Ich zögerte, ehe ich ihm dann in knappen Worten die ganze Story erzählte. Ich zögerte, obwohl ich Greg vertraute, wie sonst niemandem auf der Welt. Aber das, was ich in dieser Nacht erlebt hatte, sprengte einfach den Rahmen dessen, was ein normaler Mensch für wahr halten konnte, ohne selbst in den Verdacht zu geraten, ein Narr zu sein.

Greg lehnte sich zurück.

Er sah mich an, öffnete den Mund, als ich von Rebecca zu erzählen begann und vergaß ihn wieder zu schließen.

Nach einer längeren Pause des Schweigens sagte er schließlich: "Mumienhafte Greise, die mit kugelsicheren Westen hinter einer jungen Frau herlaufen und sich wie Zombies bewegen... Das klingt nicht gerade nach dem Stoff, aus dem nüchterne Observationsprotokolle sind!"

"Greg..."

"Wenn ich nicht wüsste, dass du überzeugter Antialkoholiker bist..."

"Gleichgültig, was du jetzt von mir hältst, ich weiß, was ich gesehen habe, Greg!"

"Vielleicht schläfst du erstmal 'ne Nacht drüber, Luke!"

Greg sah mich sehr ernst an.

Es war ihm anzusehen, dass er sich ernsthafte Sorgen um mich machte.

"Was ist mit dem Wagen?“, fragte er dann.

Ich zuckte die Achseln.

"Ich hielt es nicht für klug, jetzt noch einmal an den Ort des Geschehens zurückzukehren. Schließlich habe ich geschossen und ich möchte nicht riskieren, dass einer der Anwohner mich identifiziert!"

Greg nickte.

"Verstehe. Ich hoffe nur, dass aus der ganzen Sache kein Ärger resultiert..."

6

Am nächsten Morgen weckte mich ein Lieutenant der City Police aus dem Schlaf und teilte mir mit, dass ein auf meinen Namen zugelassener Chrysler in ziemlich ramponiertem Zustand aufgefunden worden war.

"Es hat in der Gegend eine Schießerei gegeben, wie uns Anwohner mitgeteilt haben. Wir vermuten eine Auseinandersetzung zwischen Jugendbanden...", berichtete der Sergeant. "Wieso hatten Sie übrigens Ihren Wagen dort abgestellt?"

"Ich war in dem Carlo-Carisi-Konzert, aber nach dem Chaos, das gestern Abend in der Met herrschte, dachte ich mir, dass ich wahrscheinlich schneller zu Hause bin, wenn ich die Subway benutze und den Wagen am nächsten Tag abhole..."

Der Sergeant nickte.

"Ich verstehe", murmelte er und ließ dabei den Blick durch das unaufgeräumte Büro schweifen.

Ich hatte Glück.

Der Cop akzeptierte meine Erklärung und hakte nicht weiter nach, indem er mich zum Beispiel aufforderte, ihm meine Waffe zu zeigen, an der er mühelos hätte feststellen können, dass damit noch vor wenigen Stunden geschossen worden war.

Dann traf ich mich mit Greg in Antonio's Coffee Shop. Ein Stockwerk höher lag Gregs Wohnung.

"Hör mal, könntest du den Routinekram heute mal allein machen, Greg?“, fragte ich.

Greg verdrehte die Augen und kratzte sich an seinem Hinterkopf.

"Jesus, was werden unsere Kunden dazu sagen, dass wir nur mit halber Kraft für sie arbeiten?"

"Die wissen das ja zum Glück nicht!"

Greg lachte auf.

"Früher oder später merken sie es aber!"

"Greg, was soll das Theater?"

Er schüttelte den Kopf. "Ich mache kein Theater. Ich befürchte nur, dass du etwas vorhast, was mir nicht gefällt. Es geht um den Vorfall von gestern Abend, nicht wahr?"

Ich nickte.

"Ja."

"Luke! Wach auf! Wir stecken bis zum Hals in Arbeit und du verrennst dich jetzt in eine Sache, die du getrost anderen überlassen kannst!"

"Es wird sich sonst niemand darum kümmern, Greg."

"Ach, nein?" Er faltete die Zeitung auseinander und zeigte mir einen großen Artikel, garniert mit spektakulären Bildern. PANIK IN DER MET!!!, lautete die Überschrift. Mit drei Ausrufungszeichen. Im Untertitel war von zwei Toten die Rede. Die Ursache ihres plötzlichen Ablebens wurde noch untersucht. Ich überflog hastig den Text.

Zahlreiche Besucher des Konzertes beklagten sich darüber, dass ihre Haare schlagartig ergraut waren. Ein bekannter New Yorker Psychologe äußerte sich dazu und vermutete Folgen einer massenhaft aufgetretenen Form extremer Hysterie, die durchaus psychosomatische Folgen haben könne.

Typisch, dachte ich. Am Ende wird man feststellen, dass alle, die an diesem Abend etwas Ungewöhnliches bemerkt haben, sich das nur eingebildet haben!

Greg sah mich aufmerksam an.

"Was hast du vor? Wenn ich dich schon nicht davon abhalten kann, dann weihe mich wenigstens ein."

"Ich muss diese Rebecca finden..."

"Meine Güte, die scheint es dir aber angetan zu haben!"

"Ich kann das, was gestern Nacht passiert ist, einfach nicht auf sich beruhen lassen. Dafür ist es zu..." - ich zögerte, ehe ich weiter sprach - "...zu ungewöhnlich. Du kennst mich, ich bin ein nüchterner Mensch und glaube eigentlich nur an das, was sich glasklar durch Fakten belegen lässt!"

"Darum wundere ich mich ja auch so!“, versetzte Greg Delcort trocken.

"Ich muss einfach wissen, WAS ich gestern Nacht wirklich gesehen habe..."

"Und du glaubst, diese Rebecca könnte dir da weiterhelfen?"

Ich nickte.

"Davon bin ich überzeugt."

Ihr Gesicht erschien vor meinem inneren Auge und mir fiel der rötlich schimmernde Stein ein, der um ihren Hals gehangen hatte. Aus irgendeinem Grund musste ich immer wieder daran denken.

"Du bist nicht sauer, oder?“, fragte ich dann an Greg gewandt.

"Wenn's nicht in Zukunft zur Gewohnheit wird, dass ich die gesamte Arbeit allein machen muss - nein!"

"Na, klasse! Ich wusste doch, dass du ein echter Freund bist!"

Greg atmete tief durch.

"Das ich deiner bin, steht wohl fest - aber ich hoffe, du bist auch meiner nutzt meine Gutmütigkeit nicht nur aus, um irgendeiner unbekannten Schönen hinterher zu steigen!"

Ich hob die Augenbrauen. "Wie kannst du so etwas nur denken, Greg?"

"Dreimal darfst du raten."

"Ich verzichte..."

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
740 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783956179044
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Telif hakkı:
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