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2.3 Anforderungen an Krisenfrüherkennungssysteme

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Konkrete Vorschriften für die Ausgestaltung des Frühwarnsystems seitens des Gesetzgebers gibt es nicht. Dennoch lassen sich aus dem Anspruch, eine Unternehmenskrise möglichst sicher und frühzeitig zu erkennen, Anforderungen für ein Frühwarnsystem ableiten. Damit ein Frühwarnsystem seine Prognosefunktion erfüllen kann, sollen die hierfür eingesetzten Analyse- bzw. die Früherkennungs-Instrumente die folgenden fünf Anforderungen erfüllen. Ein Früherkennungssystem sollte sich demnach auszeichnen durch:[64]


1. Objektivität,
2. Neutralität,
3. Ganzheitlichkeit,
4. Frühzeitigkeit und
5. Wirtschaftlichkeit.

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Ad 1. Objektivität: Das Objektivierungsprinzip besagt, dass Analyseverfahren nicht lediglich auf der subjektiven Erfahrung des Analysten basieren sollten, sondern von einem Dritten intersubjektiv nachprüfbar sein müssen. Die Verfahren können beispielsweise durch empirische Untersuchungen objektiviert werden, indem das Verfahren anhand eines ausreichend großen Datensatzes gesunder und kranker, d.h. später insolventer Unternehmen getestet wird.

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Ad 2. Neutralität: Gemäß dem Neutralisierungsprinzip sollten Informationen, die für die Krisenerkennung verwendet werden, nicht durch Dritte beeinflussbar/verfälschbar sein. Die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens verschleiernde Informationen sollten vom Früherkennungssystem erkannt und bereinigt werden. Hierdurch wird gewährleistet, dass die Krise eindeutig erkannt wird und Fehlinterpretationen von möglichen Krisenanzeichen vermieden werden.

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Ad 3. Ganzheitlichkeit: Damit der Analytiker die wirtschaftliche Lage des Unternehmens richtig beurteilen kann, muss er außerdem das Ganzheitlichkeitsprinzip beachten. Es sind die Informationen heranzuziehen, die für eine Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens relevant sind, so dass beim Analyseziel „Ist das Unternehmen existenzgefährdet?“ die wirtschaftliche Lage des Unternehmens vollständig (ganzheitlich) abgedeckt wird.

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Ad 4. Frühzeitigkeit: Für das Unternehmen ist die frühzeitige Erkennung von immenser Bedeutung, weil hierdurch Zeitrahmen und Handlungsspielraum größtmöglich sind, die dem Unternehmen verbleiben, um Maßnahmen zur Krisenabwehr einzuleiten. Die zur Krisenerkennung eingesetzten Instrumente müssen die Krise also mit möglichst großem zeitlichen Vorlauf anzeigen.

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Ad 5. Wirtschaftlichkeit: Der Nutzen einer Information eines Früherkennungsinstruments muss in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zum Aufwand für die Informationsbeschaffung des Instruments liegen.

3. Bottom-up-Ansätze von Früherkennungssystemen nach Einsatzgebieten

3.1 Überblick

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Im Rahmen des Bottom-up-Ansatzes werden Einzelrisiken identifiziert und zu einem Gesamtrisiko zusammengefasst. In einem Top-Down-Ansatz dagegen wird das gesamte Unternehmen auf der Basis des Jahresabschlusses betrachtet und das Gesamtrisiko ermittelt. Bottom-up-Ansätze werden vor allem für die unternehmensinterne Krisenfrüherkennung verwendet, weil Unternehmensinterne aufgrund ihrer im Vergleich zu Unternehmensexternen besseren Informationsbasis einen besseren Zugang zu den Einzelrisiken des Unternehmens haben. Im Folgenden werden Bottom-up-Ansätze nach Einsatzgebieten differenziert: Es wird zwischen operativen und strategischen Ansätzen unterschieden. Operative Ansätze der Krisenfrüherkennung nutzen überwiegend „harte“, quantitative Informationen und betrachten im Vergleich zur strategischen Krisenfrüherkennung einen kurzfristigeren Planungshorizont. Operative Ansätze nutzen vor allem Informationen, die auch im operativen Management verwendet werden. Operative Früherkennung kann auf einen bestimmten Unternehmensbereich beschränkt sein. Strategische Ansätze zur Krisenfrüherkennung erfassen das gesamte Unternehmen und basieren auf der Wahrnehmung sog. „schwacher Signale“ und sollen langfristig die Existenz des Unternehmens sichern.[65]

3.2 Operative Ansätze

3.2.1 Charakteristika von operativen Ansätzen

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Anders als die noch zu beschreibenden strategischen Früherkennungsansätze sind die operativen Ansätze zur Krisenfrüherkennung an ein System, z.B. eine Organisationseinheit des Unternehmens, gebunden. Diese Systeme sind einerseits durch ihre Elemente und andererseits durch die Beziehungen zwischen den Elementen charakterisiert (vgl. Abb. 6).

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Abb. 6: Elemente eines Früherkennungssystems sowie deren Beziehung zueinander[66]


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Abb. 6 zeigt die Elemente eines unternehmensweiten Früherkennungssystems für operative Risiken. Die „Zentrale“ kann beispielsweise die Holding eines Konzerns sein; die Subsysteme können in diesem Fall beispielsweise die unterschiedlichen Tochterunternehmen oder Segmente sein, aber auch die verschiedenen betrieblichen Funktionsbereiche, wie Einkauf, Produktion, Absatz, Rechnungswesen etc. Die einzelnen Subsysteme erhalten im Rahmen ihrer operativen Tätigkeit unternehmensinterne und -externe Daten bzw. Informationen (in Abb. 6 dargestellt durch Pfeile), die von Systemelementen bzw. von außerhalb des Konzerns (die dicke schwarze Linie zeigt die Konzerngrenze) fließen. Entsprechend der bereits erläuterten Idee des Bottom-Up-Ansatzes (vgl. Rn. 85) müssen die Subsysteme im Rahmen eines Risikoscreenings und -monitorings die eingehenden Daten und Informationen dahingehend prüfen, ob diese für das Unternehmen Verlustgefahren (bestandsgefährdende Risiken) darstellen und sie gegen die Chancen abwägen. Überschreitet der ermittelte Erwartungswert des akkumulierten Verlustes einen vom Chief Risk Officer (CRO) festzulegenden Schwellenwert ist der dem Risiko zugrundeliegende Sachverhalt an die Zentrale, also an den CRO bzw. an die Unternehmensleitung oder das konzernweite Risikomanagementsystem, zu berichten.

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Als Elemente eines operativen Frühwarn- bzw. Früherkennungssystems werden in der Abbildung zwei Arten von Elementen unterschieden:


1. Zentral-Elemente und
2. Peripher-Elemente.

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Ad 1. Die Zentral-Elemente des Systems überprüfen und verarbeiten die von den Peripher-Elementen erhaltenen Informationen zu Krisenfrüherkennungsinformationen. Alle Zentral-Elemente zusammen bilden die Zentrale des Krisenfrüherkennungssystems.

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Ad 2. Die Peripher-Instrumente sollen relevante Ereignisse und Entwicklungen, die latenten Risiken bzw. Chancen, in zuvor definierten Beobachtungsbereichen erkennen, analysieren und bewerten. Weichen die analysierten Daten von den ex ante definierten Grenzwerten ab, müssen die Peripher-Elemente die Zentral-Elemente über solche Abweichungen informieren. Peripher-Elemente können zu Subsystemen, sog. „Sensorenbündeln“, zusammengefasst werden.[67]

3.2.2 Konzept der indikatororientierten Ansätze

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Indikatororientierte Krisenfrüherkennungssysteme sind Informationssysteme, die mit Hilfe von Indikatoren dem Nutzer des Systems Gefahren (z.B. die Existenzgefährdung des Unternehmens) möglichst früh anzeigen. Als Indikatoren dienen für die Gefahr als relevant erachtete Erscheinungen in bestimmten Beobachtungsbereichen bzw. die Veränderung dieser Erscheinungen. Indikatoren können sowohl qualitative als auch quantitative Informationen sein. Eine Frühwarnung wird vom System dann angezeigt, wenn für die Indikatoren ex ante definierte Grenzen über- bzw. unterschritten werden.[68]

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Formal ausgedrückt geht man davon aus, dass eine Funktion existiert, mit der ein Erwartungswert ermittelt werden kann. Der Erwartungswert drückt das Gefahrenpotenzial aus, d.h. die Wahrscheinlichkeit für eine Unternehmenskrise (vgl. Abb. 7).[69]

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Abb. 7: Indikatorfunktion[70]


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Der Aufbau eines indikatororientierten Frühwarnsystems lässt sich anhand von fünf Schritten beschreiben (Abb. 8).

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Abb. 8: Schritte eines indikatororientierten Frühwarnsystems[71]


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1. Schritt: Ermittlung von Beobachtungsbereichen

Eine Unternehmenskrise wird in der Regel nicht nur durch eine Ursache ausgelöst (vgl. Rn. 57). Betrachtet man einzelne Ursachen separat, stellen diese einzelnen Ursachen oft kein Risiko für die Existenz des Unternehmens dar. Das Zusammenwirken mehrerer Ursachen kann indes zu einer Unternehmenskrise führen. Deswegen ist es wichtig, dass man alle Risiken unternehmensübergreifend beobachtet, um abschätzen zu können, ob das Zusammenwirken aller Risiken eine Gefährdung für die Existenz des Unternehmens darstellt. Im ersten Schritt zum Aufbau eines indikatororientierten Frühwarnsystems gilt es, die Beobachtungsbereiche festzulegen, die Ursache von Unternehmenskrisen sein können. Beobachtungsbereiche können sowohl im Unternehmen selbst (interne Beobachtungsbereiche) als auch außerhalb des Unternehmens (externe Beobachtungsbereiche) liegen. Ein interner Beobachtungsbereich ist beispielsweise das Personalwesen. Absatz- und Beschaffungsmärkte sind Beispiele für externe Beobachtungsbereiche.[72]

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2. Schritt: Festlegung von Frühwarnindikatoren je Beobachtungsbereich

Im zweiten Schritt sind für die Beobachtungsbereiche Indikatoren festzulegen. Es lassen sich quantitative und qualitative Indikatoren unterscheiden, wobei operative Frühwarnsysteme vor allem quantitative Indikatoren nutzen (z.B. Anzahl der sog. Bauanfragen bei Bauämtern als Indikator für den Absatz von Haushaltskeramik). Indikatoren zeigen relevante Erscheinungen bzw. die Veränderung von relevanten Erscheinungen eines Beobachtungsbereichs. An die Indikatoren sind die in Rn. 102 ff. erläuterten Anforderungen zu stellen, damit sie ihre Prognoseaufgabe als „Vorboten“ der Unternehmenskrise im Rahmen der Früherkennung erfüllen können. An diesen Anforderungen werden die indikatororientierten Ansätze im folgenden Abschnitt auch gemessen.

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Für die folgenden unternehmensinternen Beobachtungsbereiche werden beispielhaft Indikatoren aufgelistet, die in einem indikatororientierten System angewendet werden können.[73] Das jeweils verwendete Adjektiv umschreibt diejenige Ausprägung des Indikators, der auf eine Krise hinweist.


- Mitarbeiter: - hohe Fluktuationsrate; - hohe Krankenstände.
- maschinelle Ausrüstung: - niedrigerer Technologiestand als die Konkurrenz/veraltete Maschinen; - schlechtere Kapazitätsabstimmung zwischen den Produktionsstufen als bei der Konkurrenz.
- Produktion und Beschaffung: - hohe Ausschussrate; - höhere Beschaffungspreise als die Konkurrenz; - längere Produktionszeiten.
- Internes Rechnungswesen: - sinkende Deckungsbeiträge.

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Unternehmensexterne Beobachtungsbereiche mit beispielhaften Indikatoren sind z.B. die Folgenden:[74]


- Beschaffungsmarkt: - Verschlechterung der Preise/Konditionen je Lieferant, sofern die höheren Beschaffungskosten nicht an die Abnehmer weitergegeben werden können.
- Absatzmarkt: - rückläufige Auftragseingänge (nach Produkten/Regionen); - sinkendes Nachfragevolumen wichtiger Kunden.
- Kapitalmarkt: - steigende Inflationsraten in wichtigen Märkten; - für das Unternehmen ungünstige Entwicklung von Zinsen bzw. von Wechselkursen.

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3. Schritt: Festlegung von Sollwerten und Toleranzgrenzen je Indikator

Im dritten Schritt werden für jeden Indikator Sollwerte und Toleranzwerte festgelegt. Der Soll-Wert ist der für die beabsichtigte Unternehmensentwicklung erwünschte Wert eines Indikators. Toleranzwerte sind die für einen Indikator gerade noch als zulässig erachteten Abweichungen vom Soll-Wert. Schwankungen eines Indikators innerhalb der Toleranzgrenzen um den Sollwert lösen keine Frühwarnung aus. Sollwerte und Toleranzgrößen sind von der Unternehmensleitung auf Basis der Unternehmensziele festzulegen (z.B. werde ein Soll-Umsatzwachstum von 5 % für ein bestimmtes Unternehmenssegment vorgegeben und die gerade noch tolerierte negative Abweichung mit 2 %-Punkten festgelegt). Überschreitet oder unterschreitet ein Indikator die Toleranzgrenzen, löst dies eine Krisenfrühwarnung aus.[75] Abb. 9 fasst das Gesagte noch einmal graphisch zusammen:

Abb. 9: Schritte eines indikatororientieren Frühwarnsystems


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4. Schritt: Festlegung von Aufgaben der Informationsverarbeitungsstelle(n)

Die Festlegung der Aufgaben der Informationsverarbeitungsstellen im vierten Schritt dient der Ausgestaltung der Aufbauorganisation des Frühwarnsystems. In diesem Schritt werden Verantwortlichkeiten festgelegt, einzelnen Mitarbeitern werden bestimmte Aufgabenbereiche zugeordnet.

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5. Schritt: Ausgestaltung der Informationskanäle

Im letzten Schritt werden die Informationsbeziehungen ausgestaltet, indem die internen und die externen Informationsflüsse festgelegt werden.[76]

3.2.3 Probleme und Grenzen von indikatororientierten Ansätzen

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In diesem Abschnitt werden die indikatororientierten Ansätze an den in Rn. 102 ff. vorgestellten Anforderungen an ein Früherkennungssystem gemessen.

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Die Herausforderung bei der Einrichtung eines indikatororientierten Systems zur Früherkennung von existenzbedrohenden Risiken liegt vor allem darin, geeignete Indikatoren zu finden, deren Veränderungen in einem kausalen Zusammenhang mit der zukünftigen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens stehen. Die Indikatoren werden indes vor allem aufgrund der subjektiven Erfahrungen der Vergangenheit festgelegt.[77] Ferner sind die Toleranzgrenzen für die Indikatoren subjektiv festgelegt. Sie basieren auf der Entscheidung der Unternehmensleitung bzw. des CRO. Für sie gibt es üblicherweise keine empirisch bestätigten kritischen Schwellenwerte. Indikatorbasierte Ansätze sind folglich nicht intersubjektiv nachprüfbar. Sie erfüllen nicht das Objektivitätsprinzip (vgl. Rn. 103).

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Indikatororientierte Ansätze werden vor allem unternehmensintern zur Krisenfrüherkennung genutzt. Da die Unternehmensleitung ein Interesse daran hat, die tatsächliche wirtschaftliche Situation des eigenen Unternehmens einschätzen zu können, kann davon ausgegangen werden, dass die in indikatororientierten Ansätzen verwendeten Informationen zumindest nicht von der Unternehmensleitung durch informationspolitische Maßnahmen verfälscht sind, wie dies aber im Jahresabschluss durch bilanzpolitische Maßnahmen erfolgt, auf den unternehmensexterne Analysten angewiesen sind. Die Neutralität von indikatororientierten Ansätzen ist also im Normalfall gegeben (vgl. Rn. 104).

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Die Informationsverarbeitungskapazitäten eines Unternehmens sind begrenzt. Das Frühwarnsystem ist durch eine begrenzte Anzahl von Indikatoren in seiner Effektivität limitiert. Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen zu viele Daten generieren, um jede für das Unternehmen ungünstige Entwicklung möglichst frühzeitig zu erkennen. Eine zu große Zahl an Indikatoren könnte jene, die zur Krisenfrüherkennung erforderlich sind, leicht untergehen lassen.[78] Besonders gut nutzbar sind quantitative Informationen. Qualitative Informationen spielen bei den indikatororientierten Ansätzen nur eine untergeordnete Rolle, da diesen in der Regel kein eindeutiger, monetärer Wert beigemessen werden kann. Daraus folgt, dass manche Beobachtungsbereiche nicht oder nur eingeschränkt vom operativen Frühwarnsystem abgedeckt werden, weil für sie keine unmittelbar quantifizierbaren Daten verfügbar sind.[79] Es erscheint fraglich, ob durch einen indikatororientierten Ansatz alle wesentlichen bestandsgefährdenden Risiken eines Unternehmens abgedeckt werden können. Die Anforderung der Ganzheitlichkeit wird also (wohl) nicht erfüllt (vgl. Rn. 105).

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Für die indikatororientierten Krisenfrüherkennungs-Ansätze sind nur solche Informationen geeignet, die der Krise vorauseilen (sog. vorauseilende Indikatoren). Mit der Krise gleichlaufende oder nacheilende Informationen sind für die Früherkennung ungeeignet.

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Das Management und der CRO müssen Zugang zu allen unternehmensinternen Indikatorinformationen haben. Da operative Ansätze auf „harten“, quantitativen Daten basieren, sind die hierbei verwendeten Informationen – anders als die Daten der noch vorzustellenden strategischen Ansätze, welche auf sog. schwachen Signalen basieren – greifbarer und für das Unternehmen in der Regel auch zugänglich. Das Unternehmen muss lediglich abwägen, ob die für einen Indikator benötigte Information wirtschaftlich erhoben werden kann. Die Wirtschaftlichkeit von indikatororientierten Ansätzen kann also unterstellt werden.

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Als Ergebnis ist festzuhalten, dass vor allem die Objektivität und Ganzheitlichkeit durch die indikatororientierten Ansätze nicht gewährleistet werden können. Daher wird in der Folge ein weiterer Bottom-up-Ansatz zur Früherkennung von strategischen Risiken vorgestellt, mit dem versucht wird, die Einzelrisiken zu identifizieren. Dieser strategische Ansatz ist ebenfalls anhand der in Rn. 102 ff. vorgestellten Anforderungen zu beurteilen.

3.3 Strategische Ansätze

3.3.1 Konzept der Schwachen Signale

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Strategische Planungen und Entscheidungen sind durch die folgenden Merkmale gekennzeichnet:[80]


- Sie sind von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des Unternehmens.
- Sie sind grundsätzlich nur von der obersten Unternehmensleitung zu treffen.
- Sie betreffen die langfristige Entwicklung des Unternehmens.
- Sie werden – verglichen mit operativen Planungen und Entscheidungen – unter hoher Unsicherheit getroffen.
- Sie bilden die Grundlage sowie den Handlungsspielraum für die operativen Planungen und Entscheidungen.

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Strategische Ansätze zur (unternehmensinternen) Krisenfrüherkennung werden auch als „strategisches Radar“ oder „360-Grad-Radar“[81] bezeichnet. Diese Ansätze basieren auf dem Konzept der schwachen Signale. Dem Konzept der schwachen Signale liegt die Annahme zu Grunde, dass Diskontinuitäten in jedweden Bereichen (z.B. im ökonomischen oder politischen Bereich) nicht zufällig sind. Sie kündigen sich durch schwache Signale („Weak Signals“) mit zeitlichem Vorlauf an. Der zeitliche Vorlauf von schwachen Signalen ist wesentlich größer als der der (harten) Früherkennungsindikatoren, die in den operativen Ansätzen verwendet werden.[82]

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Schwache Signale können beispielsweise sein:


- die Verbreitung von neuartigen Meinungen/Ideen, z.B. in Medien,
- die Meinungen und Stellungnahmen von Schlüsselpersonen aus unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens,
- Meinungen und Stellungnahmen von Organisationen und Verbänden,
-
- Mitarbeiterzufriedenheit,
- Kundenzufriedenheit.

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Die wichtigsten Instrumente der Früherkennung von strategischen Risiken sind das „Scanning“, welches das allgemeine Unternehmensumfeld abtastet und rastert, sowie das „Monitoring“, bei dem die im Rahmen des Scanning erkannten Veränderungen näher analysiert und im Zeitablauf überwacht werden, um konkretere Hinweise auf Risiken aus den aufgedeckten Erscheinungen zu gewinnen.[84] Quellen von schwachen Signalen können vor allem Kunden des Unternehmens sein: Ein gutes strategisches Radar hat den Kunden im Focus. Spitzenunternehmen verdanken ihre besten Produktideen ihrer Kundenorientierung. In der Folge wird auf die Probleme und Grenzen der strategischen Ansätze eingegangen.

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