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Abb. 3: Insolvenzraten in den Hauptwirtschaftsbereichen der letzten fünf Jahre[7] Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an creditreform: Insolvenzen in Deutschland, Jahr 2020 S. 13.
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Die Insolvenzraten (Zahl der Insolvenzen je 10 000 Unternehmen) in den einzelnen Wirtschaftsbereichen fielen 2020 deutlich geringer aus. Gesamtwirtschaftlich beträgt die Insolvenzrate noch 50 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen. Vor einem Jahr waren es 59 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen (2016: 67 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen). Auch wenn die aktuelle Insolvenzentwicklung durch die beschriebenen Sondereffekte beeinflusst ist, waren doch jahrelang Verbesserungen in der Stabilität der Unternehmen zu verzeichnen. Das dürfte sich in der derzeitigen Krise positiv bemerkbar machen. Weiterhin die höchste Insolvenzrate unter den Hauptwirtschaftsbereichen verzeichnet das Baugewerbe (Insolvenzrate: 61), auch wenn der Wert gegenüber dem Vorjahr (76) deutlich sank. Im Verarbeitenden Gewerbe verringerte sich die Insolvenzrate auf 30 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen, nachdem es im Vorjahr im Zuge konjunktureller Abschwächungen noch zu einem leichten Anstieg gekommen war.[8]
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Anfang des Jahres 2021 wurde mit einem deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen schon in 2021 gerechnet. Da aufgrund des schweren Wirtschaftseinbruchs in 2020 eigentlich mit einem kräftigen Anstieg der Insolvenzzahlen, um etwa 15 % zu rechnen gewesen wäre, dieser jedoch durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ausblieb, ist rein rechnerisch mit rund 4 500 Insolvenzen in 2021 zu rechnen, welche ohne die ausgesetzte Insolvenzantragspflicht bereits in 2020 angemeldet worden wären.[9] Im ersten Halbjahr 2021 blieb aber die Zahl der Unternehmensinsolvenzen weiterhin auf niedrigem und im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar leicht rückläufigem Niveau (-1,7%). Dagegen ist die Zahl der Verbraucherinsolvenzen nach oben geschnellt (Anstieg von 63 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum), was aber wesentlich auf die im Oktober 2020 eingeführten Erleichterungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung zurückzuführen ist.[10] Erst nach Auslauf der Corona-Hilfen wird sich zeigen, wie robust die deutschen Unternehmen durch die Pandemie gekommen sind. Dann wird auch die Zahl der Unternehmensinsolvenzen wieder ein aussagekräftiger Indikator für die Anzahl sanierungsbedürftiger Unternehmen.
2. Finanzierungsstrukturen
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Wesentliche Indikatoren für einen Sanierungsbedarf sind auch die Finanzierungsstrukturen eines Unternehmens, v.a. im Hinblick auf Eigenkapital, Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten sowie die Ertragslage.
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Die Finanzierungssituation für Unternehmen in Deutschland ist aktuell geprägt von günstigen Kreditzinsen auf der einen Seite und einer schlechten Konjunktur auf der anderen. In Folge der staatlichen Restriktionen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird der öffentliche Haushalt im Jahr 2021 abermals mit einem deutlichen Minus von gut 150 Mrd. EUR bzw. 4,3 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt abschließen. Im weiteren Prognosezeitraum wird das Defizit dann auf etwa 50 Mrd. EUR bzw. 1,3 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt allmählich zurückgeführt.[11]
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Abb. 4: Reales Bruttoinlandsprodukt in Deutschland, Saison- und kalenderbereinigter Verlauf
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Aufgrund zunehmender Verlangsamung des Infektionsgeschehens seit April des Jahres 2020 und großem Impffortschritt konnten die bestehenden wirtschaftlichen Beschränkungen allmählich aufgehoben werden, so dass einer vollständigen konjunkturellen Erholung beim Handel und in den kontaktintensiven Dienstleistungsbereichen bis zum Ende des Jahres hoffentlich nichts mehr im Wege steht. Aktuell wirken die, hoffentlich temporären, Engpässe bei der Lieferung von Vorprodukten. Somit dürfte sich der industrielle Boom im weiteren Verlauf etwas abkühlen, auch weil die kräftigen Anstiege der Erzeugerpreise die Nachfrage bremsen. Insgesamt dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 3,3 % und im kommenden Jahr um 4,3 % zulegen. Im Vergleich zur ifo Konjunkturprognose Frühjahr 2021 wurde die Wachstumsrate für das Jahr 2021 um 0,4 Prozentpunkte gesenkt und für das kommende Jahr um 1,1 Prozentpunkte angehoben.[12]
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Abb. 5: ifo Konjunkturprognose Frühjahr 2021
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Ausweislich der Creditreform Frühjahrsumfrage 2021 hat die Corona-Krise die Auftragseingänge schrumpfen lassen. Häufiger als im Vorjahr (22,5 %) meldeten die Unternehmen eine Verschlechterung der Auftragslage (29,5 %). Bei knapp einem Viertel der Befragten (24,2 %) haben die Auftragseingänge zugelegt. Leicht erholt zeigt sich die Auftragslage im Verarbeitenden Gewerbe. Nachdem im Vorjahr noch 30,6 % der Befragten rückläufige Auftragseingänge gemeldet hatten, sind diesmal etwas weniger betroffen (27,4 %). Zudem verbuchten immerhin 26,3 % der Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe gestiegene Auftragseingänge (Vorjahr: 22,1 %). Verschlechtert hat sich die Auftragslage aber in den übrigen Wirtschaftsbereichen.[13]
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Optimistisch zeigen sich die mittelständischen Unternehmen bei der Beurteilung der weiteren Auftragsentwicklung. Drei von zehn Befragten (30,3 %) rechnen mit steigenden Auftragsbeständen bis zum Jahresende. Das ist ein höherer Prozentanteil als im Vorjahr. Offenbar haben viele Unternehmen Hoffnung, dass die Konjunktur mit zunehmenden Lockerungen wieder anzieht. Doch nicht alle schätzen die weitere Auftragslage so positiv ein. Etwa jedes sechste Unternehmen (16,3 %) zeigte sich pessimistisch und erwartet sinkende Auftragseingänge.[14]
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Die Eigenkapitalsituation im Mittelstand hat in der Corona-Krise deutlich gelitten. 30,7 % der Befragten gaben in diesem Frühjahr eine Eigenkapitalquote von weniger als 10 % an. Dieser Anteil an schwach kapitalisierten Unternehmen hat sich gegenüber dem Vorjahr (27,4 %) spürbar erhöht. Im Gegenzug nahm der Anteil der Unternehmen ab, die eine ausreichend hohe und solide Eigenkapitalquote aufweisen (von 34,2 auf 32,1 %). Die gute Aufbauarbeit beim Eigenkapital der letzten Jahre ist damit zum Teil zunichtegemacht worden. Andererseits zahlt sich der Fokus auf die Erhöhung der Rücklagen nun aus. Viele Unternehmen sind stabil in die aktuelle Krise gegangen.[15]
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Abb. 6: Eigenkapitalausstattung des Mittelstandes[16]
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Die positive Entwicklung der Eigenkapitalquoten im Mittelstand in den letzten Jahren lässt sich auf die konjunkturell guten Jahre zurückführen. So nahm im Laufe der Jahre der Anteil der Unternehmen zu, die über eine solide Eigenkapitalausstattung von mehr als 30 % verfügen. Seit einiger Zeit liegt dieser Anteil nun bei rund einem Drittel. Diese Rücklagenbildung dürfte den Unternehmen in der aktuellen Krise helfen.[17] Dabei stärkt diese Rücklagenbildung mehr die Kreditwürdigkeit, da die Eigenmittel in der Regel langfristig gebunden sind und dann im Hinblick auf die in der Krise benötigte Liquidität keine unmittelbare Hilfe bedeuten.
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Laut der aktuellen Creditreform Frühjahrsumfrage ist der Finanzierungsbedarf insbesondere im Mittelstand auf derzeit niedrigem Niveau. Vielmehr setzen die Unternehmen vorrangig auf die eigene Finanzstärke. Die anhaltend niedrigen Kreditzinsen haben die Kreditaufnahme nicht übermäßig steigen lassen. Knapp ein Drittel der Befragten (32,4 %) hat in den letzten Monaten ein Darlehen aufgenommen. Dabei reicht die Spanne von 34,8 % im Dienstleistungsgewerbe bis 28,3 % im Handel. Mehrheitlich haben die deutschen Mittelständler demnach keinen Bankkredit benötigt. Im Vergleich zum Jahr 2012, als diese Befragung ebenfalls durchgeführt wurde, zeigt sich allerdings eine etwas stärkere Verbreitung der Kreditfinanzierung. Insbesondere Handel und Dienstleister sind aktuell stärker auf Kredite angewiesen bzw. nutzen diese, während das Baugewerbe eher weniger bankfinanziert als vor neun Jahren ist.[18]
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Die Finanzierungsbedingungen für den Mittelstand haben sich aktuell leicht verschärft. Demnach berichtete jedes siebte befragte Unternehmen (14,7 %), dass sich die Finanzierungsbedingungen zuletzt verschlechtert hätten. Gehäuft meldeten das Unternehmen aus dem Handel und dem Dienstleistungsgewerbe. Anscheinend haben Kreditgeber hier zunehmend Sorge vor Ausfällen aufgrund der Wirtschaftskrise. Verschärfungen stellten die mittelständischen Unternehmen vor allem bei den zu stellenden Sicherheiten fest (60,6 %). Auch die Kreditzinsen sind den Angaben der Unternehmen zufolge gestiegen (22,9 %). Bei 13,8 % der Befragten wurde der Kreditwunsch abgelehnt.[19]
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Ausgehend von den Analysen der Creditreform ist festzuhalten, dass Gründe für die Sanierungsbedürftigkeit der deutschen Unternehmen oftmals in einer zu niedrigen Eigenkapitalquote und einer schwachen Ertragskraft liegen.
3. Ausfallraten deutscher Unternehmen
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Auch mit Hilfe von Ausfallraten, ermittelt durch die Creditreform Rating Agentur, lassen sich über die Anzahl und statistische Verteilung mittelbar Rückschlüsse auf sanierungsbedürftige Unternehmen ziehen und ein erhöhter Sanierungsbedarf herausarbeiten. So lassen sich z.B. besonders insolvenzanfällige Branchen und Unternehmensgrößen benennen.
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In einer Studie vom Mai 2019 wurden Unternehmen bei Vorliegen harter Negativmerkmale gem. Creditreform-Definition[20] aufgrund einer Basel-III-konformen Definition des Ausfallereignisses als ausgefallen bewertet. Nach dieser Definition fielen im Jahr 2018 1,41 % der Unternehmen in Deutschland aus. Im Jahr 2017 fielen 1,44 % aller wirtschaftsaktiven Unternehmen aus.[21] In der längerfristigen Betrachtung sind die Ausfallraten deutscher Unternehmen damit leicht gesunken.
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Abb. 7: Entwicklung der Ausfallraten[22]
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3.1 Ausfallrate nach Branchen
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Bei Betrachtung der Ausfallraten nach Branchenzugehörigkeit fallen deutliche Unterschiede auf, so dass höhere Ausfallraten auch auf einen erhöhten Sanierungsbedarf schließen lassen. 2018 lag das niedrigste Ausfallrisiko bei der Grundstoffindustrie. Dies betrifft vor allem die Bereiche Landwirtschaft und Rohstoffindustrie. Auch die Chemie- und Kunststoffindustrie erwiesen sich als nicht sehr ausfallanfällig. Die mit großem Abstand höchsten Ausfallraten waren im Verkehrs- und Logistikbereich und im Baugewerbe zu verzeichnen. In der längerfristigen Rückschau ist die Rangfolge nahezu unverändert, bei in allen Bereichen rückläufigen Ausfallraten.
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Abb. 8: Ausfallraten nach Wirtschaftszweigen[23]
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3.2 Ausfallrate nach Unternehmensgröße
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Prinzipiell ist festzustellen, dass die Ausfallraten in allen Größenklassen gegenüber 2017 und auch in der längerfristigen Betrachtung gesunken sind. Am deutlichsten sank die Quote der Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 10 und 20 Mio. EUR. Die Ausfallquote von Unternehmen mit Jahreserlösen zwischen 50 und 250 Mio. EUR blieb mit 0,46 % in 2017 und 2018 konstant.[24]
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Abb. 9: Ausfallrate nach Unternehmensgröße[25]
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In der Sanierungspraxis spielen kleine Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle, da sie regelmäßig nicht in der Lage sind, die für einen Sanierungsprozess erforderlichen Mittel aufzubringen und für die Beteiligten und Betroffenen die auf sie entfallenden maximalen Verluste die Investition in ein Sanierungskonzept nicht zu rechtfertigen vermögen.
3.3 Fazit
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Folgt man den Analysen der Creditreform, so kann festgehalten werden, dass branchenbezogen Unterschiede in der Krisenanfälligkeit von Unternehmen erkennbar vorhanden sind. Eine Aussage, inwieweit sich dies auch auf das Sanierungsgeschehen auswirkt, ist aber nur bedingt möglich, da die Statistiken von einer Vielzahl von Klein- und Kleinstunternehmen geprägt sind, die im Sanierungsalltag professioneller Berater keine wesentliche Rolle spielen.
4. Unternehmensgruppen und Internationalität
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Krisen von Konzernen und internationalen Unternehmensgruppen sind in der Unternehmenssanierung besondere Herausforderungen. Versuche, zu ermitteln, welche Bedeutung Konzerne und internationale Unternehmensgruppen im Bereich Sanierung oder Insolvenz einnehmen, sind schwierig. EuroStat[26] und das Statistische Bundesamt[27] haben erst spät begonnen, Informationen über Unternehmensverflechtungen und Unternehmensgruppen zu sammeln und aufzubereiten.
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Folgt man andererseits der Fachpresse, so haben sowohl Insolvenz- als auch Restrukturierungsfälle bei Konzernen und international tätigen Unternehmensgruppen einen hohen Stellenwert und nehmen breiten Raum ein. Dies erklärt sich sicherlich zum einen daraus, dass bei Sanierungsprojekten von Unternehmensgruppen häufig eine sehr große Zahl von Beratern involviert ist, aber auch aus der wirtschaftlichen Relevanz von größeren Unternehmensgruppen.
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Aber auch in kleineren Dimensionen spielt das Phänomen der Ketteninsolvenzen in Folge von Unternehmensverflechtungen im aktuellen Insolvenzgeschehen Deutschlands eine bedeutende Rolle. Die Creditreform Wirtschaftsforschung hat die rund 4 000 Unternehmensinsolvenzen (GmbH) des 1. Halbjahres 2020 untersucht und deren Zusammenhang mit möglichen Insolvenzfällen der Unternehmensbeteiligten und -verflechtungen bis auf die 2. Ebene nachverfolgt. Dabei zeigt sich, dass unmittelbar im selben Zeitraum (1. Halbjahr 2020) mindestens 292 Insolvenzen – zum Teil die beteiligten Personen als Gesellschafter oder Geschäftsführer – folgten). Weitet man den Zeitraum aus, kommen zusätzliche Fälle als Folgeinsolvenzen hinzu. Solche sog. Insolvenzketten spielen demnach bei schätzungsweise 7-8 % der registrierten Unternehmensinsolvenzen eine Rolle.
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Auch außerhalb der Unternehmensbeteiligten kann sich die Insolvenzkette fortsetzen, beispielsweise bei Zulieferern oder Beschäftigten. Diese Folgewirkungen sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gewesen.
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Ein weiterer Befund: Unternehmen aus dem Dienstleistungsgewerbe verursachen häufiger und mehr Folgeinsolvenzen. Nahezu zwei Drittel der Insolvenzfälle, die im Zusammenhang mit den Insolvenzen des 1. Halbjahres 2020 stehen, sind auf Unternehmen aus dem Dienstleistungsgewerbe zurückzuführen. Zwar dominieren Dienstleister generell das Insolvenzgeschehen hierzulande – bei der GmbH entfällt gut die Hälfte der Fälle auf diesen Wirtschaftsbereich. Allerdings sind Dienstleister bei den erfassten Umfeld- und Folgeinsolvenzen überrepräsentiert, was auch durch Unternehmensformen wie Holdings und reine Verwaltungsgesellschaften bedingt sein dürfte, die diesem Wirtschaftszweig zugeordnet werden. Insolvente Firmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe verursachten hingegen nur wenige Umfeld- und Folgeinsolvenzen.[28]
5. Ausblick
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Mit Kristallkugeln war es immer etwas problematisch und der dort typische Nebel ist momentan dichter denn je.
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Stand heute und mit Vertrauen auf die Wirksamkeit der großzügigen Stützungsmaßnahmen der Bundesregierung gehen wir davon aus, dass die immer wieder angekündigte große Insolvenzwelle ausbleiben wird. Historischen Mustern folgend wird aber mit dem Ende der Pandemie und der daraus resultierenden Wiederbelebung der Wirtschaft ein messbarer Anstieg der Insolvenzzahlen resultieren, die Opfer der Pandemie werden sichtbar.
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Zudem haben die in vielen Ländern, insbesondere in Asien und Afrika, sicherlich wesentlich länger währenden Auswirkungen der Pandemie noch nicht abzuschätzende Folgen für die einst reibungslos funktionierenden Just-in-Time-Lieferketten. Sich daraus ergebende nachhaltige Störungen haben erkennbar das Potenzial, Unternehmenskrisen auszulösen. Ob auch jetzt noch durch aktives und vorausschauendes Management die wirtschaftlichen Belastungen langfristiger Lieferausfälle oder -verzögerungen gemindert oder vermieden werden können, ist fraglich.
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Bereits vor der Pandemie waren durch Umbruchsituationen in einzelnen Branchen vermehrt Krisen und Insolvenzen festzustellen. Namentlich sind dies die Bereiche Automotive, Einzelhandel und Gesundheitswesen. Die Hilfs- und Stützungsmaßnahmen der Bundesregierung haben in diesen Branchen geholfen, einen signifikanten Anstieg der Fallzahl zu vermeiden. Die Pandemie hat den Umbruch in diesen Bereichen keineswegs gestoppt, sondern in vielen Fällen sogar beschleunigt. Insoweit ist es realistisch anzunehmen, dass mit dem Auslaufen der Hilfsprogramme die Insolvenzfallzahlen und der Restrukturierungsbedarf in den genannten Branchen überdurchschnittlich steigen wird.
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Dabei ist die Krise im Einzelhandel und der damit verbundene Anstieg der Leerstandsquoten in allen Bereichen jenseits der 1 A-Lagen dazu geeignet, auch auf den Immobiliensektor auszustrahlen. Dies umso mehr, als in der Niedrigzinsphase bei Verkäufen in der jüngeren Vergangenheit ein extremer Preisanstieg zu verzeichnen war. Dem Immobiliensektor droht auch zusätzliche Beeinträchtigung durch den aus der Pandemie resultierenden und nachwirkenden Trend zum Homeoffice. Diese beiden Faktoren werden im Immobiliensektor zu einem nachhaltigen Anstieg der Restrukturierungsfälle führen.
II. Rechtlicher Rahmen
1. Unternehmensformen, GmbH-Schwerpunkt
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Fragen der Unternehmenssanierung stellen sich für alle gängigen Gesellschaftsformen, die für ein Unternehmen in der Bundesrepublik zugänglich sind. Nach der im Frühjahr 2021 veröffentlichten Umsatzsteuerstatistik lag der Praxis-Schwerpunkt im Jahr 2019 bei der GmbH, da diese nach den Einzelunternehmen die häufigste Unternehmensform in Deutschland ist. Von rund 3,29 Mio. umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen im Jahr 2019 sind demnach ca. 554 326 Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Damit stellen sie nach den Einzelunternehmen (2,15 Mio.) die zweithäufigste Unternehmensform dar. Aktiengesellschaften, welche vor allem im Bereich von Industrie, Versicherung und Banken als Unternehmensform gewählt werden, wurden rund 7 600 gezählt. Die gleichfalls für eine mittelständische Unternehmensführung konzipierten Rechtsformen der OHG (rd. 14 100) und KG (ca. 14 500) fallen weit hinter die Anzahl der GmbHs zurück.[29] Grund hierfür ist sicherlich die Haftungsbeschränkung, die Flexibilität und die moderaten gesetzlichen Anforderungen bei der GmbH.
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Aufgrund der niedrigen Mindestkapitalausstattung ist die GmbH besonders insolvenzanfällig und machte im Jahr 2020 einen Anteil von 43,4 % des Insolvenzgeschehens aus. Damit ist die GmbH anteilmäßig deutlich stärker vertreten als im Vorjahr (2019: 39,7 %). Diese Entwicklung korrespondiert mit dem Zuwachs tendenziell größerer Unternehmen in der Insolvenzstatistik, die typischerweise als Kapitalgesellschaften organisiert sind. Ansteigend war der Trend auch bei der Unternehmergesellschaft (UG), die mittlerweile etwa ein Achtel des gesamten Aufkommens der Unternehmensinsolvenzen stellt und damit deutlich überrepräsentiert bei Insolvenzen ist. Am gesamten Unternehmensbestand in Deutschland hält die UG nur einen Anteil von rund 4 %.[30] Merklich verringert hat sich hingegen der Anteil der Rechtsformen „Gewerbebetrieb“, „Einzelunternehmen“ und „Freie Berufe“ (von 40,7 auf 36,5 %), die üblicherweise Kleinstunternehmen repräsentieren.
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Schwerpunkt des Sanierungsgeschehens liegt deshalb ebenfalls bei der GmbH. Zwar ist die Mehrzahl der Unternehmergesellschaften vor dem Hintergrund der in der Regel geringen Kapitalausstattung besonders insolvenzanfällig. Aufgrund der Zweckbestimmung als Existenzgründergesellschaft kann aber vermutet werden, dass bei der Unternehmergesellschaft professionelle Sanierungsversuche aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten im Regelfall von vornherein ausscheiden.