Kitabı oku: «Unternehmenssanierung, eBook», sayfa 7
2. Erfahrungen mit dem ESUG
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Das in wesentlichen Teilen am 1.3.2012 in Kraft getretene Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011 (ESUG) wurde mit dem Ziel verabschiedet, Gestaltungsmöglichkeiten für die Sanierung von Unternehmen zu erweitern und eine Kultur der zweiten Chance zu etablieren. Hierfür sollte insbesondere der Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters gestärkt, die Nutzung der Eigenverwaltung erleichtert und das Insolvenzplanverfahren von Hemmnissen und Verzögerungen befreit werden. Die Bundesregierung wurde verpflichtet, die Erfahrungen mit der Anwendung des ESUG fünf Jahre nach dessen Inkrafttreten zu evaluieren und dem Deutschen Bundestag Bericht zu erstatten. Zur Vorbereitung des Berichtes hat die Bundesregierung eine Forschergemeinschaft mit der Durchführung einer rechtstatsächlichen und rechtswissenschaftlichen Untersuchung der Wirkungsweise des ESUG beauftragt.[31]
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Im Rahmen der Evaluierung wurden 1 609 Verfahren im Zeitraum vom 1.3.2012 bis zum 28.2.2017 ermittelt, die nach § 270a InsO oder § 270b InsO oder in einer bestimmten Phase als Eigenverwaltung durchgeführt worden sind. Deutschlandweit gab es im gleichen Zeitraum insgesamt 46 539 Insolvenzverfahren von Personen- und Kapitalgesellschaften, so dass Verfahren in Eigenverwaltung nach wie vor kein Massenphänomen sind. Von den erfassten Verfahren fanden mehr als zwei Drittel (67,74 %) durchweg in Eigenverwaltung statt. Mehr als ein Drittel der erfassten Verfahren (37,91 %) gingen in ein Regelinsolvenzverfahren über und 28,96 % wurden mit Bestätigung des Insolvenzplanes nach § 258 InsO aufgehoben.[32]
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Abb. 10: Übersicht Eigenverwaltungsverfahren in Deutschland 2012 – 2017[33]
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Verfahren nach § 270a InsO werden vergleichsweise häufiger genutzt als Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO. Tendenziell werden auch mehr Verfahren nach § 270a InsO im eröffneten Verfahren als Eigenveraltungsverfahren fortgeführt (61,87%) als Verfahren nach § 270b InsO (54,33 %). Auch die Rate der Beendigung von Verfahren durch Aufhebung nach einem bestätigten Insolvenzplan (§ 258) InsO ist bei § 270a InsO-Verfahren (23,9 %) deutlich geringer als bei § 270b InsO-Verfahren (41 %).[34]
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Der Evaluationsbericht kommt zusammenfassend zu der Einschätzung, dass die neu geschaffenen Verfahrensmöglichkeiten überwiegend positiv aufgenommen wurden. So wurde das Insolvenzplanverfahren mit seinem erweiterten Anwendungsbereich ebenso begrüßt wie die durch das ESUG geschaffene Möglichkeit, in die Rechte von Gesellschaftern einzugreifen. Das Kernziel des ESUG, der Ausbau des Anwendungsbereichs des Insolvenzplans, wurde erreicht. In der Praxis wird der Insolvenzplan als relevanter wahrgenommen. Als wichtige Maßnahmen in Insolvenzplänen werden an erster Stelle Anteilsübertragungen an einen Erwerber genannt, dann Kapitalschnitte und erst an dritter Stelle die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital (Debt-Equity-Swap). Der Debt-Equity-Swap wurde nur wenig genutzt.[35] Das Schutzschirmverfahren gem. § 270b InsO hat dagegen trotz der positiven Akzeptanz des ESUG die Erwartungen nicht erfüllt. Das Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) wurde – wie schon dargelegt – weniger häufig in Anspruch genommen. Die Praxis ist skeptisch, ob das Schutzschirmverfahren – wie eigentlich beabsichtigt – zu einer früheren Insolvenzantragstellung führt. Vorteile des Schutzschirmverfahrens gegenüber der vorläufigen Eigenverwaltung (z.B. keine Veröffentlichungspflicht im eröffneten Verfahren, der Name „Schutzschirmverfahren“, Wahl des eigenen Sachwalters und einfache Begründung von Masseverbindlichkeiten) werden nicht so hoch gewichtet. Die Praxis scheint eher die Nachteile (vermeintlich höhere Kosten und Zeitdruck zur Vorlage des Insolvenzplans innerhalb von drei Monaten) zu sehen.[36]
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Das Deutsche Institut für angewandtes Insolvenzrecht hat im Rahmen einer Studie festgestellt, dass eine nachhaltige Sanierung im Eigenverwaltungsverfahren besser gelingt als in einem Regelinsolvenzverfahren. In 45 % der in der Studie untersuchten Eigenverwaltungsverfahren wurde ein eingereichter Insolvenzplan bestätigt und das Unternehmen damit erhalten. 66 % der befragten Unternehmen gaben an, dass ihnen das Unternehmen nach Durchführung des Verfahrens noch vollständig gehört. Nur 34 % hatten ihr Unternehmen verloren.[37] Zudem ist die Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass in Eigenverwaltungsverfahren eine deutlich höhere Quote für ungesicherte Gläubiger erzielt werden kann, mehr Arbeitsplätze erhalten werden und die Verfahrensdauer wesentlich kürzer ist.[38]
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Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Eigenverwaltungsverfahren weiterhin nur einen kleinen Teil der in Deutschland durchgeführten Insolvenzverfahren ausmachen. Die Praxis ist überwiegend nicht der Ansicht, dass Eigenverwaltungsverfahren zu häufig in dafür nicht geeigneten Situationen oder bei nicht geeigneten Schuldnern angeordnet werden. Unabhängig davon unterstützt die Praxis Forderungen nach klar definierten Mindestanforderungen („Eigenverwaltungswürdigkeit“) oder Ablehnungsgründen und vereinfachten Möglichkeiten zur Aufhebung des Verfahrens.[39] Zum Zeitpunkt der Befragung sah die Praxis kein Bedürfnis für die Einführung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens, sondern ein solches eher als weitere Option neben den insolvenzlichen Verfahrensarten.[40]
3. Umsetzung der Ergebnisse der Evaluation des ESUG
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Die Umsetzung der Ergebnisse der ESUG Evaluation erfolgten zeitgleich mit der Umsetzung des präventiven Restrukturierungsrahmens durch Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) am 1.1.2021. Im Rahmen des SanInsFoG (siehe auch gleich Ziffer 4.) wurden wesentliche Änderungen in der Insolvenzordnung eingeführt, insbesondere wurde der Zugang zum Eigenverwaltungsverfahren nachjustiert und sowohl das Eigenverwaltungsverfahren als auch das Insolvenzplanrecht angepasst. Das SanInsFoG verfolgt das Ziel, Anreize für eine rechtzeitige und konsequente Vorbereitung und Einleitung von Sanierungen zu schaffen. Der in der Anordnung der Eigenverwaltung liegende Vertrauensvorschuss soll nur gewährt werden, wenn das Eigenverwaltungsverfahren rechtzeitig und gewissenhaft vorbereitet worden ist, bevor es zu dem mit einer akuten Zahlungsunfähigkeit verbundenen Handlungsdruck kommt. Darüber hinaus werden verschiedene bislang ungeregelte Einzelfragen geregelt, wie z.B. die Ermächtigung des Schuldners zur Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 270c Abs. 4 InsO n.F.) und die Haftung der Geschäftsleiter während eines (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahrens (§ 276a Abs. 2 und 3 InsO n.F.).[41]
4. Schaffung eines außergerichtlichen Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (StaRUG)
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Die Umsetzung des präventiven Restrukturierungsrahmens und die Frage, wie die diesbezüglichen europarechtlichen Vorgaben (Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20.6.2019) in deutsches Recht umgesetzt werden, traten aufgrund der Corona-Pandemie im Jahr 2020 vorübergehend in den Hintergrund. Gleiches galt für die in der Sache bereits abgeschlossene, aber noch nicht mit einer entsprechenden Gesetzesänderung beantwortete Evaluation des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011 (ESUG).
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Mit dem Ziel, zum einen diese beiden Vorhaben abzudecken und zum anderen dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die durch die Covid-19-Pandemie bedingte Sondersituation weitere Anpassungen des Sanierungs- und Insolvenzrechts erforderlich macht, veröffentlichte das BMJV am 19.9.2020 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts. Bereits am 9.11.2020 veröffentlichte daraufhin die Bundesregierung einen auf dem Referentenentwurf aufbauenden Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts. Am 17.12.2020 hat der Bundestag schließlich den Gesetzentwurf der Bundesregierung in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung angenommen (SanInsFoG). Das SanInsFoG wurde am 29.12.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl 2020, Teil I, S. 3256). Kern des SanInsFoG ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG).[42]
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Das SanInsFoG trat überwiegend bereits zum 1.1.2021 in Kraft. Ausgenommen hiervon sind im Wesentlichen nur die Regelungen zur Veröffentlichung von Restrukturierungsverfahren. Die entsprechenden Vorschriften (§§ 84 ff. StaRUG) treten erst am 17.7.2022 in Kraft. Mit Inkrafttreten der überwiegenden Teile des SanInsFoG und mithin des StaRUG zum 1.1.2021 soll sichergestellt werden, dass insbesondere die von der Covid-19-Pandemie betroffenen Unternehmen, die z.B. nur buchmäßig überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind, von den im Gesetz vorgesehenen Erleichterungen profitieren und von der Möglichkeit einer außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfindenden Restrukturierung Gebrauch machen können.
5. Neue EuInsVO
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Seit dem 26.6.2017 gilt für alle Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks eine reformierte Fassung der EuInsVO (VO (EU) Nr. 2015/848). Sie ersetzt die bisherige seit 2002 geltende Fassung (VO (EG) Nr. 1346/2000).
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Die Neuregelungen spiegeln aktuelle Entwicklungen des Insolvenzrechts wider und sollen für eine effizientere Abwicklung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren sorgen. Inhaltlich enthält die reformierte EuInsVO Neuerungen zur gerichtlichen Zuständigkeit, erstmalige Regelungen bzgl. Konzerninsolvenzverfahren und ergänzende Regelungen im Verhältnis zwischen Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren.
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Im Folgenden werden wesentliche Änderungen der EuInsVO kurz dargestellt.
- | Erweiterung des Anwendungsbereiches; Durch den Vorschlag des Rates wurde die Verordnung auch auf natürliche Personen und Verfahren in Eigenverwaltung ausgeweitet. |
- | internationale Zuständigkeit; Konkretisiert wurde in der neuen Verordnung der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen (sog. Center of Main Interest, kurz: COMI). Dieses ist der Ort, „an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und der für Dritte feststellbar ist“. Bei natürlichen Personen ist dies der Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes, bei juristischen Personen oder Gesellschaften der Ort ihres Sitzes und bei natürlichen Personen, die einer selbstständigen gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit nachgehen, in der Regel der Ort der Hauptniederlassung. Um missbräuchliche oder betrügerische Verlagerungen des Ortes der Insolvenzantragstellung (sog. Forum Shopping) zu verhindern, soll die Vermutung des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen nicht gelten, sofern juristische Personen oder Gesellschaften den Sitz oder bei natürlichen Personen, die eine selbstständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben, die Hauptniederlassung in einem Zeitraum von drei Monaten vor Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einen anderen Mitgliedsstaat verlegt haben. Bei allen anderen natürlichen Personen gilt ein Zeitraum von 6 Monaten. Das mit dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befasste Gericht soll nun von Amts wegen seine Zuständigkeit prüfen und begründen. Es ist auch für Klagen zuständig, die sich unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren ableiten lassen und in engem Zusammenhang mit diesem stehen. |
- | Sekundärinsolvenzverfahren Wurde in einem Mitgliedsstaat ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet, das in einem anderen Mitgliedsstaat anerkannt wird, so kann in diesem anderen Mitgliedsstaat ein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet werden. Die Wirkungen des Sekundärinsolvenzverfahrens erstrecken sich hierbei nur auf das Vermögen des Schuldners in diesem Land. Die Prüfung der Insolvenz des Schuldners im Sekundärinsolvenzverfahren unterbleibt, sofern die Insolvenz des Schuldners zur Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens erforderlich war. Der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens ist umgehend durch das Gericht, bei dem ein Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens beantragt wurde, zu informieren. Um die Eröffnung eines solchen Verfahrens zu vermeiden, kann der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens eine einseitige Zusicherung geben, mit der er die gleichen Verteilungs- und Vorrechte nach nationalem Recht wahrt, die sich bei Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens ergeben würden. Diese Zusicherungen sind in Bezug auf die Insolvenzmasse verbindlich. Komplexe Regeln sollen dies sichern und den betroffenen Gläubigern sind weitreichende Widerspruchsrechte eingeräumt. |
- | Veröffentlichung von Insolvenzverfahren Die Mitgliedsstaaten haben ein oder mehrere nationale Insolvenzregister einzurichten und zu unterhalten. Die Verordnung nennt hierzu Pflichtangaben (bspw. Datum der Eröffnung, Gericht, das das Verfahren eröffnete, Art des Verfahrens). Zur Vernetzung dieser wird die Kommission ein dezentrales System aufbauen, das aus den Insolvenzregistern und dem Europäischen Justizportal bestehen wird. Ausländische Gläubiger werden, sofern bekannt, mithilfe eines Standardmitteilungsformulars durch das zuständige Gericht bzw. den vom Gericht bestellten Verwalter unterrichtet und können ihre Forderungen mithilfe eines Standardformulars anmelden. |
- | Konzerninsolvenzen Der Insolvenzverwalter eines Unternehmens, das Mitglied einer Unternehmensgruppe ist, kann das Recht erhalten, gehört zu werden sowie die Aussetzung jeder Maßnahme in Zusammenhang mit der Verwertung der Masse in jedem Verfahren über das Vermögen eines anderen Mitglieds der Unternehmensgruppe beantragen. |
- | Gruppen-Koordinationsverfahren Sofern die Eröffnung eines freiwilligen Gruppen-Koordinationsverfahrens bei mehreren Gerichten beantragt wird, erklären sich alle zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für nicht zuständig (Prioritätsregel). Der bestellte Koordinator erstellt Empfehlungen für eine koordinierte Durchführung der Insolvenzverfahren, vermittelt zwischen den Insolvenzverwaltern und legt einen Gruppen-Koordinationsplan mit Maßnahmen zur Bewältigung der Insolvenz vor. |
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Die Verwalter und Gerichte der Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren sollen insoweit zusammenarbeiten, wie es mit den Vorschriften für das jeweilige Verfahren vereinbar ist. Die Zusammenarbeit kann hierbei in beliebiger Form erfolgen.
6. Reform des Anfechtungsrechts
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Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz trat am 5.4.2017 in Kraft.[43]
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Die Regelungen des Reformgesetzes finden damit auf alle Insolvenzverfahren Anwendung, die nach dem 4.4.2017 eröffnet worden sind (Art. 103j EGInsO), mit Ausnahme von Zinsansprüchen und Nutzungsherausgabeansprüchen als Nebenforderungen zu Insolvenzanfechtungsansprüchen, deren Berechnung sich für Zeiten vor dem 5.3.2017 nach den alten Vorschriften richtet.
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Der Anfechtungszeitraum für die Vorsatzanfechtung wurde bei kongruenten und inkongruenten Deckungshandlungen gem. § 133 Abs. 2 InsO von zehn Jahren auf vier Jahre verkürzt. Außerdem wird bei kongruenten Deckungshandlungen die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nur noch dann vermutet, wenn der Anfechtungsgegner positive Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte, während es nach altem Recht ausreichend war, dass der Anfechtungsgegner Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte. Des Weiteren wurde die Vorsatzanfechtung gem. § 133 Abs. 3 S. 2 InsO dahingehend eingeschränkt, dass Zahlungen, die auf Basis von Zahlungserleichterungen, wie z.B. Ratenzahlungsvereinbarungen erbracht wurden, die gesetzliche Vermutung zur Folge haben, dass der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte. Ein Insolvenzverwalter muss daher beweisen können, dass der Anfechtungsgegner positive Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte.
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Außerdem ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt ist, nach § 142 Abs. 1 InsO nur noch anfechtbar, wenn die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vorliegen und der Anfechtungsgegner erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelt. Leistungen des Schuldners, für die in engem zeitlichem Zusammenhang eine Gegenleistung erbracht wurde, wurden dadurch weitgehend der Anfechtung entzogen.
7. Einführung eines Konzerninsolvenzrechts
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Angesichts der überproportionalen Bedeutung von Unternehmensgruppen für wirtschaftliche Kenndaten, wie Anteil am Umsatz und an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen sowie der häufigen internationalen Verflechtung ist in letzter Zeit die Schaffung eines Konzerninsolvenzrechts mit starkem Sanierungsbezug stärker in den Fokus gerückt. Der deutsche Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 21.4.2018 die Vorschriften der §§ 269a-i InsO eingeführt, die ein Instrumentarium zur Lösung der besonderen Probleme bei insolventen Schuldnern an die Hand geben, die einer Unternehmensgruppe angehören. Die praktischen Anwendungsfälle für diese Vorschriften sind aktuell noch gering.[44]
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Für internationale Konzerninsolvenzen enthielt die im Jahr 2017 in Kraft getretene revidierte EuInsVO wie dargelegt einen ersten Regelungsversuch. Im Kern geht es um die Koordination einzelner Insolvenzverfahren innerhalb einer Unternehmensgruppe, ohne dass eine materielle Konsolidierung der einzelnen Insolvenzverfahren zu einem „Einheitsverfahren mit einer Insolvenzmasse stattfindet.
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Ziel der Neuregelungen ist es, gewachsene Unternehmensstrukturen auch in der Insolvenz zu nutzen und eine abgestimmte Verwertung der Vermögenwerte zu gewährleisten. Hierzu sind weitreichende Kooperations- und Unterrichtungspflichten vorgesehen.
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Auch soll durch ein Gruppen-Koordinationsverfahren (Art. 61 ff. EuInsVO) eine effektive und abgestimmte Sanierung ermöglicht werden. Eine zentrale Rolle nimmt hierbei der Koordinationsverwalter ein, dessen Aufgabe primär darin besteht, Empfehlungen auszusprechen und Maßnahmen in Form eines Koordinationsplanes gegenüber den Insolvenzverwaltern der einzelnen Verfahren vorzuschlagen.
8. Fazit
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Der Weg des Gesetzgebers bei der Optimierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Sanierung von Unternehmen hat mit der Einführung des ESUG eine bemerkenswerte Wegmarke erreicht. Das ESUG ist, trotz aller Kritik und Verbesserungsmöglichkeiten in der Praxis angekommen und hat die Spielräume für die Unternehmenssanierung erweitert. Mit der Einführung des präventiven Restrukturierungsrahmens, der Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und weiteren maßgeblichen Änderungen der Insolvenzordnung, insbesondere der Eigenverwaltung, ist dem deutschen Gesetzgeber nicht nur ein echter Durchbruch zu einem wettbewerbsfähigen Sanierungsstandort in Deutschland gelungen, sondern er hat auch gezeigt, dass er, wenn sich Nachbesserungsbedarf ergibt, handelt. Das stimmt bei allen Unsicherheiten der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen optimistisch. Als Wermutstropfen bleibt, dass es dem Bund wiederum nicht gelungen ist, die Länder von Sinn und Notwendigkeit einer Konzentration der Insolvenzfälle bei einer geringeren Anzahl von Gerichten und einer gezielten Schulung der Richter zu überzeugen. Beim StaRUG, ein kleiner Erfolg, hat dies aber zumindest funktioniert. Wünschen wir uns, dass der Bund dennoch an dieser Stelle beharrlich bleibt.