Kitabı oku: «Ius Publicum Europaeum», sayfa 40

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b) Betroffenenbeteiligung und Selbstverwaltung

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Wie bereits dargelegt, enthält das griechische Verwaltungsverfahrensrecht keine allgemeingültige Regelung über die Beteiligung von Betroffenen an Verwaltungsverfahren – nicht zuletzt auch wegen der fehlenden Definition des Verwaltungsverfahrens und des Begriffs der Verfahrensbeteiligten.[197] Nur in einigen besonderen Fällen, vor allem im Bauplanungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, ist eine institutionalisierte Beteiligung von Betroffenen in der Form eines Einwendungsrechts vorgesehen. So können z.B. die Grundeigentümer oder Nachbarn innerhalb einer relativ kurzen Frist schriftlich etwaige Einwendungen gegen die geplante Genehmigung oder Abänderung von Bebauungsplänen oder die Erteilung einer Erlaubnis zur Errichtung oder Erweiterung von Gewerbe- oder Industrieanlagen bzw. -zonen erheben. Die Nichtbeachtung der maßgebenden Vorschriften hat allerdings nicht immer die Aufhebbarkeit des Bebauungsplanes oder der Kontrollerlaubnis zur Folge, während sich die Einwände ausschließlich auf die Vermeidung der Beeinträchtigung der persönlichen Interessen oder Rechte der Betroffenen beschränken; sie beinhalten jedoch keine Mitwirkung an der Ausgestaltung der Verwaltungsentscheidung und mithin keine Beteiligung an den betreffenden Entscheidungsverfahren.[198] Ansätze einer erweiterten, nicht nur dem Schutz spezifischer Individualinteressen dienenden Beteiligung finden sich in jüngerer Zeit besonders auf der ersten Ebene der Bauleitplanung. So soll nach dem Gesetz[199] an der Erstellung von sogenannten „allgemeinen städtebaulichen Plänen“ (scil. Flächennutzungsplänen) „die Beteiligung der interessierten Bürger in jeder geeigneten Weise, z.B. durch offene Versammlungen oder Unterrichtung durch die Presse, erstrebt werden“. Ziel solcher Beteiligungsverfahren soll „möglichst die aktive Beteiligung des Bürgers und der sozialen Träger an der Ausgestaltung des Inhalts, der Zwecke und Prioritäten und der Struktur der einzelnen Pläne und Programme sowie an der Überwachung ihrer Umsetzung“ sein. Sie sollen außerdem „die Initiativen, die Mitwirkung und die Zuständigkeiten der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften mit umfassen“, denen nach griechischem Recht von Verfassungs wegen (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Verf.) keine Entscheidungsbefugnisse auf diesem Gebiet zustehen.[200] Wegen ihrer vagen Formulierung haben sich diese Bestimmungen in der Praxis gleichwohl als viel weniger effektiv als die konkret ausgestalteten traditionellen Einwendungsmöglichkeiten erwiesen.

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Auch eine Beteiligung der Betroffenen an den umweltrechtlichen Verwaltungsverfahren ist nicht allgemein vorgesehen. Zwar proklamiert nun die Verfassung nach der Revision von 2001 den Schutz der natürlichen und kulturellen Umwelt nicht nur zur (objektiven) Pflicht des Staates, sondern auch zum (subjektiven) Recht eines jeden (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Verf.).[201] Danach hätte wohl jeder Mensch, der sich innerhalb des Schutz- und Zugriffsbereichs des griechischen öffentlichen Rechts befindet und eine örtliche Verbindung zu Griechenland hat, weil er im Inland wohnt, arbeitet, sich aufhält oder dort Eigentum besitzt, ein Recht, sich an umweltschutzrechtlichen Verwaltungsverfahren zu beteiligen. Solche Verfahren finden aber vorerst nicht statt, denn das griechische Umweltrecht beschränkt sich hauptsächlich auf Gebote, Verbote, Androhungen von Strafen und Geldbußen sowie Zuständigkeitszuteilungen; insofern sieht es keine Verwaltungsverfahren vor, die die Beteiligung von Betroffenen ohne eine besondere (gesetzliche, vertragliche oder auch unionsrechtliche) Regelung ermöglichen.[202] Nur in prozessrechtlicher Hinsicht hat die verfassungsrechtliche Gewährleistung schon eine gewisse praktische Bedeutung erlangt, wenn es um die Klagebefugnis bei der gerichtlichen Anfechtung von umweltbezogenen Entscheidungen der Verwaltung geht. Förmliche Verwaltungsverfahren, Planfeststellungsverfahren, Massenverfahren, „public inquiries“ usw. sind im griechischen Verwaltungsrecht ebenfalls unbekannt. Erst durch die Umsetzung der unionsrechtlichen Richtlinien über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Projekte, Pläne und Programme wurde eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen.[203] Mangels Planfeststellung gibt es jedenfalls bei öffentlichen Bau- und Infrastrukturvorhaben keine Plangenehmigungsverfahren, an denen sich Betroffene beteiligen können. Stattdessen bezieht sich die Öffentlichkeitsbeteiligung ausschließlich auf den Inhalt der Studie über die Umweltauswirkungen (μελέτη περιβαλλοντικών επιπτώσεων) und der Genehmigung der Umweltbedingungen (έγκριση περιβαλλοντικών όρων), unter denen das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen ist, obwohl über seine Zulassung eigentlich keine Entscheidung getroffen wird.[204] Diese Umweltbedingungen werden sogar bei öffentlichen Großprojekten, „welche erhebliche Auswirkungen auf die nationale Wirtschaft haben und für welche die betreffenden Beleihungs- bzw. Ausführungsverträge durch einen besonderen Gesetzgebungsakt sanktioniert werden, durch ein formelles Gesetz festgelegt, das nach dem Abschluss des Öffentlichkeitsverfahrens verabschiedet wird“.[205] Gegen ein solches Gesetz können die Betroffenen nach der Rechtsprechung auch keinen Aufhebungsantrag vor dem Staatsrat einlegen, selbst wenn das Gesetz Umweltbedingungen festlegt und Verträge sanktioniert, welche die Verwaltung bereits im Einzelnen genehmigt und abgeschlossen hat.[206]

Erster Teil Landesspezifische Ausprägungen › § 76 Grundzüge des Verwaltungsrechts in gemeineuropäischer Perspektive: Griechenland › IV. Verwaltungsrechtliche Institute in der Rechtsschutzperspektive

IV. Verwaltungsrechtliche Institute in der Rechtsschutzperspektive

1. Die Institutionen des Rechtsschutzes gegen die Verwaltung

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Die gerichtliche Kontrolle der Verwaltung wurde in Griechenland bereits in den ersten Jahren nach der Gründung des modernen griechischen Staates besonderen Verwaltungsgerichten anvertraut: dem Rechnungshof (1833), dem Staatsrat (1835) und den erst- und zweitinstanzlichen Verwaltungsgerichten (1838).[207] Die Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde aber mit dem Absolutismus König Ottos in Verbindung gebracht und durch die Verfassung von 1844 abgeschafft, die das System der einheitlichen Gerichtsbarkeit einführte. Dieses System wurde in den Verfassungen von 1864, 1911 und 1927 grundsätzlich beibehalten. Die beiden letzteren Verfassungen sahen jedoch die Gründung eines Staatsrates nach dem Vorbild des französischen Conseil d’État vor, der endgültig durch das Gesetz 3713/1928 als ein oberstes Verwaltungsgericht erster und letzter Instanz gegründet wurde und seine Tätigkeit im Mai 1929 aufnahm. Die Verfassung von 1952 sah ferner die Errichtung von allgemeinen Verwaltungsgerichten durch besondere Gesetze vor. Solche Gesetze haben allerdings weiterhin Gruppen von materiellen Verwaltungsstreitigkeiten Sonderverwaltungsgerichten oder den Zivilgerichten zugewiesen, anstatt die vorgesehenen allgemeinen Verwaltungsgerichte zu errichten. Die Zivilgerichte hatten zudem nach wie vor nach dem System der einheitlichen Gerichtsbarkeit die allgemeine Zuständigkeit für alle materiellen Verwaltungsstreitigkeiten, die noch nicht den allgemeinen Verwaltungsgerichten zugewiesen waren. Nur steuerrechtliche Streitigkeiten waren durch das Gesetz 4125/1960 den allgemeinen Finanzgerichten zugewiesen worden, die ihrerseits Sonderverwaltungsgerichte waren.

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Die geltende Verfassung von 1975 hat angesichts der negativen Erfahrung ihrer Vorgängerin von 1952 die Errichtung von allgemeinen (sogenannten „ordentlichen“) Verwaltungsgerichten nicht dem einfachen Gesetzgeber überlassen, sondern selbst für deren Errichtung gesorgt. In der ursprünglichen Fassung von Art. 94 Abs. 1 Satz 1 Verf. hatte sie erklärt, dass „für die materiellen Verwaltungsstreitigkeiten die bestehenden allgemeinen Verwaltungsgerichte zuständig sind“, und in der ehemaligen Interpretationserklärung zu diesem Artikel zugleich klargestellt, dass „allgemeine Verwaltungsgerichte nur die durch die Gesetzesverordnung 3845/1958 eingerichteten allgemeinen Finanzgerichte sind“. In demselben Artikel hat sie auch vorgesehen, dass „Streitigkeiten solcher Art, die diesen Gerichten noch nicht zugewiesen sind, ihnen innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieser Verfassung zuzuweisen sind“, obwohl diese Frist (auch mehrmals) durch Gesetz verlängert werden konnte (Art. 94 Abs. 1 Satz 2 Verf.).[208] Nach der inzwischen aufgehobenen Übergangsbestimmung von Art. 94 Abs. 2 Verf. war ebenfalls vorgesehen, dass „bis zur pauschalen oder gruppenweisen Zuweisung auch der übrigen materiellen Verwaltungsstreitigkeiten an die allgemeinen Verwaltungsgerichte die Zivilgerichte zuständig bleiben; hiervon sind die Streitigkeiten ausgenommen, die den aufgrund besonderer Gesetze errichteten und den Anforderungen des Artikels 93 Absätze 2 bis 4 Verf. genügenden Sonderverwaltungsgerichten zugewiesen sind“. Die Gesetze 505/1976, 702/1977 und hauptsächlich 1406/1983 haben dann die Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte „vollendet“, indem sie ihnen alle materiellen Verwaltungsstreitigkeiten zugewiesen und alle Sonderverwaltungsgerichte sowie die konkurrierende Zuständigkeit der Zivilgerichte für solche Streitigkeiten aufgehoben haben.[209] So bestimmt nun Art. 94 Abs. 1 Verf. nach der Revision von 2001, dass „vorbehaltlich der Zuständigkeiten des Rechnungshofes der Staatsrat und die allgemeinen Verwaltungsgerichte für die Verwaltungsstreitigkeiten nach Maßgabe der Gesetze zuständig sind“.

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Griechenland hat also mit drei verschiedenen Rechtsschutzsystemen wertvolle Erfahrungen gesammelt: mit dem durch die Verfassung von 1844 nach dem angloamerikanischen Modell eingeführten System der einheitlichen Gerichtsbarkeit, mit der – bedingt durch die Gründung des Staatsrates im Jahr 1928/29 in Anlehnung an den französischen Conseil d’État – objektiv ausgeprägten Verwaltungskontrolle und in jüngerer Zeit mit dem seit der Verfassung von 1975 am deutschen Beispiel ausgerichteten individuellen Rechtsschutz durch eine voll ausgebaute Verwaltungsgerichtsbarkeit – neben der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit – mit dem Staatsrat und dem Rechnungshof an der Spitze und der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte für materielle Verwaltungsstreitigkeiten sowie mit dem Obersten Sondergerichtshof, der mit üblicherweise verfassungsgerichtlichen Aufgaben betraut ist. Dieses System ist eng mit dem Justizgewährungsanspruch gemäß Art. 20 Abs. 1 Verf. und den anderen Verfassungsbestimmungen über die Unabhängigkeit der Richter und die Zuständigkeit der Gerichte (Art. 87–100 Verf.) verbunden.[210] Die Verwaltungsgerichte weisen gleichwohl nicht die Kohärenz der Zivil- und Strafgerichte auf: Sie sind grundsätzlich in die allgemeinen Verwaltungsgerichte erster und zweiter Instanz einerseits und den Staatsrat andererseits gegliedert, der nach wie vor ein oberstes Verwaltungsgericht erster und letzter Instanz bleibt. Beide Bestandteile der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind zwar miteinander durch die Rechtsmittel verbunden, unterscheiden sich aber durch verschiedene Prozessordnungen und im Prinzip getrennte Laufbahnen ihrer Mitglieder. Insbesondere dürfen Richter der allgemeinen Verwaltungsgerichte erst seit der Verfassungsrevision von 2001 zum Mitglied des Staatsrates befördert werden, wenn auch sie nur bis zu einem Fünftel der Stellen besetzen dürfen (Art. 88 Abs. 6 Satz 3 Verf.).[211]

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Die Verwaltungsgerichte sind nach dem Prinzip der Generalklausel für alle verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten zuständig. Einzige Ausnahme ist die Höhe der Enteignungsentschädigung, die traditionell durch die Zivilgerichte festgesetzt wird.[212] Im Einzelnen hängt die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte von der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen „Aufhebungsstreitigkeiten“ und „materiellen Streitigkeiten“ ab. So bestimmen Art. 94 Abs. 3 und Art. 95 Abs. 1 Buchstabe c Verf., dass „in besonderen Fällen und um der einheitlichen Anwendung der gleichen Gesetzgebung willen durch Gesetz die Entscheidung über Gruppen von privatrechtlichen Streitigkeiten den Verwaltungsgerichten oder über Gruppen von materiellen Verwaltungsstreitigkeiten den Zivilgerichten zugewiesen werden kann“ und dass „der Staatsrat insbesondere für die Entscheidung über die materiellen Verwaltungsstreitigkeiten zuständig ist, die ihm nach der Verfassung und den Gesetzen zugewiesen werden“. Art. 95 Abs. 3 Verf. bestimmt außerdem, dass „Gruppen von Angelegenheiten aus der Aufhebungszuständigkeit des Staatsrates, entsprechend ihrer Natur oder Wichtigkeit, durch Gesetz den allgemeinen Verwaltungsgerichten zugewiesen werden können, vorbehaltlich der Zuständigkeit des Staatsrates in zweiter Instanz nach Maßgabe der Gesetze“. Auch der einfache Gesetzgeber verwendet den Begriff der „materiellen Verwaltungsstreitigkeiten“ zur Festlegung der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte. So bestimmt etwa Art. 1 Abs. 1 G. 1406/1983, dass „die allgemeinen Verwaltungsgerichte für alle materiellen Verwaltungsstreitigkeiten zuständig sind, die ihnen bis heute noch nicht zugewiesen worden sind“, und Art. 1 und 2 Verwaltungsprozessordnung, dass „die Vorschriften dieses Gesetzes (G. 2717/1999) für die Entscheidung der materiellen Verwaltungsstreitigkeiten durch die allgemeinen Verwaltungsgerichte gelten“ und dass „die Entscheidung der materiellen Verwaltungsstreitigkeiten den allgemeinen Verwaltungsgerichten obliegt, außer denjenigen, deren Entscheidung durch eine besondere Gesetzesvorschrift anderen Verwaltungsgerichten zugewiesen worden ist“.

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Die grundsätzliche Zweiteilung der verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten in „Aufhebungsstreitigkeiten“ (ακυρωτικές διαφορές) und „materielle Streitigkeiten“ (ουσιαστικές διαφορές), die im Ansatz der französischen Unterscheidung zwischen contentieux d’annulation und de pleine juridiction entspricht,[213] ist somit nach wie vor für das Verständnis des griechischen Verwaltungsrechtsschutzsystems von grundlegender Bedeutung.[214] Sie ist die Grundlage für die Verteilung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zwischen dem Staatsrat und den allgemeinen Verwaltungsgerichten sowie für den Umfang der Rechtskontrolle, die vom jeweils zuständigen Verwaltungsgericht ausgeübt wird. Die gerichtliche Kontrolle bei Aufhebungsstreitigkeiten ist im Prinzip eine Rechtmäßigkeitskontrolle (contentieux de légalité). Ihr Gegenstand ist die Feststellung der Übereinstimmung einer bestimmten administrativen Handlung oder Unterlassung mit dem Gesetz. Ist das nicht der Fall, hebt das Gericht die betreffende Handlung auf, d.h. es annulliert sie, oder erklärt die Unterlassung für rechtswidrig und verweist die Sache an die zuständige Behörde zur Vornahme der gebotenen Handlung zurück. Das „aufhebende“ Verwaltungsgericht kann aber weder den angegriffenen Administrativakt abändern noch an seiner Stelle einen neuen erlassen, die rechtswidrig unterlassene Verwaltungshandlung selbst vornehmen oder Schadensersatz zubilligen. Demgegenüber beschränkt sich die materielle Kontrolle nicht auf die Feststellung der Rechtmäßigkeit, sondern kommt auch zur „Sache“ des Falles (plein contentieux). Es wird überprüft, ob das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen, auf die sich der Verwaltungsakt stützt, materiell richtig beurteilt wurde (z.B. ob die Qualifikation der Kandidaten richtig bewertet wurde) und ob ein Ermessensfehlgebrauch der Verwaltung vorliegt. Ist das nicht der Fall, kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Verwaltungsakt nicht nur aufheben, sondern darüber hinaus auch abändern (z.B. die festgesetzte Steuer oder Geldbuße herabsetzen). Außerdem kann das „materiell“ entscheidende Gericht bei einer Schadensersatzklage Schadensersatz zubilligen. Das Verwaltungsgericht kann allerdings auch hier nicht völlig an die Stelle der Verwaltung treten; es kann weder den aufgehobenen Verwaltungsakt durch einen neuen ersetzen noch die rechtswidrig unterlassene Verwaltungshandlung selbst vornehmen. Die Unterscheidung zwischen Aufhebungsstreitigkeiten und materiellen Streitigkeiten ist daher (anders als diejenige zwischen zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten) rein prozessrechtlicher Natur und bezieht sich ausschließlich auf den Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle und die Entscheidungsmöglichkeiten des jeweils zuständigen Verwaltungsgerichts. In Wirklichkeit sind also beide, sowohl die Aufhebungsstreitigkeiten als auch die materiellen Streitigkeiten, verwaltungsrechtliche Streitigkeiten, die entweder der Aufhebungskontrolle oder der materiellen Kontrolle der zuständigen Verwaltungsgerichte unterliegen. Die Begriffe „Aufhebungsstreitigkeiten“ und „materielle Streitigkeiten“ meinen mit anderen Worten nichts anderes als Verwaltungsstreitigkeiten, die jeweils der aufhebenden oder der materiellen verwaltungsgerichtlichen Rechtskontrolle unterworfen sind.

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Nach der Verfassung hat der Staatsrat (Συμβούλιο της Επικρατείας) die allgemeine Zuständigkeit für alle Aufhebungsstreitigkeiten (Art. 95 Abs. 1 Buchstabe a Verf.). Das sind nach dem Prinzip der Generalklausel alle verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten, die das Gesetz nicht ausdrücklich als materielle Verwaltungsstreitigkeiten qualifiziert hat. Die Verwaltungsberufungsgerichte (διοικητικά εφετεία) sind auch kraft Gesetzes auf der Grundlage der Ermächtigung von Art. 95 Abs. 3 Verf. für bestimmte Gruppen von Aufhebungsstreitigkeiten zuständig. Ihre Zuständigkeit ist hauptsächlich auf individuelle Verwaltungsakte, welche die Einstellung und den dienstrechtlichen Status von Verwaltungspersonal (mit Ausnahme der höchsten Beamten) betreffen, sowie auf einige bau-, kommunal-, gewerbe-, bildungs- und werbungsrechtliche Streitigkeiten beschränkt.[215] Der Aufhebungsantrag (αίτηση ακυρώσεως) ist der zentrale Rechtsbehelf vor dem Staatsrat, durch den administrative Handlungen und Unterlassungen aus Gründen formeller oder materieller Rechtswidrigkeit aufgehoben werden. Bei Unterlassung einer gesetzlich gebotenen Handlung wird insbesondere die fiktive stillschweigende Ablehnung der zuständigen Verwaltungsbehörde aufgehoben, den betreffenden Antrag des Klägers innerhalb einer Frist von grundsätzlich drei Monaten zu bescheiden.[216] Der Aufhebungsantrag ist eine allgemeine Verwaltungsklage, die dem Modell des französischen recours pour excès de pouvoir nachgebildet wurde und eine Rechtmäßigkeitskontrolle sowohl von (individuellen) Verwaltungsakten als auch von administrativen Rechtssätzen (Rechtsverordnungen und Satzungen) ermöglicht. Er weist somit vielfältigen prozessualen Charakter auf und übernimmt, je nachdem, die Funktion einer Anfechtungsklage, einer Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage bzw. Untätigkeitsklage, einer Feststellungsklage oder eines Antrags auf prinzipale Normenkontrolle im Sinne des deutschen Verwaltungsprozessrechts.

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Außer seiner Zuständigkeit in Aufhebungsstreitigkeiten entscheidet der Staatsrat auf der Grundlage von Art. 95 Abs. 1 Buchstabe c Verf. auch über Beamtenbeschwerden gegen Disziplinarmaßnahmen von Diensträten (Art. 103 Abs. 4 Verf.) und über Beschwerden gegen eine übermäßige Verlängerung der Entziehung des freien Gebrauchs und der Nutznießung des Eigentums (Art. 18 Abs. 5 Verf.). Der Staatsrat ist außerdem für die Berufungen (εφέσεις) gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen der allgemeinen Verwaltungsgerichte in Aufhebungsstreitigkeiten (Art. 95 Abs. 3 Verf.) sowie für die Revisionsanträge (αιτήσεις αναιρέσεως) gegen ansonsten rechtskräftige Entscheidungen der allgemeinen Verwaltungsgerichte in materiellen Streitigkeiten nach Maßgabe der Gesetze zuständig (Art. 95 Abs. 1 Buchstabe b Verf.).[217] Seine Organisation und Verfahrensordnung regelt hauptsächlich die Gesetzesverordnung 170/1973 „Über den Staatsrat“ (scil. Staatsratsgesetz), die sein Gründungsgesetz 3713/1928 abgelöst hat und nunmehr durch die Präsidialverordnung 18/1989 konsolidiert und durch zahlreiche spätere Gesetze ergänzt und geändert wurde.[218] Die Zuständigkeiten der insgesamt sechs gerichtlichen Abteilungen (Τμήματα) des Staatsrates sind durch die Präsidialverordnung 361/2001 und seine Geschäftsordnung 9/2008 festgelegt.[219]

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Auf der anderen Seite haben die allgemeinen Verwaltungsgerichte (τακτικά διοικητικά δικαστήρια) ebenfalls nach dem Prinzip der Generalklausel die allgemeine Zuständigkeit für alle materiellen Verwaltungsstreitigkeiten, die nicht nach der Verfassung und den Gesetzen dem Staatsrat oder dem Rechnungshof zugewiesen werden.[220] Materielle Verwaltungsstreitigkeiten sind allerdings nach dem Enumerationsprinzip nur die verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten, die das Gesetz ausdrücklich als solche qualifiziert hat. Das ist der Fall u.a. für steuer-, sozial-, subventions-, gewerbe-, gewässer-, transport- und verkehrsrechtliche Streitigkeiten, Streitigkeiten über militärische Requisitionen, Erz- und Kohlebergwerke, Patente, verwaltungsrechtliche Verträge, Gehälter von Verwaltungspersonal, Disziplinarstrafen gegen Mitglieder von beruflichen Selbstversicherungsträgern des öffentlichen Rechts, kommunale Steuern, die Festlegung der Gebietsgrenzen von Kommunalkörperschaften, die Gültigkeit der Kommunalwahlen sowie der Wahlen der Verwaltungsräte der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Haftung des Staates, der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften und der anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts für rechtswidriges Handeln ihrer Organe, die Beitreibung von öffentlichen Einnahmen, die Auferlegung von Geldbußen oder anderen Verwaltungssanktionen usw.[221] Solche Streitigkeiten unterliegen dem Rechtsbehelf der Beschwerde (προσφυγή), für die grundsätzlich die Verwaltungsgerichte erster Instanz (διοικητικά πρωτοδικεία) zuständig sind.[222] Streitigkeiten aus verwaltungsrechtlichen Verträgen unterliegen ebenso der Beschwerde, für die aber die Verwaltungsberufungsgerichte (διοικητικά εφετεία) in erster und letzter Instanz zuständig sind.[223] Im Fall der Staatshaftung und überhaupt der Geltendmachung von Geldansprüchen aus einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis ist Klage (αγωγή) vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz zu erheben, während im Fall der Beitreibung von öffentlichen Einnahmen nach den Regeln des öffentlichen Rechts oder der Streitigkeiten über die Gültigkeit der Kommunalwahlen Einspruch (ανακοπή) bzw. Einwand (ένσταση) vor denselben Gerichten einzulegen ist.[224] Alle diese Rechtsbehelfe (Beschwerde, Klage, Einspruch, Einwand usw.) stellen verschiedene Kategorien des Antrags auf materielle gerichtliche Kontrolle (προσφυγή ουσίας) dar, der im Grunde dem französischen recours de plein contentieux bzw. de pleine juridiction entspricht und der allgemeine Rechtsbehelf in materiellen Verwaltungsstreitigkeiten ist. Wie der Aufhebungsantrag weist er auch, mutatis mutandis, je nachdem, Gestaltungs-, Leistungs- oder Feststellungscharakter auf, wobei die Klage ausschließlich Leistungs- bzw. Feststellungscharakter hat. Das Verfahren vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten ist nunmehr hauptsächlich in der Verwaltungsprozessordnung (ΚώδικαςΔιοικητικής Δικονομίας)[225] geregelt.

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Die Verteilung der verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Staatsrat und den allgemeinen Verwaltungsgerichten erfolgt insofern nicht ausschließlich nach dem Prinzip der Generalklausel, sondern muss im Hinblick auf die allgemeinen Verwaltungsgerichte mit dem Enumerationsprinzip kombiniert werden.[226] Die Zuständigkeiten der letzteren resultieren aus einem langen, ständig wachsenden und kaum mehr übersichtlichen Katalog von materiellen Verwaltungsstreitigkeiten, der weit über den Verfassungsauftrag[227] der Zuweisung aller materiellen Verwaltungsstreitigkeiten an die allgemeinen Verwaltungsgerichte hinausreicht. Der Gesetzgeber hat sich in Wirklichkeit nicht darauf beschränkt, alle materiellen Verwaltungsstreitigkeiten, für die bis dahin die Zivilgerichte oder Sonderverwaltungsgerichte zuständig waren, den allgemeinen Verwaltungsgerichten zuzuweisen.[228] Er hat vielmehr den Verfassungsauftrag als einen Auftrag zur „Materialisierung“ aller Verwaltungsstreitigkeiten umgedeutet und in der Regel die meisten verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten, die sich aus jedem neuen Verwaltungsgesetz ergeben, als materielle Verwaltungsstreitigkeiten qualifiziert.[229] Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber Aufhebungsstreitigkeiten in materielle Streitigkeiten umwandeln kann, indem er jeweils einzelne Verwaltungsstreitigkeiten oder sogar Gruppen von Verwaltungsstreitigkeiten der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte unterwirft. Das hat er in großem Umfang auch getan.[230] Allerdings ist diese Befugnis des einfachen Gesetzgebers nicht unbegrenzt: Angesichts der verfassungsrechtlich garantierten allgemeinen Zuständigkeit des Staatsrates für alle Aufhebungsstreitigkeiten (Art. 95 Abs. 1 Buchstabe a Verf.) darf der Gesetzgeber die Zuständigkeit des Staatsrates nicht so sehr einschränken, dass ihr Wesensgehalt angetastet wird. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Staatsrates muss infolgedessen der Gesetzgeber jeweils speziell die konkrete Streitigkeit oder die konkrete Gruppe von Streitigkeiten bestimmen, die zu materiellen Verwaltungsstreitigkeiten umgestaltet werden dürfen.[231] Gleichwohl verursacht die Koexistenz von zwei getrennten Zuständigkeiten mit allgemeinem Geltungsanspruch für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten (des Staatsrates für Aufhebungsstreitigkeiten auf der einen und der allgemeinen Verwaltungsgerichte für materielle Verwaltungsstreitigkeiten auf der anderen Seite) oft Verwirrung und führt unvermeidlich zu einer „Konkurrenz von Zuständigkeiten“ innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit.[232]

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Die gerichtlichen Kompetenzen des Rechnungshofes (Ελεγκτικό Συνέδριο) beziehen sich ebenfalls auf bestimmte, ihm direkt durch die Verfassung zugewiesene materielle Verwaltungsstreitigkeiten (Art. 98 Abs. 1 Buchstabe f und g Verf.). Der Rechnungshof entscheidet insbesondere in Abteilungen über Beamtenbeschwerden (εφέσεις) betreffend die Zuerkennung von Ruhegehältern sowie über Beschwerden von rechnungspflichtigen Beamten gegen Verwaltungsakte, die sie zur Begleichung von Defiziten verpflichten. In seine Zuständigkeit fällt auch der Antrag (αίτηση) des Generalstaatsvertreters beim Rechnungshof oder der Antrag des zuständigen Vertreters einer Kommunalkörperschaft oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts gegen einen Zivil- oder Militärbeamten für jeden vorsätzlich oder fahrlässig dem Staat oder der betreffenden Kommunalkörperschaft oder juristischen Person verursachten Schaden. Entscheidungen der Abteilungen des Rechnungshofes unterliegen dem Rechtsmittel der Beschwerde (αναθεώρηση) vor derselben Abteilung, welche die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Sie unterliegen auch der Revision (αναίρεση) vor dem Plenum des Rechnungshofes wegen falscher Auslegung oder fehlerhafter Anwendung des Gesetzes, wegen Verstoßes gegen ein wesentliches Form- oder Verfahrenserfordernis und wegen mangelhafter Zusammensetzung der Abteilung, welche die Entscheidung getroffen hat. Die Organisation des Rechnungshofes regeln hauptsächlich die Präsidialverordnungen 774/1980 und 1225/1981, die alle seit seiner Gründung im Jahr 1833 erlassenen Verfahrensvorschriften konsolidiert haben und ihrerseits neulich durch das G. 4129/2013 kodifiziert wurden.[233]

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Über Verwaltungsstreitigkeiten entscheidet schließlich auch der (1976 gegründete) Oberste Sondergerichtshof (Ανώτατο Ειδικό Δικαστήριο), wenn es zu negativen oder positiven Zuständigkeitskonflikten zwischen Gerichten oder zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden gemäß Art. 100 Abs. 1 Buchstabe d Verf. kommt. Sein Verfahren ist hauptsächlich in den Gesetzen 345/1976 und 2479/1997 und in seiner Geschäftsordnung 1/1976 geregelt.[234] Darüber hinaus wird die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns nicht allein durch die Verwaltungsgerichte und auch nicht nur bei Verwaltungsstreitigkeiten kontrolliert. Jedes Zivil- oder Strafgericht hat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben entweder auf Antrag oder von Amts wegen inzident zu überprüfen, inwieweit ein individueller wie normativer („vollstreckbarer“) Verwaltungsakt mit dem Gesetz oder höherrangigen Rechtsvorschriften übereinstimmt. Entscheidungen, die im Rahmen der inzidenten gerichtlichen Kontrolle rechtswidrige Verwaltungsakte nicht anwenden, wirken nur inter partes, obwohl die Einrede der Rechtswidrigkeit eigentlich keiner Frist unterliegt. Gleichwohl dürfen die Zivil- oder Strafgerichte vollstreckbare Verwaltungsakte nicht aufheben, denn diese Befugnis obliegt nach der Verfassung (Art. 94 und 95 Verf.) ausschließlich den Verwaltungsgerichten. Ihre die Nichtigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte mit Wirkung erga omnes erklärenden Entscheidungen[235] sowie die erga omnes wirkende Nichtigerklärung einer materiell verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung durch den Obersten Sondergerichtshof[236] sind auch die einzigen allgemein bindenden Präzedenzfälle, die das griechische Recht überhaupt kennt.[237]

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