Kitabı oku: «Sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten im internationalen Konzern», sayfa 2

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Teil 1 Einführung

Inhaltsverzeichnis

A. Problemaufriss

B. Eingrenzung des Untersuchungsthemas

C. Gang der Untersuchung

D. Terminologie

Teil 1 Einführung › A. Problemaufriss

A. Problemaufriss

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„Die Summen haben schon Dimensionen wie in den USA.“ stellte die Welt am Sonntag im Jahr 2011 angesichts der Bußgeldpraxis der Münchener Strafverfolgungsbehörden fest und fragte den Leiter der Staatsanwaltschaft München I, ob bereits amerikanische Verhältnisse erreicht seien.[1] In dem Zeitungsinterview hatte dieser zuvor geäußert, die Münchener Justiz könne bei Aufsummierung der letzten Jahre bald in die Größenordnung von insgesamt einer Milliarde Euro vorstoßen.

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„Nein. Wir setzen nur unsere deutsche Rechtslage um, nichts anderes. Dazu gehört auch das Ordnungswidrigkeitenrecht – vielleicht etwas unterschätzt.“[2]

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Denn gleichwohl das Ordnungswidrigkeitenrecht nicht selten mit Regelungen über Bagatellvergehen assoziiert wird,[3] kommt ihm bei der Verfolgung und Ahndung von Wirtschaftskriminalität nicht nur angesichts der erwähnten Summen erhebliche Bedeutung zu. Drei Jahre vor diesem Interview hatte die Staatsanwaltschaft München I allein gegen die Siemens AG im Rahmen deren vielbeachteter und Ende 2006 bekannt gewordener Korruptionsaffäre eine Geldbuße in Höhe von 395 Millionen Euro verhängt.[4] Der Vorwurf in dem zu Grunde liegenden Bußgeldbescheid bezog sich auf die Verletzung des § 130 OWiG.[5] Die Norm regelt die Aufsichtspflichtverletzung in Unternehmen. Danach hat der Inhaber eines Unternehmens für eine gehörige Aufsicht Sorge zu tragen, um Pflichtverstöße im Unternehmen zu verhindern. Unter Einbeziehung der Gewinnabschöpfungsregeln drohen bei Zuwiderhandlung Geldbußen, die allein mit Blick auf die Münchener Bußgeldpraxis exorbitante Ausmaße erreichen können. Angesichts dieser Haftungsrisiken für Unternehmen und deren Verantwortungsträger verdient die Regelung eine intensive Betrachtung. Dabei rückt die Norm nicht nur zunehmend in das Blickfeld von Wissenschaft, unternehmerischer Praxis und vor allem von Verfolgungsbehörden.[6] Auch der Gesetzgeber unterstrich die Bedeutung des § 130 OWiG vor nicht allzu langer Zeit durch die Umsetzung der 8. GWB-Novelle, in deren Rahmen die maximale Bußgelddrohung jedenfalls für Unternehmen durch Anpassung der §§ 130, 30 OWiG verzehnfacht wurde.[7]

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Trotz der großen Bedeutung der Norm sind zahlreiche Fragen bis heute ungeklärt.[8] So richtet sich § 130 OWiG dem Wortlaut nach an den Inhaber eines Unternehmens oder Betriebes, worunter nach allgemeiner Auffassung deren Rechtsträger verstanden wird. Für den Fall eines Einzelunternehmens sind die Verantwortlichkeiten damit klar bestimmbar. Vor allem größere Unternehmen sind jedoch heute nur sehr selten als Einzelunternehmen organisiert. Auch wenn nicht zuletzt aufgrund der unvermeidbaren Unüberblickbarkeit und Dynamik konzernartiger Unternehmensverbindungen auf genaue Werte nicht zurückgegriffen werden kann, so wird vermutet, dass rund drei Viertel aller Aktiengesellschaften und etwa die Hälfte aller Gesellschaften mit beschränkter Haftung Teil von Unternehmensgruppen sind.[9] Allein die Deutsche Bank soll über 4000 Tochtergesellschaften verfügen.[10] Damit erlangt die Frage – vor allem auch in praktischer Hinsicht – Bedeutung, an wen sich die Aufsichtspflichten in Konzernsachverhalten richten. Ist nach § 130 OWiG jedes Konzernunternehmen für sich verantwortlich oder hat vielmehr die Konzernobergesellschaft für die Implementierung von Aufsichtsstrukturen in allen untergeordneten Tochter- und Enkelgesellschaften Sorge zu tragen? Angesichts der großen Verbreitung von Konzernverbindungen handelt es sich dabei nicht nur um eine Ergänzungsfrage, sondern vielmehr um einen entscheidenden Gesichtspunkt der Bußgeldpraxis und damit der Verfolgung und Ahndung von Wirtschaftskriminalität.[11]

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Es überrascht daher nicht, dass in der rechtswissenschaftlichen Diskussion Abhandlungen und Stellungnahmen zu diesem Themenkomplex – gerade auch in jüngster Vergangenheit – spürbar zugenommen haben.[12] Dabei ist jedoch ein weitreichender und auf die Bußgeldpraxis ausstrahlender Konsens nach wie vor nicht ersichtlich.[13] So nahm die Staatsanwaltschaft München I im Fall Siemens – freilich ohne vertiefte Auseinandersetzung mit der Adressatenfrage – die Konzernspitze für Verstöße bei Tochtergesellschaften wie selbstverständlich in die Pflicht.[14] Auch in der Rechtswissenschaft finden sich Stimmen, die für eine derart weitreichende Anwendbarkeit des § 130 OWiG plädieren. Ebenso findet sich jedoch auch die nicht nur vereinzelt vertretene Auffassung, nach der die Pflichten des § 130 OWiG nicht über die Grenzen der einzelnen Konzerngesellschaften hinaus reichen und eine Verantwortung der Konzernspitze damit in entsprechenden Fällen ausscheidet. Vervollständigt wird das Meinungsspektrum durch Autoren, die Mittelwege vorschlagen, indem sie eine konzernweite Anwendung der Norm an das Überwinden mehr oder weniger hoher Hürden koppeln. Einen solchen Mittelweg vertrat jüngst auch das OLG München in einer der seltenen höherinstanzlichen Stellungnahmen zu dieser Fragestellung.[15] Wenn bereits die Ergebnisse dieser mittlerweile vieldiskutierten Streitfrage durch eine solche Vielfalt gekennzeichnet sind, so gilt dies freilich erst recht für die dabei herangezogenen dogmatischen Legitimationsansätze – sofern sich denn überhaupt um sie bemüht wird. Die vorliegende Untersuchung kann daher nicht für sich beanspruchen, eine Nische zu besetzen, indem sie bisher unbeachtete Problemfragen erörtert. Sie kann aber für sich beanspruchen, sich bisher ungeklärten Rechtsfragen zu widmen.

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Weitestgehend Neuland betritt die Untersuchung überdies, sofern sie den Blick auch auf grenzüberschreitende Sachverhalte richtet.[16] Die annähernd ausnahmslose Außerachtlassung überrascht angesichts der erheblichen Bedeutung, die internationale Konzernverbindungen in der heutigen Wirtschaftslandschaft einnehmen[17] und kann – wie zu zeigen sein wird – nicht auf die Banalität der dabei aufgeworfenen Rechtsfragen zurückgeführt werden. Dabei beschränkt kaum ein Unternehmensverbund seine geschäftlichen Aktivitäten auf das Inland.[18] Während auf der einen Seite inländische Konzernobergesellschaften über zahlreiche Tochter- und Enkelgesellschaften im Ausland verfügen, sind auf der anderen Seite viele deutsche Unternehmen Konzernobergesellschaften aus dem Ausland – wie etwa den USA – zuzuordnen.[19] Auch hier stellen sich im Falle der Pflichtverletzung in Tochtergesellschaften bedeutsame Fragen. Müssen sich inländische Konzernobergesellschaften für Pflichtverletzungen in ausländischen Tochtergesellschaften nach § 130 OWiG verantworten? Besteht für deutsche Verfolgungsbehörden daneben die Möglichkeit, gegen ausländische Konzernobergesellschaften Bußgelder zu verhängen, wenn in inländischen Tochtergesellschaften Pflichtverletzungen geschehen?

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Die aufgezeigten Problemstellungen führen damit zu den Ausgangsfragen der Untersuchung:


1. Richten sich die Aufsichtspflichten des § 130 OWiG im Unternehmensverbund gegen die Konzernobergesellschaft?
2. Wie sind gegebenenfalls grenzüberschreitende Sachverhalte zu beurteilen?

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Die scheinbar vor allem mit Blick auf die Verfolgungspraxis große Bedeutung des § 130 OWiG, die Dominanz von Konzernverbindungen in der heutigen Unternehmenslandschaft sowie die zunehmende Überschreitung von Landes- und Wirtschaftsraumgrenzen im Rahmen der Globalisierung sollen dabei die Relevanz dieser Darstellung indizieren.

Anmerkungen

[1]

„Wenn er kommt ist Zahltag“, Welt am Sonntag Online vom 14.8.2011, abrufbar im Internet unter http://www.welt.de/print/wams/muenchen/article13543574/Wenn-er-kommt-ist-Zahltag.html.

[2]

Manfred Nötzel, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft München I, Welt am Sonntag Online vom 14.8.2011, siehe vorherige Fn.

[3]

Eidam in: Eidam, 14. Kapitel Rn. 63 f.

[4]

Der Bußgeldbescheid ist in einer Entwurfsfassung abrufbar auf der Internetseite der Siemens AG unter http://www.siemens.com/press/pool/de/events/2008-12-PK/MucStaats.pdf.

[5]

Vgl. zum Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft München I gegen die Siemens AG ausführlich später Rn. 230 ff.

[6]

Nicht unerwähnt bleiben darf jedoch bereits an dieser Stelle die Uneinheitlichkeit der Normanwendung auf Seiten der Verfolgungsbehörden. Während das Bundeskartellamt und vor allem in den letzten Jahren auch manche Schwerpunktstaatsanwaltschaften die Norm in ihr Standardrepertoire aufgenommen haben, bleibt sie anderenorts nach wie vor unbeachtet. Vgl. hierzu und allgemein zur Relevanz der Norm später Rn. 221 ff.

[7]

Achtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 26.6.2013, BGBl. I S. 1738. § 30 OWiG erlaubt es, direkt gegen Verbände Bußgelder zu verhängen, wenn die verantwortlichen Leitungspersonen eine betriebsbezogene Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben, wobei die Aufsichtspflichtverletzung i.S.d. § 130 OWiG in diesem Kontext eine der bedeutsamsten Anknüpfungstaten darstellt (vgl. hierzu noch später Rn. 122 ff.). Grundsätzlich koppelt der Gesetzgeber die maximale Verbandsgeldbuße im Rahmen des § 30 OWiG im Falle des Verstoßes der Leitungspersonen gegen Ordnungswidrigkeitenrecht an den Bußgeldrahmen der im Rahmen der Anknüpfungstat verletzten Norm, vgl. § 30 Abs. 2 S. 2 OWiG. Im Falle der Aufsichtspflichtverletzung beträgt das Höchstmaß der Geldbuße gem. § 130 Abs. 3 S. 1 OWiG eine Million Euro. Durch die 8. GWB-Novelle wurde ein neuer Satz in die Regelung des § 30 OWiG eingefügt, wonach die Verbandsgeldbuße nunmehr das Zehnfache der in der durch die Anknüpfungstat verletzten Norm bezeichneten Höchstgeldbuße betragen kann, § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG n.F. Voraussetzung ist ausweislich des Wortlautes jedoch, dass die für die Anknüpfungstat relevante Norm auf diese Bestimmung des § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG verweist. Im Rahmen der 8. GWB-Novelle wurde dies dann sogleich für die Regelung des § 130 OWiG umgesetzt und insofern eine entsprechende Verweisung in § 130 Abs. 3 S. 2 OWiG n.F. eingefügt. Während es für die Leitungsperson selbst gem. § 130 Abs. 3 S. 1 OWiG damit bei einer maximalen Geldbuße in Höhe von einer Million Euro bleibt, kann gegen das Unternehmen gem. §§ 130 Abs. 3 S. 2 i.V.m. 30 Abs. 2 S. 3 OWiG ein Bußgeld in Höhe von bis zu zehn Millionen Euro verhängt werden. Vgl. hierzu auch Altenburg/Peukert BB 2014, 649 (651 f.); Achenbach wistra 2013, 369 (371 f.); Mühlhoff NZWiSt 2013, 321 (322 f.); Corell/von Saucken wistra 2013, 297 (300); ferner allgemein zur 8. GWB-Novelle Bosch/Fritsche NJW 2013, 2225 (2225 ff.); Ost NZKart 2013, 25 (25 ff.); Bechtold NZKart 2013, 263 (263 ff.).

[8]

Zu erwähnen ist insofern die Feststellung von Achenbach wistra 1998, 296 (296), wonach die Norm „zu den schwierigsten Vorschriften des deutschen Wirtschaftsstrafrechts“ zählt. Auch nach über 15 Jahren dürfte dieser Ausspruch Gültigkeit entfalten, wenngleich dem Wirtschaftsstrafrechtler freilich auch an anderer Stelle kaum übersehbare Problembereiche begegnen. Als Beispiel soll nur der vieldiskutierte Untreuetatbestand dienen, der auch nach mittlerweile zahlreichen höchstrichterlichen Stellungnahmen Anlass für umfassende Diskussionen bietet.

[9]

Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 Rn. 8; Altmeppen in: MK-AktG, Einleitung zum dritten Buch vor § 291 AktG Rn. 19; Saenger Gesellschaftsrecht, Rn. 923; Wiesenack/Klein in: Eisele/Koch/Theile, S. 7; Theisen Der Konzern, S. 21 spricht gar von rund 90 % aller Aktiengesellschaften und von wohl weit mehr als der Hälfte der deutschen Personengesellschaften. Vgl. zur Konzernverbreitung auch die Angaben bei Hackel Konzerndimensionales Kartellrecht, S. 82; Görling Konzernhaftung, S. 47 ff.

[10]

So etwa Schneider NZG 2009, 1321 (1323).

[11]

Dies gilt umso mehr, als in Großkonzernen Pflichtverletzungen wohl vergleichsweise selten in der unmittelbaren Sphäre einer Konzernobergesellschaft vorkommen, sondern regelmäßig gerade in Tochtergesellschaften begangen werden. Vgl. insofern die Ergebnisse der – wenn auch basierend auf einem quantitativ überschaubaren Teilnehmerkreis – empirischen Untersuchung von Wiesenack/Klein in: Eisele/Koch/Theile, S. 18: „Problemherde treten augenscheinlich jedenfalls faktisch regelmäßig auf Ebene der Tochtergesellschaft auf.“

[12]

Vgl. nur aus dem Bereich der wirtschaftsstrafrechtlich orientierten Dissertationen – und damit lediglich in Ergänzung zu der einschlägigen Kommentarliteratur und den nicht nur vereinzelten Beiträgen in Fachzeitschriften und Sammelbänden – zuletzt aus dem Jahr 2014 Muders Haftung im Konzern; Caracas Internationale Konzernstrukturen; und aus dem Jahr 2011 Grundmeier Rechtspflicht, die sich bei ihrer Untersuchung zu Compliance-Pflichten im Konzern weit überwiegend auf die konzernweite Anwendbarkeit des § 130 OWiG konzentriert. Daneben gibt es unter den jüngeren Dissertationen eine ganze Reihe von Untersuchungen, die der hier aufgeworfenen Streitfrage jedenfalls einzelne Abschnitte widmen, vgl. etwa aus dem Jahr 2014 Sonnenberg Aufsichtspflicht, S. 55 f.; aus dem Jahr 2013 Huber Compliance-Pflichten, S. 205 ff.; Wilhelm Aufsichtsmaßnahmen, S. 25 ff.; Petermann Compliance-Maßnahmen, S. 106 ff.; Lang Corporate Compliance, S. 159 ff.; aus dem Jahr 2012 Hackel Konzerndimensionales Kartellrecht, S. 354 ff.; aus dem Jahr 2011 Geismar Aufsichtspflichtverletzung, S. 62 ff.; aus dem Jahr 2010 – wenn auch nur in äußerster Knappheit – Fruck Aufsichtspflichtverletzung, S. 22; sowie aus dem Jahr 2009 Vogt Verbandsgeldbuße, S. 281 ff. In der weiter zurückliegenden Vergangenheit finden sich indes nur wenige Dissertationen, die entsprechende Ausführungen enthalten. Dies mag angesichts der bereits aufgezeigten Relevanz überraschen, ist aber wohl zum erheblichen Teil auf das lange Schattendasein der Verfolgung von Wirtschaftskriminalität auf Leitungsebene der Unternehmen zurückzuführen. Freilich gibt es Ausnahmen, die bereits einige Jahre nach Inkrafttreten des Ordnungswidrigkeitengesetzes die praxiserhebliche Erscheinung des Konzerns bei der Untersuchung des § 130 OWiG berücksichtigten, vgl. insofern pionierhaft aus dem Jahr 1976 Thiemann Aufsichtspflichtverletzung, S. 150 ff.

[13]

So auch Gürtler in: Göhler, § 130 OWiG Rn. 5a; Schücking in: Krieger/Schneider, § 36 Rn. 5; Kraatz Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 74.

[14]

Eine derart empfindliche Sanktion auf dogmatisch fragilem Gerüst war im Falle Siemens – wie auch in anderen prominenten Korruptionsfällen – wohl nur deshalb möglich und von Bestand, weil der zu Grunde liegende Bußgeldbescheid letztendlich Ergebnis einer Einigung zwischen Unternehmen und Staatsanwaltschaft war, vgl. hierzu nur Beulke/Moosmayer CCZ 2014, 146 (146 f.). In Folge dessen vermochten damit auch diese vielbeachteten Fälle keine Gelegenheit für eine höchstrichterliche Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu bieten.

[15]

OLG München Beschluss vom 23.9.2014, Az. 3 Ws 599, 600/14: „Die Anwendbarkeit des § 130 OWiG auf Konzernsachverhalte kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig.“

[16]

So widmen etwa unter den bereits genannten Untersuchungen nur einzelne Autoren ihr Augenmerk auch grenzüberschreitenden Komponenten. Umfassendere Ausführungen finden sich soweit ersichtlich insofern einzig bei Caracas Internationale Konzernstrukturen. Wenigstens einige Zeilen widmet den konzernweiten Aufsichtspflichten im internationalen Konzern Grundmeier Rechtspflicht, S. 101 f. Abseits der Konzernproblematik finden sich Ausführungen zur grenzüberschreitenden Reichweite des § 130 OWiG schließlich – wenn auch nur denkbar knapp – bei Buchholz Zuwiderhandlung, S. 103 ff.

[17]

Vgl. nur Altmeppen in: MK-AktG, Einleitung zum dritten Buch vor § 291 AktG Rn. 35.

[18]

Theisen Der Konzern, S. 8: „Die multinationale Konzernverbindung stellt in der Konzernpraxis die größte Grundgesamtheit dar. Es muss heute als der Regelfall bezeichnet werden, dass eine unternehmerische Aktivität sich auf mehr als zwei Länder erstreckt.“

[19]

Vgl. zur Verbreitung transnationaler Konzernunternehmungen Theisen Der Konzern, S. 6 f.; sowie später Rn. 382 f.

Teil 1 Einführung › B. Eingrenzung des Untersuchungsthemas

B. Eingrenzung des Untersuchungsthemas

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Die Betonung der Regelung des § 130 OWiG soll dabei für die notwendige thematische Eingrenzung der Untersuchung stehen. Denn die Verknüpfung des gesamten Sanktionenrechts mit dem gesellschaftsrechtlichen Sondergebilde des Unternehmensverbundes führt zu kaum überblickbaren Problemfragen, die rechtswissenschaftlich zu erheblichen Teilen noch nicht durchleuchtet sind. Es wird kurz- und mittelfristige Aufgabe der Rechtsforschung sein, hierbei Antworten zu entwickeln und zu formulieren, um damit die Normanwendung für die Adressaten, Verfolgungsbehörden und auch die Rechtsprechung zu erleichtern. Die vorliegende Untersuchung kann freilich nur versuchen, die Lösungsfindung für einen vergleichsweise engen Teilbereich zu fördern. Selbst die Beschränkung auf sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten dient nur einer unzureichenden Eingrenzung, da die insofern denkbaren, straf- und ordnungsrechtlichen Anknüpfungspunkte in dogmatischer Hinsicht intensiver und tiefgreifender Betrachtung bedürfen. Mit ihrem Untertitel soll damit die Kontur der Untersuchung gezeichnet werden, indem dort die Konzentration auf die Bestimmung des unmittelbaren Normadressatenkreises des § 130 OWiG im Rahmen von Konzernsachverhalten deutlich gemacht wird. Kernstrafrechtliche Aspekte – etwa zur konzerndimensionalen Garantenpflicht im Kontext unechter Unterlassungsdelikte – sollen hierdurch freilich nicht gänzlich ausgeklammert werden. Gleiches gilt für mit § 130 OWiG eng verknüpfte Normen des Ordnungswidrigkeitenrechts und damit insbesondere für die §§ 9, 30 OWiG, die ihrerseits Anknüpfungspunkte für die Erfassung von Konzernobergesellschaften bei der Sanktionierung von Aufsichtspflichtverstößen bieten können. Allerdings muss sich die Untersuchung abseits der hier im Fokus stehenden Regelung des § 130 OWiG auf eine überblickartige Skizzierung beschränken und soll dabei auf die Darstellung der Aspekte konzentriert werden, deren Beurteilung für die eingangs formulierten Ausgangsfragen maßgeblich und dienlich sind. Keine Einschränkung soll wie beschrieben indes in räumlicher Hinsicht erfolgen, so dass sich die Arbeit auch der grenzüberschreitenden Anwendbarkeit des § 130 OWiG widmen wird.

Teil 1 Einführung › C. Gang der Untersuchung

C. Gang der Untersuchung

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Die Untersuchung beginnt dabei mit der erforderlichen Darstellung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen (Teil 2 Rn. 18 ff.). Die überblickartige Skizzierung der historischen Entwicklung der Konzernierung und des Konzernrechts soll die Darstellung der wesentlichen Gründe für die Eingehung von Konzernverbindungen stützen. Es folgt die Erläuterung der heutigen Erscheinungsformen von Unternehmensverbindungen, ehe im Anschluss auf Besonderheiten des Pflichten- und Haftungsprogramms von Konzernobergesellschaften eingegangen wird. Dabei kann und soll die Untersuchung keine erschöpfende Darstellung der gesellschaftsrechtlichen Konzernführungs-, Konzernkontroll- und Konzernüberwachungspflichten bieten. Vielmehr wird sich hier auf die fragmentarische Darstellung der für die Beurteilung der ordnungsrechtlichen Aufsichtspflichten relevanten Gesichtspunkte beschränkt.

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Nach Erörterung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen erfolgt ein Überblick der kernstrafrechtlichen Verantwortlichkeiten im Rahmen von Konzernsachverhalten (Teil 3 Rn. 122 ff.). Unterschieden wird dabei zwischen Verantwortlichkeit der Konzernspitze durch aktive Begehung auf der einen Seite und durch Unterlassen auf der anderen Seite. In den Fokus rücken dabei jeweils mit Blick auf Konzernverbindungen die Anwendung der Grundsätze der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft sowie der Geschäftsherrenhaftung, die jeweils in ihren Grundzügen dargestellt werden. Erwähnung finden in diesem Kontext überdies Besonderheiten bei den vor allem im Wirtschaftsstrafrecht verbreiteten Sonderdelikten.

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Im weiteren Verlauf folgt die Diskussion der Frage nach der Anwendbarkeit des § 130 OWiG im Rahmen von Konzernsachverhalten (Teil 4 Rn. 173 ff.). Einleitend wird dabei auf die allgemeinen Grundlagen der Regelung einzugehen sein, wobei neben der Erläuterung der Tatbestandsmerkmale insbesondere für die vorliegende Untersuchung bedeutsame Ausführungen zur Rechtsnatur und zum Regelungszweck in den Fokus rücken. Nach Überlegungen zur heutigen Regelungsrelevanz, unter anderem im Rahmen der vielerorts geführten Diskussion um Corporate Compliance, widmet sich die Untersuchung sodann der eigentlichen Problematik der konzerndimensionalen Anwendbarkeit des § 130 OWiG. Der Darstellung der Verfolgungspraxis und der – insofern nur bedingt vorhandenen – Rechtsprechung folgt dabei der Überblick über mögliche dogmatische Legitimationsmöglichkeiten einer konzernweiten Anwendung, wobei die Schilderung des Meinungsstandes in der wissenschaftlichen Diskussion nicht ohne den Blick auf das – insbesondere europäische – Wettbewerbsrecht erfolgt, in dessen Rahmen bereits eine längere Rechtsprechungshistorie auf vergleichbare Fragestellungen blickt. In kritischer Auseinandersetzung mit den in der wissenschaftlichen Diskussion vorgebrachten Argumenten versucht sich die Untersuchung sodann an einer Lösung der Streitfrage, wobei die eigene Stellungnahme hier vor allem an der augenscheinlich viel zu selten bzw. verkürzt herangezogenen Maxime des Regelungszweckes des § 130 OWiG ausgerichtet sein soll, und damit oftmals rechtspolitisch geprägte Argumente in den Hintergrund – jedoch nicht ins Abseits – rücken lässt. Einbezogen werden schließlich auch die mit § 130 OWiG eng verknüpften Regelungen der §§ 9, 30 OWiG, die ihrerseits Diskussionsansätze für die Einbeziehung von Konzernsachverhalten bieten.

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Aufgrund der heute gängigen multinationalen Ausrichtung von Unternehmen wird sich die Untersuchung darüber hinaus um Klärung der Behandlung grenzüberschreitender Sachverhalte bemühen (Teil 5 Rn. 382 ff.). Dabei beginnt das Kapitel mit einer überblickartigen Einleitung zu den rechtlichen Rahmenbedingungen internationaler Konzerne sowie den Grundlagen zur räumlichen Geltung des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts. Sodann wird die Anwendbarkeit des § 130 OWiG in zwei Richtungen geprüft werden. Zunächst erfolgt die Beurteilung der ordnungsrechtlichen Aufsichtspflichten inländischer Muttergesellschaften gegenüber ausländischen Tochtergesellschaften, ehe die entgegengesetzte Richtung der Aufsichtspflichten einer ausländischen Muttergesellschaft gegenüber inländischen Tochtergesellschaften und die insofern bestehenden Möglichkeiten der Sanktionierung nach deutschem Ordnungswidrigkeitenrecht erörtert werden. Das Kapitel soll abgerundet werden mit einem Blick auf die Rechtsfolgenseite, nicht unerwähnt bleiben soll insbesondere die Problematik der Doppelbestrafung.

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Die Untersuchung schließt in ihrem Fazit mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Thesen zur Beantwortung der Ausgangsfragen sowie einer Schlussbetrachtung (Teil 6 Rn. 481 ff.).

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